Normen
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs3;
VStG §6;
WeinbauG Bgld 1980 §23 Abs2 litb idF 1985/018;
WeinbauG Bgld 1980 §23 Abs2;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs3;
VStG §6;
WeinbauG Bgld 1980 §23 Abs2 litb idF 1985/018;
WeinbauG Bgld 1980 §23 Abs2;
Spruch:
1. Der Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 31. März 1983 wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.300,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
3. Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 24. März 1982, dem Beschwerdeführer zugestellt am 15. April 1982, wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, eine im Jahre 1978 in der KG Illmitz auf dem Grundstück Nr. n1, Ried "X" im Ausmaß von 0,8 ha gesetzwidrig vorgenommene Rebpflanzung im Jahr 1981 bewirtschaftet und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 2 lit. b des Weinbaugesetzes 1980, LGBl. für das Burgenland Nr. 38, begangen zu haben, weshalb über ihn nach dieser Gesetzesstelle eine Geldstrafe von S 8.000,-- (Ersatzarreststrafe 11 Tage) verhängt wurde.
Mit dem Bescheid vom 31. August 1983 wies die Burgenländische Landesregierung die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 AVG 1950 als unbegründet ab und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis. Zur Begründung führte sie aus, das in Rede stehende Weingartengrundstück sei unbestritten außerhalb einer Weinbauflur gesetzwidrig angepflanzt worden; ebenso unbestritten sei, daß der Beschwerdeführer diese Fläche im Jahre 1981 bewirtschaftet habe. Damit sei der Straftatbestand erfüllt. Das Bewirtschaften einer gesetzwidrigen Rebpflanzung bilde ein Dauerdelikt; eine künftige Bestrafung könne der Beschwerdeführer nur durch Rodung dieser gesetzwidrigen Rebpflanzung abwenden. Die verhängte Strafe sei den Vermögens- und Familienverhältnissen des Beschwerdeführers angemessen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 86/18/0052 protokollierte Beschwerde.
II.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 22. Februar 1983, dem Beschwerdeführer zugestellt am 2. März 1983, wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, eine im Jahre 1978 in der KG Illmitz auf dem Grundstück Nr. n1 im Ausmaß von 0,8 ha gesetzwidrig vorgenommene Rebpflanzung im Jahre 1982 bewirtschaftet und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 2 lit. b des Weinbaugesetzes 1980, LGBl. für das Burgenland Nr. 38, begangen zu haben, weshalb über ihn nach dieser Gesetzesstelle eine Geldstrafe von S 9.000,-- (Ersatzarreststrafe 90 Stunden) verhängt wurde.
Mit Bescheid vom 31. März 1983 wies die Burgenländische Landesregierung die Berufung des Beschwerdeführers gegen dieses Straferkenntnis gemäß § 66 AVG 1950 als unbegründet ab und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis. Zur Begründung führte sie aus, der Weingarten auf dem in Rede stehenden Grundstück sei unbestrittenermaßen im Jahre 1978 ausgepflanzt worden. Der Weingarten liege außerhalb der von der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See für die KG Illmitz mit Verordnung festgesetzten Weinbaufluren. Der Einwand des Beschwerdeführers, er habe den Weingarten in einem entschuldigenden Notstand ausgepflanzt, dürfe wohl nicht ernst gemeint sein, da der Beschwerdeführer wohl schwerlich behaupten könne, das Auspflanzverbot außerhalb der Weinbaufluren sei für ihn ein "unmittelbar drohender bedeutender Nachteil gewesen, dem er sich nur durch das Auspflanzen habe entziehen können". Die Behauptung, der Weingarten sei in gutem Glauben ausgepflanzt worden, sei nicht geeignet, den Beschwerdeführer zu entschuldigen, weil es Pflicht jedes Weinbautreibenden sei, sich vor Auspflanzung und Bewirtschaftung eines Weingartens bei der Behörde Klarheit über die Lage des auszupflanzenden bzw. zu bewirtschaftenden Grundstückes zu verschaffen. Außerdem sei der Beschwerdeführer bereits wegen der Bewirtschaftung dieses Grundstückes in den Jahren 1978 und 1979 rechtskräftig bestraft worden. Die Behauptung, die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See sei gesetzwidrig, sei nicht geeignet, der Berufung zum Erfolg zu verhelfen, weil der Behörde eine Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung nicht zustehe. Die verhängte Strafe entspreche den Vermögens- und Familienverhältnissen des Beschwerdeführers und liege nur geringfügig über dem im Gesetz vorgesehenen Mindestmaß.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu hg. Zl. 86/18/0051 protokollierte Beschwerde.
III.
Die Behandlung der gegen die vorstehend erwähnten Bescheide erhobenen Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof wurde von diesem mit Beschlüssen vom 21. Juni 1985, Zlen. 297/83 und 654/83, abgelehnt und die Beschwerden wurden dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen, gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzten Beschwerden erwogen:
1. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, daß die Bewirtschaftung gesetzwidriger Rebpflanzungen im Sinne des § 23 Abs. 2 lit. b des Burgenländischen Weinbaugesetzes 1980 eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen darstellt, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Täters zu einer Einheit zusammentreten, und daher - wie auch der Beschwerdeführer meint - als fortgesetztes Delikt anzusehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1986, Zlen. 86/18/0034, und 86/18/0035). Damit wird aber das im § 22 VStG 1950 normierte Kumulationsprinzip ausgeschlossen, weshalb tatbestandsmäßige Einzelhandlungen bis zur Erlassung des Straferkenntnisses erster Instanz als Einheit und damit als nur eine Verwaltungsübertretung anzusehen und dementsprechend auch nur mit einer Strafe zu bedenken sind (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. April 1979, Zlen. 668, 669/78, sowie das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 19. Mai 1980, Slg. N. F. Nr. 10.138/A).
Unter diesen Umständen hätte die Behörde erster Instanz für den bis zur Erlassung des Straferkenntnisses vom 24. März 1982 (das ist - Datum der Zustellung - bis 15. April 1982) reichenden Tatzeitraum nur ein Straferkenntnis erlassen dürfen, mit welchem über den Beschwerdeführer wegen der bis dahin begangenen einen Verwaltungsübertretung eine Strafe zu verhängen gewesen wäre. Demgegenüber bestrafte sie jedoch mit dem Straferkenntnis vom 22. Februar 1983 den Beschwerdeführer wegen der gleichen, in einem über das ganze Jahr 1982 reichenden Tatzeitraum begangenen Tat neuerlich und verstieß damit hinsichtlich des Zeitraumes vom 1. Jänner 1982 bis zum 15. April 1982 gegen das oben dargestellte Verbot der Doppelbestrafung. Die belangte Behörde belastete daher dadurch, daß sie dieses Straferkenntnis mit ihrem Bescheid vom 31. März 1983 zur Gänze bestätigte und damit den Inhalt dieses Straferkenntnisses auch zum Inhalt ihres Bescheides erhob, diesen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der zur hg. Zl. 86/18/0051 protokollierten Beschwerde war daher Folge zu geben und der Bescheid der belangten Behörde vom 31. März 1983 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
2. Die gegen den Bescheid vom 31. August 1983 erhobene, zur hg. Zl. 86/18/0052 protokollierte Beschwerde erweist sich dagegen als nicht berechtigt:
Unter dem Gesichtspunkt eingetretener Verfolgungsverjährung rügt der Beschwerdeführer zunächst die Unterlassung zeitgerechter geeigneter Verfolgungshandlungen, insbesondere der Erlassung eines Beschuldigten-Ladungsbescheides. Damit vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon im Hinblick darauf, daß es sich bei der ihm zur Last gelegten Tat - wie bereits ausgeführt - um ein fortgesetztes Delikt handelt, nicht darzutun. Bei einem derartigen Delikt bilden nicht nur die einzelnen Begehungshandlungen nur eine einzige strafbare Handlung, sondern es ist auch die Verjährungsfrist für dieses eine Delikt - unabhängig davon, wann die strafbare Tätigkeit begonnen hat - erst von dem Zeitpunkt an zu berechnen, in dem diese abgeschlossen worden ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1981, Zl. 2901/80). Der Beschwerdeführer hielt im vorliegenden Fall sein strafbares Verhalten zumindest bis zum Ende des der Bestrafung zugrunde gelegten Tatzeitraumes aufrecht, weshalb die belangte Behörde zu Recht Verjährung nicht in Betracht zog.
Mit seinem Hinweis, die belangte Behörde habe die Gesetzwidrigkeit der in Rede stehenden Rebpflanzung nicht näher begründet, ist der Beschwerdeführer zwar im Recht, doch vermag auch dieser Umstand eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu begründen. Da der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren - sowie auch in der vorliegenden Beschwerde - die Gesetzwidrigkeit dieser Rebpflanzung niemals bestritten hatte, hatte die belangte Behörde auch keinen Anlaß, sich damit näher auseinanderzusetzen. Im übrigen erweist sich die gegenständliche Rebpflanzung als eine gesetzwidrige im Sinne des § 23 Abs. 2 lit. b Weinbaugesetz 1980, weil diese Rebpflanzung bereits nach dem Weinbaugesetz 1974 gesetzwidrig war (vgl. § 1 Abs. 1 leg. cit. und die aufgrund des § 6 des Weinbaugesetzes 1969 erlassene Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 28. August 1970, Landesamtsblatt für das Burgenland vom 27. März 1971, mit der die geschlossenen und offenen Weinbaufluren im Gemeindegebiet von Illmitz festgesetzt werden, und in welcher das gegenständliche Grundstück des Beschwerdeführers nicht genannt ist) und daher zufolge der Übergangsbestimmung des § 24 Abs. 1 des Weinbaugesetzes 1980 (in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 18/1985) auch eine gesetzwidrige Rebpflanzung im Sinne dieses Gesetzes ist.
Die belangte Behörde war auch nicht gehalten, in ihrem Bescheid "Tathandlungen oder Unterlassungen" festzustellen, "die es rechtfertigen würden, unter den Gesetzesbegriff 'bewirtschaften' subsumiert zu werden", weil nach § 23 Abs. 4 Weinbaugesetz 1980 eine gesetzwidrige Rebpflanzung von ihrem Besitzer auch dann "bewirtschaftet wird" wenn sie nicht bearbeitet wird. Irgendwelcher einzelner Bewirtschaftungshandlungen seitens des Beschwerdeführers bedurfte es daher zur Erfüllung des Tatbildes gar nicht.
Der Beschwerdeführer macht ferner mit dem Vorbringen, er könne das gegenständliche Grundstück wegen seiner Lage inmitten von anderen Weingärten, wenn er es überhaupt wirtschaftlich nutzen wolle, nur als Weingarten bewirtschaften, Notstand im Sinne des § 6 VStG 1950 geltend. Zufolge dieser Gesetzesstelle ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung, von der im vorliegenden Fall abzugehen sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlaßt sieht, kann unter Notstand im Sinne des § 6 VStG 1950 nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1981, Zl. 81/02/0252, u.v.a.). Davon kann aber im Falle einer wirtschaftlichen Schädigung solange nicht die Rede sein, als diese nicht die Lebensmöglichkeit selbst unmittelbar bedroht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1954, Zl. 466/52). Eine solche Bedrohung der physischen Existenz wurde aber weder vom Beschwerdeführer behauptet noch vermag sie der Verwaltungsgerichtshof aus der Aktenlage zu erkennen.
In Erwiderung des diesbezüglichen Beschwerdevorbringens sei auch noch darauf hingewiesen, daß aus dem auf einem Druck- oder Redaktionsfehler beruhenden Wortlaut des § 1 Weinbaugesetz 1980 in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 18/1985 eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht erfließen kann, weil diese Bestimmung hier gar nicht zur Anwendung zu kommen hat. Welche subjektiven Rechte des Beschwerdeführers durch die Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Bezirkskellereioberinspektor verletzt sein sollen, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.
Die Höhe der verhängten Strafe ist schließlich schon deshalb nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu begründen, weil die belangte Behörde ohnedies die gesetzliche Mindeststrafe über den Beschwerdeführer verhängte.
Zu einer der Anregung des Beschwerdeführers entsprechenden Anfechtung der bereits zitierten Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 28. August 1970 und des "Burgenländischen Weinbaugesetzes LGBl. 38/1980 sowie der einschlägigen Vorgesetze LGBl. 40/1974 und LGBl. 33/1969 und der Vereinbarung zwischen den Ländern Niederösterreich und Burgenland über die flächenmäßige Beschränkung des Weinbaus LGBl. 31/1980" sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlaßt. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich bereits in seinem Beschluß vom 30. Juni 1983, Zl. G 122/81, dargetan, daß die vom Beschwerdeführer auch in der vorliegenden Beschwerde aufgezeigten Umstände nicht geeignet sind, die Verfassungsmäßigkeit der in Rede stehenden gesetzlichen Normen zu berühren. Aus welchen Gründen der Beschwerdeführer die Gesetzmäßigkeit der zitierten Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See bezweifelt, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen. Von Amts wegen hegt der Verwaltungsgerichtshof derartige Bedenken nicht.
IV.
Aus all diesen Gründen war daher der Bescheid der belangten Behörde vom 31. März 1983 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, im übrigen aber war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich in beiden Fällen auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 11. April 1986
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