BDG 1979 §43 Abs2
BDG 1979 §92 Abs1 Z4
BDG 1979 §93
BDG 1979 §95 Abs2
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W208.2286397.1.00
Spruch:
W208 2286397-1/ 6E
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 03.04.2024 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES!
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Theresia WAKOUNIG und Dr. Martin ZEHETNER als Beisitzer, über die Beschwerde von BezInsp XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. OBERMAYER RECHTSANWALTS GmbH, gegen das Disziplinarerkenntnis der Bundesdisziplinarbehörde vom 03.01.2024, GZ 2023-0.835.287, mit dem die Disziplinarstrafe der ENTLASSUNG ausgesprochen wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde des Beschuldigten wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer und Beschuldigte (BF) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Exekutivbeamter.
2. Am 19.09.2023 erging ein Urteil des BG INNERE Stadt gegen den BF ( XXXX ). Er wurde wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§15, 127 StGB schuldig gesprochen und eine Geldstrafe iHv 30 Tagessätzen zu € 50,-- in Summe € 750,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage) ausgesprochen . Der Spruch lautet (Auszug):
„[…] er hat am 31.5.2023 in 1060 Wien fremde bewegliche Sachen, nämlich eine Hautcreme der Marke Biotherm Aquasource im Wert von EUR 48,95, eine Hautcreme der Marke Biotherm Aquasource im Wert von EUR 39,95 sowie ein Parfum der Marke Paco Rabanne Fame Blooming Pink im Wert von EUR 134,95 Gewahrsamsträgern der XXXX Handels-GesmbH mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen versucht, indem er diese in seine mitgeführte Einkaufstasche packte und die Kassa ohne zu bezahlen passierte.“
Als erschwerend wurde nichts festgestellt, als mildernd der bisherige ordentliche Lebenswandel und dass es beim Versuch geblieben ist.
3. Am 06.10.2023 erstattete die Dienstbehörde Disziplinaranzeige gegen den BF, die am 19.10.2023 bei der Bundesdisziplinarbehörde (BDB) einlangte (AS 1). Hintergrund war neben dem oa versuchten Ladendiebstahl, das Mitführen einer halbgeladenen privaten Faustfeuerwaffe und eines Messers dabei sowie der Hinweis auf seine dienstliche Stellung und das Zeigen des Dienstausweises, als er vom Ladendetektiv (Zeugenaussage – AS 97) betreten wurde.
4. Die BDB sprach, nachdem sie dem BF mitgeteilt hatte, dass aus Ihrer Sicht die Tat derart schwerwiegend sei, dass eine Suspendierung in Frage komme (AS 159) und der BF daraufhin neuerlich beteuerte, dass es nicht seine Absicht gewesen sei, etwas zu stehlen (AS 163), am 13.11.2023 die Suspendierung aus.
5. Am gleichen Tag fasste die BDB einen Einleitungsbeschluss (AS 173), der neben dem oa versuchten Ladendiebstahl (Spruchpunkt 1) auch einen weiteren Spruchpunkt 2 enthielt:
„2. er habe im Zuge seiner Anhaltung durch den Ladendetektiv nach seiner unter Punkt 1 angeführten Handlung, diesen auf seine dienstliche Stellung als Polizist hingewiesen und seinen Dienstausweis vorgezeigt und dadurch seine Dienstpflichten nach § 43 Abs 2 iVm § 91 BDG 19979 verletzt […]“
6. Am 22.11. 2023 (eingelangt bei der BDB am 07.12.2023) erstattete die Dienstbehörde eine Nachtragsdisziplinaranzeige, weil der BF seine Dienstwaffen und Munition, nicht nach den gültigen Bestimmungen aufbewahrt gehabt habe (AS 213).
7. Am 20.12.2023 fand eine mündliche Verhandlung vor der BDB statt, bei der der Ladendetektiv als Zeuge einvernommen wurde und die mit folgendem Disziplinarerkenntnis endete (Auszug aus der schriftliche Ausfertigung datiert mit 03.01.2024, dem Rechtsvertreter des BF am 15. 01.2024 zugestellt):
„[Der BF] ist schuldig, er hat
1) am 31.05.2023, um 17:08 Uhr, in 1060 Wien, Mariahilfer Straße XXXX , unter Mitführung einer halbgeladenen Schusswaffe der Marke Glock sowie eines Klappmessers, außerdienstlich und in Zivil, zwei Gesichtscremen der Marke „Biotherm" sowie ein Damenparfum der Marke „Paco-Rabanne" im Gesamtwert von € 223,85, Gewahrsamträger der Firma „ XXXX ", mit dem Vorsatz, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen versucht, indem er diese in seine mitgeführte Einkaufstasche gab und die Kasse ohne zu bezahlen passierte;
1 [Schreibfehler offensichtlich gemeint 2.]) er habe im Zuge seiner Anhaltung durch den Ladendetektiv nach seiner unter Punkt 1 angeführten Handlung, diesen auf seine dienstliche Stellung als Polizist hingewiesen und seinen Dienstausweis vorgezeigt
und dadurch seine Dienstpflichten nach § 43 Abs 2 iVm § 91 BDG 1979 verletzt.
Gegen den Beschuldigten wird gemäß § 92 Abs 1 Z 4 BDG die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.
Dem Beschuldigen werden gem. § 117 Abs 2 Ziff 2 BDG Verfahrenskosten in Höhe von 500,-- vorgeschrieben.
Diese hat der Disziplinarbeschuldigte innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung des rechtskräftigen Erkenntnisses auf das Konto des BM f. Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, IBAN: XXXX unter Angabe des Namens und der Geschäftszahl des Erkenntnisses einzuzahlen. Die eigenen Kosten hat er selbst zu tragen.“
8. Mit Schriftsatz vom 05.02.2024 brachte der BF gegen das oben angeführte Disziplinarerkenntnis innerhalb offener Frist Beschwerde gegen den Schuldspruch und die Höhe der Strafe ein. Er beantragte die Einstellung des Disziplinarverfahrens, in eventu eine erhebliche Milderung und eine schuldangemessene bedingte Geldstrafe. Beigelegt waren eine Belobigungsurkunde für die Dienstleistung am 02.11.2020 (Terroranschlag in WIEN), eine weitere Belobigung vom 20.08.2020, für sein engagiertes Einschreiten bei einem Raub, eine Strafregisterbescheinigung die ausführt, dass keine Verurteilung aufscheint und das schon genannte Strafurteil des BG.
9. Mit Schreiben vom 09.02.2024 (eingelangt beim BVwG am 12.02.2024) wurden die Beschwerden und die Akten des Verwaltungsverfahrens – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt.
10. Am 03.04.2024 führte das BVwG eine Verhandlung durch, bei der neben dem BF auch der Ladendetektiv – insb zur Betretungssituation – einvernommen wurde. Der Senatsvorsitzende der BDB, der Vertreter des Disziplinaranwaltes und der Rechtsvertreter des BF waren ebenfalls anwesend.
Am Schluss der Verhandlung wurde das Erkenntnis des BVwG verkündet.
11. Mit Schriftsatz vom 16.04.2024 wurde eine schriftliche Ausfertigung gemäß § 29 Abs 2a VwGVG beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des BF
Der 27-jährige BF (ein AHS-Maturant) steht seit 01.12.2016 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Exekutivbeamter. Er ist seit 01.12.2022 definitiv gestellt, führt seit 01.06.2023 den Dienstgrad Bezirksinspektor und ist dienstführender Beamter (Führungskraft für 4 Bedienstete). Davor war er auch Gruppenkommandant bei der Bereitschaftseinheit. Er verrichtete regelmäßig Außendienst. Zu seinen Aufgaben gehörte auch der Schutz des Eigentums vor gefährlichen Angriffen und die Aufklärung von Straftaten gegen das Eigentum (unter anderem Ladendiebstähle) im Auftrag der Staatsanwaltschaft (VHS 6). Aufgaben die er bei einer Rückkehr an die Dienststelle wieder zu erfüllen haben würde.
Er hat zwei offizielle Belobigungen der Dienstbehörde erhalten, eine für seine Leistung beim Terroranschlag im November 2022 (die aber alle dort eingesetzten Polizisten erhalten haben) und eine für die Festnahme eines Räubers im August 2020, als er in der Bereitschaftseinheit Dienst versah. Während der Zeit in der Bereitschaftseinheit, wurde dem BF gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen in den jeweiligen Vierer-Teams darüber hinaus mehrfach (6 x) Anerkennung für besondere Leistungen durch Aushang in der Dienststelle (Festnahmen etc). und einmal von einem Abgeordneten des Wiener Landtages wegen einer Lebensrettung ausgesprochen. Er hat mehrere Zusatzausbildungen gemacht (VHS 4 und Blg./1-4 zur VHS). Er engagiert sich auch privat, indem er sich bei einer „Lebensretter-App“ registriert hat, um im Anlassfall von Notfällen in seiner Umgebung helfen zu können und das auch schon erfolgreich getan hat (VHS 5).
Das Stadtpolizeikommando (SPK) XXXX , wo er längere Zeit (01.12.2017-30.09.2019, 02.03.2022-16.03.2022, 01.12.2022-28.02.2023) Dienst versah (dazwischen war er auf Ausbildung und in der Bereitschaftseinheit), gab an, dass aufgrund der vielen Dienstzuteilungen keine detaillierte Dienstbeschreibung möglich ist (AS 21). Für den letzten Zeitraum, befand ihn der dortige Chefinspektor für ungeeignet für eine Tätigkeit auf einer Polizeiinspektion (PI), er habe wenig bis gar kein Eigenengagement in Bezug auf E2a-Tätigkeiten an den Tag gelegt und habe mehrmals auf eine korrekte Adjustierung hingewiesen werden müssen sowie auf Pünktlichkeit. Er sei ein „spezieller Charakter“ und sei bei allen eine gewisse Erleichterung eingetreten, als dessen Praxisphase vorbei gewesen sei (AS 25). Der BF hat das damit erklärt, dass ihm angekreidet worden sei, dass er die Dienststelle Richtung Bereitschaftseinheit verlassen habe und er nicht nach Dienst noch auf der Dienststelle mit den anderen zusammengesessen sei (VHS 17).
Am 07.06.2022 hat er eine niederschriftliche Ermahnung gem § 109 Abs 2 BDG erhalten, weil er am 27.02.2022, 10:20 Uhr in einem Lebensmittelgeschäft, zwei Müsliriegel in die Brusttasche seine Uniformjacke gesteckt und beim Verlassen des Geschäfts „vergessen“ hatte diese zu bezahlen, weil er durch das Schreiben von WhatsApp-Nachrichten mit seiner Freundin abgelenkt war. Er wurde von der Kaufhausdetektivin nach Verlassen des Geschäftes deswegen angesprochen, woraufhin er ins Geschäft zurückging und diese Riegel nicht kaufte, sondern ins Regal zurücklegte (OZ 3, 47).
Der BF hatte damals den Vorfall anfangs bestritten und schriftlich angegeben, er habe die Riegel zwar aus dem Regal genommen und in der Hand gehabt, dann aber doch nicht gekauft und in ein anderes Regal zurückgelegt, bevor er das Geschäft, ohne etwas zu kaufen, verlassen habe. Als die Ladendetektivin ihn angesprochen hätte, sei er zurückgegangen, um ihr zu zeigen, dass er die Riegel in ein anderes Regal zurückgelegt habe. Diese sei aber nicht mit ins Geschäft gekommen (Anmerkung: Sie unterhielt sich vor dem Geschäft mit den Kollegen des BF und verlangte von diesen eine Meldung an die Dienststelle, was dann auch erfolgte.), so habe er die Riegel selbstständig ins richtige Regal zurückgelegt (OZ 3, 7).
Erst bei der förmlichen Einvernahme, in Beisein seines Anwalts, gab er an diese kurzfristig in die Jackentasche gesteckt zu haben, um die Hände für sein Handy frei zu haben, weil er seiner Freundin geschrieben habe, ob sie etwas vom Lebensmittelgeschäft brauche und deshalb auf die Riegel vergessen zu haben. Als Beweis wurden Screenshots des WhatsApp-Verkehrs mit der Freundin vorgelegt (OZ 3, 32, VHS 7).
Die Ladendetektivin gab bei ihrer Befragung damals an: „Er ging den kleinen Durchgang in Richtung Spirituosenabteilung und ich konnte sehen, dass er während des Durchgehens, die beiden Riegel in eine Brusttasche seiner Oberbekleidung steckte. Von meiner Erfahrung her [Anmerkung: 29 Jahre Berufsjahre], würde ich sagen, dass ihm das nicht aus Gedankenlosigkeit oder sonstigen Gründen passiert ist. Aufgrund der Art und Weise des Handelns halte ich es für möglich, dass er das nicht das erste Mal getan hat. Am Video ist auch zu sehen, dass er sich aktiv nach den Kameras umblickt.“
Das Video konnte damals – aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen – erst ab der Uhrzeit 10:30 Uhr sichergestellt werden, die Daten davor über den Tatzeitraum waren nicht vorhanden (OZ 3, 22).
Das Verfahren wurde von der StA am 31.05.2022 im Zweifel eingestellt, weil nach deren Ansicht kein Tatnachweis zur subjektiven Tatseite zu erbringen war (OZ 3, 42).
Disziplinäre oder verwaltungsstrafrechtliche Vorstrafen gibt es nicht.
Privat ist er ledig, hat eine Freundin aber keine Sorgepflichten.
Er lebt in einer Eigentumswohnung für deren Erwerb er von seiner Mutter einen Privatkredit iHv € 100.000,-- erhalten hat, wo er rund € 300,--/Monat zurückzahlt und hat keine sonstigen Verbindlichkeiten. An Betriebskosten hat er rund € 400,--/Monat.
Er ist seit 14.11.2023 bis dato suspendiert. Sein Bruttoeinkommen betrug zum Entscheidungszeitpunkt der BDB (ungekürzt) € 2.584,60.
1.2. Zum Sachverhalt
1.2.1. Zum Kontext
Mit rechtskräftigem (Kurz-)Urteil des Bezirksgericht INNERE STADT vom 19.09.2023 (AS 151) wurde er wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB schuldig gesprochen und eine Geldstrafe iHv 30 Tagsätzen, in Summe € 750,-- verhängt, sowie zur Tragung der Verfahrenskosten von € 80,-- verurteilt.
Erschwerend wurde kein Umstand festgestellt, mildernd der bisherige ordentliche Lebenswandel und dass es beim Versuch geblieben ist.
Im Strafurteil (Kurzurteil) wurde festgestellt:
„Der [BF] ist schuldig, er hat am 31.05.2023 in 1060 WIEN fremde bewegliche Sachen, nämlich eine Hautcreme der Marke Biotherm Aquasource im Wert von EUR 48,95, eine Hauptcreme der Marke Biotherm Aquasource im Wert von EUR 39,95 sowie ein Parfum der Marke Paco-Rabanne Fame Blooming Pink im Wert von EUR 134,95 Gewahrsamträgern der XXXX Handels-GesmbH mit dem Vorsatz, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen versucht, indem er diese in seine mitgeführte Einkaufstasche packte und die Kasse ohne zu bezahlen passierte.“
1.2.2. Zum konkreten Vorwurf in Spruchpunkt 1
Der BF wurde kurz nach 17:00 Uhr am 31.05.2023 in die Filiale der Firma XXXX , in 1060 WIEN, Mariahilfer Straße XXXX , vom Ladendetektiv und Zeugen XXXX über die Überwachungskameras beobachtet, weil er ihm aufgefallen ist. Der BF entnahm eine hochpreisige Creme, ließ sich von der Verkäuferin beraten, die ihm eine weitere Creme aushändigte. Er ging danach mit beiden Cremen in der Hand in das 2. Obergeschoss der Filiale (in den Multi Media Bereich), dort ging er eine Runde und kehrte wieder ins 1. Obergeschoss, diesmal in den Spielebereich zurück. Dort begab er sich in einen für die Kameras nicht einsehbaren Bereich und als er wieder für diese sichtbar war, hatte er die Cremen nicht mehr in der Hand, sondern — wie sich danach herausstellte — in einer mitgeführten Papiertasche verstaut. Der Ladendetektiv begab sich daraufhin auf die Straße vor das Geschäft und wartete dort, ob der BF beim Verlassen des Geschäftes die Cremen bezahlt. Der BF passierte die Kasse – ohne zu zahlen – und blieb dann im Eingangsbereich des Geschäftes stehen, wobei ein Teil seines Körpers bereits außerhalb des Geschäftes bzw der dortigen Warensicherungsanlage war, und griff dort in Richtung einer Warenschütte. Dabei schaute er sich immer wieder um. Da die Warensicherungsanlage nicht anschlug, trat er auf die Straße und ging zu einem Mistkübel in der Nähe des Ausgangs, um ein zerknülltes Papier einzuwerfen, dann wollte er sich Richtung Westbahnhof entfernen und trat ihm der Ladendetektiv unter Vorweis seines Ausweises und seiner Kokarde entgegen.
1.2.3. Zum konkreten Vorwurf in Spruchpunkt 2
Der BF antwortet sofort, dass er nur etwas wegschmeißen und ohnehin hätte zahlen wollen und sagte dem Ladendetektiv auf dem Weg in dessen Büro (wobei ihn dieser am Arm am linken Arm festhielt), dass er Polizist sei. Im Büro zeigte der BF seinen Polizei-Dienstausweis, wozu ihn der Ladendetektiv aufforderte, weil er diese Aussage schon öfter von anderen beim Ladendiebstahl betretenen Personen zu hören bekam und zunächst nicht glaubte.
Bei einer Inspektion der vom BF mitgeführten Papiertasche, konnte der Ladendetektiv neben den beiden Cremen noch ein Parfüm der Marke Paco Rabanne sicherstellen das der BF, von ihm unbeobachtet, aus dem Regal genommen und in der Tasche verschwinden hatte lassen.
Als die vom Ladendetektiv verständigten Polizisten kamen, gab der B diesen gegenüber an, dass er eine private Schusswaffe und ein Messer verdeckt mitführe, der Ladendetektiv hat das erst zu diesem Zeitpunkt mitbekommen.
Der Ladendetektiv gab bei seiner Einvernahme vor der Polizei an, dass er aufgrund seiner Erfahrung sagen könne, dass der BF aufgrund des beobachteten Verhaltens nicht zum ersten Mal gestohlen habe.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Person ergeben sich aus der Disziplinaranzeige und den dortigen Beilagen sowie aus den Angaben des BF in der Verhandlung und den dort vorgelegten Urkunden (VHS Beilagen 1-4, Standesausweis AS 19, OZ 3, 5). Dass der BF über die im Akt befindlichen Belobigung hinaus auch mehrere Anerkennungen für Amtshandlung (darunter auch eine Lebensrettung) während seines Dienstes in der Bereitschaftseinheit erhalten hat, ist unstrittig. Aus diesen Anerkennungen geht auch hervorgeht, dass jeweils die Leistung des gesamten Teams hervorgehoben wurde. Dass der B mehrere Zusatzausbildungen absolviert hat und auch privat eine Waffe mitführt, um sich jederzeit in den Dienst stellen zu können, zeigt seine Begeisterung für den Polizeidienst, an der der Senat keinen Zweifel hat.
Dem steht die karge und negative Dienstbeurteilung seines Vorgesetzten bei der PI entgegen, bei der er zu Beginn und zwischen seinen Dienstzuteilungen Dienst versah und die ebenfalls unstrittig vorliegt. Ob diese darauf zurückzuführen ist, dass er diese PI verlassen und zur Bereitschaftseinheit gegangen ist und kein geselliger Typ war, der nach Dienst noch an der PI verblieb, kann dahingestellt bleiben, weil es im gegenständlichen Kontext auf das aktenkundige Verhalten des BF zu einem ähnlichen Vorfall ankommt, wo er ebenfalls ein Geschäft verlassen hat, ohne die vorher an sich genommene Ware zu bezahlen, deshalb von der Ladendetektivin betreten und in der Folge dienstrechtlich ermahnt wurde.
Die Feststellungen zur Ermahnung vom 07.06.2022 wegen „Verdacht auf Ladendiebstahl im Dienst“ (OZ 3, 47) und der Einstellung dieses Verfahrens durch die StA „im Zweifel“, am 31.05.2022 (OZ 3, 42), sowie den dortigen Aussagen des BF und der Ladendetektivin, ergeben sich aus den dazu vorgelegten Akten.
Seiner in der ersten Stellungnahme dazu abgegebenen Erklärung, dass er die Müsliriegel gar nicht aus dem Geschäft mitgenommen habe, sondern nur in ein anderes Regal gelegt und dann das Geschäft verlassen habe (OZ 3, 7), stehen die unter Wahrheitspflicht getätigten späteren gegenteiligen Aussagen der Ladendetektivin als Zeugin vom 02.03.2022 entgegen, die ausgesagt hat, dass er die Riegel in die Uniform gesteckt hat und die Filiale verlassen hat ohne zu bezahlen und dann nach der Betretung zurückgekommen ist und sie in ein anderes Fach gelegt hatte (OZ 3, 12). Der BF selber hat seine erste Erklärung in seiner förmlichen Beschuldigtenvernehmung am 25.05.2022 dann auch relativiert, in dem er sagte: „Die Dame stellte sich als Detektivin vor und fragte mich, ob ich vergessen hätte etwas zu bezahlen. Dies verneinte ich. Nun fragte sie, was mit den Müsliriegeln sei. Zu diesem Zeitpunkt fiel mir ein, dass ich diese noch in der Jacke hatte. Ich entschuldigte mich und sagte, dass ich zurückgehen werde, und diese ins Geschäft zurückzulegen. Das tat ich.“ Er erklärte dort auch erstmals, dass er die Riegel in die Jacke gesteckt habe, um die Hände frei für sein Handy zu haben, um mit seiner Freundin zu chatten und sie zu fragen, ob sie etwas vom Geschäft brauche und legte die WhatsApp-Konversation mit seiner Freundin im Tatzeitraum vor (OZ 3, 32). In der Verhandlung vor dem BVwG damit konfrontiert gab er dazu an, dass es ihm peinlich gewesen wäre das zu sagen (VHS 7). Das erklärt die Abweichungen zwischen seinen Aussagen aber nicht.
2.2. Der Sachverhalt zum beschwerdegegenständlichen Verhalten vom 31.05.2023 ergibt sich aus dem Spruch des Strafurteils vom 19.09.2023, der Aussage des Ladendetektives, der sowohl vor der Polizei (AS 91), als auch bei der BDB bestätigt hat, dass der BF ihm noch auf dem Weg zum Büro gesagt habe, dass er Polizist sei und er ihn erst daraufhin nach dem Polizeiausweis gefragt habe (AS 245).
Im Abschlussbericht der Polizei vom 11.07.2023 (AS 121) wurde festgehalten, dass die Aussagen des Ladendetektives (AS 97) vollständig mit dem Überwachungsvideo übereinstimmen.
Der BF bestritt noch in der Verhandlung vor der BDB – trotz rechtskräftiger Verurteilung – die Tat zu Spruchpunkt 1, verwies auf seine schriftliche Stellungnahme anlässlich der Suspendierung (AS 165), wo er angegeben hatte, dass er das Parfüm unter der Achsel getragen habe und als es ihm runtergefallen wäre, zu den beiden Cremen in die Einkaufstasche gegeben habe. Für ihn hätten die Verkaufskörbe vor dem Geschäft noch dazu gehört, trotzdem sie nach der Kasse waren und hätte er bezahlen wollen.
Auch in der Verhandlung vor dem BVwG bestritt er jede Absicht eines Diebstahles, räumte aber am Schluss —nachdem er explizit gefragt wurde, ob er jetzt schuldeinsichtig sei und Reue empfinde — ein, dass es ihm peinlich sei, er künftig auf sein Verhalten achten werde, er seine Schuld erkenne. Er habe auch der Firma ein Entschuldigungs-Mail geschrieben und mit dem deren Anwalt telefoniert (VHS 16).
Zum Spruchpunkt 2, bestritt er, dass er den Ladendetektiv aktiv auf seinen Beruf hingewiesen habe, dieser habe ihn danach gefragt, nachdem er den Polizeiausweis gesehen habe (VHS 13, 14). Das ist aus den folgenden Gründen nicht glaubhaft:
Der Ladendetektiv ist als Zeuge – im Gegensatz zum BF – zur Wahrheit verpflichtet. Er hat keinerlei Belastungsmotiv, er kannte den BF nicht (VHS 8). Er hat auf Mehrbelastungen des BF in Richtung eines bewussten Forderns des Absehens von einer Anzeige verzichtet, er sagt schlicht, der BF habe „auf dem Weg ins Büro“ gesagt, dass er Polizist sei (VHS 9). Er hat diese Aussage, schon bei der BDB im Dezember 2023, wo er noch ergänzte, dass das gewesen sei, bevor er den Ausweis gezeigt habe (AS 245) und auch bei seiner Zeugeneinvernahme vor der Polizei im Juni 2023 getätigt („Wir begaben uns dann ins Büro im Erdgeschoss. Währenddessen sagte er mir, dass er Polizist sei. Um seine Aussage zu bekräftigen, zeigte mir der Mann auch seinen Polizeidienstausweis.“ - AS 97). Der Zeuge hat auch seine eigengedanklichen Vorgänge („ich war verwundert“) geschildert und dass er gefragt habe, ob er (der Polizeiausweis) echt sei, sowie seine Reaktion darauf, nämlich, dass der BF als Polizist wissen müsse, dass ein Ladendiebstahl vorliege. Der Zeuge hat in der Polizeieinvernahme auch darauf hingewiesen, dass er seine Aussagen zum Tathergang, der vom BF bestritten wurde, durch das Überwachungsvideo beweisen könne und er aufgrund seiner Erfahrung zum Verhalten des BF, vermute, dass dieser nicht zum ersten Mal gestohlen habe (AS 99). Das Video bestätigte, die Aussagen des Zeugen, wie dem Abschlussbericht der Polizei zu entnehmen ist (AS 121).
Es ist nicht plausibel, dass der BF auf dem Weg ins Büro seinen Ausweisclip so in der Hand gehalten hat, dass der Zeuge den Ausweis erkennen konnte, während er ihn am Arm führte. Der Zeuge hat dazu auch glaubhaft ausgesagt, dass er immer erst im Büro nach einem Ausweis frage (VHS 11) und sich ihm der Gedanke aufgedrängt habe (was er natürlich nicht sagen könne), dass der BF damit bezweckt habe, dass er ihn „gehen lassen“ solle, weil er Polizist sei. Den Führerschein habe er dennoch auch gefordert, weil dem Polizeiausweis kein Geburtsdatum zu entnehmen gewesen sei (VHS 12).
Demgegenüber waren die Aussagen des B hinsichtlich der vorgeworfenen Tathandlungen, sowohl zum Spruchpunkt 1 als auch zum Spruchpunkt 2 nicht glaubhaft (VHS 13).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Verfahren und Zuständigkeit des BVwG
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde beim BVwG vier Wochen. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht. Gründe für eine Unzulässigkeit der Beschwerde sind nicht ersichtlich.
Gemäß § 6 BVwGG iVm § 135a BDG hat die Entscheidung des BVwG in Disziplinarverfahren durch einen Senat zu erfolgen, wenn
1. die Auflösung eines Dienstverhältnisses durch Entlassung erfolgt (Abs 1 verweist auf § 20 Abs 1 Z 3 BDG).
2. gegen ein Erkenntnis, mit dem der Verlust aller aus dem Dienstverhältnis fließenden Rechte und Ansprüche verhängt wurde, Beschwerde erhoben wurde (Abs 3 Z 1) oder
3. die Disziplinaranwältin oder der Disziplinaranwalt gegen ein Erkenntnis der Bundesdisziplinarbehörde Beschwerde erhoben hat,
a) in dem eine strengere Strafe als eine Geldbuße ausgesprochen wurde oder
b) in dem eine Geldbuße ausgesprochen wurde und der Einzelrichter nach Prüfung der Angelegenheit zu der Auffassung gelangt, dass die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt werden könnte (Abs 3 Z 2).
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen (Auszug, Hervorhebungen durch BVwG)
§ 43 Abs 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG) lautet:
Allgemeine Dienstpflichten
§ 43. (2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Der BF bekämpft auch die Strafbemessung gem. § 93 BDG und ist es Aufgabe des BVwG zu prüfen inwieweit die BDB von ihrem Ermessen in gesetzeskonformer Weise Gebrauch gemacht hat. § 93 BDG lautet:
Strafbemessung
§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
(2) Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.
3.3. Beurteilung des konkreten Falles
3.3.1. Zur Schwere der Tat
Der BF führt in seiner Beschwerde dazu zusammengefasst an, dass die Vorlage des Dienstausweises nicht strafbar sei, dass der Strafregisterauszug, den er eingeholt habe, seine gerichtliche Unbescholtenheit zeige, er beim Strafgericht nur aus Unwissenheit und Rechtsunkenntnis keine Diversion erhalten und deshalb strenger bestraft worden sei, schließlich liege auch eine gesetzwidrige Doppelbestrafung vor, weil das Strafurteil sein „mögliches Fehlverhalten“ zur Gänze abgegolten habe.
Diese Argumente gehen aus den folgenden Gründen alle ins Leere und liegt eine schwere Dienstpflichtverletzung vor.
Gem § 43 Abs 2 BDG hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seines Amtes erhalten bleibt. Diese Pflicht verletzt der Beamte dann, wenn er durch ein außerdienstliches Verhalten bei Dritten Bedenken dagegen auslöst, dass er bei der Vollziehung immer rechtmäßig vorgehen werde und damit seine Glaubwürdigkeit einbüßt. Das von dieser Bestimmung geschützte Rechtsgut liegt nach Auffassung des VwGH in der allgemeinen Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt, damit in der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft (VwGH 24.11.1997, 95/09/0348; 15.12.1999, 98/09/0212; 18.4.2002, 2000/09/0176); insofern stellt § 43 Abs 2 BDG auch eine für alle Beamten gemeinsame Verhaltensrichtlinie dar (allgemeiner Funktionsbezug; VwGH 28.07.2000, 97/09/0324; 16.10.2001, 2000/09/0012). Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach entschieden hat, ist eine Verletzung der Pflicht zur Vertrauenswahrung immer dann anzunehmen, wenn der Beamte ein Rechtsgut angreift, mit dessen Schutz er im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben betraut ist (besonderer Funktionsbezug; zB: VwGH 24.02.1995, 93/09/0418; 15.12.1999, 98/09/0212).
Der B ist Polizeibeamter einer Polizeiinspektion, war als Gruppenkommandant bei der Bereitschaftseinheit und ist als Dienstführender (seit 01.06.2023) Vorgesetzter von anderen Beamtinnen und Beamten. Es gehört zu seinen unmittelbaren Aufgaben die öffentliche Sicherheit aufrechtzuerhalten und gefährliche Angriffe (§ 16 Abs 2 SPG) zu beenden. Er ist für den Vollzug des gesamten Strafrechts zuständig, muss die Begehung von strafbaren Handlungen – auch gegen das Eigentum — verhindern und wo sie schon geschehen sind, Ermittlungen zu deren Aufklärung führen. Insbesondere die Aufklärung der sogenannten Bagatellkriminalität — was ein (Laden)diebstahl in strafrechtlicher Hinsicht ist — ist für das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung von besonderer Bedeutung und es daher besonders schädlich, wenn Polizisten diese versuchen oder begehen.
Wenn ein Polizist, der Eigentumsdelikte verhindern bzw aufklären soll, selbst versucht einen Ladendiebstahl zu begehen, dann ist der vom Gesetz für außerdienstliches Verhalten geforderte Funktionsbezug ebenso erfüllt, wie auch eine schwere Dienstpflichtverletzung vorliegt. Insbesondere, wenn er wie hier versucht durch einen konkreten Hinweis auf seinen Beruf und das Vorweisen seines Polizeidienstausweises einer Anzeige zu entgehen. Dabei spielt es entgegen der Ansicht der BF keine Rolle, dass die Vorlage eines Dienstausweises nicht strafbar ist, weil es auf den Kontext ankommt.
Gemäß § 95 Abs 2 BDG 1979 ist die Disziplinarbehörde und auch das BVwG an die dem rechtskräftigen Spruch eines Urteils zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes gebunden. Diese Bindung umfasst die Feststellung von sowohl die äußere als auch die innere Tatseite betreffenden Tatsachen (VwGH 17.12.2013, 2013/09/0144). Der Umstand, dass beim BF – im Übrigen nur bei einem Strafregisterauszug den er selbst einholt, bei einem behördlich eingeholten scheint die Verurteilung auf – aufgrund der Auskunftsbeschränkung keine Straftat aufscheint, kann die Schwere der Tat nicht abmildern.
Beim Zusammentreffen von gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlungen mit Dienstpflichtverletzungen würde ein „disziplinärer Überhang" nur dann fehlen, wenn das vorgeworfene Verhalten gleichzeitig den Tatbestand einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung (Unterlassung) und jenen der Dienstpflichtverletzung erfüllt (Idealkonkurrenz). Ist der Sachverhalt, der die Dienstpflichtverletzung erfüllt, nicht mit jenen der strafbaren Handlung ident, so liegt lediglich Realkonkurrenz vor und die Frage eines „Erschöpfens" im Sinne des § 95 BDG 1979 tritt damit gar nicht auf. Insoweit eine Ahndung des Verhaltens — wie im Beschwerdefall —gemäß § 43 Abs 2 BDG 1979 in Betracht kommt, wird ein disziplinärer Überhang immer vorliegen, weil die zuletzt genannte Bestimmung auf einen spezifisch dienstrechtlichen Aspekt abstellt, der von keinem Tatbestand eines anderen Strafrechtsbereiches wahrgenommen wird (VwGH 08.09.1987, 86/09/0083; 15.09.2004, 2001/09/0109).
Eine Verletzung des Verbotes der Doppelbestrafung nach Art 4 Abs 1 des 7. Zusatzprotokolls zur MRK kommt in Disziplinarverfahren nicht in Betracht (vgl E VfGH 3. Dezember 2009, B 1008/07; Urteil EGMR Kurdov und Ivanov 31. Mai 2011, 16137/04, wonach es sich bei Disziplinarverfahren nicht um Verfahren über eine strafrechtliche Anklage handelt). Der VwGH sieht keinen Anlass, dieser Rechtsprechung entgegen zu treten (vgl E 15. Jänner 2011, 2011/09/0038; VwGH 24.04.2012, 2011/09/0013).
3.3.2. Zur Schuld
§ 91 BDG 1979 normiert als Voraussetzung für die disziplinäre Verantwortlichkeit des Beamten die schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten. Unter Schuld ist dabei die „Vorwerfbarkeit der Tat mit Rücksicht auf die darin liegende zu missbilligende Gesinnung des Täters" zu verstehen, die drei Komponenten umfasst:
a) das biologische Schuldelement, dh der Täter muss voll zurechnungsfähig sein;
b) das psychologische Schuldelement, dh der Täter muss vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben und
c) das normative Schuldelement, dh dem Täter muss zugemutet werden können, dass er sich rechtmäßig verhält", (Hinweis EBzRV zum BDG 1977, 500 BlgNR, 14 GP , zu § 51, S 82; sowie E 18.10.1989, 89/09/0023; VwGH 13.12.1990, 89/09/0025).
Alle drei Punkte sind hier nicht nur beim Spruchpunkt 1 (dem versuchten Ladendiebstahl), wo ohnehin eine Bindung an das Strafurteil, sowohl hinsichtlich der festgestellten objektiven als auch zur subjektiven Tatseite, besteht, sondern auch zu Spruchpunkt 2, gegeben.
Zu Spruchpunkt 1 ist er, wie die Aussagen des Ladendetektives — die vom Video bestätigt wurden — zeigen, planmäßig vorgegangen und lag keine einmalige Kurzschlusshandlung vor.
Zu Spruchpunkt 2, kann die Äußerung des BF, dass er Polizist ist, nachdem er beim versuchten Ladendiebstahl betreten wurde, objektiv nur so verstanden werden, dass er sich dadurch erhofft hat, dass der Ladendetektiv einer Erklärung eines Polizisten, dass er ohnehin bezahlen wollte, Glauben schenkt und er von einer Anzeige absieht (Halo- oder Hof-Effekt). Die Vorlage des Polizeiausweises danach — die auf Verlangen des Ladendetektivs erfolgte, weil seiner Aussage nach betretene Ladendiebe das immer wieder behaupten würden — dienten der Untermauerung und sollten den Effekt, dass ein Polizist nicht stehlen würde —noch verstärken. Dass die Vorlage nicht strafbar ist – wie der B in der Beschwerde behauptet, stimmt zwar – notwendig war aber schon die Erwähnung seines Berufes (die er bis zuletzt bestritten hat) nicht.
Der BF hat bei dieser Äußerung bewusst in Kauf genommen, dass damit das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner Aufgaben als Polizist in Zweifel gezogen wird. Daher ist der BDB zu folgen, wenn sie von Vorsatz hinsichtlich der Schuldform und von einer schweren Dienstpflichtverletzung ausgeht. Von einer Doppelbestrafung und einer unrichtigen Auslegung des § 95 Abs 2 BDG – wie vom B behauptet – kann angesichts der Zielsetzung einer disziplinären Bestrafung nach § 43 Abs 2 BDG (Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung durch Wahrung des dafür notwendigen Vertrauens) nicht ausgegangen werden.
3.3.3. Zur Strafbemessung
Der BF hält die Verhängung einer Entlassung für „gänzlich überzogen“, weil kein Schaden entstanden wäre, das Strafgericht Unbescholtenheit und dass es beim Versuch geblieben sei, angeführt habe sowie durch die Verhängung einer Geldstrafe zur Ergebnis gekommen wäre, dass dies ausreiche, um ihn künftig vor weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Es liege also eine günstige Zukunftsprognose vor, die auch die Disziplinarbehörde binde.
Hiermit verkennt der BF zum wiederholten Mal, dass das Strafgericht nur über den strafrechtlichen Vorwurf abgesprochen hat und nicht über die Verletzung des darüberhinausgehenden § 43 Abs 2 BDG. Dienstrechtliche Belehrungen/Ermahnungen, haben im gerichtlichen Strafverfahren keine Rolle gespielt. Eine Bindung an die Strafbemessung besteht gerade nicht und spielt es keine entscheidende Rolle, ob nun eine oder zwei Belobigungen vorlagen.
Bei der Entscheidung über die disziplinarrechtliche Schuld und Strafe (§§ 91 ff BDG 1979) handelt es sich um eine aus gebundenen Entscheidungen und einer Ermessensentscheidung zusammengesetzte Entscheidung. Bei der Beurteilung der Schuld und deren Schwere ist kein Ermessen zu üben, erst die Auswahl der Strafmittel (§ 92 Abs. 1 leg cit) und gegebenenfalls (im Fall einer Geldbuße oder Geldstrafe) die Festlegung von deren Höhe stellen Ermessensentscheidungen dar. Hiebei sind Beurteilungen betreffend die Persönlichkeit des Beschuldigten, sein vergangenes und zukünftiges Verhalten zu treffen (VwGH 21.04.2015, Ra 2015/09/0009).
Bei der Bemessung einer Disziplinarstrafe nach § 93 BDG 1979 ist — auch — eine Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. E 12.11.2013, 2013/09/0027). Das VwG darf, wenn es zur selben sachverhaltsmäßigen und rechtlichen Beurteilung kommt, vor dem Hintergrund des Art 130 Abs 3 B-VG nicht sein eigenes Ermessen an die Ermessensübung durch die Disziplinarkommission [nunmehr BDB] setzen. Jedoch ist das VwG bei seiner Entscheidung über die Bemessung einer Disziplinarstrafe nicht von der Verpflichtung zur Beurteilung entbunden, ob die Ermessensübung durch die Disziplinarkommission auf gesetzmäßige Weise erfolgte. Weiters ist zu bedenken, dass das VwG im Fall einer gesetzwidrigen Entscheidung der Verwaltungsbehörde im Fall des § 28 Abs. 2 VwGVG 2014 (Art 130 Abs 4 B-VG) in der Sache selbst zu entscheiden und dabei auch eine Ermessensentscheidung zu treffen hat (VwGH 21.04.2015, Ra 2015/09/0009).
Für die Strafbemessung im engeren Sinn ist (auch) zu prüfen, inwieweit eine Disziplinarstrafe erforderlich ist, um den Täter von der weiteren Begehung von Dienstpflichtverletzungen abzuhalten; ferner sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe iS der §§ 33 ff StGB zu berücksichtigen, die nicht die Tatbegehungsschuld betreffen, also im Zeitpunkt der Tatausübung noch nicht vorhanden waren, wie etwa die seither verstrichene Zeit, Schadenswiedergutmachung oder das reumütige Geständnis. Wiegt die Dienstpflichtverletzung besonders schwer — insbesondere unter Berücksichtigung des objektiven Unrechtsgehalts der Tat — so kann von der Verhängung einer hohen (der höchsten) Disziplinarstrafe allerdings nur abgesehen werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen oder wenn keine spezialpräventiven Gründe die Verhängung einer Strafe in diesem Ausmaß gebieten. Soweit es um eine ENTLASSUNG geht, ist die spezialpräventive Erforderlichkeit einer solchen (der disziplinarrechtlichen Tatschuld angemessenen) schweren Disziplinarstrafe nicht erst dann anzunehmen, wenn sich die Aussichten auf ein künftiges Unterbleiben von Dienstpflichtverletzungen — bei Beschränkung auf eine mildere Strafe — in einer vagen Hoffnung erschöpfen, und wird umgekehrt nicht nur bei besonderer Gewähr dafür zu verneinen sein. Abzustellen ist auf einen dazwischen liegenden Maßstab einer begründeten Wahrscheinlichkeit. Dabei ist freilich eine Entlassung schon nach der ersten schweren Dienstpflichtverletzung nicht ausgeschlossen, wenn auf Grund ihrer Eigenart und der Persönlichkeit des Täters die Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser im Falle einer geringeren Sanktion weitere Dienstpflichtverletzungen begehen werde (VwGH 24.03.2009, 2008/09/0219).
Der BF hat — ungeachtet des Sachwertes — eine sehr schwer wiegende Dienstpflichtverletzung begangen, die den Kernbereich seiner Dienstpflichten als Exekutivbeamter, zu denen auch der im Dienst der Strafrechtspflege gebotene Schutz fremden Eigentums vor unerlaubten Angriffen zählt, betrifft. Das dem BF angelastete Fehlverhalten ist im Hinblick auf den hohen Stellenwert, der dem Schutz fremder Vermögens- bzw. Sachwerte vor rechtswidrigen, vorsätzlich begangenen Angriffen zukommt, objektiv als besonders schwerwiegend anzusehen. Dazu kommt der aktive Hinweis auf seine Stellung als Polizist bei der Betretung, die für sich eine Verletzung des § 43 Abs 2 BDG darstellt und nicht bloß als Deckungshandlung verstanden werden kann.
Das Ausmaß der Schuld wird wesentlich durch das objektive Gewicht, dh den Unrechtsgehalt der Tat als Schwere der Rechtsgutbeeinträchtigung konstituiert und hier verkennt der BF, dass es nicht darum geht, dass Ladendiebstahl ein strafrechtliches Bagatelldelikt ist, sondern dass es um die Verletzung dienstlicher Interessen und den Vertrauensschaden geht. Dieser ist wie angeführt, durchaus als schwer anzusehen und kann auch in den Schuldvorwurf miteinbezogen werden.
3.3.3.1. Zu den Erschwerungsgründen
Die BDB hat bei der Strafbemessung die Begehungen „mehrerer“ Dienstpflichtverletzungen zu Recht als Erschwerungsgrund angenommen, weil zum versuchten Ladendiebstahl in Spruchpunkt 1 noch der völlig unnötige Hinweis auf seinen Beruf als Polizist und die Vorlage des Polizeidienstausweises kommt, der den Vertrauensschaden noch verstärkt hat.
3.3.3.2. Zu den Milderungsgründen
Als Milderungsgrund wurde von der BDB lediglich berücksichtigt, dass der B „einmal“ belobigt wurde, in Wahrheit aber mehrere Belobigungen bzw Anerkennung der dienstlichen Leistungen und durchaus auch dienstliches Engagement vorlag.
Der BF wurde einmal (November 2020) und ein weiteres Mal (August 2020) offiziell belobigt, wie er zu Recht anführt. Die Belobigungen für den Einsatz beim Terroranschlag im November 2020 haben aber alle an diesem Tag eingesetzte Polizisten bekommen.
Soweit die weiteren Anerkennungsschreiben für seine Einsätze bei der Bereitschaftseinheit angeführt werden, betrafen diese jeweils das gesamte 4-5 Polizistenteam, das eingeschritten und die Amtshandlung durchgeführt hat und wurden diese an der Dienststelle als Motivation ausgehängt (VHS 17). Der BF hat sich diese abfotografiert (VHS 4). Mit einer Ausnahme, die Festnahme nach einem Raubüberfall, wo er die oben genannte individuelle Belobigung erhalten hat. Unbestritten hat der B auch Engagement bei der Absolvierung von Zusatzausbildungen gezeigt und engagiert sich auch im Privatleben, sowohl als Polizist (der sogar immer bewaffnet aus dem Haus geht, um sich in den Dienst stellen zu können) und bei einer Lebensretter App.
Dieses Engagement ist durchaus anzuerkennen und ein Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 2 StGB auf den in § 93 Abs 1 BDG verwiesen wird.
Der Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 2 StGB (bisheriger ordentlicher Lebenswandel) entspricht im Disziplinarrecht dem Milderungsgrund der bisherigen korrekten Diensterfüllung und positiven Dienstbeurteilung sowie den dem Beamten vor der Dienstpflichtverletzung zuteil gewordenen Belobigungen (VwGH 21.10.2022, Ro 2022/09/0007). Der BF hat zwar mehrere relevante Belobigungen bzw Anerkennungen erhalten, die Dienstbeurteilung ist aber insgesamt betrachtet nicht positiv. Bis zum Vorfall war er unzweifelhaft strafrechtlich und disziplinär unbescholten. Die Unbescholtenheit alleine, stellt aber keinen Milderungsgrund dar (VwGH 16.03.1995, 94/16/0300).
Soweit der B betont, dass laut dem vorgelegten aktuellen Strafregisterauszug (aufgrund der beschränkten Auskunftspflicht bei Verurteilungen von unter drei Monaten) keine Verurteilung vorliegt und er deshalb als gerichtlich unbescholten anzusehen ist, stimmt das nur insoweit, sofern er selbst diesen Auszug anfordert. Die Bestrafung hinsichtlich des versuchten Ladendiebstahles ist bei Abfrage einer Behörde oder eines Gerichts durchaus evident und wird voraussichtlich (nach dem eingeholten Strafregisterauszug) erst 2028 getilgt sein.
Es kann aufgrund der vorliegenden Dienstbeschreibungen und Ermahnungen (ua wegen des Verdachtes eines Ladendiebstahles, weil er „vergessen“ hat zu zahlen), der BDB nicht entgegengetreten werden, wenn sie die bisherig korrekte Diensterfüllung und damit den Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 2 StGB nicht bzw nur mit sehr geringem Gewicht (nur einmal belobigt) angenommen hat.
Wenn der B anführt, dass kein Schaden entstanden ist, weil es beim Versuch geblieben ist, liegt dieser Milderungsgrund nicht vor. Ein Imageschaden für die Polizei ist jedenfalls entstanden (vgl zur Relevanz von immateriellen Schäden zB OGH 18.06.2020, 30 Ds 2/19a). Der Umstand, dass es bei einem Disziplinarvergehen beim Versuch geblieben ist, kommt als Milderungsgrund im Disziplinarstrafrecht nicht in Betracht (VwGH 26.02.2021, Ra 2020/09/0073).
Das Gewicht der Milderungsgründe überwiegt qualitativ das Gewicht des Erschwerungsgrundes nicht, da die Anerkennung seiner Leistungen bei der Bereitschaftseinheit mit Masse, den normalen Dienst der Polizei in einer Großstadt wie WIEN abbilden und keine Einzelleistungen waren. Bei der Gegenüberstellung der Erschwerungs- und der Milderungsgründe kommt es nicht auf deren Anzahl, sondern auf deren Gewicht (qualitative Bewertung) an (vgl. VwGH 16.10.2001, 99/09/0058).
3.3.3.3. Zur Spezialprävention
Der B wurde bereits einmal wegen des Verdachtes eines versuchten Ladendiebstahls (bzw des „Vergessenes“ zweier Müsliriegel in der Uniformtasche und Verlassen des Geschäftes ohne zu zahlen) im Februar 2022 angezeigt und nur, weil die StA Beweisprobleme bei der subjektiven Tatseite sah, wurde im Zweifel das Verfahren eingestellt. Er wurde deswegen aber im Juni 2022 schriftlich ermahnt. Die Ladendetektivin sagte damals aus, dass das Verhalten des B darauf hindeute, dass er das nicht zum ersten Mal macht und war das auch der Eindruck des Ladendetektives im gegenständlichen Fall.
Der B leugnet darüber hinaus im gegenständlichen Fall trotz gerichtlicher Verurteilung wegen Vorsatz noch im Disziplinarverfahren die Tat, und spricht davon, dass er ja zurückgehen und zahlen wollte, obwohl er den Kassenbereich schon verlassen hatte und sich außerhalb des Geschäfts befand. Die Diversion habe er abgelehnt, weil er dafür ein Schuldeingeständnis hätte ablegen müssen (VHS 16). Das führt zur Annahme, dass er nicht bereit ist, sich von dem ihm angelasteten Verhalten soweit zu distanzieren, dass den Erfordernissen der Spezialprävention auch durch die Anwendung einer geringeren Strafe Rechnung getragen wird (VwGH 20.02.2014, 2013/09/0183; VwGH 09.09.2014, Ra 2014/09/0014). Daran ändert auch sein zum Schluss geäußertes Schuldeingeständnis und das Versprechen einer Verhaltensänderung nichts, da dabei nicht der Eindruck gewonnen werden konnte, dass dieses nicht nur intellektuell, sondern auch gesinnungsmäßig erfolgte. Im Vordergrund stand die Peinlichkeit der Betretung bei der Tat und wurde bis zum Schluss auch bestritten, dass die Erwähnung des Polizeiberufes dem Zweck diente, vielleicht nicht angezeigt zu werden, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der BF Hinweise auf seinen Beruf auch in Zukunft einsetzen wird, wenn er sich dadurch Vorteile erhofft.
3.3.3.4. Zur Generalprävention
Durch die Dienstrechts-Novelle 2008 wurde im zweiten Satz des § 93 Abs 1 BDG die Zielsetzung „der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken“, als zusätzliches Strafbemessungskriterium in das Gesetz eingefügt. Nach der nunmehr geltenden Rechtslage kommt der spezialpräventiven Erforderlichkeit der Strafe bei der Bemessung daher nicht mehr eine derart wesentliche Bedeutung wie bisher zu und sind Gründe der Generalprävention wie solche der Spezialprävention für die Bemessung der Strafe gleichrangig zu berücksichtigen. Ist eine Disziplinarstrafe in einem bestimmten Ausmaß geboten, um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken, dann haben gegebenenfalls spezialpräventive Überlegungen, die eine solche Disziplinarstrafe nicht als erforderlich erscheinen lassen würden, demgegenüber zurückzutreten. Dementsprechend enthalten die Gesetzeserläuterungen (vgl. ErläutRV 500 BlgNR 14. GP 83) die Aussage, es solle nach der Novelle möglich sein, dass 'bei besonders schweren Dienstpflichtverletzungen allein schon aus generalpräventiven Gründen eine Entlassung auszusprechen' sein werde. (VwGH 03.10.2013, 2013/09/0077).
Vor allem unter Bedachtnahme des planvollen Vorgehens des BF (der offenbar darauf gebaut hat, dass ihn diese Vorgehensweise vor einer Entdeckung bewahren würde) und der dabei gezeigten kriminellen Energie (die Tat wurde zum größten Teil von der Videoüberwachung aufgezeichnet und vom glaubhaft als Zeugen aussagenden Ladendetektiv beobachtet), liegt eine derart gravierende Dienstpflichtverletzung vor, dass trotz des Vorliegens von Milderungsgründen auch allein aus generalpräventiven Erwägungen die Disziplinarstrafe der Entlassung zu verhängen ist. Eine derart gravierende Pflichtverletzung eines Exekutivbeamten in Bezug auf fremdes Eigentum, und Ausnützung der Reputation als Polizist (als Sicherheitsnetz, falls er erwischt wird), muss die Entlassung nach sich ziehen, um der Kollegenschaft vor Augen zu führen, dass derart geplante Übergriffe auf das Eigentum anderer nicht toleriert werden, selbst wenn ansonsten durchaus Engagement im Beruf vorliegt.
Die Bewertung der Strafbemessungsgründe durch die belangte Behörde sind zusammengefasst im Ergebnis nicht unvertretbar, die Entlassung ist vor diesem Hintergrund rechtskonform.
3.3.4. Zu den Kosten
Gem § 17 VwGVG hat das BVwG jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen des BDG sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorangegangen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. § 117 BDG lautet:„Kosten
§ 117. (2) Wird über die Beamtin oder den Beamten von der Bundesdisziplinarbehörde oder im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen ein Erkenntnis der Bundesdisziplinarbehörde eine Disziplinarstrafe verhängt, hat die Beamtin oder der Beamte dem Bund einen Kostenbeitrag zu leisten. Dieser beträgt im Fall
1. eines Verweises 10% des Monatsbezugs gemäß § 92 Abs. 2, höchstens jedoch 500 €,
2. einer Geldbuße oder Geldstrafe 10% der festgesetzten Strafe, höchstens jedoch 500 €,
3. einer Entlassung 500 €.
Die aus der Beiziehung eines Verteidigers erwachsenden Kosten hat in allen Fällen die Beamtin oder der Beamte zu tragen.
(3) Hinsichtlich der Gebühren der Zeugen, Sachverständigen und Dolmetscher ist das Gebührenanspruchsgesetz 1975, BGBl. Nr. 136, sinngemäß anzuwenden.“
Die Auferlegung der Kosten von € 500,-- ist daher rechtskonform erfolgt.
Zusammengefasst ist die Beschwerde daher abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die dargestellte Judikatur darf verwiesen werden.
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