BVwG W148 2265908-1

BVwGW148 2265908-125.4.2023

BörseG 2018 §154 Abs1 Z1
BörseG 2018 §157 Abs2 Z2
BörseG 2018 §157 Abs3
BörseG 2018 §163 Abs1 Z1
BörseG 2018 §175 Abs2 Z2
B-VG Art133 Abs4
FMABG §22 Abs2a
FMABG §22 Abs7
VStG 1950 §19 Abs1
VStG 1950 §19 Abs2
VStG 1950 §5 Abs1
VStG 1950 §5 Abs1a
VStG 1950 §5 Abs2
VStG 1950 §64 Abs2
VStG §32 Abs2
VwGVG §44
VwGVG §50 Abs1
VwGVG §52 Abs8

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W148.2265908.1.00

 

Spruch:

 

W148 2265908-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Stefan KEZNICKL als Vorsitzenden und die Richterinnen Mag. Dr. Esther SCHNEIDER sowie Dr. Birgit HAVRANEK als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vom 18.01.2023, vertreten durch Bartl & Partner Rechtsanwälte KG, in 8010 Graz, gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 20.12.2022 zu GZ. XXXX in einem Verwaltungsstrafverfahren nach dem Börsegesetz 2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird dem Grunde nach als unbegründet abgewiesen.

II. Die Geldstrafe wird auf EUR 115.000 herabgesetzt.

III. Die Strafnorm lautet § 154 Abs. 1 Z 1 Börsegesetz 2018, BGBl. I Nr. 107/2017, iVm Art. 14 lit. a 1. Fall Verordnung (EU) Nr. 596/2014 .

IV. Die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens werden gem. § 64 Abs. 2 AVG mit EUR 11.500 bestimmt, das sind 10% der verhängten Geldstrafe.

V. Gemäß § 157 Abs. 2 Z 2BörseG 2018 wird der erzielte Gewinn in Höhe von EUR 23.675 für verfallen erklärt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I. Verfahrensgang

1. Das angefochtene Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde (im Folgenden: „belangte Behörde“ oder auch „FMA“) vom 20.12.2022 richtete sich gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: „beschwerdeführende Partei“ und auch „BF“) und enthielt folgenden Spruch (wörtliche Wiedergabe, Hervorhebungen durch die FMA):

„[…] Sehr geehrter Herr Mag. XXXX .

I. Sie haben eine Verwaltungsübertretung aufgrund des Missbrauchs einer Insiderinformation gem. Art. 14 lit. a Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (in der Folge MAR) iVm § 154 Abs. 1 Z 1 BörseG 2018, BGBI I Nr. 107/2017 begangen, indem Sie

1. am 27.03.2020 um 13:30 Uhr (UTC) sowie

2. am 27.03.2020 um 14:12 Uhr (UTC)

telefonisch über Ihr Depot XXXX bei der XXXX AG einen Kaufauftrag über jeweils 250.000 Stück des Call Optionsscheines ( XXXX Financial Products Call XXXX ) mit der ISIN DE XXXX erteilt haben, welche sodann wie unten näher beschrieben am 27.03.2020 ausgeführt wurden:

Datum

Zeit UTC

ISIN

Name

Buy/Sell

Menge

Preis

Wert

CCY

27.03.2020

13:38:00

XXXX

XXXX

B

150.000

0,170

25.500

CHF

27.03.2020

13:39:00

XXXX

XXXX

B

100.000

0,172

17.200

CHF

27.03.2020

15:30:58

XXXX

XXXX

B

250.000

0,199

49.700

CHF

29.04.2020

09:13:41

XXXX

XXXX

S

500.000

0,235

117.500

CHF

 

 

 

 

 

Summe Kauf

 

92.400

CHF

 

 

 

 

 

Summe Verkauf

 

117.500

CHF

 

 

 

 

 

Gewinn

 

25.100

CHF

         

 

Sie verfügten im Zeitpunkt der o.g. Kaufaufträge über Insiderinformationen, und zwar die Information, dass die XXXX AG beabsichtigt, ein umfangreiches XXXX mit bis zu XXXX Prozent des ausgegebenen Grundkapitals zu starten.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass seit dem 21.02.2020 eine präzise Information vorlag. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hatte die XXXX AG die ernste Absicht, einen XXXX mit folgenden wesentlichen Parametern durchzuführen:

• Volumen: XXXX % des Grundkapitals

• Preis: XXXX

• Zweck: XXXX , insbesondere zur Bedienung von Aktienoptionen ( XXXX )

• Dauer: XXXX bis längstens XXXX

Gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. a MAR ist eine Insiderinformation eine öffentlich nicht bekannte, präzise Information, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten von Finanzinstrumenten betrifft und die, wenn sie öffentlich bekannt würde, geeignet wäre, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs damit verbundener derivater Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen. In Artikel 7 Absatz 4 heißt es unter anderem weiter, dass für die Zwecke des Absatzes 1 jene Information zu verstehen ist, die ein verständiger Anleger wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen würde.

Nach Art. 8 Abs. 1 MAR liegt ein Insidergeschäft vor, wenn eine Person über Insiderinformationen verfügt und unter Nutzung derselben für eigene oder fremde Rechnung direkt oder indirekt Finanzinstrumente, auf die sich die Informationen beziehen, erwirbt oder veräußert.

Im konkreten Fall waren die o.g. Informationen bzgl. des XXXX öffentlich nicht bekannte, präzise Informationen, die direkt die XXXX AG betrafen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs der XXXX AG erheblich zu beeinflussen.

Im Zeitraum der o.g. Käufe verfügte der Beschuldigte ab 21.02.2020 über die oben detailliert beschriebenen Informationen, wann und mit welchen Parametern geplant ist, ein XXXX durchzuführen. Durch die Kenntnis dieser Insiderinformationen haben Sie sich veranlasst gesehen, o.a. Optionsscheine kurzfristig zu kaufen und somit einen Gewinn zu lukrieren.

Es liegt daher eine Verwaltungsübertretung gemäß § 154 Abs. 1 Z 1 BörseG 2018, BGBI 107/2017 durch den Beschuldigten Herrn Mag. XXXX , geboren am XXXX , wohnhaft in XXXX vor.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 154 Abs. 1 Z 1 BörseG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017 iVm Art. 8 Verordnung (EU) Nr. 596/2014 iVm Art. 14 lit. a Verordnung (EU) Nr. 596/2014

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

 

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß §§

Zu den Spruchpunkten I. und II.

144.900 Euro

Zu den Spruchpunkten I. und II.

10 Stunden

--

§ 154 Abs. 1 Z 1 BörseG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017

    

 

Verfall in Höhe von 23.675 Euro

 

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

• 14.490 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);

• 0 Euro als Ersatz der Barauslagen für .

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

183.065 Euro.“

2. Dagegen wurde Beschwerde erhoben, die am 20.01.2023 bei der belangten Behörde eingelangt ist. Zusammengefasst wurde darin vorgebracht, dass dem BF zu Unrecht das Ausnützen einer Insider-Information vorgeworfen werde, da eine solche nicht vorgelegen sei. Die Information habe keine Kursrelevanz gehabt und sei öffentlich bekannt gewesen. Abschließend wurde eingewendet, dass die verhängte Geldstrafe nicht im Einklang mit § 144 BörseG stehe und der Verfall mangels eines Verstoßes nicht hätte ausgesprochen werden dürfen. Mit der Beschwerde legte der BF auch einen Einkommensteuerbescheid vom 13.10.2022 sowie zwei Privatgutachten über die rechtliche Beurteilung des Erwerbs von Aktien der XXXX AG durch die XXXX GmbH vom 20.05.2022 vor.

3. Am 25.01.2023 forderte das Bundesverwaltungsgericht die FMA auf, durch Vorlage geeigneter Urkunden nachzuweisen, wann das mit 25.10.2021 datierte, jedoch mit 27.10.2021 signierte Dokument postalisch aufgegeben wurde bzw. die Sphäre der FMA verlassen habe.

Dazu langten am 07.02.2023 eine Stellungnahme samt Beilagen der FMA sowie am 09.02.2023 eine Stellungnahme samt einer Beilage des BF (nach einem diesem gewährten Parteiengehör zur Stellungnahme der FMA vom 07.02.2023) beim Bundesverwaltungsgericht ein.

4. Am 24.02.2023 fand eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, an der der BF als Beschuldigter, der Beschwerdeführervertreter und zwei informierte Vertreter der belangten Behörde teilnahmen. Der vom BF beantragte Zeuge XXXX wurde im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung zeugenschaftlich einvernommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt steht aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens fest:

1.1. Zum BF und zur XXXX AG :

1. Der BF, geboren am XXXX , absolvierte das Diplomstudium der Betriebswirtschaftslehre und arbeitet aktuell als selbstständiger Berater. Das monatliche Gehalt des BF beträgt derzeit durchschnittlich EUR 4.000 brutto. Er verfügt über ein KFZ der Marke „Volvo XC 60“, über EUR 80.000 in bar sowie über eine 170 m2 große Eigentumswohnung, welche er im Jahr 2018 um EUR 599.000 erworben hat und in der er aktuell mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Laut Einkommensteuerbescheid vom 12.10.2022 bezog der BF im Jahr 2021 Einkommen idH von 33.856,55 EUR netto. Der BF ist Alleingesellschafter einer GmbH (Besitz von Immobilien im Wert von ca. EUR 500.000 sowie Kreditschulden in Höhe von EUR ca. 100.000), die sich mit der Vermietung und Verpachtung beschäftigt und in den letzten Jahren einen Jahresumsatz von EUR 20.000 erzielt hat (Stand 2021).

Er hat keine Wertpapiere. Er hat Unterhalts- bzw. Sorgepflichten für zwei minderjährige Kinder und ist geschieden.

Der BF übte von 2007 bis 2021 verschieden Positionen (Controlling und Buchhaltung) in der XXXX AG aus; im Zeitraum ab Anfang Februar 2020 sowie im Tatzeitraum (27.03.2020 bis 29.04.2020) hatte er die Position des „Director Treasury“ (Leitung der Abteilung) inne. 2021 hat er das Unternehmen verlassen.

Der BF war während eines langen Zeitraumes mit Finanzinstrumenten beruflich und in leitender Funktion beschäftigt. Er verfügt über große Erfahrungen auf dem Finanzmarkt. Er verfügte über Erfahrungen mit Optionsscheinen und kannte deren Besonderheiten und Risiken.

2. Die XXXX AG (mittlerweile XXXX AG) ist zu FN XXXX beim XXXX eingetragen. Sie hat ihren Sitz in XXXX .

Die XXXX AG ist ein multinationaler Halbleiterhersteller. Die Haupttätigkeitsfelder sind Entwicklung und Herstellung von analogen integrierten Schaltkreisen und anwendungsspezifischen integrierten Schaltungen (ASICs). Das Unternehmen entwickelt und produziert analoge Halbleiterbauelemente (Leistungshalbleiter) für Anwendungen bei Sensoren und Sensorschnittstellen, Power Management und Wireless. Das Unternehmen entwickelt analoge ICs (Integrierter Schaltkreis) für Kunden in den Märkten Consumer, Industrie, Medizintechnik und Automotive.

Die XXXX AG war im Tatzeitraum eine börsennotierte Aktiengesellschaft, die ihre Aktien im Tatzeitraum unter der ISIN XXXX handelte.

1.2. Zum XXXX

Hintergrund des XXXX

Innerhalb der XXXX AG bestand ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm (ausgegebene Mitarbeiteroptionen für Führungskräfte) als variabler Gehaltsbestandteil neben dem fixen Gehaltsbestandteil. Mit diesem Programm wurden Vested Shares ausgegeben (ausgegebene Stammaktien), die jederzeit – nach einem bestimmten Haltezeitraum - durch den Mitarbeiter verkauft werden konnten. Der Mitarbeiter hatte somit ein wirtschaftliches Recht darauf, weshalb die XXXX AG diese Vested Shares in ihrem Bestand halten musste. Während bestimmter Zeiträume (zB nach Veröffentlichung der Quartalsergebnisse bis 10 Tage vor Quartalsende) durften die Mitarbeiter mit diesen Titeln handeln. Die XXXX AG (Abteilung Treasury) benötigte zu bestimmten Zeitpunkten daher eine große Menge Aktien, wenn ihre Mitarbeiter mit den Vested Shares handeln wollten (deshalb intern auch „Treasury Shares“ benannt). Intern (Treasury und alle anderen involvierten Mitarbeiter) bestand spätestens ab Anfang Februar 2020 das Wissen, dass nicht genug Treasury Aktien im Bestand waren, um die Mitarbeiter zu bedienen.

Insgesamt wird festgehalten, dass die Abteilung Treasury, insbesondere im Tatzeitraum bzw. ab dem hier beachtlichen Zeitraum ab Anfang Februar 2020, stets darauf zu achten hatte, wie viele ausgegebene Mitarbeiteroptionen zu welchen Zeiträumen ausgeübt werden könnten, um für den maximal möglichen Bedarf an Vested Shares Vorsorge zu treffen.

Dies geht auf eine kurz davor durchgeführte (bzw. teilweise noch überschneidende) Kapitalerhöhung der XXXX AG zurück. Hintergrund hierfür war der beabsichtigte Erwerb der XXXX AG im Laufe des Jahres 2020 (interne Projektbezeichnung: „ XXXX “). Durch eine Kapitalerhöhung sollten die für den Erwerb der XXXX AG notwendigen liquiden Mittel erworben werden. Wegen des Verkaufes eigener Aktien vor der Kapitalerhöhung hatte die XXXX AG zu diesem Zeitpunkt nicht genug eigene Aktien für das Mitarbeiterprogramm. Bei der Kapitalerhöhung wären die verbliebenen eigenen Aktien verwässert worden, wodurch ihr Anteil geschrumpft wäre. Es sollte daher auch aus diesem Grund ein XXXX (nach der Kapitalerhöhung) erfolgen. Dieses Programm sollte nach den Vorstellungen des Unternehmens (insbesondere auch des CFO) so schnell wie möglich erfolgen, weil die Aktien nicht vorhanden waren.

Der BF war als Leiter Treasury ab Februar 2020 innerhalb der XXXX AG auf operationeller Ebene hauptverantwortlich für die Durchführung des XXXX beauftragt; insbesondere fand der Schriftverkehr mit den externen Rechtsanwälten direkt durch die Abteilung Treasury statt und nicht über die interne Rechtsabteilung (Legal). Die unmittelbaren Vorgesetzten des BF waren der Vicepresident Finance (Herr XXXX ) und der Finanzvorstand (CEO, Herr XXXX ), mit denen der BF in ständiger Kommunikation stand. Weiters waren ein Mitarbeiter (Herr XXXX ) der Abteilung Investors Relations und ein weiterer Mitarbeiter (Herr XXXX ) eingebunden sowie der Vicepresident Controlling (Herr XXXX ), fallweise aber auch andere Mitarbeiter.

Für das XXXX bestand kein eigenes Insiderverzeichnis („insider list“), weil die XXXX AG jenes für das Projekt XXXX (Erwerb der XXXX AG durch die XXXX AG) auf das XXXX anwendete. Der BF war darin für den Zeitraum von 29.05.2019 bis 22.05.2020 eingetragen. Weiters hatte der BF am 28.05.2019 eine Vertraulichkeits- und Verpflichtungserklärung (ebenfalls im Zusammenhang mit dem Projekt XXXX ) unterzeichnet, nach der er über das Projekt informiert wurde und sich aller Transaktionen in Bezug auf XXXX AG-Aktien und XXXX AG-Aktien enthalten sollte: Punkt 5 dieser Verpflichtungserklärung lautete wörtlich: „5. Furthermore, you agree not to buy, sell, transfer or assign any stock of XXXX or XXXX and to refrain from any transaction related to securities of XXXX or XXXX . You also agree to strictly comply with all applicable regulations regarding insider trading.“

Chronologie des XXXX ab Anfang Februar 2020, in das der BF als Hauptverantwortlicher ständig eingebunden war:

Im Februar 2020 erfolgte die Beauftragung der Abteilung Treasury, die Möglichkeit eines Rückkaufes von eigenen Aktien zum Zweck der Bedienung des Mitarbeiterbeteiligungsprogrammes zu evaluieren; zuvor waren, wie oben erwähnt, eigene Aktien veräußert worden.

07.02.2020: Der BF und ein weiterer Mitarbeiter (Hr. XXXX ) haben bei Rechtsberater der XXXX AG („ XXXX “ XXXX AG, XXXX ) angefragt, ob der XXXX nach Schweizer Übernahmerecht am ersten Tag des Bezugsrechtshandels starten kann. Die positive Antwort von XXXX erfolgte noch am selben Tag.

Am 10.02.2020 übermittelte XXXX an den BF eine allgemeine Einschätzung des XXXX und bemerkte, dass „[i]n jedem Fall […] der Zeitplan bei einem angenommenen Ex-Tag gegen Ende erste Hälfte März 2020 (12. März 2020) somit anspruchsvoll ist“. Es müsste daher, so XXXX , unmittelbar mit den Vorbereitungen begonnen werden.

12.02.2020: Hr. XXXX übermittelte an XXXX das ausgefüllte Meldeformblatt (für die Schweizer Übernahmekommission) für das XXXX . Als Zeitplan (Punkt 2.6. des Formblattes) war „frühestmöglich“ ausgefüllt; das Volumen war mit „10%“ angegeben; es wurden mehrere Zwecke angegeben: „Finanzierung von Akquisitionen, Bedienung von XXXX , Weiterveräußerungen, teilweise Herabsetzung des Grundkapitals“; laut Formblatt war der Rückkauf zum Marktpreis auf der XXXX geplant. Interne Information erfolgte von XXXX an den CFO der XXXX AG, dass bereits mit den Anwälten die potenziellen Implikationen des geplanten XXXX besprochen wurden, weil XXXX die Zustimmung von HSBC und UBS benötige (aufgrund eines bridge/underwriting commitments). Der CFO antwortete eindringlich (wörtlich: „get it done“) noch am selben Tag, dass es ein mündliches Commitment der beiden Banken bereits gegeben habe und dass XXXX (international tätige Rechtsanwaltskanzlei) das erledigen müsse.

16.02.2020: XXXX übermittelte an XXXX den genauen Zeitplan für die Durchführung des XXXX : Geplante Veröffentlichung des XXXX mit 27.02.2020 und geplanter Handelsbeginn am 13.03.2020. Das geplante Volumen betrug XXXX %. Der BF informierte intern den CFO darüber.

Am 18.02.2020 hat XXXX dringend vom XXXX während der Bezugsfrist abgeraten.

Am 20.02.2020 erfolgte die interne Finalisierung der Unterlagen für das XXXX . XXXX informierte intern, dass der Start des Rückkaufprogrammes sich nochmals verschoben habe, nämlich auf den 16.03.2020, XXXX das Meldeformblatt finalisiert habe und XXXX Bank das Meldeformblatt unterzeichnen werde.

Zwischen 20.02.2020 und 25.02.2020 entwickelten sich überraschend Probleme mit HSBC und UBS, weil diese den geplanten Waiver (Zustimmung) für den XXXX während des Bezugsrechtshandels nicht erteilen wollten. Wie sich später herausstellte, waren die Bedenken der beiden Banken formeller Natur, weil sie sich durch ihre Zurückhaltung im Wesentlichen nur eine Art Mitspracherecht bei der Ausgestaltung sichern wollten. Echte inhaltliche Bedenken bestanden von ihrer Seite nicht.

21.02.2020: XXXX übermittelte um 12:44 Uhr eine Reihe von Dokumenten (wörtlich: „finale Fassungen“) und zwar: das Meldeformular Rückkaufprogramm 2020, Anhang Aktionärsbeteiligungen zu Ziffer 1.4 des Meldeformulars (Schweizer Übernahmekommission), Inserat Rückkaufprogramm in Deutsch sowie Übersicht durchschnittliches Tagesvolumen der Bank XXXX AG. Weiters waren folgende wesentliche Punkte festgehalten: Volumen: XXXX % des Grundkapitals; Preis: XXXX ; Zweck: Für XXXX , insbesondere zur Bedienung von Aktienoptionen ( XXXX ); Dauer: XXXX bis längstens XXXX . Der Zweck des Rückkaufprogrammes wurde auf XXXX eingeschränkt und der Startzeitpunkt gegenüber früher um 3 Tage nach hinten verschoben.

21.02.2020: Hr. XXXX bestätigte an diesem Tag, dass die Dokumente von XXXX in Ordnung sind. XXXX übermittelte (an XXXX und den BF sowie andere Mitarbeiter) am selben Tag nach 23:00 Uhr noch eine weitere wesentliche Information, nämlich die aktualisierte Timeline, die folgende zeitliche Schritte vorsah:

„Ab sofort“ sollten alle Unterlagen (Rückkaufinserat, Meldeformblatt für die Übernahmekommission etc.) intern bzw. mit den externen Beratern vorbereitet werden. Die Einreichung bei der Schweizer Übernahmekommission sollte am 25.02.(2020) erfolgen. Für den 28.02.2020 wurde eine informelle Bestätigung des Sekretariats der Schweizer Übernahmekommission erwartet. Bis 05.03.2020 sollten die noch ausstehenden Waiver von HBSC und von UBS kommen. Ebenso sollten bis zu diesem Tag Delegationsvereinbarungen abgeschlossen und spezifische Kaufinstruktionen von XXXX Bank (in Abstimmung mit den externen Rechtsberatern) erteilt werden. Für den 06.03.2020 wurde die Preisfindung für Discounted Shares erwartet. Die Veröffentlichung der Ad-hoc-Meldung (sowie des Rückkaufsinserates) wurde für den 06.03.2020 („oder vor 11.03.2020“) geplant; der Rückkaufbeginn (Handelsbeginn) wurde in diesem Dokument zum 16.03.2020 geplant. Am 07.03.2020 („oder vor 11.03.2020“) sollte eine Publikation in der Wiener Zeitung erfolgen. Der Prospekt sollte am 11.03.2020 veröffentlicht werden und der 12.03.2020 sollte der erste Tag des Bezugshandels bzw. des Aktienhandels ohne Bezugsrecht („Ex-Tag“) sein. Das Ende des Bezugsrechtes wurde mit 24.03.2020 projektiert und ca. am 27./30.03.2020 sollte die Kapitalerhöhung eingetragen sein. Der Ablauf des Rückkaufprogrammes wurde mit „Spät.“ 04.12.2021 festgesetzt.

24.02.2020: XXXX übermittelte zusätzlich noch einen Text-Entwurf für die Ad-hoc-Meldung mit dem Startdatum 16.03.2020.

25.02.2020: XXXX teilte intern (an den BF, den CFO und andere Personen) mit, dass die Banken nach wie vor Bedenken gegen das Programm hätten. Der CFO antwortete am selben Tag an XXXX , den BF und andere Personen, dass er mit Verschiebung bis nach der Kapitalerhöhung ausdrücklich nicht einverstanden ist (wörtlich: „No. I am not.“). Und in einem zweiten Mail vom selben Tag teilte er XXXX mit: „I am sick and tired of these morons.“ Er schlug vor, dass die Banken die dadurch entstandenen Kosten eines späteren Rückkaufs tragen sollten. Als Alternative schlug der CFO vor, dass die Kapitalerhöhung um die Einkünfte aus dem Verkauf eigener Aktien reduziert werde.

27.02.2020: XXXX übermittelte die Meldung zum XXXX an die CH-Übernahmekommission mit Inhalt 21.02.2020, wobei der Zeitplan etwas modifiziert worden war: Zeitpunkt der Publikation des Rückkaufinserates 06.03.2002 („z.Zt. geplanter Zeitpunkt, spätestens am 10.03.2020“), Dauer des Rückkaufs/Laufzeit der Put-Option von 30.03.2020 (“z.Zt. geplanter Beginn, frühestens am 16.03.2020“) bis 04.12.2021; Zeitpunkt der Publikation des Ergebnisses des Rückkaufs: 05.12.2021 und Zeitpunkt der nächsten ordentlichen Generalversammlung: 03.06.2020. Als Börseteilnehmer, der mit der Durchführung beauftragt worden war, wurde die Bank XXXX angegeben.

Am 28.02.2020 teilte XXXX dem BF (und den externen Rechtsberatern) mit, dass sich der CFO mit den Banken (HSBC und UBS) über den Waiver einigen konnte und der XXXX erst nach dem Bezugsrechtehandel am 30.03.2020 starten sollte.

Am Abend desselben Tages hat XXXX dem BF, dem CFO und anderen Personen mitgeteilt, dass im Falle eines Startes nach dem 16.03.2020 möglicherweise der geplante Rückkauf aus rechtlichen Gründen für 90 Tage nicht möglich sei. Der CFO kommentierte dies am Morgen des nächsten Tages in seinem Antwortmail mit den Worten „Oh, shit.“

In den nächsten Tagen korrespondierte XXXX mehrmals mit der Übernahmekommission und übermittelte letztlich am 11.03.2020 einen neuen Zeitplan mit der geplanten Ad-hoc-Meldung (über das XXXX ) am 01.04.2020 und dem Handelsbeginn am 06.04.2020.

Am 13.03.2020 publizierte die XXXX AG einen Prospekt, in dem auf ein geplantes XXXX hingewiesen wurde, mit folgendem wörtlichen Inhalt: „23.7.2. Share Buyback Programs of the Company. As of the date of this prospectus, there are no ongoing share buyback programs of the Company. The Company is considering to start a new buyback program shortly after closing of this offering in order to acquire shares to be used for employee participation plans, in particular, to service stock options (employee option plan).“ Der Prospekt enthielt darüber hinaus keine weiteren Angaben über das Rückkaufprogramm (etwa Zeitpunkte oder Menge der Aktien).

Am 17. und 18.03.2020 informierte der BF, dass der Rückkauf schon am 27.03.2020 beginnen könne, wenn ein hoher Druck ausgeübt werde, wenn die formelle Freigabe (Waiver) der Banken vorliege. Der CFO unterstützte das mit den Worten: „Please try. The situation changed […]“. Ein anderer Mitarbeiter ersuchte XXXX in einem Mail vom 19.03.2020 ebenfalls, das Startdatum so früh wie möglich festzusetzen. Er teilte darin jedoch mit, dass er das nicht für möglich erachte und mit einem Start am 06.04.2020 rechne.

Am 20.03.2020 erteilte der BF gegenüber XXXX das formelle „Go“ für Einbringung des Antragsformblattes bei der Schweizer Übernahmekommission („zum nunmehr geplanten XXXX “). Im Antragsformblatt wurde Folgendes angegeben: „Rückkauf zum XXXX “ „auf der XXXX “; der Zweck wurde mit „Bedienung von XXXX , insbesondere von Aktienoptionen ( XXXX )“ angegeben. Das Volumen wurde, wie schon früher geplant, mit XXXX % des Grundkapitals angegeben, wobei dies aufgrund der davor erfolgten Kapitalerhöhung nicht mehr 4.220.991, sondern XXXX Aktien entsprach. Der Zeitplan enthielt folgende Angaben: Zeitpunkt der Publikation des Rückkaufinserates: 01.04.2020. Dauer des Rückkaufes/Laufzeit der Put-Option: von 06.04.2020 bis 04.12.2021. Zeitpunkt der Publikation des Ergebnisses des Rückkaufs: 05.12.2021. Zeitpunkt der nächsten ordentlichen Generalversammlung: 03.06.2020. Als Börseteilnehmer wurde die Bank XXXX AG angegeben. Der Beginn des Rückkaufprogrammes wurde noch mit 06.04.2020 angegeben; alle übrigen Parameter waren bereits so wie in der endgültigen Ad-hoc-Meldung vom 06.04.2020 enthalten.

Am 23.03.2020 teilte die Übernahmekommission mit, dass alle Voraussetzungen für das Meldeverfahren erfüllt seien.

In einem Inseratentwurf für die Publikation des Rückkaufprogrammes in der Wiener Zeitung vom 24.03.2020 waren der Vorstandsbeschluss und der Launch des XXXX noch für den 01.04.2020 vor 7:30 Uhr vorgesehen, die Publikation in der Wiener Zeitung für den 02./03.04.2020 und der Handelsbeginn für den 06.04.2020.

Aufgrund einer Verzögerung der Kapitalerhöhung wurde am 30.03.2020 beschlossen, den Beginn des XXXX für den 08.04.2020 zu avisieren.

Am 06.04.2020 beschloss der Vorstand der XXXX AG, die Ad-hoc-Meldung mit folgenden Angaben zu veröffentlichen: Volumen: XXXX % des Grundkapitals; Preis: Marktpreis über die XXXX ; Zweck: Für XXXX , insbesondere zur Bedienung von XXXX ( XXXX ); Dauer: XXXX bis längstens XXXX .

Alle oben beschriebenen Umstände – mit Ausnahme des veröffentlichten Prospektes vom 13.03.2020 – waren bis zur Ad-hoc-Meldung vom 06.04.2020 keine öffentlich bekannten Informationen, insbesondere trifft das auf die am 21.02.2020 zwischen dem externen Rechtsberater und den verschiedenen Zuständigen (v.a. dem BF) ausgetauschten Parameter des geplanten XXXX und die Timeline zu.

Bereits am 27.04.2020 erfolgte die Ad-hoc-Meldung, dass das maximale Volumen für den XXXX erreicht wurde und das Rückkaufprogramm daher mit XXXX 2020 beendet worden war. Insgesamt wurden XXXX Stück Aktien bzw. XXXX % des Grundkapitals rückgekauft.

Es wird zusammenfassend festgestellt, dass sich aus der Korrespondenz zwischen den verschiedenen Abteilungen bzw. Personen unterhalb der Vorstandsebene (insbesondere dem BF und T.) mit dem Vorstand (CFO) zeigt, dass es eine klare und eindeutige Intention des Vorstandes gegeben hatte, das XXXX grundsätzlich durchzuführen und dies zu einem möglichst frühen Zeitpunkt (vgl. insbesondere die oben beschriebenen Rückmeldungen des CFO vom 25.02.2020 und vom 17.03.2020). Dieser Umstand wird durch die prinzipielle (rechtliche) Möglichkeit, dass statt des Rückkaufprogrammes die Mitarbeiteroptionen auf anderem Weg bedient werden könnten, nämlich durch direkte Auszahlung von liquiden Mittel, nicht beeinflusst.

Zusätzlich zu diesem Ablauf verfügte der BF vor Erteilung der inkriminierten Kaufaufträge am 27.03.2020 über folgende interne Informationen:

Am 10.03.2020 erhielt der BF von einem Mitarbeiter einer anderen Abteilung per Mail die Information, dass die XXXX AG nach der Kapitalerhöhung für das Mitarbeiterprogramm drei Millionen Stück „vested shares“ halten müsse. Am 13.03.2020 wurde der Bedarf an Aktien für die Zeit nach der (internen) Sperrfrist mit XXXX Millionen Stück konkretisiert. Herr XXXX bestätigte (in Kopie an den BF), dass man aufgrund des hohen Volumens von XXXX Aktien XXXX Aktien pro Tag kaufen werde und dieses Volumen genügen sollte, um die insgesamt angezielte Zahl von XXXX Millionen Aktien zu erreichen. Dazu wird festgehalten, dass die interne Sperrfrist am 29.04.2020 endete (Veröffentlichung des Quartalsergebnisses) und die Mitarbeiter ab diesem Zeitpunkt ihre Rechte ausüben konnten.

Es kann somit festgehalten werden, dass der BF zusätzlich zu den oben genannten Informationen vom 21.02.2020 auch über die große Dringlichkeit des Rückkaufprogrammes Bescheid wusste sowie über die genaue endgültig benötigte Zahl der zu erwerbenden Aktien und die maximal mögliche Anzahl von Käufen pro Tag.

Ergänzend wird der Vollständigkeit festgehalten, dass es rund um die Übernahme der XXXX AG durch die XXXX AG interne Standstill Agreements („ XXXX “) gegeben hat, die bestimmte Mitarbeiter verpflichtet hatten, zu bestimmten Zeiträumen (Sperrfristen) strengstes Stillschweigen zu wahren und keine Käufe (oder sonstigen Handel) von Aktien der beiden Aktiengesellschaften zu tätigen. Im Standstill Agreement vom 07.05.2019 (zu XXXX ) war auch der BF verpflichtet, keinen Handel zu tätigen, lediglich zwischen 16.03.2020 bis inkl. 26.03.2020 war Handel erlaubt, wobei der Handel mit Calloptionen (und anderen Derivaten) auch in diesem Zeitraum untersagt war. Weiters waren im Unternehmen der XXXX AG auch Handelsfenster und Blackout Perioden (Quarantäneperioden) festgelegt, die Mitarbeitern ohne direkten Zugang zu Finanzinformationen empfohlen hatten, vom Handel Abstand zu nehmen. Es wird für die Zwecke dieses Verfahrens jedoch zusammenfassend ausdrücklich festgehalten, dass sowohl das Standstill Agreement als auch die Quarantäneperioden verfahrensbezogen keine weitere Rolle spielen, mag auch eine Zuwiderhandlung gegen eine dieser internen Richtlinien vorgelegen haben.

1.3. Tathandlungen im Zeitraum 27.03.2020 bis 29.04.2020

Dazu ist festzustellen, dass der BF aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit über Erfahrung mit dem Auflegen und Ausgestalten von Optionsscheinen der XXXX AG verfügte. Konkret ließen der BF, der CFO und Herr XXXX gemeinsam bei der Bank XXXX (als Investmentbank) für ihre privaten Zwecke Optionsscheine der XXXX AG auflegen. Es kann nicht festgestellt werden, welche der drei Personen diese Optionsscheine hat auflegen lassen. Fest steht jedoch, dass sie ihren privaten Zwecken dienten und es über die genaue Ausgestaltung der Optionsscheine (z.B. über Prämie, Strikes und Laufzeit) einen E-Mailaustausch zwischen dem BF, XXXX und dem CFO gab (z.B. am 07.03.2020, am 06.03.2020 sowie am 19.03.2020).

Optionsscheine (derivative Wertpapiere) sind Hebelprodukte, mit denen man mit geringem Kapitaleinsatz höhere Kursveränderungen im Vergleich zu Aktien erzielen kann. Mit Call-Optionsscheinen wettet der Käufer auf steigende Kurse des Basiswertes, hier konkret auf den der XXXX AG-Aktie. Normalerweise wählen Investoren aus einem sehr breiten Spektrum von bereits am Markt erhältlichen Optionsscheinen aus. Verfahrensbezogen haben sich der BF (und die beiden anderen XXXX -Mitarbeiter) den Optionsschein nach ihren eigenen Vorstellungen durch die Bank erstellen lassen. Im März 2020 koordinierte der BF mit den beiden anderen Personen die Auflage bzw. die Neunotierung eines Optionsscheines mit dem Basiswert der XXXX AG mit folgenden Eigenschaften: ISIN: DE XXXX , Call Optionsschein. Basiswert: Aktien der XXXX AG. Bezugsverhältnis: 0,1. Fälligkeit: 25.09.2020. Am 19.03.2020 leitete der BF, nach einem E-Mailaustausch zwischen ihm und der Investmentbank, in einem E-Mail an den CFO und XXXX eine Nachricht der Investmentbank mit der Bemerkung weiter: „Hier die ISINs. AB MORGEN HANDELBAR Liebe Grüße […]“; im Anhang zum E-Mail waren alle ISIN tabellarisch angefügt.

Der BF hat 1. am 27.03.2020 um 13:30 Uhr (UTC) sowie 2. am 27.03.2020 um 14:12 Uhr (UTC) telefonisch über sein Depot ( XXXX ) bei der XXXX AG einen Kaufauftrag über jeweils 250.000 Stück des Call Optionsscheines ( XXXX Financial Products Call XXXX ) mit der ISIN DE XXXX erteilt, welche sodann wie unten näher beschrieben am 27.03.2020 ausgeführt wurden.

Datum

Zeit UTC

ISIN

Name

Buy/Sell

Menge

Preis

Wert

CCY

27.03.2020

13:38:00

XXXX

XXXX

B

150.000

0,170

25.500

CHF

27.03.2020

13:39:00

XXXX

XXXX

B

100.000

0,172

17.200

CHF

27.03.2020

15:30:58

XXXX

XXXX

B

250.000

0,199

49.700

CHF

29.04.2020

09:13:41

XXXX

XXXX

S

500.000

0,235

117.500

CHF

 

 

 

 

 

Summe Kauf

 

92.400

CHF

 

 

 

 

 

Summe Verkauf

 

117.500

CHF

 

 

 

 

 

Gewinn

 

25.100

CHF

         

 

Der erzielte Gewinn, welcher mit dem Verkauf am 29.04.2020 erzielt wurde, betrug 25.100 CHF (entspricht umgerechnet 23.675 EUR). Es wird festgestellt, dass der Verkauf am 29.04.2020 am Tag der Veröffentlichung der Ergebnisse des 1. Quartals 2020 erfolgte.

Es wird festgestellt, dass der BF zum Zeitpunkt der Ordererteilung (27.03.2020) für den Ankauf dieser Call Optionsscheine genau wusste, dass aufgrund der unternehmensinternen Umstände rund um das XXXX die Treasury Aktien, die zuvor wegen der Kapitalerhöhung verkauft werden mussten, nunmehr wieder in entsprechend höherer Stückzahl und unter engem Zeitrahmen zurückgekauft werden mussten.

1.4. Kursreaktion der XXXX AG – Aktie und Markterwartungen

1. Der Kurs der XXXX AG-Aktie stieg nach Veröffentlichung der Ad-hoc-Meldung am 06.04.2020 deutlich um 6,75%. Die kurze Dauer des XXXX und die hohe tägliche Anzahl an rückgekauften Aktien mit bis zu XXXX Stück hatten einen sehr positiven Effekt auf den Kurs der Aktie. Der Kurs stieg an der SIX Suisse Exchange für die Dauer des XXXX um 16,45%, gemessen am Schlusskurs vom 07.04.2020 bis zum Schlusskurs vom 24.04.29020.

2. Die XXXX AG veröffentlichte am 28.01.2020 in einer Ad-hoc-Meldung den Verkauf aller eigenen Aktien im Ausmaß von XXXX Millionen Stück. Dies geschah zum Schutz vor Verwässerung durch die bevorstehende Kapitalerhöhung. Der Verkauf wurde am XXXX 2020 durchgeführt und dieser Umstand ebenfalls publiziert. Es wird für die Zwecke dieses Verfahrens festgestellt, dass aufgrund dieses Umstandes sowie aufgrund der Prospektveröffentlichung vom 13.03.2020, in welcher (s.o. Feststellungen Punkt 1.2.) das geplante Rückkaufprogramm zur Bedienung der Mitarbeiteroptionen angekündigt wurde, eine lediglich allgemeine Markterwartung vorhanden war, dass in einem nicht näher bekannten Zeitraum eine nicht näher genannte Menge an Aktien zurückgekauft werden würde.

1.5. Zum Zeitpunkt der ersten Verfolgungshandlung der belangten Behörde

Es wird festgestellt, dass die Aufforderung zur Rechtfertigung (im Folgenden auch „AzR“) vom 25.10.2021 (Datum der Urkunde), digital signiert am 27.10.2021, die Sphäre der belangten Behörde zwischen dem 27.10.2021 und vor dem 29.10.2011 verlassen hat. Am 27.10.2021 wurde sie von der belangten Behörde mit der Versandart „Dual RSA“ versendet und noch am selben Tag um 22:00 Uhr von der externen Druckstraße (Bundesrechenzentrum) verarbeitet bzw. von dieser weitergeleitet und an die Post (Postamt 1423 Wien) übergeben. Am 29.10.2021 erfolgte ein – zunächst erfolgloser - Zustellversuch durch die Post, weshalb die AzR noch am selben Tag in der zuständigen Abgabeeinrichtung der Post (Post Geschäftsstelle XXXX ) am Wohnort des BF hinterlegt wurde. Der BF hat die AzR am ersten Werktag nach dem 29.10.2021 (einem Freitag), nämlich am 02.11.2021 behoben.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich neben dem Ergebnis der mündlichen Beschwerdeverhandlung auf die Einsicht in das offene Firmenbuch, auf den Akteninhalt des Verwaltungsaktes der belangten Behörde, auf den angefochtenen Bescheid sowie auf die Beschwerde und die sonstigen Schriftsätze. Einleitend wird festgehalten, dass die Beschwerde den Sachverhalt auf Tatsachenebene nicht bestreitet (s. unten Näheres).

Die Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen gründen sich auf die Angaben des BF: Die Feststellung zum Einkommen im Jahr 2021 gründen sich auf den Einkommensteuerbescheid vom 12.10.2022, welche der BF mit der Beschwerde vorgelegt hat. Die übrigen Angaben gründen sich auf das Vorbringen des BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (Niederschrift vom 24.02.2023, Seite 3 und Seite 14 oben). Die Feststellung zum Wissen und zur Erfahrung des BF mit Optionsscheinen gründet sich auf seine Aussage vor der belangten Behörde (ON 41 Seite 7 Mitte: „[…] Wir hatten viel Kontakt. Und kannten das Thema Optionsscheine, daher sind wir auf die Idee gekommen […].“ Alle diese Angaben sind schlüssig und glaubhaft; sie wurden auch nicht bestritten. Die Angaben zu den Sorgepflichten für zwei minderjährige Kinder gründen sich auf das Vorbringen im behördlichen Verfahren bzw. auf den angefochtenen Bescheid und wurden nicht bekämpft, weshalb ihnen gefolgt wird.

Weiters konnte hinsichtlich des chronologischen Ablaufes des festgestellten Sachverhaltes ( XXXX ) auf das Vorbringen des BF und des einvernommenen Zeugen in der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung zurückgegriffen werden. Die Feststellungen der FMA zum Ablauf (Chronologie) des XXXX wurden vom BF bestätigt(vgl. Beschwerde, Seite 16 Mitte: „[…] in der die objektiven Fakten des Ablaufes zugestanden wurden.“; ähnlich hat sich der BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung geäußert: Verhandlungsschrift vom 24.02.2023, Seite 4 ganz oben: „BF: Die objektiven Tatsachen, wie den Kauf und den Verkauf der Optionsscheine, sowie meiner Mitarbeit an dem XXXX , […] kann ich […] zustimmen.“).

Die Feststellungen zum Insiderverzeichnis gründen sich auf die unstrittigen ON 03 und ON 05 des Behördenaktes. Die Feststellungen zur Verpflichtungserklärung des BF vom 28.05.2019 gründet sich auf ON 08 des Behördenaktes.

Insbesondere stützen sich die Feststellungen zu den Inhalten der Dokumente vom 21.02.2020 auf die ON 32, 33 und 44 des Behördenaktes. Die Beilage von ON 44 enthält die Timeline des geplanten XXXX zw. „sofort“ und dem geplanten Ende am 04.12.2020. Dazu ist würdigend festzuhalten, dass selbst nach den Aussagen des in der mündlichen Beschwerdeverhandlung einvernommenen Zeugen (vgl. Verhandlungsschrift vom 24.02.2023, Seite 13 oben) es nur eine allgemeine „Intention im Markt durch den Kapitalmarktprospekt vom März 2020“ geben hat. Dieser Umstand der allgemeinen „Intention im Markt“ kann den wesentlich detaillierteren und größeren Informationsgehalt der Dokumente vom 21.02.2020 und des sich daraus ergebenden Informationsvorsprunges des BF wie auch dessen Kenntnis vom Willen seiner Vorgesetzten nicht in Zweifel ziehen.

Zu den Feststellungen über das interne Wissen des BF über die Dringlichkeit des Bedarfes, das Volumen und den kurzen (faktischen) Zeitplan des XXXX kann auf die Aussagen des BF vor der belangten Behörde (ON 41, Seite 5 ff.) verwiesen werden. Sie wurden nicht bestritten, weshalb ihnen gefolgt wurde. Dazu wird auf die Aussage des BF vor der Behörde (ON 41, Seite 6) verwiesen, wo der BF selbst wörtlich festgehalten hat: „Die Aktien bzw. die Treasury Shares, die wir bis zur Aufhebung der Handelssperre benötigten, brauchten wir bis zum Ende der Black-Out-Periode, die mit Veröffentlichung der Quartalsergebnisse Ende April 2020 abgelaufen ist. Wir brauchten diese Treasury Aktien, da Mitarbeiter diese zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Quartalsergebnisse theoretisch ausüben konnten.“ Sowie: „Man wollte in dem Zeitfenster so rasch wie möglich und so viel wie möglich Aktien [Hervorhebung durch den Verfasser] rückkaufen. Da dem Unternehmen bewusst war, dass der Aktienkurs noch unter der Kapitalerhöhung leidet und dadurch niedrige Kurse am Markt waren. Man wollte am liebsten während der Kapitalerhöhung zurückkaufen, was aber rechtlich nicht möglich war. Man erwartete, dass es zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Rebound des Aktienkurses kommen könnte. Es wäre den Aktionären schwer erklärbar gewesen, dass man zu höheren Kursen zurückkauft als sie im April waren. Zusätzlich gab es den Zeitdruck, dass man bis zum 29.04.2020 (nach der Veröffentlichung der Quartalsergebnisse) mindestens eine gewisse Anzahl an Aktien benötigte.“

Die Feststellungen, dass das XXXX nach den Vorstellungen des Vorstandes (CFO) so früh wie möglich erfolgen sollte, gründet sich auf die Aussage des BF in ON 41 (Seite 4 ganz unten: „Der XXXX sollte so rasch wie möglich erfolgen, weil die Aktien nicht vorhanden waren.“) vor der belangten Behörde; die Feststellungen zur genauen Anzahl der Vested Shares und der Laufzeit gründen sich auf die Angaben des BF in OZ 41 (Seite 5 ff.) und aus dem Akt der belangten Behörde (z.B. ON 17, 18 und 22).

Die Feststellung, dass es zur Bedienung der Mitarbeiteroptionen auch die (rechtliche) Möglichkeit gegeben hat, diese durch direkte Zahlungen (liquide Mittel) zu erfüllen, gründet sich auf die Aussagen des in der mündlichen Beschwerdeverhandlung einvernommen Zeugen (Verhandlungsschrift vom 24.02.2023, Seite 13). Es haben sich im gesamten Verfahren jedoch keinerlei sonstige Anhaltspunkte ergeben bzw. wurden keine vorgebracht, dass diese Möglichkeit jemals ernsthaft in Erwägung gezogen wurde, weshalb sie nicht zur Feststellung erhoben wurde; vgl. auch dazu die Aussage des BF vor der belangten Behörde (ON 41 Seite 9: Frage der Behörde: „Warum haben Sie den Kauf der Call Optionsscheine trotzdem durchgeführt?“ BF: „[…] Der einzige Konnex ist, dass wir aufgrund von XXXX die Aktien verkaufen mussten und danach wieder rückkaufen mussten.“)

Die Feststellungen zu Standstill Agreements (insbesondere zu XXXX ) und anderen Sperrfristen (Blackout Perioden u.ä.) gründen sich auf die unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid und auf ON 7 des Behördenaktes (Mail vom 12.03.2020 des head office an den Verteiler „_ XXXX _worldwide“).

Die Feststellung über das genaue Wissen des BF, nämlich dass die Treasury Aktien wegen des Verkaufes für die Kapitalerhöhung zurückgekauft werden mussten, gründet sich auf seine diesbezügliche wörtliche Angabe vor der belangten Behörde (Einvernahme ON 41, Seite 9 oben: Frage der Behörde: „Warum haben Sie den Kauf der Call Optionsscheine trotzdem durchgeführt?“ BF: „[…] Der einzige Konnex ist, dass wir aufgrund von XXXX die Aktien verkaufen mussten und danach wieder rückkaufen mussten.“)

Zur Rechtzeitigkeit der Aufforderung zur Rechtfertigung

Die Feststellungen gründen sich im Wesentlichen auf folgende Urkunden: Auf ON 35 (Kopie der AzR) des Behördenaktes samt Beilage (Rückschein der österreichischen Post), aus welcher das Datum der Hinterlegung in der Abgabeeinrichtung (29.10.2021) und das Datum der Behebung (02.11.2021) durch den BF hervorgeht. Der Rückschein wurde dem BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgehalten und der BF hat seine darauf befindliche Unterschrift als echt bezeichnet (vgl. Niederschrift vom 24.02.2023, Seite 3). Weiters gründen sich die Feststellung auf OZ 5 (samt zweier Beilagen) des verwaltungsgerichtlichen Aktes, aus der das Datum der Erstellung und der digitalen Signierung, das Datum der Übergabe an die externe Druckstraße und die Übergabe an die Post hervorgeht. Diese Urkunden sind unzweifelhaft und wurden trotz Gelegenheit nicht bestritten, weshalb ihr Inhalt zu Feststellungen erhoben wurden. Zusammenfassend kann beweiswürdigend festgehalten werden, dass die AzR die Sphäre der Behörde zwischen (wahrscheinlich) dem 27.10.2021, jedoch noch mit Sicherheit vor dem 29.10.2021 verlassen hat und noch am 29.10.2021 ein erster Zustellversuch am Wohnort des BF erfolgt ist.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes, zum anzuwendenden Recht und zur Zulässigkeit der Beschwerde.

Gemäß § 22 Abs. 2a FMABG, BGBl I 97/2001 idF BGBl 184/2013, entscheidet über Beschwerden gegen Straferkenntnisse der FMA das Bundesverwaltungsgericht durch Senat, wenn entweder eine primäre Freiheitsstrafe oder eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Der Vorschrift des § 22 Abs. 2a FMABG nach liegt gegenständlich Senatszuständigkeit vor.

Die Beschwerde ist rechtzeitig, zulässig, jedoch nicht berechtigt. Dies aus folgenden Gründen.

3.2.

Zu A) Zur Beschwerdeabweisung:

 

3.2.1. Zugrundeliegende Rechtslage:

Allgemeines

Vorab ist festzuhalten, dass der gegenständliche Insiderhandel in unterschiedlichen Rechtsnormen geregelt ist. Die materielle Bestimmung ist im unmittelbar geltenden Unionsrecht enthalten, hingegen sind das Verfahren und die Sanktionen im nationalen Recht normiert.

Im Einzelnen

Die maßgeblichen Erwägungsgründe (14 bis 17, sowie 23 bis 26 und 28) und materiellen Be-stimmungen (Art. 7, 8 und 14) der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung; im Folgenden auch „MM-VO“ bzw. „MAR“) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2003/124/EG , 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission, ABl. L 173 vom 12.06.2014, Seite 1, lauten auszugsweise samt Überschrift (sie gilt ab 03.07.2016 an Stelle der bis dahin in Kraft befindlichen Bestimmungen des nationalen Gesetzes):

Erwägungsgründe

„(14) Verständige Investoren stützen ihre Anlageentscheidungen auf Informationen, die ihnen vorab zur Verfügung stehen (Ex-ante-Informationen). Die Prüfung der Frage, ob ein verständiger Investor einen bestimmten Sachverhalt oder ein bestimmtes Ereignis im Rahmen seiner Investitionsentscheidung wohl berücksichtigen würde, sollte folglich anhand der Ex-ante-Informationen erfolgen. Eine solche Prüfung sollte auch die voraussichtlichen Auswirkungen der Informationen in Betracht ziehen, insbesondere unter Berücksichtigung der Gesamttätigkeit des Emittenten, der Verlässlichkeit der Informationsquelle und sonstiger Marktvariablen, die das Finanzinstrument, die damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakte oder die auf den Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekte unter den gegebenen Umständen beeinflussen dürften.

(15) Im Nachhinein vorliegende Informationen (Ex-post-Informationen) können zur Überprüfung der Annahme verwendet werden, dass die Ex-ante-Informationen kurserheblich waren, sollten allerdings nicht dazu verwendet werden, Maßnahmen gegen Personen zu ergreifen, die vernünftige Schlussfolgerungen aus den ihnen vorliegenden Ex-ante-Informationen gezogen hat.

(16) Betreffen Insiderinformationen einen Vorgang, der aus mehreren Schritten besteht, können alle Schritte des Vorgangs wie auch der gesamte Vorgang als Insiderinformationen gelten. Ein Zwischenschritt in einem zeitlich gestreckten Vorgang kann für sich genommen mehrere Umstände oder ein Ereignis darstellen, die gegeben sind bzw. das eingetreten ist oder bezüglich deren/dessen auf der Grundlage einer Gesamtbewertung der zum relevanten Zeitpunkt vorhandenen Faktoren eine realistische Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie/es entsteht/eintritt. Dieses Konzept sollte jedoch nicht so verstanden werden, dass demgemäß der Umfang der Auswirkungen dieser Reihe von Umständen oder des Ereignisses auf den Kurs der betreffenden Finanzinstrumente berücksichtigt werden muss. Ein Zwischenschritt sollte als Insiderinformation angesehen werden darstellen, wenn er für sich genommen den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien für Insiderinformationen entspricht.

(17) Informationen in Zusammenhang mit einem Ereignis oder mehreren Umständen, das bzw. die ein Zwischenschritt in einem zeitlich gestreckten Vorgang ist, können sich beispielsweise auf den Stand von Vertragsverhandlungen, vorläufig in Vertragsverhandlungen vereinbarte Bedingungen, die Möglichkeit der Platzierung von Finanzinstrumenten, die Umstände, unter denen Finanzinstrumente vermarktet werden, vorläufige Bedingungen für die Platzierung von Finanzinstrumenten oder die Prüfung der Aufnahme eines Finanzinstruments in einen wichtigen Index oder die Streichung eines Finanzinstruments aus einem solchen Index beziehen.

(18) Die Rechtssicherheit für die Marktteilnehmer sollte durch eine genauere Bestimmung von zwei wesentlichen Merkmalen von Insiderinformationen erhöht werden, nämlich die präzise Natur dieser Informationen und die Frage, ob diese Informationen möglicherweise den Kurs der Finanzinstrumente, der damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakte oder der auf den Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekte erheblich beeinflusst. […]

(23) Das wesentliche Merkmal von Insidergeschäften ist ein ungerechtfertigter Vorteil, der mittels Insiderinformationen zum Nachteil Dritter erzielt wird, die diese Informationen nicht kennen, und infolgedessen in der Untergrabung der Integrität der Finanzmärkte und des Vertrauens der Investoren. Folglich sollte das Verbot von Insidergeschäften gelten, wenn eine Person im Besitz von Insiderinformationen dadurch einen ungerechtfertigten Vorteil aus dem mit Hilfe dieser Informationen erzielten Nutzen zieht, dass er aufgrund dieser Informationen Markttransaktionen durchführt, indem er für eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter, sei es unmittelbar oder mittelbar, Finanzinstrumente, auf die sich diese Informationen beziehen, erwirbt oder veräußert bzw. zu erwerben oder zu veräußern versucht oder einen Auftrag zum Kauf bzw. Verkauf storniert oder ändert bzw. zu stornieren oder zu ändern versucht. […]

(24) Wenn eine juristische oder natürliche Person im Besitz von Insiderinformationen für eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter, sei es unmittelbar oder mittelbar, Finanzinstrumente, auf die sich diese Informationen beziehen, erwirbt oder veräußert bzw. zu erwerben oder zu veräußern versucht, sollte unterstellt werden, dass diese Person diese Informationen genutzt hat. Diese Annahme lässt die Verteidigungsrechte unberührt. Ob eine Person gegen das Verbot von Insidergeschäften verstoßen hat oder versucht hat, Insidergeschäfte durchzuführen, sollte im Hinblick auf den Zweck dieser Verordnung untersucht werden, der darin besteht, die Integrität des Finanzmarkts zu schützen und das Vertrauen der Investoren zu stärken, das wiederum auf der Gewissheit beruht, dass die Investoren gleichbehandelt und vor der missbräuchlichen Verwendung von Insiderinformationen geschützt werden.

(25) Aufträge, die ausgelöst wurden, bevor eine Person Insiderinformationen besaß, sollten nicht als Insidergeschäfte betrachtet werden. Wenn jedoch eine Person in den Besitz von Insiderinformationen gelangt ist, sollte angenommen werden, dass alle nachfolgenden Änderungen, die im Zusammenhang mit diesen Informationen stehen, an den vor dem Erlangen des Besitzes an diesen Informationen ausgelösten Aufträgen, einschließlich der Stornierung oder Änderung eines Auftrags oder des Versuchs, einen Auftrag zu stornieren oder zu ändern, Insidergeschäfte sind. Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn die Person den Nachweis erbringt, dass sie die Insiderinformationen bei der Abwicklung des Geschäfts nicht genutzt hat.

(26) Die Nutzung von Insiderinformationen kann in dem Erwerb oder der Veräußerung eines Finanzinstruments oder eines auf Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekts oder in der Stornierung oder Änderung eines Auftrags oder dem Versuch, ein Finanzinstrument zu erwerben oder zu veräußern bzw. einen Auftrag zu stornieren oder zu ändern, bestehen, ausgeführt von einer Person, die weiß oder wissen müsste, dass die Informationen Insiderinformationen sind. Hier sollten die zuständigen Behörden von dem ausgehen, was eine normale, vernünftige Person unter den gegebenen Umständen wusste oder hätte wissen müssen.

[…]

(28) Analysen und Bewertungen, die aufgrund öffentlich verfügbarer Angaben erstellt wurden, sollten nicht als Insiderinformationen angesehen werden und die bloße Tatsache, dass Geschäfte auf der Grundlage von Analysen und Bewertungen getätigt werden, sollte daher nicht als Nutzung von Insiderinformationen gelten. Wird jedoch beispielsweise die Veröffentlichung oder Verbreitung der Informationen vom Markt routinemäßig erwartet und trägt diese Veröffentlichung und Verbreitung zur Preisbildung von Finanzinstrumenten bei oder enthält sie Ansichten eines anerkannten Marktkommentators oder einer Institution, die die Preise verbundener Finanzinstrumente beeinflussen können so können diese Informationen Insiderinformationen darstellen. Um festzustellen, ob sie auf der Grundlage von Insiderinformationen handeln würden, müssen die Marktteilnehmer deshalb berücksichtigen, in welchem Umfang die Informationen nichtöffentlich sind und welche Auswirkungen auf Finanzinstrumente möglich wären, wenn sie vor der Veröffentlichung oder Verbreitung handeln würden.“

Materiellrechtliche Bestimmungen

„Artikel 7

Insiderinformationen

(1) Für die Zwecke dieser Verordnung umfasst der Begriff „Insiderinformationen“ folgende Arten von Informationen:

a) nicht öffentlich bekannte präzise Informationen, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen;

[…]

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 sind Informationen dann als präzise anzusehen, wenn damit eine Reihe von Umständen gemeint ist, die bereits gegeben sind oder bei denen man vernünftigerweise erwarten kann, dass sie in Zukunft gegeben sein werden, oder ein Ereignis, das bereits eingetreten ist oder von den vernünftigerweise erwarten kann, dass es in Zukunft eintreten wird, und diese Informationen darüber hinaus spezifisch genug sind, um einen Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Reihe von Umständen oder dieses Ereignisses auf die Kurse der Finanzinstrumente oder des damit verbundenen derivativen Finanzinstruments, der damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakte oder der auf den Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekte zuzulassen. So können im Fall eines zeitlich gestreckten Vorgangs, der einen bestimmten Umstand oder ein bestimmtes Ereignis herbeiführen soll oder hervorbringt, dieser betreffende zukünftige Umstand bzw. das betreffende zukünftige Ereignis und auch die Zwischenschritte in diesem Vorgang, die mit der Herbeiführung oder Hervorbringung dieses zukünftigen Umstandes oder Ereignisses verbunden sind, in dieser Hinsicht als präzise Information betrachtet werden.

(3) Ein Zwischenschritt in einem gestreckten Vorgang wird als eine Insiderinformation betrachtet, falls er für sich genommen die Kriterien für Insiderinformationen gemäß diesem Artikel erfüllt.

(4) Für die Zwecke des Absatzes 1 ist sind unter „Informationen, die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs von Finanzinstrumenten, derivativen Finanzinstrumenten, damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakten oder auf Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekten spürbar zu beeinflussen“ Informationen zu verstehen, die ein verständiger Anleger wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidungen nutzen würde. […]“

Artikel 8

Insidergeschäfte

(1) Für die Zwecke dieser Verordnung liegt ein Insidergeschäft vor, wenn eine Person über Insiderinformationen verfügt und unter Nutzung derselben für eigene oder fremde Rechnung direkt oder indirekt Finanzinstrumente, auf die sich die Informationen beziehen, erwirbt oder veräußert. Die Nutzung von Insiderinformationen in Form der Stornierung oder Änderung eines Auftrags in Bezug auf ein Finanzinstrument, auf das sich die Informationen beziehen, gilt auch als Insidergeschäft, wenn der Auftrag vor Erlangen der Insiderinformationen erteilt wurde. […]

(4) Dieser Artikel gilt für jede Person, die über Insiderinformationen verfügt, weil sie

a) dem Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan des Emittenten oder des Teilnehmers am Markt für Emissionszertifikate angehört;

b) am Kapital des Emittenten oder des Teilnehmers am Markt für Emissionszertifikate beteiligt ist;

c) aufgrund der Ausübung einer Arbeit oder eines Berufs oder der Erfüllung von Aufgaben Zugang zu den betreffenden Informationen hat oder

d) an kriminellen Handlungen beteiligt ist.

Dieser Artikel gilt auch für jede Person, die Insiderinformationen unter anderen Umständen als nach Unterabsatz 1 besitzt und weiß oder wissen müsste, dass es sich dabei um Insiderinformationen handelt.

Artikel 14

Verbot von Insidergeschäften und unrechtmäßiger Offenlegung von Insiderinformationen

Folgende Handlungen sind verboten:

a) das Tätigen von Insidergeschäften und der Versuch hierzu,

[…].“

Strafnorm und Verfall

Die Strafnorm ist in § 154 Abs. 1 Z 1 Börsegesetz 2018 (BörseG 2018), in der Stammfassung BGBl. I Nr. 107/2017, enthalten und lautet samt Überschrift auszugsweise:

„Verwaltungsübertretung des Missbrauchs einer Insiderinformation und der Marktmanipulation

§ 154. (1) Wer

1. gegen Art. 14 lit. a der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 verstößt, indem er ein Insidergeschäft gemäß Art. 8 Abs. 1 oder 3 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 tätigt, [...]

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit Geldstrafe bis zu 5 Millionen Euro oder bis zu dem Dreifachen des aus dem Verstoß gezogenen Nutzens einschließlich eines vermiedenen Verlustes, soweit sich der Nutzen beziffern lässt, zu bestrafen. […]“

Der Verfall ist in § 157 Abs. 2 Z 2 Börsegesetz 2018 (BörseG 2018), in der Stammfassung BGBl. I Nr. 107/2017, enthalten und lautet samt Überschrift auszugsweise:

„Andere verwaltungsrechtliche Maßnahmen

§ 157. (1) […]

(2) Die FMA kann im Falle von Verstößen gemäß den §§ 154, 155 und 156 unbeschadet sonstiger Befugnisse nach anderen Verwaltungsvorschriften folgende verwaltungsrechtliche Maßnahmen ergreifen:

1. […]

2. die Anordnung, wonach infolge des Verstoßes erzielte Gewinne oder vermiedene Verluste für verfallen erklärt werden, sofern sich diese beziffern lassen;

[…]

(3) Lässt sich der Umfang eines erzielten Gewinns oder vermiedenen Verlustes nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermitteln oder berechnen, so hat die FMA diesen zu schätzen. Die verfallenen Vermögenswerte wie auch die Geldstrafen gemäß § 154, § 155 und § 156 fließen dem Bund zu. Letzteres gilt nicht für Tathandlungen, die vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 76/2016 abgeschlossen worden sind.“

Verfolgungsverjährung

§ 22 Abs. 1 Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG), BGBl. I Nr. 97/2001 idF BGBl. I Nr. 23/2020, lautet:

„Verfahrensbestimmungen

§ 22. […]

(7) Für Verwaltungsübertretungen nach den in § 2 genannten Bundesgesetzen gilt anstelle der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 1 VStG eine Verjährungsfrist von 18 Monaten, sofern in diesen Bundesgesetzen nichts anderes bestimmt ist.

[…].“

§ 32 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. I Nr. 52/2019 idF BGBl. I Nr. 57/2018, lautet:

„Beschuldigter

§ 32. […]

(2) Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Beratung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

[…].“

3.2.2. Zur objektiven Tatseite (Art. 8 Abs. 1 iVm Art. 7 Abs. 1 lit. a) MM-VO)

Gemäß § 163 Abs. 1 Z 1 BörseG 2018 liegt gegenständlich eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit (Zuständigkeit) nach § 154 leg. cit. vor und keine kriminalstrafrechtliche, weil das Volumen unter 1 Mio EUR betragen hat.

Weiters ist vorab festzuhalten, dass der Insiderhandel nach § 154 Abs. 1 Z 1 leg. cit. in seiner Begehungsform ein Erfolgsdelikt ist und kein Ungehorsamsdelikt (vgl. Rohregger/Palmstorfer in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG /MAR § 154 BörseG (Stand 1.8.2019, rdb.at) Rz 8). Dieses Delikt verlangt den Kauf oder Verkauf und damit die Herbeiführung einer konkreten Rechtsgutgefährdung der Integrität des Marktes (aaO Rz 8). Dies ist vorliegend der Fall gewesen.

Insiderinformation

Art. 7 Abs. 1 lit. a) MM-VO definiert eine Insiderinformation als „nicht öffentliche bekannte präzise Informationen, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs dieser Finanzinstrumente […] erheblich zu beeinflussen.“

Gemeinsam mit dem wegweisenden Urteil des EuGH vom 11.03.2015 (C-628/13, Lafonta, Rz 24, bestätigt in C-302/20, A., Rz 33) kann festgehalten werden, dass der Begriff „Insider-Information“ daher aus folgenden vier Tatbestandsmerkmalen besteht:

 Erstens handelt es sich um eine präzise (genaue) Information (Kursspezifität),

 zweitens ist diese Information nicht öffentlich bekannt,

 drittens betrifft sie direkt oder indirekt einen oder mehrere Finanzinstrumente einer Emittentin und

 viertens wäre die Information, wenn sie öffentlich bekannt würde, geeignet, den Kurs dieser Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen.

Weiters kann gemäß Art. 7 Abs. 2 und 3 MM-VO auch ein sogenannter „Zwischenschritt“ „im Fall eines zeitlich gestreckten Vorgangs“ (gestreckter Sachverhalt) eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation sein. Im Urteil des EuGH vom 11.03.2015 (C-628/13, Lafonta, Tenor) wird (noch zur alten, aber gleichlautenden Rechtslage) ausgeführt: „[D]ie Begriffsbestimmung und die Veröffentlichung von Insiderinformationen und die Begriffsbestimmung der Marktmanipulation sind dahin auszulegen, dass sie für die Einstufung einer Information als präzise nicht verlangen, dass aus ihnen mit einem hinreichenden Maß an Wahrscheinlichkeit abgeleitet werden kann, dass sich ihr potenzieller Einfluss auf die Kurse der betreffenden Finanzinstrumente in eine bestimmte Richtung auswirken wird, wenn sie öffentlich bekannt werden.“

Insidergeschäft

Nach Art. 8 Abs. 1 MM-VO liegt ein Insidergeschäft dann vor, wenn eine Person über Insiderinformationen (Art. 7 Abs. 1 lit. a) leg.cit .) verfügt und unter Nutzung derselben für eigene oder fremde Rechnung direkt oder indirekt Finanzinstrumente, auf die sich die Information beziehen, erwirbt oder veräußert.

Es sind daher zunächst die vier Tatbestandselemente der Insiderinformation im Einzelnen zu prüfen.

1. Präzise (genaue) Information (Kursspezifität)

Einleitend wird festgehalten, dass auch schon ein Zwischenschritt (hier: Der genaue Plan zum XXXX vom 21.02.2020) zu einem endgültigen Ereignis (präzise Information) gem. Art. 7 Abs. 2 und 3 MM-VO als präzise Information gewertet werden kann. Wann eine Information als präzise anzusehen ist, wird in Art. 7 Abs. 2 anhand von zwei Kriterien näher definiert. Demnach ist die Information präzise, wenn damit eine Reihe von Umständen oder ein Ereignis gemeint ist, die bereits gegeben bzw. eingetreten sind oder bei denen man vernünftigerweise erwarten kann, dass sie gegeben sind oder in Zukunft gegeben sein bzw. eintreten werden. Reine Spekulationen, Gerüchte, vage oder bloß allgemeine Aussagen stellen daher keine Insiderinformationen dar. Zu beurteilen ist, ob die Reihe an Umständen oder Ereignissen ex ante nach der allgemeinen Lebenserfahrung unter Einbeziehung aller zum Tatzeitpunkt verfügbaren Umstände eintreten werden. Sämtliche dafür relevanten Umstände, wie etwa die finanziellen Verhältnisse des Emittenten, strategische Ziele und Planungen, sind dabei im Wege einer Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund schaden Gründe für den Nichteintritt des die Information betreffenden Ereignisses alleine dem Vorliegen einer Insiderinformation nicht. Wenn etwa noch bestimmte Unwägbarkeiten vorliegen, die im äußersten Fall sogar zu einem gänzlichen Abbruch des Auftrags führen können, ändert dies im Hinblick auf ansonsten bestehende Eckdaten zum bevorstehenden Ereignis nichts an dessen Qualifikation als Insiderinformation.

Darüber hinaus ist ausweislich des Art. 7 Abs. 2 MM-VO erforderlich, dass die Information spezifisch genug ist, um einen Schluss auf mögliche Auswirkungen auf die Kurse der Finanzinstrumente oder des damit verbundenen derivativen Finanzinstruments, der damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakte oder der auf den Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekte zuzulassen. Damit wird die Strafbarkeit für jene Informationen ausgeschlossen, bei denen es sich um pauschale und generelle Aussagen handelt. Die Information etwa, dass ein bestimmter Emittent finanziell gut dasteht, wird folglich nicht hinreichend präzise sein, um eine Wirkung auf den Kurs dieses Emittenten auslösen zu können. Demgegenüber gelten Prognosen und Empfehlungen, die auf einem Tatsachensubstrat beruhen, wegen ihrer denkbaren Auswirkung auf den Kurs idR als Insiderinformationen.

Das Kriterium der Kursspezifität ist vom Kriterium der Eignung zur Kursbeeinflussung (s. unten 4. Tatbestandselement) zu trennen.

Art. 7 Abs. 2 letzter Satz MM-VO enthält erstmals auch eine Klarstellung zu zeitlich gestreckten Sachverhalten. Demnach können im Fall eines zeitlich gestreckten Vorgangs, der letztlich einen bestimmten Umstand oder ein bestimmtes Ereignis herbeiführen soll oder hervorbringt, der betreffende zukünftige Umstand bzw. das betreffende zukünftige Ereignis und auch die Zwischenschritte in diesem Vorgang, die mit der Herbeiführung oder Hervorbringung dieses zukünftigen Umstandes oder Ereignisses verbunden sind, als präzise betrachtet werden. Die Spezifität der Information – wie auch die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung – sind im Hinblick auf jeden Zwischenschritt eigenständig zu beurteilen. Solche zeitlich gestreckten Sachverhalte sind etwa mehrgliedrige Organbeschlüsse, die für eine Unternehmensentscheidung oder personelle Veränderungen notwendig sind, oder die für eine Transaktion notwendigen Schritte (Due-Diligence-Prüfung, Vertragsverhandlungen etc.). Jeder dieser Zwischenschritte, sofern das zu erreichende Endergebnis hinreichend wahrscheinlich ist, kann für sich bereits eine Insiderinformation darstellen, wie zB der Stand von Vertragsverhandlungen oder vorläufig in Vertragsverhandlungen vereinbarte Bedingungen (vgl. zu allem Rohregger/Palmstorfer in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG /MAR § 154 BörseG [Stand 1.8.2019, rdb.at] Rz 32 ff.).

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der BF als Leiter der Abteilung Treasury von Anfang (Auftragserteilung durch den Vorstand) bis zu dessen Beendigung hauptverantwortlich für die Durchführung des XXXX war und über umfassende Informationen hierzu verfügte. Das Ermittlungsverfahren hat weiters ergeben, dass beginnend mit 07.02.2020 eine konkrete Strategie verfolgt wurde, nämlich der Rückkauf von Aktien, nachdem diese aufgrund der Kapitalerhöhung zuvor veräußert worden waren. Weiters war es intern (und damit auch dem BF) klar, dass aus mehreren Gründen nach den Vorstellungen des Vorstandes (CFO) dieser Rückkauf dringend war. Die Informationen vom 21.02.2020 – gemeinsam mit der Kenntnis der genauen Umstände des XXXX – erfüllen nach Ansicht des erkennenden Senates das Kriterium der Kursspezifität (präzise Information) als Zwischenschritt deshalb, weil sie vernünftigerweise erwarten lassen konnten, dass der geplante Rückkauf tatsächlich zu einem genauen Zeitpunkt in einem bestimmten Ausmaß und zu einem bestimmten Preis stattfinden werde. Aufgrund der Marktkenntnis, der Berufserfahrung, der Lebenserfahrung und der mehr als eindeutigen Vorgaben des Vorstandes (bereits am 12.02.2020 kommuniziert der CFO „get it done“) konnte der BF mit gutem Grund damit rechnen. Die dem BF bekannten Informationen stellen einen Zwischenschritt im Sinne einer präzisen Information im Sinne des Art. 7 Abs. 2 und 3 MM-VO dar. Sie waren wesentlich mehr als unbestimmte, allgemeine oder gar unsichere Unternehmenspläne. Aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles konnte der BF damit rechnen, dass das Rückkaufprogramm stattfinden wird, mögen zum Zeitpunkt des 21.02.2020 noch Unwägbarkeiten vorhanden gewesen sein (z.B. die ausstehenden Waiver der beiden Banken) oder dazu gekommen sein. Weiters waren die ihm vorliegenden Informationen (Menge der rückzukaufenden Aktien, Volumen und Preis) so genau (präzise), dass sie einen Schluss auf mögliche Auswirkungen auf den Kurs der Aktien der XXXX AG zugelassen haben. Diese Information wird nicht dadurch geschmälert, dass, wie vom BF vorgebracht, andere Umstände (Ausbruch von Covid 19, Erwerb von XXXX etc.) auch tatsächlich Auswirkungen auf den Kursverlauf gehabt hätten. Wie oben ausgeführt hindern Unwägbarkeiten und Hindernisse, die noch vorliegen, nicht, dass eine bestimmte Information als präzise subsumiert werden kann.

Es kann somit als Zwischenergebnis festgestellt werden, dass die vorliegende Information präzise und spezifisch war.

2. Öffentlich nicht bekannte Information

Um eine Insiderinformation handelt es sich bei einer Information nur, wenn diese öffentlich nicht bekannt ist. Die Frage der (Nicht-)Öffentlichkeit einer Information richtet sich danach, ob ein unbestimmter Personenkreis von der Information in Kenntnis gesetzt ist. Auf die tatsächliche Kenntniserlangung kommt es jedoch nicht an. Es kommt sohin ausschließlich darauf an, ob es einer unbestimmten Anzahl an Personen möglich ist, von der Information Kenntnis zu erlangen. Zentral ist hierbei die Frage, welcher Personenkreis die maßgebliche Öffentlichkeit bildet. Die Auslegung des Art. 7 Abs. 1 lit a MM-VO ergibt, dass die Gesamtheit aller professionellen und privaten Anleger gemeint ist, die nach Informationen suchen, um sie am Kapitalmarkt zu verwerten (sog Kapitalmarktöffentlichkeit). Für die Zwecke des Art. 7 MM-VO ist sohin auf das breite Anlegerpublikum abzustellen ((vgl. Rohregger/Palmstorfer in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG /MAR § 154 BörseG (Stand 1.8.2019, rdb.at) Rz 26 f.).

In der Beschwerde (Seite 4 ff. sowie Seite 8 f.) sowie in der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde mehrmals (vom BF sowie vom einvernommenen Zeugen) vorgebracht, dass es grundsätzlich eine Erwartung im Markt gegeben habe, dass ein XXXX stattfinden werde. Zunächst ist diesem Vorbringen insofern recht zu geben, als es tatsächlich eine Reihe von objektiven Geschehnissen gegeben hatte, aus denen dieser Schluss gezogen werden konnte. Bereits anlässlich der Veräußerung der XXXX Millionen Aktien hatte die XXXX AG am 28.01.2020 diesen Umstand veröffentlicht, woraus ein verständiger Anleger zurecht schließen konnte, dass ein Rückkauf irgendwann erfolgen würde. Ein noch klarerer Hinweis auf einen konkreten Plan über einen Rückkauf war die Veröffentlichung des Prospektes am 13.03.2020. Darin wurde sogar ausdrücklich auf einen Rückkauf hingewiesen.

Verfahrensbezogen muss jedoch dem Beschwerdevorbringen insofern entgegengetreten werden, als es einen – sehr entscheidenden – Unterschied macht, ob ein Anleger nur über die oben beschriebenen allgemeinen Informationen verfügte oder aufgrund der Umstände vom 21.02.2020 über das exakte Wissen („präzise Information“) wie der BF. Der BF hatte ab diesem Zeitpunkt präzise, öffentlich nicht bekannte Information über das Volumen (bis zu XXXX % des Grundkapitals), den Preis (Marktpreis über die XXXX ), den Zweck (Bedienung des XXXX ) und die genaue Dauer des XXXX . Dabei ist es unerheblich, dass sich an diesen Daten später noch Geringfügiges geändert hatte. Die hier relevante Information war nur einem internen Vertraulichkeitsbereich, zu dem der BF gehörte, bekannt und selbst außenstehenden Mitarbeitern der XXXX AG nicht kommuniziert worden.

In der Beschwerde (Seite 9) wird im Übrigen vorgebracht, dass der BF am 27.03.2020 „wie auch alle anderen verständigen Marktteilnehmer“ keine Kenntnis vom Zeitpunkt des Rückkaufprogrammes, von der Zahl der zu erwerbenden Aktien und vom Preis der Aktien hatte. Dem ist zu erwidern, dass der BF spätestens am 21.02.2020 über ganz wesentliche Parameter sehr genau Bescheid wusste und ab 10.03.2020 bzw. 13.03.2020 sogar die genaue Gesamtzahl der zu erwerbenden Aktien ( XXXX Millionen) und auch den Umstand erfahren hatte, dass man dabei plante, dies mit der maximal zulässigen Anzahl an Aktienkäufen ( XXXX Stück) pro Tag zu bewerkstelligen. Weiters wusste der BF, dass man mit Ende der Sperrfirst am 29.04.2020 einen bestimmten kritischen Bestand an Aktien halten musste. Auch diese Informationen waren öffentlich nicht bekannt und unterlagen der Verschwiegenheitspflicht aller Insider.

Wenn in der Beschwerde dazu (Seite 9) behauptet wird, dass diese Informationen (vom 21.02.2020) „gar nicht kursrelevant waren“ so ist auf die nachstehende Begründung zur Erfüllung des vierten Tatbestandselementes („erhebliche Kursrelevanz“) zu verweisen.

Vor diesem Hintergrund kann daher kein Zweifel bestehen, dass die Informationen vom 21.02.2020 bis zur Ad-hoc-Meldung vom 06.04.2020 eine öffentlich nicht bekannte Information waren.

3. Direkte oder indirekte Betroffenheit eines Finanzinstrumentes einer Emittentin

Hierzu ist gemeinsam mit dem angefochtenen Bescheid festzuhalten, dass sich die Insiderinformation völlig unzweifelhaft direkt auf das XXXX der XXXX AG (Emittentin der XXXX AG – Aktien) bezogen hatte. Im Übrigen ist dazu festzuhalten, dass die Erfüllung dieses Tatbestandselementes in der Beschwerde nicht bestritten wurde.

4. Eignung zur erheblichen Kursrelevanz (Erheblichkeit)

Die Information muss dazu geeignet sein, im Falle ihrer Bekanntgabe den Kurs erheblich zu beeinflussen. Das Kriterium der Eignung zur Kursbeeinflussung spiegelt wiederum den Zweck der Strafbestimmung, das Funktionieren des Kapitalmarkts zu schützen, wider. Nur bei solchen Informationen, die überhaupt Einfluss auf die Kursentwicklung nehmen können, stellen Informationsasymmetrien eine Gefährdung für den Markt dar (vgl. Rohregger/Palmstorfer in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG /MAR § 154 BörseG [Stand 1.8.2019, rdb.at] Rz 38). Die bloße Eignung zur erheblichen Beeinflussung des Kurses genügt. Eine tatsächliche, spürbare Beeinflussung des Kurses der betroffenen Finanzinstrumente ist also nicht zu prüfen, vielmehr ist eine ex-ante Betrachtung anzustellen (VwGH 27.04.2017, Ro 2016/02/0020 mit Verweis auf EuGH 23.12.2009, C-45/08, Spector Photo Group NV und Chris Van Raemdonck, sowie VwGH 20.04.2016, Ra 2015/02/0152 ua.). Eine nachträgliche Kursveränderung ist bei der Beurteilung lediglich ein Indiz für die Kurserheblichkeit.

Art. 7 Ab. 4 MM-VO bestimmt, dass darauf abzustellen ist, ob ein verständiger Anleger (im Sinne einer abstrakten Maßfigur) die Information wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen würde. Es ist sohin auf die Perspektive des verständigen Anlegers abzustellen. Aus dem Erwägungsgrund 15 zur MAR lässt sich folgern, dass ein verständiger Anleger vernünftige Schlussfolgerungen aus den ihm ex ante zur Verfügung stehenden Informationen zieht. Die Maßfigur des „verständigen Anlegers“ ist daher jemand, der seine Anlageentscheidungen informiert auf Grundlage sämtlicher ihm zugänglicher (d.h. öffentlich bekannter) Informationen trifft. Ein verständiger Anleger kann daher eine Information auch dann als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen, wenn sie es ihm nicht erlaubt, die Änderung des Kurses in eine bestimmte Richtung vorherzusehen (vgl. Rohregger/Palmstorfer in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG /MAR § 154 BörseG (Stand 1.8.2019, rdb.at) Rz 40).

Verlangt ist zudem, dass die mögliche Auswirkung auf den Kurs erheblich zu sein hat. Hierbei handelt es sich nicht um eine mathematisch bestimmbare Größe, sondern auch hier ist auf den Empfängerhorizont abzustellen. Eine betragsmäßige Schwelle, etwa ein bestimmter Prozentsatz der Kursschwankung, mit der die Erheblichkeit erreicht ist, lässt sich a priori nicht festmachen. Dies bereits deshalb, weil Kurse von Finanzinstrumenten eine unterschiedliche Volatilität aufweisen.

Aus Perspektive des verständigen Anlegers bedeutet die Erheblichkeitsschwelle, dass der in Rede stehenden Information nicht lediglich eine geringfügige Rolle bei der Entscheidung über das Anlegerverhalten zukommen, sondern vielmehr von ihr ein erheblicher Kauf- oder Verkaufsanreiz ausgehen muss. Die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung ist bei für das Anlegerverhalten wesentlichen Informationen gegeben. Es handelt sich sohin um Informationen, von denen ausgehend die Entscheidung entweder über den Kauf oder über den Verkauf eines Finanzinstruments vorteilhaft erscheint.

Ausgehend von diesen rechtlichen Erwägungen ist festzuhalten, dass die Ankündigung von Details eines XXXX (im Unterschied zu den allgemeinen Angaben im Prospekt) von einer derartigen Erheblichkeit ist, dass davon auszugehen ist, dass sie aus Sicht eines verständigen Anlegers in der Regel zu erheblichen Kursbewegungen führt. Dabei ist jedoch nicht erforderlich, dass sich ex ante feststellen lässt, in welche Richtung die Kursbewegung gehen wird. Der angefochtene Bescheid (Seit 40 f.) verweist dazu auf zahlreiche Studien, die belegen, dass Ankündigungen von XXXX erhebliche Kurseffekte auslösen. Dabei kommen die Studien zum Ergebnis, dass im Zeitraum von einem Tag vor und einem Tag nach Ankündigung des Rückkaufes abnormale Renditen von 4% bis 7% am deutschen Kapitalmarkt nachgewiesen wurden. Auch der VwGH (23.05.2014, 2014/02/0032) hat festgehalten, dass einem XXXX , wenn die belangte Behörde Indikatoren dafür liefert, die die Eignung zur Kurserheblichkeit belegen, grundsätzlich Kurserheblichkeit zukommt. Wenn die Beschwerde (Seite 12 oben) aber vorbringt, dass aufgrund der Kapitalerhöhung und der hohen Volatilität des Aktienkurses dem XXXX keine Kursrelevanz zukommt, so kann sie damit die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht erschüttern. Ebensowenig vermag dies der Umstand (Beschwerde Seite 12), dass die Kursentwicklungen anderer börsennotierte Gesellschaften – ohne XXXX – „ähnliche“ Entwicklungen genommen haben.

Weiters ist mit dem angefochtenen Bescheid dem BF entgegenzuhalten, dass ein verständiger Anleger bei seinen Anlageentscheidungen nicht zuwartet, bis eine Information endgültig ist. Im vorliegenden Fall wäre das der Vorstandsbeschluss vom 06.04.2020, der Gegenstand der Ad-hoc-Meldung war. Vielmehr trifft er seine Entscheidungen auf Grundlage von (objektiven) Tatsachen, die ihm zum gegebenen Zeitpunkt vorliegen. Das Unionsrecht (Art 7 MM-VO) sieht in diesem Zusammenhang aus gutem Grund vor, dass nicht nur zukünftige Ereignisse eine Insiderinformation sind, sondern auch einzelne (objektive) Schritte bis dahin, wenn sie präzise genug sind, dass sie Eignung zur Kurserheblichkeit haben. Erhält der verständige Anleger daher eine Information, die sein Verlustrisiko deutlich erhöht, dann trifft er mit diesem Wissen eine Entscheidung; genauso im umgekehrten Fall. Angewendet auf den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt (Informationen vom 21.02.2020), ist es aus Sicht eines verständigen Anlegers klar, dass sich für ihn eine ganz andere Anlagestrategie (mit Gewinn- und Verlustchancen) ergibt, die ihm seine Entscheidung erheblich erleichtert.

Auch geht das Vorbringen der Beschwerde (Seite 9 f.) ins Leere, dass der Markt zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung „überaus volatil“ (Covid 19, turbulente Entwicklungen auf dem Kapitalmarkt etc.) und die Kursentwicklung „vollkommen unvorhersehbar“ gewesen sei. Wenn das vom BF vorgelegte Privatgutachten (FH-Dozent Mag. XXXX ; „3.4 XXXX der AG“) zum Schluss kommt, dass der tatsächliche Kursanstieg „mehr eine Koinzidenz“ gewesen sei und damit aber von einem Standpunkt ex post argumentiert, widerspricht er der Intention des Gesetzes, die bei der Maßfigur des verständigen Anlegers davon ausgeht, dass dieses Wissen für ihn – ex ante (!) - einen erheblichen Mehrwert darstellt. Dasselbe gilt für die vorgebrachten Kursanstiege von deutschen Industrieunternehmen (Beschwerde Seite 12), die erst ex post betrachtet werden können. Dennoch räumt selbst das Gutachten durch Verwendung des Wortes „Koinzidenz“ ein, dass die vorliegende Information jedenfalls relevant war.

Weiters ist hier nochmals auf den Beschwerdeeinwand (Seite 9) einzugehen, dass der BF angeblich „am 27.03.2020 keine Kenntnis davon hatte, wann genau das Rückkaufprogramm startet[;] wie viele Aktien zurückgekauft werden [und] welchen Preis diese Aktien haben werden. Damit ist klar, dass dem Beschuldigten im wesentlichen dieselbe Informationsbasis zur Verfügung stand wie jedem anderen Marktteilnehmer. Dazu muss auch gesagt werden, dass diese Informationen gar nicht kursrelevant waren.“ Das Ermittlungsverfahren hat vielmehr genau das Gegenteil ergeben, nämlich, dass der BF, wie bereits ausgeführt, frühzeitig genaueste Kenntnis von allen diesen Umständen und damit einen relevanten Informationsvorsprung hatte. Es ist für den erkennenden Senat völlig auf der Hand liegend, dass diese Informationen für einen verständigen Anleger Grundlage seiner Anlageentscheidung sein können und daher von erheblicher Kursrelevanz sind. In diesem Zusammenhang wird nochmals festgehalten, dass es selbst für den verständigen Anleger nicht klar sein muss, in welche Richtung eine Kursentwicklung stattfinden wird (vgl. dazu aber Beschwerde Seite 9: „Dem Bescheid ist nicht zu entnehmen, auf welcher Grundlage […] der Beschuldigte zwingend davon ausgehen musste, dass der Aktienkurs sich in eine für ihn vorteilhafte Richtung entwickeln würde.“ sowie Seite 11 oben: „Ex ante wäre dem verständigen Anleger klar gewesen, dass der XXXX […] keinen erheblich positiven Effekt […] ausüben würde.“).

Letztlich führt der angefochtene Bescheid noch entscheidend an, dass die XXXX AG für das XXXX insgesamt XXXX Millionen CHF aufgewendet hat. Die belangte Behörde zieht daraus den Schluss, dass dies ein starkes Signal der Unterbewertung der Aktie gewesen sei. Das Volumen ist innerhalb von 17 Tagen zurückgekauft worden, was einen Effekt zur Nachfragesteigerung bewirkt habe. Diese Argumente sind in der Beschwerde unbestritten geblieben. Mit dem angefochtenen Bescheid kann daher daraus der Schluss gezogen werden, dass aus Sicht eines verständigen Anlegers aufgrund des bereits ex ante feststehenden großen Kaufvolumens eine erhebliche Eignung zur Kursbeeinflussung gegeben war.

Erwerb/Verkauf von Finanzinstrumenten, auf die sich diese Information beziehen (Tatbestand des Insidergeschäftes nach Art. 8 Abs. 1 MM-VO)

Das Delikt des Insidergeschäftes ist mit Abschluss bzw. Beendigung des schuldrechtlichen Geschäftes verwirklicht vgl. Rohregger/Palmstorfer in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG /MAR § 154 BörseG (Stand 1.8.2019, rdb.at) Rz 60).

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der BF gemeinsam mit zwei anderen leitenden Mitarbeitern der XXXX AG in den Wochen vor dem tatsächlichen Kauf der Optionsscheine (Finanzinstrumente), diese von einer Investmentbank für sich persönlich hat auflegen lassen. Der BF hatte auch bereits Erfahrungen rund um Optionsscheine (derivative Wertpapiere). Die gekauften Optionsscheine wurden auf den Basiswert der XXXX AG - Aktie hin aufgelegt und es wurde auf steigende Kurse der Aktie gesetzt (gewettet). Das Delikt wurde mit der tatsächlichen Durchführung der beiden telefonischen Aufträge am 27.03.2020 (in drei Tranchen) sowie mit Rückkauf am 29.04.2020 verwirklicht (Anfang bzw. Ende des Tatzeitraumes).

Der objektive Tatbestand nach Art. 8 Abs. 1 iVm Art. 7 Abs. 1 lit. a) MM-VO ist daher erfüllt.

3.2.3. Subjektive Tatseite

Einleitend ist mit der Beschwerde (Seite 13 oben) festzuhalten, dass interne Verpflichtungen zur Verschwiegenheit (z.B. das Standstill Agreement etc.) keine Schuld bzw. Verantwortlichkeit begründen können.

Im Verwaltungsstrafrecht gilt in diesem Fall allgemein, dass fahrlässiges Verhalten genügt (§ 5 Abs. 1 erster S VStG). Auch die unionsrechtskonforme Auslegung ergibt, dass Vorsatz für die Erfüllung des Marktmissbrauchsdelikts nicht erforderlich ist, denn ein solches subjektives Tatbestandsmerkmal sah der Unionsgesetzgeber in den Art. 8, 10 und 12 MM-VO nicht vor. Den unionsrechtlichen Vorgaben zum Marktmissbrauch wohnt allesamt kein Vorsatzelement inne. Vielmehr deutet die gewählte Formulierung, wonach der Täter gegen die genannten Artikel verstößt, wenn er „[…] wissen sollte“, dass es sich um eine Insiderinformation handelt bzw. „[…] hätte wissen müssen“, dass die Verbreitung von Informationen falsch oder irreführend war, auf Fahrlässigkeit hin. Vor diesem Hintergrund reicht für die Strafbarkeit gem. § 154 Abs. 1 Z 1 BörseG 2018 fahrlässiges Verhalten aus (vgl. Rohregger/Palmstorfer in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG /MAR § 154 BörseG (Stand 1.8.2019, rdb.at) Rz 128).

Wie bereits oben (objektiver Tatbestand) festgehalten, liegt verfahrensgegenständlich ein Erfolgsdelikt (und kein Ungehorsamsdelikt) vor, weshalb schon aus diesem Grund die Fahrlässigkeit nachgewiesen werden muss und nicht bloß vermutet werden darf (vgl. im Übrigen die Regelung des § 5 Abs. 1a VStG idF der Novelle BGBl. I Nr. 57/2018).

Das Verwaltungsstrafgesetz gibt keine Definition der Schuldform Fahrlässigkeit. Zur Auslegung dieses Begriffes kann aber auf die Bestimmungen des Strafgesetzbuches (StGB) zurückgegriffen werden. Die Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt (doppelter Sorgfaltsverstoß) kann dem Täter im Sinn des § 6 Abs. 1 StGB nur dann vorgeworfen werden, wenn es ihm unter dem besonderen Verhältnis des Einzelfalles auch zuzumuten war, sie tatsächlich aufzuwenden. Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht hat der VwGH ausgesprochen, dass der dafür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist; Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in der Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (VwGH 16.03.2016, Ro 2014/04/0072, mwN).

Dem Vorbringen, den BF treffe kein Verschulden an der Verwaltungsübertretung, ist Folgendes entgegen zu halten. Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der BF aufgrund seiner akademischen und beruflichen Ausbildung bzw. Erfahrung über langjähriges und fundiertes Spezialwissen im Umgang mit Börsehandel (Aktien und derivative Wertpapiere) und Finanzmärkten im Allgemein verfügte. Er war Leiter der Abteilung Treasury eines börsennotierten Unternehmens und hatte Erfahrungen im Handel mit (Call) Optionsscheinen, sowohl beruflich als auch privat. Es kann vor diesem Hintergrund kein Zweifel daran bestehen, dass der BF bei Anlegen eines objektiven Sorgfaltsmaßstabes gewusst hat, dass das Verwenden einer Insiderinformation für ein Insidergeschäft rechtswidrig ist. Das Ermittlungsverfahren hat so klar ergeben, dass das Insiderwissen dem BF einen großen Informationsvorsprung verschafft hat (vgl. nochmals das Vorbringen des BF: „[…] dass wir aufgrund von XXXX die Aktien verkaufen mussten und danach wieder rückkaufen mussten.“). Es ist schlicht gegen jede Lebenserfahrung, anzunehmen, dass dem BF als routiniertem Finanzmarktexperten bei Zugrundelegung eines objektiven Sorgfaltsmaßstabes nicht aufgefallen ist, dass er Insiderwissen für ein persönliches Geschäft verwendet hat und damit rechtswidrig gehandelt hat. Er hätte sich genau informieren müssen und bei Zweifeln die belangte Behörde oder einen Rechtsberater konsultieren müssen, was er jedoch unterlassen hat. Auch subjektiv wäre es dem BF zumutbar gewesen, den Verstoß zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund des besonderen Wissens bzw. Kapitalmarkterfahrung des BF wird zusammenfassend festgehalten, dass gegenständlich sogar ein Fall der groben Fahrlässigkeit (subjektiv und objektiv), wenn nicht überhaupt des Vorsatzes, vorliegt. Ihm wäre zumutbar gewesen, sich mit der Rechtmäßigkeit seines Handelns auseinanderzusetzen und konkrete Schritte zur Vermeidung des Verstoßes zu setzen.

Wie oben ausgeführt, kann und wird dem BF – entgegen der diesbezüglichen Begründung im angefochtenen Bescheid – weder straf- noch schuldbegründend zum Vorwurf gemacht, dass er möglicherweise gegen seine Verpflichtungen aus dem Standstill Agreement verstoßen hat.

Es ist jedoch in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass zusätzlich zur gebotenen Sorgfalt, gegen die der BF wie oben dargelegt verstoßen hat, in dieser internen Richtlinie ausdrücklich auf die Gefahr der Verwendung von Insiderinformationen für eigene Zwecke hingewiesen wurde. Er wurde also durch seinen damaligen Arbeitgeber ausdrücklich auf Risiken im Zusammenhang mit besonderen Informationen, die ihm zugänglich waren, hingewiesen. Das hätte der BF zum Anlass nehmen müssen, sich mit der Frage der rechtmäßigen Verwendung seines Insiderwissens zu befassen und gegebenenfalls hätte er von derartigen Geschäften Abstand nehmen müssen.

Wenn in der Beschwerde (Seite 13 f.) und einem vom BF vorgelegten Privatgutachten davon die Rede ist, dass die Publikation des Prospektes vom 13.03.2020 eine „ergänzende Information im Verhältnis zur eben laufenden Kapitalerhöhung“ zu sehen ist, dann kann darin kein schuldbefreiender Rechtfertigungsgrund erkannt werden. Wie oben ausführlich dargelegt hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass sich das Wissen des BF in vielen und sehr wesentlichen Punkten vom allgemeinen Wissen auf dem Markt unterschieden hat. In diesem Zusammenhang sind nochmals die Parameter der Dokumente vom 21.02.2020 (Preis, Volumen, genaue Zeitpunkte etc.) sowie alle anderen internen Informationen zu erwähnen, die nur Personen im Vertraulichkeitsbereich (also auch dem BF) bekannt waren. Weiters ist dem auf Seite 13 der Beschwerde erwähnten Privatgutachten zu entgegnen, dass es sich (Punkt „III. XXXX “) nur mit der – vorliegend nicht relevanten – Rechtsfrage beschäftigt, ob der Vorstandsbeschluss vom 06.04.2020 tatsächlich als Ad-hoc-Meldung veröffentlicht hätte werden müssen. Vor diesem Hintergrund vermögen die diesbezüglichen Ausführungen nichts zur subjektiven Verantwortlichkeit des BF beizutragen. Tatsache ist, dass die Ad-hoc-Meldung getätigt wurde und dass damit hat eine Öffentlichkeit über den genauen Inhalt des XXXX Bescheid wusste. Spätestens an diesem Tag war das Insiderwissen einer großen Allgemeinheit bekannt. Auf die weitere Argumentation des Privatgutachtens, dass nämlich durch die Veröffentlichung des Prospektes vom 13.03.2020 die Allgemeinheit über alle Einzelheiten des XXXX informiert gewesen sei, ist oben bei der Prüfung der objektiven Tatseite bereits ausführlich eingegangen worden, weshalb auch hier der Hinweis genügt, dass sich die internen Informationen im Vertraulichkeitsbereich der XXXX AG, die dem BF als Hauptverantwortlichem vorlagen, in Ihrer Detailliertheit und Genauigkeit wesentlich von den allgemein gehaltenen Informationen des Prospektes (13.03.2020) unterschieden haben.

Anhaltspunkte für einen unverschuldeten Verbotsirrtum (entschuldbarer Rechtsirrtum) iSd § 5 Abs. 2 VStG sind nicht hervorgekommen.

Das Bundesverwaltungsgericht geht insgesamt bei Würdigung aller Umstände dieses Falles davon aus, dass der Beschwerdeführer grob fahrlässig gehandelt hat, indem er die objektiv gebotene und subjektiv mögliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, obwohl es ihm zuzumuten war, diese Sorgfalt tatsächlich aufzuwenden.

3.2.4. Strafbemessung

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe (§ 19 Abs. 2 VStG und §§ 33 und 34 StGB), soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des BF sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß §§ 144 BörseG 2018 sind weiters folgende Umstände bei der Höhe einer Strafe insbesondere zu berücksichtigen: 1. Die Schwere und Dauer des Verstoßes; 2. den Grad der Verantwortung der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person; 3. die Finanzkraft der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person, wie sie sich beispielweise aus dem Gesamtumsatz der verantwortlichen juristischen Person oder den Jahreseinkünften der verantwortlichen natürlichen Person ablesen lässt; 4. die Höhe der von der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person erzielten Gewinne oder verhinderten Verluste, sofern diese sich beziffern lassen; 5. der Verlust, der Dritten durch den Verstoß zugefügt wurde, sofern sich dieser beziffern lässt; 6. der Verlust, der dem Funktionieren der Märkte oder der Wirtschaft allgemein zugefügt wurde, sofern sich dieser beziffern lässt; 7. die Bereitschaft der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person zur Zusammenarbeit mit der zuständigen Behörde; 8. frühere Verstöße der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person sowie 9. nach dem Verstoß getroffene Maßnahmen der für den Verstoß verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person zur Verhinderung einer Wiederholung dieses Verstoßes.

§ 154 Abs. 1 Z 1 BörseG 2018 (und Art. 14 lit a) MM-VO) schützt nicht Individualrecht (einzelne Anleger), sondern die informatielle Chancengleichheit der Anleger. Alle Anleger sollen einen gleichberechtigten Zugang (equal access) zu kursrelevanten Informationen haben. Der Zweck besteht „darin […[, die Integrität des Finanzmarktes zu schützen und das Vertrauen des Investoren zu stärken, das wiederum auf der Gewissheit beruht, dass die Investoren gleichbehandelt […] werden“ (EuGH vom 23.12.2009, Rs. C-45/08, Slg. 2009, I-12073 Rn. 47 (Spector Photo Group) ua.; Klöhn Art. 14 Rn. 6). Vorliegend ist daher zu berücksichtigen, dass das geschützte Rechtsgut – Integrität des Finanzmarktes und Vermeidung von Missbrauch von Insiderinformationen (vgl. zum Schutzzweck der Norm: auch Sindelar in Gruber, BörseG 2018 / MAR Art. 14 MAR Rz 8 [Stand 1.7.2020, rdb.at]) – in beträchtlichem Ausmaß (Summe der Investitionen) verletzt wurde und, wie oben bereits festgestellt, in zumindest grob fahrlässiger Weise. Für eine Anwendung des § 45 Abs. 1 VStG bleibt schon von daher keine Anwendung.

Auch war die Dauer (2 Monate) nicht bloß geringfügig, wobei für den Insiderhandel als Besonderheit gilt, dass die zeitliche Dauer eines Verstoßes relativ ist, weil selbst in einem relativ sehr kurzen Zeitraum – je nach den Umständen eines Falles – eine große Schädigung des Rechtsgutes (Integrität des Finanzmarktes; siehe oben Näheres) eintreten kann. Abgesehen davon haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte für einen konkreten in Geld messbaren Schaden (Nachteil) Dritter ergeben. Den erzielten Gewinn hat die belangte Behörde zurecht für die Zwecke der Strafbemessung nicht erschwerend gewertet, weil der ganze Gewinn für verfallen erklärt wurde (Doppelverwertungsverbot; vgl dazu Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 (2017), § 19 Rz 12 mwN).

Mit der Behörde wird mildernd davon ausgegangen, dass der BF an der Mitwirkung des Sachverhaltes mitgewirkt hat, auch wenn kein „reumütiges“ Geständnis vorliegt, es liegt bloß ein reines Tatsachengeständnis vor (vgl. zu den Anforderungen dazu VwGH 14.1.2013, 2013/21/0187, und Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 (2017), § 19 Rz 14 mwN). Ebenfalls kann mit der Behörde festgehalten werden, dass der BF unbescholten war, was ebenfalls mildernd zu werten ist.

Insiderhandel ist eine schwere Beeinträchtigung des Vertrauens in die Finanzmärkte und Geldstrafen schrecken andere mögliche Täter ab. Aus generalpräventiven Gründen erscheint die Verhängung einer Strafe daher geboten, es liegen jedoch keine spezialpräventiven Gründe vor (aktuell kein Zugang zu Insiderinformationen). Mit der belangten Behörde wird von zwei Tatverwirklichungen (um 13:30 Uhr und um 14:12Uhr am 27.03.2020) ausgegangen, weil zwei Kaufaufträge erfolgt sind, die beide am 29.04.2020 beendet wurden, was erschwerend zu werten ist.

Zur Finanzkraft des BF sind folgende Aspekte zu berücksichtigen: Der BF hat Unterhaltspflichten für zwei minderjährige Kinder; der BF verfügt über Vermögenswerte in beträchtlichem Ausmaß (Eigentumswohnung im Wert von ca. 600.000 EUR bezogen auf den Ankauf im Jahr 2018, Barmittel und Kfz; die Eigentumswohnung wird derzeit von ihm benützt, ebenso das Kfz). Er bezieht derzeit ein Gehalt in der Höhe von 4.000 EUR brutto p.m., im Jahr 2021 betrug das Jahreseinkommen insgesamt ca. 33.856 EUR netto, wobei er dort für etwas mehr als drei Monate Arbeitslosengeld bezogen hatte. Er ist Alleingesellschafter einer GmbH mit Immobilienbesitz im Wert von EUR 500.000 bei Kreditschuldien iHv EUR 100.000 und einem Jahresumsatz iHv 20.000 (alles mit Stand 2021). Er hat keine sonstigen finanziellen Verpflichtungen (Sorgepflichten) und besitzt keine Wertpapiere.

Zum Ausmaß (Intensität) des Verschuldens ist mit dem angefochtenen Bescheid festzuhalten, dass es nicht als atypisch gering anzusehen ist. Es ist weder hervorgekommen noch war es aufgrund der Tatumstände anzunehmen, dass die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen eine besondere Aufmerksamkeit erfordert haben oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten eines leitenden Mitarbeiters eines börsennotierten Unternehmens, der dem Umgang mit insiderrelevanten Informationen ausgesetzt ist, sind hoch anzusetzen.

Mit der belangten Behörde wird zum Strafrahmen festgestellt, dass er bis 5 Millionen EUR beträgt. Anzumerken ist (Beschwerde Seite 16 unten), dass die Festsetzung eines Vielfachen des erzielten Gewinnes als Geldstrafe nur dann in Betracht kommt, wenn mit dem vorher genannten Strafrahmen nicht das Auslangen gefunden werden kann.

Zum Vorbringen, dass die Geldstrafe in keinem Verhältnis zum Einkommen (bzw. Vermögen) des BF steht, ist zunächst festzuhalten, dass mildernd zu würdigen war, dass der BF nunmehr weniger monatliche Einkünfte erzielt als noch zu Jahresbeginn 2021 (Beschäftigung in der XXXX AG), als er leitender Angestellter war. Weiters ist der Beschwerde aber insofern entgegenzutreten, als der BF sein nunmehriges monatliches Einkommen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung erstmals genau angegeben hat (s. oben und Feststellungen), was er zuvor nur sehr eingeschränkt getan hat (vgl. den Einkommensteuerbescheid 2021, welcher erst mit der Beschwerde vorgelegt wurde), weshalb die FMA seine berufliche Stellung und ein überdurchschnittliches Gehalt hervorhob und in ihre Strafbemessung mit einbezog. Feststeht zusammengefasst, dass der BF nach wie vor über signifikantes Vermögen und ein nicht unbedeutendes monatliches Einkommen verfügt.

Zur Strafbemessung und der Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse hat die Judikatur ausgesprochen, dass die Verhängung einer Geldstrafe auch dann gerechtfertigt ist, wenn der Bestrafte kein Einkommen bezieht und sogar wenn es die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Bestraften wahrscheinlich erscheinen lassen, dass er nicht in der Lage sein wird, sie zu bezahlen (VwGH 15.10.2002, 2001/21/0087, mwN; 30.01.2014, 2013/03/0129, mwN).

In Erwägung aller dieser Umstände erscheint die von der FMA verhängte Geldstrafe nicht gänzlich als tat- und schuldangemessen und es erfolgt eine Herabsetzung der Geldstrafe auf EUR 115.000 unter Beibehalt der von der FMA verhängten Ersatzfreiheitsstrafe.

Diese Strafe bewegt sich noch immer im unteren Bereich des möglichen Strafrahmens. Eine Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit oder auch nur eine bloße Ermahnung kamen ebenfalls nicht in Betracht.

3.2.5. Zum Verfall

Nach § 157 Abs. 2 Z 2 BörseG 2018 kann ein erzielter Vermögensvorteil durch die in Abs. 1 leg. cit. angeführten Verhaltensweisen von der FMA für verfallen erklärt werden. Die Befugnis zum Verfall der infolge eines Verstoßes erzielten Gewinne oder der vermiedenen Verluste war unionsrechtlich zwingend vorzusehen; § 157 Abs. 2 Z 2 leg. cit. entspricht Art. 30 Abs. 2 lit b MM-VO. Der Verfall nach § 175 Abs. 2 Z 2 leg. cit. ist wegen seines Pönalcharakters eine Verwaltungsstrafe eigener Art (Verfallsstrafe; s auch § 17 VStG; aA N. Raschauer in Gruber, BörseG 2018/MAR § 157 (Stand 1.7.2020, rdb.at) Rz 13, der von keiner Strafe iSd § 1 VStG ausgeht). Die FMA hat hierbei das VStG anzuwenden (§ 158 Abs. 2 leg. cit.; vgl. Rohregger/Palmstorfer in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG /MAR § 157 BörseG (Stand 1.8.2019, rdb.at) Rz 9 ff.). Grundsätzlich unterliegen nur körperliche Sachen dem Verfall, es kann jedoch auch Geld für verfallen erklärt werden (VfSlg. 3237/1975). Der Verfall ist im Spruch eines Straferkenntnisses auszusprechen. Als Tatbestandsvoraussetzung muss ein Verstoß gg. § 154 leg. cit. vorliegen, was vorliegend der Fall ist.

Wenn der BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (vgl. Niederschrift Seite 14) gegen den ausgesprochenen Verfall einwendet, dass der angefochtene Bescheid den erzielten Gewinn so berechnet, dass auch der Zeitraum nach der Veröffentlichung der Ad-hoc-Meldung vom 06.04.2020 einbezogen wurde, dann geht dieser Einwand ins Leere. Das Verwenden einer Insiderinformation und der daraus erzielte Gewinn kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Gewinn zu einem fiktiven Tag geringer gewesen wäre als der tatsächlich erzielte. Faktum ist, dass die am 27.03.2020 beauftragten (und durchgeführten) Käufe während einer niedrigen Kursentwicklung durchgeführt wurden. Aufgrund des Wissens des BF, dass sich während des XXXX der Kurs nach oben entwickeln würde, war es Teil des Insiderwissens (Anlagestrategie), dass sich der Kurs (bezogen auf den Ankaufstag) für einen bestimmten Zeitraum in eine bestimmte Richtung (Verkaufstag) entwickeln würde.

Zum Umrechnungskurs (CHF in EUR) des erzielten Gewinnes (Abschöpfung), den die FMA verwendet hatte, wurde kein Vorbringen erstattet, weshalb es als unstrittig festgehalten werden kann. Im Übrigen wäre wegen des Strafcharakters der Abschöpfung eine Erhöhung des Gewinnbetrages aufgrund eines nunmehr stärkeren CHF gegenüber dem EUR (ungünstigerer Kurs bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses) ein Verstoß gegen das Prinzip der reformatio in peius.

Es sind sohin keine Gründe hervorgekommen, die gegen den Ausspruch des Verfalles sprechen.

3.2.6. Zum Einwand der eingetretenen Verfolgungsverjährung

Dem Beschwerdeeinwand der eingetretenen Verfolgungsverjährung im verwaltungsbehördlichen Verfahren (vgl. Beschwerde Punkt 1.2.4, Seite 2 f.) ist Folgendes entgegenzuhalten.

Grundsätzlich muss nach der Judikatur und nach der herrschenden Lehre die erste Verfolgungshandlung der belangten Behörde (hier: Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25.10.2021) die Sphäre der Behörde verlassen haben und nach außen in Erscheinung treten, um die Verfolgungsverjährung zu hemmen (vgl. zum „Verlassen der Behördensphäre“ VwSlg 14.626 A/1997 sowie Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 (2017) § 31 Rz 19 mwN); eine Zustellung ist nicht gefordert. Es ist zwar der Beschwerde insofern zuzustimmen, als die Verfolgungsverjährung am 31.10.2021 geendet hätte. Das Ermittlungsverfahren hat jedoch ergeben, dass die AzR die Sphäre der Behörde zwischen (wahrscheinlich) dem 27.10.2021, jedoch noch mit Sicherheit vor dem 29.10.2021 verlassen hat, womit sie gerade noch rechtzeitig war. Das Vorbringen in der Beschwerde, dass die erfolgte Zustellung am 02.11.2021 (Behebung durch den BF) zu spät erfolgt sei, geht somit ins Leere. Es ist keine Verfolgungsverjährung eingetreten.

3.2.7. Herabsetzung der Kosten

Die Höhe der anteiligen Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens (10% der verhängten Geldstrafe gem. § 64 Abs. 2 AVG) waren neu zu bestimmen, weil die Geldstrafe reduziert wurde. Kosten für das verwaltungsgerichtliche Verfahren fallen bei diesem Ergebnis nicht an.

3.3. Zahlungsinformation

Sie haben den Gesamtbetrag von insgesamt EUR 150.175 (Strafe iHv EUR 115.000, Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens iHv EUR 11.500 und Abschöpfung der Bereicherung iHv EUR 23.675) binnen 2 Wochen auf das Konto des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) mit dem IBAN AT840100000005010167 (BIC BUNDATWW) unter Angabe der Verfahrenszahl spesenfrei für den Empfänger einzuzahlen oder unter Mitnahme dieses Erkenntnisses beim Bundesverwaltungsgericht einzuzahlen. Bei Verzug muss damit gerechnet werden, dass der Betrag nach erfolgter Mahnung zwangsweise eingetrieben werden wird.

Die Geldstrafe und die Abschöpfung der Bereicherung fließen dem Bund zu (§ 144 letzter Satz BörseG 2018).

Zu B) Zur Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. des Europäischen Gerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung der Höchstgerichte auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Nationale und europäische höchstgerichtliche Rechtsprechung ist vielfältig vorhanden und eindeutig, wie unter Punkt II.3.2.2. dargestellt. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, vielmehr handelte es sich vorliegend im Wesentlichen um Fragen zum festzustellenden Sachverhalt.

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