VwGH 86/16/0063

VwGH86/16/006311.6.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Närr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Samonig, über die Beschwerde des Ing. Mag. WS in L, vertreten durch Dr. Wolfgang Moringer, Rechtsanwalt in Linz, Mühlkreisbahnstraße 3, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom 10. Jänner 1986, Zlen. (2442, 2443 und) 2752-33/85, betreffend Gerichtsgebühren (Zurückweisung eines Berichtigungsantrages als verspätet und Nichtstattgebung eines Antrages auf Rückzahlung),

I.

den Beschluß

gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Nichtstattgebung des Antrages des Beschwerdeführers auf Rückzahlung der von ihm in der Rechtssache AZ. 6 C 1131/84 des BG. Linz durch Aufkleben der Gerichtskostenmarken zu viel entrichteten Gerichtsgebühren richtet, zurückgewiesen.

II.

zu Recht erkannt:

Normen

AVG §10 Abs2;
BAO §83 Abs2;
B-VG Art83 Abs2;
GEG §6;
GEG §7;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §23 Abs1;
VwGG §23 Abs5;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid, der im übrigen (als - abgesehen von dem oben unter I. angeführten Teil - vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht in Beschwerde gezogen) unberührt bleibt, wird, soweit damit der Berichtigungsantrag des Beschwerdeführers als verspätet zurückgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Zu I. und II.:

Aus den vorgelegten Gerichts- und Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Der Beschwerdeführer war in der - in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 6. November 1984 mit der (in der Folge führenden) Rechtssache AZ. 6 C 958/84 des BG. Linz zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssache AZ. 6 C 1131/84 des BG. Linz beklagte Partei gewesen. Schon in diesen Rechtssachen war er durch den im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten Rechtsanwalt vertreten gewesen. In beiden Rechtssachen hatte gemäß § 30 Abs. 2 ZPO (in der Fassung durch Art. IV Z. 5 der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. Nr. 135) die Berufung auf die ihm erteilte Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis ersetzt.

Nachdem ein Vergleich (§ 204 Abs. 1 ZPO) dieser Rechtssachen zustande gekommen war, wurde dem Rechtsanwalt ein GeOFormNr. 51 (Zahlungsaufforderung) zugestellt, worauf er im Namen des Beschwerdeführers "unter Brfg. auf die erteilte Vollmacht (§ 30 Abs. 2 ZPO)" nachstehenden am 20. Juni 1985 beim BG. Linz eingelangten Antrag vom 18. Juni 1985 stellte:

In der Rechtssache AZ. 6 C 1131/84 sei dem Beschwerdeführer am 30. Mai 1985 die Zahlungsaufforderung des BG. Linz vom 28. Mai 1985, wonach insgesamt noch S 90,-- aushafteten, zugestellt worden. Unter Berücksichtigung des § 15 GJGebGes seien in dieser Rechtssache für die beklagte Partei insgesamt nur S 180,-

- an Gebühren entstanden, tatsächlich seien (Gerichtskostenmarken im Wert von S 210,-- aufgeklebt worden. Der Beschwerdeführer stelle daher den Antrag, entweder einen Zahlungsauftrag zu erlassen oder das verbleibende Guthaben von S 30,-- zu Handen seines Vertreters zu überweisen.

Darauf veranlaßte der Kostenbeamte des BG. Linz mit Zahlungsauftrag vom 5. Juli 1985 (AZ. 2-KVB Ziv. 6998/85 der Einbringungsstelle beim Oberlandesgericht Linz) vom Beschwerdeführer und seinem Rechtsanwalt als Zahlungspflichtigen zur ungeteilten Hand die Einbringung restlicher Gerichtsgebühren in Höhe von insgesamt S 90,-- - "restl. Eingabengebühr Tp 1a, Bemessungsgrundlage S 4.000,--, zu zahlen S 80,--, und Protokollabschrift Tp 19 (2 Bogen) restl. zu zahlen S 10,--" zuzüglich der Einhebungsgebühr von S 20,--. Dieser Zahlungsauftrag wurde dem Beschwerdeführer selbst am 11. Juli 1985 und seinem Rechtsanwalt am 5. August 1985 zugestellt. Inzwischen hatte der Beschwerdeführer (laut Buchstandsbericht der genannten Einbringungsstelle - vermutlich vom 23. August 1985) diesen Betrag von S 110,-- am 19. Juli 1985 bezahlt.

Mit dem am 19. August 1985 eingebrachten Antrag verlangte der Beschwerdeführer - "vertreten durch" seinen Rechtsanwalt "unter Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht (§ 30 Abs. 2 ZPO)" - die Berichtigung dieses Zahlungsauftrages und gleichzeitig die Rückzahlung der seiner Meinung nach um S 110,-- zu viel entrichteten Gebühren, weil die Bewertung der Streitigkeit gemäß § 15 Z. 2 lit. a und b (GJGebGes 1962) zu erfolgen habe und auf die Eingabe (Gerichtskostenmarken im Wert von) S 160,-- und auf das Verhandlungsprotokoll (Gerichtskostenmarken im Wert von) S 50,-

- geklebt worden seien. Tatsächlich hätten insgesamt nur S 100,-- bezahlt werden müssen.

Mit dem für das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren allein wesentlichen Teil des im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheides wies der Präsident des Landesgerichtes Linz den vorstehend angeführten Berichtigungsantrag des Beschwerdeführers als verspätet zurück und gab dem damit verbundenen Antrag auf Rückzahlung von in Gerichtskostenmarken beigebrachten Gerichtsgebühren nicht statt. Dies im wesentlichen unter Hinweis darauf, daß der Streitwert in der oben angeführten Rechtssache S 40.000,-- gewesen sei, und nach Erwähnung des vorstehend zitierten Zahlungsauftrages mit folgender Begründung:

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Berichtigung dieses Zahlungsauftrages sei verspätet. Der Zahlungsauftrag sei laut Buchstandsbericht der Einbringungsstelle dem Beschwerdeführer am 11. Juli 1985 zugestellt, der Berichtigungsantrag aber erst am 19. August 1985, also nach Ablauf der im § 7 Abs. 1 GEG festgesetzten und nicht erstreckbaren Frist von 14 Tagen zur Post gegeben worden. Der mit diesem Berichtigungsantrag verbundene Rückzahlungsantrag sei nicht begründet. Bei dieser Rechtssache handle es sich nicht um eine Bestandstreitigkeit im Sinne des § 49 Abs. 2 Z. 5 JN. Für die Bewertung sei nach § 13 GJGebGes § 59 JN maßgebend. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juni 1962, Zl. 2051/60, betreffe einen völlig anders gelagerten Fall.

Nach dem gesamten Inhalt der vorliegenden Beschwerde richtet sie sich sowohl gegen die Zurückweisung des Berichtigungsantrages als verspätet als auch gegen die Nichtstattgebung des damit verbundenen Antrages auf Rückzahlung. In diesem Umfang wird daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

Die belangte Behörde legte die Gerichts- und Verwaltungsakten mit der von ihr erstatteten Gegenschrift vor. In dieser wird die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu I.:

Wie schon oben erwähnt richtet sich die vorliegende Beschwerde auch gegen die angeführte Nichtstattgebung des Antrages des Beschwerdeführers auf Rückzahlung.

Bereits in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß im vorliegenden Fall von der belangten Behörde gemäß Art. VI Z. 8 zweiter Satz GGG noch das GJGebGes 1962 und das GEG 1962 in seiner Fassung vor den durch Art. II GGG bewirkten Änderungen anzuwenden waren.

Anders als nunmehr in dem § 30 Abs. 3 letzter Satz GGG, wonach gegen den Bescheid des Präsidenten des Gerichtshofes erster Instanz über den Rückzahlungsantrag ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig ist, war nach der früheren Rechtslage gegen einen solchen ablehnenden Bescheid der Rechtszug - soweit er nicht durch Art. 3 VEG, BGBl. Nr. 277/1925, ausgeschlossen war - bis an den Bundesminister für Justiz offen - siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 1953, Zlen. 348 und 1028/52, Slg. Nr. 794/F, auf das sich die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum GGG (damals noch mit der Bezeichnung GJGebG 1985 zu dem ursprünglich geplanten § 31) ausdrücklich beziehen (366 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVI. GP), und die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Oktober 1972, B 268/71, Slg. Nr. 6866, und vom 20. Juni 1979, B 265/76, Slg. Nr. 8585.

Auch unter Bedachtnahme auf den zitierten Art. 3 VEG hat es der Beschwerdeführer somit unterlassen, die in Rede stehende Nichtstattgebung seines Antrages auf Rückzahlung beim Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz zu bekämpfen. Auf Grund des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben: wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind u.a. Beschwerden, die sich - wie im vorliegenden Teil - wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Verhandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen. Gemäß § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluß nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

Aus den vorstehend angeführten Gründen ist die vorliegende Beschwerde, soweit sie sich gegen die Nichtstattgebung des in Rede stehenden Antrages auf Rückzahlung bezieht, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen, und zwar ohne Aufwandersatz an die belangte Behörde, weil diese bei Erstattung der Gegenschrift (und bei der Aktenvorlage) rechtsirrig ausdrücklich davon ausging, die Beschwerde richte sich lediglich gegen die Zurückweisung des Berichtigungsantrages.

Zu II.:

Die belangte Behörde stützt sich - erst in der Gegenschrift - bei der nunmehr vom Verwaltungsgerichtshof zu überprüfenden Zurückweisung des Berichtigungsantrages des Beschwerdeführers als verspätet auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juni 1980, Zlen. 321 und 581/80, ÖStZB 1981/9, S. 97. Damals führte der Verwaltungsgerichtshof im wesentlichen aus, daß die Vorschreibung von Gebühren und Kosten nach dem GEG kein gerichtliches, sondern ein Verwaltungsverfahren darstellt, auf das mangels besonderer Anordnung nicht Bestimmungen der Prozeßordnung anzuwenden sind. Da für dieses in den §§ 6 und 7 GEG nur bruchstückweise geregelte Verfahren weder das AVG noch die BAO anzuwenden sind, sind mangels besonderer gesetzlicher Regelungen die allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens heranzuziehen (Hinweis auf Vorjudikatur). Selbst wenn man es aber infolge ähnlicher Bestimmungen in allen Verfahrensgesetzen (§ 93 ZPO, § 10 AVG, § 83 BAO) im Zusammenhang mit der Rechtsprechung hiezu als einen derartigen Grundsatz annähme, daß im Fall der Bestellung eines Vertreters nur an diesen wirksam zugestellt werden könnte, liegt dieser Fall schon deshalb nicht vor, da der Beschwerdeführer ja nicht im Verfahren vor dem Kostenbeamten einen Vertreter namhaft gemacht hatte, sondern lediglich in dem gerichtlichen Verfahren, das dem Verfahren nach dem GEG voranging.

Die Wiedergabe der damaligen Erwägungen zeigt, daß der Verwaltungsgerichtshof damals - schon vorsichtiger als noch in seinem Erkenntnis vom 17. November 1954, Zl. 3036/53, Slg. Nr. 1046/F, wonach wahlweise der Person, an die der Bescheid gerichtet war, oder deren (im vorangegangenen Rechtsstreit) Bevollmächtigten wirksam zugestellt werden konnte - die Frage offengelassen hat, ob es ein allgemeiner Grundsatz eines rechtsstaatlichen Verfahrens ist oder nicht, daß im Falle der Bestellung eines Vertreters nur an diesen wirksam zugestellt werden kann.

Nun darf nicht übersehen werden, daß diese Frage inzwischen vom Gesetzgeber gelöst wurde. Gemäß § 1 Abs. 1 des nach seinem § 28 Abs. 1 mit 1. März 1983 in Kraft getretenen Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, regelt nämlich dieses Bundesgesetz die Zustellung der von Gerichten und Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze zu übermittelnden Schriftstücke sowie die durch sie vorzunehmende Zustellung von Schriftstücken ausländischer Behörden. Ist eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt, so hat die Behörde, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist (siehe z.B. Walter-Mayer, Das österreichische Zustellrecht, Wien 1983, S. 51 f, Anm. 11), nach § 9 Abs. 1 Zustellgesetz diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Obwohl eine Berufung gemäß § 30 Abs. 2 ZPO auf die dem Rechtsanwalt erteilte Bevollmächtigung im Verfahren nach dem GEG 1962 - aber z.B. auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in dem im Gegensatz zum verfassungsgerichtlichen Verfahren (in dem u. a. gemäß § 35 Abs. 1 VfGG 1953 die Bestimmungen der ZPO subsidiär gelten) die Bestimmungen der ZPO nur im Rahmen des § 61 Abs. 1 VwGG (für die Verfahrenshilfe sinngemäß) gelten - den urkundlichen Nachweis nicht ersetzt, darf folgendes nicht außer acht gelassen werden:

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes gebietet es in einem solchen Fall der u.a. aus den Bestimmungen des § 10 Abs. 2 zweiter Satz AVG 1950, des § 83 Abs. 2 zweiter Satz BAO, des § 18 in Verbindung mit § 17 Abs. 2 VfGG 1953, des § 34 Abs. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 und 5 VwGG und der §§ 38 Abs. 2 erster Satz, 84 und 85 ZPO zu entnehmende allgemeine Grundsatz eines rechtsstaatlichen Verfahrens, daß dem ohne urkundlichen Nachweis der Bevollmächtigung einschreitenden Bevollmächtigten eine befristete Gelegenheit zur Behebung dieses Mangels gegeben werden muß.

Wie der eingangs dargestellte Verlauf des Verwaltungsgeschehens zeigt, berief sich der Rechtsanwalt bei seinem Einschreiten nicht nur in der Rechtssache AZ. 6 C 1131/84 des BG. Linz sondern auch in dem diesem gerichtlichen Verfahren folgenden Verfahren auf Grund des GEG 1962, und zwar bereits nach der Zahlungsaufforderung durch den Kostenbeamten gemäß § 14 GEG 1962 bzw. vor Genehmigung und Erlassung des Zahlungsauftrages gemäß § 6 GEG 1962, ausdrücklich auf die ihm erteilte Bevollmächtigung durch den Beschwerdeführer.

Somit wäre es die Aufgabe der belangten Behörde gewesen, bei der Prüfung der Frage der Rechtzeitigkeit des in Rede stehenden Berichtigungsantrages das Versäumnis der Einbringungsstelle nachzuholen oder nachholen zu lassen und dem Rechtsanwalt befristet Gelegenheit zum Nachweis der Bevollmächtigung (siehe z. B. Walter-Mayer, a.a.O., S. 50, Anm. 8), auf die er sich in dem namens des Beschwerdeführers gestellten Antrag vom 18. Juni 1986 berief, zu geben. Erst im Anschluß an die Nachholung dieses Versäumnisses wäre eine verfahrensmängelfreie Beurteilung der Frage möglich gewesen, ob die Zustellung des erwähnten Zahlungsauftrages im Sinne des § 9 Abs. 1 zweiter Satz Zustellgesetz erst in dem Zeitpunkt als vollzogen gilt, in dem dieser Zahlungsauftrag dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist, oder nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nunmehr die weitere Frage zu beantworten, ob die vorstehend aufgezeigte Verletzung von Verfahrensvorschriften wesentlich im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG ist oder nicht. Nach der zuletzt zitierten Gesetzesstelle ist der angefochtene Bescheid nämlich wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, wenn Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Diesbezüglich ist - ganz abgesehen davon, daß die belangte Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides mehrere Berichtigungsanträge zur gemeinsamen "Verhandlung" und Entscheidung verband und es dabei entgegen der von ihr in der Gegenschrift aufgestellten Behauptung im Zusammenhang mit dem mit dem Berichtigungsantrag verbundenen Antrag auf Rückzahlung unterließ, die entstandenen Gebührenpflichten überschaubar bzw. leicht nachvollziehbar vollständig anzuführen und ihnen in gleicher Weise die bereits erfüllten Zahlungspflichten gegenüberzustellen (so fehlt auch ein Hinweis auf die zutreffend vorgenommene Gebührenerhöhung gemäß § 42 Abs. 2 zweiter Satz GJGebGes 1962, und die handschriftlichen Zusätze auf dem dem Rechtsanwalt zugestellten Zahlungsauftrag sind weder aufschlußreich noch lassen sie erkennen, ob sie von der Behörde oder gar vom Rechtsanwalt stammen) - folgendes zu bemerken:

Schon die von der Behörde auch im Spruch des angefochtenen Bescheides ausdrücklich als verspätet erfolgte Zurückweisung des Berichtigungsantrages läßt keineswegs (etwa im Sinne der von Dolp-Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Wien 1987, S. 577 Abs. 1, zitierten Rechtsprechung) erkennen, daß die Behörde die Sachentscheidung nicht verweigerte. Nun hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt Bescheide als rechtswidrig aufgehoben, wenn mit ihnen eine Sachentscheidung zu Unrecht verweigert wurde (siehe z.B. die von Dolp-Dolp, a.a.O., und S. 571 Abs. 3, sowie S. 576 letzter Abs. zitierte Rechtsprechung), und der Verfassungsgerichtshof hat ständig dargetan, daß das Grundrecht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter auch verletzt wird, wenn eine Berufungsbehörde eine Berufung im Widerspruch zum Gesetz zurückweist, statt eine Sachentscheidung zu fällen (siehe z.B. die von Klecatsky-Morscher, Das österreichische Bundesverfassungsrecht, Wien 1982, S. 433, E 21. vorletzter Abs., zitierte Rechtsprechung).

Von dieser Rechtsauffassung ausgehend gehört nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes zu den allgemeinen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens auch der Grundsatz, daß einer Partei mangels rechtmäßiger Gründe für eine formelle Erledigung ihres Antrages bzw. Rechtsmittels ein subjektiv-öffentliches Recht auf eine meritorische Entscheidung der Behörde zusteht. Dies gilt selbst dann, wenn es sich rite nur um eine den Antrag bzw. das Rechtsmittel der Partei abweisende Entscheidung handeln kann. In diesem Fall hat die Partei ein subjektiv-öffentliches Recht auf Bekanntgabe der Gründe, die der Behörde für ihre abweisende Entscheidung maßgebend erschienen.

Abschließend ist auf Grund der vorstehenden Erwägungen festzuhalten, daß die belangte Behörde bei Vermeidung der aufgezeigten Verfahrensmängel zu einem anderen Bescheid - sei es auch nur zu einem den Berichtigungsantrag (allenfalls zur Gänze) abweisenden - hätte kommen können, weshalb der angefochtene Bescheid, soweit mit ihm der hier in Rede stehende Berichtigungsantrag des Beschwerdeführers als verspätet zurückgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben ist.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985. Das Mehrbegehren ist abzuweisen, weil Schriftsatzaufwand lediglich mit dem in dem hier maßgebenden Art. I A. Z. 1 Abs. 1 der zitierten Verordnung festgesetzten Pauschbetrag von S 9.270,-- zu ersetzen ist.

Wien, am 11. Juni 1987

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