LVwG Niederösterreich LVwG-AV-2153/001-2021

LVwG NiederösterreichLVwG-AV-2153/001-202118.3.2022

TierschutzG 2005 §37

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.2153.001.2021

 

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Mag.Dr. Wessely, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde der Frau A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, gegen den Bescheid der der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 2. November 2021 , Zl. ***, betreffend Feststellung eines Verfalls von Tieren, zu Recht erkannt:

 

1. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG keine Folge gegeben, der Spruch des angefochtenen Bescheides jedoch wie folgt neu gefasst: „Der Antrag vom 17. September 2021 auf Wiederausfolgung der am 19. August 2021 abgenommenen Tiere (drei 3 Kaninchen [weiblich, dreifärbig, schwarz-weiß, grau], sechs Katzen [Chipnr. ***, ***, ***, ***, *** und ***] sowie ein Hund [Chipnr. ***]) wird § 37 Abs. 3 TSchG abgewiesen und wird festgestellt, dass die genannten Tiere mit 20. Oktober 2021 als verfallen anzusehen sind.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig (§ 25a VwGG).

 

Entscheidungsgründe:

 

Zum bisherigen Verfahren:

 

Aufgrund einer Anzeige, wonach auf dem Anwesen der Beschwerdeführerin in *** seit etwa Mitte Juli 2021 vier Hunde und eine Katze ohne regelmäßige Kontrolle und drei Kleinhunde in einem stark mit Exkrementen verunreinigten Raum gehalten würden, begaben sich (dem Aktenvermerk der Amtstierärztin der belangten Behörde vom 29. Juli 2021 zufolge) Beamte der PI *** am 27. Juli 2021 vor Ort und forderten den Sohn der Beschwerdeführerin auf, die Hunde zu seinem Wohnort in *** mitzunehmen. Vereinbart worden sei, dass auch die Katze abgeholt würde. Am 29. Juli 2021 habe die Zeugin C – demselben Aktenvermerk zufolge – eine Kontrolle der Tierhaltung durchführen wollen, was jedoch gescheitert sei, zumal man die Beschwerdeführerin telefonisch nicht habe erreichen können. Am Nachmittag desselben Tages habe diese jedoch die Zeugin telefonisch kontaktiert und angegeben, dass der Sohn täglich im Haus sei, um dort zu arbeiten. Bei dieser Gelegenheit versorge er auch die Hunde und die Katze. Die Katze müsse aber vor Ort bleiben, zumal sie mit den Hunden unverträglich sei und eine gemeinsame Haltung in der Wohnung im *** nicht möglich sei. Daraufhin sei mit dem Sohn der Beschwerdeführerin für 30. Juli 2021 um 11:30 Uhr eine Kontrolle vereinbart.

 

Im Zuge derselben sei – dem Aktenvermerk vom 30. Juli 2021 zufolge – die ursprünglich vorhandene Katze nicht mehr vorgefunden worden, stattdessen aber ein Kater und vier Kaninchen. Letztgenannten sei im Kontrollzeitpunkt kein Futter zur Verfügung gestanden, doch habe der Sohn der Beschwerdeführerin entsprechende Vorräte zeigen können. Der Stall der weiblichen Tiere sei stark verschmutzt gewesen und habe man den Sohn der Beschwerdeführerin aufgefordert, die Räumlichkeiten der Kaninchen und die Katzentoilette umgehend zu reinigen. Unter einem habe man ihm zu verstehen gegeben, er müsse die täglichen Besuche bei den Tieren der belangten Behörde gegenüber durch die Übermittlung von Fotos dokumentieren.

 

Bei einer Nachkontrolle am 2. August 2021 habe sich ein zufriedenstellender Zustand gezeigt. Bei einer weiteren angekündigten Kontrolle am 11. August 2021 durch die Zeugin D sei – dem Aktenvermerk von diesem Tag zufolge - der Allgemeinzustand der Tiere zufriedenstellend gewesen, doch sei eine ordnungsgemäße Tierhaltung auf Dauer im unbewohnten und vermüllten Haus aus Sicht der Amtstierärztin nicht gewährleistet gewesen. Namentlich habe der Sohn der Beschwerdeführerin nicht glaubhaft machen können, tatsächlich täglich die Versorgung und Kontrolle der Tiere wahrzunehmen; entgegen der Vereinbarungen mit C habe er auch die geforderten Lichtbilder nicht übermittelt. Bezogen auf eine im Erdgeschoss in Einzelhaltung gehaltene Tigerkatze habe der Sohn der Beschwerdeführerin angegeben, dass diese mit anderen Tieren unverträglich sei. Der Empfehlung, das damals gekippte Fenster zu schließen, sei er nur mit Unverständnis und dem Hinweis darauf nachgekommen, dass ein zehnjähriger Kater nicht mehr auf das Fensterbrett springen könne. Jedoch hätte sich auf den Fensterbrettern eingetrockneter Kot befunden und hätte es im gesamten Raum intensiv nach Exkrementen gerochen. Bezüglich der Kaninchen sei der Sohn der Beschwerdeführerin auf die Notwendigkeit des Anbietens von Raufutter hingewiesen worden und habe angegeben, diesem Rat durch die Gabe von Heu entsprechen zu wollen. Die Beschwerdeführerin sei telefonisch kontaktiert und sei ihr mit Blick auf die Zustände vor Ort und den Umstand, dass eine ständige Versorgung der Tiere durch den Sohn nicht sichergestellt gewesen sei, der Auftrag erteilt worden, bis zum 18. August 2021 für die Tiere andere Unterbringungsmöglichkeiten zu suchen.

 

Am 18. August 2021 habe die Beschwerdeführerin die Zeugin D telefonisch kontaktiert und ihr mitgeteilt, dass der Sohn der Beschwerdeführerin ab sofort im Haus wohnen und die Tiere betreuen werde.

 

Bei einer unangekündigten Nachkontrolle am 19. August 2021 seien – dem entsprechenden Aktenvermerk zufolge – schwere Mängel in allen Tierhaltungsbereichen betreffend Unterbringung, Ernährung, Betreuung sowie Bewegungsmöglichkeiten festgestellt werden, wobei den Tieren durch diese Umstände aus veterinärfachlicher Sicht (ungerechtfertigt) Schmerzen, Leiden bzw. Schäden zugefügt bzw. sie in schwere Angst versetzt worden seien. Man habe die Beschwerdeführerin telefonisch kontaktiert und sie mit den Haltungsumständen der zuerst aufgefundenen Tiere konfrontiert. Sie habe als Lösung vorgeschlagen, die Tiere vorerst in der Wohnung in *** unterzubringen. Im Zuge des Telefonats seien dann auf der Liegenschaft weitere Tiere vorgefunden worden, die der Sohn der Beschwerdeführerin trotz Nachfrage zunächst nicht gezeigt habe. Im Hinblick auf die vorgefundene Situation sowie den Umstand, dass Verbesserungsaufträgen nicht entsprochen worden und davon auszugehen gewesen sei, dass die Beschwerdeführerin und ihr Sohn nicht in der Lage sein würden, eine gesetzeskonforme Tierhaltung herzustellen, seien die Tiere abgenommen worden. Die Bescheinigung über die Abnahme sei dem Sohn der Beschwerdeführerin zurückgelassen worden.

 

Mit Schreiben vom 20. August 2021 wurde die Beschwerdeführerin bezugnehmend auf die Abnahme auf die damit zusammenhängenden Kosten hingewiesen. Unter einem wurde sie angesichts der Kosten bei gleichzeitiger Zurverfügungstellung eines Formulars auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, einer vorzeitigen Weitergabe der Tiere an Dritte zuzustimmen.

 

Mit Schreiben vom 17. September 2021 beantragte die Beschwerdeführerin, ihr die abgenommenen Tiere wieder auszufolgen, und teilte mit, einer Weitergabe der Tiere nicht zuzustimmen. Sie gehe davon aus, dass die Abnahmevoraussetzungen nicht mit der erforderlichen Gründlichkeit geprüft worden seien und habe Zweifel daran, dass die Tiere nach der Abnahme korrekt gehalten würden. Alle Anweisungen D seien stets mündlich und niemals schriftlich erteilt worden und zum Teil widersprüchlich gewesen. Darüber hinaus habe ihr Vorgehen auf eine Fremdenfeindlichkeit und Voreingenommenheit hingewiesen. Es könne sein, dass sich die Renovierung des Hauses verzögert habe, was aber eine Folge der Corona-Pandemie sei. Die Tiere seien zu keinem Zeitpunkt vernachlässigt worden. Unter einem ersuchte sie die belangte Behörde um eine Kontaktaufnahme.

Am 21. September 2021 wurde die Beschwerdeführerin zwecks Vereinbarung eines zeitnahen Termins telefonisch kontaktiert, habe aber (dem entsprechenden Aktenvermerk zufolge) darauf verwiesen, sich nicht in Österreich aufzuhalten. Tags darauf erging an sie eine E-Mail der belangten Behörde mit einem Terminaviso, wobei zwei konkrete Termine, nämlich der 8. oder der 12. Oktober 2021 zu einer Abklärung vorgeschlagen wurden. Eine Reaktion darauf erfolgte nicht.

 

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2021 erklärte der nunmehrige Vertreter der Beschwerdeführerin, die Vertretung in der Sache übernommen zu haben und erbat die Übermittlung einer Aktenabschrift. Eine Reaktion erfolgte erst nach Übermittlung der Aktenabschrift (diese erfolgte am 25. Oktober 2021) und Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides (am 2. November 2021) am 3. November 2021.

 

Gegen den Bescheid vom 2. November 2021 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde. In dieser monierte sie, dass sich die negative Zukunftsprognose der Behörde auf ein mangelhaftes Verfahren stütze. Verfehlt sei es insbesondere, die negative Zukunftsprognose mit den „Zustandstatbeständen“ vor der Tierabnahme zu begründen. Diese könnten zwar von Relevanz für die Abnahme der Tiere, nicht aber für die Prognose sein. Unterblieben sei weiters eine neuerliche Kontrolle der Haltungsumstände vor Erlassung des Bescheides. Auch sei der Beschwerdeführerin keine Hilfestellung betreffend die weitere Vorgangsweise nach der Abnahme gewährt worden. Schließlich werde sich die Beschwerdeführerin ab 12. November 2021 wieder in Österreich aufhalten.

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung führte sie aus, sich erst seit Anfang März 2022 wieder ständigen Österreich aufzuhalten.

 

Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren

 

Beweis wurde in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, in den Akt des parallel geführten Verwaltungsstrafverfahrens, durch die Vernehmung der Beschwerdeführerin, der Zeugen D, C und E sowie durch die Einholung eines veterinärfachlichen Gutachtens.

 

Feststellungen und Beweiswürdigung

 

Demnach steht zunächst fest, dass die Beschwerdeführerin im Tatzeitpunkt Halterin der gegenständlichen Tiere war und sich im Tatzeitpunkt sowie davor, beginnend jedenfalls mit 27. Juli 2021 nicht vor Ort befand.

 

Die Beschwerdeführerin wurde seitens der Zeugin C am 29. Juli 2021 bezüglich der Hundehaltung vor Ort und am 30. Juli 2021 bezüglich hygienischer Missstände vor Ort telefonisch kontaktiert. Ferner wurde der Beschwerdeführerin kommuniziert, dass der Sohn täglich vor Ort sein müsse. Nach einer weiteren Kontrolle am 11. August 2021 wurde die Beschwerdeführerin von der Zeugin D telefonisch kontaktiert. Dabei wurde sie im Hinblick auf die unter einem mitgeteilten Missstände im Bereich der Haltung sowie die Tatsache, dass ein Nachweis über die tägliche Versorgung der Tiere nicht erbracht wurde, aufgefordert, bis zum 18. August 2021 eine alternative Unterbringungsmöglichkeit für die Tiere zu suchen und stimmte dem zu. Am 18. August 2021 teilte die Beschwerdeführerin der Zeugin D mit, dass der Sohn ab sofort ständig in *** aufhältig sein und sich um die Tier kümmern werde.

 

Anlässlich der Kontrolle am 19. August 2021 wurden auf der gegenständlichen Liegenschaft

1. in einem etwa 5 m² großen Raum im ersten Stock des Hauptgebäudes drei weibliche Zwergkaninchen (dreifärbig, schwarz-weiß und grau) gehalten und dabei die Unterbringung, Ernährung und Betreuung dieser Tiere in einer Weise vernachlässigt bzw. gestaltet, dass den Tieren Schmerzen, Leiden bzw. Schäden zugefügt wurden, indem

- die gesamte, ausschließlich aus Beton besehende Bodenfläche als Untergrund ungeeignet war, zumal das zur Abdeckung verwendete Zeitungspapier die Fläche nicht vollständig bedeckte, dieses teilweise zerschlissen und durch Exkremente der Tiere hochgradig verunreinigt war.

- das Behältnis, das den Tieren vorgeblich als Toilette dienen sollte, einstreulos und mit Fäkalien verschmutzt war.

- das angebotene Raufutter sehr grob strukturiert und teilweise gelblich verfärbt war, sodass adspektorisch eine mangelhafte Qualität vorlag.

- den Tieren kein Nagematerial zur Verfügung gestellt wurde.

- das den Tieren in einem blauen Behältnis vorgelegte Körnerfutter hochgradig mit dem Kot der Tiere verunreinigt war.

- den Tieren keine ausreichende Rückzugsmöglichkeit und keine erhöhten Flächen zur Verfügung stand.

2. insgesamt 6 Katzen gehalten und dabei die Unterbringung, Ernährung und Betreuung dieser Tiere in einer Weise vernachlässigt bzw. gestaltet, dass den Tieren dadurch Schmerzen, Leiden bzw. Schäden zugefügt und sie in schwere Angst versetzt wurden, indem

- im Aufenthaltsbereich zweier in einem Zimmer im Erdgeschoss gehaltener Tiere (Chipnr. ***; Chipnr.***) hochgradiger Fäkalgeruch herrschte, die Wasserstelle, die Futterstelle und die Katzentoilette hochgradig verschmutzt war und die Fensterbänke mit eingetrockneten Kotkrusten verklebt waren. Ferner stand den Tieren als Rückzugsort lediglich ein Katzenkratzbaum sowie ein kleiner Pappkarton zur Verfügung, litten beide unter dem Befall von Ohrmilben und hatte das erstgenannte Tier bei der Abnahme ein Gewicht von nur 3 kg.

- in der Toilette im Erdgeschoß des Wohnhauses ein Kater (Chipnr. ***) in Einzelhaltung gehalten wurde, wobei der Boden teilweise mit Zeitungspapier und Windeln ausgelegt war, ihm keine Katzentoilette zur Verfügung stand und die Wasserschüssel leer und verschmutzt war. Das Tier hatte im Zeitpunkt der Abnahme ein Körpergewicht von nur 2,4 kg, war schlecht ernährt und litt darüber hinaus an einer chronischen Niereninsuffizienz, die einer regelmäßigen tierärztlichen Kontrolle bedarf.

- im „Badezimmer“ im 1. Stock straßenseitig eine weibliche Katze (Chipnr. ***) in einem völlig unausgestalteten Raum (Betonboden, unverputzte Ziegelwände, keine Möblierung) gehalten wurde, wobei in diesem Raum hochgradiger Fäkaliengeruch herrschte, die Katzentoilette hochgradig verschmutzt war, nur marginal Katzenfutter und in der Wasserschüssel kein Wasser vorhanden war. Das Tier litt weiters an Milbenbefall.

- im Nebengebäude zwei Katzen ohne Tageslicht und künstliche Beleuchtung je in eignen Käfigen gehalten wurden, die zwischen Schutt und Unrat abgestellt waren. Beide Tiere (Chipnr. ***; Chipnr. ***) wurden in für die Haltung von Kleinnagern dimensionierten Käfigen gehalten, wobei sie aufgrund der niedrigen Käfighöhe nur hockend in Brustbauchlage verweilen und weder im Sitzen noch im Stehen eine physiologische Körperhaltung einnehmen konnten. Die Käfige waren ihrerseits hochgradig mit Fäkalien verschmutzt, war kein Wasser vorhanden und lagen Trockenfutterreste in den Fäkalien. Ein Tier (Chipnr. ***) wies im Tatzeitpunkten Körpergewicht von 2,8 kg auf, litt an einem hochgradigen Ohrmilbenbefall und hatte sich durch Juckreiz bedingtes Kratzen bereits Läsionen hinter den Ohren zugezogen. Das weitere Tier (Chipnr. ***) hatte im Tatzeitpunkt nur noch ein Körpergewicht von lediglich 2,2 kg und litt an einer Ohrenentzündung auf Grund von Milbenbefall

- alle Tiere unter Flohbefall litten.

3. eine Hündin in der Küche des Wohnhauses gehalten und dabei die Unterbringung, Ernährung und Betreuung dieses Tieres in einer Weise vernachlässigt bzw. gestaltet, dass dem Tier dadurch Schmerzen, Leiden bzw. Schäden zugefügt wurden, indem dieser Raum hochgradig vermüllt und der Boden mit Hundefäkalien verschmutzt war, wobei einzelne Kothaufen bereits Schimmelpilzbefall aufwiesen. Das Tier litt an Parasitenbefall, stark verschmutzten Ohren und einer beidseitigen Ohrenentzündung, wobei sich im rechten Ohr bei einer hochgradigen Entzündung eine bereits mazerierte Getreidegranne befand, deren Spitze in das Trommelfell ragte, was mit hochgradigen Schmerzen verbunden war.

 

Anlässlich der Kontrolle wurde die Beschwerdeführerin von der Zeugin D telefonisch kontaktiert, um die weitere Vorgangsweise betreffend der zunächst vorgefundenen Tiere zu besprechen. Nach Auffindung weiterer Tiere (vor allem im Nebengebäude), auf deren Existenz vor Ort vom Sohn der Beschwerdeführerin zunächst nicht hingewiesen wurde, nahm die Zeugin im Hinblick auf die vorgefundenen Missstände in der Haltung, die mangelhafte Versorgung und die Gesundheitsbeeinträchtigung der betroffenen Tiere (die von der Zeugin als Verstöße gegen § 5 TSchG betrachtet wurden) diese ab. Gestützt wurde die Abnahme auf § 37 Abs. 1 TSchG und auf die „Prognose [], dass sowohl Hr. F als auch seine Mutter Fr. A zu einer gesetzeskonformen Tierhaltung nicht fähig sind.“ (siehe den Aktenvermerk vom 19. August 2021 über die Abnahme). Die Abnahmebestätigung hinterließ sie dem Sohn der Beschwerdeführerin. Begründend ist auch dieser Bestätigung zu entnehmen, dass der Grund für die Abnahme darin bestand, dass den Missständen trotz mehrfacher Aufforderung seitens der Amtstierärzte nicht abgeholfen wurde.

 

Mit Schreiben vom 20. August 2021 wies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin bezugnehmend auf die abgenommenen Tiere auf die mit der Verwahrung verbundenen Kosten hin. Unter einem belehrte sie die Beschwerdeführerin unter gleichzeitiger Übermittlung eines Formulars betreffend Einverständniserklärung über die Möglichkeit, einer vorzeitigen Weitergabe der Tiere zuzustimmen.

 

Mit E-Mail vom 17. September 2021 beantragte die Beschwerdeführerin die Herausgabe der Tiere und stellte Missstände in der Haltung, die eine Abnahme rechtfertigten, in Abrede. Am 21. September 2021 kontaktierte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin telefonisch zwecks Terminvereinbarung zur Besprechung der weiteren Vorgangsweise. Mit E-Mail vom 22. September 2021 schlug sie der Beschwerdeführerin zwei konkrete Termine dafür, nämlich den 8. und dem 12. Oktober 2021 vor. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2021 (übermittelt mit E-Mail an diesem Tag um 19:07 Uhr) beantragte der Vertreter der Beschwerdeführerin die Übermittlung einer Aktenabschrift. Eine weitere Reaktion bis zum 20. Oktober 2021 unterblieb. Nach Übermittlung der Aktenabschrift am 25. Oktober 2021 und des angefochtenen Bescheides am 2. November 2021 erstattete die Beschwerdeführerin am 3. November 2021, der zufolge sie ab 12. November 2021 wieder ständigen Österreich sein werde. Tatsächlich verlegte sie ihren Lebensmittelpunkt aber erst Anfang März 2022 wieder nach Österreich.

 

Trotz der auch der Beschwerdeführerin gegenüber kommunizierten Missstände in der Unterbringung und Versorgung der Tiere gab sich diese mit den telefonischen Zusicherungen ihres Sohnes zufrieden, dass die Haltung ordnungsgemäß erfolge. Lichtbilder, die dies bestätigten, wurden der Beschwerdeführerin vom Sohn bis zum Abnahmezeitpunkt nicht übermittelt.

 

Eine Maßnahmenbeschwerde gegen die Abnahme und Unterbringung der Tiere wurde nicht erhoben.

 

Diese Feststellungen gründen sich auf die hinsichtlich der Wahrnehmungen vor Ort unbestritten gebliebenen und durch unbedenkliche Lichtbilder untermauerten Ausführungen der vernommenen Zeuginnen sowie das ergänzend eingeholte veterinärfachliche Gutachten, dem die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten ist. Angesichts der rechtskräftigen Bestrafung der Beschwerdeführerin wegen der Haltungsumstände am 19. August 2021 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. März 2022, LVwG-S-199/001-2022) sind diese Umstände als erwiesen anzusehen.

 

Gleichermaßen ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin bereits vor dem Tatzeitpunkt und damit vor der Abnahme der Tiere seitens der Kontrollorgane jeweils telefonisch mit den hygienischen Missständen und der mangelhaften Versorgung der Tiere konfrontiert wurde. Auch wurde die Haltereigenschaft von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt, sondern durch die Ausführungen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung bestätigt.

 

Aufgrund des unbedenklichen Aktes ergibt sich weiters, dass die belangte Behörde nach Antragstellung auf Ausfolgung der Tiere noch deutlich innerhalb der Zweimonatsfrist zweimal den Versuch unternahm, mit der Beschwerdeführerin einen Termin zur Besprechung der weiteren Vorgangsweise (vor einem allfälligen Verfall) zu finden. Soweit die Beschwerdeführerin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung darauf verweist, die belangte Behörde habe sich ab der Abnahme der Tiere mit ihr nicht mehr ins Einvernehmen gesetzt, kommt dem keine Glaubwürdigkeit zu. Insbesondere wäre nicht ersichtlich, welchen Grund die belangte Behörde haben sollte, unrichtige Aktenvermerke anzufertigen oder gar fiktive E-Mails im Akt zu hinterlegen.

 

Soweit die Beschwerdeführerin schließlich in ihren Schriftsätzen ausführte, der Sohn habe ihr gegenüber den ordnungsgemäßen Haltungszustand der Tiere vor der Abnahme r mit Lichtbildern untermauert, stehen dem ihre eigenen Aussagen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung gegenüber, wonach die Lichtbilder erst die Situation nach der Abnahme zeigen. Auch konnten Lichtbilder aus der Zeit vor der Abnahme von ihr nicht vorgelegt werden. Das Landesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass derartige Lichtbilder tatsächlich nicht übermittelt wurden.

 

Daraus ergibt sich in rechtlicher Hinsicht:

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist – die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen; andernfalls – zufolge § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss. Soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen und nach § 28 Abs. 2 VwGVG grundsätzlich in der Sache zu entscheiden. Relevant ist dabei im Bescheidbeschwerdeverfahren – nach h.M. (i.d.S. auch VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076) – regelmäßig die in seinem Entscheidungszeitpunkt geltende Sach- und Rechtslage, sodass diesbezügliche Änderungen – zum Vor- und Nachteil des Beschwerdeführers (VwGH 27.3.2007, 2007/18/0059) – zu berücksichtigen sind.

 

Gemäß § 37 Abs. 1 TSchG sind die Organe der Behörde verpflichtet, wahrgenommene Verstöße gegen §§ 5 bis 7 durch unmittelbare behördliche Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden. Abs. 2 dieser Bestimmung zufolge sind die Organe der Behörde sind verpflichtet, ein Tier, das in einem Zustand vorgefunden wird, der erwarten lässt, dass das Tier ohne unverzügliche Abhilfe Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst erleiden wird, dem Halter abzunehmen, wenn dieser nicht willens oder in der Lage ist, Abhilfe zu schaffen. Sie sind berechtigt, ein Tier Personen, die gegen §§ 5 bis 7 verstoßen, abzunehmen, wenn dies für das Wohlbefinden des Tieres erforderlich ist. Sind innerhalb von zwei Monaten nach Abnahme im Sinne des Abs. 2 die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Haltung der Tiere aller Voraussicht nach geschaffen, so sind sie zurückzustellen. Andernfalls sind die Tiere als verfallen anzusehen.

 

Der ex lege Platz greifende Verfallseintritt nach Abs. 3 Satz 3 setzt daher zum einen eine zulässigerweise (zumindest auch) auf Abs. 2 gestützte Abnahme von Tieren und zum anderen die Prognose voraus, dass innerhalb von zwei Monaten ab Abnahme die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Tierhaltung aller Voraussicht nach nicht geschaffen werden, insbesondere weil keine Änderungen in den die Abnahme tragenden Umständen eingetreten sind (vgl. VwGH 15.3.2016, Ro 2016/02/0003 [impl]).

 

Im konkreten Fall lag der Abnahme (wie sich aus dem Aktenvermerk vom 19. August 2021 und den Ausführungen der Zeugin D in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergibt) zu Grunde, dass durch die im Zeitpunkt der Abnahme vorgefundenen Missstände in der Haltung, die mangelhafte Versorgung und die Gesundheitsbeeinträchtigung der betroffenen Tiere diesen i.S.d. § 5 TSchG ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt und diese in schwere Angst versetzt wurden. Hinzu trat die Prognose, dass diversen Verbesserungsaufträgen nicht entsprochen worden sei und die Beschwerdeführerin und ihr Sohn zu einer gesetzeskonformen Tierhaltung nicht imstande gewesen seien. Der Abnahme stützt sich daher inhaltlich (jedenfalls auch) auf § 37 Abs. 2 2. Alt TSchG. Dass sowohl in Aktenvermerk vom 19. August 2021 als auch in der Bescheinigung über die Abnahme und im Schreiben vom 20. August 2021 ausschließlich auf Abs. 1 diese Bestimmung abgestellt wird, ist dabei unerheblich. Dies unabhängig davon, ob man das Gesetzeszitat als unvollständig (weil der Hinweis auf Abs. 2 unterblieb) oder als falsch (weil die von der Amtstierärztin angenommene Situation Abs. 2 2. Alt zu unterstellen ist) ansieht (zur Unerheblichkeit der Zitierung der falschen Gesetzesstelle, wenn ersichtlich ist, auf welche Befugnis sich die Maßnahme stützte VwGH 31.1.2006, 2005/05/0028; 6.9.2011, 2009/05/0348).

 

Die Abnahmebefugnis nach Abs. 2 2. Alt setzt zunächst das Vorliegen eines Abnahmeanlasses voraus, mithin, dass das einschreitende Organ bei gehöriger Sorgfalt vom Vorliegen von Verstößen gegen §§ 5 bis 7 durch jene Person, der das Tier abgenommen werden soll, ausgehen durfte. Dies kann auf Basis der oben wiedergegebenen Situation am 19. August 2021 (die auch zur rechtskräftigen Bestrafung der Beschwerdeführerin geführt hat) nicht fraglich sein und wird dies auch von der Beschwerdeführerin nicht mehr in Zweifel gezogen.

 

Hinzu tritt die Notwendigkeit einer Prognose, dass die Abnahme für das Wohlbefinden des Tieres erforderlich ist. Dabei kommen sowohl objektive als auch subjektive Hindernisse in der Sphäre des Halters in Betracht, die die Abnahme rechtfertigen können. Dies ist zum einen der Fall, wenn der Halter zur Herstellung eines tierschutzrechtskonformen Verhaltens nicht in der Lage ist, zum anderen aber auch, wenn er dies bewerkstelligen könnte, es aber nicht will. Sieht man von jenen Fällen ab, in denen er dies ausdrücklich artikuliert, ergibt sich dieser Umstand regelmäßig aus Schlussfolgerungen, die aus seinem bisherigen Verhalten gezogen werden können. So ist auf einen mangelnden Willen bspw. dann zu schließen, wenn früheren Beanstandungen (trotz gegenteiliger Beteuerungen) keine Taten folgten (LVwG NÖ 27.7.2019, LVwG-AV-706/001-2019) oder es dem Halter an den von § 12 TSchG geforderten Eigenschaften fehlt (LVwG NÖ 30.5.2019, LVwG-AV-373/001-2019; 27.7.2019, LVwG-AV-706/001-2019).

 

Im konkreten Fall steht unstrittig fest, dass die Beschwerdeführerin seitens der belangten Behörde vor der Abnahme mehrfach auf die mangelhaften Haltungsumstände bzw. die mangelhafte Versorgung der Tiere durch ihren Sohn aufmerksam gemacht und aufgefordert wurde, für eine anderweitige Unterbringung der Tiere zu sorgen. Entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung der Haltung- und Versorgungssituation wurden jedoch seitens der Beschwerdeführerin nicht gesetzt. Vielmehr zog sie sich zum einen (selbst noch im Antrag auf die Ausfolgung der Tiere) darauf zurück, dass die Situation nicht so schlimm gewesen sei, wie von der Behörde angenommen. Zum anderen gab sie sich (trotz wiederholter Informationen durch die Behörde) mit den telefonischen Zusicherungen ihres Sohnes zufrieden, dass er sich ordnungsgemäß um die Tiere kümmere. Dass der ordnungsgemäße Haltungszustand durch Lichtbilder der Beschwerdeführerin gegenüber dokumentiert wurde, war nicht der Fall. Die Abnahme erweist sich daher als rechtens.

 

Zu einem gleichartigen Ergebnis gelangt man auch, hält man sich vor Augen, dass es sich bei der Abnahme und Unterbringung von Tieren im Interesse des Tierwohls um einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handelt, gegen den Maßnahmenbeschwerde erhoben werden kann (VwSlg 19.327 A/2016). Der Rechtsprechung zufolge entfalten dabei nicht nur Maßnahmenbeschwerdeentscheidungen für weitere Verfahren Bindungswirkung (z.B. VwGH 27.2.2013, 2012/17/0531), sondern misst der VwGH auch dem Umstand des Unterbleibens einer (an sich möglichen) Maßnahmenbeschwerde gleichartige Wirkung zu. Macht der Betroffene nämlich von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, kann die Frage der Rechtmäßigkeit der Maßnahme in einem Folgeverfahren (in den Anlassfällen: Kostenverfahren) nicht mehr releviert werden und ist es nicht als rechtwidrig zu erkennen, wenn die Behörde von der Rechtmäßigkeit der Maßnahme ausgeht (zuletzt VwGH 27.4.2016, 2013/05/0167). Mit Blick darauf, dass eine Maßnahmenbeschwerde unbestrittenermaßen nicht erhoben wurde, ergibt sich auch aus diesen Überlegungen, dass die Abnahme der Tiere rechtens erfolgte.

 

Neben der Rechtmäßigkeit der Abnahme setzt der Eintritt der Verfallswirkung nach Abs. 3 Satz 3 voraus, dass innerhalb von zwei Monaten ab Abnahme die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Tierhaltung aller Voraussicht nach nicht geschaffen sein werden. Angesprochen sind insbesondere Fälle, in denen keine Änderungen in den die Abnahme tragenden Umständen eingetreten sind (vgl. VwGH 15.3.2016, Ro 2016/02/0003 [impl]). Demnach liegt es grundsätzlich an der Behörde, die Situation zum Stichtag zu erheben und der Frage nach allfälligen Änderungen nachzugehen. Eine solche Beurteilung kann auch ex post erfolgen, wenn nachträglich geklärt werden kann, dass auch im Stichzeitpunkt eine Änderung der für die Abnahme wesentlichen Umstände nicht vorlag (LVwG NÖ 30.5.2019, LVwG-AV-373/001-2019).

 

Im konkreten Fall wurde die Abnahme zum einen mit den Umständen der Unterbringung, zum anderen mit der mangelhaften bzw. fehlenden Versorgung der Tiere durch den Sohn der Beschwerdeführerin begründet. Dementsprechend wurde diese auch schon vor der Abnahme aufgefordert, für eine anderweitige Unterbringung der Tiere zu sorgen bzw. die tägliche ordnungsgemäße Versorgung derselben sicherzustellen. Wenngleich eine Kontrolle der hygienischen Umstände vor Ort im Stichzeitpunkt unterblieb, wäre der Verfall nur dann nicht eintreten, wenn auch grundsätzlich geeignete Vorkehrungen für die ordnungsgemäße Versorgung der Tiere gesetzt worden wären. Derartiges kann aber durch eine Kontrolle von Haltungseinrichtungen nicht geklärt werden, sondern liegt es als Ausfluss seiner Mitwirkungspflicht am jeweiligen Tierhalter, sein Konzept für die in Aussicht genommene Versorgung der Behörde vorzulegen. Derartiges erfolgte jedoch seitens der Beschwerdeführerin unstrittig nicht, obwohl die belangte Behörde innerhalb offener Frist mehrfach versuchte, diesbezüglich mit der Beschwerdeführerin in Kontakt zu treten bzw. Termine zur Klärung zu vereinbaren. Zumal eine ordnungsgemäße Versorgung der Tiere durch den Sohn der Beschwerdeführerin aufgrund der bisherigen Erfahrungen nicht sichergestellt werden konnte, wäre eine Möglichkeit die Übernahme der Versorgung der Tiere durch die Beschwerdeführerin selbst gewesen. Diese gab jedoch an, erst ab 12. November 2021 wieder ständig in Österreich zu sein, sodass im Stichzeitpunkt die Gründe für die Abnahme nach wie vor vorlagen und daher von einem Verfallseintritt auszugehen war. Dass eine ordnungsgemäße Haltung nach im Stichzeitpunkt sichergestellt werden könnte, hindert nach dem klaren Gesetzeswortlaut den Verfallseintritt nicht.

 

Der Beschwerde war daher kein Erfolg beschieden.

 

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, weil sich die Entscheidung zum einen auf die oben wiedergegebene höchstgerichtliche Rechtsprechung und zum anderen (hinsichtlich des Stichzeitpunktes) auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 37 Abs. 3 TSchG stützen kann. 

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