BFA-VG §22a Abs3
BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z2
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:G307.2293700.1.00
Spruch:
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 17.06.2024 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES
Im Namen der republik!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Tunesien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen Gesellschaft mbH (BBU) in 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX , vom XXXX .2024, Zahl XXXX sowie die Anhaltung in Schubhaft ab dem XXXX .2024, 07:57 Uhr, nach mündlicher Verhandlung am 17.06.2024, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Es wird festgestellt, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zulässig ist.
III. Die Beschwerde führende Partei hat dem Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) Aufwendungen in Höhe 887,20 Euro (Vorlageaufwand, Schriftsatzaufwand und Verhandlungsaufwand) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Der Antrag der Beschwerde führenden Partei auf Gewährung von Verfahrenshilfe in Form der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte am XXXX .2022 seinen ersten Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes. Nachdem dieser mit Bescheid vom XXXX .2023 vollinhaltlich abgewiesen und einer dagegen erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt worden war, wurde die wider diesen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.02.2024 als unbegründet abgewiesen. Dagegen erhob der BF Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher dieser mit Beschluss vom 02.04.2024, GZ: E 955/2024-5, die aufschiebende Wirkung zuerkannte.
2. Im Zuge seiner am XXXX .2024 und auf § 34 Abs. 3 Z. 1 BFA-VG gestützten Festnahme stellte der BF am XXXX .2024 seinen zweiten Asylantrag.
3. Mit Urteil des LG XXXX vom XXXX .2024, Zahl XXXX , wurde der BF wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt, schwerer Körperverletzung und schwerer Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 12 Monaten, davon drei Monate unbedingt, verurteilt.
4. Mit dem im Spruch bekämpften Bescheid vom XXXX .2024 wurde gegenüber dem BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf (Gewährung) internationalen Schutz(es) die Schubhaft verhängt. Dieser wurde mittlerweile in die Tat umgesetzt, indem der BF am XXXX .2024 aus der Strafhaft entlassen und in Schubhaft genommen wurde. Gegen diesen Bescheid und die daran angeschlossene Anhaltung erhob der BF durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung mit Schreiben vom 14.06.2024 Beschwerde.
Darin wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit zu beheben, eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des BF zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchzuführen, auszusprechen, dass die Anhaltung in Schubhaft seit XXXX .2024 in rechtswidriger Weise erfolgt sei und im Rahmen einer „Habeas Corpus Prüfung“ auszusprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorlägen.
Dem Bundesamt wurde am 14.06.2024 Mitteilung über die eingelangte Beschwerde gemacht und zugleich die diesbezüglichen Aktenbestandteile angefordert. Diese langten samt einer Stellungnahme am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein.
5. Am 17.06.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG), Außenstelle Graz, eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF und seine RV sowie zwei Behördenvertreter (via Videokonferenz) teilnahmen, die Lebensgefährtin (LG) des BF als Zeugin befragt sowie ein Dolmetscher der Sprache Arabisch beigezogen wurde. In deren Rahmen wurde die gegenständliche Entscheidung mündlich verkündet.
6. Mit Schreiben vom 14.02.2024 beantragte die RV des BF die schriftliche Ausfertigung dieser Entscheidung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität, ist tunesischer Staatsbürger, ledig, seit Juni 2023 mit der am XXXX geborenen XXXX liiert, lebte bis zu seiner Festnahme am XXXX .2024 mit ihr zusammen im Haushalt und erwarten beide im August 2024 ihr erstes gemeinsames Kind.
Er reiste spätestens am XXXX .2022 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag seinen ersten Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes. Nachdem gegen den diesbezüglich in allen Spruchpunkten negativ lautenden Bescheid Beschwerde erhoben worden war und diese vom BVwG mit Erkenntnis vom 06.02.2024, Zahl I417 2275268-1 als unbegründet abgewiesen wurde, erkannte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 02.04.2024, Zahl E 955/2024-5 die aufschiebende Wirkung zu.
Am XXXX .2024 stellte der BF einen zweiten Asylantrag. Dieses Verfahren ist derzeit wegen des ungewissen Ausgangs des vorhin erwähnten Verfahrens unterbrochen.
1.2. Der BF war vom 01.08.2023 bis 31.01.2024 in der Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft als selbständig angemeldet, es liegen jedoch nicht bezahlte Beiträge gegenüber dem öffentlichen Versicherungsträger in unbekannter Höhe vor.
1.3. Der BF besitzt aktuell (Stand: 24.06.2024) Barmittel in der Höhe von € 20,16 und verfügt über kein regelmäßiges Einkommen.
1.4. Am 11.03.2024 suchten der BF und dessen Lebensgefährtin (LG) das Standesamt XXXX auf, um seine werdende Vaterschaft anzuzeigen, wobei er unter anderem eine Kopie seines tunesischen Reisepasses, seine Geburtsurkunde und seinen Staatsbürgerschaftsnachweis vorlegte. Demgegenüber gab der BF in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 09.06.2024 an, er habe seinen Pass in Serbien verloren.
1.5. Gegen die Person des BF wurde zu GZ XXXX von Seiten des BFA XXXX , Außenstelle XXXX , am XXXX .2024 die Festnahme gemäß § 40 BFA-VG angeordnet, welche am darauffolgenden Tag – wie unter II.1.7. geschildert – vollzogen wurde. Der Festnahme versuchte sich der BF in der unter II.1.6. geschilderten Weise zu entziehen.
1.6. Der BF wurde am 30.12.2023 von Beamten der Landespolizeidirektion XXXX wegen Verdachts von am XXXX .2022 (zum Nachteil der XXXX ) und XXXX .2023 (zum Nachteil der XXXX ) begangenen Diebstählen an die Staatsanwaltschaft XXXX angezeigt. Ferner wurde er von der Polizeiinspektion XXXX wegen des Verdachts der Begehung einer schweren Körperverletzung (Vorfallszeitpunkt: XXXX .2023) an die StA XXXX angezeigt. Alle drei Verfahren wurden eingestellt, das erste gemäß § 190 Z 2, das zweite gemäß § 191 StPO.
1.7. Der BF wurde vom Landesgericht XXXX zu XXXX , vom XXXX .2024, in Rechtskraft erwachsen am selben Tag, wegen versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB, schwerer Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB und schwerer Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z 5 StGB zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 12 Monaten verurteilt, wovon 9 Monate bedingt, unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren ausgesprochen wurden.
Darin wurde der BF für schuldig befunden, er habe am XXXX .2023 in XXXX
I. nachgenannte Beamte mit Gewalt an nachangeführten Amtshandlungen zu hindern versucht, und zwar
1. RI XXXX , Insp XXXX , Insp XXXX , RI XXXX und Asp XXXX der PI XXXX FGP sowie RI XXXX , Insp XXXX und Insp XXXX der PI XXXX XXXX an seiner Festnahme gemäß § 40 BFA-VG [Festnahmeauftrag des BFA XXXX , Außenstelle XXXX zu GZ XXXX vom XXXX .2024 (ON 2.28)] und in weiterer Folge gemäß § 170 Abs 1 Z 1 iVm § 171 Abs 2 Z 1 StPO durch Verspannen, Losreißen, Um-sich-Schlagen, Versetzen von Ellbogenstößen, heftiges Herauswinden, Zwicken, Kratzen, Ziehen an der Kleidung und Zusammendrücken von Körperstellen der Beamten sowie Greifen auf die Dienstwaffe des RI XXXX , wodurch diese zu Boden fiel, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil es den Beamten schließlich mit vereinten Kräften gelang, den Beschuldigten in Bauchlage am Boden zu fixieren, ihm die Handfesseln am Rücken sowie die Fußfesseln anzulegen, ihn zum Dienstfahrzeug zu tragen und ins Fahrzeug zu setzen,
2. RI XXXX , RI XXXX und Asp XXXX der PI XXXX FGP sowie Insp XXXX der PI XXXX an der Aufrechterhaltung der Festnahme gemäß § 170 Abs 1 Z 1 iVm § 171 Abs 2 Z 1 StPO, indem er mehrmals in Richtung der Beamten trat, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil der Beschuldigte nach wie vor mittels Hand- und Fußfesseln fixiert war;
II. durch die zu I.1. angeführte Tathandlung die Beamten RI XXXX und Insp XXXX während der Vollziehung ihrer Aufgaben vorsätzlich am Körper verletzt (Cont. grav. gen. dext. cum Hydrops und Distorsio articulatio DIP Dig III u. IV sin. [ON 2.8] bei Insp XXXX ; Cont. Col. vert. lumb., Cont. man. sin. Cum abrasio, Cont. Gen. sin. cum abrasio bei RI XXXX [ON 2.9]);
III. fremde Sachen, die teils einen wesentlichen Bestandteil der kritischen Infrastruktur (§ 74 Abs 1 Z 11), nämlich der öffentlichen Sicherheit, darstellen, beschädigt und unbrauchbar gemacht, und zwar
1. die Daunenjacke der Marke Adidas des Insp XXXX , indem er diese durch die zu I.1. angeführte Tathandlung seitlich aufriss (Schaden zum Nachteil des Insp XXXX in der Höhe von EUR 300,00),
2. das Dienstfahrzeug VW Transporter, grün, mit dem behördlichen Kennzeichen XXXX , indem er seinen Kopf mehrmals gegen die Seitenscheibe der rechten hinteren Schiebetüre des Dienstfahrzeuges schlug, wodurch die Scheibe brach und das Fahrzeug nicht mehr einsatzbereit war (Schaden zum Nachteil der Republik Österreich in der Höhe von EUR 1.594,62),
3. die Korrekturzelle der PI XXXX , indem er die Gummimatte am Boden der Zelle zerriss, versuchte, den Gummibezug in Streifen zu reißen, und die Metallabdeckung der WC-Spülung sowie die dahinterliegende Verkabelung aus der Wand riss, wodurch die Zelle nicht mehr benutzt werden konnte (Schaden zum Nachteil der Republik Österreich in unbekannter Höhe).
Als mildernd wurden das Geständnis, der bisher ordentliche Lebenswandel, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, als erschwerend die Massivität des Widerstandes sowie das Zusammentreffen mehrerer Vergehen gewertet.
Es wird festgestellt, dass der BF die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt und die erwähnten Taten begangen hat.
Der BF wurde am XXXX .2024 festgenommen und am XXXX .2023 wieder aus der Strafhaft entlassen.
1.8. Dem (vormaligen) Rechtsvertreter des BF wurde am 22.05.2024 im Rahmen einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme (VEB) Parteiengehör zur beabsichtigten Erlassung der Schubhaft zugestellt und dazu eine 14tägige Frist ab Erhalt dieses Schreibens eingeräumt. Dieses blieb jedoch unbeantwortet. Am XXXX .2024 wurde sodann mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid die Schubhaft gegenüber dem BF verhängt, welche am XXXX .2024 vollzogen wurde.
1.9. Der BF besitzt keinen zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigenden Aufenthaltstitel.
1.10. Durchschnittlich nimmt die Ausstellung eines HRZ für Tunesien in der Regel zwischen 4 bis 6 Monaten in Anspruch. Am 13.06.2024 fanden Gespräche zwischen Vertretern des BMI und dem tunesischen Botschafter statt. Dieser sicherte dem BMI eine höhere Zahl von HRZ-Ausstellungen für die Zukunft zu.
Die letzte begleitete Abschiebung nach Tunesien fand am 30.05.2024 statt, 2023 gab es 11 und 2024 4 Abschiebungen dorthin.
1.11. Verfahren vor dem VfGH, welche Asylangelegenheiten betreffen, dauern im Schnitt 88 Tage.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Zu den Feststellungen:
Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund des vorliegenden Aktes und der mündlichen Verhandlung durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.
2.2.1. Zur Person des BF:
Die Identität des BF steht anhand seiner vorgelegten Geburtsurkunde, seines Staatsbürgerschaftsnachweises und der Kopie des Reisepasses fest.
2.2.2. Zum restlichen Akteninhalt:
Die Einreise des BF wie die sodann erfolgte/n Asylantragstellung/en ergeben sich aus der Beschwerdevorlage vom 17.06.2024 und dem Datenbestand des zentralen Fremdenregisters (IZR). Im IRZ spiegelt sich auch die fehlende Existenz einer – wie auch immer gearteten – Aufenthaltsberechtigung des BF wieder.
Die Anmeldung zur Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft erschließt sich aus dem Inhalt des auf den Namen des BF lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges, dem auch Rückstände bei den Beitragszahlungen in unbekannter Höhe zu entnehmen sind.
Die Verurteilung folgt dem Inhalt des auf die Person des BF lautenden Auszuges aus dem Strafregister wie der im Akt einliegenden Urteilsausfertigung (Oz 14).
Die Beziehung mit XXXX , deren Beginn, die gemeinsame Haushaltsführung wie dem Umstand, dass der BF der Vater des noch ungeborenen Kindes beider ist, ergeben sich aus den übereinstimmenden Angaben des BF und der einvernommenen Zeugin in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht.
Dass der BF und dessen LG vor dem Standesamt XXXX bezüglich der werdenden Vaterschaft vorgesprochen und die unter II.1.4. erwähnten Dokumente vorgelegt haben, ist aus dem dem Verwaltungsgericht diesbezüglich übermittelten Schriftverkehr des BFA mit dem dortigen Standesamt (Oz 15) ersichtlich.
Der unter II.1.5. genannte Festnahmeauftrag spiegelt sich sowohl in der Beschwerdevorlage als auch im besagten Urteil des LG XXXX wieder.
Die unter II.1.6. angeführten Anzeigen wegen des dort angeführten Tatverdachts und der diesbezügliche Verfahrensausgang sind ebenso der Beschwerdevorlage zu entnehmen.
Verfahrensstand und Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zum ersten wie der Stand des aktuellen Verfahrens betreffend Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes ergeben sich aus dem zu I417 2275268-1 geführten Verfahren (Oz 23)
Die unbeantwortet gebliebene Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme, die Rückführungsstatistik- und –modalitäten in Bezug auf Tunesien sind der Beschwerdevorlage zu entnehmen, wobei der BF in der mündlichen Verhandlung den Grund für die fehlende Antwort auf das ihm zugegangene Parteiengehör nicht erklären konnte.
Dass der BF die Fremdenbehörde über die Existenz seines Reisepasses getäuscht hat, ist unmissverständlich der Vorlage seines Reisepasses beim Standesamt XXXX zu entnehmen (Foto Oz 15). Der BF zeigte sich (auch) vor dem erkennenden Gericht im Hinblick auf den angeblichen Verlust des Passes nicht glaubwürdig, in dem er zu Protokoll gab, er habe vor dem Standesamt lediglich seine Geburtsurkunde, seinen Staatsbürgerschaftsnachweis und die besagte Verlustanzeige vorgelegt.
Die dem BF zur Verfügung stehenden Barmittel zum oben angeführten Stichtag (II.I.5.) folgen dem Inhalt des Referentenportals/Vollzugsdateninformation.
Die Dauer von Verfahren vor dem VfGH betreffend Asylangelegenheiten (88 Tage) ist der in der Beschwerdevorlage wiedergegebenen dahingehenden Statistik zu entnehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit:
3.1.1. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), lautet:
§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."
Das BVwG ist nach § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
3.1.2. Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
10. (4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
3.1.3. Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:
§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
3.1.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.
Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647). Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 2 FPG).
Dabei ist es allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138). Schubhaft erfordert nämlich keine Gewissheit darüber, dass es letztlich zu einer Abschiebung kommen könnte. Sie muss sich nach Lage des Falles bloß mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als möglich darstellen (VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann (vgl. zum Grad der sozialen Verankerung in Österreich VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498).
3.1.5. Der mit „Entscheidungen“ betitelte § 22 AsylG lautet:
(1) Abweichend von § 73 Abs. 1 AVG ist über einen Antrag auf internationalen Schutz längstens binnen 15 Monaten zu entscheiden.
(Anm.: Abs. 2 bis Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(6) Verfahren über Anträge auf internationalen Schutz sind, wenn sich der Asylwerber in Schubhaft befindet, je nach Stand des Verfahrens vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht vordringlich zu behandeln. Diese Fälle sind schnellstmöglich, längstens jedoch binnen je drei Monaten zu entscheiden. Wird der Asylwerber während des Verfahrens, aber vor Ablauf der jeweiligen Entscheidungsfrist, aus der Schubhaft entlassen, sind die Verfahren nach der Frist des § 73 Abs. 1 AVG zu Ende zu führen; § 27 bleibt unberührt.
(7) Das Bundesamt und das Bundesverwaltungsgericht haben die zuständige Landespolizeidirektion über die Durchsetzbarkeit von Entscheidungen im Flughafenverfahren zu verständigen.
(8) Kommt die Richtlinie 2001/55/EG über vorübergehenden Schutz im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastung, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten zur Anwendung oder wird eine Verordnung gemäß § 62 erlassen, ist der Fristenlauf von Verfahren Betroffener nach diesem Bundesgesetz für die Dauer des vorübergehenden Schutzes gehemmt.
(Anm.: Abs. 9 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
(Anm.: Abs. 11 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(Anm.: Abs. 12 aufgehoben durch VfGH, BGBl. I Nr. 10/2016)
(Anm.: Abs. 13 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
3.1.6. Die Beschwerde wandte sich gegen die am XXXX .2024 ausgesprochene und seit XXXX .2024 laufende Schubhaft.
3.2. Aus dem vorliegenden Sachverhalt ergibt sich:
3.2.1. Gegenständlich ist die Zulässigkeit der Schubhaft am Maßstab des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zu beurteilen. Gemäß dieser Bestimmung darf Schubhaft nur angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 FPG gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist.
Demnach müssen die im letzten Teilsatz der zitierten Norm angeführten Bedingungen kumulativ vorliegen.
Was die erste Voraussetzung betrifft, so ist dem BF sehr wohl ein im Lichte des § 67 FPG gesetztes Verhalten zu attestieren. So hat er, bereits in Gewahrsam befindlich, bewusst die Scheibe eines Dienstfahrzeuges der Polizei beschädigt, zwei Exekutivbeamte verletzt und damit das Delikt des Widerstandes gegen die Staatsgewalt gesetzt, wofür er auch rechtskräftig verurteilt wurde. Auch sein Vorverhalten deutet auf eine Gefahr iSd § 67 FPG hin, weil zumindest der Einstellungstatbestand des § 191 StPO nicht selbstredend bedeutet, der BF habe die mit Strafe bedrohte Handlung nicht begangen, sondern erfolgte die Einstellung nur wegen Geringfügigkeit. Dieses Handeln begründet in Summe eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, zumal den Teil der Verurteilung bildende Tat gegen ein öffentliches Organ gerichtet war, der BF sich nicht unter Kontrolle und einen Schaden zur Folge hatte, das Verhalten des BF wie die Verurteilung erst kurz zurückliegen und er in Ansehung seines unsicheren Aufenthaltsstatus, wie der Geburt seines Kindes umso umsichtiger hätte agieren müssen. Zu berücksichtigen wäre hier ferner seine erst kurze Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet und die ansonsten unzureichende Integration iSd § 9 BFA-VG.
Dem BF kann zwar nicht unterstellt werden, er habe sich im Verborgenen gehalten, weil er bis zum Zeitpunkt seiner Festnahme mit seiner Lebensgefährtin im gemeinsamen Haushalt wohnte und an deren Anschrift gemeldet war. Er verschleierte jedoch die Existenz seines Reisepasses, widersetzte sich einer Festnahme nach dem BFA-VG, wurde straffällig und kam seiner ursprünglichen Ausreiseverpflichtung nicht nach. All diese Verhaltensweisen deuten auf die Existenz erheblicher Fluchtgefahr hin.
Der BF unterlässt es nach wie vor, seinen Reisepass der Behörde zur Verfügung zu stellen. Auf die dahingehende, in der Verhandlung gestellte Frage, antwortete der BF, er habe seinen Reisepass bereits in Serbien verloren und bei der tunesischen Botschaft eine Verlustanzeige erstattet. Weshalb dann dem Standesamt XXXX eine Kopie dieses Dokuments vorlag, blieb und bleibt weiter im Dunkeln. Somit war das BFA angehalten, für den BF ein Verfahren zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments einzuleiten. Mangels Vorliegens eines Reisepasses bzw. der Verweigerung der Vorlage des Reisepasses fiele der BF grundsätzlich unter die Bestimmung des § 80 Abs. 4 Z 1 FPG. Da er jedoch neuerlich einen Asylantrag gestellt hat und sich zudem noch in einem solchen Verfahren befindet, beträgt die höchstzulässige Schubhaftdauer des BF, aufgrund der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den VfGH am 02.04.2024 sowie des Asylfolgeantrages am XXXX .2024, insgesamt 10 Monate.
Der Beschluss des VfGH auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung begründet die Verpflichtung der betreffenden Behörde, den Vollzug des angefochtenen Aktes aufzuschieben und die hierzu erforderlichen Verfügungen zu treffen (§ 85 Abs 3 VfGG; VfSlg 6215, 7433, 8348). Er wirkt aber nur „pro futuro“ (unrichtig daher VfSlg 15.508). Das bedeutet, dass der angefochtene Akt vorläufig keine Rechtswirkungen zu äußern vermag (VfSlg 6192; VfGH 27. 2. 1996, B 396/96; VfSlg 15.574; vgl auch VwGH 9. 3. 1995, 93/18/0350); es haben nach der ständigen Judikatur des VfGH daher alle verwaltungsbehördlichen Maßnahmen zu unterbleiben, die der „Verwirklichung des Bescheides im weiteren Sinn“ (VfSlg 7433) dienen bzw der Entscheidung des VfGH über die Beschwerde vorgriffen (VfSlg 6215, 7849, 8208, 8348; VfGH 15. 9. 1993, B 970/93).
Berechtigungen, die durch den angefochtenen Akt eingeräumt werden, dürfen nicht ausgeübt werden. Damit ist ein Schwebezustand verbunden (VfGH 26. 2. 2015, E 231/2015). Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entfaltet nur Wirkungen für die Dauer des verfassungsgerichtlichen Verfahrens (VfGH 24. 2. 1983, B 179/78).
Ebenso wie der VwGH (vgl VwSlgNF 9248 A; VwGH 29. 11. 1989, 89/07/0047) vertritt auch der VfGH die Auffassung, dass durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dem Beschwerdeführer keine bessere Rechtsposition eingeräumt werden könne als jene, die er vor Erlassung des angefochtenen Aktes gehabt habe, bzw. die er im Falle einer allfälligen Aufhebung besäße (VfGH 26. 4. 1993, B 653/93; 28. 12. 1995, B 3766/95; 8. 2. 1996, B 441/96; 18. 3. 1996, B 943/96; 22. 12. 1998, B 2102/98; 28. 10. 1999, B 1710/99; 22. 3. 2011, B 355/11; 22. 7. 2014, E 890/2014; 14. 1. 2015, E 58/2015).
Die Erhebung einer VfGH-Beschwerde hindert – auch wenn ihr die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird – nicht den Eintritt der formellen Rechtskraft des angefochtenen Aktes (VfSlg 8505 sowie Muzak, B-VG6 § 85 VfGG).
Das aktuell geführte Asylverfahren ist noch nicht abgeschlossen und – wie bereits erwähnt –das erste vor dem VfGH geführte Verfahren noch anhängig. Demgemäß kommt die in § 80 Abs. 5 FPG normierte 10monatige Höchstdauer für die Anhaltung in Schubhaft zum Tragen und nicht die von der RV eingewandte 6monatige Dauer. Was die durchschnittliche Verfahrensdauer für Verfahren vor dem VfGH betrifft, welche Asylangelegenheiten betreffen, so ist dem – Bestandteil der Beschwerdevorlage bildenden – Tätigkeitsbericht des VfGH zwar zu entnehmen, dass die dort erwähnte 88tägige Verfahrensdauer die Zeitspanne zwischen Vorlage der Beschwerde und das Verfahrensende betrifft. Dies tut aber gegenständlich nichts zur Sache, weil das Beschwerdeverfahren betreffend den BF erst seit 14.03.2024 dort anhängig ist. Selbst bei einer die 88 Tage überschreitenden Verfahrensdauer – diese war im Zeitpunkt der mündlichen Verkündung im Übrigen noch nicht „ausgeschöpft“ – ist hervorzuheben, dass die Schubhaft erst 5 Tage (Stichtag: XXXX .2024) dauert, dem Bundesamt 10 Monate „zur Verfügung stehen“, um den BF anzuhalten und sich zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte ergeben, dass die Dauer der Schubhaft zur Gänze ausgereizt werden müsste. Angemerkt sei an dieser Stelle noch, dass die RV des BF somit irrig von einer aktuell mehr als 9monatigen Verfahrensdauer vor dem VfGH ausgeht.
Gemäß § 12 AsylG kommt dem BF grundsätzlich bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung faktischer Abschiebeschutz zu. Dieser Schutz führt im Ergebnis dazu, dass der Betroffene im Bundesgebiet bis zum rechtskräftigen Abschluss seines Verfahrens geduldet ist und in dieser Zeit nicht zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden darf. Der mit der Dauer des Verfahrens begrenzte Abschiebeschutz betrifft somit nur die Durchsetzbarkeit einer Ausweisungsentscheidung, nicht aber die Erlassung einer solchen selbst (siehe AsylGH 10. 1. 2011, A5 416001–1/2010. (vgl. Szymanski in Schrefler- König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 12 AsylG 2005 (Stand 1.3.2022, rdb.at)).
Die in § 76 Abs. 2 Z 1 FPG umgesetzten Schubhafttatbestände der Aufnahme-RL sind solange anwendbar, als dem Antragsteller ein Bleiberecht im Bundesgebiet zukommt. „Bleiberecht“ muss in diesem Sinne als faktischer Abschiebeschutz iSd § 12 AsylG verstanden werden. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung iSd § 85 Abs. 2 und 4 VfGG, verhindert zwar die Vollstreckung der Ausreiseentscheidung für die Dauer des Beschwerdeverfahrens beim VfGH, räumt der Beschwerde führenden Partei jedoch kein „Bleiberecht“ ein. Daher finden aus deren Sicht weiterhin die in § 76 Abs. 2 Z 2 FPG umgesetzten Haftbestimmungen der Rückführungs-RL ihre Anwendung. Dieser erlaubt auch die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung (vgl. Ra 2021/21/0116).
Vor dem Hintergrund des Vorverhaltens des BF, insbesondere der Vorenthaltung seines Reisepasses, der aber wiederum eine rasche Rückführung in seine Heimat im Falle des negativen Ausgangs der beiden Asylverfahren zur Folge hätte und der Gegenwehr im Zuge seiner Festnahme nach § 34 BFA-VG ist weiterhin vom Bestand erheblicher Fluchtgefahr auszugehen. Daran ändert auch die Beziehung zu XXXX nichts, weil er trotz laufender Beziehung der Festnahme massive Gegenwehr entgegengesetzt hat, was wiederum für den Bestand erheblicher Fluchtgefahr spricht. Die Schubhaft kann daher aufrechterhalten werden.
Ergänzend sei angemerkt, dass eine Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer nach dem oben Gesagten aus aktueller Sicht durchaus realistisch erscheint, die durchschnittliche Ausstellungsdauer eines HRZ in der Regel zwischen 4 bis 6 Monaten beträgt und aufgrund der vorhandenen Reisepasskopie von einer HRZ-Ausstellung (und Abschiebung) innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer gerechnet werden kann. Zudem fanden am 13.06.2024 Gespräche seitens Vertreter des BMI mit dem tunesischen Botschafter statt. Der tunesische Botschafter sicherte dem BMI mehr HRZ-Ausstellungen zu.
Wie bereits oben erwähnt, hat die letzte begleitete Abschiebung nach Tunesien hat 30.05.2024 stattgefunden, 2023 gab es 11 und 2024 4 Abschiebungen dorthin.
Zu den Spruchpunkten III. und IV.: (Kosten):
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Als Aufwendungen gelten unter anderem die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand. Die Höhe der in solchen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013 idgF, geregelt (zur Zulässigkeit des Kostenzuspruchs siehe auch VwGH 11.05.2017, Ra 2016/21/0144).
Gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG ist Aufwandersatz nur auf Antrag einer Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Da die Beschwerde abgewiesen wurde, ist der Beschwerdeführer gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG unterlegene und die belangte Behörde obsiegende Partei. Es waren dem Bundesamt daher die beantragten Kosten in der Gesamthöhe von € 887,20 zuzusprechen.
Da die Eingabegebühr (als Bestandteil der Kommissionsgebühren und Barauslagen) in § 35 Abs. 4 Z 1 VwGVG Erwähnung findet, deren Zuspruch ebenso an ein Obsiegen gebunden ist, war auch der dahingehende Antrag abzuweisen.
3.4. Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
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