Normen
WeinbauG Bgld 1980 §23 Abs2 litb;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1986180034.X00
Spruch:
1. Der angefochtene Bescheid der Burgenländischen Landesregierung Zl. V/1-8779-1983, wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
3. Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 11. Mai 1983, Zl. V/1-8779- 1983, wurde der Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 23 Abs. 2 lit. b des Weinbaugesetzes 1980, LGBl. für das Burgenland Nr. 38, mit einer Geld- und Ersatzarreststrafe bestraft, weil er im Jahre 1981 seinen im Jahre 1978 außerhalb der Weinbauflur angelegten Weingarten auf dem Grundstück Nr. n1 des Grundbuches über die Katastralgemeinde M im Ausmaß von 1,0020 ha bewirtschaftet habe.
Die Berufungsbehörde verwies in der Begründung ihres Bescheides auf das Ergebnis eines am 29. März 1983 stattgefundenen Lokalaugenscheines, an welchem der Bundeskellereioberinspektor Ing. JM als Amtssachverständiger teilgenommen und für den auf dem gegenständlichen Grundstück befindlichen Weingarten das Jahr 1978 als Auspflanzjahr angenommen habe. Trotz der Angaben des Beschwerdeführers, er habe dieses Grundstück bereits im Herbst 1974 ausgepflanzt und im Jahre 1978 zum Großteil nachgepflanzt, habe die Kommission aufgrund gleicher Wachstumsmerkmale für den gesamten Weingarten das Jahr 1978 als Jahr der Auspflanzung festgestellt. Im übrigen habe der Beschwerdeführer zugegeben, diesen Weingarten im Jahre 1981 bewirtschaftet zu haben. In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer das angenommene Jahr der Auspflanzung nicht bestritten, sondern lediglich vorgebracht, daß seiner Meinung nach eine gesetzwidrige Auspflanzung nicht vorliege. Bei richtiger Anwendung des Weinbaugesetzes hätte die Bezirksverwaltungsbehörde das gegenständliche Grundstück in die geschlossene Weinbauflur einreihen müssen. Abgesehen davon sei auch ansonsten die diesbezügliche Verordnung der Bezirkshauptmannschaft nicht dem Gesetz entsprechend und demnach gesetzwidrig. Es könne ihn daher der Vorwurf nicht treffen, eine gesetzwidrige Rebpflanzung bewirtschaftet zu haben. Diesem Vorbringen entgegnete die Berufungsbehörde in der Begründung ihres Bescheides, daß es ihr nicht zustehe, von sich aus die Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See, mit der die Weinbauflur in der Katastralgemeinde P festgestellt worden sei, zu prüfen. Die Behörde sei vielmehr verpflichtet, diese ordnungsgemäß im
12. Stück des Landesamtsblattes für das Burgenland am 27. März 1971 verlautbarte und daher rechtsgültige Verordnung anzuwenden. Abgesehen davon sei diese Verordnung nach Ansicht der Berufungsbehörde keineswegs gesetzwidrig. Nach dieser Verordnung liege das in Rede stehende Grundstück des Beschwerdeführers nicht in einer Weinbauflur, weshalb die Auspflanzung objektiv gesetzwidrig erfolgt sei. Da auch die Berufungsbehörde aufgrund der ordnungsgemäß erhobenen Beweise im erstinstanzlichen Verfahren keine Veranlassung gehabt habe, an der Annahme dieses Grundstück sei im Jahre 1978 ausgepflanzt worden, zu zweifeln - der Beschwerdeführer habe für eine gegenteilige Behauptung auch keine Beweise angeboten und da eine entschuldbare Unwissenheit über die Lage des Grundstückes außerhalb der Weinbauflur nicht behauptet worden sei, sei der Beschwerdeführer zu Recht wegen Bewirtschaftung seines Weingartens im Jahre 1981 bestraft worden. Die gegen den Beschwerdeführer verhängte Strafe stelle die im Gesetz vorgesehene Mindeststrafe dar, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
II.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Burgenländischen Landesregierung Zl. V/1-8773-1983, wurde der Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 23 Abs. 2 lit. b des Weinbaugesetzes 1980, LGBl. für das Burgenland Nr. 38, mit einer Geld- und Ersatzarreststrafe bestraft, weil er im Jahre 1982 seinen im Jahre 1978 außerhalb der Weinbauflur angelegten Weingarten auf dem Grundstück Nr. n1 des Grundbuches über die Katastralgemeinde M im Ausmaß von 1,0020 ha bewirtschaftet habe.
Die Begründung der Berufungsbehörde deckt sich im wesentlichen mit jener des unter I. dargelegten Bescheides, wobei abweichend davon ausgeführt wird, daß der Beschwerdeführer zugegeben habe, den Weingarten im Jahre 1982 bewirtschaftet zu haben.
III.
Die Behandlung der gegen die vorstehend erwähnten Bescheide erhobenen Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof wurde von diesem mit Beschlüssen vom 21. Juni 1985, Zlen. 400/83-10 und 401/83-10, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen, gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzten Beschwerden erwogen:
1. Wie der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung zu entnehmen ist, wurde der Beschwerdeführer mit dem Bescheid der belangten Behörde Zl. V/1-8779-1983, bestraft, weil er im Jahre 1981 einen bestimmten, gesetzwidrig angelegten Weingarten bewirtschaftet habe, und mit dem weiteren Bescheid der belangten Behörde Zl. V/1-8773-1983, wegen Bewirtschaftung desselben Weingartens im Jahre 1982 bestraft.
Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, daß die Bewirtschaftung gesetzwidriger Rebpflanzungen im Sinne des § 23 Abs. 2 lit. b des Burgenländischen Weinbaugesetzes 1980 eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen darstellt, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Täters zu einer Einheit zusammentreten, und daher - wie auch der Beschwerdeführer meint - als fortgesetztes Delikt anzusehen ist. Damit wird aber das im § 22 VStG 1950 normierte Kumulationsprinzip ausgeschlossen, weshalb tatbestandsmäßige Einzelhandlungen bis zur Erlassung des Straferkenntnisses erster Instanz als Einheit und damit als nur eine Verwaltungsübertretung anzusehen und dementsprechend auch nur mit einer Strafe zu bedenken sind (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. April 1979, Zlen. 668/78, sowie das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 19. Mai 1980, Slg. N. F. Nr. 10.138/A).
Unter diesen Umständen hätte die Behörde erster Instanz für den bis zur Erlassung der beiden Straferkenntnisse (am 7. April 1983) reichenden Tatzeitraum nur ein Straferkenntnis erlassen dürfen, mit welchem über den Beschwerdeführer wegen der bis dahin begangenen einen Verwaltungsübertretung eine Strafe zu verhängen gewesen wäre. Die Erlassung jenes Straferkenntnisses, mit welchem der Beschwerdeführer wegen der im Jahre 1981 erfolgten Bewirtschaftung des gesetzwidrig angelegten Weingartens bestraft worden ist, erweist sich daher als rechtswidrig, weil dieser Tatzeitraum in das am selben Tag erlassene Straferkenntnis, mit welchem der Beschwerdeführer wegen eines gleichartigen Verhaltens im Jahre 1982 einer weiteren Verwaltungsübertretung für schuldig befunden und bestraft worden ist, einzubeziehen gewesen wäre. Die belangte Behörde hätte daher beide Straferkenntnisse zur Erlassung eines den vorstehenden Erwägungen Rechnung tragenden Straferkenntnisses aufzuheben gehabt, wobei diese Unterlassung allerdings nur den zur Zl. V/1- 8779-1983 ergangenen angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weil der Beschwerdeführer unter dem in Rede stehenden Gesichtspunkt nicht dadurch in seinen Rechten verletzt worden ist, daß er einer Verwaltungsübertretung unter Zugrundelegung eines kürzeren Tatzeitraumes für schuldig befunden und daher auch nur mit einer Strafe geringeren Ausmaßes belegt wird. Der zur hg. Zl. 86/18/0035 protokollierten Beschwerde war daher Folge zu geben und der Bescheid der belangten Behörde vom 11. Mai 1983, Zl. V/1-8779-1983, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
2. Die einleitenden Ausführungen der zur hg. Zl. 86/18/0034 protokollierten Beschwerde gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 11. Mai 1983, Zl. V/1- 8773-1983, lassen sich dahingehend zusammenfassen, daß die belangte Behörde nach Auffassung des Beschwerdeführers aufgrund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses nicht von einer gesetzwidrigen Rebpflanzung hätte ausgehen dürfen.
Diese Verfahrensrüge ist aus nachstehenden Erwägungen nicht begründet:
Entsprechend der am 29. März 1983 aufgenommenen Niederschrift wurde an diesem Tage durch den Bundeskellereioberinspektor Ing. M in Anwesenheit des Beschwerdeführers eine Besichtigung der Rebpflanzungen auf dem in Rede stehenden Grundstück des Beschwerdeführers (Nr. n1) vorgenommen, welche ergeben hat, daß kein Unterschied in den Wachstumsmerkmalen festgestellt werden könne und der Beschwerdeführer "nicht in der Lage war, die Rebstöcke zu zeigen, die seiner Meinung nach im Jahre 1974 gesetzt worden sind. Er war auch nicht in der Lage, das genaue Ausmaß der im Jahre 1978 vorgenommenen Nachpflanzung anzugeben. Er gab zu, den Großteil des Grundstückes im Jahre 1978 nachgepflanzt zu haben". Nach einer Belehrung, daß die Behörde aufgrund des vorliegenden Ergebnisses der Überprüfung für das Gesamtausmaß der Auspflanzung auf diesem Grundstück als Auspflanzjahr das Jahr 1978 annehmen müsse, habe der Beschwerdeführer keine diesbezüglichen Beweisanträge gestellt. Der dem Straferkenntnis sodann zugrunde gelegten Annahme, daß die Auspflanzung im Jahre 1978 erfolgt sei, ist der Beschwerdeführer in der dagegen erhobenen Berufung im wesentlichen lediglich mit der Behauptung entgegengetreten, daß "eine gesetzwidrige Auspflanzung meinerseits" nicht vorliege und "die Bezirksverwaltungsbehörde bei richtiger Anwendung der Weinbaugesetze das gegenständliche Grundstück in die geschlossene Weinbauflur hätte einreihen müssen". Abgesehen davon sei die diesbezügliche Verordnung der Bezirkshauptmannschaft gesetzwidrig.
Unter diesen Umständen kann der Gerichtshof der belangten Behörde keine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit b und c VwGG relevante Verletzung von Verfahrensvorschriften anlasten, wenn sie davon ausgegangen ist, daß die in Rede stehenden Rebpflanzungen im Jahre 1978 vorgenommen worden sind, zumal der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde nicht dargetan hat, woraus eine für seinen Standpunkt günstigere Annahme abzuleiten sein soll. Mit dem in diesem Zusammenhang gegebenen Hinweis des Beschwerdeführers auf die durch die Novelle LGBl. Nr. 18/1985 erfolgte Einfügung des Absatzes 5 in den § 23 des Weinbaugesetzes 1980 ("Bestehen Zweifel an der Gesetzmäßigkeit einer Rebpflanzung, hat der Weinbautreibende über Anordnung der Behörde die Entnahme von Rebstöcken zwecks Feststellung des Auspflanzjahres durch Untersuchung der Stammquerschnitte zu dulden") ist im übrigen für seinen Standpunkt schon deshalb nichts zu gewinnen, weil diese Regelung erst am 1. Jänner 1985 und sohin nach Erlassung des angefochtenen Bescheides in Kraft getreten ist, und im übrigen in der schon erwähnten Niederschrift über die Besichtigung der gegenständlichen Rebpflanzungen ausdrücklich festgehalten worden ist, daß "von der Vornahme eines Stammquerschnittes Abstand genommen wurde, da die gegenwärtige Methode der Altersbestimmung
eine Eingrenzung im konkreten Fall ... nicht zuläßt".
Unter der Annahme, daß die Auspflanzung der in Rede stehenden Weinreben des Beschwerdeführers im Jahre 1978 erfolgt ist und diese während des Tatzeitraumes - unbestrittenermaßen - bewirtschaftet worden sind, hatte die belangte Behörde aber auch von einer gesetzwidrigen Rebpflanzung im Sinne des § 23 Abs. 2 lit. b des Weinbaugesetzes 1980 auszugehen, weil diese Rebpflanzungen bereits nach dem Weinbaugesetz 1974 gesetzwidrig waren (vgl. § 1 Abs. 1 leg. cit. und die aufgrund des § 6 des Weinbaugesetzes 1969 erlassene Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 28. August 1970, Landesamtblatt für das Burgenland vom 27. März 1971, mit der die geschlossenen und offenen Weinbaufluren im Gemeindegebiet von P festgelegt werden, und in welcher das gegenständliche Grundstück des Beschwerdeführers nicht genannt ist) und daher zufolge der Übergangsbestimmung des § 24 Abs. 1 des Weinbaugesetzes 1980 (in der Fassung vor der schon erwähnten Novelle LGBl. Nr. 18/1985) auch gesetzwidrige Rebpflanzungen im Sinne dieses Gesetzes sind.
Abschließend behauptet der Beschwerdeführer, die Strafnormen des § 23 des Weinbaugesetzes 1980 seien unvollziebar, weil nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle eine gesetzwidrige Rebpflanzung bis zu ihrer Rodung auch dann als bewirtschaftet gelte, wenn sie nicht bearbeitet werde; damit werde aber weder ein Tun noch ein Unterlassen unter Strafe gestellt, weshalb ein Tatbild nicht vorliege. Dieser Meinung kann sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anschließen, weil der Gesetzgeber offenbar davon ausgegangen ist, daß eine Übertretung des § 23 Abs. 2 lit. b leg cit. nicht nur durch ein als Bewirtschaftung gesetzwidriger Rebpflanzungen zu qualifizierendes Handeln begangen wird (ein solches Verhalten wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt), sondern auch dadurch, daß der Eigentümer einer gesetzwidrigen Rebpflanzung zwar diesbezügliche Tätigkeiten unterläßt, die gesetzwidrige Rebpflanzung, aber auch nicht rodet.
Zu einer der Anregung des Beschwerdeführers entsprechenden Anfechtung der §§ 1 und 9 des Weinbaugesetzes 1974 und des § 23 des Weinbaugesetzes 1980 sieht sich der Verwaltungsgerichtshof im übrigen nicht veranlaßt, weil die Bestimmungen der §§ 1 und 9 des Weinbaugesetzes 1974 im Beschwerdefall nicht präjudiziell sind und der erkennende Senat gegen die von der belangten Behörde herangezogene Regelung des § 23 Abs. 2 lit. b des Weinbaugesetzes 1980 keine verfassungsrechtlichen Bedenken hat (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Begründungen der vorstehend erwähnten Ablehnungsbeschlüsse des Verfassungsgerichtshofes). Das vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. März 1985, Zl. G 30/85, bezieht sich im übrigen auf die Aufhebung einer Bestimmung des Umsatzsteuergesetzes 1972 und enthält keine Anhaltspunkte für die Annahme einer Verfassungswidrigkeit der im Beschwerdefall anzuwendenden gesetzlichen Regelungen.
IV.
Entsprechend den vorstehenden Ausführungen war daher der zur Zl. V/1-8779-1983 ergangene Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben; im übrigen aber war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über die Zuerkennung des vom Beschwerdeführer beantragten Schriftsatzaufwandes gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985; der weitere Kostenzuspruch beruht auf den §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit den Bestimmungen der genannten Verordnung des Bundeskanzlers.
Wien, am 28. Februar 1986
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