Normen
ABGB §6
ABGB §7
AVG §10 Abs2
BAO §83 Abs2
GEG §6
GEG §7
GEG §9
GGG 1984 TP1 Anm3
GGG 1984 §1 Abs1
GGG 1984 §18 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §34 Abs2
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1987160163.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.760,zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aus den vorgelegten Gerichts- und Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:
Am 1. Dezember 1986 war beim Landesgericht Klagenfurt (in der Folge: Gericht) die nur vom 1. Beschwerdeführer mit Berufung auf die ihm erteilte Bevollmächtigung (im Sinn des § 30 Abs. 2 ZPO) als Vertreter der Klägerin (einein der Folge immer nur als solche bezeichneteKreditunternehmung im Sinn des § 1 Abs. 1 KWG) unterfertigte, auf seinem (nur seinen Namen, seine Adresse usw. anführenden) Briefpapier verfaßte Hypothekarklage (im Sinn des letzten Halbsatzes des § 466 ABGB mit entsprechendem Begehren um Anmerkung gemäß § 60 GBG 1955) vom 26. November 1986 mit einem Wert des Streitgegenstandes von 5,500.000,s.A. angebracht worden.
Der auf dieser Klage gemäß § 4 Abs. 1 dritter Satz GGG befestigte, den (mit der RechtssacheWert des Streitgegenstandes, Kreditunternehmung, beklagter Parteiund Pauschalgebühr bezeichneten) Verwendungszweck anführende, auf S 60.200,lautende und vom 1. Beschwerdeführer unterfertigte Überweisungsbeleg vom 1. Dezember 1986 hatte als Auftraggeber ursprünglich angeführt:
„Rechtsanwälte B & W,
Dr. WB, Dr. MW“,
jedoch waroffensichtlich vor Auftragserteilung„& W“ sowie „Dr. MW“ gestrichen worden, und zwar mit Schreibmaschine durch Verwendung des Buchstaben „x“. Als Konto Nr. des Auftraggebers war …… angegeben worden.
Ebenfalls am 1. Dezember 1986 war bei Gericht der in gleicher Weise wie die erwähnte Hypothekarklage unterfertigte, auf gleichem Briefpapier verfaßte Schriftsatz der Kreditunternehmung vom 28. November 1986 eingelangt, mit dem im Hinblick auf den über das Vermögen der beklagten Partei eröffneten Konkurs deren Parteibezeichnung im Sinn des § 81 Abs. 1 KO berichtigt worden war.
Am 10. Dezember 1986 war bei Gericht der in gleicher Weise unterfertigte, auf gleichem Briefpapier verfaßte Schriftsatz der Kreditunternehmung vom 9. Dezember 1986 eingelangt, mit dem sie hinsichtlich eines Teilbetrages von S 2,000.000,„die Klage zurückgezogen“ in eventu das Klagebegehren auf S 3,500.000,eingeschränkt undals Punkt4.„infolge teilweiser Klagsrückziehung“ hinsichtlich des Betrages von S 2,000.000,die Rückzahlung von S 15.000,(3/4 des auf S 2,000.000,entfallenden Teilbetrages der entrichteten Pauschalgebühr) auf das oben erwähnte Konto „des Klagevertreters“ beantragt hatte.
Je eine Gleichschrift dieser drei Schriftsätze (der Hypothekarklage mit ZPO Form 25) war dem Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der beklagten Partei am 18. Dezember 1986 zugestellt worden.
Am 17. Februar 1987 war bei Gericht der in gleicher Weise unterfertigte, auf gleichem Briefpapier verfaßte Schriftsatz der Kreditunternehmung vom 16. Februar 1987 eingelangt, mit dem sie im Sinn des § 398 Abs. 1 erster Satz ZPO die Erlassung des Versäumungsurteils beantragt hatte (dieses Versäumungsurteil war am 18. Februar 1987 gefällt und eine Ausfertigung samt einer Ausfertigung des Schriftsatzes vom 16. Februar 1987 dem genannten Masseverwalter am 19. Februar 1987 zugestellt worden).
Am 13. Juli 1987 war bei Gericht ein vom 2. Beschwerdeführer auf dem gemeinsamen Briefpapier beideroffensichtlich die „Rechtsanwaltskanzlei“ B & Partner bildendenBeschwerdeführer unterfertigtes Schreiben vom 10. Juli 1987 eingelangt, mit dem auf die erwähnte Rechtssache Bezug genommen und unter Hinweis auf den angeführten Schriftsatz vom 9. Dezember 1986, insbesondere auf dessen Punkt 4., die Rücküberweisung des „zuviel“ bezahlten Betrages von S 15.000,auf das genannte Konto „des Klagevertreters“ beantragt worden war.
Mit dem im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheid gab der Präsident des Gerichtes (in der Folge: belangte Behörde) dem Antrag „der Rechtsanwälte Dr. WB, Dr. WS, ... vom 10. Juli 1987 um Rückzahlung der ... zuviel entrichteten Pauschalgebühr von S 15.000,“ nicht statt. Als Begründung wurden die geschilderte Hypothekarklage, der erwähnte Überweisungsbeleg und das dargestellte Schreiben vom 10. Juli 1987 (wonach laut Begründung der belangten Behörde „die zahlungspflichtigen Parteien“ die Rücküberweisung beantragten) kurz angeführt und auf die Bestimmungen der §§ 2 Z. 1 lit. a) und 18 Abs. 1 und 3 GGG sowie der Anmerkungen 1 bis 3 zu TP 1 des gemäß § 1 Abs. 1 GGG einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs verwiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde beider Beschwerdeführer, in der seine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Die belangte Behörde legte die Gerichts- und Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Die vorliegende (ohne Vollmacht der Kreditunternehmung und auch ohne Bezugnahme auf eine derartige Vollmacht eingebrachte) Beschwerde, in der in Einklang mit der dargestellten Aktenlage u.a. darauf hingewiesen wird, daß die Überweisung der Pauschalgebühr auf Rechnung der Kreditunternehmung erfolgt war, bezeichnet als Beschwerdeführer ausdrücklich nur den 1. Beschwerdeführer und den 2. Beschwerdeführer, deren Namen auch am Schluß der Beschwerde allein angeführt werden. Obwohl es am Anfang der Beschwerde (noch vor dem Sachverhalt - § 28 Abs. 1 Z. 3 VwGG) heißt „Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Rückzahlung zuviel entrichteter Pauschalgebühren verletzt.“, ergibt sich aus den Beschwerdegründen eindeutig, daß sich nicht die an der zitierten Stelle offensichtlich irrtümlich als Beschwerdeführerin erwähnte Kreditunternehmung in diesem Recht verletzt erachtet, sondern nur die Beschwerdeführer sich in diesem, vor allem aber in dem Recht, daß gegen sie, die im vorangegangenen Verfahren nicht Parteien gewesen waren, (noch dazu als einzige Adressaten) kein Bescheid erlassen wurde, verletzt erachten.
So wie für das Verfahren nach den §§ 6, 7 und 9 GEG 1962 (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. September 1987, Zl. 86/16/0188, ÖStZB 3/1988, S. 79, das in gleicher Weise wie die in der Folge zitierten Erkenntnisse gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführt wird) sind auch für das auf Grund eines Antrages auf Rückzahlung von Gerichtsgebühren durchzuführende Verfahren weder das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1950 noch die Bundesabgabenordnung anzuwenden, sondern mangels gesetzlicher Regelungen die allgemeinen Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens zu beachten.
Die Beschwerdeführer, dietrotz des angeführten offensichtlichen Irrtumszweifellos, und zwar zutreffend erkannten, daß die Kreditunternehmung mangels Anführung im angefochtenen Bescheid zur Erhebung der Beschwerde dagegen nicht berechtigt war, gehen mit Recht davon aus, daß das dargestellte Schreiben vom 10. Juli 1987entgegen der von der belangten Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides und auch noch in der Gegenschrift ausdrücklich vertretenen Auffassunglediglich eine Urgenz des angeführten Antrages der Kreditunternehmung vom 9. Dezember 1986 ist, sie (die Beschwerdeführer) mangels einer anderen gesetzlichen Regelung im vorliegenden Fall auf Grund des § 7 Abs. 2 GGG für dienoch dazu im Sinn der §§ 2 Z. 1 lit. a) und 4 Abs. 1 GGG vorschriftsmäßig entrichtetenGerichtsgebühren nicht haften, die belangte Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides offensichtlich von einer solchen Haftung nicht ausging und dieser Bescheid an Personen gerichtet wurde, die nicht Parteien im vorangegangenen Verfahren waren.
Es mag dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde die aus der dargestellten Aktenlage objektiv erkennbare (alleinige) Antragstellung derdurch die Beschwerdeführer oder allenfalls nur durch den (durch den 2. Beschwerdeführer vertretenen) 1. Beschwerdeführer vertretenenKreditunternehmung verkannte oder gegen den allgemeinen Grundsatz eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens verstieß, wonach dem ohne urkundlichen Nachweis der Bevollmächtigung einschreitenden Bevollmächtigten eine befristete Gelegenheit zur Behebung dieses Mangels gegeben werden muß (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juni 1987, Zl. 86/16/0063, ÖStZB 3/1988, S. 77), weil das Schicksal der vorliegenden Beschwerde auf Grund der bisherigen Ausführungen in Verbindung mit nachstehend angeführtem Grund bereits entschieden ist.
Den Beschwerdeführern fehlt nämlich für die vorliegende Beschwerde nicht nur die erforderliche (formelle und materielle) Beschwer (siehe z.B. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. September 1987, Zl. 86/16/0125, mit Judikatur- und Literaturhinweis), sondern schon die eine Voraussetzung der Beschwerdelegitimation darstellende Möglichkeit einer Rechtsverletzung (siehe z.B. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juni 1986, Z1. 86/16/0089, mit Judikatur- und Literaturhinweis, und die von Dolp Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Wien 1987, S. 412 ff, zitierte Rechtsprechung).
Zur Vermeidung von Mißverständnissen wird jedoch sowohl aus Gründen der Prozeßökonomie als auch der Vollständigkeit halber noch folgendes bemerkt:
Nach § 2 Z. 1 lit. a) GGG wird der Anspruch des Bundes hinsichtlich der Pauschalgebühren für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanzabgesehen von den hier nicht in Betracht kommenden Fällenmit der Überreichung der Klage begründet.
Gemäß § 18 Abs. 3 GGG tritt eine Änderung des Streitwertes für die Pauschalgebühren nicht ein, wenn das Klagebegehren zurückgezogen oder eingeschränkt wird oder wenn ein Teil- oder Zwischenurteil gefällt wird.
Zu dieser Gesetzesstelle ist den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (366 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVI. GP, S. 32 rechts Abs. 2) folgendes zu entnehmen:
„Die Bestimmung des Abs. 3 ist auf die Einführung der Phasenpauschalierung in Zivilprozessen zurückzuführen; dieses System muß, um Mißbräuche zu vermeiden, immer so angelegt werden, daß sich die Bemessungsgrundlage nach dem höchsten innerhalb einer Phase geltend gemachten Anspruch richtet. Durch eine Einschränkung des Klagebegehrens oder den Abschluß eines Vergleiches über eine Leistung, deren Wert niedriger als die eingeklagte Forderung ist, tritt gebührenrechtlich keine Änderung des Streitwertes ein (§ 18 Abs. 1 und 3).“
Nach der Anmerkung 1. erster Satz zu TP 1 des zitierten Tarifs unterliegen u.a. alle mittels Klage einzuleitenden gerichtlichen Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen der Pauschalgebühr nach dieser TP.
Auf Grund des zweiten Satzes dieser Anmerkung ist die Pauschalgebühr ohne Rücksicht darauf zu entrichten, ob das Verfahren bis zum Ende durchgeführt wird.
Gemäß der Anmerkung 2. zu dieser TP ist die Pauschalgebühr nach ihr auch für prätorische Vergleiche (§ 433 ZPO) sowie für Verfahren zur Erlassung einstweiliger Verfügungen außerhalb eines Zivilprozesses zu entrichten; in diesen Fällen ermäßigt sich die Pauschalgebühr nach dieser TP auf die Hälfte.
Nach der Anmerkung 3. zu dieser TP ermäßigen sich die Pauschalgebühren auf ein Viertel, wenn die Klage oder ein in den Anmerkungen 1 oder 2 zu ihr angeführter Antrag vor Zustellung an den Verfahrensgegner zurückgezogen wird. Das gleiche gilt auch, wenn die Klage oder der Antragausgenommen der Fall einer Überweisung nach § 230 a ZPOvon vornherein zurückgewiesen wird. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuzahlen.
Die Rechtsprechung wertet die Klagseinschränkung nicht als teilweise Klagsrücknahme (siehe z.B. Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts, Wien 1984Ergänzungsheft Wien 1987, Rz 1228 und 1254 mit Judikaturhinweis).
Der Justizausschuß gab in seinem Bericht zur Regierungsvorlage zum GGG (454 der zitierten Beilagen) mit seinen Ausführungen zur TP 1 deutlich zu erkennen, daß er eineüber die ausdrücklich angeführten Ausnahmen hinausgehendeTeilung der Gebühren für kürzere („nicht streitige“) und für längere („streitige“) Verfahren als nicht zielführend ansah.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes knüpft die Gerichtsgebührenpflicht bewußt an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. März 1988, Zl. 87/16/0106, mit Judikaturhinweis).
Wegen der bereits oben verneinten Möglichkeit einer Rechtsverletzung der Beschwerdeführer war ihre Beschwerde mangels Berechtigung zur Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG durch den nach § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a) und Abs. 3 VwGG zuständigen Fünfersenat zurückzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 19. Mai 1988
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