VwGH 86/17/0086

VwGH86/17/008623.9.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerden 1. des Dr. AJ in F, vertreten durch die Zweitbeschwerdeführerin, und 2. der Dr. BJ, Rechtsanwalt in F, gegen die Bescheide der Vorarlberger Landesregierung ad 1) vom 24. Februar 1986, Zl. IIIa-206/31 (hg. Zl. 86/17/0086), ad 2) vom 21. Februar 1986, Zl. IIIa-206/32 (hg. Zl. 86/17/0087), betreffend Fremdenverkehrsbeitrag (mitbeteiligte Partei: Stadt F, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AbgVG Vlbg 1984 §54;
AVG §37 impl;
AVG §60 impl;
BAO §119 Abs1 impl;
FremdenverkehrsG Vlbg 1978 §6;
FremdenverkehrsG Vlbg 1978 §7;
AbgVG Vlbg 1984 §54;
AVG §37 impl;
AVG §60 impl;
BAO §119 Abs1 impl;
FremdenverkehrsG Vlbg 1978 §6;
FremdenverkehrsG Vlbg 1978 §7;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 9.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

ad 1): Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde richtete am 27. Oktober 1984 an den Erstbeschwerdeführer - einen praktischen Arzt - einen Bescheid folgenden Wortlauts:

"Fremdenverkehrsbeitrag - Bescheid

Das Amt der Stadt F hebt auf Grund des Gesetzes über die Förderung und den Schutz des Fremdenverkehrs (Fremdenverkehrsgesetz), LGBl. 9/1978 zur Deckung ihres Aufwandes für fremdenverkehrsfördernde Maßnahmen und Einrichtungen Fremdenverkehrsbeiträge ein.

Das Gesamtaufkommen an Fremdenverkehrsbeiträgen für das Jahr 1984 wurde von der Stadtvertretung am 16. 3. 1984 mit S 1,500.000,-

- festgesetzt.

Nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens wird Ihr Anteil am Gesamtaufkommen und somit Ihr Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 1984 mit S 750,-- festgelegt.

Der vorgeschriebene Fremdenverkehrsbeitrag ist binnen 1 Monat nach Zustellung dieses Bescheides zur Zahlung fällig. ..."

Dagegen erhob der Erstbeschwerdeführer Berufung und brachte darin vor, er habe im Jahre 1984 und auch vorher keinen einzigen Patienten, welcher Gast im Sinne des zitierten Gesetzes sei, behandelt. Ihm sei daher durch seine selbständige Erwerbstätigkeit weder unmittelbar noch mittelbar aus dem Aufenthalt von Gästen ein wirtschaftlicher Nutzen entstanden. In seiner Ordination würden ausschließlich ortsansässige Patienten behandelt. Die Stadt F habe willkürlich sämtlichen im Stadtgebiet ansässigen praktischen Ärzten einen Fremdenverkehrsbeitrag in Höhe von S 750,-- vorgeschrieben. Der Umfang der einzelnen Ordinationen sei jedoch "aus der selbständigen Erwerbstätigkeit naturgemäß grob unterschiedlich".

Mit Vorhalt vom 7. Mai 1985 forderte die Abgabenkommission der mitbeteiligten Stadt F die Beantwortung nachstehender Fragen:

"1. Wie hoch waren die steuerpflichtigen Umsätze in den Jahren 1982, 1983 und 1984?

2. Aufteilung der genannten Umsätze in

  1. a) Patienten, welche ortsansässig sind (F)
  2. b) Patienten, die ihren Wohnsitz außerhalb von F haben

    3. Anteil der Patienten,

  1. a) selbständig Erwerbstätige
  2. b) Arbeiter und Angestellte."

Mit Schriftsatz vom 10. Mai 1985 äußerte sich der Erstbeschwerdeführer hiezu dahin, das Begehren auf Bekanntgabe der Umsätze sei ungesetzlich. In seiner Ordination würden keinerlei gesonderte Karteien bzw. Aufzeichnungen über ortsansässige Patienten oder solche, welche ihren Wohnsitz außerhalb F hätten, und ebensowenig hinsichtlich der Unterteilung in selbständig und unselbständig Erwerbstätige geführt. Eine Durchsicht der Karteien würde einen unzumutbaren Arbeitsaufwand erfordern.

Mit Bescheid vom 2. August 1985 wies die Abgabenkommission der Stadt F die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, Patienten mit ordentlichem Wohnsitz beispielsweise in G seien im Sinne des Fremdenverkehrsgesetzes sehr wohl als "Gäste" in F anzusehen. Auf Grund der mangelhaften Angaben durch den Erstbeschwerdeführer habe die Abgabenkommission erwogen, daß der vom Einschätzungsbeirat angenommene und vom Bürgermeister festgesetzte Anteil am Gesamtaufkommen an Fremdenverkehrsbeiträgen für das Jahr 1984 nicht zu hoch bemessen worden sei. Von einer willkürlichen Vorschreibung eines Fremdenverkehrsbeitrages in Höhe von S 750,-- an sämtliche praktischen Ärzte im Stadtgebiet könne deshalb nicht gesprochen werden, weil deren wirtschaftlicher Ertrag und Nutzen aus dem Fremdenverkehr "in nicht so grob unterschiedlicher Weise" angenommen werde.

Dagegen erhob der Erstbeschwerdeführer Vorstellung an die gemäß den §§ 79 und 88 Abs. 2 des Vorarlberger Gemeindegesetzes, LGBl. Nr. 45/1965, idF des Gesetzes über eine Änderung des Gemeindegesetzes, LGBl. Nr. 35/1985 (§§ 83 und 92 Abs. 2 der Neukundmachung, Anlage zur Verordnung der Landesregierung LGBl. Nr. 40/1985) als Aufsichtsbehörde einschreitende Landesregierung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die Vorarlberger Landesregierung der Vorstellung keine Folge. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, durch Beschluß der Stadtvertretung vom 16. März 1984 sei das Gesamtaufkommen der Fremdenverkehrsbeiträge festgesetzt worden. Die Bekanntmachung sei am 19. März 1984 erfolgt. Ein Verzeichnis aus dem Jahre 1984 nach § 6 Abs. 2 des Fremdenverkehrsgesetzes liege vor. Der Katalog umfasse 36 Branchen. Ärzte fielen in die Branche Nr. 1. Das Anteilsverhältnis der Beitragspflichtigen am Gesamtaufkommen sei betragsmäßig festgesetzt worden. Bei den Ärzten schwanke der Fremdenverkehrsbeitrag zwischen S 700,-- und S 750,--. Am 16. Oktober 1984 habe der Bürgermeister bekanntgegeben, daß jeder Beitragspflichtige während den Amtsstunden in der Zeit vom 18. bis 25. Oktober 1984 bei der Abgabenverwaltung in das Verzeichnis der Beitragspflichtigen Einsicht nehmen könne. Durch diese Möglichkeit der Einsichtnahme sollten Berufungsverfahren vermieden werden. Der Erstbeschwerdeführer habe von diesem Angebot keinen Gebrauch gemacht.

Weiters führte die belangte Behörde aus, der vermehrte Aufenthalt von Gästen in einem örtlichen Bereich führe indirekt auch zu einer verstärkten Inanspruchnahme ärztlicher Dienste; direkt auch dadurch, daß der Aufenthalt außerhalb des ordentlichen Wohnsitzes bewußt zur Aufsuchung der ärztlichen Hilfe bzw. zur Einholung eines ärztlichen Ratschlages gewählt werde. Daher könne sehr wohl von einem unmittelbaren als auch von einem mittelbaren Nutzen der Ärzte durch den Fremdenverkehr ausgegangen werden. Der Erstbeschwerdeführer habe eine exakte Bemessung des Fremdenverkehrsbeitrages nach dem wirtschaftlichen Nutzen blockiert, jegliche Erhebung der maßgeblichen Umstände für die Einschätzung verhindert, aber auch die Berücksichtigung der Gründe "verunmöglicht", die den dem Beitragspflichtigen verbleibenden Nutzen beeinträchtigten. Der vom Bürgermeister nach Anhörung des Einschätzungsbeirates festgesetzte Anteil könne solange als korrekt angesehen werden, als vom Erstbeschwerdeführer keine Zahlen bzw. Informationen über die "Zusammensetzung seiner Patienten" bekannt gegeben würden, die dagegen sprächen. Auch im Vergleich mit den Fremdenverkehrsbeiträgen anderer Ärzte sei keine Benachteiligung des Erstbeschwerdeführers festzustellen.

ad 2): In gleicher Weise wie dem Erstbeschwerdeführer wurde auch der Zweitbeschwerdeführerin - einer Rechtsanwältin - mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadt F vom 27. Oktober 1984 ein Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 1984 in Höhe von S 1.100,-- vorgeschrieben.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, in der von ihr betriebenen Anwaltskanzlei sei im beitragspflichtigen Jahr nicht eine einzige Causa, sohin kein einziges Rechtsgeschäft angefallen, welches durch einen Gast im Sinne des Fremdenverkehrsgesetzes in Auftrag gegeben worden sei oder im Zusammenhange mit dem Aufenthalt eines solchen Gastes stehe. Auch mittelbar habe die Zweitbeschwerdeführerin aus dem Aufenthalt eines Gastes keinen Nutzen gezogen. Rechtsanwaltskanzleien hätten überdies eine äußerst unterschiedliche Klientel. Während in einer Rechtsanwaltskanzlei, welche beispielsweise Fremdenverkehrsbeherbergungsbetriebe vertrete, sehr wohl ein wirtschaftlicher Nutzen entstehe, sei in einer anderen Kanzlei wie beispielsweise jener der Zweitbeschwerdeführerin kein solcher wirtschaftlicher Nutzen gegeben. Die von der Zweitbeschwerdeführerin vertretenen Rechtsfälle umfaßten vorzüglich das Scheidungsrecht, Verkehrsunfälle einheimischer Bevölkerung, Errichtung von Kauf- und Tauschverträgen Einheimischer etc. Gerügt werde auch das Ausmaß des Fremdenverkehrsbeitrages von S 1.100,--. Die Stadt F habe den Fremdenverkehrsbeitrag bei sämtlichen in F ansässigen Rechtsanwälten in dieser Höhe bemessen, was willkürlich sei.

Mit dem bereits erwähnten Vorhalt vom 7. Mai 1985 ersuchte die Abgabenkommission der Stadt F die Zweitbeschwerdeführerin um Beantwortung folgender Fragen:

"1. Wie hoch waren die Steuerpflichtigen Umsätze ihrer Kanzlei in den Jahren 1982, 1983 und 1984?

2. Anteil der jährlichen Umsätze der nicht in F ortsansässigen Klienten.

3. Anzahl der in den Jahren 1982, 1983 und 1984 durchgeführten Rechtsfälle

a) in Grundverkehrssachen,

  1. b) Prozeßsachen bei Gerichten als Folge von Verkehrsunfällen,
  2. c) Verwaltungsstrafsachen wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung und des Kraftfahrgesetzes, und

    d) in Mahnklagen und Exekutionsanträgen."

In ihrem Schriftsatz vom 10. Mai 1985 äußerte sich die Zweitbeschwerdeführerin in ähnlichem Sinne wie der Erstbeschwerdeführer.

Mit Bescheid vom 2. August 1985 wies die Abgabenkommission der Stadt F die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, in das Verzeichnis nach § 6 Abs. 2 habe jeder Beitragspflichtige in der Zeit vom 18. bis 25. Oktober 1984 bei der Abgabenverwaltung der Stadt F Einsicht nehmen können. Dieses Verfahren enthalte eine vom Abgabenverfahrensgesetz abweichende Form des Parteiengehörs durch Ermöglichung der Einsichtnahme in ein Verzeichnis.

Weiters führte die Abgabenkommission in der Begründung ihres Bescheides aus, der Umstand, daß ein Rechtsanwalt keine der im Vorhalt vom 7. Mai 1985 geforderten Aufschlüsselungen geben könne, sei der Berufungsbehörde seit längerer Zeit bekannt, weshalb der Abgabenbehörde erster Instanz keine Willkür bei der Einschätzung und Vorschreibung von Fremdenverkehrsbeiträgen vorgeworfen werden könne, da offenkundige Tatsachen bei der Bemessung "im wesentlichen" heranzuziehen seien. Es werde festgestellt, daß die Einschätzung des Nutzens aus dem Fremdenverkehr durch den Einschätzungsbeirat im Vergleich zu den übrigen Abgabepflichtigen, welche durch eine selbständige Erwerbstätigkeit unmittelbar oder mittelbar aus dem Aufenthalt von Gästen einen wirtschaftlichen Nutzen zögen, mit 0,0733% des Gesamtaufkommens im Jahr 1984 nicht zu hoch bemessen worden sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die Vorarlberger Landesregierung der dagegen erhobenen Vorstellung keine Folge. Dies im wesentlichen mit der Begründung, die durch den Fremdenverkehr in einem örtlichen Bereich eingetretene Hebung der wirtschaftlichen Lage bringe auch eine mittelbare Belebung für den Bereich einer Rechtsanwaltskanzlei mit sich, weil erfahrungsgemäß die Vermehrung von Rechtsgeschäften auch eine erhöhte Inanspruchnahme von Rechtsanwälten bewirke. Die große Zahl der geahndeten Übertretungen nach der Straßenverkehrsordnung und dem Kraftfahrgesetz, wo Ausländer, somit auch Gäste, beteiligt seien, führe zu einer Einschaltung von inländischen Rechtsvertretern infolge der Vertretungsbestimmungen. Aber auch Grundverkehrsangelegenheiten und Verfahren bei Gerichten infolge von Verkehrsunfällen resultierten oft aus dem Aufenthalt von Gästen. Die Zweitbeschwerdeführerin habe durch die Nichtbeantwortung der ihr gestellten Fragen eine exakte Bemessung des Fremdenverkehrsbeitrages nach dem wirtschaftlichen Nutzen verhindert. Eine entsprechende Bemessung gemäß § 6 des Fremdenverkehrsgesetzes sei nur möglich, wenn der Beitragspflichtige durch Vorlage entsprechender Zahlen dieselbe ermögliche. Der vom Bürgermeister der mitbeteiligten Stadt F nach Anhören des Einschätzungsbeirates festgesetzte Anteil am Gesamtaufkommen der Fremdenverkehrsbeiträge sei daher solange als richtig und korrekt anzusehen, als von der Zweitbeschwerdeführerin keine Unterlagen geliefert würden, die dagegen sprächen. Der Anteil der Rechtsanwälte am Gesamtaufkommen der Fremdenverkehrsbeiträge bewege sich auf Grund des Verzeichnisses des Bürgermeisters zwischen S 1.100,-- und S 1.400,--. Die Zweitbeschwerdeführerin liege somit im Vergleich mit anderen Rechtsanwälten an der unteren Grenze. Eine Benachteiligung aus diesem Gesichtspunkt könne daher nicht festgestellt werden.

ad) 1 und 2): Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden. Nach ihrem Vorbringen erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht, für ihre Tätigkeit im Jahre 1984 keinen Fremdenverkehrsbeitrag entrichten zu müssen, verletzt. Sie beantragen, den jeweils angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete je eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Die Beschwerdeführer erstatteten hiezu jeweils eine Gegenäußerung.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres engen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hierüber erwogen:

Gemäß § 3 des Vorarlberger Fremdenverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 9/1978 (FVkG), sind die Gemeinden ermächtigt, zur Deckung ihres Aufwandes für fremdenverkehrsfördernde Maßnahmen und Einrichtungen Fremdenverkehrsbeiträge einzuheben. Nach § 4 Abs. 1 dieses Gesetzes sind abgabepflichtig alle Personen, die durch eine selbständige Erwerbstätigkeit unmittelbar oder mittelbar aus dem Aufenthalt von Gästen einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen.

Gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. sind die Fremdenverkehrsbeiträge nach dem wirtschaftlichen Nutzen zu bemessen, den der Beitragspflichtige aus dem Aufenthalt von Gästen zieht. Bei der Einschätzung dieses Nutzens sind alle maßgeblichen Umstände, insbesondere die Vorteile aus dem Aufenthalt von Gästen und Gründe, die den dem Beitragspflichtigen verbleibenden Nutzen beeinträchtigen, zu berücksichtigen.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat der Bürgermeister alljährlich nach Anhören des Einschätzungsbeirates gemäß § 7 den Kreis der Beitragspflichtigen und das Anteilsverhältnis derselben am Gesamtaufkommen der Fremdenverkehrsbeiträge festzusetzen und hierüber ein Verzeichnis anzulegen.

Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle ist jedem Beitragspflichtigen vor Erlassung des Bescheides Gelegenheit zu geben, in das Verzeichnis nach Abs. 2 Einsicht zu nehmen. Dies kann auch dadurch geschehen, daß das Verzeichnis mindestens eine Woche lang während der Amtsstunden zur Einsicht aufgelegt wird. Die Auflage ist durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde kundzumachen.

Gegen die Regelung der §§ 6 und 7 leg. cit. bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (VfSlg. 6921/1972). Den Beschwerdeführern ist jedoch grundsätzlich beizupflichten, wenn sie meinen, Voraussetzung für die rechtswirksame Vorschreibung eines Fremdenverkehrsbeitrages sei die im Einzelfall festzustellende Tatsache, daß die betreffende Person durch eine selbständige Erwerbstätigkeit unmittelbar oder mittelbar aus dem Aufenthalt von Gästen einen wirtschaftlichen Nutzen zieht. Dies ergibt sich insbesondere aus den Worten "... den der Beitragspflichtige aus dem Aufenthalt von Gästen zieht" im § 6 Abs. 1 erster Satz FVkG (vgl. auch die Formulierung "... nach Maßgabe des durch Schätzung ermittelten wirtschaftlichen Vorteiles, der den einzelnen Fremdenverkehrs-Interessenten aus dem Fremdenverkehr erwächst" im § 7 Abs. 3 des oberösterreichischen Fremdenverkehrsgesetzes, und das dazu ergangene Erkenntnis vom 21. November 1986, Zl. 84/17/0217).

Auch in seinen Erkenntnissen vom 8. Mai 1962, Zl. 1812/58, vom selben Tage, Zl. 2189/59, und vom 20. Jänner 1984, Zl. 83/17/0173, ist der Verwaltungsgerichtshof erkennbar davon ausgegangen, daß es nach § 6 Abs. 1 FVkG (bzw. nach § 9 Abs. 2 der seinerzeit als Landesgesetz weitergeltenden, diesbezüglich im wesentlichen inhaltsgleichen Verordnung des Landeshauptmannes vom 10. Juni 1939, VBl. für den Amtsbereich des Landeshauptmannes für Vorarlberg Nr. 14), auf den individuellen Fremdenverkehrsnutzen des Einzelnen ankommt. Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1980, VfSlg. 8919/1980, und vom 3. Oktober 1986, Zlen. B 24/86-9 u.a., sowie die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 1954, Slg. Nr. 3347/A, vom 29. Jänner 1962, Zl. 633/60, vom 1. Oktober 1968, Zl. 247/67, und vom 18. Dezember 1987, Zlen. 86/17/0183 etc.) die Annahme, daß Ärzte und Rechtsanwälte aus dem Fremdenverkehr bei einer Durchschnittsbetrachtung überhaupt keinen Nutzen ziehen, rechtlich verfehlt. Nimmt daher schon das Gesetz selbst - so etwa § 21 des Burgenländischen Fremdenverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 5/1967 - einen solchen Fremdenverkehrsnutzen von Ärzten und Rechtsanwälten an, erscheint eine solche Regelung sachlich gerechtfertigt. Anders verhält es sich, wenn, wie im Fall des § 6 Abs. 1 des Vorarlberger Fremdenverkehrsgesetzes, es auf den individuellen Nutzen ankommt.

Offenbar zur Klärung dieser Fragen hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz in ihrem Vorhalt vom 7. Mai 1985 an die beiden Beschwerdeführer eine Reihe von Fragen gestellt, deren Beantwortung - ausgenommen jener nach der Höhe der Umsätze in den Jahren 1982, 1983 und 1984 - in der Tat unzumutbar, wenn nicht unmöglich war, ganz abgesehen davon, daß ihre Beziehung zu den entscheidungsrelevanten Tatbestandselementen in manchen Fällen nicht erkannt werden kann. Durch die Nichtbekanntgabe der Umsätze haben die Beschwerdeführer freilich ihre Mitwirkungs-(Offenlegungs- und Wahrheits-)pflicht nach § 54 des Vorarlberger Abgabenverfahrensgesetzes, LGBl. Nr. 23/1984, verletzt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1980, Zl. 864/79), zumal die Orientierung des Fremdenverkehrsnutzens am Umsatz eine geeignete und verfassungsrechtlich unbedenkliche Methode darstellt (Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1984, VfSlg. 10165/1984, und vom 3. Oktober 1986, Zl. B 24/86-9 u.a.; weiters das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1980, Slg. Nr. 5499/F).

Die Abgabenbehörden waren daher gemäß § 80 AbgVG zur Schätzung berechtigt und verpflichtet. Hiebei wäre es allerdings Aufgabe der Behörde gewesen, den mittelbaren oder einen allenfalls angenommenen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil aus dem Fremdenverkehr zu schätzen, mit dem erforderlichen Gesamtbetrag der Beiträge und mit dem Beitragsgrundlagen der übrigen Beitragspflichtigen in Relation zu setzen und das Ergebnis im Bescheid zu begründen. Wie der Verwaltungsgerichtshof nämlich in ständiger Rechtsprechung zur im wesentlichen gleichartigen Regelung des § 7 Abs. 3 des o.ö. Fremdenverkehrsgesetzes 1965, LGBl. Nr. 64/1964, idF der Novellen LGBl. Nr. 2/1976 und 67/1980 dargetan hat, kommt dem Verfahren zur Ermittlung des konkreten Fremdenverkehrsnutzens bei der Festsetzung des Interessentenbeitrages der Begründung dieses Ergebnisses im Beitragsbescheid entscheidendes Gewicht zu. In der Entscheidung müssen daher die maßgebenden Kritierien für die Bestimmung des Gesamtbetrages an Interessentenbeiträgen und für dessen Aufteilung auf die einzelnen Interessenten offen dargelegt werden. Andernfalls können weder der einzelne Fremdenverkehrsinteressent noch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Rahmen der ihnen übertragenen nachprüfenden Kontrolle die Handhabung des § 6 Abs. 1 FVkG durch die vollziehende Gewalt überprüfen. Es bedarf somit auch der zahlenmäßigen Präzisierung der Beitragshöhe der zum Vergleich herangezogenen übrigen Beitragspflichtigen und einer Offenlegung der den betreffenden Fremdenverkehrsinteressenten und alle übrigen Interessenten betreffenden Vorteilseinschätzung. Wird zur Vorteilseinschätzung der Umsatz der Beitragspflichtigen herangezogen, so darf es sich nur um jene Teile des Umsatzes handeln, welche ursächlich auf eine Wertschöpfung durch den Fremdenverkehr im betreffenden Fremdenverkehrsgebiet zurückzuführen ist. In der Regel wird es einer der Einzelvorschreibung vorausgehenden generellen branchenmäßigen und auf den jeweiligen Typus des Fremdenverkehrsgebietes abgestellten Kategorisierung der auf den Fremdenverkehr zurückzuführenden Anteile am jeweiligen wirtschaftlichen Erfolg bedürfen, welche nachvollziehbar darzulegen ist (vgl. das bereits erwähnte Erkenntnis vom 21. November 1986, Zl. 84/17/0217, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung).

Nun erliegt in den Akten des Verwaltungsverfahrens eine Verhandlungsschrift über die am 19. Oktober 1984 abgehaltene Sitzung des Einschätzungsbeirates der Stadt F (§ 6 Abs. 2 und § 7 FVkG). Darin heißt es zwar, es seien von seiten des Einschätzungsbeirates alle Umstände berücksichtigt worden, welche als Grundlagen zur Ermittlung der Vorschreibungsbeträge dienten. Dabei seien im besonderen Vergleiche der Branchen untereinander angestellt worden. Welcher Art diese Umstände und Vergleiche waren, ist dem Protokoll jedoch nicht zu entnehmen. Den angeschlossenen Ablichtungen eines nach Steuerarten sortierten Ausdrucks der Abgabendatei ist zu entnehmen, daß sämtliche (und nicht, wie die belangte Behörde meint, nur einige) Ärzte im Bereich der Stadt F mit einem Beitrag von S 750,-- eingeschätzt wurden. Ebenso wurde, wie auch im Protokoll vermerkt, hinsichtlich sämtlicher Rechtsanwälte ein einheitlicher Beitrag von S 1.100,-- vorgesehen. Daß damit dem Gebot der Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles im Sinn des § 6 Abs. 1 FVkG nicht Rechnung getragen wurde, liegt auf der Hand. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes vermag auch die den Abgabepflichtigen gemäß § 6 Abs. 3 FVkG gewährte Gelegenheit, in das Verzeichnis nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle Einsicht zu nehmen, die fehlende Begründung des sodann erlassenen Bescheides nicht zu sanieren, zumal auch dem Verzeichnis selbst die Entscheidungsgrundlagen nicht entnommen werden können. Im übrigen sieht auch das Gesetz nicht vor, was zu geschehen hätte, wenn ein Abgabepflichtiger nach Einsicht in das Verzeichnis dagegen allfällige Einwendungen zu erheben beabsichtigte.

Da sohin die Vorarlberger Landesregierung als Aufsichtsbehörde die den Gemeindeinstanzen unterlaufenen Begründungsmängel nicht zum Anlaß einer Aufhebung der Bescheide der Abgabenkommission der mitbeteiligten Stadt F nahm, hat sie ihre Bescheide selbst mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu deren Aufhebung führen mußte.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Hinsichtlich der oben erwähnten, nicht in der Amtlichen Sammlung seiner Erkenntnisse und Beschlüsse veröffentlichten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes wird auf Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

Wien, am 23. September 1988

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