BDG 1979 §109
BDG 1979 §118
BDG 1979 §123
BDG 1979 §44 Abs1
BDG 1979 §51 Abs2
BDG 1979 §52 Abs2
BDG 1979 §94
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2025:W208.2305151.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von Gruppeninspektor XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt MMag. Markus KOISSER, Bakk. MSc (WU), gegen den Einleitungsbeschluss der BUNDESDISZIPLINARBEHÖRDE vom 20.11.2024, GZ: 2024-0.807.815 - Senat 28, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 123 BDG als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Einleitungsbeschluss bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund als Exekutivbeamter.
2. Am 29.10.2024 erstattete die Leiterin der XXXX der Landespolizeidirektion STEIERMARK Disziplinaranzeige gegen den BF (AS 14), welche vom Landespolizeidirektor mit Schreiben vom 04.11.2024 an die Bundesdisziplinarbehörde (BDB) weitergeleitet wurde (AS 12).
3. Am 20.11.2024 fasste der zuständige Senat der BDB einen Einleitungsbeschluss (EB) gemäß § 123 Abs 1 und 2 BDG mit folgendem Inhalt (AS 6 - Anonymisierung und Kürzung auf das Wesentliche im kursiven Text jeweils durch BVwG):
„[Der BF] ist verdächtig:
1. Er habe es am XXXX Mai 2024, in XXXX , in den Räumen des polizeiärztlichen Dienstes der LPD Steiermark, unterlassen an einer von der Dienstbehörde angeordneten ärztlichen Untersuchung mitzuwirken, indem er der Polizei-Chefärztin Dr. XXXX bei der Anamnese, bzw. der Aufforderung Nachweise absolvierter Therapien vorzulegen sagte: ‚Von mir erfahren sie gar nichts, können sie nicht lesen, steht eh alles im Befund. Sie sind nicht meine Vertrauensärztin, ich erzähl ihnen gar nix. Sie bekommen von mir gar nix, wenn sie wollen, könnens die Therapeutin in Wien selbst anrufen, ob sie ihnen etwas schickt'.
2. Er habe es - entgegen der ausdrücklichen Weisung der LPD Steiermark, GZ P6/61709/2012, vom 06.02.2013 - im Zeitraum vom 04. bis 15. Juli 2024 unterlassen, den Wechsel seines Aufenthaltsortes während eines Krankenstandes, der Dienstbehörde vorab zu melden.
Der Beamte ist verdächtig seine Dienstpflichten nach§ 51 Abs. 2 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 BDG, nämlich sich auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen und an dieser mitzuwirken und§ 44 Abs. 1 BDG, iVm der Weisung P6/61709/2012, vom 06.02.2013, nämlich die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen und während eines Krankenstandes jeden Wechsel des Aufenthaltsortes der Dienstbehörde zu melden,
gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt zu haben.
[…]“
Zu einem weiteren Vorwurf erfolgte keine Einleitung und wurde das Verfahren eingestellt.
4. Gegen den am 29.11.2024 zugestellten EB brachte der rechtsfreundlich vertretene BF mit Schreiben vom 17.12.2024 Beschwerde an das BVwG ein. Er beantragte mit näherer Begründung die ersatzlose Behebung des EB, in eventu die Zurückverweisung und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
5. Mit Schreiben vom 30.12.2024 (eingelangt beim BVwG am 02.01.2025) wurde die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der im Verfahrensgang angeführten Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Verdachts einer Dienstpflichtverletzung durch die zur Verfolgung berufene Abteilung der Dienstbehörde und der Anzeigeerstattung steht fest.
Folgender Sachverhalt steht vorläufig fest:
1.1. Zu Spruchpunkt 1.
Der BF verfügt über zwei Wohnsitze, die er auch entsprechend der Dienstbehörde gemeldet hat. Sein Hauptwohnsitz ist XXXX WIEN, XXXX sein Nebenwohnsitz ist XXXX in der STEIERMARK. Seine Dienststelle ist das Anhaltezentrum in XXXX , in der STEIERMARK (AS 44).
Am 10.04.2024 erhielt er eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung seiner in LEOBEN ansässigen Ärztin für Allgemeinmedizin (Dr.in XXXX ) mit nach hinten nicht begrenzter Dauer, die er der Dienstbehörde vorlegte. In dieser Meldung ist als Adresse während des Krankenstandes die oa Adresse des Nebenwohnsitzes in der STEIERMARK angeführt. In der im Akt einliegenden Meldung wurde in weiterer Folge handschriftlich vermerkt, dass der BF für den 29.04., 24.05., 24.06., 29.07., 02.09.2024 wiederbestellt war (AS 40).
Über Anordnung der Dienstbehörde vom 10.05.2024 (AS 32) wurde er für den XXXX .05.2024 zu einer Diensttauglichkeitsuntersuchung zur Polizei-Chefärztin Dr.in XXXX nach GRAZ befohlen. Dort erschien er zwar, die Polizeiärztin schickte aber am 18.07.2024 einen Aktenvermerk (AV) an die Personalabteilung in dem sie über die Untersuchung vom 27.05.2024 zusammengefasst berichtete, dass dieser nach ihrer Frage nach seinem Befinden in schroffer und ungehaltener Weise gesagt habe: „Von mir erfahren sie gar nichts, können sie nicht lesen, steht eh alles im Befund. Sie sind nicht meine Vertrauensärztin, ich erzähl ihnen gar nix.“
Sie habe, obwohl sie über dieses respektlose Verhalten verblüfft gewesen wäre, das Gespräch (bei dem eine Zeugin: Gruppeninspektorin XXXX [N] als Schriftführerin anwesend gewesen wäre) ruhig weitergeführt. Der BF habe widerwillig und kurz angebunden seine laufenden Therapien mitgeteilt. Sie habe ihn aufgefordert die Bestätigungen dafür vorzulegen, woraufhin er gesagt habe: „Sie bekommen von mir gar nix, wenn sie wollen, könnens die Therapeutin in Wien selbst anrufen, ob sie ihnen etwas schickt“.
Sie habe ihm dann die mündliche Weisung erteilt die geforderten Befunde vorzulegen, woraufhin er mit den Worten: „schriftlich gefälligst“, eine schriftliche Weisung gefordert habe. Sie habe ihm mitgeteilt, dass diese erfolgen werden und habe die Untersuchung beendet. Sie habe sein Verhalten als respektlos und nicht als konstruktives Mitwirken an der Untersuchung empfunden und bis heute seien die geforderten Befunde bzw Therapiebestätigungen, trotz schriftlicher Weisung, nicht vorgelegt worden (AS 31).
In einem mit 03.10.2024 datierten AV führte die Schriftführerin N an, dass der BF bei der genannten Untersuchung „sehr reserviert“ gewesen und auf die anfängliche Aufforderung seinen Gesundheitszustand zu beschreiben, in ruhigem Ton geantwortet habe: „Sie können ja lesen, steht alles im Befund.“ Nach Wiederholung der Frage habe er gesagt: „Ich sag Ihnen gar nichts, Sie sind nicht mein Arzt des Vertrauens.“ Das Gespräch sei emotionslos und oberflächlich verlaufen, jedoch habe sie die Wortwahl des BF gegenüber der Polizeiärztin als respektlos empfunden (AS 32).
Der BF räumte in seiner Stellungnahme vom 30.08.2024 dazu ein, sein Ton wäre offen und direkt, vielleicht nicht freundlich, devot oder unterwürfig gewesen, das sei nicht seine Art. Eine amikale, jubelnde, begeisternde oder euphorische oder in anderer Weise freundschaftliche Art, sei ihm auf Grund seiner Erkrankung nicht möglich und habe er dazu auch keinen Grund gesehen. Er bestreite jede Form des nicht konstruktiven Verhaltens im Zuge der Untersuchung, man könne ihm nicht vorwerfen, dass er nicht mehr oder vielleicht zu wenig Befunde vorweisen habe können (AS 37).
Bereits in seiner Stellungnahme vom 29.07.2024 führte er zum Vorwurf, er sei der Weisung der Polizeiärztin nicht nachgekommen an, er habe ihr mitgeteilt, dass er als Nachweis für die Therapien nur die Honorarnoten über die stattgefundenen Sitzungen übermitteln könne, weil seine Therapeutin keine laufenden Bestätigungen oder Befunde über die Inhalte und Abläufe ihrer Sitzungen ausstellte. Er könne heute daher nur die Honorarnoten (vier Termine verteilt auf drei Honorarnoten) vorlegen, die er auch bei der BVAEB eingereicht habe. Er habe der Polizeiärztin bei diesem Gespräch auch zu verstehen gegeben, dass er, sobald er neue Befunde von seiner Psychiaterin habe, er ihr diese selbstverständlich zeitnah zukommen werde lassen. Er habe vor der damaligen Untersuchung die alten Befunde im Vorfeld übermittelt und seien diese in ihrem Akt gewesen. Er habe nunmehr, nach der letzten Sitzung am 04.07.2024, einen neuen Befund erhalten, den er vorlege und übermittle auch einen aktuellen Blutbefund und die Rezepte der verschriebenen Medikamente (AS 50).
1.2. Zu Spruchpunkt 2.
Auf Grund seines Krankenstandes verfügte der BF bei der Post einen Nachsendeauftrag von seiner Wiener Adresse an die Adresse seines Nebenwohnsitzes in der STEIERMARK. Dort aber richtete er ein Urlaubspostfach bis 15.07.2024 oder 28.05.2025 (dazu gibt es unterschiedliche Aussagen) ein, wovon er die Dienstbehörde aber nicht in Kenntnis setzte. Die Dienstbehörde versandte am 04.07.2024 ein gleichlautendes RSa-Schreiben sowohl an die Adresse in WIEN als auch an jene in der STEIERMARK und wurden beide Schreiben mit dem Vermerk „Urlaubsfach“ an die Dienstbehörde retourniert. Die Dienstbehörde moniert, dass sie zwischen dem 4. und 15.07.2024 nicht gewusst habe, wo sich der BF befunden habe. Sie veranlasste in der Folge eine Überprüfung durch mehrere Besuche von Polizisten an der Adresse in WIEN, bei denen der BF nicht angetroffen wurde und erstatte am 24.10.2024 Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft, weil der Verdacht bestehe, dass der BF seinen Hauptwohnsitz nicht in WIEN habe.
Den Verdacht einer Pflichtverletzung leitet die Dienstbehörde aus der Weisung P6/61709/2012, vom 06.02.2013 (im Folgenden: DA) ab. Dort sei angeordnet, dass während eines Krankenstandes jeder Wechsel des Aufenthaltsortes der Dienstbehörde zu melden sei.
Diese DA trägt den Titel: „Dienstanweisung – Abwesenheit infolge Krankheit oder Unfall“ und regelt unter Punkt 6 (AS 50) das Folgende zur Arbeitsunfähigkeitsmeldung (Hervorhebung durch BVwG):
„Zum Feld ‚Adresse während des Krankenstandes‘ wird angemerkt, dass diese, sofern es sich nicht um die Adresse einer Krankenanstalt (Rehabilitationseinrichtung etc) oder einer Urlaubsunterkunft (Erkrankung während eines Erholungsurlaubes) handelt, nur ein dem Dienstgeber gemeldeter Wohnsitz sein kann. Andernfalls ist ein begründeter Domizilwechsel [bei] der LPD STEIERMARK zu beantragen. Sollte der Beamte dazu nicht in der Lage sein, so hat dies seine Dienststelle wahrzunehmen.“
In Punkt 9 (AS 54) wird zunächst eine Aussage aus einem VwGH-Erkenntnis vom 18.02.1993, 92/09/0285 zitiert (das offenbar irrtümlich doppelt genannt wird) und zur Vorgangsweise wird wie folgt angeordnet (Hervorhebung durch BVwG):
„9. Domizilwechsel bei Urlaubsreisen bzw Wechsel des Aufenthaltsortes während eines Krankenstandes
[…]
Dem Beamten obliegt gemäß der Treueverpflichtung der Dienstbehörde gegenüber, dieser die rechtliche Wertung seiner während seines (gerechtfertigten) Krankenstandes von ihm angestrebten Ortsabwesenheit zu überlassen. Daher bedarf es vor Antritt der Reise einer Kontaktaufnahme mit der Dienstbehörde. Die Frage der Rechtfertigung der Abwesenheit vom Ort des Krankenstandes ist eine von der Dienstbehörde zu beurteilende Frage, zu deren Beantwortung eine allenfalls zu bejahende medizinische Indikation lediglich die sachverhaltsmäßige Grundlage schafft.
[…]
Aus diesem Grund ist für einen Domizilwechsel während eines Krankenstandes folgende Vorgangsweise vorgesehen:
Beabsichtigt ein Bediensteter während eines Krankenstandes einen Wechsel des Aufenthaltsortes (gemeldeter Haupt- oder weiterer Wohnsitz) bzw. eine Urlaubsreise zu absolvieren, hat er dies rechtzeitig des Landespolizeidirektion Steiermark schriftlich auf dem Dienstweg mitzuteilen, wobei der Zeitraum und an welchen Ort die Verlegung des Aufenthaltsortes im Krankenstand erfolgt, anzuführen ist.
Eine Buchung im laufenden Krankenstand darf nur erfolgen, wenn der Domizilwechsel den Krankheitsverlauf positiv beeinflusst. Dies ist grundsätzlich mit einer Bestätigung durch einen behandelnden Facharzt bzw Arzt eines Krankenhauses zu belegen.
[…]
Die Mitteilung ist spätestens 14 Tage (Einlangen bei der LPD) vor dem beabsichtigten Antritt der Reise einzubringen, da von der Dienstbehörde eine polizeiärztliche Untersuchung zur Feststellung der Reisetauglichkeit und eventuellen Dienstfähigkeit angeordnet werden kann. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist ausschlaggebend, ob die Verlegung des Aufenthaltsortes polizeiärztlich verantwortbar und sinnvoll ist.
[…]
Ob der Wechsel des Aufenthaltsortes während des Krankenstandes stattfinden darf, obliegt letztendlich allein der Dienstbehörde.“
Der BF führte dazu in seiner Stellungnahme von 30.08.2024 (AS 33) zusammengefasst an, dass seine in WIEN lebende Mutter an einer fortgeschrittenen Krebserkrankung leide und er – trotz seiner eigenen angegriffenen Gesundheit – in den letzten Wochen fast täglich zwischen WIEN und seinem Nebenwohnsitz in der STEIERMARK hin- und hergependelt sei. Auch würden Therapien bei seiner Psychotherapeutin in WIEN stattfinden, während seine Psychiaterin ihre Ordinationen in XXXX im MÜRZTAL habe. Er müsse sich wegen seines Hauptwohnsitzes in WIEN auch seit mehr als zwei Jahren gegen „Bossing“ wehren und habe Schwierigkeiten mit WIENER WOHNEN, weil ihm unterstellt werde, dass er seine Wohnung in WIEN nicht regelmäßig nutze, da sein Arbeitsplatz seit Jahren in der STEIERMARK sei.
Ihm sei die DA bekannt. Er sei aber nicht im Ausland gewesen, sondern in der Zeit zwischen 02.07. und 15.07.2024 tageweise oder auch nur stundenweise in WIEN und bei einem Bekannten in der WESTSTEIERMARK, um sich dort in der Abgeschiedenheit der Berge und Wälder zu erholen und zur Ruhe zu kommen. Er habe Termine bei seiner Therapeutin, Rechtsanwälten, WIENER WOHNEN und betreffend seiner Mutter wahrgenommen. Auf Anraten seiner Therapeutin habe er sich aus dem Tagesgeschehen zurückziehen und Zeit in der Natur verbringen wollen. Er habe nicht jeden Tag darauf warten wollen, ob nicht wieder irgendwelche Weisungen oder Aufforderungen zur Rechtfertigung im Postkasten sind, sondern diese mit einigem Abstand beheben wollen und deshalb die Posthinterlegung veranlasst, die nur unter dem Namen „Urlaubspostfach“ möglich gewesen sei. Auf Grund der Kosten habe er diesen „Nachsendeauftrag“ gleich bis 28.05.2025 (sic!) errichtet. Er sei nicht „auswärts“ oder im Ausland gewesen, wie das die Dienstbehörde offenbar vermute. Es liege auch gerade ein Verfahren bei BVwG, mit dem Ziel der Überprüfung, ob ihm ein Meldevergehen unterstellt werde und verweise er darauf. (Anmerkung BVwG: Es handelte sich dabei um eine Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrages auf Akteneinsicht. Das die Beschwerde abweisenden Erkenntnis ist am 09.12.2024 zu GZ W293 2290054-1 ergangen.)
Weiters verwies er auf seine Dienstaufsichtsbeschwerde aus dem Jahr 2022 gegen einen namentlich genannten Generalmajor, seine Eingabe beim BAK aus 2024 und die Schreiben seines Rechtsanwaltes betreffend möglicher Besitzstörungen von Mitarbeitern der LPD im Zuge von Krankenstandskontrollen auf seinem Grundstück in der STEIERMARK. Er habe den Eindruck, man wolle ihn gezielt „fertigmachen“ und seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand erreichen.
In der Beschwerde wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der BF wegen Burnout im Krankenstand befinde. Er habe sowohl einen Wohnsitz in WIEN als auch in der STEIERMARK. Der Aufenthaltswechsel sei schon aus dem ZMR ersichtlich und habe sich der BF zu keinem Zeitpunkt im Ausland befunden.
2. Beweiswürdigung:
Zunächst ist auf die in Klammern bei den jeweiligen Feststellungen bzw im Verfahrensgang angeführten Beweismittel/Aktenseiten (AS) zu verweisen aus denen sich der relevante Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Verdachts der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen, sowie der Zeitpunkt der Zustellung des EB ergeben.
Soweit der BF zu Spruchpunkt 1 (Stellungnahme vom 29.07.2024 [AS 50]) behauptet, er habe kooperiert und Befunde angeboten, liegen gegensätzliche Aussagen der Polizeiärztin und deren Schriftführerin vor, die diese in AV’s (AS 31, AS 32) festgehalten haben und die das Gegenteil nahelegen.
Zu Spruchpunkt 2 geht es um die Auslegung der Anordnung in der DA P6/61709/2012, vom 06.02.2013, wobei der BF offenbar davon ausgeht, dass er seine vorübergehende Nichterreichbarkeit an der Adresse, die er in der Arbeitsunfähigkeitsmeldung angeführt hat, und seine tageweisen Aufenthalte in WIEN und in der WESTSTEIERMARK nicht als Wechsel des Aufenthaltsortes („Domizilwechsel“) der Dienstbehörde zu melden hatte. Er geht vielmehr davon aus, dass auf Grund der Meldung seines Hauptwohnsitzes und des Nebenwohnsitzes kein meldepflichtiger Domizilwechsel vorlag. Dass er während des Krankenstandes nicht durchgehend an der Adresse des Nebenwohnsitzes aufhältig war, hat er in seinen Stellungnahmen selbst eingeräumt. Er hat auch die Einrichtung des Urlaubspostfaches eingeräumt und seine Gründe dafür erläutert, wobei zum Ende des Zeitraumes unterschiedliche Angaben vorliegen, der BF gibt an 28.05.2025, die Behörde 15.07.2024 und die Glaubhaftigkeit seiner Rechtfertigung im Verfahren zu klären sein wird.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zulässigkeit und Verfahren
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde beim BVwG vier Wochen. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht. Gründe für eine Unzulässigkeit der Beschwerde sind nicht ersichtlich.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. § 135a BDG sieht bei Entscheidungen über einen EB keine Senatszuständigkeit vor, gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Eine mündliche Verhandlung wurde beantragt, wird vom BVwG aber aus den folgenden Gründen nicht für notwendig erachtet (§ 24 Abs 1 iVm Abs 4 VwGVG).
Der für die für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt des EB steht ausreichend fest. Ein Fall des Art 6 EMRK liegt in diesem Verfahrensstadium noch nicht vor (vgl im Übrigen auch VfSlg 16716/2002 mwH, wonach ein EB keine Entscheidung über eine „strafrechtliche Anklage" iSd Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten [EMRK], BGBl 1958/210 darstellt - für einen Verhandlungsbeschluss gilt sinngemäß das Gleiche u. VfGH 30.11.2004, B 94/04). Mit einer Entscheidung über die disziplinarrechtliche Schuld und Strafe eines Beamten wird in der Regel eine Entscheidung über eine zivilrechtliche Streitigkeit iSd Art 6 Abs 1 MRK getroffen (vgl. 09.09.2014, Ro 2014/09/0049; 14.10.2011, 2008/09/0125). Bei der Entscheidung über einen EB im Disziplinarverfahren der Beamten nach § 123 BDG wird im Unterschied zu einem Disziplinarerkenntnis noch nicht über die Schuld und Strafe entschieden. Es handelt sich vielmehr um einen vorbereitenden verfahrensrechtlichen Bescheid, der den Eintritt der Verjährung verhindert, und eine Umgrenzung des Verfahrensgegenstandes und erst eine Voraussetzung für die Entscheidung in der Sache selbst aber keine abschließende Entscheidung darüber darstellt. Der Beschuldigte hat auch nach Erlassung eines EB die Möglichkeit, alle zu seiner Verteidigung sprechenden Umstände geltend zu machen (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0007).
Ein unionsrechtlicher Anknüpfungspunkt, der die Anwendung des Art 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl Nr C 83 vom 30.03.2010 S. 389, indizieren würde, liegt nicht vor. Die Argumente des BF zur Unionsrechtswidrigkeit des § 91 Abs 1 BDG, unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 15.07.2021, Rs C-791/19 (EU-Kommission – Republik Polen) gehen ins Leere. Beim BF handelt es nicht um einen Richter (in dem EuGH-Urteil geht es im Wesentlichen um die Disziplinarordnung für Richter und die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Disziplinarkammer für die Kontrolle von Disziplinarverfahren gegen Richter sowie die richterliche Unabhängigkeit). Die Dienstpflichtverletzung(en) die dem BF im Verdachtsbereich vorgeworfenen werden sind durch das BDG und den EB klar umrissen und seine Verteidigungsrechte sind in keinster Weise geschmälert. Mit dem EB steht weder fest, dass es zu einem Schuldspruch kommen wird noch welche Sanktion (Strafe) dem B droht. Als das ist in der Verhandlung der BDB zu klären.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen und Judikatur
Die anzuwendenden Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG) lauten (Auszug):
„Verjährung
§ 94. (1) Die Beamtin oder der Beamte darf wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen sie oder ihn nicht
1. innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, eine Disziplinarverfügung erlassen oder eine Anzeige an die Bundesdisziplinarbehörde erstattet wurde;
2. innerhalb von einem Jahr, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, vor der Bundesdisziplinarbehörde ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde;
3. innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung, eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Bundesdisziplinarbehörde eingeleitet wurde.
(1a) Drei Jahre nach der an den beschuldigten Beamten erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, darf eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden.
(2) Der Lauf der in Abs. 1 und 1a genannten Fristen wird - sofern der der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegende Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder eines der folgenden Verfahren ist - gehemmt
1. für die Dauer eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, dem Verwaltungsgerichtshof oder einem Verwaltungsgericht,
2. für die Dauer eines Verfahrens vor einem Verwaltungsgericht über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder auf andere Weise in ihren Rechten verletzt worden zu sein,
3. für die Dauer eines Strafverfahrens nach der StPO oder eines bei einem Verwaltungsgericht oder einer Verwaltungsbehörde anhängigen Strafverfahrens,
4. für den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Beendigung oder, wenn auch nur vorläufigen, Einstellung eines Strafverfahrens und dem Einlangen einer diesbezüglichen Mitteilung bei der Dienstbehörde und
5. für den Zeitraum zwischen der Erstattung der Anzeige und dem Einlangen der Mitteilung
a) über die Beendigung des verwaltungsbehördlichen oder des gerichtlichen Verfahrens bzw. des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht,
b) der Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Strafverfahrens oder
c) der Verwaltungsbehörde über das Absehen von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens
bei der Dienstbehörde.
(2a) Der Lauf der in Abs. 1 genannten Fristen wird für die Dauer des nicht vor der Dienstbehörde geführten Teils eines dienstrechtlichen Feststellungsverfahrens, das der Klärung einer Vorfrage für die disziplinarrechtliche Verfolgung des der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegenden Sachverhalts dient, bis zu seiner rechtskräftigen Beendigung gehemmt.
(3) […]
Disziplinaranzeige
§ 109. (1) Der unmittelbar oder mittelbar zur Führung der Dienstaufsicht berufene Vorgesetzte (Dienstvorgesetzte) hat bei jedem begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung die zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen zu pflegen und sodann unverzüglich im Dienstwege der Dienstbehörde Disziplinaranzeige zu erstatten. Erweckt der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung auch den Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung, so hat sich der Dienstvorgesetzte in dieser Eigenschaft jeder Erhebung zu enthalten und sofort der Dienstbehörde zu berichten. Diese hat gemäß § 78 StPO vorzugehen.
(2) Von einer Disziplinaranzeige an die Dienstbehörde ist abzusehen, wenn nach Ansicht der oder des Dienstvorgesetzten eine Belehrung oder Ermahnung ausreicht. Diese ist der Beamtin oder dem Beamten nachweislich mitzuteilen. Nach Ablauf von drei Jahren ab Mitteilung an die Beamtin oder den Beamten darf eine Belehrung oder Ermahnung zu keinen dienstlichen Nachteilen führen und sind die Aufzeichnungen über die Belehrung oder Ermahnung zu vernichten, wenn die Beamtin oder der Beamte in diesem Zeitraum keine weitere Dienstpflichtverletzung begangen hat. […]
Einstellung des Disziplinarverfahrens
§ 118. (1) Das Disziplinarverfahren ist mit Bescheid einzustellen, wenn
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1. | der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen, | |||||||||
2. | die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt, | |||||||||
3. | Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder | |||||||||
4. | die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken. | |||||||||
(2) Das Disziplinarverfahren gilt als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet. […]
Einleitung
§ 123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.
(2) Hat die Bundesdisziplinarbehörde die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Einleitungsbeschluss der oder dem Beschuldigten, der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben. […]“
Die Höchstgerichte haben dazu ua. folgende einschlägige Aussagen getroffen:
Gegenstand und Grundlage eines Disziplinarerkenntnisses dürfen nur die Anschuldigungspunkte sein, die im EB dem Beamten als Dienstpflichtverletzungen zur Last gelegt wurden. Angesichts dieser Bedeutung des EB für den Gegenstand und die Entscheidungsgrundlagen des Disziplinarerkenntnisses kommt der „bestimmten" Darstellung der Tatsachen, in denen eine Dienstpflichtverletzung erblickt wird, rechtserhebliche Bedeutung zu: Der vorgeworfene Sachverhalt muss der Eigenart der Dienstpflichtverletzung entsprechend substanziiert dargestellt sein, also schlüssig alle Einzelumstände enthalten, die Voraussetzung für die Annahme der Schuld und der Erfüllung des Tatbestandes der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzung und für die Strafbemessung sind. Er muss eine so hinreichende Substanziierung enthalten, dass dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung möglich und die - an den Inhalt und Umfang der Anschuldigung gebundene - Disziplinarkommission in der Lage ist, den in bestimmter Hinsicht erhobenen Vorwürfen nachzugehen, ohne genötigt zu sein, aus einem allgemeinen Sachverhalt das herauszufiltern, was als konkrete Verletzung der Dienstpflichten in Betracht kommt (vgl 27.04.1989, 88/09/0004; 18.03.1998, 96/09/0145; 01.07.1998, 97/09/0365; 17.11.2004, 2001/09/0035; 09.10.2006, 2003/09/0016; VwGH 31.01.2022, Ra 2020/09/0011).
Die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung ist in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Für die Einleitung des Verfahrens reicht es aus, wenn im Umfang der Disziplinaranzeige und auf deren Grundlage genügende Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, welche die Annahme einer konkreten Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Es muss die Disziplinarbehörde bei Fällung eines Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber haben, ob der Beamte eine Dienstpflichtverletzung begangen hat; dies ist erst in dem der Einleitung des Verfahrens nachfolgenden Ermittlungsverfahren aufzuklären. In dieser Phase des Verfahrens ist zu klären, ob die Voraussetzungen für die Einleitung gegeben sind oder ob keine genügenden Verdachtsgründe vorliegen und hingegen allenfalls offenkundige Gründe für die Einstellung des Disziplinarverfahrens gegeben sind. Ebenso wenig muss im Einleitungsbeschluss das dem Beamten zur Last gelegte Verhalten bereits abschließend rechtlich gewürdigt werden. Es besteht keine Bindung an die rechtliche Würdigung der Taten im Einleitungsbeschluss (vgl. VwGH 18.11.2020, Ra 2019/09/0165; VwGH 21.9.1995, 93/09/0449; VwGH 24.1.2018, Ra 2017/09/0047; 28.3.2017, Ra 2017/09/0008; VwGH 21.12.2020, Ra 2020/09/0056).
Die Klärung der Rechts- und Schuldfrage ist dem nachfolgenden Disziplinarverfahren vorbehalten (vgl VfSlg 16.269/2001).
Die Disziplinarkommission ist nicht gezwungen, vor der Erlassung des Einleitungsbeschlusses über die Disziplinaranzeige hinausgehende Ermittlungen durchführen zu lassen. Weitere Ermittlungen werden in dieser Phase nur im Zweifelsfall notwendig sein. Ein solcher liegt vor, wenn die bisherigen Erhebungen der Dienstbehörde, die in der Disziplinaranzeige ihren Niederschlag gefunden haben, weder die Offenkundigkeit eines zur Einstellung führenden Tatbestandes (in der Regel nach § 118 Abs 1 Z 1 bis 3 BDG 1979) ergeben noch einen für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens ausreichenden Tatverdacht begründen; ob dies der Fall ist, hängt von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab (VwGH 18.10.1990, 90/09/0061; 19.10.1990, 90/09/0044).
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
Die BDB hat nicht – positiv – zu prüfen, ob eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung begangen wurde, sondern – negativ – zu erheben, ob nicht ein Grund für die Einstellung des Verfahrens vorliegt der eine Bestrafung ausschließt. Es handelt sich dabei um eine Entscheidung im Verdachtsbereich (Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage, 567).
Gemäß der zitierten ständigen Rsp des VwGH sind in dieser Phase des Disziplinarverfahrens nur offenkundige Einstellungsgründe gemäß § 118 BDG zu beachten.
3.3.1. Der BF behauptet in der Beschwerde zunächst pauschal Unionsrechtswidrigkeit des § 92 BDG. Diese kann vom BVwG nicht erkannt werden (vgl dazu schon oben 3.1.).
3.3.2. Sofern angeführt wird, es werde nur pauschal angesprochen, das sich der BF der Weisung P6/61709/2012, vom 06.02.2013 (DA) widersetzt hätte, ohne konkret anzuführen gegen welche Bestimmung, ist dies aktenwidrig, weil schon im Spruch des EB angeführt wird, dass er entsprechend dieser Weisung jeden Wechsel des Aufenthaltsortes seiner Dienstbehörde hätte melden müssen (vgl Seite 2 des Disziplinarerkenntnisses) und sodann in der Begründung ein Auszug aus Punkt 9 der konkreten Bestimmung zitiert ist (vgl Seite 5 des Disziplinarerkenntnisses; Hervorhebung durch BVwG):
„Beabsichtigt ein Bediensteter während eines Krankenstandes einen Wechsel des Aufenthaltsortes (gemeldeter Haupt- oder weiterer Wohnsitz) bzw. eine Urlaubsreise zu absolvieren, hat er dies rechtzeitig des Landespolizeidirektion Steiermark schriftlich auf dem Dienstweg mitzuteilen, wobei der Zeitraum und an welchen Ort die Verlegung des Aufenthaltsortes im Krankenstand erfolgt, anzuführen ist.“
Aus der Begründung des EB geht weiters hervor, dass die BDB die Dienstpflichtverletzung darin sieht, dass der BF in seiner Arbeitsunfähigkeitsmeldung als Aufenthaltsort seinen Nebenwohnsitz in der STEEIERMARK angegeben hat und davon ausgeht, dass der BF, aufgrund der nicht behobenen RSa-Sendung, die an diese Adresse zugestellt wurde, längere Zeit nicht an diesem Ort aufhältig gewesen ist bzw nicht im Vorfeld gemeldet hat, wo er sich in diesem Zeitraum aufgehalten hat. Der Vorwurf ist, dass er aufgrund der oa DA zu melden gehabt hätte, dass er aus gesundheitlichen Gründen für zwei Wochen keine Schriftstücke entgegennehmen werde oder sich, wenn auch nur tageweise, vom in der Arbeitsunfähigkeitsmeldung gemeldeten Aufenthaltsort entfernen wolle (vgl Seite 7 des Disziplinarerkenntnisses).
Dass der BF den tageweisen Wechsel seines Aufenthaltsortes (für Aufenthalte in WIEN und in der WESTSTEIERMARK) nicht gemeldet hat, ist unstrittig.
Der BF ist zusammengefasst der Meinung, dass eine Meldung nicht notwendig gewesen wäre, weil der Dienstbehörde bekannt gewesen sei, dass er über einen Hauptwohnsitz in WIEN verfügt und dass „Kleben“ am Buchstaben der Weisung, dazu führen würde, dass er auch kurzfristige Abwesenheiten (etwa zum Einkaufen im Nachbarort) melden müsste, was zu absurden Ergebnissen führen würde.
Damit kann er aber den Verdacht gegen die oa DA, und damit gegen § 44 Abs 1 BDG (wonach Weisungen von Vorgesetzten zu befolgen sind), verstoßen zu haben nicht ausräumen. Erstens ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut („Wechsel des Aufenthaltsortes“), sondern auch aus dem Kontext der Weisung (die der BF kennt) der Sinn und Zweck der Weisung (Ermöglichung von Krankenstandskontrollen, Übergabe von Weisungen und Ladungen zu Kontroll- bzw Dienstfähigkeitsuntersuchungen, Beurteilung, ob ein Wechsel des Aufenthaltsortes trotz Krankheit der Genesung abträglich ist), dass es nicht um die nach dem Meldegesetz gemeldeten Wohnsitze geht, sondern um die längerfristige Abwesenheit des BF vom Ort des Krankenstandes, den er in der Arbeitsunfähigkeitsmeldung angegeben hat und zweitens hat er eingestanden, nicht nur in WIEN, sondern auch bei Bekannten in der WESTSTEIERMARK gewesen zu sein. Drittens kann die Befolgung einer Weisung nicht verweigert werden, nur weil er die Befolgung für unzweckmäßig, überschießend oder unzumutbar gehalten hat (VwGH 08.09.1993, 93/09/0253).
Dass auch kurzfristige Abwesenheiten vom in der Arbeitsunfähigkeitsmeldung angeführten Aufenthaltsort (etwa zu Einkäufen, Arzt-, Verwandten- oder Bekanntenbesuchen) nach der Weisung zu melden wären, geht bei verständiger am Zweck der Weisung orientierten Interpretation nicht hervor. Es geht um eine längerfristige Abwesenheit von diesem Ort („Domizilwechsel“), der die Erreichbarkeit für die Dienstbehörde verhindert. Auch einem Beamten der sich in Krankenstand befindet, wird in aller Regel eine derartige Meldung zumutbar sein. Dass dem BF bezüglich der Interpretation des Begriffs „Wechsel des Aufenthaltsortes“ ein Rechtsirrtum unterlaufen ist, ist aufgrund seiner anderen Angaben zumindest nicht offensichtlich.
Der BF sieht Krankenstandskontrollen der Dienstbehörde als illegale Observationen (Beschwerde Seite 4) und Besitzstörungen (AS 34), hat einen Nachsendeauftrag von seinem Hauptwohnsitz in WIEN und ein Urlaubspostfach an seinem Nebenwohnsitz in der STEIERMARK eingerichtet (was die Zustellung von RSa-Briefen verunmöglicht, weil diese persönlich übergeben werden müssen). Dieses Verhalten deutet daraufhin, dass er ganz bewusst eine Kontaktaufnahme und Kontrolle durch die Dienstbehörde unterbinden wollte.
3.3.3. Zum Vorwurf der Nichtmitwirkung an der polizeiärztlichen Untersuchung, hat sich der BF in der Beschwerde überhaupt nicht geäußert und in seinen Stellungnahmen diese – entgegen der Aussagen der Polizeiärztin und der anwesenden Schriftführerin – bestritten. Auch damit kann er den Verdacht einer Pflichtverletzung nicht ausräumen.
Nach § 52 Abs 2 BDG hat sich der infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens vom Dienst abwesende Beamte auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zur Prüfung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen. Die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung nach § 51 Abs 2 letzter Satz BDG hat in Form einer Weisung zu erfolgen (vgl. E 19. Februar 2003, 2002/12/0122). Die Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung […] hat jedenfalls so weit zu erfolgen als dies dem Beamten zumutbar ist. Dazu gehört es vorerst zum Untersuchungstermin jedenfalls zu erscheinen und an der Untersuchung - soweit zumutbar – mitzuwirken (VwGH 29.01.2014, 2012/12/0152).
Der BF ist zur angeordneten Dienstfähigkeitsuntersuchung zwar erschienen, doch monierte die Polizeiärztin, dass der BF nicht mitgewirkt und die Vorlage von Befunden sowie Auskünften zu seinem Gesundheitszustand verweigert hätte. In der Stellungnahme bestritt dies der BF, er habe nicht mehr Befunde gehabt aber kooperiert und der Polizeiärztin die Vorlage neuer Befunde sowie von Honorarnoten zum Beweis seiner Therapien angeboten, sobald diese vorliegen. Damit steht Aussage gegen Aussage und ist die Glaubhaftigkeit der Aussagen durch Befragung der Ärztin, der Schriftführerin und des BF zu den näheren Umständen zu klären.
Dass ganz offensichtlich keine Dienstpflichtverletzung vorliegt, kann jedenfalls dzt nicht gesagt werden.
3.3.4. Zusammengefasst enthält der EB eine hinreichend bestimmte Darstellung jenes Verhaltens, aufgrund dessen sich der Verdacht von konkreten Dienstpflichtverletzungen in den zwei Spruchpunkten ergibt. Diese Darstellung ist so substantiiert, dass die Tatbestände sowohl von der BDB als auch vom BF abgegrenzt werden können („Unverwechselbarkeit“, um eine Doppelbestrafung auszuschließen) und ist der BF in die Lage, sich sachgerecht zu verteidigen.
3.3.5. Sofern der BF Befangenheit eines Senatsmitglieds (CI XXXX ) und eines Ersatzmitgliedes (Mjr XXXX ) behauptet, weil diese bei der LPD STEIERMARK dienstzugeteilt gewesen wären, kann das BVwG nicht nachvollziehen, dass die bloße Dienstzuteilung zu einer LPD – ohne das Hinzutreten weiterer Umstände – zu einer Befangenheit führen sollte.
Die auch im Disziplinarrecht anzuwendende Bestimmung des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr 51/1991 idgF (AVG) lautet (Auszug):
„Befangenheit von Verwaltungsorganen
§ 7. (1) Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:
1. in Sachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen (§ 36a) oder einer ihrer Pflegebefohlenen beteiligt sind;
2. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;
3. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;
4. im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder der Berufungsvorentscheidung (§ 64a) mitgewirkt haben.“
Zudem ist der BF darauf hinzuweisen, dass allfällige Verfahrensmängel im Verfahren vor der belangten Behörde durch ein mängelfreies Verfahren vor dem Verwaltungsgericht saniert werden (VwGH 26.11.2015, Ra 2015/07/0144; VwGH 28.02.2022, Ra 2021/09/0251).
3.3.6. Offensichtliche Einstellungsgründe nach § 118 BDG (insb auch Verjährung) sind vor dem festgestellten Hintergrund nicht ersichtlich.
Zusammengefasst liegt eine Rechtswidrigkeit iSd Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG aus den vom BF angeführten Gründen nicht vor, sodass gemäß § 28 Abs 2 VwGVG die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die zitierte Judikatur darf verwiesen werden.
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