VwGH 87/07/0072

VwGH87/07/00723.12.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Teissl, über die Beschwerde der Österreichischen Bundesforste in Wien, vertreten durch Oberdirektionsrat Dr. RB, jur.adm. Delegierter der Österreichischen Bundesforste in Innsbruck, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 26. Februar 1987, Zl. LAS-64/4-86, betreffend Holzbezugsrecht (mitbeteiligte Parteien: R und MS, beide in F, beide vertreten durch Dr. Bernhard Heitzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, Müllerstraße 3), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §73 Abs1;
AVG §8;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art18 Abs1;
VwGG §41;
WWSGG §13 impl;
WWSGG §35 Abs1 impl;
WWSGG §4 impl;
WWSGG §5 impl;
WWSLG Tir 1952 §18;
WWSLG Tir 1952 §4;
WWSLG Tir 1952 §48;
WWSLG Tir 1952 §7;
WWSLG Tir 1952 §8;
WWSLG Tir 1952 §9;
AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §73 Abs1;
AVG §8;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art18 Abs1;
VwGG §41;
WWSGG §13 impl;
WWSGG §35 Abs1 impl;
WWSGG §4 impl;
WWSGG §5 impl;
WWSLG Tir 1952 §18;
WWSLG Tir 1952 §4;
WWSLG Tir 1952 §48;
WWSLG Tir 1952 §7;
WWSLG Tir 1952 §8;
WWSLG Tir 1952 §9;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.866,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1.1. Die im Eigentum des Engelbert H. stehende Liegenschaft EZ. 90 II KG X ist aufgrund der Servitutenregulierungsurkunde Nr. 18.570/605 vom 19. Oktober 1869, Post Nr. 94, zum Bezug von jährlich 0,47 fm (restringiert auf derzeit 0,35 fm) Bauholz und von jährlich 13,64 rm (restringiert auf derzeit 10,23 rm) Brennholz berechtigt. Dieses Holzbezugsrecht lastet auf der im Eigentum der Österreichischen Bundesforste (der nunmehrigen Beschwerdeführerin) stehenden Liegenschaft EZ. 108 II

KG X.

1.2. Der Eigentümer der berechtigten Liegenschaft vereinbarte mit dem "Abtretungsvertrag" vom 23. Februar 1984/20. März 1984 die Übertragung des besagten Holzbezugsrechtes auf die im gemeinsamen Eigentum (je zur Hälfte) der am verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Parteien (mP) stehende Liegenschaft EZ. 477 II KG X und die Verbindung des Einforstungsrechtes mit dieser Liegenschaft um einen Betrag von S 60.000,--. Mit an das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz gerichteter Eingabe vom 15. Oktober 1985 stellten die Mitbeteiligten den Antrag "auf Genehmigung des Abtretungsvertrages gemäß Wald- und Weideservitutengesetz, insbesondere gemäß § 4 WWSG".

1.3. Laut einer zwischen Engelbert H. und der Beschwerdeführerin am 21. Oktober 1985 abgeschlossenen Vereinbarung ("Erklärung") kamen die beiden Vertragsparteien überein, "daß alle gegenständlichen Rechte (gemeint ist das vorbezeichnete Einforstungsrecht) mit 31. Dezember 1985 gegen Leistung eines einmaligen Entgeltes in der Höhe von S 55.604,-- (……) für immerwährende Zeiten abgelöst werden". Unter dem Datum 15. November 1985 übermittelte die Beschwerdeführerin diese "Erklärung" mit dem Ersuchen an die Agrarbehörde erster Instanz, "die darin vereinbarte Servitutsrechtsablöse bescheidmäßig zu erledigen". Mit dem an die Erstinstanz gerichteten Schreiben der Beschwerdeführerin vom 6. Februar 1986 wurde dieser Antrag wiederholt.

1.4. Veranlaßt durch eine Anfrage der Erstbehörde vom 23. Mai 1986 an die Mitbeteiligten, ob ihr Antrag vom 15. Oktober 1985 "in Anbetracht der zwischenzeitlich vereinbarten Ablöse dieser Rechte aufrecht bleibt", teilten diese der genannten Behörde mit dort am 17. Juni 1986 eingelangtem Schriftsatz mit, "daß der Antrag auf Genehmigung des Abtretungsvertrages vom 23. Februar 1984 betreffend die Übertragung des gegenständlichen Einforstungsrechtes von der Liegenschaft Engelbert H. auf die Liegenschaft Sch. selbstverständlich aufrecht bleibt".

2. Mit Bescheid vom 28. Oktober 1986 verweigerte die Agrarbehörde erster Instanz gemäß § 4 Abs. 1, 2 und 3 Wald- und Weideservitutengesetz, LG- und VBl. für Tirol Nr. 21/1952 (in der Folge kurz: WWSG) die Bewilligung für die Übertragung des mit der Liegenschaft EZ. 90 II KG X verbundenen, bereits mehrfach bezeichneten Einforstungsrechtes (lastend auf der Liegenschaft EZ. 108 II KG X der Beschwerdeführerin) auf die im gemeinsamen Eigentum der mitbeteiligten Parteien stehende Liegenschaft EZ. 477

II KG X im Sinne des Abtretungsvertrages vom 20. März 1984.

Begründet wurde diese Entscheidung zusammengefaßt damit, daß die Übertragung des Einforstungsrechtes von der Liegenschaft EZ. 90 II auf die Liegenschaft EZ. 477 II "nicht wirtschaftlichen Bedürfnissen dient und den Bestimmungen des WWSG daher klar widerspricht". Abschließend wies die Erstinstanz darauf hin, daß über die von der Beschwerdeführerin "beantragte Bewilligung für die Ablöse der gegenständlichen Holzbezugsrechte (Antrag vom 15. November 1985) i.S. der Parteienerklärung vom 21. Oktober 1985 ein gesonderter Bescheid ergeht".

3. Aufgrund der dagegen von den Mitbeteiligten erhobenen Berufung erging nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung (der belangten Behörde) vom 26. Februar 1987, mit dem unter Bezugnahme auf § 66 Abs. 2 AVG 1950 der Berufung keine Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen wurde.

Begründend brachte die belangte Behörde nach zusammengefaßter Wiedergabe des bisherigen Verfahrensablaufes zum Ausdruck, daß ihr die vorliegende Rechtssache "aus mehrfachen Gründen nicht entscheidungsreif" erscheine. Vorweg müsse festgehalten werden, daß die aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides erschließbare Auffassung, wonach eine Übertragung von Holzbezugsrechten von vornherein nur auf ein landwirtschaftliches Anwesen möglich sei, nach Ansicht der belangten Behörde gesetzlich nicht zwingend sei. Zutreffend sei, daß eine agrarbehördliche Bewilligung zur Veränderung von Nutzungsrechten dann nicht möglich sei, wenn die Belastung für den Verpflichteten empfindlich drückender werde. Es möge dahingestellt bleiben, ob die Übertragung eines Holzbezugsrechtes von einem Landwirtschaftsbetrieb auf einen Nichtlandwirtschaftsbetrieb von vornherein mit einer empfindlichen Mehrbelastung für den Verpflichteten verbunden sei. Wesentlich erscheine, daß nach den Aktenunterlagen keine hinreichenden Ermittlungen gepflogen worden seien, die eine überprüfbare Feststellung dahin zuließen, ob die bisher berechtigte Liegenschaft EZ. 90 II im Ausmaß von knapp über 2000 m2 auch tatsächlich einen Landwirtschaftsbetrieb darstelle, sodaß von der Übertragung des Holzbezugsrechtes von einem Landwirtschaftsbetrieb auf einen Nichtlandwirtschaftsbetrieb, wie dies im erstinstanzlichen Bescheid angenommen worden sei, ausgegangen werden könne. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, daß die Mitbeteiligten behaupteten, daß ihre Liegenschaft EZ. 477

II Bestandteil eines Landwirtschaftsbetriebes sei und sie nach ihren weiteren Ausführungen einen wirtschaftlichen Bedarf für den Bezug von Nutz-und Brennholz für ihren Bienenzuchtbetrieb hätten. Aus der Stellungnahme der Bezirksforstinspektion St. Johann vom 13. Jänner 1986, die in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides herangezogen worden sei, könnten keine Feststellungen entnommen werden, wodurch die Behauptungen der Mitbeteiligten als widerlegt erschienen. In dieser Stellungnahme sei überdies kein Befund enthalten, der auf die Verneinung des wirtschaftlichen Bedarfes an Holzbezugsrechten für die Liegenschaft 477 II schließen ließe. Diesbezüglich sei der Sachverhalt ergänzungsbedürftig. Zur Feststellung all dieser Sachfragen erscheine die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unbedingt erforderlich, weshalb der erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 zu beheben und die Angelegenheit an die Erstbehörde zurückzuverweisen gewesen sei.

4. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihren Rechten dadurch verletzt, daß die belangte Behörde über "einen nicht gültig zustande gekommenen Abtretungsvertrag" abgesprochen habe, was unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung dahin zu verstehen ist, daß die belangte Behörde, um einen Eingriff in die subjektive Rechtssphäre der Beschwerdeführerin zu vermeiden, zuerst über den Ablösungsantrag der Beschwerdeführerin hätte entscheiden müssen. Geltend gemacht wird inhaltliche Rechtswidrigkeit, verbunden mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid deshalb kostenpflichtig aufzuheben.

5. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Die mitbeteiligten Parteien haben ihrerseits eine Gegenschrift eingebracht; die Beschwerdeführerin hat zur Gegenschrift der belangten Behörde eine schriftliche Äußerung erstattet.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach § 66 Abs. 2 AVG 1950 kann die Berufungsbehörde, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen.

Ein auf diese Gesetzesstelle gegründeter letztinstanzlicher Bescheid - ein solcher liegt im Beschwerdefall vor - ist ein verfahrensrechtlicher Bescheid, der durch Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. September 1985, Zl. 85/07/0079, und die dort zitierte Judikatur). Eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers durch einen solchen aufhebenden Bescheid kann u. a. darin gelegen sein, daß die Berufungsbehörde von dieser Regelung mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen zu Unrecht Gebrauch gemacht und keine Sachentscheidung erlassen hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1985, Zl. 84/07/0252).

2.1. Inhaltlich rechtswidrig ist der bekämpfte Bescheid nach Meinung der Beschwerdeführerin zunächst deshalb, weil die Mitbeteiligten nicht berufungslegitimiert seien. Gemäß § 8 AVG 1950 i.V.m. § 48 Abs. 1 und 2 WWSG seien lediglich die Eigentümer der berechtigten und der verpflichteten Liegenschaften als Parteien anzusehen. Eigentümer der berechtigten Liegenschaft sei aber im gegenständlichen Verfahren allein Engelbert H. Die Mitbeteiligten hätten zwar den Wunsch "Servitutsparteien" zu werden, seien dies aber beim derzeitigen Stand des Verfahrens noch nicht.

2.2. Dieses Vorbringen ist verfehlt. Wie den Formulierungen der Abs. 1, 2 und 3 des von "Änderungen an Nutzungsrechten" handelnden § 4 WWSG (arg.: "Übertragung von einer berechtigten Liegenschaft auf eine andere") unschwer zu entnehmen ist, kommt auch jener Liegenschaft, auf welche das Nutzungsrecht übertragen werden soll, die Eigenschaft einer "berechtigten" Liegenschaft zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1987, Zl. 86/07/0081). Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die Mitbeteiligten als zur Erhebung einer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 28. Oktober 1986 berechtigt angesehen und dem entsprechend deren Berufung nicht als unzulässig zurückgewiesen hat.

3.1. Eine weitere inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß die belangte Behörde der Tatsache des Vorliegens zweier "diamentral" gegenüberstehender Anträge hinsichtlich ein und desselben Nutzungsrechtes keine Beachtung geschenkt habe. Während "Übertragung" weiterer Fortbestand des Rechtes bei einem anderen berechtigten Gut bedeute, verstehe man unter "Ablöse" des Rechtes dessen endgültiges Erlöschen. Ein Vertrag, worin hinsichtlich desselben Rechtes sowohl über die Ablöse als auch über die Übertragung "abgesprochen" worden sei, leide an der Unmöglichkeit der Leistungserbringung. Somit sei der verfahrensgegenständliche Abtretungsvertrag "in dieser Form gar nicht gültig zustandegekommen, weshalb der belangten Behörde auch gar kein genehmigungsfähiges Rechtsgeschäft unterbreitet werden konnte". Diese habe sohin über einen Antrag entschieden, "wofür gar keine rechtliche Basis gegeben war".

3.2.1. Wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung (oben 1.1.2., 1.3.) ergibt, lagen der Agrarbehörde erster Instanz im Zeitpunkt ihrer Entscheidung einerseits ein Antrag der Mitbeteiligten auf Bewilligung der vertraglich vereinbarten Übertragung des mit der Liegenschaft EZ. 90 II des Engelbert H. verbundenen Einforstungsrechtes auf die Liegenschaft EZ. 477 II der Mitbeteiligten, anderseits ein Antrag der Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin der verpflichteten Liegenschaft EZ. 108 II, die zwischen ihr und Engelbert H. vertraglich vereinbarte "Servitutsrechtsablöse bescheidmäßig zu erledigen". Bei dieser Sachlage stand der von der Behörde gewählten Vorgangsweise, zunächst über den Antrag der Mitbeteiligten auf Bewilligung der Übertragung des Einforstungsrechtes abzusprechen, keine gesetzliche Verpflichtung, anders vorzugehen, entgegen. Denn das WWSG enthält keine ausdrückliche Bestimmung, derzufolge die Agrarbehörde in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem bei ihr zwei einander in Widerstreit liegende Anträge gestellt worden sind, gehalten wäre, vorerst über den Ablösungsantrag der Beschwerdeführerin, oder etwa über beide Anträge in einem diese zusammenziehenden einheitlichen Verfahren zu entscheiden; auch im Interpretationsweg läßt sich aus dem genannten Gesetz eine solche Verpflichtung nicht ableiten. Das WWSG eröffnet der Behörde vielmehr die Möglichkeit, die Reihenfolge, in der sie über die beiden Anträge zu entscheiden beabsichtigt, selbst zu bestimmen; desgleichen bleibt es ihr überlassen, ob sie ihre Entscheidung über die beiden widerstreitenden Anträge in einem von Amts wegen oder auf Begehren einer Partei einzuleitenden, einheitlichen, das betreffende Nutzungsrecht (neu) regulierenden oder dessen Ablösung dienenden Servitutverfahren (vgl. § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 und 2, § 9 leg. cit.) trifft.

Bei der Gebrauchnahme bzw. Nichtgebrauchnahme von den bezeichneten Möglichkeiten handelt es sich um die Ausübung von Ermessen im Sinne des Art. 130 Abs. 2 B-VG. Damit ein Gesetz insoweit dem Art. 18 Abs. 1 B-VG entspricht muß ihm zu entnehmen sein, inwieweit der Behörde die Bestimmung ihres Verhaltens selbst überlassen ist und in welchem Sinn sie von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch zu machen hat, wobei unter dem Sinn des Gesetzes der Sinn der jeweils anzuwendenden Rechtsnorm, also die aus dem betreffenden Gesetz hervorleuchtende Absicht des Gesetzgebers zu verstehen ist. Da nach Art. 130 Abs. 2 B-VG die Behörde dort, wo ihr das Gesetz freies Ermessen einräumt, vom Ermessen nur im Sinne des Gesetzes Gebrauch machen darf, obliegt dem Verwaltungsgerichtshof bei Ermessensbescheiden die Prüfung, ob der Behörde Ermessensfehler unterlaufen sind, aber auch - wie hinsichtlich aller anderen Bescheide -, ob die Behörde die gesetzlich vorgesehenen Verfahrensvorschriften eingehalten hat, insbesondere ihrer Begründungspflicht nachgekommen ist (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1985, Slg. Nr. 11.919/A).

3.2.2. Der Gesetzgeber des WWSG hat den für Änderungen von Nutzungsrechten - dies in einem weiten Sinn, somit auch in einer die Neuregulierung und die Ablösung von solchen Rechten erfaßenden Bedeutung verstanden - maßgeblichen Sinn des Gesetzes dahingehend zusammengefaßt, daß jede Rechts-Änderung die bestmögliche, Interessen der Landeskultur und der Volkswirtschaft berücksichtigende Anpassung an die geänderten wirtschaftlichen Bedürfnisse der jeweils berechtigten und verpflichteten Liegenschaft zum Ziel hat (vgl. insbesondere § 9 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 2 und § 18 Abs. 2 leg. cit.). Damit ist der Sinn des Gesetzes in einer Form zum Ausdruck gebracht worden, die dem Gerichtshof im Einzelfall eine verläßliche Beurteilung ermöglicht, ob vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde.

3.2.3. Der Bescheid der Behörde erster Instanz vom 28. Oktober 1986 läßt jegliche Begründung vermissen, die erkennen ließe, ob sich die Entscheidung, vorerst über den Antrag auf Bewilligung der Übertragung des Einforstungsrechtes zu befinden, auf eine Ermessensübung im (vorhin umschriebenen) Sinne des Gesetzes zu stützen vermag. Die sich am Schluß der Bescheidbegründung findende Bemerkung, daß die Entscheidung über den Ablösungsantrag gesondert ergehen werde, stellt eine derartige Begründung nicht einmal im Ansatz dar; dieser Hinweis hat lediglich Erinnerungswert für die Parteien wie auch für die Behörde selbst. Die völlige Begründungslosigkeit des Bescheides in Ansehung der Ermessensübung wirkt auf die Entscheidung der belangten Behörde fort: Dieser wäre es oblegen, im Rahmen der ihr nach § 66 Abs. 4 AVG 1950 zustehenden Kontrollfunktion die von der Erstinstanz unterlassene Begründung dafür zu liefern, weshalb es als im Sinne des Gesetzes anzusehen sei, über die beiden gegenläufigen Anträge getrennt und im Rahmen einer getrennten Entscheidung zuerst über den Antrag auf Bewilligung der Übertragung des Einforstungsrechtes abzusprechen. Statt dessen hat sich die belangte Behörde die dem erstinstanzlichen Bescheid zugrundeliegende Auffassung, es sei die gesonderte Entscheidung zunächst über den die Übertragung des Rechtes betreffenden Bewilligungsantrag eine im "Sinne" des Gesetzes gelegene Vorgangsweise, ohne weiteres zu eigen gemacht und auf dieser Grundlage der Erstinstanz im Wege des angefochtenen Bescheides den Auftrag erteilt, insoweit ergänzende Sachverhaltsermittlungen durchzuführen und darauf aufbauend einen neuen Bescheid zu erlassen.

3.2.4. Die belangte Behörde durfte - infolge Fehlens jeder diesbezüglichen Begründung im erstinstanzlichen Bescheid - so lange nicht in rechtlich unbedenklicher Weise davon ausgehen, daß die Erstbehörde eine dem Sinn des Gesetzes gerecht werdende Ermessensentscheidung getroffen habe, solange sie nicht auf der Grundlage des § 66 Abs. 4 AVG 1950 in einer den §§ 60, 67 leg. cit. genügenden Weise die für ihre Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit dargelegt hat, als dies zur Rechtsverfolgung durch die beschwerdeführende Partei und für die nachprüfende Kontrolle des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist. Da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ihrer eben umschriebenen Begründungspflicht - offensichtlich infolge Verkennens der Rechtslage - nicht nachgekommen ist, ist der Gerichtshof im derzeitigen Stadium nicht in der Lage zu beurteilen, ob die belangte Behörde das ihr zustehende Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt hat. Dies hat zur Folge, daß derzeit auch nicht beurteilbar ist, ob die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 AVG 1950 vorliegen und die belangte Behörde unter Heranziehung dieser Bestimmung die Erstinstanz zu Recht angewiesen hat, den (nach Meinung der belangten Behörde) bislang für die Erteilung bzw. Versagung der Bewilligung zur Übertragung des in Rede stehenden Einforstungsrechtes fehlenden maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und auf dieser Basis über die beantragte Rechts-Übertragung neuerlich abzusprechen.

4. Da sich nach dem Gesagten im gegenwärtigen Stadium der bekämpfte verfahrensrechtliche Bescheid einer Überprüfung auf seine Rechtmäßigkeit insoweit entzieht, als keine abschließende Aussage möglich ist, ob die belangte Behörde von § 66 Abs. 2 AVG 1950 zu Recht Gebrauch gemacht und mithin zu Recht keine Sachentscheidung - etwa in Form einer ersatzlosen Behebung des erstinstanzlichen Bescheides, weil mit einer dem Sinn des Gesetzes Rechnung tragenden Ermessenshandhabung allein die Einleitung eines Servitutenverfahrens vereinbar wäre - getroffen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Antrages (§ 59 Abs. 1 VwGG) - auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 3. Dezember 1987

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