European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1985180287.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 18. Jänner 1985 wurde der Beschwerdeführer u. a. für schuldig befunden, am 9. März 1984 um 7,40 Uhr in Wien 10, A 23, ca. 300 m vor dem Alten Landgut Richtung Süden, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw ohne eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette gelenkt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 134 in Verbindung mit § 36 lit. e Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) begangen zu haben. Über den Beschwerdeführer wurde unter Berufung auf die erstgenannte Gesetzesstelle eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (Ersatzarreststrafe 30 Stunden) verhängt.
Auf Grund der dagegen eingebrachten Berufung wurde das erwähnte Straferkenntnis in dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren strittigen Punkt mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 mit der Änderung bestätigt, daß die Tatumschreibung wie folgt zu lauten habe: „... den Pkw somit auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr verwendet, obwohl an dem Fahrzeug keine den Vorschriften entsprechende - nämlich eine abgelaufene - Begutachtungsplakette angebracht war“. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 36 lit. e KFG begangen.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung entgegnete die belangte Behörde, der Beschwerdeführer habe durch seinen Vertreter am 9. August 1984 Gelegenheit gehabt, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen, wobei der Inhalt der Anzeige Gegenstand der Verhandlung gewesen sei. In der Anzeige habe der Meldungsleger angegeben, er habe bei der Überprüfung des Fahrzeuges festgestellt, daß die Frist zur wiederkehrenden Begutachtung erheblich überschritten worden sei. Die Begutachtungsplakette mit der Nr. nnn habe die Lochung „83/3“ aufgewiesen. Der Beschwerdeführer habe angegeben, er habe den Pkw erst „voriges Jahr“ überprüfen lassen, wobei sich der Mechaniker bei der Überprüfung geirrt haben müsse. Aus diesen Angaben und den Feststellungen, daß das Fahrzeug bei einem regelwidrigen Fahrstreifenwechsel um 7,40 Uhr erstmals am Tatort wahrgenommen und anschließend bei der Anhaltung in Wien 10, Favoritenstraße nächst Altem Landgut, kontrolliert worden sei, müsse der Schluß gezogen werden, das Fahrzeug sei um 7,40 Uhr am Tatort mit einer abgelaufenen Begutachtungsplakette auf der A 23 im Verkehr in Verwendung gewesen. Es liege somit nicht die vom Beschwerdeführer behauptete Unklarheit vor. Der Vorhalt der Anzeige selbst stelle nach der Judikatur eine taugliche Verfolgungshandlung dar. Die Anzeige gäbe den Tatbestand im Sinne des § 44 a lit. a VStG 1950 hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale an und der Vorhalt sei innerhalb der Verfolgungsfrist erfolgt. Zur Rüge, das Ablaufdatum - gemeint wohl die Lochung „83/3“ - sei in den Spruch eines Bescheides aufzunehmen, bemerkte die Behörde, es genüge, wenn dieses in der Begründung des Bescheides angeführt sei, da Spruch und Begründung eines Bescheides eine Einheit bildeten. Der Einwand, das Fahrzeug sei rechtzeitig einer Begutachtung nach den Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes unterzogen worden, möge zutreffen. Dies sei dem Beschwerdeführer jedoch nicht vorgeworfen worden, sondern vielmehr, daß er eine Begutachtungsplakette mit der Lochung „83/3“ am Fahrzeug angebracht habe. Diese Plakette sei „nach ihrem Erscheinungsbild auf jeden Fall“, bezogen auf das Datum der Tat 9. März 1984, nicht gültig gewesen. Sollte der Beschwerdeführer einen Schuldausschließungsgrund habe geltend machen wollen, so habe er auf jeden Fall fahrlässig gehandelt. Denn er habe das Fahrzeug in Betrieb genommen, ohne sich vorher davon zu überzeugen, daß am Fahrzeug eine gültige Begutachtungsplakette angebracht gewesen sei; dies träfe auch zu, wenn er gemäß § 5 VStG 1950 „initiativ“ den Nachweis geführt hätte, daß die Plakette „irrtümlich falsch gelocht“ gewesen sei. Eine Übertretung nach § 36 lit. e KFG sei ein Ungehorsamsdelikt, für dessen Bestrafung Schuld in Form von Fahrlässigkeit genüge. Ferner wies die belangte Behörde darauf hin, daß der Beweisantrag auf zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers abzuweisen gewesen sei, da die Frage, ob die Plakette von einem Mechaniker irrtümlich falsch gelocht worden sei, vom Meldungsleger nicht beantwortet werden könne. Im übrigen sei nicht bestritten gewesen, daß die Plakette die Lochung „83/3“ aufgewiesen habe. Die belangte Behörde begründete auch, warum eine Herabsetzung der Strafe nicht in Betracht gekommen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
In Erwiderung auf die auch vor dem Gerichtshof aufgeworfene Frage der Verfolgungsverjährung ist darauf hinzuweisen, daß die Mitteilung einer Anzeige, in der die Tat hinsichtlich aller der späteren Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente eindeutig umschrieben ist, verbunden mit der Aufforderung zur Rechtfertigung eine den Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG 1950 darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Zl. 82/03/0112). Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wurde am 9. August 1984, also innerhalb der Frist des § 31 Abs. 2 VStG 1950, inhaltlich der bei dieser Gelegenheit aufgenommenen Niederschrift Gelegenheit gegeben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Damit wurde dem Beschwerdeführer auch die Anzeige der Verkehrsabteilung der Bundespolizeidirektion Wien vom 16. März 1984 zur Kenntnis gebracht, die sämtliche wesentlichen Sachverhaltselemente der gegenständlichen Übertretung des Kraftfahrgesetzes enthält. Aus der Schilderung in der Anzeige, in welcher auch zwei Übertretungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960 erwähnt worden sind, ergibt sich eindeutig, daß der Beschwerdeführer an dem im Schuldspruch des Straferkenntnisses genannten Ort, welchen die belangte Behörde durch diesbezügliche Bestätigung ebenfalls als Tatort angenommen hat, einen Pkw ohne vorschriftsmäßige Begutachtungsplakette gelenkt hat. Daß es sich bei dem Tatort („...A 23 ...“) um eine Straße mit öffentlichem Verkehr (§ 1 Abs. 1 KFG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 StVO) gehandelt hat, auf welcher der IV. Abschnitt des KFG gilt, konnte für den Beschwerdeführer auch ohne ausdrücklichen diesbezüglichen Hinweis in der Anzeige wohl nicht zweifelhaft sein. Auch in bezug auf die dem Schuldspruch des angefochtenen Bescheides zu Grunde gelegte Tatzeit ergeben sich aus der Anzeige keine Zweifel. Die Verjährungseinrede des Beschwerdeführers ist somit wegen des Vorliegens einer rechtzeitigen und tauglichen Verfolgungshandlung unbegründet.
Der unter dem Gesichtspunkt einer weiteren inhaltlichen Rechtswidrigkeit vertretenen Auffassung des Beschwerdeführers, die Lochung und die Nummer der Begutachtungsplakette hätten im Schuldspruch angeführt werden müssen, ist zu entgegnen, daß es nach § 44 a lit. a VStG 1950 zwar rechtlich geboten ist, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird (vgl. das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Zl. 82/03/0265). Daraus ergibt sich jedoch nicht die Notwendigkeit, bei Übertretungen des § 36 lit. e KFG auch die Lochung und Nummer der vorschriftswidrigen Begutachtungsplakette im Schuldspruch anzuführen. Die belangte Behörde hat in dem von ihr - zulässigerweise modifizierten Schuldspruch ausdrücklich festgestellt, daß an dem vom Beschwerdeführer zur Tatzeit am Tatort verwendeten Fahrzeug „keine den Vorschriften entsprechende - nämlich eine abgelaufene - Begutachtungsplakette angebracht war“. Damit ist klargestellt, daß dem Beschwerdeführer vorgeworfen worden ist, nicht ein Fahrzeug verwendet zu haben, an welchem entsprechend dem Wortlaut des § 36 lit. e KFG 1967 „eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette ... angebracht“ war. Es bestehen also keine Zweifel, daß das im Schuldspruch des angefochtenen Bescheides umschriebene Verhalten des Beschwerdeführers unter die zitierte Vorschrift des Kraftfahrgesetzes zu subsumieren ist, weshalb es genügte, in der Begründung des angefochtenen Bescheides an Hand der Lochung und Nummer der Begutachtungsplakette anzuführen, warum der Tatbestand des § 36 lit. e KFG erfüllt war.
Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt der Beschwerdeführer darin, daß der Meldungsleger „zu den näheren Umständen des Tatvorwurfes, insbesondere hinsichtlich Tatzeit und Tatort“, nicht als Zeuge einvernommen worden sei. Dieser Vorwurf ist unbegründet, weil der Beschwerdeführer nie in Abrede gestellt hat, seinen Pkw zu der im Schuldspruch angegebenen Zeit an dem dort erwähnten Ort gelenkt zu haben, und auch nicht bestritten hat, an seinem Fahrzeug habe sich damals keine vorschriftsmäßige Begutachtungsplakette befunden. Es bestand daher im Gegensatz zum Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1978, Slg. N. F. Nr. 9602/A, keine Veranlassung, den Meldungsleger zu der in Rede stehenden Übertretung als Zeugen zu vernehmen. Im übrigen ist auch die weitere Verfahrensrüge des Beschwerdeführers unbegründet, die Behörde habe nicht die exakte Tatzeit festgestellt. Der Anzeige ist nämlich zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer zu dem im Schuldspruch genannten Zeitpunkt den näher bezeichneten Pkw am Tatort gelenkt und damit im Sinne des § 36 KFG 1967 „verwendet“ hat.
Der abschließende Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe das ihr zustehende freie Ermessen bei der Strafbemessung rechtswidrig ausgeübt und hätte bei richtiger Bemessung zu einer wesentlich geringeren Strafe kommen müssen, läßt nicht erkennen, inwiefern die belangte Behörde gegen § 19 VStG 1950 verstoßen haben soll, da der Beschwerdeführer seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie Sorgepflichten trotz dreimaliger behördlicher Aufforderung nicht bekanntgegeben hat.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 23. September 1985
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