ZustG §23 Abs3
ZustG §26a
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGKA:2021:KLVwG.2231.5.2020
I.
Das Landesverwaltungsgericht Kärnten erkennt durch seine Richterin xxx über die Beschwerde des xxx, geb. am xxx, wohnhaft xxx, xxx, vertreten durch die xxx Rechtsanwälte OG, xxx, xxx, gegen den Bescheid der xxx vom xxx, GZ: xxx, betreffend seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand iVm Verwaltungsübertretungen nach dem Glücksspielgesetz zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet
a b g e w i e s e n .
2. Eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist
u n z u l ä s s i g .
II.
Das Landesverwaltungsgericht Kärnten fasst durch seine Richterin xxx über die Beschwerde des xxx, geb. am xxx, wohnhaft xxx, xxx, vertreten durch die xxx, xxx, xxx, gegen das Straferkenntnis der xxx vom xxx, GZ: xxx, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Glücksspielgesetz nachstehenden
B E S C H L U S S :
1. Die Beschwerde wird als verspätet
z u r ü c k g e w i e s e n .
2. Eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist
u n z u l ä s s i g .
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Sachverhalt und Verfahrensverlauf:
Mit Straferkenntnis der xxx vom xxx, GZ: xxx, wurden dem Beschwerdeführer 8 Verwaltungsübertretungen nach dem Glücksspielgesetz – GSpG zur Last gelegt und 8 Geldstrafen in der Höhe von je € 5.000 (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 2 Tage) gemäß der Strafbestimmung des § 52 Abs. 2 GSpG über ihn verhängt. In der Rechtsmittelbelehrung des Straferkenntnisses wird ausdrücklich auf die vierwöchige Beschwerdefrist hingewiesen. Die das Straferkenntnis enthaltende an die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers adressierte Briefsendung wurde am 22.05.2020 von der Postzustellerin in den Briefkasten der xxx Rechtsanwälte OG, xxx, xxx, als Empfängerin des Schriftstückes eingeworfen. Die Kanzlei war am gesamten Tag des 22.05.2020 geschlossen und befand sich niemand in der Rechtanwaltskanzlei. Eine Retournierung des Straferkenntnisses an die Behörde erfolgte nicht.
In der Folge wurde dem Beschwerdeführer eine Mahnung der Behörde vom 23.07.2020 zugestellt, in welcher darauf hingewiesen wurde, dass ein vollstreckbares Straferkenntnis vom 18.05.2020, GZ: xxx, vorliege. Auf telefonische Anfrage teilte die Behörde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, xxx, mit, dass die Zustellung des Straferkenntnisses am 22.05.2020 an dessen Rechtsanwaltskanzlei erfolgt sei.
Mit einem an die xxx gerichteten Schriftsatz vom 03.08.2020 brachte der Beschwerdeführer, vertreten durch die xxx Rechtsanwälte OG, 1.) einen Antrag auf Zustellung des Straferkenntnisses vom 18.05.2020, 2.) einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, 3.) eine Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 18.05.2020 und 4.) einen Antrag auf Übermittlung einer vollständigen Aktenkopie an die ausgewiesene Rechtsvertretung, ein. In seinem Wiedereinsetzungsantrag gab er im Wesentlichen an, dass ihm das Straferkenntnis vom 18.05.2020 nicht zugestellt worden sei und die ausgewiesene Rechtsvertretung kein Straferkenntnis erhalten habe. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass der Briefkasten der Kanzlei immer um 13.00 Uhr von xxx und vertretungsweise von xxx entleert werde. Die Kanzlei sei am Freitag, dem 22.05.2020, geschlossen gewesen. Es habe sich um einen sogenannten „Zwickeltag“ gehandelt, zumal der Vortag (Donnerstag, der 21.05.2020) ein Feiertag (Christi Himmelfahrt) gewesen sei. Dazu übermittelte der Beschwerdeführer eine eidesstattliche Erklärung der xxx, worin sie erklärte, dass sie „den Briefkasten der Kanzlei xxx Rechtsanwälte OG immer um 13.00 Uhr entleere“. Lediglich für den Fall, dass sie krankheits- oder urlaubsbedingt nicht in der Kanzlei sei, werde dies von ihrer Kollegin, xxx, um 13.00 Uhr vorgenommen. Weiters war dem Wiedereinsetzungsantrag eine eidesstattliche Erklärung des Rechtsanwaltes xxx angeschlossen, worin er erklärte, dass die Kanzlei am Freitag, dem 22.05.2020, geschlossen gewesen sei und sich niemand in der Kanzlei aufgehalten habe. Beide eidesstattlichen Erklärungen sind datiert mit 03.08.2020.
Nach zeugenschaftlicher Einvernahme der eingeschrittenen Postzustellerin im Rechtshilfeweg erließ die xxx den Bescheid vom 30.09.2020, GZ: xxx, mit welchem sie den Antrag des Beschwerdeführers vom 03.08.2020 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG nicht bewilligte und somit abwies. Ihre Entscheidung begründete sie im Wesentlichen damit, dass das Straferkenntnis am 22.05.2020 „persönlich“ an die Rechtsanwaltskanzlei xxx zugestellt worden sei, was sich aus dem Rückschein ergebe. Die zwei eidesstattlichen Erklärungen seien nicht geeignet gewesen, um den vom Beschwerdeführer behaupteten Wiedereinsetzungsgrund, vom Straferkenntnis erst mit der Mahnung vom 23.07.2020 Kenntnis erlangt zu haben, glaubhaft zu machen. Demgegenüber sei die Zeugenaussage der Postzustellerin, sie habe die Zustellung aufgrund der „Covid-19-Regelung über Zustellungen“ vorgenommen und auf dem Rückschein mit „i.V.“ und ihrer Paraphe unterschrieben, überzeugend gewesen, woraus sich ergebe, dass der Brief der Kanzlei ordnungsgemäß zugegangen sei.
Gegen den Bescheid vom 30.09.2020 richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 30.10.2020, mit welcher der Beschwerdeführer, vertreten durch seine bevollmächtigte und ausgewiesene Rechtsvertretung, ausführte wie folgt:
„…Der Bescheid wird in seinem ganzen Inhalt angefochten.
2. Sachverhalt
In dem Straferkenntnis vom 18.5.2020 wurde eine Geldstrafe von insgesamt EUR 44.000,00 verhängt, die meiner ausgewiesenen Rechtsvertretung, der xxx Rechtsanwälte OG, angeblich am 22.5.2020 persönlich zugestellt wurde.
Dies ist nicht richtig. Der ausgewiesenen Rechtsanwaltskanzlei wurde niemals das oben erwähnte Straferkenntnis zugestellt. Der Antrag auf Zustellung bleibt sohin ausdrücklich aufrecht.
3. Beschwerdegründe
Begründet wird dies damit, dass die ausgewiesene Rechtsvertretung kein Straferkenntnis erhalten hat. Die Kanzlei war am Freitag, dem 22.05.2020 (Zwickeltag, der Donnerstag, der 21.05.2020, war ein Feiertag (Christi Himmelfahrt) zur Gänze geschlossen. Weder Herr RA xxx noch Herr RA xxx noch Frau xxx noch Frau xxx waren an diesem Tag in der Kanzlei aufhältig!!! Eine Zustellung des Straferkenntnisses an diesem Tag war daher NICHT(!) möglich, da keine weiteren Personen einen Schlüssel für die Kanzlei haben bzw. die Kanzlei auch keine weiteren Rechtsanwälte/Mitarbeiter hat.
Es ist unfassbar, dass einer Zustellerin mehr Glauben geschenkt wird als dem unterfertigenden Rechtsanwalt. Wenn tatsächlich jemand das Straferkenntnis übergeben worden wäre (dies ist jedoch auszuschließen), so hätte diese Person auch die Übernahme am Rückschein bestätigt und nicht die Zustellerin per "i.A." samt ihrer Paraphe.
Zum Beweis meines Vorbringens beantrage ich die Einvernahme des ausgewiesenen Rechtsvertreters RA xxx. Ebenfalls wird beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen.
4. Anträge
Der Beschwerdeführer stellt daher nachstehenden
Antrag
den Bescheid ersatzlos aufzuheben.“
Mit Schreiben vom 09.12.2020 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Verwaltungsgericht unter Anschluss des Verwaltungsaktes inklusive der Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 18.05.2020 zur Entscheidung vor.
Am 29.09.2021 führte das Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsvertreter und die Behördenvertreterin teilnahmen. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers xxx sowie die eingeschrittene Postzustellerin wurden in der Beschwerdeverhandlung zeugenschaftlich einvernommen und stimmten die Parteien zu, dass das Erkenntnis schriftlich ergeht.
Erst in der Beschwerdeverhandlung brachte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vor, dass das Straferkenntnis niemals in den Briefkasten der Kanzlei eingeworfen worden sei, weil andernfalls in weiterer Folge bei Entleerung des Briefkastens durch die Sekretärin am nächsten Arbeitstag das Straferkenntnis dem zuständigen Rechtsanwalt vorgelegt worden wäre. Da dies nicht geschehen sei, sei davon auszugehen, dass ein Einwurf in den Briefkasten der Kanzlei seitens der Zustellerin nicht erfolgt sei. Die Angaben der zeugenschaftlich einvernommenen Postzustellerin seien widersprüchlich. Beweise dafür, dass die Briefsendung nicht in den Briefkasten der Rechtsanwaltskanzlei eingeworfen wurde, habe er jedoch nicht. Erstmals in der Beschwerdeverhandlung wurde außerdem vorgebracht, dass sich zwischen dem Briefkasten und der Eingangstüre der Kanzlei im 6. Stock lediglich ein Weg zum Lift im Ausmaß von 5 m befände und ein Verlust eines derartigen Schriftstückes auf diesem Weg auszuschließen sei. Die Sekretärinnen befänden sich seit über vier Jahren in der ausgewiesenen Rechtsanwaltskanzlei und sei niemals irgendein Schriftstück dem zuständigen Rechtsanwalt nicht vorgelegt worden. Es könne ausgeschlossen werden, dass seitens der Kanzlei ein Fehler unterlaufen sei. Einzig und allein die Nichtvornahme des Einwurfes in den Postkasten könne als Grund für das Nichtvorliegen des Straferkenntnisses in der ausgewiesenen Kanzlei herangezogen werden. Im Übrigen brachte der Vertreter des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung ergänzend vor, dass der Bescheid vom 30.09.2020 auch deshalb „inhaltslos“ sei, da über seinen Antrag Nr. I. vom 03.08.2020 auf Zustellung des Straferkenntnisses von der Behörde nicht entschieden worden sei. Erst wenn über diesen Antrag entschieden sei, könne eine Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ergehen.
Das Landesverwaltungsgericht Kärnten hat erwogen wie folgt:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird, dass die das bekämpfte Straferkenntnis der xxx vom 18.05.2020, GZ: xxx, enthaltende Briefsendung von der Postzustellerin der xxx am 22.05.2020 in den Briefkasten der Rechtsanwaltskanzlei xxx Rechtsanwälte OG, xxx, xxx, eingeworfen wurde und demnach davon auszugehen ist, dass der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers von der am 22.05.2020 erfolgten Zustellung des Straferkenntnisses am darauffolgenden Arbeitstag, dem 25.05.2020, rechtzeitig zur Einbringung einer Beschwerde innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist Kenntnis erlangt hat.
Ein gültiger Zustellnachweis der xxx betreffend die Zustellung des Straferkenntnisses vom 18.05.2020 liegt vor.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf den Verwaltungsakt, insbesondere auf den Zustellnachweis der xxx mit ausgewiesenem Zustelldatum 22.05.2020 in Verbindung mit den Angaben der zeugenschaftlich einvernommenen Postzustellerin sowie das Vorbringen des Beschwerdeführers.
Aus dem dem Verwaltungsakt bzw. dem Straferkenntnis vom 18.05.2020 angeschlossenen Zustellnachweis der xxx ergibt sich, dass der xxx Rechtsanwälte OG, xxx, xxx, am 22.05.2020 im Auftrag des Strafamtes xxx der xxx ein Schriftstück mit der Identifikationsnummer GZ xxx, zugestellt wurde. Unterschrieben ist die Übernahmebestätigung mit dem Vermerk „i.A.“ und der Paraphe der Postzustellerin. Die Übernahmebestätigung weist folgende vorgedruckte Vermerke auf: „zugestellt“, Übernahmeverhältnis: „Empfänger“ und „Persönlich bekannt“, wobei keiner dieser Vermerke angekreuzt ist.
Die in der Beschwerdeverhandlung per Videokonferenz zeugenschaftlich einvernommene Postzustellerin gab an, sicher zu sein, die Briefsendung am 22.05.2020 in den Einwurfschlitz des Briefkastens der Rechtsanwaltskanzlei xxx eingeworfen zu haben. Der Briefkasten der Rechtsanwaltskanzlei sei ihr bekannt gewesen, zumal sie schon des Öfteren der Rechtsanwaltskanzlei Briefsendungen zugestellt habe. Der Briefkasten sei auch mit dem Namen der Rechtsanwaltskanzlei beschriftet gewesen. Sie könne sich auch daran erinnern, dass sie bei der Kanzlei angeläutet habe, um die gegenständliche Briefsendung persönlich zu übergeben und dann, nachdem sie festgestellt habe, dass niemand in der Kanzlei anwesend war bzw. niemand die Türe öffnete, die Briefsendung in den Briefkasten der Rechtsanwaltskanzlei xxx gelegt habe. Sie sei seit vier Jahren Postzustellerin und wisse, dass sich die Rechtsanwaltskanzlei im 6. Stock befinde (was vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bestätigt wurde). Sie sei am 22.05.2020 Postzustellerin in Urlaubsvertretung gewesen und habe zum Briefkasten der Rechtsanwaltskanzlei nur Zugang, wenn sie anläute und ihr aufgemacht werde. Im gegenständlichen Fall habe sie bei der im selben Haus eingerichteten Arztpraxis xxx angeläutet, von welcher aus ihr die Haustüre geöffnet worden sei. Am 22.05.2020 sei ihr sicher die Haustüre geöffnet worden, da sie ansonsten nicht zum Briefkasten gelangen hätte können. Sie könne sich sehr gut an den Vorfall erinnern. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bestätigte, dass sich die Ordination xxx im selben Haus befinde, bemerkte dazu jedoch, dass die Praxis am 22.05.2020 nicht geöffnet gewesen sei.
In Zusammenhang mit dem Datum der Zustellung gab die Postzustellerin an, dass sie wegen Covid-19 den Status „persönlich bekannt“ eingeben, und den Zustellnachweis selbst unterschreiben habe müssen. Sie habe lediglich den Status „persönlich bekannt“ eingeben können. Auf Befragen durch den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bestätigte sie nochmals, ganz genau zu wissen, dass sie im 6. Stock gewesen sei, bei der Kanzlei angeläutet, und danach die Briefsendung in den Briefkasten eingeworfen habe. Wäre eine Person in der Kanzlei anwesend gewesen, hätte sie die Briefsendung der anwesenden Person übergeben. Am gegenständlichen Tag sei ihr die Kanzleitüre nicht geöffnet worden. Vor der Haustüre habe sie bei der Arztpraxis angeläutet. Sie könne sich erinnern, dass ihr aufgemacht worden sei.
Der Beschwerdeführer gab in seinem Wiedereinsetzungsantrag an, dass die Zustellung des Straferkenntnisses an die Rechtsanwaltskanzlei seines Rechtsvertreters am 22.05.2020 nicht erfolgt sei und sein Rechtsvertreter das Straferkenntnis nicht erhalten habe. Mit den von ihm vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen wird allerdings lediglich bestätigt, dass die Mitarbeiterin der Rechtsanwaltskanzlei xxx den Briefkasten der Kanzlei xxx Rechtsanwälte OG immer um 13.00 Uhr entleere und die Briefkastenentleerung krankheits- oder urlaubsbedingt von ihrer Kollegin xxx vorgenommen werde. Dass das gegenständliche Straferkenntnis am 25.05.2020 nicht im Briefkasten vorgefunden worden wäre, wurde weder behauptet, noch mit der eidesstattlichen Erklärung bestätigt. Mit der zweiten eidesstattlichen Erklärung bestätigte der Rechtsanwalt xxx lediglich, dass die Kanzlei am 22.05.2020 geschlossen gewesen sei und sich niemand in der Kanzlei aufgehalten habe. Dass die Kanzlei das gegenständliche Straferkenntnis nicht erhalten habe, wird darin nicht bestätigt. Weitere Belege für den Nichterhalt des Straferkenntnisses hat der Beschwerdeführer nicht angeboten. Erst in seiner Beschwerde vom 30.10.2020 gegen den den Wiedereinsetzungsantrag ablehnenden Bescheid beantragte der Beschwerdeführer die Einvernahme des ausgewiesenen Rechtsvertreters Rechtsanwalt xxx. Dass die Kanzlei am Freitag, dem 22.05.2020 (Zwickeltag zwischen Donnerstag dem 21.05.2020, Christi Himmelfahrt und Samstag, dem 23.05.2020) geschlossen war und keiner der Anwälte noch sonstige Mitarbeiter der Rechtsanwaltskanzlei dort anwesend war, wird nicht bezweifelt, beweist jedoch nicht, dass der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers das gegenständliche Straferkenntnis nicht am Montag, dem 25.05.2020 erhalten hat, zumal dieses am 22.05.2020 in den Briefkasten geworfen wurde. Auch dass das Straferkenntnis keinem Kanzleimitarbeiter von der Postzustellerin persönlich übergeben wurde, ist unbestritten. Dass aber keiner der Kanzleimitarbeiter das Straferkenntnis an dem dem Zustellungstag folgenden Arbeitstag, Montag, dem 25.05.2020, dem Briefkasten entnommen habe, wird weder im Wiedereinsetzungsantrag noch in der Beschwerde behauptet, noch in irgendeiner Weise nachgewiesen. Dass die RSb-Briefsendung am 22.05.2020 nicht in den Briefkasten der Kanzlei mit der Paraphe der Zustellerin auf dem Zustellnachweis eingeworfen werden hätte dürfen, wird ebenfalls weder im Wiedereinsetzungsantrag noch in der Beschwerde behauptet.
Die Aussage der zeugenschaftlich einvernommenen Postzustellerin ist plausibel und glaubwürdig. Sie konnte sämtliche relevanten gestellten Fragen detailliert beantworten und konnte sich auch daran erinnern, in welchem Stockwerk des Hauses xxx, xxx, sich die Rechtsanwaltskanzlei xxx Rechtsanwälte OG befindet. Auch konnte sie sich detailliert an den Briefkasten der Kanzlei erinnern, daran, dass niemand die Kanzleitüre öffnete und auch daran, dass sie bei der im selben Haus befindlichen Ordination xxx angeläutet habe und ihr die Türe danach geöffnet wurde. Die Angaben der Postzustellerin bestätigen somit den Zustellnachweis überzeugend. Ob in der Ordination des xxx jemand anwesend war, konnte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, der meinte, dass die Praxis am 22.05.2020 nicht geöffnet gewesen sei, nicht wissen, zumal er sich am 22.05.2020 nicht in der Rechtsanwaltskanzlei aufhielt. Nur aufgrund dessen, dass die Postzustellerin am 14.09.2020 bei ihrer Einvernahme bei der Landespolizeidirektion xxx gesagt hat: „Wenn am 22.05.2020 niemand in der Rechtsanwaltskanzlei gewesen wäre, hätte ich – vorschriftsmäßig – den Brief in den Postkasten geworfen, …“ kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes nicht davon ausgegangen werden, dass sie den Brief persönlich übergeben hat. Diese Aussage kann auch das Ergebnis einer zu allgemeinen formulierten Frage gewesen sein. Da die Postzustellerin am 14.09.2020 nicht (konkret) ausgesagt hat, dass sie das gegenständliche Straferkenntnis am Zustelltag persönlich an eine/n Mitarbeiter/in der Rechtsanwaltskanzlei übergeben habe, konnte sie eine solche Aussage in der Beschwerdeverhandlung auch nicht widerrufen, wie dies der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers in der Verhandlung meinte.
Dem Beschwerdeführer ist es somit nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass die Postzustellerin das gegenständliche Straferkenntnis am 22.05.2020 nicht in den Briefkasten der Rechtsanwaltskanzlei xxx Rechtsanwälte OG eingeworfen hätte. Auch die (für eine Wiedereinsetzung verspäteten) Vorbringen in der Beschwerdeverhandlung, die Sekretärin der Rechtsanwaltskanzlei hätte die Briefsendung dem Rechtsanwalt am Montag, dem 25.05.2020, vorgelegt, und sein Rechtsvertreter hätte diesfalls das Straferkenntnis unverzüglich seinem Mandanten (dem Beschwerdeführer) übermittelt, sind nur unbewiesene Behauptungen, die nicht dafür ausreichen, den Zustellnachweis und die glaubwürdige Aussage der Postzustellerin in Zweifel zu ziehen. Beweise dafür, dass der Brief nicht in den Briefkasten gelegt worden sei, und die Briefsendung nicht bei oder nach der Entnahme aus dem Briefkasten in Verlust geraten sei, oder sie dem Rechtanwalt tatsächlich nicht vorgelegt worden sei, hatte der Beschwerdeführer nicht anzubieten. Auch der behauptete Umstand, dass zwischen dem Briefkasten und der Eingangstüre der Kanzlei im 6. Stock lediglich ein Weg zum Lift im Ausmaß von 5 m zu bewältigen sei, ist kein Beweis dafür, dass der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers die Briefsendung tatsächlich nicht erhalten habe.
Überzeugender wäre gewesen, der Beschwerdeführer hätte z.B. eidesstattliche Erklärungen seiner Sekretärinnen darüber vorgelegt, dass diese am Montag, dem 25.05.2020, keine Briefsendung der belangten Behörde im Briefkasten der Rechtsanwaltskanzlei vorgefunden haben. Da er dies jedoch unterließ und auch nicht anbot, entsteht der Eindruck, dass der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers die Rechtslage zum Zustellzeitpunkt (§ 26a ZuStG) verkannte, und davon ausging, dass, nachdem keine/r der Kanzleimitarbeiter/innen die Übernahme auf der RSb-Briefsendung unterschriftlich bestätigte, kein gültiger Zustellnachweis vorliege. Dafür spricht auch sein Vorbringen in der Beschwerde: „Wenn tatsächlich jemand das Straferkenntnis übergeben worden wäre (…), so hätte diese Person auch die Übernahme am Rückschein bestätigt und nicht die Zustellerin …..“. Die in der Beschwerdeverhandlung beantragte ergänzende Einvernahme des Rechtsanwaltes erübrigte sich somit und war abzulehnen.
Das Verwaltungsgericht folgt somit den Angaben auf dem Zustellnachweis und der glaubwürdigen Darstellung der zeugenschaftlich einvernommenen Postzustellerin, und ist demnach davon auszugehen, dass sich die das gegenständliche Straferkenntnis enthaltende Briefsendung am 22.05.2020 im Briefkasten der xxx Rechtsanwälte OG befand.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Spruchpunkt I.):
§ 71 Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. 51/1991, lautet in der für die Überprüfung des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Fassung (auszugsweise):
Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Ein Ereignis ist „unabwendbar“, wenn sein Eintritt objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden kann. „Unvorhergesehen“ ist ein Ereignis, wenn die Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat und sein Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte. Als solches Ereignis ist der Fall zu betrachten, dass eine Partei ohne ihr Verschulden keine Kenntnis von einer Zustellung erlangt hat.
Zur Auslegung des § 71 AVG können die Entscheidungen des OGH zu §§ 146 ff ZPO auch als Leitentscheidungen angesehen werden, wobei jedoch vom VfGH die höchsten Anforderungen angesetzt werden. Das Aufzeigen einer bloßen Möglichkeit ohne substantiierte Behauptungen vermag einen Hinderungsgrund iSd § 146 ZPO nicht darzutun (VfGH B 682/2013, B 1077/2013). Ebenso ist die bloße Behauptung eines Fehlers in der Postzustellung ohne substantiierte Ausführungen nicht ausreichend.
Die Wiederaufnahmegründe sind im Antrag „glaubhaft zu machen“, d.h. als hinreichend wahrscheinlich darzustellen. Die Nachweispflicht bezieht sich auch auf die Darlegung, dass der Wiedereinsetzungswerber (oder sein Vertreter) die ihn im Zusammenhang mit der Einhaltung der versäumten Frist gebotene Sorgfaltspflicht nicht außer Acht gelassen hat und dass ihm nicht mehr als bloß ein minderer Grad des Versehens an der Fristversäumnis zur Last liegt.
Auf Grund der im Wiedereinsetzungsverfahren geltenden Eventualmaxime hat der Wiedereinsetzungsantrag alle begründenden Umstände und die Mittel zu ihrer Bescheinigung zu enthalten. Fehlendes kann nicht nachgetragen werden und die Unterlassung der Angabe von Bescheinigungsmitteln ist nicht verbesserbar (OGH 1 Ob 157/14s; 5 Ob 46/14x). D.h. das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag hat vollständig und konkret zu erfolgen. Ein Nachschießen oder Austausch von Wiedereinsetzungsgründen sowie eine Präzisierung des Vorbringens sind in der Regel nicht möglich. Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Antragstellers innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vorgegeben wird. Auf nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist gemachte Wiedereinsetzungsgründe und neue, den Wiedereinsetzungsgrund untermauernde Argumente ist daher nicht einzugehen.
Der Beschwerdeführer machte in seinem Wiedereinsetzungsantrag als ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis geltend, dass seine ausgewiesene Rechtsvertretung kein Straferkenntnis erhalten habe und es Tatsache sei, dass das Straferkenntnis vom 18.05.2020 nicht zugestellt worden sei. Dazu gab er an, wann und von wem der Briefkasten der Kanzlei entleert werde, und dass die Kanzlei am Zustellungstag geschlossen gewesen sei. Dass das Straferkenntnis niemals in den Briefkasten der Kanzlei eingeworfen worden sei, weil in weiterer Folge bei Entleerung des Briefkastens die Sekretärinnen am nächsten Arbeitstag das Straferkenntnis dem zuständigen Rechtsanwalt vorgelegt hätten und diesfalls der Rechtsanwalt das Straferkenntnis unverzüglich seinem Mandanten übermittelt hätte, hat der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers erst in der Beschwerdeverhandlung vorgebracht. Auch das Vorbringen, dass ein Verlust eines derartigen Schriftstückes aufgrund des geringen Ausmaßes der Wegstrecke zwischen dem Briefkasten und der Eingangstüre der Kanzlei im 6. Stock auf diesem Weg auszuschließen sei, wurde ebenso wie die Behauptung, dass seit über vier Jahren die Sekretärinnen niemals irgendein Schriftstück nicht dem zuständigen Rechtsanwalt vorgelegt hätten, erst in der Beschwerdeverhandlung erstattet.
In Entsprechung der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) zu § 71 AVG, wonach auf nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist geltend gemachte neue, den Wiedereinsetzungsgrund untermauernde Argumente nicht mehr einzugehen ist (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/12/0026, 23.04.2015, 2012/07/0222 u.a.) hatte das Verwaltungsgericht lediglich auf die im Wiedereinsetzungsantrag vorgebrachte Argumentation einzugehen.
Zunächst ist anzumerken, dass – soweit der Beschwerdeführer mit der Behauptung, dass das Straferkenntnis nicht zugestellt worden sei, einen Zustellmangel geltend macht – ein Zustellmangel laut Judikatur des VwGH keinen Wiedereinsetzungsgrund darstellt, weil bei mangelhafter Zustellung die (versäumte) Frist nicht zu laufen beginnt und daher nicht versäumt werden kann.
Dem Beschwerdeführer ist jedoch – soweit er vorbrachte, das Straferkenntnis nicht erhalten zu haben – einzuräumen, dass die Unkenntnis von der Zustellung eines Bescheides einen Wiedereinsetzungsgrund bilden kann, sofern die Unkenntnis nicht auf einem Verschulden beruht, welches den Grad minderen Versehens überschreitet (vgl. z.B. VwGH 06.05.1997, 97/08/0022). Ein Vorbringen hinsichtlich eines Verschuldens eines Grades minderen Versehens hat der Beschwerdeführer jedoch nicht erstattet. So ist das Vorbringen, dass der Briefkasten der Kanzlei des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers um 13.00 Uhr von einer der beiden Sekretärinnen der Kanzlei entleert werde, und der Hinweis darauf, dass die Kanzlei am Zustelltag geschlossen gewesen sei, kein Vorbringen, aus welchem auf den Grad minderen Versehens des Verschuldens des Beschwerdeführervertreters zu schließen wäre.
Aus § 71 AVG ergibt sich laut Judikatur des VwGH, dass im Wiedereinsetzungsantrag anzugeben ist, aus welchem Grund der Antragsteller den Tatbestand des § 71 Abs. 1 AVG als erfüllt ansieht. Dabei trifft den Antragsteller die Obliegenheit, bereits im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat, und diesen behaupteten Wiedereinsetzungsgrund bereits im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen. Das heißt, ein entsprechendes tatsachenbezogenes Antragsvorbringen ist vorausgesetzt. In seinem Erkenntnis vom 04.02.2000, 97/19/1484, führte der VwGH zu einem ähnlichen Vorbringen wie jenem des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall aus, dass die Behauptung, keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben, zwar als Wiedereinsetzungsvorbringen gewertet werden könne, der Beschwerdeführer allerdings im Wiedereinsetzungsantrag sachverhaltsbezogen dazu vorbringen hätte müssen, welche Vorkehrungen er (bzw. sein Rechtsvertreter) für den Fall der Entleerung der Hausbriefanlage traf, damit ihm tunlichst kein für ihn bestimmtes Schriftstück entginge.
In diesem Sinne hätte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bereits im Wiedereinsetzungsantrag darlegen müssen, was er unternommen habe, um sicherzustellen, dass er – soweit möglich – von an ihn adressierten Schriftstücken rechtzeitig Kenntnis erlangen konnte. Schon allein im Hinblick auf das Fehlen jeglicher derartiger Ausführungen in seinem Wiedereinsetzungsantrag ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen darzutun, dass ihn an der Versäumung der Beschwerdefrist kein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden träfe.
Auch in der Beschwerdeverhandlung wurde ein diesbezügliches Vorbringen nicht erstattet. Dass die Postzustellerin das Straferkenntnis nicht in den Briefkasten der Rechtsanwaltskanzlei gelegt habe, konnte der Beschwerdeführer bzw. sein Rechtsvertreter mangels jeglicher Nachweise ebensowenig glaubhaft machen, wie den Umstand, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen wäre, die Beschwerdefrist einzuhalten. Die von der belangten Behörde vorgenommene Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfolgte demnach zu Recht und war die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zum Antrag auf Zustellung des Straferkenntnisses:
Zum Antrag vom 03.08.2020 auf Zustellung des Straferkenntnisses vom 18.05.2020, GZ: xxx, an die ausgewiesene Rechtsvertretung, welcher unter Nr. I. zugleich mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt wurde, ist anzumerken, dass es richtig ist, dass die belangte Behörde nicht im Spruch des angefochtenen Bescheides vom 30.09.2020 über diesen Antrag abgesprochen hat.
Da die Behörde in der Bescheidbegründung jedoch ausdrücklich festgestellt hat, dass das Straferkenntnis bereits zugestellt ist, ist der Spruch des Bescheides vom 30.09.2020 so zu deuten, dass der Antrag auf Zustellung von der ausgesprochenen „Nicht-Bewilligung“ bzw. Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages mitumfasst ist (vgl. Deutung eines unklaren Spruches aus der Bescheidbegründung, etwa VwGH 30.03.2011, 2007/12/0098, vgl. auch VwGH 06.07.2021, Ra 2021/07/0030). Dass es die Absicht der belangten Behörde war, mit dem angefochtenen Bescheid auch über den Antrag auf Zustellung des Straferkenntnisses (mit) zu entschieden, hat die Behördenvertreterin in der Beschwerdeverhandlung bestätigt.
3.3. Zur Zurückweisung der Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 18.05.2020 (Spruchpunkt II.):
Gemäß § 7 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B‑VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.
Die gegenständlich bestrittene Zustellung erfolgte am 22.05.2020. Anlässlich Covid‑19 wurde das Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, durch BGBl. I Nr. 42/2020 dahingehend geändert, dass der § 26a Zustellgesetz geringfügig geändert und dessen Rechtsgültigkeit verlängert wurde. Die mit BGBl. I Nr. 42/2020 geänderten zustellrechtlichen Begleitmaßnahmen zu Covid-19 gemäß § 26a ZustG waren vom 15.05.2020 bis 30.06.2020 in Kraft.
§ 26a ZustG idF BGBl. I Nr. 42/2020 lautet wie folgt:
Zustellrechtliche Begleitmaßnahmen zu COVID-19
§ 26a. Zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 gelten für die Zustellung mit Zustellnachweis der von Gerichten bzw. von Verwaltungsbehörden zu übermittelnden Dokumente sowie die durch die Gerichte bzw. die Verwaltungsbehörden vorzunehmende Zustellung von Dokumenten ausländischer Behörden (§ 1) folgende Erleichterungen:
1. Das Dokument wird dem Empfänger zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird; die Zustellung gilt in diesem Zeitpunkt als bewirkt. Soweit dies ohne Gefährdung der Gesundheit des Zustellers möglich ist, ist der Empfänger durch schriftliche, mündliche oder telefonische Mitteilung an ihn selbst oder an Personen, von denen angenommen werden kann, dass sie mit dem Empfänger in Verbindung treten können, von der Zustellung zu verständigen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
2. Ist das Dokument anderen Personen als dem Empfänger zuzustellen oder kann es diesen zugestellt werden (§ 13 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 4 und §§ 14 bis 16), ist Z 1 sinngemäß anzuwenden.
3. Die Zustellung, die Form der Verständigung von der Zustellung sowie gegebenenfalls die Gründe, aus denen eine Verständigung nicht möglich war, sind vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden. Der Zustellnachweis ist dem Absender unverzüglich zu übersenden; § 22 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.
Der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsgemäß erfolgt ist, wird durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den gemäß § 292 Abs. 2 ZPO ein Gegenbeweis erbracht werden muss. Aus dem gegenständlich vorliegenden Zustellnachweis ergibt sich, dass die das gegenständliche Straferkenntnis enthaltende Briefsendung am 22.05.2020 an der Abgabestelle der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers zurückgelassen wurde. In Verbindung mit den erläuternden Angaben der zeugenschaftlich einvernommenen Postzustellerin ergibt sich aus dem Zustellnachweis zweifelsfrei, dass die das gegenständliche Straferkenntnis enthaltende Briefsendung am 22.05.2020 in den für die Abgabestelle der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers bestimmten, mit dessen Namen versehenen, Briefkasten eingeworfen wurde.
Einen Gegenbeweis hat der Beschwerdeführer nicht erbracht. Allein die Behauptungen, das Straferkenntnis sei der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers nicht zugestellt worden, die Rechtsanwaltskanzlei sei am 22.05.2020 geschlossen gewesen und habe sich an diesem Tag niemand in der Kanzlei befunden, die ausgewiesene Rechtsvertretung habe kein Straferkenntnis erhalten (inklusive eidesstattlicher Erklärung des Rechtsanwaltes xxx) und dem Beschwerdeführer sei erst mit der Mahnung vom 23.07.2020 mitgeteilt worden, dass ein vollstreckbares Straferkenntnis vom 18.05.2020 zur GZ: xxx, vorliege, sind nicht als den Zustellnachweis widerlegbare Gegenbeweise zu werten. Auch der nicht in Zweifel gezogene Hinweis darauf, dass der Briefkasten der Kanzlei immer um 13.00 Uhr von einer der Sekretärinnen der Rechtsanwaltskanzlei entleert werde (inklusive eidesstattlicher Erklärung einer der Sekretärinnen) ist kein Beweis dafür, dass das Straferkenntnis nicht in den Briefkasten eingeworfen und diesem nicht entnommen worden sei.
Richtig ist zwar, dass das Straferkenntnis niemandem persönlich übergeben wurde und auch die Übernahme auf dem Rückschein von keinem der Mitarbeiter/innen der Empfängerin bestätigt wurde, gemäß § 26a ZustG war dies für das Zustandekommen einer rechtsgültigen Zustellung aber auch nicht notwendig. So scheint vielmehr der Beschwerdeführer übersehen zu haben, dass am Tag der Zustellung, dem 22.05.2020, die zustellrechtlichen Begleitmaßnahmen zu Covid-19 in Form des § 26a ZustG in Geltung standen.
Auch in der Beschwerdeverhandlung betreffend seinen Wiedereinsetzungsantrag hat der Beschwerdeführer keinerlei Beweise dafür erbracht, dass das Straferkenntnis nicht am Zustelltag in den Briefkasten seiner ausgewiesenen Rechtsvertreterin eingeworfen worden sei. Die glaubwürdigen Angaben der Postzustellerin vermochte er nicht in Zweifel zu ziehen. Auch mit dem Vorbringen, das Straferkenntnis wäre – wenn es in den Briefkasten der Kanzlei eingeworfen worden wäre – in weiterer Folge bei Entleerung des Briefkastens durch die Sekretärinnen am nächsten Arbeitstag dem zuständigen Rechtsanwalt vorgelegt worden, was nicht geschehen sei, und hätten die Sekretärinnen der Rechtsanwaltskanzlei die Briefsendung am Montag, dem 25.05.2020, dem Rechtsanwalt vorgelegt, was ebenfalls nicht der Fall gewesen sei, und hätte der zuständige Rechtsanwalt das Straferkenntnis unverzüglich seinem Mandanten übermittelt, ist kein Gegenbeweis gegen den gegenständlich vorliegenden, von einer Zeugenaussage untermauerten, Zustellnachweis erbracht worden, sondern handelt es sich bei diesem Vorbringen lediglich um Behauptungen, welche ein In-Verstoß-Geraten der Briefsendung nach Zustellung nicht ausschließen. Dasselbe gilt für die Behauptungen, eine Zustellung sei nicht erfolgt, zumal zwischen dem Briefkasten und der Eingangstüre der Kanzlei im 6. Stock lediglich ein Weg zum Lift im Ausmaß von 5 m zu bewältigen, und ein Verlust eines derartigen Schriftstückes auf diesem Weg auszuschließen sei, die Sekretärinnen sich seit über vier Jahren in der ausgewiesenen Rechtsanwaltskanzlei befänden, ohne jemals irgendein Schriftstück nicht dem zuständigen Rechtsanwalt vorgelegt zu haben und ausgeschlossen werden könne, dass seitens der Kanzlei ein Fehler unterlaufen sei. Denn keine dieser Behauptungen stellt einen Gegenbeweis dar, der geeignet wäre, die Beweiskraft des vorliegenden Zustellnachweises zu schmälern.
Zur nicht erfolgten Verständigung des Empfängers von der Zustellung, welche vom Beschwerdeführer nicht bemängelt wurde, ist anzumerken, dass die Verständigung von der Zustellung iSd § 26a ZustG (zustellrechtliche Begleitmaßnahmen zu Covid-19) ein dem Einwurf in den Briefkasten nachgelagerter Akt ist. Die Zustellung gilt aber schon mit dem Einlegen in die Abgabeeinrichtung als bewirkt. Die Wirksamkeit kann daher denklogisch nicht von einem späteren Ereignis abhängen. Der Empfänger ist nicht „vom Einlegen in die Abgabeeinrichtung“, sondern von der – schon bewirkten – Zustellung zu verständigen. Ein Vergleich mit der Verständigungspflicht nach § 23 Abs. 3 ZustG, dem jene nach § 26a ZustG ausweislich der Materialien nachgebildet ist, bestätigt dieses Ergebnis (vgl. u.a. Mag. Dominik Schindl in Zivilrecht aktuell, „Covid-19-Gesetzgebung: Geklärte und ungeklärte Fragen in Zivilverfahren“, Zak 2020/236, Heft 8).
Das bedeutet, dass die Verständigung von der Zustellung gemäß § 26a ZustG keine Wirksamkeitsvoraussetzung darstellt, sondern nur als sanktionslose Ordnungsvorschrift betrachtet werden kann. Eine Zustellung ist trotz unterbliebener Verständigung wirksam.
Eine Abwesenheit seines Rechtsvertreters von der Abgabestelle hat der Beschwerdeführer nur für Freitag, den 22.05.2020, geltend gemacht und hätte sein Rechtsanwalt demnach am Montag, dem 25.05.2020, rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen können.
Das Straferkenntnis vom 18.05.2020 gilt dem Beschwerdeführer daher als mit 22.05.2020 rechtswirksam zugestellt. Daraus ist zu schließen, dass die vierwöchige Beschwerdefrist am Freitag, dem 22.05.2020, zu laufen begann und gemäß § 32 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG am Freitag, dem 19.06.2020 um 24:00 Uhr endete. Da der Beschwerdeführer der Behörde seine Beschwerde aber erst am 03.08.2020 per E-Mail übermittelte, wurde seine Beschwerde gegen das Straferkenntnis verspätet eingebracht.
Gemäß § 50 iVm § 31 VwGVG hat das Verwaltungsgericht eine verspätet eingebrachte Beschwerde mit Beschluss zurückzuweisen. Demgemäß war wie im Spruch ersichtlich vorzugehen.
Gemäß § 44 Abs. 2 zweiter Fall VwGVG war von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abzusehen, zumal die Beschwerde zurückzuweisen war.
4. Zur Unzulässigkeit der Revision zu den Spruchpunkten I. und II.:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfragen im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen waren, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Beurteilung der gegenständlich relevanten Rechtsfragen zu § 26a ZustG ergibt sich zweifelsfrei aus dem Wortlaut des der Entscheidung zugrunde gelegten Gesetzestextes.
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