AWG 2002 §14d Abs2
AWG 2002 §14d Abs3
BVergG 2018 §12 Abs1
BVergG 2018 §125
BVergG 2018 §155
BVergG 2018 §2 Z15
BVergG 2018 §2 Z5
BVergG 2018 §20 Abs1
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §344
BVergG 2018 §347 Abs1
BVergG 2018 §365
BVergG 2018 §4 Abs1 Z2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W279.2299542.2.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter KOREN als Vorsitzenden, sowie Mag. Wolfgang POINTNER als fachkundiger Laienrichter der Auftraggeberseite und Mag. Matthias WOHLGEMUTH als fachkundiger Laienrichter der Auftragnehmerseite im Nachprüfungsverfahren betreffend den Abruf von Leistungen aus der Rahmenvereinbarung „Totalunternehmer: Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur“ der EWP Recycling Pfand Österreich gGmbH, Schönbrunner Schloßstraße 2/601, 1120 Wien, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte GmbH, Bartensteingasse 2, 1010 Wien, aufgrund des Antrages der XXXX , vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.10.2024 zu Recht erkannt:
A)
Dem Antrag, „die in der ex ante-Transparenzbekanntmachung vom 13.9.2024 enthaltene Entscheidung, der XXXX für Leistungen betreffend "Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur" im Ausmaß der die Vertragserweiterung um Westösterreich betreffenden Leistungen bzw Sortiermengen den Zuschlag erteilen zu wollen bzw die entsprechenden Mengen aus der Rahmenvereinbarung abrufen zu wollen, für nichtig zu erklären“ wird stattgegeben. Der Abruf aus der Rahmenvereinbarung betreffend die Sortiermengen aus Tirol und Vorarlberg wird für nichtig erklärt.
B)
Die Revision ist gem Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Vorbringen der Parteien/Verfahrensgang:
1. Die EWP Recycling Pfand Österreich gGmbH (Im Folgenden: Auftraggeberin oder AG) leitete am 6.10.2023 das Vergabeverfahren "Totalunternehmer: Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur" zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung ein. Dieses Verfahren wurde in der Beilage zum Amtsblatt der EU am 11.10.2023 zur GZ OJ S 196/2023 613908-2023 veröffentlicht.
Mit Zuschlagserteilung (Abschluss der Rahmenvereinbarung) an die XXXX (Im Folgenden: präsumtive Zuschlagsempfängerin oder präsZE) vom 20.06.2024 wurde das Vergabeverfahren formell beendet. Die Bekanntgabe der Rahmenvereinbarung erfolgte am 10.09.2024 in der Beilage zum Amtsblatt der EU zur GZ OJ S 176/2024 542919-2024.
2. Mit Bekanntmachung vom 10.11.2023 mit der GZ S 217/2023 685472-2023 leitete die AG ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrags betreffend die Erbringung von (Dienst-)Leistungen für das Projekt "EWP / Einwegpfand: Sortierdienstleistungen für die Region Westösterreich" ein.
Mit Mitteilung der Widerrufsentscheidung vom 30.07.2024 habe die AG erstmals die Absicht erklärt, das Vergabeverfahren "EWP / Einwegpfand: Sortierdienstleistungen für die Region Westösterreich" zu widerrufen. Mit Mitteilung vom 6.8.2024 sei die (erste) Widerrufsentscheidung zurückgezogen und das Vergabeverfahren (formell) fortgesetzt worden.
Am 20.08.2024 sei der XXXX (Im Folgenden: Antragstellerin oder ASt) eine (zweite) Widerrufsentscheidung über die Vergabeplattform zugestellt worden. Gegen diese Widerrufsentscheidung beantragte die ASt die Nichtigerklärung der Widerrufsentscheidung. Das betroffene Verfahren wird ho unter der ZI W134 2298339-2 geführt. Dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gab das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 11.09.2024, W134 2298339-1/2E, statt.
3. Die AG schrieb im August 2024 unter der Bezeichnung „Transportdienstleistungen im Rahmen von Ballenumlagerungen“ einen Dienstleistungsauftrag in fünf Losen im Oberschwellenbereich in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung nach dem Bestbieterprinzip aus.
Diese Ausschreibung betreffe laut ASt in ihrem Los 5 den Transport von Mengen (aus Tirol und Vorarlberg) zu einem Sortierstandort in Ostösterreich (Müllendorf). Dieselben Mengen seien laut der Ausschreibung "EWP / Einwegpfand: Sortierdienstleistungen für die Region Westösterreich" zu einem Sortierstandort in Westösterreich zu transportieren.
Gegen diese Ausschreibung beantragte die ASt die Nichtigerklärung. Das betroffene Verfahren wird hg. unter der ZI W139 2299106-2 geführt. Dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gab das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 23.09.2024, W139 2299106-1/2E, statt. Der AG wurde untersagt im Vergabeverfahren „Transportdienstleistungen im Rahmen von Ballenumlagerungen“ betreffend Los 5 (Tirol und Vorarlberg) die Teilnahmeanträge zu öffnen.
4. Am 13.9.2024 machte die AG mittels der verfahrensgegenständlichen "ex ante"-Transparenzbekanntmachung zu GZ OJ S 179/2024 549930-2024 die Absicht bekannt, einen Abruf aus der Rahmenvereinbarung vorzunehmen. Laut ASt seien in der ex ante-Transparenzbekanntmachung abweichend von der gesetzlichen Vorgabe keine konkreten Informationen zum beabsichtigten Abruf angeführt. Mit Schreiben vom 19.09.2024, datiert mit 11.09.2024) habe die AG die ASt informiert, dass vom Erstabruf der Totalunternehmerleistung insb. umfasst ist, dass „im Falle eines länger dauernden Betriebsausfalles des Handlingcenters West temporär im gegenständlichen Handlingcenter Ost mitsortiert werden müssen.“
5. Mit Schriftsatz vom 23.09.2024 stellte die ASt einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, verbunden mit gegenständlichem Antrag auf Nichtigerklärung, einem Antrag auf mündliche Verhandlung, einem Antrag auf Akteneinsicht sowie einem Antrag auf Gebührenersatz der von ihr entrichteten Pauschalgebühren. Die Vergabe sei nicht gesetzeskonform bekanntgemacht worden. Die beabsichtigte Vertragsänderung sei unzulässig, da die gegenständlichen Leistungen der Ausschreibung auf Ostösterreich beschränkt sei. Es handle sich um eine wesentliche Änderung, welche die erneute Durchführung eines Vergabeverfahrens notwendig gemacht hätte.
Zudem beantragte die ASt festzustellen, dass die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zur Vergabe eines Auftrags an die präsZE für Leistungen betreffend "Totalunternehmer: Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur" im Ausmaß der die Vertragserweiterung um Westösterreich betreffenden Leistungen bzw Mengen wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2018 bzw unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig sei.
6. Mit Schriftsatz vom 01.10.2024 führte die AG aus, dass aufgrund ihrer fehlenden Auftraggebereigenschaft keine Vergabekontrollzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts bestünde. Die AG werde aus privaten Mitteln finanziert und unterliege hinsichtlich ihrer Leitung nicht der Aufsicht durch öffentliche Auftraggeber. Die Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane bestehen nicht mehrheitlich aus Mitgliedern, welche von öffentlichen Auftraggeber ernannt worden seien. Zudem habe die ASt mangels fehlender technischer Leistungsfähigkeit und wirtschaftlicher Kapazität keine Antragslegitimation. Es fehle der ASt ein Interesse am Auftrag. Der Antrag sei rechtsmissbräuchlich. Zur vorgebrachten Rechtswidrigkeit der Vergabe führte die AG unter anderem aus, dass die Herkunft der verfahrensgegenständlichen Sortiermengen nicht relevant sei. Erheblich seien die Mindestmengen des Sortierguts. Die AG beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge die Anträge in Nachprüfungsantrag und Feststellungsantrag zurück – bzw abweisen.
7. Ebenfalls mit Schriftsatz vom 01.10.2024 erklärte die präsZE; vertreten durch Breitenfeld Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Marc Aurel-Straße 6, 1010 Wien, dass sie durch das Nachprüfungsverfahren in ihren unmittelbaren Rechten betroffen sei und ihr deshalb Parteistellung zustehe. Der (verwaltungsgerichtliche) Rechtsweg sei unzulässig und das Bundesverwaltungsgericht sei unzuständig. Der ASt mangle es an Antragslegitimation. Eine behauptete Vertragsänderung liege nicht vor, da die vereinbarten Mengen an Sortiergut unverändert seien. Die präsZE beantragte, dass Bundesverwaltungsgericht möge die Anträge in Nachprüfungsantrag und Feststellungsantrag zurück- bzw abweisen.
8. Dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gab das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 03.10.2024, W279 2299542-1/2E, statt. Der präsZE des Verfahrens „Totalunternehmer: Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur“ (GZ OJ S 196/2023 613908-2023) wurde das Erbringen von zusätzlichen Sortierdienstleistungen betreffend Sortiermengen aus den Bundesländern Tirol und Vorarlberg untersagt. Die AG darf für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens die präsZE nicht mit der Sortierung von Sortiermengen aus den Bundesländern Tirol und Vorarlberg beauftragen.
9. Mit Schriftsatz vom 08.10.2024 führte die ASt aus, dass die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (Im Folgenden: BMK) bestimmte Aufsichtsrechte innehabe. Zur Frage, wann die Auftraggebereigenschaft gegeben sein muss, sei auf den Zeitpunkt des Abrufes abzustellen und nicht auf jenen der Einleitung des Vergabeverfahrens zum Abschluss der ihm zu Grunde liegenden Rahmenvereinbarung. Die ASt führt aus, dass sich der von ihr eingebrachte Nachprüfungsantrag nicht auf die Erbringung der in Ostösterreich betreffenden Leistungen bezieht, sondern nur auf jene in Westösterreich (Tirol und Vorarlberg). Insofern sei ihr Interesse im Hinblick auf die Erbringung der Leistung iZm mit den Bundesländern Tirol und Vorarlberg jedenfalls gegeben.
10. Mit Schriftsatz vom 14.10.2024 führte die AG aus, dass der Antrag der ASt sich auf die aus Tirol und Vorarlberg stammenden Sortiergüter beschränke. Diese Mengen seien bereits von Beginn an in der Rahmenvereinbarung berücksichtigt worden. Dies sei erforderlich gewesen, falls ein geplanter Sortierstandort in der Region Westösterreich nicht oder nicht zeitgerecht zustande komme. Ein Interesse an einer Anlage in der Region Westösterreich bestünde jedoch weiterhin. Laut AG habe die ASt die Ausschreibungsunterlagen nicht selbst heruntergeladen. Die ASt sei über die Risiken eines anonymen Downloads aufgeklärt worden, nämlich, dass sie nicht über Fragenbeantwortungen, Änderungen und Berichtigungen informiert werde.
11. Mit weiterem Schriftsatz vom 14.10.2024 führte die AG aus, dass laut Ausschreibungsunterlagen eine Liegenschaft zum Betrieb des Handlingcenters im Raum „Ostösterreich“ zur Verfügung gestellt werden musste. Dies sei mittels eidesstaatlicher Erklärung oder Verfügungsberechtigung nachzuweisen gewesen.
12. Am 15.10.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch. Die AG führte bzgl. der Frage ihrer möglichen Eigenschaft als Auftraggeberin aus, dass es eine ex-post-Aufsicht der BMK betreffend der Funktionsweise des Pfandsystems gebe. Ob sich aus § 14d AWG die Möglichkeit ergebe, dass die BMK Weisungen an die AG erteile, könne die AG nicht beantworten.
Die AG brachte vor, dass die ASt vorbrachte nicht am Vergabeverfahren teilgenommen zu haben, weil die Mengen Westösterreichs nicht im Verfahren "Totalunternehmer: Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur" enthalten gewesen seien. Jedoch habe die ASt nicht im maßgeblichen Zeitpunkt über die Ausschreibungsunterlagen verfügt. Die ASt führte diesbzgl. aus, dass im Verfahren "Totalunternehmer: Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur" als Erfüllungsort „Ostösterreich“ angegeben gewesen sei. Kurz nach Einleitung dieses Verfahrens, sei die Ausschreibung für Sortierleistungen in Westösterreich verfolgt. Die AG verwies auf die Möglichkeit von Parallelverfahren in den Ausschreibungsunterlagen.
Die ASt zog den mit Schriftsatz vom 23.09.2024 eingebrachten Feststellungsantrag zurück.
13. Mit Erkenntnis vom 21.10.2024, W134 2298339-2/3E, ging das Bundesverwaltungsgericht von der Auftraggebereigenschaft der EWP Recycling Pfand Österreich gGmbH aus und wies den Antrag auf Nichtigerklärung der Widerrufsentscheidung vom 20.08.2024 ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
Aufgrund der vorliegenden Stellungnahmen, der bezugnehmenden Beilagen, der vorgelegten Unterlagen des Vergabeverfahrens sowie des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:
Die EWP Recycling Pfand Österreich gGmbH ist eine Auftraggeberin gem §4 Abs 1 Z 2 BVergG.
Die AG leitete am 6.10.2023 das Vergabeverfahren "Totalunternehmer: Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur" zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung ein. Dieses Verfahren wurde in der Beilage zum Amtsblatt der EU am 11.10.2023 zur GZ OJ S 196/2023 613908-2023 veröffentlicht.
Die Auftragsbekanntmachung lautet auszugsweise:
„Abschnitt I: Öffentliche Auftraggeber
…
I.4. Art des öffentlichen Auftraggebers
Andere: Freiwillige Anwendung des BVergG 2018
…
Abschnitt II: Gegenstand
II.1. Umfang der Beschaffung
II.1.1 Bezeichnung des Auftrages
EWP/Einwegpfand: Abschluss einer Rahmenvereinbarung: Totalunternehmer: Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur
…
II.2. Beschreibung
II.2.3. Erfüllungsort
NUTS-Code: AT1 Ostösterreich
Hauptort der Ausführung:
II.2.4. Beschreibung der Beschaffung
Ab 1. Jänner 2025 wird in Österreich ein Pfandsystem für Einweggetränkeverpackungen aus Kunststoff und Metall eingeführt. Davon betroffen sin in Österreich jährlich ca. 2,4 Milliarden PET-Flaschen und Getränkedosen (55.000 Tonnen, 1/3 Alu-Dosen und 2/3 PET-Flaschen), für die ein Pfand von 25 Cent pro Verpackung beim Verkauf eingehoben wird.
Ziel des gegenständlichen Vergabeverfahrens ist der Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit der im Zuge des Vergabeverfahrens ermittelten Bestbieter und Beauftragung des Bestbieters mit der Erbringung von Totalunternehmerleistungen zur Herstellung und Betrieb eines Handlingcenters zur Durchführung von Zähl- und Sortierdienstleistungen für die Region „Salzburg, Oberösterreich, Niederösterreich, Steiermark, Kärnten, Burgenland, Wien“ im Rahmen des Projektes „EWP/Einwegpfand: Abschluss einer Rahmenvereinbarung: Totalunternehmer: Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur“ zu beauftragen. Gegenstand des Auftrages sind zumindest die Erbringung folgender Totalunternehmerleistungen:
Zur Verfügung Stellung einer geeigneten Liegenschaft;
Zur Verfügung Stellung der erforderlichen Gebäude und Infrastruktur, ansonsten Planung und Errichtung der erforderlichen Gebäude und Infrastruktur/Adaption der bestehenden Gebäude und Infrastruktur;
Planung und Errichtung einer fabrikneuen Zähl- und Sortieranlage;
Durchführung sämtlicher erforderlicher Genehmigungsverfahren (bspw. AWG-Verfahren, Errichtungsbewilligung, Betriebsbewilligung, etc.);
Durchführung des Normal-Betriebs der Sortieranlage für höchstens 9 Jahre;
Durchführung eines – allenfalls dezentralen – Übergang-Betriebs zur Sortierung der beschriebenen Fraktionen ab 01.01.2025“
Die Ausschreibungsunterlagen Teil A - Grundlagen und Verfahrensordnung idF vom 06.10.2023 lauten:
„
…
1.1.2.1.1.1. Nullpunkt
Jener vom AG im Vorfeld rechnerisch ermittelte Standort, der die geringsten Transportkosten für die Inputströme des Handlingcenters Ost bedeuten würde. Aus einer entsprechenden Berechnung geht hervor, dass dieser Standort im Bereich der Gemeinde Gumpoldskirchen (PLZ 2352) im Bezirk Mödling liegt. Es wird daher aufgrund der Lage auf einer Hauptverkehrsader der Kreuzungspunkt B17-B212 (Koordinaten: 48°02'10.5"N 16°18'10.2"E) als „Nullpunkt“ definiert.
…
1.1.2.4.2.2.2. Anfallmengen im Handlingcenter Ost
Einzugsgebiet der Sortieranlage: Salzburg, Oberösterreich, Niederösterreich, Steiermark, Kärnten, Burgenland, Wien;
Folgende Mengen sind zur Sortierung in gegenständlicher Anlage zu erwarten
…
2.2. Art des Vergabeverfahrens, Bekanntmachung
Die EWP geht aufgrund ihrer Ausgestaltung und internen Organisation als Tochtergesellschaft der jeweiligen Interessenvertretungen davon aus, kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des BVergG zu sein. Die EWP hat sich jedoch aufgrund der aktuell vorliegenden Pfandverordnung für Einweggetränkeverpackungen, BGBl. II Nr. 283/2023 dafür entschieden, die Bestimmungen des BVergG 2018 auf die gegenständliche Beschaffung anzuwenden.
Die Vergabe fällt somit in den Anwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes 2018 idgF.
…
2.3. Vergabekontrollbehörde
Zuständige Behörde für die Kontrolle dieses Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht, …“
Mit nicht bewerberseitig veranlasster Berichtigung vom 07.11.2023 (veröffentlicht in der Beilage zum Amtsblatt der EU am 10.11.2023) änderte die Auftraggeberin in den Ausschreibungsunterlagen wie folgt:
„1.1.2.4.2.2.2. Anfallmengen im Handlingcenter Ost
Einzugsgebiet der Sortieranlage: Salzburg, Oberösterreich, Niederösterreich, Steiermark, Kärnten, Burgenland, Wien; Das Einzugsgebiet ist indikativ, womit sich die Herkunft des Sortiergutes verschieben, aber auch gänzlich verändern kann.
Die EWP wird alle von ihr gemäß Verordnung BGBl. II Nr. 283/2023 zu sortierenden Gebinde im voraussichtlichen Ausmaß in Punkt 1.1.2.4.2.2.2 abzüglich 25 % an den künftigen Vertragspartner zur Verarbeitung überlassen (zugesicherte jährliche Mindestmengen) (siehe Punkt 1.1.2.1).“
Gem. Teil A, Punkt 2.3. ist die für die Kontrolle dieses Vergabeverfahrens zuständige Behörde das Bundesverwaltungsgericht.
Im Vergabeverfahren "Totalunternehmer: Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur" ist der Nullpunkt in der Ausschreibung (Teil A, Punkt 1.1.2.1.1.1.) im Raum Wien (Kreuzungspunkt B17-B212) definiert. Dies entspricht Gumpoldskirchen im Bezirk Mödling. Im Vergabeverfahren ""EWP / Einwegpfand: Sortierdienstleistungen für die Region Westösterreich" war der Nullpunkt bei Wiesing im Bezirk Schwaz angesiedelt (VH-Protokoll S 12).
Die Auftraggeberin ist bei der Berechnung der Nullpunkte von einer Sortieranlage für Sortierware aus den beiden westlichsten Bundesländern und einer Sortieranlage für die restlichen Bundesländer ausgegangen (VH-Protokoll S 12). Bei einer Gesamtberücksichtigung der Sortiermengen aus ganz Österreich verschiebt sich der gegenständliche, östliche Nullpunkt.
Mit Zuschlagserteilung (Abschluss der Rahmenvereinbarung) an die präsZE vom 20.06.2024 wurde das Vergabeverfahren formell beendet. Die Bekanntgabe der Rahmenvereinbarung erfolgte am 10.09.2024 in der Beilage zum Amtsblatt der EU zur GZ OJ S 176/2024 542919-2024.
Am 13.09.2024 machte die AG mittels der verfahrensgegenständlichen "ex ante"-Transparenzbekanntmachung zu GZ OJ S 179/2024 549930-2024 die Absicht bekannt, einen Abruf aus der Rahmenvereinbarung vorzunehmen.
Am 13.09.2024 machte die AG mittels der verfahrensgegenständlichen "ex ante"-Transparenzbekanntmachung zu GZ OJ S 179/2024 549930-2024 die Absicht bekannt, einen Abruf aus der Rahmenvereinbarung vorzunehmen. Mit Schreiben vom 19.09.2024, datiert mit 11.09.2024) informierte die AG den ASt, dass vom Erstabruf der Totalunternehmerleistung insb umfasst ist, dass „im Falle eines länger dauernden Betriebsausfalles des Handlingcenters West temporär temporär im gegenständlichen Handlingcenter Ost mitsortiert werden müssen.“
Mit Bekanntmachung vom 10.11.2023 mit der GZ S 217/2023 685472-2023 leitete die AG ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrags betreffend die Erbringung von (Dienst-)Leistungen für das Projekt "EWP / Einwegpfand: Sortierdienstleistungen für die Region Westösterreich" ein.
Mit Mitteilung der Widerrufsentscheidung vom 30.07.2024 hat die AG erstmals die Absicht erklärt, das Vergabeverfahren "EWP / Einwegpfand: Sortierdienstleistungen für die Region Westösterreich" zu widerrufen. Mit Mitteilung vom 6.8.2024 wurde die (erste) Widerrufsentscheidung zurückgezogen und das Vergabeverfahren (formell) fortgesetzt
Am 20.08.2024 wurde der ASt eine (zweite) Widerrufsentscheidung über die Vergabeplattform zugestellt. Gegen diese Widerrufsentscheidung beantragte die ASt die Nichtigerklärung der Widerrufsentscheidung. Das betroffene Verfahren wird hg. unter der GZ W134 2298339-2 geführt. Dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gab das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 11.09.2024, W134 2298339-1/2E, statt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.10.2024, W134 2298339-2/3E wurde die Auftraggebereigenschaft bejaht und der Antrag auf Nichtigerklärung der Widerrufsentscheidung abgewiesen.
Die AG schrieb im August 2024 unter der Bezeichnung „Transportdienstleistungen im Rahmen von Ballenumlagerungen“ einen Dienstleistungsauftrag in fünf Losen im Oberschwellenbereich in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung nach dem Bestbieterprinzip aus.
Gegen diese Ausschreibung beantragte die ASt die Nichtigerklärung. Das betroffene Verfahren wird hg. unter der ZI W139 2299106-2 geführt. Dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gab das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 23.09.2024, W139 2299106-1/2E, statt. Der AG wurde untersagt im Vergabeverfahren „Transportdienstleistungen im Rahmen von Ballenumlagerungen“ betreffend Los 5 (Tirol und Vorarlberg) die Teilnahmeanträge zu öffnen.
II.2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in der Klammer genannten Quellen. Diese sind die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die AG erteilen kann.
Die Echtheit und Richtigkeit von herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Diese Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche in den Unterlagen traten nicht auf.
Der Nullpunkt wurde von der AG im Vorfeld des Vergabeverfahrens durch einen externen Logistik Konsulenten anhand der zu erwartenden Sortiergutströme berechnet (Beilage Z.)
Die Auftraggeberin ist bei der Berechnung der Nullpunkte für die gegenständliche Ost-Ausschreibung sowie für die widerrufene West-Ausschreibung von zwei Sortieranlagen ausgegangen. (VHP S 12). Unstrittig ist, dass bei Hinzurechnung der Sortiermengen aus den westlichsten zwei Bundesländern, sich dieser Nullpunkt verschiebt. Die Auftraggeberin verwies auf die bestandsfeste Festlegung des Nullpunkts (Schriftsatz der AG vom 01.10.2024, Seite 54 von 62), die ASt ging von einer Verschiebung in Richtung Amstetten aus. Mit Schriftsatz vom 17.10.2024 (nach der Verhandlung) geht die Auftraggeberin von einer Verschiebung von Gumpoldskirchen nach Brunn am Gebirge aus. Festgestellt wird, dass sich durch die zusätzlichen Sortiermengen der Nullpunkt verschiebt, die genaue Lokalisation dieses neuen Nullpunktes kann offenbleiben.
II.3. Rechtliche Beurteilung
Zu A)
3.1. Anzuwendendes Recht:
3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) lauten:
„Einzelrichter
§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.“
3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) lauten auszugsweise:
„Ausübung der Verwaltungsgerichtsbarkeit
§ 2. Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
…
(7) …“
3.1.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2018 (BVergG 2018) lauten auszugsweise:
„Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:
1. …
15. Entscheidung ist jede Festlegung eines Auftraggebers im Vergabeverfahren.
a) Gesondert anfechtbar sind folgende, nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen:
aa) im offenen Verfahren: die Ausschreibung; sonstige Entscheidungen während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
bb)...
ee) im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung: die Aufforderung zur Angebotsabgabe; die Ausschreibungsunterlagen; sonstige Entscheidungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
nn) ...
b) …
Öffentliche Auftraggeber und sonstige zur Anwendung von Bestimmungen
dieses Bundesgesetzes verpflichtete Auftraggeber
§ 4. (1) Dieses Bundesgesetz gilt mit Ausnahme seines 3. Teiles für Vergabeverfahren von öffentlichen Auftraggebern, das sind
1. der Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände oder
2. Einrichtungen, die
a) zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen,
b) zumindest teilrechtsfähig sind und
c) überwiegend von öffentlichen Auftraggebern gemäß Z 1 oder anderen Einrichtungen im Sinne der Z 2 finanziert werden oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch diese unterliegen oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die von öffentlichen Auftraggebern gemäß Z 1 oder anderen Einrichtungen im Sinne der Z 2 ernannt worden sind, oder
3. Verbände, die aus einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern gemäß Z 1 oder 2 bestehen.
…
Grundsätze des Vergabeverfahrens
§ 20. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige (geeignete) Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.
…
(9) …
Das Angebot
Allgemeine Bestimmungen
§ 125. (1) Der Bieter hat sich bei der Erstellung des Angebotes an die Ausschreibungsunterlagen zu halten.
(8) ...
2. Abschnitt
Bestimmungen für den Abschluss von Rahmenvereinbarungen und die Vergabe von Aufträgen aufgrund von Rahmenvereinbarungen
Vergabe von öffentlichen Aufträgen aufgrund von Rahmenvereinbarungen
§ 155. (1) Bei der Vergabe der auf einer Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträge dürfen die Parteien keine wesentlichen Änderungen an den Bedingungen der Rahmenvereinbarung vornehmen.
(2) Aufträge, die aufgrund einer gemäß § 154 abgeschlossenen Rahmenvereinbarung vergeben werden sollen, werden gemäß den in Abs. 3 bis 9 beschriebenen Verfahren vergeben. Diese Verfahren sind nur zwischen dem öffentlichen Auftraggeber bzw. den öffentlichen Auftraggebern und jenem Unternehmer bzw. jenen Unternehmern zulässig, die von Anfang an Parteien der Rahmenvereinbarung waren und die in der Bekanntmachung oder in der Aufforderung zur Angebotsabgabe gemäß § 154 Abs. 1 eindeutig identifiziert wurden.
(3) Wird eine Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Unternehmer abgeschlossen, so kann der Zuschlag hinsichtlich der auf dieser Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträge
1. unmittelbar dem aufgrund der Bedingungen der Rahmenvereinbarung gelegten Angebot nach den in den Ausschreibungsunterlagen der Rahmenvereinbarung genannten Bedingungen erteilt werden, oder
2. der öffentliche Auftraggeber kann den Unternehmer zuerst schriftlich auffordern, sein Angebot
a) auf der Grundlage der ursprünglichen Bedingungen der Rahmenvereinbarung für die Vergabe der Aufträge oder
b) sofern nicht alle Bedingungen für die Vergabe der Aufträge in der Rahmenvereinbarung selbst festgelegt sind, auf der Grundlage der vervollständigten Bedingungen der Rahmenvereinbarung für die Vergabe der Aufträge oder
c) auf der Grundlage von anderen, in den Ausschreibungsunterlagen der Rahmenvereinbarung genannten Bedingungen
erforderlichenfalls zu verbessern, zu vervollständigen oder abzuändern und erst danach den Zuschlag nach den in der Ausschreibung der Rahmenvereinbarung genannten Bedingungen erteilen.
(4) Wird eine Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmern abgeschlossen, so kann der Zuschlag für die auf dieser Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträge
1. unmittelbar aufgrund der Bedingungen der Rahmenvereinbarung ohne erneuten Aufruf zum Wettbewerb, oder
2. nach erneutem Aufruf der Parteien zum Wettbewerb oder
3. teilweise ohne erneuten Aufruf zum Wettbewerb und teilweise nach erneutem Aufruf der Parteien zum Wettbewerb
erteilt werden.
(5) Sofern alle Bedingungen für die Vergabe eines Auftrages in der Rahmenvereinbarung selbst festgelegt sind, kann der Zuschlag ohne erneuten Aufruf zum Wettbewerb einer Partei der Rahmenvereinbarung erteilt werden. In der Ausschreibung für eine derartige Rahmenvereinbarung sind die Zuschlagskriterien für die auf dieser Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträge festzulegen. Sollen Aufträge gemäß Abs. 4 Z 3 teilweise ohne und teilweise nach erneutem Aufruf zum Wettbewerb vergeben werden, so sind in den Ausschreibungsunterlagen der Rahmenvereinbarung darüber hinaus
1. die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Zuschlagserteilung gemäß Abs. 4 Z 3,
2. die objektiven Kriterien, die der Entscheidung zugrunde liegen, ob bestimmte Leistungen teilweise ohne und teilweise nach erneutem Aufruf zum Wettbewerb vergeben werden und
3. jene Bedingungen der Rahmenvereinbarung, welche einem erneuten Aufruf zum Wettbewerb unterliegen können,
festzulegen. Die Möglichkeit der Vergabe teilweise ohne und teilweise nach erneutem Aufruf zum Wettbewerb gemäß Abs. 4 Z 3 besteht auch für jene Lose einer Rahmenvereinbarung, für deren Vergabe alle Bedingungen in der Rahmenvereinbarung festgelegt sind, ungeachtet dessen, ob alle Bedingungen für andere Lose derselben Rahmenvereinbarung festgelegt wurden.
(6) Sofern nicht alle Bedingungen für die Vergabe eines Auftrages in der Rahmenvereinbarung selbst festgelegt sind, kann der erneute Aufruf der Parteien zum Wettbewerb gemäß Abs. 4 Z 2
1. auf der Grundlage der ursprünglichen und nunmehr vervollständigten Bedingungen der Rahmenvereinbarung für die Vergabe der Aufträge, oder
2. auf der Grundlage von anderen, in der Ausschreibung der Rahmenvereinbarung genannten Bedingungen
erfolgen.
(7) Bei einem erneuten Aufruf der Parteien zum Wettbewerb gemäß Abs. 4 Z 2 oder 3 kann der öffentliche Auftraggeber, sofern Abs. 8 und 9 nicht zur Anwendung kommen, den Zuschlag entweder nach Durchführung einer elektronischen Auktion oder nach Durchführung des nachfolgenden Verfahrens erteilen:
1. Vor der Vergabe jedes Einzelauftrages konsultiert der öffentliche Auftraggeber schriftlich jene Parteien der Rahmenvereinbarung, die in der Lage sind, die konkret nachgefragte Leistung zu erbringen.
2. Der öffentliche Auftraggeber setzt eine angemessene Frist für die Abgabe neuer Angebote für jeden Einzelauftrag fest; dabei hat der öffentliche Auftraggeber insbesondere die Komplexität des Auftragsgegenstandes und die für die Übermittlung der Angebote und der sonstigen Unterlagen erforderliche Zeit zu berücksichtigen.
3. Die Angebote sind schriftlich einzureichen und dürfen bis zum Ablauf der Angebotsfrist nicht geöffnet werden.
4. Der Zuschlag ist dem gemäß dem oder den auf Grundlage der Ausschreibungsunterlagen der Rahmenvereinbarung festgelegten Zuschlagskriterium bzw. Zuschlagskriterien am besten bewerteten Angebot zu erteilen. Die Gründe für die Zuschlagsentscheidung sind schriftlich festzuhalten. Hinsichtlich des Zuschlages gelten die §§ 143 bis 145.
(8) Wurde mit einer oder mehreren Parteien eine Rahmenvereinbarung aufgrund von Angeboten in Form elektronischer Kataloge abgeschlossen, so kann der öffentliche Auftraggeber vorschreiben, dass der erneute Aufruf dieser Parteien zum Wettbewerb gemäß Abs. 4 Z 2 oder 3 auf der Grundlage aktualisierter Kataloge erfolgt. In diesem Fall kann der Zuschlag für die auf dieser Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträge entweder
1. nach Aufforderung an die Parteien der Rahmenvereinbarung, ihre elektronischen Kataloge an die Anforderungen des Auftrages anzupassen und erneut einzureichen oder
2. – sofern diese Vorgangsweise in der Ausschreibung der Rahmenvereinbarung bekannt gegeben wurde – nach Unterrichtung der Parteien darüber, dass der öffentliche Auftraggeber beabsichtigt, den bereits eingereichten elektronischen Katalogen jene Informationen zu entnehmen, die erforderlich sind, um Angebote zu erstellen, die den Anforderungen des Auftrages entsprechen,
erfolgen.
(9) Bei einem erneuten Aufruf der Parteien zum Wettbewerb gemäß Abs. 8 Z 2 hat der öffentliche Auftraggeber den betreffenden Parteien der Rahmenvereinbarung den Tag und den Zeitpunkt bekannt zu geben, zu dem jene Informationen den eingereichten elektronischen Katalogen entnommen werden sollen, die zur Erstellung der Angebote, die den Anforderungen des Auftrages entsprechen, notwendig sind. Mit dieser Bekanntgabe hat der öffentliche Auftraggeber den Parteien eine angemessene Frist einzuräumen, um vor dem bekannt gegebenen Zeitpunkt entweder ihren Katalog entsprechend zu aktualisieren oder die Erstellung eines Angebotes auf diese Weise abzulehnen. Der öffentliche Auftraggeber hat vor der Erteilung des Zuschlages dem in Aussicht genommenen Zuschlagsempfänger die aus dessen elektronischen Katalog entnommenen Informationen zu übermitteln bzw. bereitzustellen und eine angemessene Frist festzusetzen, binnen der der in Aussicht genommene Zuschlagsempfänger gegen das solcherart erstellte Angebot Einspruch erheben kann, weil das Angebot Fehler enthält, oder binnen der zu bestätigen ist, dass das Angebot fehlerfrei ist.
(10) Auf den Widerruf eines Verfahrens gemäß Abs. 3 bis 9 sind die §§ 148 bis 150 sinngemäß anzuwenden.
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes
§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen. Senatszuständigkeit und –zusammensetzung.
§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.
(2) …
Anzuwendendes Verfahrensrecht
§ 333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.
Zuständigkeit
§ 334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.
(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig
1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie
2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.(5) …
Einleitung des Verfahrens
§ 342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern
1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und
2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
(4) …
Inhalt und Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages
§ 344. (1) Ein Antrag gemäß § 342 Abs. 1 hat jedenfalls zu enthalten:
1. die Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens sowie der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung,
2. die Bezeichnung des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,
3. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss, insbesondere bei Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung die Bezeichnung des für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieters,
4. Angaben über den behaupteten drohenden oder bereits eingetretenen Schaden für den Antragsteller,
5. die Bezeichnung der Rechte, in denen der Antragsteller verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte) sowie die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
6. einen Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung, und
7. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.
(2) Der Antrag ist jedenfalls unzulässig, wenn
1. er sich nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richtet, oder
2. er nicht innerhalb der in § 343 genannten Fristen gestellt wird, oder
3. er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.
(4) …
Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers
§ 347. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn
1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist und
2. die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.
(2) Als Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen kommt insbesondere auch die Streichung von für Unternehmer diskriminierenden Anforderungen hinsichtlich technischer Leistungsmerkmale sowie hinsichtlich
der wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit in der Ausschreibung in Betracht.
(3) …
Änderungen von Verträgen während ihrer Laufzeit
§ 365. (1) Wesentliche Änderungen von Verträgen und Rahmenvereinbarungen während ihrer Laufzeit sind nur nach einer erneuten Durchführung eines Vergabeverfahrens zulässig. Eine Änderung eines Vertrages oder einer Rahmenvereinbarung ist wesentlich, wenn sie dazu führt, dass sich der Vertrag oder die Rahmenvereinbarung erheblich vom ursprünglichen Vertrag bzw. der ursprünglichen Rahmenvereinbarung unterscheidet.
(2) Unbeschadet des Abs. 3 ist eine Änderung jedenfalls als wesentliche Änderung anzusehen, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:
1. mit der Änderung werden Bedingungen eingeführt, die, wenn sie für das ursprüngliche Vergabeverfahren gegolten hätten,
a) die Zulassung anderer als der ursprünglich ausgewählten Bewerber oder
b) die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebotes ermöglicht hätten oder
c) das Interesse weiterer Teilnehmer am Vergabeverfahren geweckt hätten, oder
2. mit der Änderung wird das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages oder der Rahmenvereinbarung zugunsten des Auftragnehmers in einer Weise verschoben, die im ursprünglichen Vertrag bzw. der ursprünglichen Rahmenvereinbarung nicht vorgesehen war, oder
3. mit der Änderung wird der Umfang des Vertrages oder der Rahmenvereinbarung erheblich ausgeweitet oder verringert, oder
4. ein neuer Vertragspartner ersetzt den Auftragnehmer, an den der Auftraggeber den Auftrag ursprünglich vergeben hatte, in anderen als den in Abs. 3 Z 3 vorgesehenen Fällen.
(3) Folgende Änderungen von Verträgen und Rahmenvereinbarungen sind als unwesentliche Änderungen anzusehen:
1. Änderungen der Auftragssumme, sofern sie
a) die betreffenden, in § 12 Abs. 1 bzw. § 185 Abs. 1 genannten Schwellenwerte und
b) 10% der ursprünglichen Auftragssumme bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bzw. 15% der ursprünglichen Auftragssumme bei Bauaufträgen
nicht übersteigen. Der Gesamtcharakter des Vertrages oder der Rahmenvereinbarung darf sich aufgrund der Änderungen nicht verändern. Im Falle mehrerer aufeinander folgender Änderungen wird deren Wert auf der Grundlage des kumulierten Nettowertes der aufeinander folgenden Änderungen bestimmt.
2. Änderungen, die unabhängig von ihrem Wert in den ursprünglichen Ausschreibungsunterlagen in klar, präzise und eindeutig formulierten Vertragsänderungsklauseln vorgesehen sind. Diese Klauseln müssen Angaben zu Umfang und Art der möglichen Änderungen oder Optionen sowie zu den Bedingungen enthalten, unter denen sie zur Anwendung gelangen können, und dürfen keine Änderungen oder Optionen vorsehen, die den Gesamtcharakter des Vertrages oder der Rahmenvereinbarung verändern würden.
3. Wenn ein neuer Vertragspartner den Auftragnehmer ersetzt, an den der Auftraggeber den Auftrag ursprünglich vergeben hatte, aufgrund
a) einer eindeutig formulierten Vertragsänderungsklausel gemäß Abs. 3 Z 2 oder
b) der Tatsache, dass ein anderer Unternehmer, der die ursprünglich festgelegten Eignungskriterien erfüllt, im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung – einschließlich Übernahme, Fusion, Erwerb oder Insolvenz – ganz oder teilweise an die Stelle des ursprünglichen Auftragnehmers tritt, sofern dies keine weiteren wesentlichen Änderungen des Vertrages zur Folge hat und nicht dazu dient, die Anwendung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu umgehen, oder
c) der Tatsache, dass der Auftraggeber selbst die Verpflichtungen des Auftragnehmers gegenüber dessen Subunternehmern übernimmt.
4. Änderungen, die unabhängig von ihrem Wert nicht als wesentliche Änderung im Sinne der Abs. 1 und 2 anzusehen sind.
5. Zusätzliche Leistungen des ursprünglichen Auftragnehmers, die erforderlich geworden sind und nicht in den ursprünglichen Ausschreibungsunterlagen vorgesehen waren, wenn ein Wechsel des Auftragnehmers
a) aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht erfolgen kann und
b) mit erheblichen Schwierigkeiten oder beträchtlichen Zusatzkosten für den Auftraggeber verbunden wäre.
6. Bei Vorliegen folgender Voraussetzungen:
a) die Änderung wurde aufgrund von Umständen erforderlich, die ein seiner Sorgfaltspflicht nachkommender Auftraggeber nicht vorhersehen konnte, und
b) der Gesamtcharakter des Auftrages verändert sich aufgrund der Änderung nicht.
Sofern es sich um Verträge und Rahmenvereinbarungen handelt, die nach Durchführung eines Verfahrens gemäß den Bestimmungen des 2. Teiles dieses Bundesgesetzes abgeschlossen wurden, darf im Fall der Z 5 oder 6 der Gesamtwert der zusätzlichen Leistungen überdies 50% des Wertes des ursprünglichen Auftrages nicht übersteigen. Werden mehrere aufeinander folgende Änderungen vorgenommen, so gilt dies für den Wert jeder einzelnen Änderung. Derartige aufeinander folgende Änderungen dürfen nicht mit dem Ziel vorgenommen werden, die Anwendung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu umgehen.
(4) Der Auftraggeber hat im Oberschwellenbereich die Änderung eines Vertrages oder einer Rahmenvereinbarung gemäß Abs. 3 Z 5 oder 6 gemäß den §§ 61 und 62 oder 231 und 232 bekanntzugeben.
…“
§ 14 d AWG (Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft – Abfallwirtschaftsgesetz 2002) lautet:
„Aufsicht über die zentrale Stelle
§ 14d. (1) Die zentrale Stelle im Sinne des § 14c Abs. 2 unterliegt der Aufsicht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Die Aufsicht bezieht sich auf die Erfüllung der Verpflichtungen der zentralen Stelle entsprechend den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen und Bescheide.
(2) Folgende Maßnahmen stehen zur Verfügung:
1. die Abgabe von Empfehlungen für Maßnahmen zur Behebung von Mängeln und zur Verbesserung der Erfüllung der Verpflichtungen;
2. die Erteilung von Aufträgen, mit denen Maßnahmen im Sinne der Z 1 verbindlich vorgeschrieben werden, die innerhalb angemessener Frist zu setzen und der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie nachzuweisen sind.
(3) Die zentrale Stelle hat der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie alle für die Aufsicht erforderlichen Unterlagen auf Verlangen zu übermitteln.“
3.2. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und formale Zulässigkeit des Antrages
Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 ist die EWP Recycling Pfand Österreich gGmbH.
Gemäß den Angaben der Auftraggeberin zielt das gegenständliche Vergabeverfahren auf den Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit der im Zuge des Vergabeverfahrens ermittelten Bestbieter und Beauftragung des Bestbieters mit der Erbringung von Totalunternehmerleistungen zur Herstellung und Betrieb eines Handlingcenters zur Durchführung von Zähl- und Sortierdienstleistungen für die Region „Salzburg, Oberösterreich, Niederösterreich, Steiermark, Kärnten, Burgenland, Wien“. Es handelte sich um einen Dienstleistungsauftrag (iSd § 7 BVergG 2018). Die Bekanntgabe der Rahmenvereinbarung erfolgte am 10.09.2024 in der Beilage zum Amtsblatt der EU zur GZ OJ S 176/2024 542919-2024. Der geschätzte Auftragswert liegt gemäß den Angaben der Auftraggeberin über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs. 1 Z 3 BVergG 2018, sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt. Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG 2018. Der Antrag des ASt richtet sich gegen die Vergabe des auf dieser Rahmenvereinbarung beruhenden Auftrags.
Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und damit zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 334 Abs. 2 BVergG 2018 iVm. Art 14b Abs. 2 Z 1 B-VG ist sohin gegeben.
Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 334 Abs. 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen eines Auftraggebers zuständig.
Gemäß Art 135 Abs. 1 B-VG iVm. § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Mit Schriftsatz vom 08.10.2024 beantragte die ASt die Nichtigerklärung der „in der ex ante-Transparenzbekanntmachung vom 13.9.2024 enthaltene Entscheidung, der XXXX für Leistungen betreffend "Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur" im Ausmaß der die Vertragserweiterung um Westösterreich betreffenden Leistungen bzw Sortiermengen den Zuschlag erteilen zu wollen bzw die entsprechenden Mengen aus der Rahmenvereinbarung abrufen zu wollen“. Dabei handelt es sich um eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 15 lit a sublit. ee BVergG 2018. Der auf die Nichtigerklärung dieser Entscheidungen abzielende Nachprüfungsantrag genügt den formalen Voraussetzungen nach § 344 Abs. 1 BVergG 2018. Ein Grund für die Unzulässigkeit des Antrages nach § 344 Abs. 2 BVergG 2018 ist nicht gegeben. Die Pauschalgebühr wurde in entsprechender Höhe entrichtet.
3.2.1. Auftraggebereigenschaft
Die Auftraggeberin bestreitet, dass es sich bei ihr um eine öffentliche Auftraggeberin iSd § 4 Abs. 1 BVergG 2018 handeln würde, und somit die Vergabekontrollzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes. Das BMK übe die in § 14d AWG normierten Aufsichtsrechte erst ab Inkrafttreten des Pfandsystems (ab 01.01.2025) aus und hätte daher auf die gegenständliche Ausschreibung keinen Einfluss ausüben können. Ferner würden die in § 14d AWG definierten Aufsichtsrechte die Voraussetzungen für eine Aufsicht über die Leitung iSd § 4 Abs 1 Z 2 lit c (2. Fall) BVergG 2018 nicht erfüllen, zumal das BMK über keine derart umfassenden Kontrollrechte verfüge. Auch die anderen Beherrschungskriterien iSd § 4 Abs 1 Z 2 lit c BVergG 2018 würden bei der Auftraggeberin jedenfalls nicht vorliegen.
Es ist daher in einem ersten Schritt die Frage zu beantworten, ob die Auftraggeberin eine öffentliche Auftraggeberin iSd § 4 Abs 1 BVergG 2018 ist.
Gemäß § 1 BVergG 2018 regelt dieses Bundesgesetz insbesondere ua die Verfahren zur Beschaffung von Leistungen (Vergabeverfahren) im öffentlichen Bereich; das sind die Vergabe von öffentlichen Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen sowie die Durchführung von Wettbewerben durch öffentliche Auftraggeber und die Vergabe von bestimmten Bau- und Dienstleistungsaufträgen, die nicht von öffentlichen Auftraggebern vergeben, aber von diesen subventioniert werden (§ 1 Z 1 leg.cit .) sowie den Rechtsschutz im Zusammenhang mit Vergabeverfahren im Sinne der Z 1 und 2, die in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen (4. Teil; § 1 Z 3 leg.cit .). Gemäß § 327 BVergG 2018 ist das Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens zuständig, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.
Gemäß § 4 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 gilt dieses Bundesgesetz mit Ausnahme seines 3. Teiles für Vergabeverfahren von öffentlichen Auftraggebern, das sind Einrichtungen, die a) zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, b) zumindest teilrechtsfähig sind und c) überwiegend von öffentlichen Auftraggebern gemäß Z 1 (der Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände) oder anderen Einrichtungen im Sinne der Z 2 finanziert werden oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch diese unterliegen oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die von öffentlichen Auftraggebern gemäß Z 1 oder anderen Einrichtungen im Sinne der Z 2 ernannt worden sind, oder überwiegend von öffentlichen Auftraggebern gemäß Ziffer 1, oder anderen Einrichtungen im Sinne der Ziffer 2, finanziert werden oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch diese unterliegen oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die von öffentlichen Auftraggebern gemäß Ziffer eins, oder anderen Einrichtungen im Sinne der Ziffer 2, ernannt worden sind.
Die genannten drei Voraussetzungen in § 4 Abs 2 Z 2 lit. a bis c BVergG 2018 für das Vorliegen einer Einrichtung öffentlichen Rechts müssen kumulativ vorliegen (ua VwGH 12.04.2018, Ra 2015/04/0054 mwN). Unerheblich ist dabei, welchen Anteil die in Gewinnerzielungsabsicht ausgeübten Tätigkeiten an den Gesamttätigkeiten dieser Einrichtung ausmachen („Infizierungstheorie“; ua EuGH 10.04.2008, C-393/06, Ing. Aigner).
Der Europäische Gerichtshof hat auch betont, dass in Anbetracht der beiden Ziele - Öffnung für den Wettbewerb und Transparenz - der Begriff der Einrichtung des öffentlichen Rechts weit zu verstehen ist (siehe VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0021 unter Verweis auf das Urteil des EuGH vom 27.02.2003 in der Rechtssache C-373/00, Adolf Truley GmbH gegen Bestattung Wien GmbH, Rn. 43).
Zu lit. a: Vorauszuschicken ist, dass für bestimmte Einweg-Getränkegebinde ab 01.01.2025 ein Einwegpfandsystem errichtet werden muss, um die Sammelquote von Einweg-Kunststoffflaschen und Aluminiumdosen zu steigern. Demnach hat mit 01.01.2025 gemäß § 14c AWG die Einhebung eines Pfandes zu erfolgen. Zur Koordinierung sämtlicher Aufgaben betreffend die Organisation und Durchführung der Material-, Geld- und Datenflüsse im Rahmen dieses Einwegpfandsystems ist eine einzige nicht auf Gewinn gerichtete zentrale Stelle in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung einzurichten (zentrale Stelle iSd § 14c Abs 2 und 2a AWG iVm § 7 Abs 1 Pfandverordnung).
Bei der Auftraggeberin handelt es sich um jene von Gesetzes wegen vorgesehene und nicht auf Gewinn gerichtete koordinierende Stelle. Die Auftraggeberin wurde ausweislich Punkt 3.1. der Errichtungserklärung ausschließlich zu dem besonderen gemeinnützigen Zweck gegründet, den Umwelt- und Naturschutz durch die Errichtung und den Betrieb eines Einwegpfandsystems für Getränkeverpackungen zu fördern. Gemäß Punkt 3.2. der Errichtungserklärung ist die Tätigkeit der Gesellschaft nicht auf Gewinn gerichtet. Sie ist die einzige koordinierende (zentrale) Stelle und nimmt insofern quasi eine Monopolstellung ein. §14e AWG sieht ferner einen Kontrahierungszwang für die zentrale Stelle vor.
Vor diesem Hintergrund der Gründung der Auftraggeberin zum Zweck der reibungslosen Einführung des Einwegpfandsystems im Interesse des Umweltschutzes, der mangelnden Gewinnerzielungsabsicht sowie der Stellung der Auftraggeberin als einzige koordinierende Stelle und damit des Fehlens von Wettbewerb, ist jedenfalls davon auszugehen, was auch seitens der Auftraggeberin nicht in Abrede gestellt wird, dass die Auftraggeberin unzweifelhaft im Allgemeininteresse liegende – gesetzlich manifestierte – Aufgaben nicht gewerblicher Art verfolgt, zu deren (alleinigem) Zweck sie gegründet wurde (siehe auch VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0021; EBRV 69 BlgNr XXVI. GP 23).
Zu lit. b: Die Auftraggeberin wurde in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet und ist damit gemäß § 61 GmbHG eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit und damit rechtsfähig.
Zu lit. c: Bei der Auftraggeberin handelt es sich von Gesetzes wegen und entsprechend ihren eigenen Angaben um die einzige zentrale Stelle im Sinne des § 14c Abs 2 AWG iVm § 7 Pfand-VO. Als jene zentrale Stelle im Sinne des § 14c Abs 2 AWG unterliegt die Auftraggeberin gemäß § 14d Abs 1 AWG der Aufsicht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (kurz: BMK).
Ausweislich der Materialien zur betreffenden Novelle des AWG (AWG-Novelle Digitalisierung) liegt deren Schwerpunkt unter anderem auch in der Festlegung näherer Bestimmungen zum ab 2025 geltenden Einwegpfand für Kunststoffgetränkegebinde und Dosen. Das betrifft neben der Festlegung der betroffenen Gebindegrößen insbesondere auch die Aufsicht über die für Material-, Geld und Datenflüsse verantwortliche zentrale Stelle. Inhaltlich soll die Erfüllung der gesetzlichen bzw. der verordneten Verpflichtungen der zentralen Stelle beaufsichtigt werden, wofür der BMK folgende Aufsichtsmittel zur Verfügung stehen:
• Übermittlung von Unterlagen auf Verlangen
• Abgabe von Empfehlungen
• Erteilung von Aufträgen (siehe EBRV 2561 BlgNr XXVII. GP 1, 2).
Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes kommt in allen drei in § 4 Abs. 1 Z 2 lit. c BVergG 2018 genannten alternativen Kriterien eine enge Verbindung mit öffentlichen Stellen zum Ausdruck. Eine solche Verbindung kann es nach der Rsp den öffentlichen Stellen nämlich ermöglichen, die Entscheidungen der betreffenden Einrichtung im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge zu beeinflussen, was die Möglichkeit mit sich bringt, dass andere als wirtschaftliche Überlegungen diese Entscheidungen leiten, und insbesondere die Gefahr, dass einheimische Bieter oder Bewerber bevorzugt werden, wodurch die Ziele der Vergaberichtlinien konterkariert werden könnten. Im Licht dieser Ziele ist daher jedes dieser Kriterien funktionell und weit auszulegen, dh unabhängig von den formellen Modalitäten seiner Anwendung, und muss so verstanden werden, dass es eine enge Verbindung mit öffentlichen Stellen schafft (EBRV 69 BlgNr XXVI. GP 24f).
Ein Weisungsrecht als umfassendes Anleitungs-, Kontroll- und Informationsrecht stellt zweifelsfrei eine Aufsicht im Sinne des § 4 Abs 1 Z 2 lit c BVergG 2018 dar (Holoubek/Fuchs in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, BVergG 2006 § 3 Rz 85). Dagegen erfüllt eine nachträgliche allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle durch eine Aufsichtsbehörde diesen Tatbestand nicht (EuGH 27.02.2003, C-373/00, Adolf Truley). Bei der Beurteilung des Tatbestands der Aufsicht über die Leitung ist eine Gesamtbetrachtung aller einschlägigen Regelungen vorzunehmen (EBRV 69 BlgNr XXVI. GP 26). Maßgeblich ist hier sohin ein „staatsnahes“ Verhältnis und die Möglichkeit der Beeinflussung der Entscheidungsfindung im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge.
Gegenständlich kann die BMK, unstrittig eine öffentliche Auftraggeberin gemäß § 4 Abs 1 Z 1 BVergG 2018, der zentralen Stelle gemäß § 14d Abs 2 Z 2 AWG unter anderem Aufträge erteilen, mit denen dieser Maßnahmen zur Behebung von Mängeln und zur Verbesserung der Erfüllung ihrer Verpflichtungen verbindlich vorgeschrieben werden.
Zu den die zentrale Stelle treffenden Verpflichtungen im Rahmen des Aufbaus und Betriebs des Einweggetränkepfandsystems in Österreich zählen ua insbesondere die Organisation und die Durchführung der Materialströme (Abfälle aus bepfandeten Einweggetränkeverpackungen aus Kunststoff und aus bepfandeten Einweggetränkeverpackungen aus Metall), wodurch sie die Organisation der Abholung und des Recyclings dieser Einweggetränkeverpackungen zu bewerkstelligen hat. Der hier verfahrensgegenständliche Beschaffungsvorgang bezüglich der Sortierdienstleistungen stellt demnach eine zentrale die Auftraggeberin in diesem Zusammenhang treffende Verpflichtung im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben dar (siehe § 8 Abs. 1 Einwegpfandverordnung sowie Punkt 4.2. der Errichtungserklärung). Der Aufsichtsrat der Auftraggeberin hat dem insofern abzuschließenden Vertrag angesichts des Volumens von über EUR 250.000,00 zuzustimmen.
Wie oben bereits dargelegt kommen der BMK die in § 14d AWG vorgesehenen Aufsichtsmaßnahmen zu, darunter insbesondere die Möglichkeit der „Erteilung von Aufträgen, mit denen Maßnahmen im Sinne von Z 1 verbindlich vorgeschrieben werden, die innerhalb angemessener Frist zu setzen und [der BMK] nachzuweisen sind“. Hinzutritt die Verpflichtung der zentralen Stelle zur Übermittlung aller „für die Aufsicht erforderlichen Unterlagen auf Verlangen“, wodurch ein „staatsnahes“ Verhältnis eindeutig zum Ausdruck kommt.
Der Gesetzgeber verfolgt mit der Festlegung des Aufsichtsrechtes über die für Material-, Geld und Datenflüsse – einzig – verantwortliche zentrale Stelle im Rahmen der AWG-Novelle Digitalisierung ausweislich der Materialien ein maßgebliches Anliegen (EBRV 2561 BlgNr XXVII. GP 1 arg. „Schwerpunkte“). Dass es sich bei den Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten lediglich um ein nachträglich zur Verfügung stehendes Instrumentarium handeln würde, kann entgegen der Ansicht der Auftraggeberin nicht erkannt werden. Vielmehr ermöglichen es die Kontrollrechte des § 14d AWG der BMK bereits im Rahmen einer laufenden Kontrolle, die Entscheidungen der Auftraggeberin im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge im Zuge des Aufbaus des Einwegpfandsystems zu beeinflussen. Eine bloß nachträgliche Möglichkeit ist schon angesichts der weitreichenden Folgen, die die zum Aufbau des Einwegpfandsystems einzutretenden Verpflichtungen, nach sich ziehen können nicht anzunehmen, zählt doch bereits der Aufbau des Einweggetränkepfandsystems zu einer der zentralen Aufgaben der Auftraggeberin. Eine erst nach Abschluss der einschlägigen Verträge wirksame Kontrolle, ließe die Möglichkeit der Aufsicht in diesem maßgeblichen Bereich geradezu ins Leere laufen. Dies kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden. Weder die verbindliche Vorgabe der Mängelbehebung noch die verbindlich zu bewerkstelligende Verbesserung der Erfüllung der die zentrale Stelle treffenden Verpflichtungen, nämlich etwa in Bezug auf den Aufbau des Einwegpfandsystems und damit auch in Bezug auf die Beschaffung der hierfür erforderlichen Leistungen setzt ein abgeschlossenes Vergabeverfahren voraus. Dem steht auch die, die zentrale Stelle gemäß § 14e Abs 3 AWG jährlich bis spätestens 1. April treffende Berichtspflicht über die Erfüllung ihrer Verpflichtungen nicht entgegen. Das Eingreifen der BMK durch Erteilung von Aufträgen ist nicht an diese Berichtspflicht gekoppelt.
Weiters findet sich keine rechtliche Grundlage, dass das BMK die in § 14d AWG normierten Aufsichtsrechte erst ab Inkrafttreten des Pfandsystems (ab 01.01.2025) ausüben werde bzw könne. § 14d AWG wurde mit BGBl I Nr 84/2024 eingefügt und ist gemäß § 91 Abs 48 AWG mit dem der Kundmachung folgenden Tag, also am 18.07.2024 in Kraft getreten und folgedessen für jene Entscheidungen, welche die Auftraggeberin danach im Sinne von nach außen in Erscheinung tretenden Entscheidungen gemäß § 2 Z 15 lit. a BVergG 2018 getroffen hat, jedenfalls beachtlich. Das hier verfahrensgegenständliche Verfahren wurde nach diesem Zeitpunkt eingeleitet, weswegen das dahingehende Vorbringen der Auftraggeberin ins Leere geht.
Schließlich ist für die Qualifizierung als „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ auch unerheblich, ob die BMK von der Möglichkeit, ihr Aufsichtsrecht auszuüben bereits Gebrauch gemacht hat.
Da die Auftraggeberin sohin hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch einen öffentlichen Auftraggeber, nämlich die BMK, welche selbst öffentliche Auftraggeberin ist, unterliegt, ist auch das Kriterium des § 4 Abs 1 Z 2 lit. c BVergG 2018 als erfüllt anzusehen.
Wenn die Auftraggeberin darauf verweist, dass die Erläuterungen des Verordnungsgebers zur Einwegpfandverordnung den Verordnungsentwurf betreffen würden und nicht die überarbeitete Fassung des § 8 der Einwegpfandverordnung, so ist sie darauf zu verweisen, dass 1. sich die Erfüllung des Kriteriums des § 4 Abs 1 2 lit. s BVergG 2018, wie dargelegt, ohnehin aus dem Gesetz (AWG) ableitet und 2. erläuternde Bemerkungen grundsätzlich als Hinweis auf die Interpretation des Gesetzes bzw der Verordnung angesehen werden können (ua VwGH 26.09.2024, Ro 2024/01/0003). Fallkonkret kommt ein von den Erläuterungen abweichender Wille des Verordnungsgebers, dass es sich nämlich bei der zentralen Stelle nicht um eine Einrichtung des öffentlichen Rechts gemäß § 4 Abs 1 Z 2 BvergG 2018 und damit um eine öffentliche Auftraggeberin handeln würde, in der Einwegpfandverordnung auch nicht zum Ausdruck. Allein das Streichen des Satzes „Die zentrale Stelle gilt als öffentlicher Auftraggeber“ führt nicht zu einem gegenteiligen Ergebnis. Es bleibt sohin dabei, dass die Erläuterungen die rechtliche Einordnung der zentralen Stelle als öffentliche Auftraggeberin vor dem Hintergrund der gesetzlich determinierten Aufsicht über die Leitung der zentralen Stelle durch die BMK, losgelöst vom prozentuellen Verhältnis der Vertretung im Aufsichtsrat, unterstützen.
Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 ist sohin die EWP Recycling Pfand Österreich gGmbH, Schönbrunner Schloßstraße 2/601, 1120 Wien. Diese ist als Einrichtung des öffentlichen Rechts öffentliche Auftraggeberin gemäß § 4 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 (siehe bereits BVwG 21.10.2024, W134 2298339-2/30E). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich gemäß § 7 BVergG 2018 um einen Dienstleistungsauftrag. Der geschätzte Auftragswert liegt über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 3 BVergG 2018, sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des Bundesvergabegesetzes 2018. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend §§ 327 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG ist sohin gegeben.
Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 334 Abs 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen eines Auftraggebers zuständig.
3.2.2. Antragslegitimation der ASt
Soweit die AG ausführt, der ASt mangle es an der Antragslegitimation, da es ihr an technischer Leistungsfähigkeit und wirtschaftlicher Kapazität mangle, ist auszuführen, dass sich der Antrag der ASt nicht gegen die bereits bestandsfeste Vergabe der Sortierleistungen betreffend der sieben östlichsten Bundesländer richtet. Der Antrag richtet sich nur gegen jene Sortiermengen aus Tirol und Vorarlberg, welche im Rahmen der Ex-Ante Bekanntmachung vergeben werden sollten. Es ist nicht ersichtlich, dass die ASt technisch oder wirtschaftlich nicht in der Lage sei die Sortiermengen aus Tirol und Vorarlberg zu verarbeiten. Die Behauptung der ASt zu ihrer Leistungsfähigkeit bzgl. der relevanten Menge an Sortiermengen sowie zu dem ihr drohenden Schaden ist plausibel (VwGH 29.1.2018, Ra 2016/04/0005).
3.3. Zu A) Zur Stattgabe des Antrages
3.3.1. Wesentliche Veränderung der Rahmenvereinbarung
Eine Änderung ist gem. § 365 Abs. 2 Z 1 lit. c als wesentliche Änderung anzusehen, wenn mit der Änderung Bedingungen eingeführt werden, die, wenn sie für das ursprüngliche Vergabeverfahren gegolten hätten das Interesse weiterer Teilnehmer am Vergabeverfahren geweckt hätten. Eine Änderung ist dann nicht wesentlich, wenn sie in den Bestimmungen des ursprünglichen Auftrags eingeplant war (EuGH 07.09.2016, C-549/14, Finn Frogne). Es wurde bei der Ausschreibung „Totalunternehmer: Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur“ nicht geplant die Verarbeitung der „Westmengen“ zu vergeben. Im vorliegenden Fall wäre bei der Berücksichtigung Westösterreichs daher jedenfalls ein anderer Bieterkreis (bspw. die ASt als Teil einer Bietergemeinschaft) angesprochen worden. Die Sortierleistungen der „Westmengen“ waren in den Bestimmungen des ursprünglichen Auftrags nicht eingeplant. Ein Abruf bzw eine Vergabe der „Westmengen“ aus der Rahmenvereinbarung „Totalunternehmer: Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur“ ist daher rechtswidrig.
Die ASt bringt vor, dass die die „Westmengen“ betreffenden Leistungen nicht von der Ausschreibung „Totalunternehmer: Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur“ umfasst seien. Die AG habe in der verfahrenseinleitenden Bekanntmachung vom 11.10.2023 (GZ OJ S196/2023 613908-2023) die Erbringung der abrufgegenständlichen Leistungen auf das Gebiet „Ostösterreich" eingeschränkt und zwar auf Salzburg, Oberösterreich, Niederösterreich, Steiermark, Kärnten, Burgenland und Wien. Bzgl. des EU-weit bekanntgemachten (bieterkreisrelevanten) Ausschreibungsgebietes ändere auch die am 07.11.2023 (veröffentlicht am 10.11.2023) erfolgte Berichtigung der Ausschreibungsunterlagen nichts, wonach das Einzugsgebiet der Sortieranlange „indikativ“ sei und die Herkunft des Sortierguts sich verschieben oder gänzlich ändern könne. Die AG habe damit eine wesentliche Änderung des Vertrages vorgenommen, welche einen anderen Bieterkreis anspreche.
Indem die AG erklärte das Leistungsgebiet sei „indikativ“, hat sie nicht festgelegt, dass auch die gesamten Sortiermengen Österreichs vom Vergabegegenstand umfasst sind. Der Begriff „indikativ“ ist unklar und vage und stellt die Möglichkeit einer willkürlichen Veränderung bzw. Verschiebung der Herkunft des Sortierguts in einer beliebigen Größenordnung dar. Die AG betonte, dass es bei der Bearbeitung des Sortierguts nicht auf dessen Herkunft ankomme, sondern die Menge relevant sei, welche bearbeitet werde. Dies steht allerdings klar im Widerspruch zu den sonstigen Angaben der Ausschreibungsunterlagen. Insbesondere die Angabe Ostösterreichs als Erfüllungsort sowie die Festlegung des Nullpunkts in der Gemeinde Gumpoldskirchen, Bezirk Mödling, schadet der Behauptung, dass es der AG bei der Vergabe „Totalunternehmer: Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur“ nicht auf die Herkunft der Sortiermengen ankomme. Den Ausschreibungsunterlagen ist jedoch eindeutig zu entnehmen, dass es Ziel der Ausschreibung war, das Sortiergut der sieben östlichsten Bundesländer zu sortieren. Auch die damals parallellaufende Vergabe der „Westmengen“ bestätigt dies.
Sollte die Herkunft der Sortiermengen auch nicht relevant sein, sondern wie von der AG vorgebracht nur die Menge, wäre auch ein Heranziehen eines Nullpunkts in den Ausschreibungsbedingungen nicht notwendig. Der ermittele Nullpunkt hängt vom Einzugsgebiet der Sortiermengen ab. Die AG kann daher nicht einerseits den vom Einzugsgebiet bestimmten Nullpunkt als Auswahlkriterium heranziehen und andererseits behaupten die Herkunft der Sortiermengen sei irrelevant für die Vergabe. Die Herkunft der Sortiermengen ist daher relevant, die „Westmengen“ sind nicht von der Vergabe „Totalunternehmer: Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur“ umfasst.
Unabhängig davon, wie weit der tatsächliche Nullpunkt von jenem Punkt entfernt ist, welcher in den Ausschreibungsunterlagen als Nullpunkt angegeben wurde (Gumpoldskirchen), ist der in den Ausschreibungsunterlagen angegebene Nullpunkt zudem dazu geeignet einen anderen Bieterkreis anzusprechen. Die jeweilige Entfernung eines Bewerbers von diesem logistischen Punkt ist für die Auswahl maßgeblich. Vor allem in Zusammenschau mit der NUTS-Code-Angabe und den Leistungsortsangaben der Leistungsbeschreibung, würde ein anderer Leistungsort einen anderen Bieterkreis ansprechen. Ebenfalls ist dem durch die AG angegebenen Nullpunkt und der anschließenden neu errechneten und nachgereichten Verschiebung zu entnehmen, dass die Sortiermengen aus Westösterreich ursprünglich nicht eingeplant waren.
Auch der von der AG angegebene NUTS-Code gibt als Erfüllungsort „AT1 Ostösterreich“ an. Der NUTS-Code „AT1 Ostösterreich“ umfasst die drei Bundesländer Wien, Niederösterreich und Burgenland.
Die Angabe des NUTS-Codes ist in der Vorinformation und in der Auftragsbekanntmachung für den Haupterfüllungsort für Lieferungen und Leistungen bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen ist bei Vergabeverfahren in der Oberschwelle anzugeben (BVergG Anhang VI, Teil B, Z 6; Teil C, Z 6). Der NUTS-Code wird eingesetzt um Dienstleistungen regional eindeutig zuordnen zu können und es somit potenziellen Bietern zu ermöglichen öffentliche Aufträge in für sie relevanten Regionen zu finden. Eine nachträgliche Erweiterung wie im gegenständlichen Fall stellt daher eine wesentliche Änderung des Vertrags dar.
Die AG gab an in den Ausschreibungsunterlagen (unverändert in der Fassung vom 07.11.2023) an, dass in den angegebenen Mengen auch die Mengen des Einzugsgebietes West (ca. 15% der Gesamtmenge) enthalten sind, welche im Falle eines länger dauernden Betriebsausfalles des Handlingcenters West temporär im gegenständlichen Handlingcenter Ost mitsortiert werden (Teil A, Punkt 1.1.2.1). Aus den Unterlagen ist daher klar zu entnehmen, dass ein Handlingcenter West von Anfang an geplant war. Auch nach der Änderung am 07.11.2013, wonach das Einzugsgebiet „indikativ“ ist, sind die geplanten Sortiermengen unter Punkt 1.1.2.4.2.2.2. unverändert geblieben. Dass in den AU die Gesamtmenge „Österreichs“ von Beginn an einplant war, widerspricht dem nicht. Die AU verweisen explizit auf Ausfälle des Handlingcenters West und laut AU wurde ein „Puffer“ von 10% berücksichtigt. Eine Verarbeitung der Sortiergüter aus Tirol und Vorarlberg war nicht von Anfang an geplant und eine solche Möglichkeit wurde auch nicht durch die Veränderung der Unterlagen am 07.11.2023 bewirkt.
Eine Berücksichtigung der Sortiermengen für Notfälle wie einen längerdauernden Ausfall der Anlage in Westösterreich umfasst auch nicht die Vergabe der „Westmengen“. Eine langfristige Bearbeitung der „Westmengen“ ist jedenfalls nicht vom Umfang der Rahmenvereinbarung vom 10.09.2024 umfasst. Die „ex-ante“-Transparenzbekanntmachung war daher nicht vom Umfang der Rahmenvereinbarung gedeckt, daher handelt es sich hier um eine Vergabe ohne vorherige Bekanntmachung. Sofern die AG sich auf ihr Ausfallskonzept für die Vergabe der „Westmengen“ beruft ist darauf hinzuweisen, dass für die Initiierung eines Ausfallskonzepts eine Anlage vorhanden sein muss, welche ausfallen könnte. Insofern ist auch das Bestehen (und der Ausfall) eines Handlingscenters West eine Bedingung, welche für die Ausfallsbearbeitung durch das Handlingcenter Ost gegeben sein muss. Diese Bedingung ist jedoch auch nicht eingetreten.
Dem Vorbringen der AG, dass sämtliche Einwendungen der ASt davon abhängen, ob die ASt tatsächlich über die AU verfügt habe und dies nicht möglich sei, da der Download durch die ASt nicht aufscheine und eine Weitergabe durch Dritte erfolgen hätte müssen, ist nicht relevant. Im vorliegenden Fall ist nochmals darauf zu verweisen, dass einem Unternehmer nicht auferlegt werden kann, sich an einem (zweistufigen) Vergabeverfahren zu beteiligen, nur um sicherzugehen, dass er von einer allfälligen nachträglichen Änderung des Leistungsgegenstandes Kenntnis erhält (VwGH 11.05.2017, Ra 2016/04/0048). Die Beschreibung der Beschaffung gab an, die Leistung sei „für die Region „Salzburg, Oberösterreich, Niederösterreich, Steiermark, Kärnten, Burgenland, Wien“. Insofern kann der ASt mit einem Fokus auf „Westösterreich“ und der diesbzgl. Ausschreibung zu Recht nicht auferlegt werden an der Vergabe „Totalunternehmer: Betrieb einer Sortier- und Zählanlage und Bereitstellung von Infrastruktur“ teilzunehmen. nur um sicherzugehen, dass sie von einer allfälligen nachträglichen Änderung des Leistungsgegenstandes Kenntnis erhält.
Der Wert des um „Westmengen“ erweiterten Vertragsteils iHv mindestens 3.750 Tonnen pro Jahr überschreitet den für Dienstleistungsaufträge festgelegten Schwellenwert von EUR 221.000,00, weshalb jedenfalls nicht ein „Bagatell"-Fall gemäß § 365 Abs 3 Z 1 BVergG vorliegt.
3.4.
Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.
B) Revision:
Gem. § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhing, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Weder wich die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlte es an einer Rechtsprechung; weiters war die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch lagen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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