ASVG §77
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:L521.2271199.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch das Land Oberösterreich, dieses vertreten durch den Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz in 4040 Linz, Hauptstraße 1-5, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (Landesstelle Oberösterreich) vom 29.08.2022, VS/RS as 6763, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Herabsetzung der Beitragsgrundlage zur Selbstversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 76 Abs. 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) vom 09.06.2022 wird bewilligt und der monatliche Beitrag für die Selbstversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 76 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 ASVG iVm § 77 Abs. 1 ASVG für den Zeitraum 01.07.2022 bis zum 31.12.2022 mit EUR 64,78 und für den Zeitraum 01.01.2023 bis zum 31.12.2023 mit EUR 66,79 festgesetzt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer ist ein am XXXX geborener Staatsangehöriger von Syrien. Ihm wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.12.2021, Zl. 1281927200-211080665, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.
2. Nach der Entlassung aus der Grundversorgung des Landes Oberösterreich wegen Zeitablaufs nach Zuerkennung des Status des Asylberechtigten beantragte der Magistrat der Landeshauptstadt Linz in Wahrnehmung der Aufgaben des mit der Obsorge betrauten Kinder- und Jugendhilfeträgers namens des Beschwerdeführers bei der Österreichischen Gesundheitskasse die Selbstversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 16 Abs. 1 ASVG ab dem 05.05.2022.
Dem Antrag wurde stattgegeben und der Beschwerdeführer mit Erledigung der Österreichischen Gesundheitskasse vom 27.05.2022 ein monatlicher Beitrag zur Selbstversicherung von EUR 464,42 ab dem 01.06.2022 auferlegt.
3. Am 09.06.2022 brachte der Beschwerdeführer im Wege des Magistrats der Landeshauptstadt Linz bei der Österreichischen Gesundheitskasse einen Antrag auf Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung ein.
Diesen Antrag wies die Österreichischen Gesundheitskasse mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.08.2022 gemäß § 76 Abs. 2 ASVG ab. Zur Begründung führte die Österreichische Gesundheitskasse nach Wiedergabe des Sachverhaltes und der zur Anwendung gelangenden gesetzlichen Bestimmungen aus, § 76 Abs. 2 ASVG bezwecke nach der Rechtsprechung des Verfassungsgrundhofes nicht, jene Stellen zu begünstigen, die auf Grund einer satzungsmäßigen oder vertraglichen Regelung die Beiträge zur Selbstversicherung zu tragen hätten. Bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Versicherten müsse somit darauf Rücksicht genommen werden, ob die beantragte Herabsetzung der Beitragsgrundlage tatsächlich dem Versicherten zugutekomme und nicht bloß einem Dritten.
Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz sei gesetzlicher Vertreter des Beschwerdeführers und mit dessen Obsorge betraut. Er habe deshalb für einen umfassenden Krankenversicherungsschutz des Beschwerdeführers zu sorgen und die dafür anfallenden Beiträge zur Selbstversicherung zu entrichten. Der Beschwerdeführer selbst beziehe zwar keine Sozialleistungen und erhalte keinen Unterhalt, er müsse jedoch nicht selbst für die Kosten der Selbstversicherung in der Krankenversicherung aufkommen. Eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage käme daher nicht dem Beschwerdeführer als Versicherten zugute, sondern einem Dritten, nämlich dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz. Die angestrebte Herabsetzung der Beitragsgrundlage erweise sich daher als nicht zulässig.
4. Gegen den am 06.09.2022 zugestellten Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, womit die Abänderung des angefochtenen Bescheides im Sinn einer Bewilligung des Antrages auf Herabsetzung der Beitragsgrundlage gemäß § 76 Abs. 2 ASVG begehrt und zusammenfassend vorgebracht wird, die Österreichischen Gesundheitskasse beziehe sich zur Begründung ihrer Entscheidung auf den gesetzlichen Ausschluss selbstversicherter Sozialhilfebezieher von der Möglichkeit einer Herabsetzung der Beitragsgrundlage gemäß § 76 Abs. 2 ASVG. Gerade diese Ausnahme sei jedoch zwischenzeitlich obsolet, da Bezieherinnen und Bezieher einer Leistung der Sozialhilfe oder der bedarfsorientierten Mindestsicherung nunmehr im Wege der Verordnung über die Durchführung der Krankenversicherung für die gemäß § 9 ASVG in die Krankenversicherung einbezogenen Personen in die Krankenversicherung einbezogen wären und hiefür auch eine besondere Beitragsgrundlage zum Tragen käme. Die angesprochene Verordnung beziehe außerdem Asylwerber in der Bundesbetreuung ebenso in die Pflichtversicherung ein wie unterstützungswürdige hilfs- und schutzbedürftige Fremde oder Vertriebene, wobei diesen Personengruppen ebenfalls ein Anspruch gegen den Bund bzw. die Länder auf Schutz im Krankheitsfall zukomme. Vor diesem Hintergrund stelle es sich als unsachlich dar, Personen mit dem Profil des Beschwerdeführers von der Möglichkeit einer Herabsetzung der Beitragsgrundlage gemäß § 76 Abs. 2 ASVG auszuschließen.
5. Die Beschwerdevorlage langte (erst) am 04.05.2023 beim Bundesverwaltungsgericht ein, sie umfasst ein umfangreiches Vorbringen der Österreichischen Gesundheitskasse, worin der Beschwerde in inhaltlicher Hinsicht entgegengetreten wird.
6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.07.2023 eine mündliche Verhandlung zur Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Vertreterinnen des Beschwerdeführers und der belangten Sozialversicherungsanstalt durch. Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung übermittelte es den Parteien des Beschwerdeverfahrens einen Fragenkatalog, der im Vorfeld der Verhandlung schriftlich beantwortet wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der am XXXX geborener Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien. Er stellte nach seiner Einreise in das Bundesgebiet am 03.08.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit am 04.01.2022 zugestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.12.2021, Zl. 1281927200-211080665, wurde dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuerkannt (Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister).
1.2. Da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährig war und er über keine Angehörigen in Österreich verfügt, wurde die Obsorge gemäß § 209 ABGB dem Kinder- und Jugendhilfeträger übertragen (Beweiswürdigung).
1.3. Aufgrund des Ablaufes der viermonatigen Frist nach Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten wurde der Beschwerdeführer mit Ablauf des 04.05.2022 aus der Grundversorgung des Landes Oberösterreich für hilfs- und schutzbedürftige Fremde entlassen (Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der Grundversorgung).
Der aufgrund des Wohnsitzes des Beschwerdeführers für die Wahrnehmung der Aufgaben des mit der Obsorge betrauten Kinder- und Jugendhilfeträgers örtlich zuständige Magistrat der Landeshauptstadt Linz beantragte namens des Beschwerdeführers am 25.05.2022 bei der Österreichischen Gesundheitskasse (Landesstelle Oberösterreich) gemäß § 16 Abs. 1 ASVG die Selbstversicherung in der Krankenversicherung ab dem 05.05.2022 (Antrag vom 25.05.2022, eingelangt am selben Tag). Dem Antrag wurde stattgegeben und der Beschwerdeführer wurde zur Zahlung eines monatlichen Beitrages zur Selbstversicherung von EUR 464,42 ab dem 01.06.2022 verpflichtet (Erledigung der Österreichischen Gesundheitskasse vom 27.05.2022, Zl. 14-2022-VW-161AB-000LZ).
1.4. Am 09.06.2022 beantragte der Beschwerdeführer bei der Österreichischen Gesundheitskasse die Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung gemäß § 76 Abs. 2 ASVG. Der Beschwerdeführer bezog zu diesem Zeitpunkt Unterstützung gemäß § 44 des Oö. Kinder- und Jugendhilfegesetzes 2014. Er erhielt in diesem Rahmen eine Unterkunft zur Verfügung gestellt, wurde von einer sozialpädagogischen Einrichtung betreut und besuchte Qualifizierungsmaßnahmen zur Erwerb der deutschen Sprache. Er bezog keine Geldleistungen, ging keiner Erwerbstätigkeit nach und verfügte über kein Vermögen (Antrag vom 25.05.2022, eingelangt am 09.06.2022).
1.5. Die Selbstversicherung des Beschwerdeführers in der Krankenversicherung währte bis zum Ablauf des 08.01.2023. Ab dem 09.01.2023 war der Beschwerdeführer aufgrund des Bezugs von Leistungen nach dem Oö. Sozialhilfe-Ausführungsgesetz gemäß § 9 Abs. 1 ASVG iVm § 1 Z. 20 der Verordnung über die Durchführung der Krankenversicherung für die gemäß § 9 ASVG in die Krankenversicherung einbezogenen Personen bei der Österreichischen Gesundheitskasse krankenversichert. Seit dem 03.05.2023 ist er als Arbeiter erwerbstätig und unterliegt deshalb der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG (AJ-WEB Abfrage vom 05.05.2023).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Österreichischen Gesundheitskasse vorgelegten Verfahrensakt sowie durch Einsichtnahme in die im Beschwerdeverfahren in Vorlage gebrachten Urkunden und Stellungnahmen, Einholung aktueller Auszüge aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister und dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich sowie dem Zentralen Melderegister, Durchführung eines Auskunftsverfahren beim Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und schließlich im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
2.2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus den jeweils angeführten Aktenbestandteilen, er ist im Rechtsmittelverfahren nicht strittig. Die Übertragung der Obsorge in Ansehung des Beschwerdeführers wurde im Verfahren zwar nicht urkundlich nachgewiesen, sie ist allerdings in Anbetracht des übereinstimmenden Vorbringens und der angeführten Rechtslage als erwiesen anzusehen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Rechtslage:
3.1.1. Gemäß § 16 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) können sich Personen, die nicht in einer gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, in der Krankenversicherung auf Antrag selbstversichern, solange ihr Wohnsitz im Inland gelegen ist.
3.1.2. Der mit dem Titel Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung bezeichnete § 76 ASVG lautet (Auslassungen, Ergänzungen und Hervorhebungen nicht im Original):
(1) Die Beitragsgrundlage für den Kalendertag beläuft sich1. für alle mit Ausnahme der in Z 2 genannten Selbstversicherten auf 125 € (Anm. 1);2. für jene Selbstversicherten, die der Personengruppe nach § 16 Abs. 2 angehören, auf 17,44 € (Anm. 2); an die Stelle dieser Beitragsgrundlage tritt jedoch die Beitragsgrundlage nach Z 1, wenn der Selbstversichertea) ein Einkommen bezieht, das den im § 49 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Betrag übersteigt, oderb) vor dem gegenwärtigen Studium das Studium im Sinne des § 17 des Studienförderungsgesetzes 1992 gewechselt hat oder die gesamte Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe für die Studienrichtung im Sinne des § 18 Abs. 1 und 5 des Studienförderungsgesetzes 1992 ohne wichtige Gründe (§ 19 Abs. 2 bis 4 des Studienförderungsgesetzes 1992) um mehr als vier Semester überschritten hat oderc) vor dem gegenwärtigen Studium schon ein Hochschulstudium im Sinne der §§ 13 bis 15 des Studienförderungsgesetzes 1992 absolviert hat;
…3. für jene Selbstversicherten, die der Personengruppe nach § 16 Abs. 2a und 2b angehören, auf 22,14 € (Anm. 2); an die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2013, der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1) vervielfachte Betrag;
An die Stelle der in den Z 1 und 2 genannten Beträge treten ab 1. Jänner eines jeden Jahres die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1) vervielfachten Beträge.
(2) Für Selbstversicherte außerhalb der Personengruppe nach § 16 Abs. 2 sind die Beiträge unbeschadet des Abs. 3a) auf Antrag der/des Versicherten,b) in den Fällen, in denen das auf Scheidung der Ehe lautende Urteil den Ausspruch nach § 61 Abs. 3 des Ehegesetzes enthält, auch auf Antrag der/des Ehegattin/Ehegatten, die/der die Ehescheidungsklage eingebracht hat,c) in den Fällen, in denen das auf Auflösung der eingetragenen Partnerschaft lautende Urteil den Ausspruch nach § 18 Abs. 3 des Eingetragene Partnerschaft-Gesetzes (EPG), BGBl. I Nr. 135/2009, enthält, auch auf Antrag der/des eingetragenen Partnerin/Partners, die/der die Auflösungsklage eingebracht hat,
von einer niedrigeren als der im Abs. 1 Z 1 genannten Beitragsgrundlage zu bemessen, sofern dies nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der/des Versicherten oder in den Fällen der lit. b nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Ehegattin/des Ehegatten oder der/des eingetragenen Partnerin/Partners, die/der die Ehescheidungs- oder Auflösungsklage eingebracht hat, gerechtfertigt erscheint. Für Selbstversicherte, die Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes gegenüber einem Träger der Sozialhilfe oder die gegenüber einem Wohlfahrtsfonds auf Grund einer satzungsmäßigen oder vertraglichen Regelung ganz oder teilweise Anspruch auf Ersatz der Beiträge haben, gilt jedenfalls die nach Abs. 1 Z 1 in Betracht kommende Beitragsgrundlage. Die Beitragsgrundlage darf jedoch den Betrag nach Abs. 1 Z 2 nicht unterschreiten; in den Fällen der lit. b muss sie überdies mindestens so hoch sein wie der zu leistende Unterhaltsbetrag. Die Herabsetzung der Beitragsgrundlage wirkt, wenn der Antrag zugleich mit dem Antrag auf Selbstversicherung gestellt wird, ab dem Beginn der Selbstversicherung, sonst ab dem auf die Antragstellung folgenden Monatsersten; die Herabsetzung gilt jeweils bis zum Ablauf des nächstfolgenden Kalenderjahres. Wurde die Selbstversicherung auf einer niedrigeren als der nach Abs. 1 Z 1 in Betracht kommenden Beitragsgrundlage zugelassen, so hat der Versicherungsträger ohne Rücksicht auf die Geltungsdauer der Herabsetzung bei einer Änderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Versicherten auf dessen Antrag oder von Amts wegen eine Erhöhung der Beitragsgrundlage bis auf das nach Abs. 1 Z 1 in Betracht kommende Ausmaß vorzunehmen. Solche Festsetzungen wirken in allen diesen Fällen nur für die Zukunft.
(3) Bei Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach Abs. 2 sind auch Unterhaltsverpflichtungen von Ehegatten oder eingetragenen Partnern/Partnerinnen, auch geschiedenen Ehegatten oder Personen, deren eingetragene Partnerschaft aufgelöst ist, gegenüber dem/der Versicherten zu berücksichtigen. …
(4) Die Abs. 2 und 3 gelten nicht für die im § 16 Abs. 2 bezeichneten Personen, sofern ihre Beiträge von der Beitragsgrundlage nach Abs. 1 Z 2 erster Halbsatz berechnet werden.
(5) Abs. 2 dritter Satz und Abs. 3 zweiter bis vierter Satz gelten nicht für Personen, deren Antrag auf Notstandshilfe wegen Anrechnung von Unterhalt nach § 36 Abs. 3 lit. a AlVG bescheidmäßig abgewiesen worden ist, wenn und solange sie der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen. …
(6) Beitragszeitraum ist der Kalendermonat; er ist einheitlich mit 30 Kalendertagen anzunehmen.
Anm. 1: gemäß BGBl. II Nr. 590/2021 für 2022: 205,04 €gemäß BGBl. II Nr. 459/2022 für 2023: 211,40 €
Anm. 2: für 2022: 28,60 €für 2023: 29,49 €
3.2. Regelungsgegenstand und historische Entwicklung des § 76 Abs. 2 ASVG:
3.2.1. § 76 ASVG regelt die Beitragsgrundlage für in der Krankenversicherung gemäß § 16 ASVG selbstversicherte Personen. Da § 16 ASVG mehrere Kategorien selbstversicherter Personen umfasst, sieht § 76 Abs. 1 ASVG unterschiedliche tägliche Beitragsgrundlagen vor, nämlich eine allgemeine Beitragsgrundlage für gemäß § 16 Abs. 1 ASVG versicherte Personen und herabgesetzte Beitragsgrundlagen für die in § 16 Abs. 2, 2a und 2b ASVG angeführten begünstigten Personengruppen (Studierende und pflegende Angehörige).
§ 76 Abs. 2 ASVG ermöglicht die Herabsetzung der allgemeinen Beitragsgrundlage aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse im Einzelfall. Für die Herabsetzung bestehen keine besonderen persönlichen Voraussetzungen. Ein bestimmter Personenkreis ist jedoch gemäß § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG von vornherein ausgeschlossen, nämlich einerseits Selbstversicherte mit Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs gegenüber einem Sozialhilfeträger und andererseits Personen mit einen vertraglichen bzw. satzungsmäßigen Anspruch auf Ersatz der Beiträge gegen einen Wohlfahrtsfonds. Die erstgenannte Ausnahme geht mittlerweile ins Leere, weil die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs durch die Leistungen im Rahmen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung bzw. der in Umsetzung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes gebührenden Leistungen ersetzt wurde und der Bezug dieser Leistungen jeweils die Einbeziehung in die Krankenversicherung gemäß § 1 Z. 20 der Verordnung über die Durchführung der Krankenversicherung für die gemäß § 9 ASVG in die Krankenversicherung einbezogenen Personen auslöst. Der damit verbundene (von den Ländern als Träger der Mindestsicherung bzw. der Sozialhilfe zu leistende) Krankenversicherungsbeitrag gemäß § 5 Abs. 1a und 4a leg. cit. ist wesentlich geringer als jener, der sich aus der Selbstversicherung nach § 76 Abs. 1 Z. 1 ASVG ergibt (zu alledem näher Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 76 ASVG Rz 10).
3.2.2. § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG geht auf die 35. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 585/1980, zurück. Mit dieser Novelle wurde erstmals vorgesehen, dass für Selbstversicherte mit Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes gegenüber einem Träger der Sozialhilfe jedenfalls die sich aus § 76 Abs. 1 Z. 1 ASVG ergebende Beitragsgrundlage gilt. Dies kommt einem Ausschluss von der Herabsetzungsmöglichkeit gleich. Den Gesetzesmaterialen zufolge hatte die zuvor geschaffene Möglichkeit der Selbstversicherung in der Krankenversicherung zur Folge, dass Träger der Sozialhilfe Empfänger von Leistungen der Sozialhilfe unter gleichzeitigem Antrag auf Herabsetzung der Beitragsgrundlage auf den Mindestbetrag zur Selbstversicherung anmeldeten, anstatt durch Sachleistungen bzw. im Wege der Direktverrechnung für eine Absicherung im Krankheitsfall zu sorgen. Der Verwaltungsgerichtshof habe einen Anspruch auf Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Empfänger von Leistungen der Sozialhilfe in seinem Erkenntnis vom 09.11.1979, Zl. 1413/1979, bejaht. Mit der Novellierung des 76 Abs. 2 ASVG solle für Empfänger von Leistungen der Sozialhilfe die Möglichkeit der Herabsetzung der Beitragsgrundlage entfallen, da aufgrund des Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes keine Notwendigkeit dafür bestehe (AB 552 BlgNR XV. GP , 2).
Der von der Salzburger Landesregierung dagegen angerufene Verfassungsgerichtshof beanstandete den Ausschluss von Empfängern von Leistungen der Sozialhilfe von der Möglichkeit einer Herabsetzung der Beitragsgrundlage für die Selbstversicherung nicht. Er führte in seinem Erkenntnis vom 05.10.1983, VfSlg. 9.809/1983, dazu wörtlich aus (Auslassungen nicht im Original):
„Die angegriffene Vorschrift bewirkt, daß Sozialhilfeempfänger bei der Selbstversicherung in der Krankenversicherung nach dem ASVG Beiträge nicht nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse, sondern nach dem für die Sozialversicherung vorgesehenen Höchstsatz entrichten müssen. Ihr offenkundiger Sinn ist es, zu vermeiden, daß die Gruppe von Personen mit den schlechtesten wirtschaftlichen Verhältnissen durch Inanspruchnahme des niedrigsten Beitragssatzes die auf den Sozialhilfeträgern liegende Last der Versorgung im Krankheitsfall auf die Risikogemeinschaft der Versicherten überwälzt. Die Bedachtnahme auf die Leistungsfähigkeit des Versicherten endet daher dort, wo die öffentliche Hand eingreifen muß, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse so schlecht sind, daß der Lebensbedarf nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften oder Mitteln beschafft werden kann. Wem nicht einmal die Selbstversicherung auf der niedrigsten zulässigen Stufe aus eigenen Kräften und Mitteln zuzumuten ist, weil ihm öffentliche Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes gewährt werden muß, dessen Leistungsunfähigkeit wird überhaupt nicht mehr in Betracht gezogen. Die Möglichkeit der Selbstversicherung ist ihm zwar nicht schlechterdings verschlossen - weshalb der Träger der Sozialhilfe ihn durch entsprechende Stützung auch veranlassen kann, von ihr Gebrauch zu machen -, doch ist ihm das nur auf eine Weise möglich, die die Versichertengemeinschaft nicht belastet.
Die Absicht des Sozialversicherungsgesetzgebers, die Risikogemeinschaft der Versicherten durch die Möglichkeit der Selbstversicherung nicht mit allen schlechten Risken zu belasten und doch jene wirtschaftlich Minderbemittelten zu begünstigen, die noch nicht in den Genuß der Sozialhilfe kommen, ist keineswegs unsachlich. … Es ist auch nicht verwerflich, wenn bei Festlegung des Kreises der zur Selbstversicherung Berechtigten oder bei Festlegung der Bedingungen der Selbstversicherung darauf Bedacht genommen wird, daß die Versichertengemeinschaft nicht übermäßig belastet wird. Deshalb ist der Gesetzgeber auch nicht verhalten, die Leistungsfähigkeit des Versicherten durchgängig und ohne Rücksicht auf die sonstige Sach- und Rechtslage zur Grundlage der Beitragsbemessung zu machen.“
3.2.3. Die Ausnahmen in § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG zielen somit auf die Vermeidung einer Begünstigung anderer leistungspflichtiger Kostenträger zu Lasten der Versichertengemeinschaft ab, was vom Verfassungsgerichtshof in der zitierten Entscheidung als sachlich gerechtfertigt angesehen wurde. Der Verwaltungsgerichtshof führte in seinem Erkenntnis vom 27.03.1990, VwSlg. 13153 A/1990, unter Hinweis auf seine vorangehende Rechtsprechung und die Gesetzesmaterialien ergänzend aus, dass Sinn des § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG darin liege, die Risikogemeinschaft der Versicherten durch die Möglichkeit der Selbstversicherung nicht mit allen schlechten Risiken zu belasten und doch jene wirtschaftlich Minderbemittelten zu begünstigen, die noch nicht in den Genuss der Sozialhilfe kommen. Demnach solle die Leistungsunfähigkeit dessen nicht mehr in Betracht gezogen werden, dem nicht einmal die Selbstversicherung auf der niedrigsten zulässigen Stufe wirtschaftlich zuzumuten ist, weil ihm öffentliche Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes gewährt werden muss.
3.2.4. Nähere Regelungen über die Herabsetzung der Beitragsgrundlage enthalten die gemäß § 76 Abs. 6 ASVG vom Dachverband der Sozialversicherungsträger erlassenen und im Internet verlautbarten Richtlinien über die Beurteilung der Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung und über Form und Inhalt diesbezüglicher Anträge (RBGKV 2021), Verlautbarungsnummer 73/2021. Den Richtlinien kommt die Qualität einer Rechtsverordnung zu (VwGH 22.12.2004, Zl. 2004/08/0028 mwN).
3.3. In der Sache:
3.3.1. Der Beschwerdeführer hat die Selbstversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 16 Abs. 1 ASVG beantragt. Er ist daher zur Entrichtung von Beiträgen verpflichtet, wobei – in Ermangelung der Möglichkeit, eine herabgesetzte Beitragsgrundlage (§ 76 Abs. 1 Z. 2 und 3 ASVG) anzusprechen – die tägliche Beitragsgrundlage gemäß § 76 Abs. 1 Z. 1 ASVG im Kalenderjahr 2022 EUR 205,04 betrug. Ausgehend davon ergibt sich eine monatliche Beitragsgrundlage (§ 44 Abs. 2 ASVG) von EUR 6.151,20. Der anzuwendende Beitragssatz beträgt gemäß § 77 Abs. 1 ASVG 7,55%. Der Beschwerdeführer wurde daher als Versicherter aufgrund seines Antrages vom 25.05.2022 zutreffend zur Zahlung eines Beitrages zur Selbstversicherung von EUR 464,42 verpflichtet.
Für die folgenden Erwägungen ist von Bedeutung, dass der Beschwerdeführer als Versicherter zur Beitragszahlung verpflichtet ist. Die Beitragsvorschreibung wurde demgemäß (zutreffend) an den Beschwerdeführer und nicht an den Träger der Kinder- und Jugendhilfe adressiert.
3.3.2. Zwischen den Parteien des Beschwerdeverfahrens ist strittig, ob dem Beschwerdeführer aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse ein Anspruch auf Herabsetzung der Beitragsgrundlage gemäß § 76 Abs. 2 ASVG zukommt.
Die belangte Sozialversicherungsanstalt verneint einen solchen Anspruch und beruft sich dabei in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG und den Umstand, dass die Herabsetzung der Beitragsgrundlage nicht dem Beschwerdeführer zugutekäme, sondern dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz und damit einer dritten Person. Die Herabsetzung der Beitragsgrundlage erweise sich daher als nicht zulässig, zumal § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG die Verhinderung solcher Konstellationen bezwecke.
Dem Standpunkt der belangten Sozialversicherungsanstalt kommt allerdings keine Berechtigung zu. Der Beschwerdeführer hatte zum Zeitpunkt seines Antrages auf Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung gemäß § 76 Abs. 2 ASVG am 09.06.2022 weder Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes gegenüber einem Träger der Sozialhilfe, noch Anspruch auf Ersatz der Beiträge gegenüber einem Wohlfahrtsfonds.
Der zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährige Beschwerdeführer unterlag vielmehr bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres der Schul- bzw. der Ausbildungspflicht nach Maßgabe des Schulpflichtgesetzes 1985 bzw. des Ausbildungspflichtgesetzes. Er bezog Unterstützung bei der Erziehung nach dem Oö. Kinder- und Jugendhilfegesetz 2014, wobei der Träger der Kinder- und Jugendhilfe schon aufgrund der Übertragung der Obsorge gemäß § 160 ABGB zur Pflege und Erziehung des Beschwerdeführers und damit zur Bereitstellung einer geeigneten Unterkunft, von Ernährung und Bekleidung und – zur Wahrung und Erhaltung des körperlichen Wohles und der Gesundheit des Beschwerdeführers – auch zu einer Absicherung im Krankheitsfall verpflichtet war (Ondreasova in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4 § 160 Rz 6; Fischer-Czermak in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 160 Rz 1 und 2). Bei den dermaßen vom Beschwerdeführer empfangenen Leistungen handelt es sich nicht um solche der Sozialhilfe, zumal Leistungen der Sozialhilfe nur bei sozialer Notlage zu gewähren sind und für sie außerdem das Subsidiaritätsprinzip gilt. Sie sind nur zu gewähren, wenn der Bedarf nicht durch eigene Mittel des Bezugsberechtigten oder durch ihm zustehende Leistungen Dritter abgedeckt werden kann (vgl. § 3 Abs. 2 und 3 des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes). Darüber hinaus stehen Leistungen der Sozialhilfe unter dem Vorbehalt der dauerhaften Bereitschaft zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft und aktiver arbeitsmarktbezogener Leistungen (vgl. § 3 Abs. 4 des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes). Das Oö. Sozialhilfe-Ausführungsgesetz sieht demgemäß in seinem § 6 Abs. 3 vor, dass Situationen, für die bereits auf Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend Vorsorge getroffen wurde, nicht als soziale Notlage gelten und somit in solchen Fällen keine Leistungen der Sozialhilfe gebühren. In Anbetracht der dargestellten Rechtslage kam dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Versorgung durch den Obsorgeberechtigten kein Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe zu (zur Maßgeblichkeit des Anspruches auf Sozialhilfeleistungen für den Ausschluss von der Herabsetzung der Beitragsgrundlage gemäß § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG siehe VwGH 27.03.1990, VwSlg. 13153 A/1990). Der Beschwerdeführer ist auch nicht gegenüber einem Wohlfahrtsfonds berechtigt. Aus dem Vorgesagten folgt, dass der Beschwerdeführer nicht dem in § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG umschriebenen Personenkreis zugehört, der von der Herabsetzung der Beitragsgrundlage für die Selbstversicherung in der Krankenversicherung ausgeschlossen ist.
3.3.3. Soweit die belangte Sozialversicherungsanstalt die Ansicht vertritt, die Situation des Beschwerdeführers sei mit der Lage von Anspruchsberechtigten im Sinn des § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG gleichzuhalten und der Beschwerdeführer – im Sinn einer teleologischen Interpretation – auch gleich zu behandeln wie Personen mit Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe, bietet der eindeutige Wortlaut der angesprochenen Bestimmung für eine solche Auslegung keinen Raum.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes findet jede Auslegungsmethode ihre Grenze im Wortlaut des Gesetzes. Die Bindung der Verwaltung an die Gesetze bewirkt nämlich einen Vorrang des Gesetzeswortlautes aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Legitimation der Norm (ausführlich VwGH 30.9.2020, Ro 2020/01/0013, mwN). Dies bedeutet bei Auslegung von Gesetzen einen Vorrang der Wortinterpretation in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung. Können auf Grund des eindeutigen Wortlautes einer Vorschrift keine Zweifel über den Inhalt der Regelung aufkommen, dann ist eine Untersuchung, ob nicht eine andere Auslegungsmethode einen anderen Inhalt ergeben würde, nicht möglich (jüngst VwGH 26.01.2023, Ro 2020/01/0002 mwN; zum Verhältnis der Auslegungsmethoden untereinander Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht³, Rz 548 ff).
Eine Auslegung nach einem über den klaren und eindeutigen Wortlaut hinausgehenden vermeintlichen Willen des Gesetzgebers kommt somit nicht in Betracht (VwGH 18.09.2020, Ro 2016/08/0020 mwN). Lässt der Wortlaut (Wortsinn) der Vorschrift in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung keine Zweifel offen, ist insbesondere für eine teleologische Auslegung kein Raum (VwGH 20.12.2022, Ro 2018/08/0001).
Im gegenständlichen Fall ergibt die Wortinterpretation in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung des § 76 Abs. 2 ASVG ein eindeutiges Ergebnis. Die zitierte Vorschrift sieht vor, dass die Beiträge von Selbstversichertem außerhalb der Personengruppe des § 16 Abs. 2 ASVG (somit jener Studierender, deren Beiträge ohnehin gemäß § 76 Abs. 1 Z. 2 ASVG ermäßigt sind) auf Antrag von einer niedrigeren Beitragsgrundlage zu bemessen sind, sofern dies nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Versicherten gerechtfertigt erscheint. Für Selbstversicherte, die Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes gegenüber einem Träger der Sozialhilfe oder die gegenüber einem Wohlfahrtsfonds auf Grund einer satzungsmäßigen oder vertraglichen Regelung ganz oder teilweise Anspruch auf Ersatz der Beiträge haben, gilt abweichend von der allgemeinen Regel in § 76 Abs. 2 erster Satz ASVG gemäß § 76 Abs. 2 zweiter ASVG jedenfalls die (höhere) Beitragsgrundlage des § 76 Abs. 1 Z. 1 ASVG. § 76 Abs. 2 zweiter ASVG bewirkt somit seinem Wortlaut und seinem systematischen Zusammenhang zufolge den Ausschluss von Personen mit Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes gegenüber einem Träger der Sozialhilfe sowie von gegenüber einem Wohlfahrtsfonds anspruchsberechtigten Personen von der Herabsetzungsmöglichkeit nach § 76 Abs. 2 ASVG, ungeachtet ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse im Einzelfall. Die weiteren Teile von § 76 Abs. 2 ASVG betreffen die Frage des Ausmaßes und der zeitlichen Wirkung der Herabsetzung und sind somit im gegebenen Kontext nicht maßgeblich.
Der erste Teil von § 76 Abs. 2 ASVG steht unzweifelhaft in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis. Grundsätzlich sollen in der Krankenversicherung selbstversicherte Personen einen Anspruch auf Herabsetzung der Beitragsgrundlage (die für Selbstversicherte vergleichsweise hoch angesetzt ist und die über der täglichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG liegt) nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen genießen. Ein bestimmter Kreis von Versicherten, nämlich die in § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG bezeichneten Personen, soll davon ausgeschlossen sein. § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG ist abschließend formuliert. Die in Rede stehende Vorschrift bietet keinen Ansatzpunkt für die Annahme, dass eine weiter gefasste Gruppe von Versicherten von der Möglichkeit der Herabsetzung der Beitragsgrundlage ausgeschlossen sein sollen, als der in § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG präzise bezeichnete Personenkreis. Eine Ausweitung von § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG auf sämtliche Personen, die den Beitrag zur Selbstversicherung nicht selbst zu tragen haben (sodass die Herabsetzung der Beitragsgrundlage in wirtschaftlicher Hinsicht einen Dritten begünstigt), ginge demgemäß über den klaren und eindeutigen Wortlaut hinaus und ist schon deshalb aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht argumentierbar. Andere als die in § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG genannten Personengruppen sind somit nicht von vornherein von der Herabsetzungsmöglichkeit ausgeschlossen.
3.3.4. Dieses Auslegungsergebnis untermauert die unter Punkt 3.2.2. dargestellte Entwicklung von § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG. Der Gesetzgeber verfolgte mit der 35. ASVG-Novelle das Ziel, Personen mit Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe – als Reaktion auf die Anmeldung einer großen Zahl von Empfängern von Leistungen der Sozialhilfe unter gleichzeitigem Antrag auf Herabsetzung der Beitragsgrundlage auf den Mindestbetrag – gezielt von der Möglichkeit der Herabsetzung der Beitragsgrundlage auszunehmen. Der Gesetzgeber reagierte somit auf eine offenbar nicht beabsichtigte Folgeerscheinung der wenige Jahre zuvor (nämlich mit der 32. ASVG-Novelle BGBl. Nr. 704/1976) eingeführten Möglichkeit einer an keine weiteren Bedingungen geknüpften Selbstversicherung in der Krankenversicherung und nahm einen präzise bestimmten Personenkreis von der Möglichkeit der Herabsetzung aus (die gegensätzliche Interessenlage der Länder als Träger der Sozialhilfe einerseits und der Sozialversicherungsträger andererseits lässt sich aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 05.10.1983, VfSlg. 9.809/1983, deutlich erschließen).
Mit der 44. ASVG-Novelle BGBl. Nr. 609/1987 wurde § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG sprachlich neugefasst und der betroffene Personenkreis auf gegenüber einem Wohlfahrtsfonds anspruchsberechtigte Personen ausgedehnt. Der Gesetzgeber erläuterte dazu, dass „dem heute geltenden Gesetzestext und dem genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes .. klar zu entnehmen [sei], daß Bestimmungen über Beitragsermäßigungen in den Sozialversicherungsgesetzen nur die versicherten Personen begünstigen sollen. Diese Bestimmungen haben keineswegs den Zweck, jene Stellen zu begünstigen, die auf Grund einer satzungsmäßigen oder vertraglichen Regelung die Beiträge zur Selbstversicherung tragen. Bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Versicherten gemäß § 76 Abs. 2 ASVG soll daher auch darauf Rücksicht genommen werden, ob eine allenfalls beantragte Herabsetzung der Beitragsgrundlage tatsächlich dem Versicherten und nicht bloß einem Dritten, der die Verpflichtung zur Tragung der Beiträge ganz oder teilweise übernommen hat, zugute kommt.“ (RV 324 BlgNR XVII. GP , 31f). Auch wenn die Gesetzesmaterialen des Jahres 1987 grundsätzlichere Aussagen treffen als jene des Jahres 1980, bezog sich die 44. ASVG-Novelle sowohl dem Gesetzeswortlaut als auch den Materialen zufolge neuerlich auf eine bestimmte Personengruppe, nämlich aufgrund satzungsmäßiger oder vertraglicher Regelungen gegenüber einem Wohlfahrtsfonds berechtige Personen (was insbesondere Angehörige freier Berufe betrifft). Die darüber hinausgehenden grundsätzlicheren Erwägungen in den Materialen über den Zweck von Beitragsermäßigungen in den Sozialversicherungsgesetzen fanden im Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag. Daraus ist abzuleiten, dass der Gesetzgeber des Jahres 1987 die Vorstellung hegte, mit § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG in der Fassung des 44. ASVG-Novelle alle Konstellationen zu erfassen, in welchen es zu einer unerwünschten Begünstigung dritter Stellen durch eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage kommen könnte. Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage in allen denkbaren Fällen auszuschließen, in denen nicht der Versicherte wirtschaftlich begünstigt wird, sondern eine dritte Person oder Stelle, wäre eine entsprechend weitergehende Formulierung (allenfalls eine zwischenzeitliche weitere Novellierung) von § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG zu erwarten. Da eine solche nicht vorgenommen wurde, ist davon auszugehen, dass das Unterbleiben einer umfassenderen Ausnahme beabsichtigt ist. Soweit in den Materialen auf die Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Versicherten gemäß § 76 Abs. 2 ASVG Bezug genommen wird, ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass dieser Aussage keine Indizwirkung im Hinblick auf den Kreis der von § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG umfassten Personen zukommt. Die angesprochene Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Versicherten gemäß § 76 Abs. 2 ASVG findet nämlich nur statt, wenn die Herabsetzung der Beitragsgrundlage grundsätzlich möglich (und nicht im Wege des § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG ausgeschlossen) ist. Der Gesetzgeber spricht somit die Frage der Ermittlung des Ausmaßes einer Herabsetzung der Beitragsgrundlage an, wenn er die Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten in den Materialien thematisiert, nicht jedoch den Zugang zur bzw. den Ausschluss von der Möglichkeit einer solchen Herabsetzung.
Zusammenfassend sprechen die Gesetzesmaterialen dafür, dass der Gesetzgeber in § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG aufgrund erkannter Problemstellungen gezielt präzise bestimmte Kreise von selbstversicherten Personen von der Möglichkeit einer Herabsetzung der Beitragsgrundlage ausgenommen hat, nämlich Personen mit Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe sowie gegenüber einem Wohlfahrtsfonds begünstigte Personen. Dass der Wille des Gesetzgebers eigentlich auf einen Ausschluss sämtlicher Personen gerichtet war, deren Beiträge zur Selbstversicherung aus welchen Gründen auch immer von einer dritten Person oder Stellen (wirtschaftlich) getragen werden und lediglich die legistische Umsetzung verunglückt ist, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen. Nach der Rechtsprechung wäre ein Abweichen vom Gesetzeswortlaut nur dann zulässig, wenn eindeutig feststeht, dass der Gesetzgeber etwas anderes gewollt hat, als er zum Ausdruck gebracht hat, so beispielsweise wenn den Gesetzesmaterialien mit Sicherheit entnommen werden kann, dass der Wille des Gesetzgebers tatsächlich in eine andere Richtung gegangen ist, als sie in der getroffenen Regelung zum Ausdruck kommt (VwGH 25.02.2021, Ro 2019/16/0015 mwN, grundlegend VwGH 08.09.1998, Zl. 96/08/0207, wonach eine durch Analogie zu schließende Lücke nur dann in Betracht käme, wenn das Gesetz anders nicht vollziehbar wäre oder wenn das Gesetz in eine Regelung einen Sachverhalt nicht einbezöge, auf welchen unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes und gemessen an den mit der Regelung verfolgten Absichten des Gesetzgebers dieselben Wertungsgesichtspunkte zutreffen wie auf die im Gesetz geregelten Fälle und auf den daher zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlung auch dieselben Rechtsfolgen angewendet werden müssten). Eine derartige Konstellation liegt nicht vor, sodass ein Abweichen vom Gesetzeswortlaut auch vor dem Hintergrund der Materialen zur 44. ASVG-Novelle nicht in Betracht kommt.
3.3.5. Für das dargelegte Verständnis von § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG spricht ferner die vom Verwaltungsgerichtshof seinem Erkenntnis vom 27.03.1990, VwSlg. 13153 A/1990, vertretene Rechtsansicht. Der Entscheidung lag ein Antrag auf Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung gemäß § 76 Abs. 1 und 2 ASVG einer Person zugrunde, die Pflegegeld nach einer landesrechtlichen Vorschrift und freiwillige Zuwendungen ihrer Geschwister bezog. Der Verwaltungsgerichtshof verneinte in seiner Entscheidung zunächst einen Anspruch der Versicherten auf Sozialhilfe (und damit im Ergebnis die Anwendbarkeit des § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG), da sie aufgrund der Zuwendungen ihrer Geschwister nicht hilfsbedürftig im Sinn sozialhilferechtlichen Vorschriften war. Ferner führte er aus: „Der begehrten Herabsetzung der Beitragsgrundlage steht schließlich auch nicht der Umstand entgegen, daß letztlich die Schwester der Mitbeteiligten wirtschaftlich mit diesen Beiträgen belastet werden wird. Denn nach dem durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 1988, BGBl. Nr. 609/1987, eingefügten zweiten Ausschlußtatbestand einer Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung in § 76 Abs. 2 ASVG ist eine solche Herabsetzung nur dann unzulässig, wenn Selbstversicherte gegenüber einem Wohlfahrtsfonds auf Grund einer satzungsmäßigen oder vertraglichen Regelung ganz oder teilweise Anspruch auf Ersatz der Beiträge haben.“ Der Verwaltungsgerichtshof legt somit der Frage, ob der Versicherte oder eine dritte Person wirtschaftlich mit den Beiträgen zur Selbstversicherung belastet wird bzw. durch eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage begünstig würde, unter Hinweis auf den Wortlaut des § 76 Abs. 2 ASVG keine Relevanz bei und erkennt somit auch keine im Wege einer Analogie zu schließende Unvollständigkeit des Gesetzes.
3.3.6. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die Unterstützung des Beschwerdeführers bei der Erziehung nach den §§ 44 und 45 Oö. Kinder- und Jugendhilfegesetz 2014 sowie die Übernahme der Pflege und Erziehung des Beschwerdeführers (einschließlich der Entrichtung der Beiträge zur Selbstversicherung in der Krankenversicherung) durch den Träger der Kinder- und Jugendhilfe aufgrund der erfolgten Übertragung der Obsorge der angestrebten Herabsetzung der Beitragsgrundlage nicht entgegensteht.
Dieses Ergebnis ist sachgerecht, zumal der der Ausschluss von Personen mit Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs gegenüber einem Sozialhilfeträger in § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG mittlerweile ins Leere geht. Wie in der Beschwerde zutreffend bemerkt wird, sind Bezieherinnen und Bezieher einer Leistung der Sozialhilfe oder der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nunmehr gemäß § 1 Z. 20 der Verordnung über die Durchführung der Krankenversicherung für die gemäß § 9 ASVG in die Krankenversicherung einbezogenen Personen pflichtversichert. Die Beitragsgrundlage für die im § 1 Z. 20 leg. cit genannten Personen ist der um ein Sechstel erhöhte jeweils anzuwendende Richtsatz nach § 293 Abs. 1 ASVG. § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG wurde somit im Wege der administrativen Rechtssetzung der Anwendungsbereich entzogen und dabei die damit einhergehende Belastung der Versichertengemeinschaft in Kauf genommen.
Dazu tritt, dass der Gesetzgeber für in § 76 Abs. 1 Z. 2 ASVG für Selbstversicherte nach § 16 Abs. 2 ASVG eine besondere Beitragsgrundlage geschaffen hat. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes soll diese Begünstigung der offensichtlichen Intention des Gesetzgebers zufolge jenen Personen zukommen, die sich (noch) in einer Ausbildungsphase befinden. Der Verfassungsgerichtshof hat erkannt, dass der Gesetzgeber offenkundig alle Personen, die in einer vergleichbaren Ausbildung stehen, entweder durch die Möglichkeit der Mitversicherung in der Krankenversicherung oder durch die begünstigte Beitragshöhe in der Selbstversicherung erfassen wollte. Die begünstigte Beitragshöhe komme deshalb zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung auch Schüler einer höheren Schule zugute, die das 18. Lebensjahr bereits vollendet haben und daher aus dem Angehörigenbegriff des § 123 ASVG herausgefallen sind (VfGH 26.02.2001, VfSlg. 16.068/2001). Der Beschwerdeführer befindet sich in einer vergleichbaren Lage. Er steht in Ausbildung (nach den Vorschriften des Schulpflichtgesetzes bzw. des Ausbildungspflichtgesetztes besteht hiezu eine Verpflichtung), kann keine Mitversicherung in der Krankenversicherung in Anspruch nehmen und es würde ihm im Fall des Zutreffens der Rechtsansicht der belangten Sozialversicherungsanstalt auch keine begünstigte Beitragshöhe zuteil, sondern es wären Beiträge aufgrund einer über der täglichen Höchstbeitragsgrundlage liegenden Bemessungsgrundlage zu entrichten. Vor dem Hintergrund der Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes ist es zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung nur sachgerecht, dem Beschwerdeführer zumindest die Herabsetzung der Beitragsgrundlage gemäß § 76 Abs. 2 ASVG zuteilwerden zu lassen. Die vom Beschwerdeführer im Rechtsmittelverfahren ausdrücklich angestrebte rechtliche Gleichstellung mit dem in § 16 Abs. 2 ASVG angeführten Personenkreis scheitert in diesen Verfahren allerdings daran, dass der Beschwerdeführer die Selbstversicherung gemäß § 16 Abs. 1 ASVG beantragt hat und ihm die Selbstversicherung auf dieser Grundlage rechtskräftig gewährt wurde. Da der Beschwerdeführer im Wege der Herabsetzung der Beitragsgrundlage ohnehin eine vergleichbare Behandlung wie der in § 16 Abs. 2 ASVG angeführten Personenkreis erfährt und es nach der Rechtsprechung keine unterschiedlichen Kategorien der Selbstversicherung in der Krankenversicherung gibt, sind weiterführende (verfassungsrechtliche) Überlegungen zur allfälligen analogen Anwendung des § 16 Abs. 2 ASVG auf Personen in der Lage des Beschwerdeführers an dieser Stelle nicht geboten.
3.3.7. Ausgehend von den vorstehenden Überlegungen kommt dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Bemessung der Beiträge zur Selbstversicherung von einer niedrigeren Beitragsgrundlage gemäß § 76 Abs. 2 erster Satz ASVG zu, sodass nunmehr das Ausmaß der Herabsetzung der Beitragsgrundlage zu klären ist.
Bei der Herabsetzung der Beitragsgrundlage kommt den RBGKV 2021 maßgebliche Bedeutung zu (VwGH 28.03.2012, Zl. 2009/08/0128). Diese enthalten allerdings für den hier gegenständlichen Fall keine einschlägigen Bestimmungen. Die RBGKV 2021 sehen nämlich zwar in ihrem § 3 Abs. 1 die Berücksichtigung von Unterhaltsansprüchen bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten vor, allerdings ausdrücklich nur von Unterhaltsansprüchen unter Ehegatten und unter eingetragenen Partnern. Der Beschwerdeführer hat keine derartigen Unterhaltsansprüche (er konnte zum Zeitpunkt der Antragstellung nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen nur Naturalunterhalt und allenfalls Taschengeld ansprechen). Da er auch über keine Einkünfte verfügt, sind in Ansehung des Beschwerdeführers keine nach § 3 Abs. 1 RBGKV 2021 für die Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigendes Einkommen gegeben.
Eine Bedachtnahme auf den Umstand, ob die vom Beschwerdeführer als Versicherten geschuldeten Beiträge zur Selbstversicherung ihm oder dritten Personen oder Stellen wirtschaftlich zur Last fallen (hier aufgrund der Verpflichtung zur Obsorge gemäß § 160 ABGB und den einschlägigen Bestimmungen des Oö. Kinder- und Jugendhilfegesetz 2014 dem Träger der Kinder- und Jugendhilfe) sieht die RBGKV 2021 nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt deshalb keinen Grund, die Tagung der Beiträge zur Selbstversicherung durch den Träger der Kinder- und Jugendhilfe zu Lasten des Beschwerdeführers in Ansatz zu bringen. Wenn der zur Erlassung von Durchführungsbestimmungen für den Vollzug des § 76 Abs. 2 ASVG durch die Sozialversicherungsträger gemäß § 30a Abs. 1 Z. 8 ASVG zuständige Dachverband in § 3 RBGKV 2021 festlegt, dass für die Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch die Sozialversicherungsträger nur das Einkommen und die Unterhaltsansprüche des Antragstellers nach Maßgabe der näheren Regelungen des § 3 RBGKV 2021 maßgeblich sind, besteht kein Anlass für eine für den Beschwerdeführer nachteiligere Auslegung des § 76 Abs. 2 ASVG oder der RBGKV 2021 in dem Sinn, dass die (wirtschaftliche) Belastung eines Dritten mit den von ihm geschuldeten Beiträgen einer Herabsetzung der Beitragsgrundlage entgegenstehen würde, in diesem Verfahren.
Der Vollständigkeit halber ist ergänzend festzuhalten, dass aus der Übernahme der Obsorge und den einschlägigen Bestimmungen des Oö. Kinder- und Jugendhilfegesetzes 2014 weder ein Anspruch des Beschwerdeführers gegenüber dem Träger der Kinder- und Jugendhilfe zur Übernahme der hier in Rede stehenden Beiträge zur Selbstversicherung erwächst, noch ein Anspruch auf Geldunterhalt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 27.03.1990, VwSlg. 13153 A/1990, die (freiwillige) Tragung der Beiträge zur Selbstversicherung durch Dritte als nicht relevant für die Herabsetzung der Beitragsgrundlage gemäß § 76 Abs. 2 ASVG erachtet. Es besteht kein Anlass, in diesem Verfahren von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abzuweichen. Seitens der belangten Sozialversicherungsanstalt wurde schließlich nicht vorgebracht, dass die wirtschaftliche Belastung des Trägers der Kinder- und Jugendhilfe mit den Beiträgen zur Selbstversicherung bei der Ermittlung des Ausmaßes der Herabsetzung der Beitragsgrundlage gemäß § 76 Abs. 2 erster Satz ASVG von Relevanz wäre.
Das vorstehende Ergebnis wird durch einen Blick in die (außer Kraft getretenen) RBGKV 2010 untermauert, die in ihrem § 4 ein wesentlich ausdifferenzierteres System vorsahen. § 4 Abs. 2 Z. 1 und 2 RBGKV 2010 normierte eine besondere Beitragsgrundlage für selbstversicherte Ordensangehörige bzw. Selbstversicherte, die regelmäßig Leistungen zur Sicherung ihres Lebensbedarfes von einer Religionsgemeinschaft oder deren Einrichtungen erhalten. Für Personen, die ihren Lebensunterhalt von Unterhaltsleistungen anderer Personen bestreiten, sah § 4 Abs. 4 RBGKV 2010 ebenfalls eine besondere Beitragsgrundlage vor. Daraus ist abzuleiten, dass die wirtschaftliche Belastung dritter Personen oder Stellen (etwa Religionsgemeinschaften oder freiwillig Unterhalt leistende Personen) der Herabsetzung des Beitrages zur Selbstversicherung nicht entgegenstand, sondern für solche Fälle eine besondere Beitragsgrundlage vorgesehen wurde. Die RBGKV 2021 sehen eine solche Differenzierung in ihrem § 4 nicht mehr vor. Da § 3 Abs. 1 RBGKV 2021 inhaltlich nicht angepasst wurde und weiterhin (wie bereits § 3 Abs. 1 RBGKV 2010) für die Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers nur sein Einkommen und bestimmte Unterhaltsansprüche maßgeblich sind, kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass die wirtschaftliche Belastung dritter Personen oder Stellen mit der Beitragslast nunmehr der Bewilligung einer Herabsetzung der Beitragsgrundlage entgegenstehen würde.
Da der Beschwerdeführer über kein Einkommen und auch kein Vermögen verfügt und er auch keine regelmäßigen Geldleistungen Dritter bezieht, kann kein durchschnittliches monatliches Einkommen nach § 4 Abs. 1 RBGKV 2021 ermittelt werden, sodass gemäß § 76 Abs. 1 Z. 2 dritter Satz ASVG die tägliche Beitragsgrundlage in der Höhe des Betrages nach § 76 Abs. 1 Z. 2 ASVG festzusetzen ist. Da die Aufwertungszahl für das Jahr 2023 zum Entscheidungszeitpunkt bereits bekannt ist, ist die kraft Gesetzes bewirkte Erhöhung des Betrages nach § 76 Abs. 1 Z. 2 ASVG für das Jahr 2023 im Spruch abzubilden.
3.3.8. § 4 Abs. 2 RBGKV 2021 – der seinem Wortlaut nach auch so verstanden werden könnte, dass für alle Selbstversicherten mit Ausnahme von Bezieherinnen oder Beziehern einer Pension nach dem GSVG eine einheitliche Mindestbeitragsgrundlage von 25 % des 30-fachen der Beitragsgrundlage nach § 76 Abs. 1 Z. 1 ASVG gilt – ist auf den gegenständlichen Fall aus zwei Gründen nicht anzuwenden:
Die Anwendung von § 4 Abs. 2 RBGKV 2021 würde in Ansehung des Beschwerdeführers zunächst dazu führen, dass eine wesentlich höhere als die in § 76 Abs. 1 Z. 2 dritter Satz ASVG gesetzlich vorgesehenen (Mindest-)Beitragsgrundlage heranzuziehen wäre. § 4 Abs. 2 RBGKV 2021 führt zu einer monatlichen Beitragsgrundlage von EUR 1.537,80 im Jahr 2022, wohingegen die Anknüpfung an das gesetzliche Minimum gemäß § 76 Abs. 1 Z. 2 ASVG eine monatliche Beitragsgrundlage von EUR 858,00 bewirkt. Eine sachliche Rechtfertigung für eine den gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraum einengende Regelung wie § 4 Abs. 2 RBGKV 2021 ist nicht erkennbar. Da § 4 Abs. 2 RBGKV 2021 lediglich eine Ausnahme vorsieht und die Vorschrift ihrem Wortlaut zufolge sämtliche anderen denkbaren Fälle einer Herabsetzung der Beitragsgrundlage erfasst, wird außerdem ohne korrigierende Auslegung dieser Bestimmung einer gesetzlichen Bestimmung, nämlich § 76 Abs. 2 dritter Satz ASVG, teilweise der Anwendungsbereich entzogen. Eine solche Rechtsfolge erscheint nicht beabsichtigt.
Abseits davon hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12.06.1999, VfSlg. 15.517/1999, zu einer ähnlichen Bestimmung der Richtlinien des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger über die Beurteilung der Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung und über Form und Inhalt diesbezüglicher Anträge vom 19.12.1994 erkannt, dass die gesetzliche Ermächtigung des ASVG ausdrücklich nur Richtlinien über die Beurteilung der Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung und über Form und Inhalt diesbezüglicher Anträge zulasse. Eine Begrenzung der Möglichkeiten zur Herabsetzung der Beitragsgrundlage nach unten könne schon sprachlich nicht zu den Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage gezählt werden und entbehre daher einer gesetzlichen Grundlage. Der Verfassungsgerichtshof beanstandete darüber hinaus die undifferenzierte Gleichstellung von Pensionisten mit freiberuflich selbständig Erwerbstätigen unter dem alleine maßgebenden Gesichtspunkt der Zumutbarkeit bestimmter Beitragsleistungen, wobei die Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes vom Grundsatz her auch auf den gegenständlichen Fall übertragbar sind. § 4 Abs. 2 RBGKV 2021 dürfte es somit an einer gesetzlichen Grundlage mangeln, die Bestimmung erscheint außerdem in Konflikt mit Art. 7 B-VG zu stehen.
Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist § 4 Abs. 2 RBGKV 2021 vor dem Hintergrund der angestellten Überlegungen in seinem systematischen Zusammenhang einschränkend auszulegen. Der vorangestellte § 4 Abs. 1 RBGKV 2021 sieht vor, dass als Beitragsgrundlage grundsätzlich jener Betrag festzusetzen ist, der dem durchschnittlich auf den Monat entfallenden Teil des Jahreseinkommens der Antragstellerin oder des Antragstellers entspricht. Auf Personen ohne Einkommen bzw. ohne Anspruch auf Geldunterhalt nehmen die RBGKV 2021 nicht Bedacht. Ausgehend davon gebietet sich der Schluss, dass § 4 Abs. 2 RBGKV 2021 eine Mindestbeitragsgrundlage nur für Personen mit eigenem Einkommen – für die unter Anwendung des § 4 Abs. 1 RBGKV 2021 eine Beitragsgrundlage errechnet werden kann – vorsieht und diese Bestimmung daher auf Personen ohne Einkommen nicht anzuwenden ist. Damit kann bei Personen ohne Einkommen (und ohne Anspruch auf Geldunterhalt) der in § 76 Abs. 1 Z. 2 dritter Satz ASVG eingeräumte Ermessensspielraum vollständig ausgeschöpft werden. Ebenso wird die unsachlich erscheinende Gleichstellung von Personen ohne eigenes Einkommen mit Personen mit eigenem Einkommen im Hinblick auf eine über § 76 Abs. 1 Z. 2 ASVG liegende Mindestbeitragsgrundlage vermieden. Gemäß § 76 Abs. 2 ASVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes sind alleine die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten für die Herabsetzung der Beitragsgrundlage maßgeblich. Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind bei Personen mit und bei Personen ohne Einkommen typischerweise unterschiedlich, sodass § 4 Abs. 2 RBGKV seinem Wortlaut nach vor dem Hintergrund der Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 12.06.1999, VfSlg. 15.517/1999, zu einem gleichheitswidrigen Ergebnis führt. Ein solches Ergebnis kann vermieden werden, wenn die Anwendung des § 4 Abs. 2 RBGKV auf jene Fälle reduziert wird, in denen eine einkommensbezogene Bemessungsgrundlage gemäß § 4 Abs. 1 RBGKV gebildet werden kann. Zur Vermeidung einer sachlichen ungerechtfertigten Gleichbehandlung von Personen ohne eigenes Einkommen mit Personen mit eigenem Einkommen ist die einschränkende Auslegung von § 4 Abs. 2 RBGKV dargelegten Sinn folglich nicht nur angezeigt, sondern nach der Rechtsprechung geboten (vgl. VwGH 21.07.2021, Ro 2021/13/0001 mwN; grundsätzlich VwGH 23.02.2000, VwSlg. 15347 A/2000).
3.3.9. Die Herabsetzung der Beitragsgrundlage wirkt gemäß § 76 Abs. 2 vierter Satz ASVG ab dem auf die Antragstellung folgenden Monatsersten, da der Antrag nicht zugleich mit dem Antrag auf Selbstversicherung gestellt wurde und der Antrag erst am 09.06.2022 der belangten Sozialversicherungsanstalt übermittelt wurde. Die Herabsetzung gilt bis zum Ablauf des nächstfolgenden Kalenderjahres, somit bis zum 31.12.2023. Die Selbstversicherung des Beschwerdeführers endete dessen ungeachtet schon mit dem Ablauf des 08.01.2023 aufgrund Eintritts der Pflichtversicherung und damit wegen Wegfalls der Voraussetzungen (§ 16 Abs. 6 ASVG). Eine allfällige Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers im Fall einer neuerlichen Selbstversicherung wäre gemäß § 76 Abs. 1 Z. 2 fünfter Satz ASVG vom Versicherungsträger aufzugreifen.
3.4. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen:
3.4.1. Der Beschwerde kommt aufgrund der vorstehenden Erwägungen Berechtigung zu, sodass ihr gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 76 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 ASVG stattzugeben ist. Ein Fall des § 28 Abs. 4 VwGVG liegt nicht vor, da der maßgebliche Sachverhalt im Sinn des § 28 Abs. 2 Z. 1 VwGVG feststeht. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache zu entscheiden (statt aller VwGH 27.07.2022, Ra 2022/04/0031).
3.4.2. § 76 Abs. 2 erster Satz ASVG sieht vor, dass im Fall eines Anspruches auf Herabsetzung der Beitragsgrundlage die Beiträge von der niedrigeren Beitragsgrundlage zu bemessen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in Erledigung der Sache im Sinn des § 28 Abs. 2 VwGVG die Beitragshöhe für den maßgeblichen Zeitraum (dazu grundlegend VwGH 21.03.1995, Zl. 93/08/0224) – ausgehend von der sich aus § 76 Abs. 1 Z. 2 ASVG ergebenden monatlichen Mindestbeitragsgrundlage von EUR 858,00 im Jahr 2022 und von EUR 884,70 im Jahr 2023 und unter Anwendung des Beitragssatzes gemäß § 77 Abs. 1 ASVG – festzusetzen.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das bloße Fehlen einer ausdrücklichen Rechtsprechung zu einer Rechtslage führt allerdings nicht automatisch zur Zulässigkeit der Revision. Vielmehr liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor, wenn es trotz Fehlen von Rechtsprechung keiner Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof bedarf, weil das Gesetz selbst eine klare und eindeutige Regelung trifft (vgl. VwGH 18.09.2020, Ro 2016/08/0020 mwN).
Die Nichtanwendbarkeit von § 76 Abs. 2 zweiter Satz ASVG auf den gegenständlichen Sachverhalt ergibt sich fallbezogen aus dem klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut sowie die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.03.1990, VwSlg. 13153 A/1990, vorgenommene Auslegung dieser Bestimmung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt insoweit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht vor. Die Revision ist allerdings wegen Fehlens von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu folgenden Rechtsfragen zulässig:
Gemäß § 76 Abs. 2 erster Satz ASVG ist der Beitrag zur Selbstversicherung von einer niedrigeren als der im § 76 Abs. 1 Z. 1 ASVG genannten Beitragsgrundlage zu bemessen, sofern dies nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Versicherten gerechtfertigt erscheint. Mangels näherer Konkretisierung des Begriffs „wirtschaftliche Verhältnisse“ könnte die Auffassung vertreten werden, dass im Fall der Tragung der Beiträge zur Selbstversicherung durch eine dritte Person oder Stelle die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten keine Herabsetzung der Beitragsgrundlage gebieten. Für die Lage des Versicherten macht es nämlich im Ergebnis keinen Unterschied, ob die mit den Beiträgen wirtschaftlich belastete dritte Person oder Stelle eine höhere oder niedrigere Beitragslast zu tragen hat. Dazu tritt, dass der Gesetzgeber in den Materialien zur 44. ASVG-Novelle ausdrücklich festgehalten hat, dass bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Versicherten gemäß § 76 Abs. 2 ASVG auch darauf Rücksicht genommen werden soll, ob eine allenfalls beantragte Herabsetzung der Beitragsgrundlage tatsächlich dem Versicherten und nicht bloß einem Dritten zugutekommt, der die Verpflichtung zur Tragung der Beiträge ganz oder teilweise übernommen hat. Wohl hat der Verwaltungsgerichtshof dazu in seinem Erkenntnis vom 27.03.1990, VwSlg. 13153 A/1990, ausgeführt, dass der Umstand, dass eine dritte Person aufgrund freiwilliger Unterhaltsgewährung wirtschaftlich mit den Beiträgen belastet wird, der Herabsetzung der Beitragsgrundlage nicht entgegensteht. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich allerdings nicht abschließend zur Frage geäußert, ob die Tragung der Beiträge zur Selbstversicherung durch eine dritte Person oder Stelle nicht doch für das Ausmaß der Herabsetzung relevant sein kann, noch dazu wenn – wie im gegenständlichen Fall – eine Gebietskörperschaft die Beitragslast aufgrund der Wahrnehmung einer ihr gesetzlich übertragenen Aufgabe übernimmt. Da ausweislich des Vorbringens der Parteien des Beschwerdeverfahrens die Vollzugspraxis der Sozialversicherungsträger in früheren Jahren unterschiedlich war und eine rezente Vereinheitlichung in der Vollzugspraxis zu Rechtsunsicherheit geführt hat, ist vom Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auszugehen.
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt außerdem zur Frage, ob § 4 Abs. 2 RBGKV 2021 in der hier vorliegenden Konstellation anzuwenden ist. Ausweislich der Erläuterungen soll in 4 Abs. 2 RBGKV 2021 eine einheitliche Mindestbeitragsgrundlage für alle Selbstversicherten vorgesehen werden, um eine Ungleichbehandlung von Personengruppen zu vermeiden, sodass eine Heranziehung von § 4 Abs. 2 RBGKV 2021 im gegenständlichen Fall als geboten erachtet werden könnte. Freilich würde sich diesfalls vor dem Hintergrund der Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 12.06.1999, VfSlg. 15.517/1999, die Frage der der Berechtigung des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger stellen, in Richtlinien gemäß § 30a Abs. 1 Z. 8 ASVG Mindestbeitragsgrundlagen vorzuschreiben. Ebenso erscheint die sachliche Rechtfertigung einer Gleichbehandlung von Selbstversicherten mit eigenem Einkommen (etwa aus Vermögensverwaltung) oder Ansprüchen auf Geldunterhalt mit Personen ohne Einkommen und Anspruch auf Geldunterhalt zweifelhaft, sodass mit einer Anwendung von § 4 Abs. 2 RBGKV 2021 aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Notwendigkeit eines Antrages gemäß Art. 139 Abs. 1 Z. 1 B-VG einhergehen würde.
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