BVwG I415 2216063-2

BVwGI415 2216063-213.10.2023

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
AsylG 2005 §60 Abs1 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9 Abs2
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §59 Abs5
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:I415.2216063.2.00

 

Spruch:

 

 

I415 2216063-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Libyan Arab Jamahiriya, vertreten durch RAe Rast & Musliu, Alser Straße 23/14, 1080 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, XXXX vom 02.02.2023, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I. Verfahrensgang:

1. Verfahrensgegenstand ist der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA/belangte Behörde) vom 02.02.2023 mit dem der Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF), einem Staatsangehörigen von Libyan Arab Jamahiriya, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 17.12.2021 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen wurde (Spruchpunkt I.).

2. Mit dem am 13.03.2023 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob der BF durch seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde gegen den vorangeführten Bescheid, wobei im Wesentlichen moniert wurde, dass die Rechtsansicht der belangten Behörde verfehlt sei und zweifelsfrei eine wesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes vorläge. Die über 10-jährige Ehegemeinschaft sei in keinster Weise berücksichtigt worden und habe das BFA die Ehegattin des BF zum Nachweis des bestehenden Familienlebens trotz entsprechenden Antrages nicht einvernommen. Diese befände sich seit fünfeinhalb Jahren aufgrund diverser schwerer Erkrankungen im Krankenstand und sei arbeitsunfähig. Ohne die Hilfe des BF sei es ihr nicht möglich Arzttermine, Therapien, Körperpflege sowie Besorgungen des täglichen Lebens zu erledigen und stelle der BF die einzige Stütze für seine Gattin dar. Ferner habe er eine Vaterrolle im Leben der Kinder seiner Ehefrau eingenommen, pflege im Bundesgebiet tiefe soziale Kontakte und sei infolge seines nunmehr knapp 20 Jahre andauernden Aufenthaltes nachhaltig integriert. Er weise hervorragende sprachliche und kulturelle Kenntnisse auf, verfüge über einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag und Unterstützungserklärungen und sei ehrenamtlich tätig. Sein Lebensmittelpunkt befände sich somit in Österreich, wohingegen keinerlei Bezüge mehr zu seinem Herkunftsland bestünden. Die belangte Behörde hätte sohin von einem schützenswerten Privat- und Familienleben ausgehen und den beantragten Aufenthaltstitel erteilen müssen.

3. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden in weiterer Folge vom BFA vorgelegt und sind am 20.03.2023 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

 

 

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF:

Der volljährige und kinderlose BF ist Staatsangehöriger von Libyan Arab Jamahiriya und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Seine Identität steht nicht fest.

Der BF, den keine Sorgepflichten treffen, ist gesund und arbeitsfähig, er leidet an keinen schweren chronischen oder gar lebensbedrohlichen Erkrankungen und nimmt keine Medikamente ein. Er wurde in XXXX geboren und spricht muttersprachlich arabisch. In XXXX hat er von 1981 bis 1987 die Grundschule, von 1987 bis 1990 ein Gymnasium sowie von 1991 bis 1995 eine berufsbildende höhere Schule mit Diplomabschluss (Akademie für Flugzeugtechnik) besucht. Danach absolvierte er eine zweijährige Computer-Software-Ausbildung. In den Jahren 1999 bis 2005 bestritt er seinen Lebensunterhalt als Spielwarenverkäufer in XXXX . Vor seiner Ausreise hat der BF in seinem Elternhaus in XXXX gelebt.

In seiner Heimat verfügt der BF über familiäre Anbindungen in Form seines Vaters und seiner neun Geschwister, die allesamt verheiratet sind. Ein weiterer Bruder lebt in Malta.

Im Juli 2005 flog der BF von XXXX nach XXXX , wo er sich rund eine Woche aufhielt, ehe er sich Ende August bzw. Anfang September 2005 nach Österreich begab. Am 09.11.2005 stellte der BF erstmalig einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.06.2008 negativ beschieden und der BF nach Libyen ausgewiesen wurde. Dieser Bescheid erwuchs am 02.03.2010 in zweiter Instanz in Rechtskraft.

Der BF wurde mit Urteil des XXXX vom 05.11.2009 wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB, teilweise in Verbindung mit § 15 StGB, wegen des Vergehens der sittlichen Gefährdung von Personen unter 16 Jahren nach dem § 208 Abs. 1 StGB, wegen des Verbrechens der schweren Nötigung nach den § 105 Abs. 1 und § 106 Abs. 1 Z 3 StGB, wegen des Vergehens der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach dem § 207a Abs. 3 zweiter Fall StGB sowie wegen des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach dem § 212 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

Infolge dieser strafgerichtlichen Verurteilung wurde gegen den BF am 31.03.2010 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen, welches seitens der XXXX mit Berufungsbescheid vom 10.11.2010 bestätigt wurde.

Am 08.08.2011 stellte der BF im Zuge seines Haftaufenthaltes einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid vom 02.12.2011 rechtskräftig wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückgewiesen wurde.

Am 06.10.2014 brachte der BF abermals einen Antrag auf internationalen Schutz ein, der mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.02.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Libyen (Spruchpunkt II.) als unbegründet abgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Libyen zulässig sei (Spruchpunkt V.). Ferner wurde ausgesprochen, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht bestehe (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde gegen die Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.) und gegen den BF ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.). Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde – nach Stellung eines Fistsetzungsantrages durch den damaligen Rechtsvertreter des BF und nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, zu der der BF und seine damalige Rechtsvertretung jedoch ohne Angabe von Gründen nicht erschienen sind – mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2021 zur Zl. XXXX , rechtskräftig als unbegründet abgewiesen, eine Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

Fest steht, dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung bislang beharrlich nicht nachgekommen ist und er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gegen ihn besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem fünfjährigen Einreiseverbot.

Am 13.06.2021 wurde der BF bei der Schwarzarbeit durch Organe der Finanzpolizei betreten, am 17.12.2021 stellte er über seine Rechtsvertretung einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 und brachte zugleich eine Stellungnahme sowie diverse Nachweise und Unterlagen in Vorlage.

Mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 20.12.2021, Zl. XXXX , wurde dem BF gemäß § 46 Abs. 2 und 2b FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen, bei der zuständigen ausländischen Behörde seines Herkunftsstaates (Botschaft des Staates Libyen) ein Reisedokument einzuholen und dieses bei Ausstellung dem BFA vorzulegen. Ferner wurde er angehalten, die Erfüllung des Auftrages nachzuweisen und wurde ihm hierfür gemäß § 59 Abs. 2 AVG eine Frist von vier Wochen gesetzt.

Mit Verbesserungsauftrag vom 04.01.2022 wurde der BF unter Setzung einer Frist von vier Wochen ab Zustellung des Schreibens zur persönlichen Antragstellung, zum Nachweis der Erfüllung des Modul 1 der Integrationsvereinbarung sowie zur Vorlage eines gültigen Reisedokumentes und einer Geburtsurkunde oder eines dieser gleichzusetzendes Dokumentes aufgefordert. Am 13.01.2022 wurde seitens der Rechtsvertretung des BF erneut der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMKR samt diverser Nachweise in Vorlage gebracht, wobei zugleich augeführt wurde, dass die Originale postalisch übermittelt werden und neuerlich um Bekanntgabe eines Termins zur persönlichen Antragstellung ersucht wurde.

Mit dem am 07.02.2022 beim BFA eingebrachten Schriftsatz teilte die Rechtsvertretung des BF mit, dass diesem seitens der libyschen Botschaft kein Reisepass oder eine andere amtliche Urkunde ausgestellt werde. Gleichzeitig wurde eine Bestätigung der Botschaft sowie der Nachweis über die Erfüllung des Modul 1 der Integrationsvereinbarung vorgelegt. Zudem wurde erneut ein Antrag auf Bekanntgabe eines Termins zur persönlichen Antragstellung gestellt. Daraufhin wurde der BF am 16.02.2022 einer niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA unterzogen, am 18.02.2022 wurde eine Stellungnahme samt diverser Nachweise ins Verfahren eingebracht.

Mit dem als „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ bezeichneten Schreiben der belangten Behörde vom 20.10.2022 wurde der BF von der beabsichtigten Zurückweisung seines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 58 Abs. 10 iVm § 60 AsylG 2005 in Kenntnis gesetzt und wurde ihm zugleich die Möglichkeit gewährt, dazu innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung der Verständigung schriftlich Stellung zu beziehen. Ferner wurde der BF zur Vorlage von Unterlagen im Hinblick auf etwaige Ausbildungen im Pflegebereich sowie zum Bezug von Pflegegeld durch die F.L. aufgefordert. Dazu bezog der BF mit Eingabe vom 02.11.2022 Stellung und legte mehrere Nachweise vor.

Nicht festgestellt werden kann, dass sich der BF seit dem Jahr 2005 durchgehend im Bundesgebiet aufhält, jedoch ist von einem durchgehenden Aufenthalt ab dem 21.08.2014 auszugehen.

In Österreich war der BF im Zeitraum vom 05.05.2008 bis zum 17.09.2008 geringfügig als Gemeindearbeiter beschäftigt. Davon abgesehen ist er zu keinem Zeitpunkt einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Seit März 2017 ist er ehrenamtlich beim XXXX tätig (Regalbetreuung, Lagerbetreuung, Warenlieferungen, Warenübernahme, Kassatätigkeiten), wobei er 2023 für sein besonders ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet wurde. Zudem ist er im Besitz einer aktuellen Einstellungszusage des Hilfswerks. Der BF hat in Österreich Freundschaften geschlossen und verfügt über eine Wohnrechtsvereinbarung und über mehrere Empfehlungsschreiben, maßgebliche private Beziehungen führt er jedoch nicht. Im Jahr 2014 hat er zertifizierte Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 erworben. Der BF bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und wird gelegentlich von Freunden sowie vom XXXX finanziell unterstützt, er ist nicht selbsterhaltungsfähig. Zu seinen in Österreich lebenden Cousins hat er kaum Kontakt.

Der BF hat am 09.01.2012 die tunesische Staatsangehörige F.L., geb. XXXX nach islamischem Recht geheiratet. Eine nach islamischem Ritus geschlossene Ehe stellt in Österreich keine gesetzlich anerkannte Ehe dar. Der BF ist daher nach österreichischem Recht ledig und befindet sich in einer Beziehung mit der F.L., mit welcher er jedoch zu keinem Zeitpunkt im gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Die F.L. ist arbeitsunfähig und nimmt aufgrund diverser Erkrankungen laufend orthopädische schmerztherapeutische Maßnahmen in Anspruch, regelmäßige Kontrollen sind notwendig. Sie benötigt Unterstützung bei der Haushaltsführung sowie allgemein im Alltag. Die Kinder der F.L. sind volljährig, ein Abhängigkeitsverhältnis vom BF liegt nicht vor.

Aus dem begründeten Antragsvorbringen des BF gem. § 55 AsylG geht im Vergleich zum rezenten rechtskräftigen Erkenntnis vom 19.05.2021 zur Zl. XXXX ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gem. § 9 Abs. 2 BFA-VG geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gem. Art 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervor.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang und zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben, insbesondere durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung des am 17.12.2021 eingebrachten Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK, in die in Vorlage gebrachten Unterlagen und Nachweise und die Antragsbegründung vom 16.12.2021, in den Verbesserungsauftrag vom 04.01.2022, in das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2021 zur Zl. XXXX , in die Stellungnahmen vom 07.02.2022, 16.02.2022, 02.11.2022 und vom 24.03.2023, in die niederschriftlichen Angaben des BF vor der belangten Behörde am 16.02.2022, in die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 20.10.2022 sowie in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Auskünfte aus dem Strafregister, der Grundversorgung (GVS), dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und dem Hauptverband österreichischen Sozialversicherungsträger (AJ-WEB) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des BF:

In Ermangelung der Vorlage entsprechender identitätsbezeugender Dokumente steht die Identität des BF nicht fest.

Die Feststellungen zu seiner Religionszugehörigkeit sowie zu dem Umstand, dass er kinderlos ist, beruhen auf seinen dahingehenden Angaben im Zuge der vorangegangenen Asylverfahren und hat er schließlich auch vor der belangten Behörde am 16.02.2022 ausgeführt keine Kinder und auch keine Sorgepflichten zu haben.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand basieren auf dem Akteninhalt und wurden etwaige gesundheitliche Beeinträchtigungen zu keinem Zeitpunkt im Verfahren sowie insbesondere auch nicht im Beschwerdeschriftsatz vorgebracht. Aus der Aktenlage sind keinerlei Anhaltspunkte auf schwere chronische oder gar lebensbedrohliche Erkrankungen hervorgekommen und hat der BF vor dem BFA zuletzt selbst angegeben, gesund zu sein und keine Medikamente einzunehmen (AS 310). Daraus abgeleitet war die Feststellung zu seiner Arbeitsfähigkeit zu treffen.

Die Feststellungen zur Herkunft des BF, zu seinen Sprachkenntnissen, zur Schul- und Berufsausbildung sowie zur Berufserfahrung in seiner Heimat, zu seinen familiären Anbindungen an Libyen sowie dazu, dass er vor seiner Ausreise in seinem Elternhaus in XXXX gelebt hat, gründen auf den in Rechtskraft erwachsenen Feststellungen im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2021 zur Zl. XXXX , sowie auf den Angaben des BF vor der belangten Behörde am 16.02.2022.

Die Feststellungen zur Einreise des BF in das Bundesgebiet Ende August bzw. Anfang September 2005, zu seinen Asylantragstellungen, die in weiterer Folge allesamt rechtskräftig negativ beschieden wurden, sowie zur Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes am 31.03.2010 und des aktuell noch in Geltung stehenden fünfjährigen Einreiseverbots stützen sich auf eine Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, auf das im Akt erliegende Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2021 zur Zl. XXXX , sowie auf die dahingehenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen schließlich auch in der Beschwerdeschrift nicht entgegengetreten wurde. Unbestritten ist ferner, dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung bislang beharrlich nicht nachgekommen ist, er unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieb und gegen ihn eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung samt fünfjährigem Einreiseverbot besteht.

Durch durch den eingeholten Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich ist die Feststellung zur strafgerichtlichen Verurteilung des BF belegt. Dem im Verwaltungsakt befindlichen Schreiben des XXXX vom 03.12.2021 (AS 5ff) ist zu entnehmen, dass der BF am 13.06.2021 bei der Schwarzarbeit betreten wurde.

Die Feststellungen zur gegenständlichen Antragstellung, zu den in Vorlage gebrachten Unterlagen und Nachweisen, zur beauftragten Einholung eines Reisedokumentes, zum Verbesserungsauftrag der belangten Behörde und den in weiterer Folge eingebrachten Stellungnahmen seitens der Rechtsvertretung des BF, zu der am 16.02.2022 erfolgten niederschriftlichen Einvernahme sowie zur Einräumung von Parteiengehör fußen ebenso auf dem Akteninhalt, insbesondere auf dem am 17.12.2021 eingebrachten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK, auf dem Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 20.12.2021 (AS 99ff), auf dem Verbesserungsauftrag vom 04.01.2022 (AS 115f), auf der Niederschrift vom 16.02.2022 (AS 309ff) sowie auf dem als „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ bezeichneten Schreiben vom 20.10.2022 (AS 379ff).

Dass der BF im Zeitraum 05.05.2008 bis 17.09.2008 geringfügig als Gemeindearbeiter beschäftigt und er davon abgesehen in Österreich zu keinem Zeitpunkt erwerbstätig war, ist durch die Eintragungen in der Datenbank des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger den BF betreffend belegt und ist dies ferner dem mehrfach vorgelegten Lebenslauf vom 12.12.2021 zu entnehmen. Aufgrund der ins Verfahren eingebrachten Nachweise [Empfehlungsschreiben (AS 57ff, 155ff, 288ff, 415, 583ff), Prüfungszeugnis ÖIF-Test, Niveau A2 (AS 75ff, 173ff, 253, 269, 297f), Nachweis über freiwillige Tätigkeiten und Einstellungszusage XXXX (AS 81ff, 179ff, 300f, 577ff), Wohnrechtsvereinbarung vom 11.12.2021 (AS 85, 183 und 302) und Zeitungsberichte 2023 (OZ2)] sowie aufgrund der Ausführungen des BF vor der belangten Behörde waren die Feststellungen zu seiner ehrenamtlichen Tätigkeit, zur Auszeichnung im Jahr 2023, zum Erwerb zertifizierter Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2, zur Einstellungszusage und Wohnrechtsvereinbarung sowie zu den von ihm geschlossenen Freundschaften und Empfehlungsschreiben zu treffen. Dass der BF im Bundesgebiet maßgebliche private Beziehungen führt, geht aus diesen jedoch nicht hervor und gilt ferner festzuhalten, dass der BF vor dem BFA weder die Familiennamen, noch die Adressen und Geburtsdaten seiner Freunde darzulegen vermochte (AS 324). Dem eingeholten tagesaktuellen Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem des Bundes ist zu entnehmen, dass der BF Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht. Darüber hinaus hat der BF vor der belangten Behörde selbst angeführt von der XXXX sowie gelegentlich von Freunden und vom XXXX finanziell unterstützt zu werden (AS 320 und 325) und war angesichts dessen sowie aufgrund des Umstandes, dass er keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, festzustellen, dass der BF nicht selbsterhaltungsfähig ist. Ferner hat der BF vor dem BFA am 16.02.2022 selbst dargelegt, dass er mit seinen in Österreich lebenden Cousins kaum in Kontakt steht und konnte er auch in diesem Zusammenhang weder Adressen noch Geburtsdaten nennen (AS 323).

Die Negativfeststellung zum durchgehenden Aufenthalt seit dem Jahr 2005 ergibt sich daraus, dass der BF im Zeitraum 09.03.2012 bis 20.08.2014 nicht aufrecht im Bundesgebiet gemeldet war. Aufgrund der bestehenden Hauptwohnsitzmeldung seit 21.08.2014 ist jedoch seitdem von einem durchgehenden Aufenthalt des BF in Österreich auszugehen.

Die Feststellung zu der am 09.01.2012 nach islamischen Recht geschlossenen Ehe mit der F.L. gründet auf der dazu ins Verfahren eingebrachten Heiratsurkunde der XXXX vom 09.01.2012 (AS 363). Unbestritten ist, dass nach islamischem Recht geschlossene Ehen in Österreich nicht anerkannt werden (vgl. dazu auch VwGH 11.03.2020, Ra 2019/18/0382), weshalb festzustellen war, dass der BF ledig ist und mit der F.L. lediglich eine Beziehung führt. Auf den eingeholten Auszügen aus dem Zentralen Melderegister - sowohl den BF als auch die F.L. betreffend - basiert die Feststellung, wonach der BF mit dieser zu keinem Zeitpunkt im gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der F.L. sowie dazu, dass sie Unterstützung bei der Haushaltsführung sowie allgemein im Alltag benötigt, fußen auf den dazu vorgelegten ärztlichen Befunden und den Ausführungen in der Stellungnahme vom 16.02.2022 und vom 02.11.2022 sowie auf jenen in der Beschwerdeschrift. Die Feststellung, derzufolge die Kinder der F.L. in keinem Abhängigkeitsverhältnis zum BF stehen, basiert auf dem Umstand, dass diese – wie aus den in den eingebrachten Empfehlungsschreiben angeführten Geburtsdaten hervorgeht – bereits volljährig sind und der Aktenlage keinerlei Anhaltspunkte auf ein finanzielles oder anderweitig gelagertes Abhängigkeitsverhältnis vom BF zu entnehmen ist und wurde Gegenteiliges schließlich auch nicht vorgebracht, wobei insbesondere ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bereits angesichts dessen, dass der BF nicht erwerbstätig ist und Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, ausgeschlossen werden kann.

Dass dem begründeten Antragsvorbringen des BF gemäß § 55 AsylG im Vergleich zum rezenten rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2021 zur Zl. XXXX ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gem. § 9 Abs. 2 BFA-VG geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gem. Art 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht, ergibt sich aus dem Umstand, dass weder der Antragsbegründung des begehrten Aufenthaltstitels noch den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz und den seitens der Rechtsvertretung des BF erstatteten Stellungnahmen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt zugesonnen werden kann, der eine neuerliche meritorische Prüfung des Antrages erforderlich machen würde und ergibt sich dies zudem aus einem Vergleich der Feststellungen im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2021 mit den nunmehr im gegenständlichen Verfahren getätigten Ausführungen des BF.

Wie aus dem im Akt erliegenden Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2021 unzweifelhaft hervorgeht, hat bereits im Vorverfahren Berücksichtigung gefunden, dass der BF im Jahr 2014 ein Deutsch-Zertifikat auf dem Niveau A2 erlangt hat und seit 2017 ehrenamtlich beim XXXX tätig ist und hat er bereits zum damaligen Zeitpunkt eine aktuelle Einstellungszusage in Vorlage gebracht. Zudem wurde festgestellt, dass der BF zu seinen in Österreich lebenden Cousins keinen Kontakt hat, eine entscheidungswesentliche Änderung hat sich diesbezüglich im gegenständlichen Verfahren ebenso nicht ergeben, hat er doch vor der belangten Behörde am 16.02.2022 selbst ausgeführt, kaum Kontakt zu seinen Cousins zu pflegen und konnte er auch deren Adressen und Geburtsdaten nicht wiedergeben. Darüber hinaus geht der BF nach wie vor keiner Beschäftigung nach, bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und wird gelegentlich von Freunden und dem XXXX finanziell unterstützt, eine mittlerweile gegebene Selbsthaltungsfähigkeit liegt sohin ebenso nicht vor. Der BF hat zwar Freundschaften geschlossen und mehrere Empfehlungsschreiben neueren Datums ins Verfahren eingebracht, es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass er über maßgebliche private Beziehungen verfügt, was auch bereits im Vorverfahren dementsprechend festgestellt wurde. Wie bereits vorab ausgeführt, vermochte der BF vor der belangten Behörde weder die Familiennamen, noch die Adressen und Geburtsdaten seiner Freunde darzulegen. Nicht verkannt wird darüber hinaus, dass der BF im Jahr 2023 für sein besonderes ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet wurde, seine ehrenamtliche Tätigkeit wurde jedoch bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2021 berücksichtigt und vermag weder die nunmehrige Auszeichnung des BF noch die vorgelegte Wohnrechtsvereinbarung eine relevante Sachverhaltsänderung darzustellen.

Was die Beziehung des BF zu der F.L. anbelangt, so sei erwähnt, dass eine nach islamischem Recht geschlossene Ehe in Österreich keine gesetzlich anerkannte Ehe darstellt (VwGH 11.03.2020, Ra 2019/18/0382). Der BF ist daher nach österreichischem Recht nach wie vor ledig und führt lediglich eine Beziehung mit der F.L. Insofern dahingehend in der Beschwerdeschrift und den eingebrachten Stellungnahmen vorgebracht wird, dass diese aufgrund ihrer bereits rund fünfeinhalb Jahre andauernden Arbeitsunfähigkeit bzw. aufgrund ihres Gesundheitszustandes im Alltag auf den BF angewiesen sei, so ist dem entgegenzuhalten, dass bislang nie ein gemeinsamer Wohnsitz bestand und der BF – wie unter anderem den Feststellungen im Erkenntnis vom 19.05.2021 zu entnehmen ist – auch im Vorverfahren lediglich vermeinte seine Freundin aus dem XXXX „ab und zu“ zu treffen, wobei letztlich eine Beziehung zu derselben in diesem Zusammenhang nicht festgestellt werden konnte. Dass er mit dieser nach islamischem Ritus verheiratet ist und bereits seit mehr als 10 Jahren ein – wie im gegenständlichen Verfahren behauptetes – intensives Ehe- bzw. Familienleben geführt wird, ein Abhängigkeitsverhältnis vom BF besteht und die Eheleute füreinander die wichtigsten und stärksten Bezugspunkte darstellen, wurde erstmals im Zuge der Einvernahme vom 16.02.2022 bzw. im weiteren Laufe des Verfahrens dargetan und fand zuvor zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise Erwähnung. Im Zuge der gegenständlichen Antragstellung wurde dieser Umstand in den eingebrachten Schriftsätzen und der Antragsbegründung zunächst ebenso nicht einmal ansatzweise ins Treffen geführt und wurde die Beziehung zur F.L. bis zur Einvernahme vom 16.02.2022 mit keinem Wort erwähnt und spricht diese Tatsache in Zusammenschau mit dem Umstand, dass bislang nie ein gemeinsamer Wohnsitz bestand und der BF auch im Vorverfahren lediglich angeführt hat seine Freundin „ab und zu“ zu treffen nicht dafür, dass seit mehr als 10 Jahren ein Ehe- und Familienleben geführt wird, woran schließlich auch die erst im Zuge der Beschwerdeerhebung eingebrachte Stellungnahme der F.L. sowie eine etwaige Einvernahme derselben nichts zu ändern vermag. Auch der Rechtfertigungsversuch des BF vor dem BFA, wonach er seine Freundin bereits im Rahmen seiner Vorverfahren einmal erwähnt habe, er jedoch davon ausgegangen sei, dass die Ehe in Österreich nicht anerkannt werde und er nie danach gefragt worden sei, kann nicht überzeugen, war der BF doch nachweislich durch einen Rechtsanwalt vertreten und hatte mehrfach Gelegenheit zu seinem Privat- und Familienleben Stellung zu beziehen. Vielmehr ergibt sich aufgrund der aufgezeigten Umstände insgesamt der Eindruck, dass der BF infolge der rechtskräftigen Abweisung seiner Anträge auf internationalen Schutz und der gegen ihn erlassenen Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot nunmehr versucht das Vorliegen eines schützenswerten Familienlebens darzutun, was ihm jedoch insgesamt angesichts der dargelegten Umstände nicht gelungen ist bzw. schlichtweg nicht glaubhaft erscheint. Auch wenn der BF mit der F.L., die er bis zum Jahr 2021 eigenen Angaben zufolge nur „ab und zu“ getroffen hat, nunmehr eine Beziehung führt, so ist darin keine maßgebliche Sachverhaltsänderung zu erblicken, welche eine neuerliche Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK als notwendig erscheinen ließe und die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen bei der hier anzustellenden Prognose den Schluss zuließe, es wäre im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK zumindest möglich. Ein gemeinsamer Wohnsitz und Haushalt besteht nicht, im Vorverfahren wurde ein Abhängigkeitsverhältnis vom BF sowie ein seit mehr als 10 Jahren bestehendes Ehe- und Familienleben zu keinem Zeitpunkt vorgebracht und ist das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2021, in welchem eine Beziehung nicht festgestellt werden konnte, unbekämpft in Rechtskraft erwachsen. Ferner ist der belangten Behörde beizutreten, dass für die Pflege und Unterstützung der F.L. soziale Einrichtungen zur Verfügung stehen und hat sie zudem im Bundesgebiet lebende volljährige Kinder, die ihr im Bedarfsfall unterstützend zur Seite stehen könnten. Im Hinblick auf die Kinder derselben gilt ferner festzuhalten, dass diese bereits volljährig sind und ein Abhängigkeitsverhältnis vom BF nicht ersichtlich ist und auch nicht substantiiert dargetan wurde, ganz abgesehen davon, dass eine enge Beziehung zu diesen ebenso erstmals im Zuge der gegenständlichen Antragstellung vorgebracht wurde, was im Falle des Wahrheitsgehalts dieser Angaben wiederum nicht nachvollziehbar ist.

Darüber hinaus erfuhr zwar die Dauer des rechtswidrigen Aufenthaltes des BF notwendigerweise eine Änderung, es besteht jedoch eine aufrechte Rückkehrentscheidung samt fünfjährigem Einreiseverbot gegen den BF und wäre er daher verpflichtet gewesen das Bundesgebiet zu verlassen und stellt die verlängerte Aufenthaltsdauer noch keine maßgebliche Sachverhaltsänderung dar, die eine Neubeurteilung iSd Art. 8 EMRK erforderlich machen würde.

Insgesamt war sohin die Feststellung zu treffen, dass sich im Vergleich zu den Feststellungen im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2021 keine entscheidungswesentlichen Änderungen ergeben haben. Trotz des nunmehr verlängerten Aufenthalts des BF in Österreich wurden keine maßgeblichen Sachverhaltsänderungen vorgebracht und haben sich solche auch nicht aus der Aktenlage ergeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird (Z2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.

Gemäß § 60 Abs. 1 AsylG 2005 dürfen Aufenthaltstitel einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht (Z 1) oder gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht (Z 2).

Gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 sind Anträge gemäß § 55 als unzulässig zurüchzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1803 BlgNR 24. GP 50) legen zur Bestimmung des § 58 Abs. 10 AsylG 2005 Folgendes dar: "Der neue (Abs. 10) entspricht im Wesentlichen § 44b NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011. Mit der Neuerrichtung des Bundesamtes und der damit einhergehenden Verfahrensvereinfachung und organisatorischen Umstrukturierung ist die Einbindung der zuständigen Sicherheitsdirektion entfallen. Die Beurteilung bzw. Prüfung erfolgt nun durch das Bundesamt. Dementsprechend sind Anträge als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 iVm § 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Diese inhaltliche Neubewertung des Sachverhaltes hat sich lediglich auf den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Entscheidung nach dem FPG bis zur Entscheidung des zugrundeliegenden Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels zu beziehen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass - im Rahmen einer Neubewertung - wenn ein maßgeblich geänderter Sachverhalt im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, ein Aufenthaltstitel zu erteilen sein wird."

Da der Zurückweisungsgrund gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 (vormals § 44b Abs. 1 Z 1 NAG) der Zurückweisung wegen entschiedener Sache (§ 68 Abs. 1 AVG) nachgebildet ist, können die zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten Grundsätze für die Beurteilung, wann eine Änderung des Sachverhaltes als wesentlich anzusehen ist, auch für die Frage herangezogen werden, wann eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 58 Abs. 10 AsylG 2005 vorliegt. Demnach ist eine Sachverhaltsänderung dann wesentlich, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die rechtskräftige Entscheidung gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides (bezogen auf § 58 Abs. 10 AsylG 2005: eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK) muss also zumindest möglich sein; in dieser Hinsicht hat die Behörde eine Prognose zu treffen. Dabei ist die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Für diese Prognose ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen (vgl. VwGH 09.09.2013, 2013/22/0161; 09.09.2013, 2013/22/0215, mwN).

Nicht jede Änderung in Bezug auf die privaten und familiären Anknüpfungspunkte führt zur Erforderlichkeit einer neuerlichen meritorischen Prüfung des Antrags, sondern dies ist nur dann der Fall, wenn der Änderung eine nicht nur eine bloß untergeordnete Tatsachenrelevanz zukommt (siehe auch VwGH vom 19.02.2009, 2008/01/0344). Dem Erkenntnis des VwGH vom 25.02.2010, 2009/21/0367 ist zu entnehmen, dass durch den nunmehrigen § 58 Abs. 10 AsylG 2005 hintangehalten werden soll, dass durch "Kettenanträge" in der Absicht, die Durchsetzung bestehender Rückkehrentscheidungen zu unterlaufen, die Behörde gehindert wird, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu effektuieren.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der vom BFA unter dem Gesichtspunkt "entschiedene Sache" vorgenommenen Antragszurückweisung nach § 58 Abs. 10 AsylG 2005 ist jener der Erlassung des behördlichen Bescheides (vgl. VwGH 26.6.2020, Ra 2017/22/0183, wonach für diese Prüfung jene Umstände maßgeblich sind, die bis zum erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheid eingetreten sind). Es ergibt sich schon aus dem Gesetzeswortlaut des § 58 Abs. 10 AsylG 2005, dass für das BFA maßgebliche Beurteilungsgrundlage nur das "Antragsvorbringen" ist und dass das Verwaltungsgericht bloß die Richtigkeit der vom BFA - auf dieser Basis - ausgesprochenen Zurückweisung zu prüfen hat (vgl. VwGH 28.02.2022, Ra 2021/22/0240 mit Hinweis auf VwGH 26.06.2020, Ra 2017/22/0183; VwGH 29.05.2013, 2011/22/0102).

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Zumal die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Frage, ob die Zurückweisung des Antrags nach § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zu Recht erfolgte.

Im hier zu entscheidenden Beschwerdefall wurde gegen den BF mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.02.2019 eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem fünfjährigen Einreiseverbot erlassen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2021 zur Zl. XXXX als unbegründet abgewiesen und erwuchs der Bescheid sohin in Rechtkraft. Somit bestand gegen den BF bereits zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Antragstellung nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005 eine aufrechte Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 FPG und liegt somit ein Erteilungshindernis im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen des § 60 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 vor.

Allerdings hielt der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich fest, dass die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 60 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 dergestalt einschränkend auszulegen ist, dass sie sich – wie die inhaltlich ähnliche Erteilungsvoraussetzung nach § 60 Abs. 3 Z 2 AsylG 2005 ausdrücklich – nur auf Aufenthaltstitel nach den §§ 56 und 57 AsylG 2005 beziehen kann. Lediglich im Rahmen eines Verfahrens nach § 55 AsylG 2005 (bezüglich der Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK) hat auch eine Neubewertung einer Rückkehrentscheidung, die mit einem Einreiseverbot nach § 53 Abs. 2 oder 3 FPG verbunden ist, im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens zu erfolgen und sofern diese ergibt, dass ein maßgeblich geänderter Sachverhalt iSd Art. 8 MRK vorliegt, so ist der begehrte Aufenthaltstitel, ungeachtet des bestehenden Einreiseverbotes nach § 53 Abs. 2 und 3 FPG, zu erteilen und die Rückkehrentscheidung wird gemäß § 60 Abs. 3 Z 2 FPG gegenstandslos, sodass auch dem – deshalb ebenfalls gegenstandslos werdenden – Einreiseverbot der Boden entzogen ist (vgl. etwa VwGH 16.12.2015, Ro 2015/21/0037).

Somit ist im Lichte dieser Judikatur der Antrag des BF auf das Vorliegen eines maßgeblich geänderten Sachverhaltes iSd Art. 8 EMRK zu prüfen. Die maßgebliche, zu klärende Rechtsfrage im vorliegenden Sachverhalt war somit jene, ob nach der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2021 aus dem begründeten Antragsvorbringen zum gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005 im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens des BF gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, hervorgeht.

Wie der Beweiswürdigung zu entnehmen ist, besteht gegenständlich jedoch kein Raum für die Annahme, dass sich aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt im Hinblick auf das Privat- und Familienleben des BF im Vergleich zur rechtskräftigen Rückkehrentscheidung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2021 ableiten lässt, der eine Neubeurteilung auf Grundlage des Art. 8 EMRK erfordert. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte für einen geänderten Sachverhalt hervorgekommen.

Weder vermögen die vom BF vorgelegten Empfehlungsschreiben neueren Datums, aus denen sich jedoch keine maßgeblichen privaten Beziehungen ableiten lassen, die Auszeichnung für sein ehrenamtliches Engagement im Jahr 2023 und die ins Vefahren eingebrachte Wohnrechtsvereinbarung, noch die verlängerte Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet, die lediglich aus seinem illegalen Verbleib in Österreich bzw. aus der fortgesetzten beharrlichen Missachtung der ihn treffenden Ausreiseverpflichtung resultiert, eine relevante Sachverhaltsänderung darzustellen und hat auch der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass selbst der Zeitablauf zwischen einer Rückkehrentscheidung und einer Abweisung von Anträgen auf Erteilung von Aufenthaltstiteln von ungefähr zwei Jahren und zehn Monaten noch keine maßgebliche Sachverhaltsänderung bewirkt (vgl. VwGH 29.03.2021, Ra 2017/22/0196, mwN). Anderes kann somit auch nicht für den gegenständlich seit der rezenten Rückkehrentscheidung um etwa zwei Jahre und fünf Monate verlängerten Inlandsaufenthalt des BF gelten, welcher in Anbetracht des Umstandes, dass Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln nach §§ 55 bis 57 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 13 leg. cit. kein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründen auch nicht rechtmäßig war. Ferner gilt es im Hinblick auf den Aufenthalt des BF nochmals festzuhalten, dass der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 09.11.2005 bereits am 02.03.2010, jener vom 08.08.2011 am 02.12.2011 und jener vom 06.10.2014 am 19.05.2021 rechtskräftig negativ beschieden und gegen den BF zuletzt am 19.05.2021 eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem fünfjährigen Einreiseverbot erlassen wurde. Seiner Ausreiseverpflichtung kam der BF jedoch bislang nicht nach, vielmehr verblieb er unrechtmäßig im Bundesgebiet und stellte am 17.12.2021 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK.

Zudem ist in Bezug auf die ergänzend dargelegten Integrationsschritte (Auszeichnung aus dem Jahr 2023 für das ehrenamtliche Engagement des BF, Empfehlungsschreiben neueren Datums und Wohnrechtsvereinbarung) in Betracht zu ziehen, dass er diese allesamt über einen Zeitraum gesetzt hat, in welchem er zur Ausreise aus Österreich verpflichtet war. Diese Schritte erfolgten insofern zur Gänze vor dem Hintergrund seines unsicheren bzw. unrechtmäßigen Aufenthaltes und wirkt angesichts dessen auch das in der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.05.2021 rechtskräftig getroffenen Rückkehrentscheidung festgestellte öffentliche Interesse an seiner Aufenthaltsbeendigung mit zumindest gleichem Gewicht unverändert fort und steht dem fortgesetzten Ausleben der im Wesentlichen bereits bisher berücksichtigten Interessenslage des BF auch weiterhin entsprechend entgegen, sofern man berücksichtigt, dass bei der Gewichtung der für den Fremden sprechenden Umstände im Sinn des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend einbezogen werden darf, dass er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. VwGH 31.01.2022, Ra 2021/20/0486, mwN) und unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nicht akzeptiert werden muss, dass ein Fremder mit seinem Verhalten letztlich versucht, in Bezug auf seinen Aufenthalt in Österreich vollendete Tatsachen zu schaffen (vgl. VwGH 29.06.2022, Ra 2021/20/0403, mwN).

Darüber hinaus konnte – wie bereits vorab eingehend dargelegt – auch nicht festgestellt werden, dass der BF seit mehr als 10 Jahren ein Ehe- und Familienleben mit der F.L. führt. Die nach dem islamischem Recht geschlossene Ehe stellt in Österreich keine gesetzlich anerkannte Ehe dar, der BF ist daher nach wie vor ledig und führt mit der F.L. lediglich eine Beziehung, wobei zu keinem Zeitpunkt ein gemeinsamer Wohnsitz und Haushalt bestand und der BF im Vorverfahren – wie dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2021 zu entnehmen ist – selbst angeführt hat die F.L. nur „ab und zu“ zu treffen. Auch wenn nunmehr eine Beziehung zwischen dem BF und der F.L. besteht und er dieser im Alltag unterstützend zur Seite steht, so ist darin keine maßgebliche Sachverhaltsänderung seit der Rechtskraft des Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2021 zu erblicken, welche eine neuerliche Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK als notwendig erscheinen ließe und die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen bei der hier anzustellenden Prognose den Schluss zuließe, es wäre im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK zumindest möglich. Dabei ist insbesondere auch festzuhalten, dass sowohl der BF als auch die F.L. sich über die Unsicherheit und Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes sowie insbesondere dessen bewusst sein mussten, dass er über keinen gesicherten Aufenthaltsstatus in Österreich verfügt und konnten sie daher von Beginn an nicht darauf vertrauen sich in Österreich ein gesichertes Familienleben aufbauen und dieses dauerhaft fortführen zu können. Die Beziehung ist demnach vor dem Hintergrund des bewusst unrechtmäßigen Aufenthalts des BF als maßgeblich relativierend zu beurteilen. Im Hinblick auf die volljährigen Kinder der F.L. sind darüber hinaus keine Merkmale der Abhängigkeit, die über die üblichen Bindungen hinausgehen, hervorgekommen (vgl. VwGH 09.09.2021, Ra 2020/22/0174, mwN) und wurden solche auch zu keinem Zeitpunkt im Verfahren dargetan, sodass auch in diesem Zusammenhang keine maßgebliche Sachverhaltsänderung eingetreten ist.

Die belangte Behörde ist daher insgesamt zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückzuweisen war, weshalb die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 58 Abs. 10 AsylG abzuweisen war.

Besteht gegen einen Drittstaatsangehörigen bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung, so bedarf es gemäß § 59 Abs. 5 FPG bei allen nachfolgenden Verfahrenshandlungen nach dem 7., 8. und 11. Hauptstück des FPG oder dem AsylG 2005 keiner neuerlichen Rückkehrentscheidung, es sei denn, es sind neue Tatsachen gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG hervorgekommen. Derartige Hinweise haben sich gegenständlich nicht ergeben, weshalb die belangte Behörde zu Recht von der Erlassung einer neuerlichen Rückkehrentscheidung abgesehen hat.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Im Zusammenhang mit einer Zurückweisung gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Bestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht einschlägig ist, sondern ist die Frage nach dem zulässigen Unterbleiben einer Verhandlung auf Basis des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG zu beurteilen. Demnach kann eine Verhandlung (unter anderem) dann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag zurückzuweisen ist (vgl. zuletzt etwa VwGH 21.11.2022, Ra 2022/17/0194). In den Fällen des § 24 Abs. 2 VwGVG liegt es im Ermessen des Verwaltungsgerichts, trotz Antrag eine mündliche Verhandlung nicht durchzuführen (vgl. VwGH 31.08.2022, Ra 2022/17/0116 mwN).

In Anbetracht der umseitigen Erwägungen war bereits aufgrund der Aktenlage ersichtlich, dass der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 aus Gründen des Art. 8 EMRK zurückzuweisen war, weshalb gegenständlich die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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