GehG §12 Abs2 Z1a
GehG §169h
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W221.2256856.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Daniela URBAN, LL.M., als Einzelrichterin über die Beschwerde des Dr. XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin RIEDL, gegen den Bescheid des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft XXXX vom 18.05.2022, Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.11.2023 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Schreiben vom 27.05.2021 beantragte der Beschwerdeführer die nachträgliche Anrechnung zusätzlicher berufseinschlägiger Zeiten als Rechtsanwaltsanwärter bzw. als Rechtsanwalt gemäß § 169h Abs. 1 Z 1 GehG.
Mit Schreiben vom 20.07.2021 gab der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ab. Darin führte er im Wesentlichen aus, er präzisiere seinen Antrag dahingehend, dass er sich auf jene Zeiträume beziehe, die nicht bereits mit Bescheid vom 10.07.2012 angerechnet worden seien. Im Erlass des BMJ, GZ 2021-0.258.061, werde ausgeführt, dass bei einer Vortätigkeit als Rechtsanwalt im Bereich gerichtlicher Verfahren in der Regel ein Zeitraum von bis zu fünf Jahren an Vordienstzeiten angerechnet werden könne. Von XXXX sei der Beschwerdeführer als Rechtsanwaltsanwärter nahezu ausschließlich mit gerichtlich anhängigen Straßenverkehrsunfällen befasst gewesen, was eine umfangreiche Verhandlungstätigkeit vor Bezirksgerichten in Zivil- und Strafsachen umfasst habe. Von XXXX sei der Beschwerdeführer als Rechtsanwaltsanwärter für einen Ausbildungsanwalt tätig gewesen, der in sehr großem Umfang gerichtlich zum Masseverwalter bestellt worden sei. Dabei habe er einen Einblick in die gerichtliche Tätigkeit in diesem Bereich erhalten und mehrere näher dargelegte Tätigkeiten ausgeübt, was sein Hauptbetätigungsfeld in dieser Kanzlei gewesen sei. Außerdem habe er an strafrechtlichen Verfahrenshilfeakten mitgearbeitet. Als Rechtsanwalt habe er seine Tätigkeit in derselben Kanzlei inhaltlich ähnlich weitergeführt, zudem sei er zum Masseverwalter(stellvertreter) bestellt worden und er habe bis zu seinem Übertritt in den Bundesdienst selbstständig Zivil- und Strafprozesse geführt, wobei er auch als Privatbeteiligtenvertreter tätig gewesen sei. Aus Sicht des Beschwerdeführers gliedere sich die richterliche, staatsanwaltschaftliche und rechtsanwaltliche Tätigkeit jeweils in die mehr oder weniger gleich gewichteten Teilbereiche Recherche, Verhandlungstätigkeit und Verfassen von Schriftstücken (jeweils 33,33%). Eine weitere Aufgliederung nach Prozentpunkten erscheine dem Beschwerdeführer nicht zielführend, könne aber nachgereicht werden. Seine Aufgaben im Zuge seiner Berufstätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter und als Rechtsanwalt würden jedoch zu mindestens 75% seinen Aufgaben als Staatsanwalt entsprechen. Die Zeiten als Rechtsanwaltsanwärter und als Rechtsanwalt seien als gleichwertig anzusehen. Mit Urteil vom 08.05.2019 habe der EuGH weiters entschieden, dass eine Beschränkung der Anrechnung einschlägiger Vordienstzeiten aus der Privatwirtschaft nicht mit der Arbeitnehmer:innen-Freizügigkeit zu vereinbaren sei. In eventu stütze der Beschwerdeführer seinen Antrag auf § 12 Abs. 3 GehG, da seine Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter bzw. Rechtsanwalt als nützlich anzusehen sei.
Mit Schreiben vom 02.05.2022 berichtete die leitende Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft XXXX der Oberstaatsanwaltschaft über die Verwendung des Beschwerdeführers während der ersten sechs Monate seiner staatsanwaltschaftlichen Tätigkeit. Diesbezüglich führte sie aus, der Beschwerdeführer sei nur zwei (anstatt wie üblich drei) Monate lang voll revidiert gewesen, was jedoch darauf zurückzuführen sein dürfte, dass er bereits vor seiner Ernennung zum Staatsanwalt als Rechtspraktikant für die Staatsanwaltschaft XXXX tätig gewesen sei. Eine Rücksprache mit seinem damaligen Gruppenleiter sei nicht möglich, da dieser sich im Ruhestand befinde, der leitenden Staatsanwältin sei jedoch erinnerlich, dass der Beschwerdeführer sich „ganz gut“ eingearbeitet habe. Es könne jedoch ausgeschlossen werden, dass sein Verwendungserfolg während der ersten sechs Monate seiner Dienstverrichtung jenen eines Einsteigers ohne Vorerfahrung um 25% überschritten habe.
Mit Bescheid vom 18.05.2022, der keinen Adressaten enthält, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Anrechnung zusätzlicher Zeiten als Rechtsanwaltsanwärter bzw. Rechtsanwalt gemäß § 169h Abs. 1 Z 1 GehG ab.
Begründend führte die belangte Behörde nach Feststellungen zur bisherigen Berufstätigkeit des Beschwerdeführers im Wesentlichen aus, es könne nicht näher festgestellt werden, welche Tätigkeiten der Beschwerdeführer in welchem prozentualen Ausmaß ausgeübt habe. Der Beschwerdeführer habe sich binnen weniger Monate in die staatsanwaltschaftliche Tätigkeit eingearbeitet und die an ihn gestellten Anforderungen ausgezeichnet bewältigt. Allerdings habe er sich zwei Monate lang in Vollrevision befunden und sich erst einarbeiten sowie ausgebildet werden müssen. Sein ausgezeichneter Verwendungserfolg habe den zu erwartenden Arbeitserfolg eines sonst vergleichbaren Staatsanwaltes ohne Vorerfahrung keinesfalls um 25% überschritten. Im Rahmen seiner Tätigkeit bei verschiedenen Rechtsanwälten habe er keine staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen angefertigt, keine Sitzungsvertretung für die öffentliche Anklage verrichtet und keinen staatsanwaltschaftlichen Einlauf bearbeitet. Seine anwaltliche Tätigkeit habe zu jeweils 33,33% die Teilnahme an Verhandlungen, die Verfassung von Schriftsätzen und die Recherche von Rechtsfragen umfasst. Es könne nicht festgestellt werden, dass diese anwaltlichen Tätigkeiten in den ersten sechs Monaten seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses als Staatsanwalt zu einem erheblich höheren Arbeitserfolg (schon gar nicht um mehr als 25%) geführt hätten.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Ausführungen zum Urteil des EuGH vom 19.19.2019, C-703/17 (Krah), aus, eine nachträgliche Anrechnung von Vortätigkeiten aus der Privatwirtschaft im Rahmen des gegenständlich auf § 169h GehG gestützten Begehrens sei nur bei Vorliegen von gleichwertigen, nicht aber von bloß nützlichen Zeiten möglich. Den in § 12 Abs. 2 Z 1a lit. a und b GehG genannten Sonderfällen komme für den staatsanwaltschaftlichen Bereich keine Relevanz zu, weil es außerhalb des öffentlichen Dienstes keine dem Beruf „Staatsanwalt“ entsprechenden (privatwirtschaftlichen) Berufstätigkeiten gebe. Hinsichtlich einer Gleichwertigkeit sei erforderlich, dass abstrakt umschrieben die bisherigen Tätigkeiten zu zumindest 75% jenen entsprechen müssen, die in den ersten sechs Monaten im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu erbringen seien. Um dies zu unterstreichen, stelle der Gesetzgeber den „gleichwertigen“ Zeiten nach Abs. 2 die bloß „nützlichen“ nach Abs. 3 gegenüber. Dass eine Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter bzw. Rechtsanwalt a priori nicht „gleichwertig“ in dem hier gebrauchten (restriktiven) Sinn sei, ergebe sich schon daraus, dass der Gesetzgeber sich dafür entscheiden habe, die Berufswege und Ausbildungsverhältnisse zum Rechtsanwalt und zum Richter/Staatsanwalt in verschiedenen Gesetzen unterschiedlich zu regeln. Es handle sich ungeachtet ihrer Verwandtschaft und bestehender Anrechnungsmöglichkeiten um zwei unterschiedliche Berufe mit unterschiedlichen Ausbildungen und Berufsprüfungen. Dass sich auch die konkrete praktische Tätigkeit bei einem Rechtsanwalt zu mehr als 25% von der eines Staatsanwalts unterscheide, könne als notorisch gelten, werde aber auch durch die getroffenen Feststellungen unterstrichen. Es würden sich die Rollen der bloß teilnehmenden (zudem subjektiv geprägten) Parteienvertretung und die (objektive) Ausübung der Sitzungsvertretung bei einer Gerichtsverhandlung oder bei einer Vernehmung gesetzlich wie praktisch fundamental unterscheiden, dasselbe gelte für die Verfassung von (zielgerichteten) Schriftsätzen inklusive Rechtsmitteln einerseits und das Treffen und Verfassen von (abwägenden) staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen andererseits. Die Bearbeitung anwaltlicher Post könne ebenso wenig mit jener des staatsanwaltschaftlichen Einlaufs samt anschließenden Verfügungen für den weiteren Aktenlauf gleichgesetzt werden, möge es auch um dieselben Rechtsmaterien gehen. Gerichtliche Akten und staatsanwaltschaftliche Tagebücher würden anders gebildet werden als die Handakte der Anwälte. Einzig die objektive Recherche von Rechtsfragen, die im konkreten Fall mit 33,33% quantifiziert worden sei, könne allenfalls als „gleichwertig“ angesehen werden. In diesem Sinne habe die Tätigkeit des Beschwerdeführers in den ersten sechs Monaten des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses als Staatsanwalt gerade jene Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zum Gegenstand, die er noch nicht von seiner Vortätigkeit beim Anwalt mitgebracht habe. Umgelegt auf den vorliegenden Sachverhalt wären die Vortätigkeiten beim Rechtsanwalt dann gleichwertig (und nicht bloß nützlich iSd § 12 Abs. 3 GehG), wenn die damit verbundenen Aufgaben zu mindestens 75% konkret und exakt den Aufgaben eines Staatsanwalts entsprochen hätten. Maßgebend wäre hier eine echte inhaltliche Übereinstimmung. Dabei komme es nicht auf die – aber eben einmal aus der Perspektive des Rechtsanwaltsanwärters/Rechtsanwalts und einmal aus der Perspektive des Staatsanwalts anzuwendende – unstrittig teils übereinstimmende – Materie („das Gesetz“) an, sondern auf die Art der Tätigkeit, was also mit dem Gesetz gemacht werde, in welcher Rolle Normen wie konkret zur Anwendung kommen. Weil aber als Staatsanwalt die Leitung der Ermittlungsverfahren, das Verfassen von Anordnungen und Enderledigungen, die Führung staatsanwaltschaftlicher Tagebücher und Akten, das Verfassen von Verfügungen und die Verrichtung von bzw. Mitwirkung an Verhandlungen als Sitzungsvertreter mehr als die entscheidenden 25% (tatsächlich den weit überwiegenden Teil) ausmachen würden und ausgemacht hätten, sei diese Identität zu verneinen. Aufgrund der getroffenen Feststellungen sei davon auszugehen, dass diese Tätigkeiten den Dienst als Staatsanwalt in den ersten sechs Monaten des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers dominiert hätten, er dieselben Tätigkeiten jedoch zu keinem Zeitpunkt bei den Rechtsanwaltskanzleien ausgeübt hätte. Der Antrag des Beschwerdeführers sei daher abzuweisen gewesen. Einer anderen Form der nachträglichen Anrechnung – etwa nützlicher Zeiten nach § 12 Abs. 3 GehG – stehe die Rechtskraft des ersten Anrechnungsbescheids entgegen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14.06.2022 (eingelangt am 17.06.2022) fristgerecht Beschwerde. Darin führte er im Wesentlichen aus, der Bescheid weise zwar keinen Adressaten auf, da der Beschwerdeführer in Zusammenschau mit der Zustellverfügung bzw. Übernahmebetätigung eindeutig als Adressat zuordenbar sei, liege jedoch ein bekämpfbarer Bescheid vor. Bei der Begründung des Bescheids handle es sich um eine vorgefertigte Standardbegründung, sodass eine individuelle Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht stattgefunden habe, was einen Verfahrensmangel darstelle. Die im Bescheid genannten Stellungnahmen der Leiterin der Staatsanwaltschaft vom 15.06.2012 und vom 02.05.2022 seien ihm im Rahmen des Parteiengehörs nicht zur Kenntnis gebracht worden, obwohl diese Teil der Entscheidungsgrundlage seien. Die nicht angerechneten Vordienstzeiten, die auf seine faktische Tätigkeit als Rechtsanwalt entfallen seien, seien zur Gänze anzurechnen, da er nur aufgrund seiner Ausbildung zum Rechtsanwalt mit einer bloßen Ergänzungsprüfung die Tätigkeit eines Staatsanwalts unmittelbar ausüben können habe. Die Rechtsansicht der belangten Behörde führe die Richteramtsergänzungsprüfung ad absurdum. Richter und Staatsanwälte würden dieselbe Ausbildung durchlaufen und ein Wechsel sei bezüglich des Besoldungsdienstalters unschädlich und jederzeit möglich. Ein Staatsanwalt sei jedoch genau wie ein Rechtsanwaltsanwärter/Rechtsanwalt mit der Vertretung von Interessen bei Verhandlungen und dem Verfassen zielgerichteter Schriftsätze, nicht aber mit der Verfahrensführung und dem Verfassen über die Sache entscheidender Urteile befasst. Tatsächlich entspreche die Tätigkeit eines Staatsanwalts weitgehend jener eines Rechtsanwalts mit lediglich punktuellen prozessualen Unterschieden. In seiner Stellungnahme vom 20.07.2021 habe der Beschwerdeführer umfassend dargelegt, worin die Überschneidungen zwischen seiner rechtsanwaltlichen und staatsanwaltschaftlichen Tätigkeit gelegen sei, sodass er dieses Vorbringen zum Vorbringen seiner Beschwerde erhebe. Bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit der Tätigkeit gehe es um juristisch-technische Fähigkeiten. Der Staatsanwalt sei wie der Rechtsanwalt Partei eines Strafverfahrens und auch ein Rechtsanwalt dürfe Parteiinteressen nur im Rahmen der Gesetze vertreten. Beim Posteingang bzw. Einlauf komme die gleiche Rechtsgrundlage zur Anwendung und es sei kein wesentlicher Unterschied gegeben. Das vom Staatsanwalt zu führende Tagebuch unterscheide sich nicht wesentlich vom Rechtsanwaltshandakt. Im Rahmen eines Journaldienstes und Amtstages habe auch ein Staatsanwalt durchaus Rechtsauskünfte zu erteilen. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Rechtsanwalt sei somit als gleichwertige Vordienstzeit anzurechnen, da diese zu 75% seinen Aufgaben als Staatsanwalt entspreche. Von der Geltendmachung der Vordienstzeiten gemäß § 12 Abs. 3 GehG sehe er ab.
Mit Schreiben vom 05.07.2022 wurde die Beschwerde samt Bezug habendem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 20.01.2023 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W259 abgenommen und mit Wirksamkeit vom 08.02.2023 der Gerichtsabteilung W221 zugewiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 15.11.2023 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der mit dem Beschwerdeführer samt seiner Rechtsvertretung die Sach- und Rechtslage erörtert wurde.
Mit Schreiben vom 28.11.2023 erhob der Beschwerdeführer Einwendungen gegen die Niederschrift der mündlichen Verhandlung, weshalb am 01.12.2023 ein Berichtigungsbeschluss erging. Weiters führte er in der Stellungnahme aus, dass nur der Spruch seines Anrechnungsbescheides aus dem Jahr 2012 in Rechtskraft erwachsen sei bzw. selbst bei anderer Ansicht, eine allfällige Rechtskraftwirkung aufgrund der unionsrechtswidrigen Rechtslage zu durchbrechen wäre.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er wurde mit XXXX zum Staatsanwalt ernannt und ist bei der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption in XXXX tätig. In den ersten sechs Monaten seiner Tätigkeit war der Beschwerdeführer bei der Staatsanwaltschaft XXXX mit der Führung einer Abteilung für allgemeine Strafsachen und mit der Aufsicht über eine BA-Abteilung betraut.
Vor seiner Ernennung als Staatsanwalt übte der Beschwerdeführer folgende Berufstätigkeiten aus: Vom XXXX sowie vom XXXX absolvierte er das Rechtspraktikum am Oberlandesgericht XXXX mit Zuteilungen zum Bezirksgericht XXXX und zum Landesgericht XXXX . Vom XXXX war er als Rechtsanwaltsanwärter bei der XXXX tätig. Vom XXXX war er zunächst als Rechtsanwaltsanwärter und vom XXXX als Rechtsanwalt in der Rechtsanwaltskanzlei XXXX tätig. Vom XXXX war er als selbstständiger Rechtsanwalt in XXXX tätig.
Die Rechtsanwaltsprüfung legte er am XXXX ab und am XXXX die Richteramtsprüfung in Form der Ergänzungsprüfung gemäß § 4 Z 3 BARG.
Aufgabe des Beschwerdeführers als Rechtsanwaltsanwärter bei der XXXX war die Befassung mit gerichtlich anhängigen Straßenverkehrsunfällen, wobei er umfangreiche Verhandlungstätigkeit vor Bezirksgerichten in Zivil- und Strafsachen ausübte. Als Rechtsanwaltsanwärter und Rechtsanwalt in der Rechtsanwaltskanzlei XXXX (eine Insolvenzkanzlei) war der Beschwerdeführer die „rechte Hand“ XXXX in dessen Tätigkeit als Masseverwalter, führte Erhebungen vor Ort in gemeinschuldnerischen Unternehmen durch, befragte Gemeinschuldner, beurteilte die Erfolgsaussichten anhängiger Zivilprozesse und verhandelte diese allenfalls, erlernte die Grundzüge der Beurteilung von Jahresabschlüssen und den Umgang mit Buchgutachten. Weiters arbeitete der Beschwerdeführer an strafrechtlichen Verfahrenshilfeakten und Pflichtverteidigungen mit, befragte Verfahrensbeholfene, nahm an Haftprüfungen teil und verrichtete Hauptverhandlungen. Er wurde außerdem selbst zum Masseverwalter(stellvertreter) bestellt. Als selbstständiger Rechtsanwalt änderte sich bis Ende 2008 wenig, er führte die bestehenden Tätigkeiten als Substitut weiter und begann eigene Kausen zu übernehmen, inklusive Verfahrenshilfen in Strafsachen. Ab 2009 übernahm er von zwei Rechtsanwälten dauerhaft deren Verfahrenshilfen in Strafsachen. Der Beschwerdeführer führte selbstständig Zivil- und Strafprozesse und übte auch die Funktion des Privatbeteiligtenvertreters aus, wobei von einem Überwiegen seiner strafrechtlichen Tätigkeiten nicht ausgegangen werden kann.
Das prozentuale Ausmaß der einzelnen Rechtsgebiete, in denen der Beschwerdeführer tätig war, ist nicht feststellbar, lediglich, dass die Strafsachen während seiner Zeit bei XXXX eher untergeordnet waren im Vergleich zum Bereich Masseverwaltung.
Seine Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter und Rechtsanwalt umfasst zu jeweils 33,33% die Teilnahme an Verhandlung, das Verfassen von Schriftsätzen und die Recherche von Rechtsfragen.
Als Staatsanwalt ist es Aufgabe des Beschwerdeführers, in Verfahren wegen mit gerichtlicher Strafe bedrohter Handlungen Ermittlungs- und Anklagefunktionen wahrzunehmen (Art. 90 B-VG). Folgende Tätigkeiten übte der Beschwerdeführer zur Erfüllung dieser Aufgaben in dieser Zeit insbesondere aus: Prüfung von Berichten der Kriminalpolizei und sonstiger Anzeigen; Entscheidungen über die Einleitung, Einstellung, diversionelle Erledigung oder Abbrechung von Ermittlungsverfahren; Führung von Ermittlungsverfahren sowie deren Leitung in Kooperation mit der Kriminalpolizei; Treffen von mit Grundrechtseingriffen verbundenen Anordnungen; Verfassen von Anklageschriften und Strafanträgen; Bearbeitung des Akteneinlaufs; Führung von staatsanwaltschaftlichen Tagebüchern und Ermittlungsakten; Aufbereitung von Rechtsfragen; Durchführung von Recherchetätigkeiten; Abwicklung des Parteienverkehrs; Stellung von Rechtshilfeersuchen; Ausübung der Aufsicht über einen Bezirksanwalt; Erstattung von Berichten an die Oberstaatsanwaltschaft; zweimal wöchentliche Mitwirkung als Sitzungsvertreter in Hauptverhandlungen beim Landesgericht für Strafsachen XXXX . Der Beschwerdeführer führte in dieser Zeit keine Journaldienste durch und hielt keine Amtstage ab.
Mit Bescheid des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft XXXX vom 10.07.2012 mit Wirksamkeit vom 01.10.2011 wurde als Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers erstmalig der 13.04.2000 festgesetzt. Dabei wurde die Vortätigkeit des Beschwerdeführers als selbstständiger Rechtsanwalt spruchgemäß im Ausmaß von fünf Jahren als im öffentlichen Interesse gelegen gemäß § 12 Abs. 3 Z 1 GehG 1956 berücksichtigt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt in Zusammenschau mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. Die Ernennung des Beschwerdeführers als Staatsanwalt sowie seine Berufstätigkeiten als Rechtsanwaltsanwärter, Rechtsanwalt und Staatsanwalt wurden dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt und sind nicht strittig.
Die genauen Tätigkeiten des Beschwerdeführers während seiner Berufstätigkeiten vor seiner Ernennung als Staatsanwalt können seiner Stellungnahme, dem Bescheid sowie den mündlichen Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung entnommen werden. Auch dahingehend bestehen keine Gründe, die glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in Zweifel zu ziehen. Es bestehen auch weder Arbeitsplatzbeschreibungen für Rechtsanwaltsanwärter bzw. Rechtsanwälte, noch für Staatsanwälte.
Die Feststellungen zu den prozentualen Anteilen der Tätigkeiten des Beschwerdeführers stützen sich auf seine Stellungnahme. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass es ihm nicht möglich war, das exakte prozentuelle Ausmaß der jeweiligen Aufgaben bzw. Tätigkeiten sowie Rechtsmaterien aufgrund der vergangenen Zeit anzugeben. Die Tätigkeiten als Staatsanwalt ergeben sich aus den Bescheidfeststellungen, die der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung bestätigte, wobei er darauf hinwies, dass es nur im Ausnahmefällen eine Verhandlungstätigkeit pro Woche war und gelegentlich auch drei, weshalb durchschnittlich zwei Verhandlungstage festzustellen waren. Von einem Überwiegen der strafrechtlichen Angelegenheiten in seiner Tätigkeit kann aber nicht ausgegangen werden, weil dem Beschwerdeführer dies wohl schon erinnerlich gewesen wäre, wenn er hauptsächlich im Strafrecht tätig gewesen wäre.
Dass der Beschwerdeführer in den ersten sechs Monaten seiner Tätigkeit als Staatsanwalt keine Journaldienste bzw. Amtstage geleitet hat, ergibt sich aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen zum Bescheid vom 10.07.2012, mit welchem dem Beschwerdeführer bei der Festsetzung seines Vorrückungsstichtages Vordienstzeiten angerechnet wurden, ergeben sich aus den diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid. Soweit der Beschwerdeführer dazu ausführt, dass der genaue Zeitraum der Anrechnung im Spruch nicht angeführt ist, sondern lediglich in der Begründung, ist dem nicht entgegenzutreten und im Weiteren dazu auf die rechtliche Beurteilung zu verweisen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender gesetzlicher Bestimmungen im GehG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Zur Zulässigkeit der Beschwerde:
Wie auch der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vorbringt, enthält der verfahrensgegenständliche Bescheid keinen Bescheidadressaten. Der Zustellverfügung des Bescheides, die dem Bescheid angehängt ist, kann jedoch der Name des Beschwerdeführers entnommen werden, sowie der Hinweis, dass der Bescheid diesem nachweislich zuzustellen sei, was in der Folge auch geschehen ist und nicht bestritten wird. Wie auch der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift selbst ausführt, ist der Bescheid ihm eindeutig zuordenbar. Dies deckt sich mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, wonach es für die Gültigkeit eines Bescheides ausreicht, dass der Adressat der Erledigung insgesamt eindeutig entnommen werden kann. Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn bei schriftlichen Ausfertigungen aus Spruch, Begründung und Zustellverfügung im Zusammenhang mit den anzuwendenden Rechtsvorschriften eindeutig erkennbar ist, welchem individuell bestimmten Rechtsträger gegenüber die Behörde einen Bescheid erlassen wollte. Entscheidend ist, dass für die Beteiligten des Verfahrens als Betroffene des Bescheides sowie für die Behörde und in weiterer Folge für den Verwaltungsgerichtshof die Identität des Bescheidadressaten zweifelsfrei feststeht (vgl. VwGH 24.05.2012, 2008/03/0173).
Der Adressat eines Bescheides kann sich aus der „Anschrift“ des Bescheides, aus dem Spruch oder aus der Zustellverfügung ergeben (vgl. VwGH 08.05.2002, 2000/04/0196; 27.10.2008, 20008/17/0100; 14.05.2014, 2012/06/0226).
Die Beschwerde ist daher zulässig.
Zu A)
Gemäß § 169h Abs. 1 GehG 1956 ist bei Beamtinnen und Beamten, deren erstmalige Festsetzung des Vorrückungsstichtags unter Berücksichtigung der Zeiten nach dem 30. Juni des Jahres, in dem nach der Aufnahme in die erste Schulstufe neun Schuljahre absolviert worden sind oder worden wären, erfolgt ist, mit Zustimmung des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf Antrag das Besoldungsdienstalter in jenem Ausmaß um die Zeiten einer gleichwertigen Berufstätigkeit nach § 12 Abs. 2 Z 1a bescheidmäßig zu erhöhen, in dem diese Zeiten bei der Festsetzung nach Z 1 oder der Feststellung nach Z 2 nicht zur Gänze berücksichtigt wurden.
Gemäß § 12 Abs. 2 Z 1a GehG 1956 sind als Vordienstzeiten auf das Besoldungsdienstalter die zurückgelegten Zeiten einer gleichwertigen Berufstätigkeit anzurechnen. Eine Berufstätigkeit ist gleichwertig, wenn die mit der Berufstätigkeit verbundenen Aufgaben zu mindestens 75% den Aufgaben entsprechen, mit denen die Beamtin oder der Beamte betraut ist, und für die Besorgung dieser entsprechenden Aufgaben eine Ausbildung auf gleicher fachlicher Ebene erforderlich ist. Für den Vergleich ist der Arbeitsplatz maßgebend, mit dem die Beamtin oder der Beamte in den ersten sechs Monaten des öffentlich-rechtlichen Bundesdienstverhältnisses überwiegend betraut ist.
Die Gesetzesmaterialen zur Dienstrechtsnovelle 2020 führen zu § 12 Abs. 2 Z 1a GehG aus, dass alle Zeiten einer gleichwertigen Berufstätigkeit unbeschränkt zur Gänze angerechnet werden. Dabei komme es auf die inhaltliche Vergleichbarkeit der Tätigkeiten an und nicht etwa auf deren monetäre Bewertung. Bei Berufen ohne gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung werde im Einklang mit der bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass bei einer Abweichung von nicht mehr als 25% bei den mit dem Arbeitsplatz verbundenen Tätigkeiten ein gleichwertiger Arbeitsplatz vorliege. Zugleich werde klargestellt, dass eine Vortätigkeit auf demselben fachlichen Niveau für eine Anrechnung als gleichwertige Zeit erforderlich sei. Maßgebend sei, ob eine Vortätigkeit auch ohne jene Ausbildung (zB Hochschulstudium), die für den Arbeitsplatz erforderlich ist, in durchschnittlicher Qualität erbracht werden hätte können oder ob auch für die Vortätigkeit dieselbe Ausbildung sachlich notwendig war (ErläutRV 461 BlgNR 27. GP 9 f.).
In der Praxis sei bei der Anrechnung von Vordienstzeiten in einem Beruf ohne gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung eine Auflistung aller Aufgaben und Tätigkeiten zu erstellen, die der Arbeitsplatz im Bundesdienst umfasse und deren prozentueller Anteil an der Gesamttätigkeit festzustellen (wenn dies nicht bereits im Rahmen eines Verfahrens zur Bewertung des Arbeitsplatzes geschehen sei). Im nächsten Schritt sei festzustellen, ob die einzelnen Tätigkeiten bzw. Aufgaben auch im Rahmen der früheren Berufstätigkeit erbracht worden seien und gegebenenfalls in welchem Ausmaß. Eine Gleichwertigkeit nach § 12 Abs. 2 Z 1a lit c sublit aa liege vor, wenn die Summe der Übereinstimmungen für alle aufgelisteten Tätigkeiten und Aufgaben mindestens 75% betrage (quantitative Gleichwertigkeit). Ebenso sei nach § 12 Abs. 2 Z 1a lit c sublit bb GehG festzustellen, ob für die übereinstimmenden Tätigkeiten dieselbe fachliche Vorbildung erforderlich sei (qualitative Gleichwertigkeit). Bei Vorliegen einer quantitativen und qualitativen Gleichwertigkeit seien die Zeiten zur Gänze zu berücksichtigen.
Aus der Rechtsprechung des EuGH folgt, dass unter gleichwertiger Tätigkeit „im Wesentlichen gleiche Arbeit“ zu verstehen ist (vgl. EuGH 10.10.2019, C-703/17 [Krah]). Diesem Verfahren lag als Sachverhalt die Berufstätigkeit einer deutschen Staatsangehörigen und promovierten Historikerin, die zuerst als Lehrbeauftragte an der Universität München arbeitete und später Lehrbeauftragte für Geschichte an der Universität XXXX war, zugrunde. Der EuGH ging in diesem Fall von einer gleichwertigen Berufserfahrung aus.
Regelungen zum Beruf des Rechtsanwalts finden sich in der Rechtsanwaltsordnung (RAO). Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 RAO erstreckt sich das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfasst die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, die übernommenen Vertretungen dem Gesetz gemäß zu führen und die Rechte seiner Partei gegen jedermann mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten. Er ist befugt, alles, was er nach dem Gesetz zur Vertretung seiner Partei für dienlich erachtet, unumwunden vorzubringen, ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel in jeder Weise zu gebrauchen, welche seinem Auftrag, seinem Gewissen und den Gesetzen nicht widerstreiten (§ 9 Abs. 1 RAO).
§ 8 RAO steckt somit den beruflichen Aufgabenkreis von Rechtsanwälten fest (vgl. VwGH 20.03.2018, Ra 2018/03/0001; 07.10.2019, Ra 2019/03/0111). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs stellt § 8 Abs. 1 RAO auf das typische Berufsbild des Rechtsanwalts und die von diesem traditionellerweise ausgeübten Tätigkeiten ab. Zur umfassenden Parteienvertretung im Sinne des § 8 Abs. 1 und 2 RAO gehört neben dem Beratungsrecht auch das berufsmäßige Verfassen von Rechtsurkunden oder gerichtlichen Eingaben für Parteien bzw. das gewerbsmäßige Verfassen schriftlicher Anträge oder Urkunden sowie das Erteilen einschlägiger Auskünfte für den Gebrauch vor inländischen oder ausländischen Behörden. Für den Rechtsanwaltsberuf ist typisch, dass er die rechtliche Beratung und Vertretung von Klienten vor Gerichten in dem weitesten Ausmaß und Umfang umfasst, der denkbar ist (vgl. VwGH 20.03.2018, Ra 2018/03/0001; siehe auch Vitek in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO11 § 8 Rz 2/1 [Stand 1.11.2022, rdb.at]).
Nach Art. 90 B-VG sind Staatsanwälte Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit. In Verfahren wegen mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen nehmen sie Ermittlungs- und Anklagefunktionen wahr.
Staatsanwälte iSv Art. 90a B-VG sind mit Aufgaben der Wahrung der Interessen des Staates in der Rechtspflege v.a. in der Strafrechtspflege betraut (siehe dazu Lukan in Kahl/Khakzadeh/Schmid, Kommentar zum Bundesverfassungsrecht B-VG und Grundrechte Art. 90a B-VG Rz 2 [Stand 1.1.2021, rdb.at]). Art. 90a B-VG ordnet die Staatsanwälte der Staatsfunktion Gerichtsbarkeit zu (vgl. Grabenwarter/Frank, B-VG Art 90a Rz 3 [Stand 20.6.2020, rdb.at]). Der zweite Satz des Art 90a B-VG regelt die Aufgaben des Staatsanwaltes. Er weist diesem die Ermittlungs- und Anklagefunktion im gerichtlichen Strafverfahren zu und legt damit eine verfassungsrechtliche Bestandsgarantie für diese Aufgabe fest. Sie sind als Anklagebehörde iSd Art 90 Abs. 2 B-VG eingesetzt. Eine Ermittlungstätigkeit hat hauptsächlich von den Staatsanwälten auszugehen (vgl. Lukan in Kahl/Khakzadeh/Schmid, Kommentar zum Bundesverfassungsrecht B-VG und Grundrechte Art. 90a B-VG Rz 4 [Stand 1.1.2021, rdb.at]).
Im Ermittlungsverfahren tritt die Staatsanwaltschaft als hoheitliche Entscheidungsträgerin auf. Sie ordnet Beweisaufnahmen an, wie etwa Sicherstellungen, Obduktionen, qualifizierte Observationen, systematische verdeckte Ermittlungen. Sie beauftragt die Kriminalpolizei mit Ermittlungsmaßnahmen, kann Vernehmungen selbst durchführen. Sie hat ggf. Anklage zu erheben, kann jedoch durch eine Einstellung des Verfahrens, etwa durch eine gebotene diversionelle Erledigung, materiell rechtsprechende Funktionen ausüben. Bei Haft- und Hauptverhandlungen trifft den Staatsanwalt eine uneingeschränkte Beteiligungspflicht (vgl. Schroll/Oshidari in Fuchs/Ratz, WK-StPO [2020] § 20 Rz 1 ff).
Im gegenständlichen Fall ergibt sich daraus Folgendes:
Der nun als Staatsanwalt tätige Beschwerdeführer begehrt die Anrechnung seiner Vordienstzeiten als Rechtsanwaltsanwärter und Rechtsanwalt zur Gänze. Diesbezüglich stellt sich die Frage, ob diese Berufstätigkeiten als gleichwertig zu jener eines Staatsanwalts anzusehen ist. Im Fall des Beschwerdeführers wurde seine Vortätigkeit als selbstständiger Rechtsanwalt im Ausmaß von fünf Jahren – laut der Bescheidbegründung vom XXXX – gemäß § 12 Abs. 3 Z 1 GehG 1956 angerechnet. Folgt man nun der – in der mündlichen Verhandlung und im Schriftsatz vom 28.11.2023 vorgebrachten – Rechtsansicht des Beschwerdeführers, dass nur der Spruch des Bescheides in Rechtskraft erwachsen sei, ist der gesamte Zeitraum seiner Berufstätigkeit zu überprüfen.
Gemäß § 12 Abs. 2 Z 1a lit. c sublit. bb GehG 1956 ist eine Berufstätigkeit nur dann gleichwertig, wenn für die Besorgung der Aufgaben eine Ausbildung auf gleicher fachlicher Ebene erforderlich ist. Für die Besorgung der Aufgaben als Staatsanwalt ist – nach dem Hochschulstudium der Rechtswissenschaften – die fachliche Ausbildung als Richteramtsanwärter samt erfolgreich abgeschlossener Richteramtsprüfung erforderlich. Für die Besorgung der Aufgaben als Rechtsanwalt ist – nach dem Hochschulstudium der Rechtswissenschaften – die fachliche Ausbildung als Rechtsanwaltsanwärter samt erfolgreich abgeschlossener Rechtsanwaltsprüfung erforderlich. Das Vorliegen einer Ausbildung auf gleicher fachlicher Ebene ist daher für den Beruf des Rechtsanwalts und den Beruf des Staatsanwalts gegeben. Aus diesem Grund reicht auch die Ablegung einer Ergänzungsprüfung zur Erlangung des jeweils anderen Berufs, welche der Beschwerdeführer erfolgreich absolviert hat.
Der Beschwerdeführer begehrt jedoch auch die Anrechnung seiner Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter. Diese Funktion stellt ein Ausbildungsverhältnis zur Erlangung des Berufs als Rechtsanwalt dar. Auch führte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung dazu aus, dass es dabei um den Aufbau des Wissens und der Erfahrung gehe und die Konzipiententätigkeit die Voraussetzung für die Tätigkeit als Rechtsanwalt sei. Da es sich beim Rechtsanwaltsanwärter selbst um ein Ausbildungsverhältnis handelt, ist für die Besorgung der Aufgaben eines Rechtsanwaltsanwärters eine Ausbildung auf gleicher fachlicher Ebene wie für die Aufgaben eines Staatsanwalts nicht erforderlich, sodass die Anrechnung dieser Zeit schon an § 12 Abs. 2 Z 1a lit. c sublit. bb GehG 1956 scheitert. Darüber hinaus gelten aber auch die folgenden Erwägungen zu Frage der Gleichwertigkeit.
Maßgeblich für die Frage, ob die Berufstätigkeit als Rechtsanwalt als gleichwertig zu jener eines Staatsanwalts anzusehen ist, ist laut der gesetzlichen Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 1a lit. a GehG 1956, ob die mit den jeweiligen Berufstätigkeiten verbunden Aufgaben zu mindestens 75% einander entsprechen. Das Gesetz stellt auf den Begriff „Aufgabe“ ab, weshalb dieser auch auslegungsbedürftig ist.
Der Begriff „Aufgabe“ impliziert eine bestimmte Zielverfolgung. „Aufgabe“ ist im Sinne von Aufgabenstellung zu verstehen und beinhaltet damit eine Blickrichtung, unter der die Berufstätigkeit erbracht wird. Davon zu unterscheiden sind die konkreten Tätigkeiten, die zur Erfüllung einer Aufgabe erbracht werden müssen. Als Beispiele einer Tätigkeit in juristischen Berufen wären etwa das Aktenstudium, die juristische Recherche oder die Kommunikation mit Beteiligten zu nennen.
Umgelegt auf den gegenständlichen Fall ergibt sich aus dem Vergleich der beiden Berufsbilder, dass Staatsanwälte und Rechtsanwälte im Wesenskern unterschiedliche Aufgaben verfolgen, wenngleich sich einzelne Tätigkeiten (wie Aktenstudium und Judikaturrecherche) zur Erfüllung dieser Aufgaben überschneiden können. Diese unterschiedlichen Aufgaben liegen schon in den unterschiedlichen Rollen, die sie im Bereich der Rechtspflege einnehmen. Während es Aufgabe eines Staatsanwalts ist, unter Wahrung der Objektivität die korrekte Vollziehung der Gesetze als Maßstab heranzuziehen, liegt es in der Natur der Tätigkeit als Rechtsanwalt, das für den jeweiligen Mandanten beste rechtliche Ergebnis zu erzielen. Im Vordergrund der anwaltlichen Tätigkeit stehen somit die Interessen des Mandanten und nicht die Wahrung der Interessen des Staates. Im Ergebnis ist aufgrund dieser unterschiedlichen Aufgabenstellung von Staatsanwalt bzw. Rechtsanwalt nicht davon auszugehen, dass die mit der Berufstätigkeit verbundenen Aufgaben zu mindestens 75% einander entsprechen. Daran ändern auch die Argumente des Beschwerdeführers nichts, wonach der Rechtsanwalt die Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft im Nachhinein zu beurteilen und einzuschätzen hat, um ein Rechtsmittel dagegen einlegen zu können oder auch als Privatbeteiligter Ermittlungen anregen kann oder Einstellungsanträge formuliert.
Selbst wenn entgegen dem Gesetzeswortlaut auch auf die Tätigkeiten abzustellen wäre, ist dadurch nichts für den Beschwerdeführer gewonnen, weil auch hier keine Übereinstimmung zu 75% vorliegt. In den ersten sechs Monaten seiner Tätigkeit als Staatsanwalt hat der Beschwerdeführer die in den Feststellungen dargelegten Tätigkeiten ausgeübt. Lediglich bezüglich der Aufbereitung von Rechtsfragen und der Durchführung von Recherchetätigkeiten kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer gleichwertige Tätigkeiten als Rechtsanwalt ausgeübt hat. Vor diesem Hintergrund ist das Vorbringen des Beschwerdeführers zu einzelnen Tätigkeiten, nämlich, dass er gleichermaßen Fragen an Angeklagte und Beschuldigte gestellt, Anträge formuliert, und Plädoyers gehalten sowie Interessen vertreten, Post gesichtet, Aufzeichnungen geführt und Rechtsauskünfte erteilt habe, nicht geeignet, um eine Gleichwertigkeit zu belegen.
Zudem machten die Tätigkeiten des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit strafrechtlichen Agenden in seiner Zeit als Rechtsanwaltsanwärter bzw. Rechtsanwalt nur einen Teil seiner Tätigkeit aus. Diesen Anteil konnte der Beschwerdeführer zwar nicht genau prozentuell beziffern, aus seinem Vorbringen ergibt sich jedoch, dass er zumindest bis 2009 lediglich in geringerem Ausmaß mit strafrechtlichen Rechtssachen befasst war, nämlich in Form von strafrechtlichen Verfahrenshilfeakten. Selbst ab 2009 kann nicht von einem Überwiegen der strafrechtlichen Angelegenheiten in seiner Tätigkeit ausgegangen werden, während die Tätigkeit eines Staatsanwalts hingegen hauptsächlich auf das Strafrecht beschränkt ist. Der Beschwerdeführer argumentiert zwar in der mündlichen Verhandlung, warum er die Trennung nach Rechtsgebieten nicht für zutreffend hält (Kenntnis von zivilrechtlichen Grundlagen auch bei Vermögensdelikten, Beurteilung der Privatbeteiligung, Verhandlungstätigkeit, Beurteilung von Sachverständigengutachten), doch kommt es aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts in Übereinstimmung mit der belangten Behörde sehr wohl auch auf das Ausmaß der Beschäftigung mit der Materie an.
Aufgrund dessen kann somit jedenfalls nicht von einer Übereinstimmung von zumindest 75% ausgegangen werden. Eine exakte Feststellung des tatsächlichen Umfanges der einzelnen Aufgaben bzw. Tätigkeiten, die auch aufgrund des zwischenzeitig länger verstrichenen Zeitraums dem Beschwerdeführer und in der Folge dem Gericht eine entsprechende exakte Quantifizierung nicht erlaubte, erübrigt sich somit auch aus diesem Grund.
Insoweit die belangte Behörde im Bescheid anführt, es könne nicht festgestellt werden, dass die Tätigkeiten des Beschwerdeführers als Rechtsanwaltsanwärter bzw. Rechtsanwalt in den ersten sechs Monaten seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses als Staatsanwalt zu einem erheblich höheren Arbeitserfolg (schon gar nicht über 25%) bei seiner Verwendung als Staatsanwalt geführt habe, ist dazu festzuhalten, dass dies einer Prüfung der Nützlichkeit im Sinne des § 12 Abs. 3 GehG entsprechen würde. Eine derartige Prüfung ist dem Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Verfahren jedoch verwehrt, weil durch § 169h Abs. 1 GehG nur eine Möglichkeit der weiteren Anrechnung von Zeiten einer gleichwertigen Verwendung gemäß § 12 Abs. 2 Z 1a GehG eröffnet wurde. Eine zusätzliche Anrechnung von Zeiten nach § 12 Abs. 3 GehG, die der Beschwerdeführer mit einem Eventualantrag beantragt hat, den er in der Beschwerde jedoch wieder zurückgezogen hat, ist im gegenständlichen Verfahren nicht möglich.
Soweit in der Beschwerdeschrift gegen die Annahme der belangten Behörde, ein Rechtsanwalt bzw. Rechtsanwaltsanwärter habe Rechtsberatungen zu leisten, wie sie ein Staatsanwalt gar nicht leisten dürfe, vorgebracht wird, dies lasse unberücksichtigt, dass auch im Fall eines Staatsanwalts im Rahmen des Journaldienstes und des Amtstages durchaus Parteien mit ihren Anliegen vorsprechen würden und diese aufzuklären seien, ist dem entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung selbst angab, in den ersten sechs Monaten als Staatsanwalt weder Amtstage abgehalten noch Journaldienste durchgeführt. Das diesbezügliche Argument geht somit im gegenständlichen Fall schon aus diesem Grund ins Leere.
Die Beschwerde war folglich als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs fehlt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bislang noch nicht mit der Frage der Gleichwertigkeit iSd § 12 Abs. 2 Z 1a lit c GehG befasst. Weiters kommt der Lösung dieser Rechtsfrage dadurch eine grundsätzliche Bedeutung zu, dieser es aufgrund einer Vielzahl gleich bzw. ähnlich gelagerter Fälle hinsichtlich eines Vergleichs zwischen staatsanwaltschaftlicher und richterlicher zu anwaltlicher Berufstätigkeit Bedeutung über den konkreten Einzelfall hinaus zukommt.
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