BVwG G304 2254413-1

BVwGG304 2254413-112.1.2023

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §40
BBG §41
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:G304.2254413.1.00

 

Spruch:

 

G304 2254413-1/8EG304 2254414-1/8E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende, sowie den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER und die fachkundige Laienrichterin Maria HIERZER als Beisitzerin über die Beschwerde XXXX , geb. XXXX , Sozialversicherungsnummer: XXXX , vertreten durch Kriegsopfer- und Behindertenverband XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark, vom 02.03.2022, betreffend die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ nicht vorliegen, OB: XXXX , und gegen den Behindertenpass vom 07.03.2022, betreffend den Grad der Behinderung, OB: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß §§ 42 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. Nr. 283/1990, idF BGBl. I Nr. 100/2018, sowie § 1 Abs. 4 Z 3 der der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, idF BGBl. II Nr. 263/2016, stattgegeben.

Die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass liegen vor.

 

 

II. Der Beschwerde betreffend den Grad der Behinderung wird gemäß § 40 Abs. 1 BBG stattgegeben. Der Grad der Behinderung beträgt seit 03.02.2022 80 v.H.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 25.10.2021 beim Sozialministeriumservice (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades ihrer Behinderung im Behindertenpass und einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ samt medizinischer Beilagen ein.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

Im Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 28.12.2021 wurde nach durchgeführter Untersuchung der BF am 27.12.2021 unter Berücksichtigung all der Gesundheitsschädigungen der BF ihr Gesamtbehinderungsgrad mit 60 v.H. eingeschätzt und bezüglich Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Folgendes ausgeführt:

„Sowohl aus der Anamnese, der körperlichen Untersuchung als auch aus den vorgelegten Befunden ist Frau (…) die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar. Die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen und die Polyneuropathie ohne Dauertherapie bewirken keine derart erhebliche Einschränkung der Beweglichkeit der oberen oder unteren Extremität (im Sinne einer Lähmung, Amputation, Gelenksversteifung), welche es der AST, gegebenenfalls unter Verwendung eines Gehbehelfes, unmöglich macht, kurze Wegstrecken und Niveauunterschiede zu überwinden. Die Schwerhörigkeit und die Sehschwäche sind kompensierbar. Der vegetative Erschöpfungszustand ist ohne dauerhafte Therapieerfordernis und ohne nachweisliche therapieresistente phobische Störung. Das diagnostizierte Hirnaneurysma ist aktuell ohne dauerhafte neurologisch-motorische Defizite.“

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 18.01.2022 wurde der BF das Sachverständigengutachten vom 28.12.2021 als „Ergebnis der Beweisaufnahme“ zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit gegeben, innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens bei Einwendungen gegen das Ergebnis der Beweisaufnahme eine begründete schriftliche Stellungnahme einzubringen.

4. In einer zum Ergebnis der Beweisaufnahme abgegebenen schriftlichen Stellungnahme der Rechtsvertretung der BF vom 22.02.2022 wurde vorgebracht, dass erhebliche Gesundheitsschädigungen der BF in der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung nicht ausreichend berücksichtigt wurden und der BF aufgrund der Art und Schwere ihrer Gesundheitsschädigungen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar sei. Es wurde von einer sich bei der BF zunehmend verschlechternden Sehleistung, einer sensoneuralen Schwerhörigkeit mit chronischem Tinnitus beidseits, von ständigen Schmerzen und Funktionseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule, einer aufgrund der bestehenden Polyneuropatahie eingeschränkten Mobilität, und einer durch die Fingergelenksarthrosen beeinträchtigten Greiffähigkeit, die der BF die Benützung von Haltegriffen und das Ein- und Aussteigen in öffentliche Verkehrsmittel unmöglich mache, berichtet, und auf eine Stuhl- und Harninkontinenz mit Einlagenversorgung und eine vor allem durch die Sehminderung, Hörminderung sowie Inkontinenz vorliegende enorme psychische Belastung hingewiesen.

Es wurde aufgrund der bestehenden Leidenszustände um eine höhere Einschätzung der Gesundheitsschädigungen der BF und um die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkungen aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ersucht.

5. In einer daraufhin seitens der belangten Behörde von der Sachverständigen Dr. XXXX eingeholten schriftlichen Stellungnahme vom 01.03.2022 führte diese Folgendes aus:

„Durch die nachgereichten Befunde von Dr. (…), vom 31.01.2022, von Dr. (…), vom 21.01.2022 und von der Augenabteilung des LKH (…), vom 03.02.2022, konnten keine neuen medizinischen Erkenntnisse abgeleitet werden, welche nicht bereits im Sachverständigengutachten vom 27.12.2021 berücksichtigt wurden. Daher bleibt das Sachverständigengutachten inklusive der Ablehnung der begehrten Zusatzeintragung unverändert.“

6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 02.03.2022 wurde der Antrag der BF auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass vom 25.10.2021 gem. §§ 42 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990, idgF, abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt worden.

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensjahr vollendet ist und erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vorliegen.

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke (300 bis 400 Meter) nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, auch unter der Verwendung der zweckmäßigsten Behelfe, ohne Unterbrechung zurückgelegt werden könne oder wenn die Verwendung des erforderlichen Behelfs die Benützung des öffentlichen Transportmittels in hohem Maß erschwere.

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauerhafte Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels angegebenen Bedingungen auswirke.

Da das ärztliche Begutachtungsverfahren ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen, sei der Antrag der BF abzuweisen.

Soweit im angefochtenen Bescheid angeführt wurde, dass „die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bildet, zu entnehmen sind“, wurde damit auf die dem Bescheid beigelegte ärztliche Stellungnahme vom 01.03.2022 Bezug genommen.

In dieser Stellungnahme einer Sachverständigen bzw. einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 01.03.2022 wurde auf das nach Begutachtung der BF vom 27.12.2021 erstellte Sachverständigengutachten (vom 28.12.2021) Bezug genommen.

In diesem Gutachten wurde ein Grad der Behinderung von 60 v.H. und keine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt.

7. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 02.03.2022 wurde der BF aufgrund ihres Antrages vom 25.10.2021 mitgeteilt, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 60 v.H. festgestellt worden sei, daher ein neuer Behindertenpass auszustellen sei und der Behindertenpass unbefristet ausgestellt werde.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 07.03.022 wurde der BF mitgeteilt, dass sie hiermit ihren Behindertenpass im Scheckkartenformat erhalte, und ihr folgende Rechtsmittelbelehrung zur Kenntnis gebracht:

„Gemäß § 46 BBG in Verbindung mit §§ 7ff des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) steht Ihnen das Recht zu, gegen diesen Behindertenpass innerhalb von sechs Wochen nach seiner Zustellung beim Sozialministeriumservice schriftlich eine Beschwerde einzubringen.

(…)

Über die Beschwerde entscheidet das Bundesverwaltungsgericht.“

8. Gegen den neuen Behindertenpass vom 07.03.2022 und gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 02.03.2022 wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Es wurde vorgebracht, dass der BF unter Berücksichtigung aller Gesundheitsschädigungen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar und eine höhere Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung vorzunehmen sei.

Mit Schreiben der Rechtsvertretung der BF vom 22.04.2022 wurden „zur Stützung der Beschwerde“ Befundberichte vom 19.04.2022 (statt wie in der Beschwerde offenbar versehentlich angeführt „19.02.2022“) und vom 21.04.2022 vorgelegt.

Mit E-Mail der Rechtsvertretung der BF vom 22.04.2022 wurden weitere Befunde nachgereicht.

9. Am 27.04.2022 langten die gegenständlichen Beschwerden samt dazugehörigem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.

10. Mit Verfügung des BVwG vom 13.07.2022, Zl. G304 2254414-1/2Z, G304 2254413-1/2Z, wurde Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, ersucht, ein medizinisches Sachverständigengutachten auf der Grundlage der Einschätzungsverordnung unter Berücksichtigung des Vorbringens der BF und allfällig mit der Beschwerdeschrift vorgelegter medizinischer Befunde zu erstellen und dieses „binnen sechs Wochen ab Begutachtung dieser Anordnung“ dem BVwG zu übermitteln.

Mit weiterer Verfügung des BVwG vom 13.07.2022, Zl. G304 2254414-1/2Z, G304 2254413-1/2Z, wurde die BF aufgefordert, sich am 17.08.2022 um 16:00 Uhr bei Dr. XXXX zur Begutachtung einzufinden.

11. Im Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 17.08.2022 wurde nach Begutachtung der BF am 17.08.2022 auszugsweise Folgendes ausgeführt:

„(…)

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Linksbetonte Sehstörung bei Makuladegeneration beidseits (re. feucht, li. trocken) mit Amblyopie links

Fixer Tabellenwert bei erzielbarer Visusleistung von 0,4 u. 0,1; in die höhere Visusminderung re. bewertet bei weiderholten notwendigen intraokulären Augeninjektionen re. u. den Gesichtsfelddefekten, Katarkat-Operation re. inkludiert.

110201

50

2

Degenerative Wirbelsäulenveränderungen

Oberer Rahmensatzwert (RSW) entspricht der WS-Fehlhaltung mit Funktionseinschränkung u. Osteoporose, chron. rezidivierendes Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom ohne Wurzelkompressionssymptomatik

020102

40

3

Links betonte Schwerhörigkeit

Fixer Rahmensatzwert entsprechend den prozentuellen Hörverlusten von 42 und 54%; berücksichtigt Hörgeräteversorgung u. Tinnitus

120201

30

4

Degenerative Gelenksveränderungen mit Finger- und Zehengelenkspolyarthrosen

Oberster RSW entspricht der rechtsbetonten Funktionseinschränkung, der Hantierfähigkeit durch Veränderungen der Fingergelenke mit deutlichen Rhizarthrosen, multiple Beschwerden an weiteren Gelenken u. ausgeprägte Zehengelenksbeschwerden mit Zehenfehlstellung

020201

40

5

Hirnmangeldurchblutung

2 Stufen über dem unteren RSW entspricht den milden kognitiven Defiziten bei allgemeiner Gefäßsklerose und Hirnabbauvorgängen, Zustand nach TIA, kleines Hirnaneurysma im Observanz, koordinative Defizite

040101

30

6

Polyneuropathie-Syndrom

2 Stufen über dem unteren RSW entspricht den angegeben Sensibilitätsstörungen mit koordinativen Defiziten, sowie Schmerzen

040601

30

7

Vegetativer Erschöpfungszustand mit depressiver Verstimmung und Somatisierungsneigung

Eine Stufe über dem unteren RSW entspricht der psychischen Belastungsproblematik mit Schlafstörungen und leichten Anpassungsstörungen im Alltag

030601

20

8

Teilweise Stuhl- und Harninkontinenz

2 Stufen über dem unteren RSW entspricht der beschriebenen Symptomatik mit Verwendung von Vorlagen und dem imperativen Stuhldrang postprandial

080106

30

Gesamtgrad der Behinderung 80 v.H.

    

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Ergibt sich aus der führenden Gesundheitsschädigung (GS) 1, die durch die restlichen Leiden gemeinsam um 3 weitere Stufen angehoben wird, da zwar zur führenden Sehstörung nur eine eingeschränkte direkte negative Leidensbeeinflussung besteht und sich Leiden teilweise auch überschneiden, insgesamt jedoch eine erhebliche alltagsrelevante zusätzliche Behinderungsproblematik darstellen, wobei weitgehend die Gesamtheit der Funktionseinschränkungen altersbedingt im Sinne eines senilen Abbaues zu bewerten ist.

(…)

Begründung für eventuelle Änderung des Gesamtgrades der Behinderung und Stellungnahme zum Vorgutachten:

Nachdem im Vorgutachten keine Visusbestimmung vorlag, konnte diese auch nicht entsprechend gewürdigt werden – nun liegt eine derartige vor, weshalb die ehemalige GS 3 um 2 Stufen angehoben wurde und nun führt.

GS 2 und GS 3 bleiben unverändert.

GS 4 wird entsprechend der doch erheblichen Einschränkung in der Hantierfähigkeit nebst weiteren schmerzhaften Gelenksveränderungen (auch psychogen somatisierend überlagert) und den deutlichen Fuß- bzw. Zehenbeschwerden um 2 Stufen angehoben.

In der neuen GS 5 wird die cerebrale Abbausymptomatik miterfasst, weshalb diese Pos. um eine Stufe angehoben wurde.

GS 6 wird entsprechend der aktuellen Begutachtung und auch entsprechend der präsentierten Beschwerdesymptomatik um eine Stufe angehoben.

GS 7 bleibt unverändert.

GS 8 wird neu angeführt.

Aus der höheren Bewertung der Einschätzungen inkl. der neuen GS 8 ergibt sich die Anhebung des Gesamt-GdB´s um 2 Stufen.

Der neue GdB kann ab 2022 als gegeben angenommen werden.

Zur Mobilität:

Es findet sich bei der BW eine kombinierte Behinderungsproblematik mit Einschränkungen in mehreren Organsystemen bei deutlichem Altersabbau im Senium mit führender deutlicher Visusminderung, mit Einschränkungen der Hantierfähigkeit selbst und auch der zielgerichteten Greiffähigkeit, mit chron. WS-Beschwerden und Funktionseinschränkungen, überlagert durch neurologische Funktionseinschränkungen über fehlgesteuerte Bewegungsabläufe, teils durch Hirnmangeldurchblutung, teils durch periphere Polyneuropathie.

Erschwerend findet sich eine Schwerhörigkeit, eine deutliche psychische Belastungsminderung und auch eine Teilinkontinenz für Stuhl und Harn.

Berücksichtigt man das Zusammenwirken aller dieser Punkte, zeigen sich deutliche Einschränkungen in der Stand- und Gangsicherheit, in der Orientierung im Raum und in der Anpassungsfähigkeit bei wechselnden Verhältnissen in einem öffentlichen Verkehrsmittel, weshalb eine ausreichend sichere Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr gewährleistet erscheint.

Es besteht keine schwere Erkrankung des Immunsystems, keine hochgradige Sehbehinderung oder Blindheit bzw. Taubblindheit.

Angesichts des Alters ist tendenziell eher eine Verschlechterung anzunehmen.“

Es wurde von einem „Dauerzustand“ ausgegangen.

12. Mit Schreiben des BVwG vom 23.09.2022, Zl. G304 2254413-1/4Z, G304 2254414-1/4Z, der Rechtsvertretung der BF zugestellt am 27.09.2022, wurde die BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, ihr das Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 vorgehalten und ihr die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Verfügung schriftlich Stellung dazu zu nehmen.

13. Mit einem an das BVwG, Außenstelle Graz, gerichteten Schreiben der Rechtsvertretung der BF vom 30.09.2022 wurde folglich Folgendes mitgeteilt:

„(…)

Zum vorliegenden ärztlichen Sachverständigengutachten von Herrn Dr. (…) vom 17.08.2022, wonach der Gesamtgrad der Behinderung GdB 80 v.H. beträgt, wird zum Ergebnis des vorliegenden ärztlichen Beweisverfahrens zur Aufnahme des Zusatzes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass kein Einwand erhoben.“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die nunmehr 83 Jahre alte BF ist im Besitz eines Behindertenpasses.

Der Gesamtgrad der Behinderung der BF beträgt 80 v.H. Dieser besteht seit 03.02.2022.

Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass liegen vor.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs. 2 Behinderteneinstellungsgesetz im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (VwGH vom 20.03.2001, GZ 2000/11/0321).

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen das Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

2.3. Der seitens des BVwG beigezogene Sachverständige Dr. XXXX setzte sich in seinem Gutachten vom 17.08.2022 ausführlich mit den gesundheitlichen Beschwerden der BF auseinander und hielt nach Begutachtung der BF in seinem Gutachten folgende von der BF berichtete „derzeitige Beschwerden“ fest:

„Ihr hauptsächliches Problem liege in ihrer Sehbeeinträchtigung bei feuchter Makuladegeneration links, trockener Makuladegeneration re., ganz besonders schlecht sei das li. Auge, wobei sie auch zentrale Sehdefekte habe u. daher bei Fixation faktisch kaum Detaileindrücke wahrnehmen kann.

Weiters besteht eine Schwerhörigkeit bds., wobei, nachdem sie das li. Hörgerät verloren habe, nur an der re. Seite ein solches heute getragen wird, zusätzlich störend seien auch Ohrgeräusche (Tinnitus).

Seit einer zahnärztlichen Behandlung mit Kieferoperation sei Geschmack und Geruch deutlich eingeschränkt (OP. 2019, Oberkieferosteonekrose).

Sie leide unter eingeschränkter Hantierfähigkeit u. Schmerzen beider Hände, re. mehr als li., wobei sich die Schmerzen bis zur Ellbogenregion hinauf erstrecken u. dadurch Greifen u. dgl. beeinträchtigt sei.

Weiters sei eine periphere Polyneuropathie mit Sensibilitätsstörungen bekannt, welche bis zur Knieregion reichen würden u. sie das Gefühl habe, als ob die Beine eingegipst seien; auf beiden Seiten sei die Großzehe mit den beiden Nachbarzehen faktisch taub. Zusätzlich bestünden auch ausstrahlende Beschwerden von Seiten der WS, wobei hier ausstrahlende Beschwerden über das Gesäß intermittierend beidseits bestünden. Sie habe Probleme sowohl den Harn wie auch den Stuhl zu halten, müsse faktisch immer nach einer Nahrungsaufnahme 15 min. später die Toilette aufsuchen; die von ihr beschriebene Inkontinent werde mit Einlagen bzw. Vorlagen versorgt. Eine Ursache für diese Problematik sei bisher nicht gefunden worden; zuletzt seien auch noch Hämorrhoiden diagnostiziert worden. Das seien ihre alltagsrelevanten Probleme. Auf die Problematik bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angesprochen wird angegeben, dass sie oft dringend auf die Toilette müsse, was in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht möglich sei; sie fahre nicht mehr selbst mit dem PKW, sondern werde vom Sohn geführt, wobei dann dieser eine Toilette versuche möglichst rasch zu erreichen.

Wenn sie wisse, dass sie außer Haus gehe, versuche sie möglichst gar nichts zu essen und wenig zu trinken. Zusätzlich habe sie auch erhebliche Probleme sich in einem öffentlichen Verkehrsmittel festzuhalten. Ergänzt wird dann noch häufiger, bis stündlicher nächtlicher Harndrang mit notwendigen Toilettenbesuchen.“

Der Sachverständige hielt nach Begutachtung der BF am 17.08.2022 in seinem Gutachten folgende Gesundheitsschädigungen fest:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Linksbetonte Sehstörung bei Makuladegeneration beidseits (re. feucht, li. trocken) mit Amblyopie links

Fixer Tabellenwert bei erzielbarer Visusleistung von 0,4 u. 0,1; in die höhere Visusminderung re. bewertet bei weiderholten notwendigen intraokulären Augeninjektionen re. u. den Gesichtsfelddefekten, Katarkat-Operation re. inkludiert.

110201

50

2

Degenerative Wirbelsäulenveränderungen

Oberer Rahmensatzwert (RSW) entspricht der WS-Fehlhaltung mit Funktionseinschränkung u. Osteoporose, chron. rezidivierendes Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom ohne Wurzelkompressionssymptomatik

020102

40

3

Links betonte Schwerhörigkeit

Fixer Rahmensatzwert entsprechend den prozentuellen Hörverlusten von 42 und 54%; berücksichtigt Hörgeräteversorgung u. Tinnitus

120201

30

4

Degenerative Gelenksveränderungen mit Finger- und Zehengelenkspolyarthrosen

Oberster RSW entspricht der rechtsbetonten Funktionseinschränkung, der Hantierfähigkeit durch Veränderungen der Fingergelenke mit deutlichen Rhizarthrosen, multiple Beschwerden an weiteren Gelenken u. ausgeprägte Zehengelenksbeschwerden mit Zehenfehlstellung

020201

40

    

5

Hirnmangeldurchblutung

2 Stufen über dem unteren RSW entspricht den milden kognitiven Defiziten bei allgemeiner Gefäßsklerose und Hirnabbauvorgängen, Zustand nach TIA, kleines Hirnaneurysma im Observanz, koordinative Defizite

040101

30

6

Polyneuropathie-Syndrom

2 Stufen über dem unteren RSW entspricht den angegeben Sensibilitätsstörungen mit koordinativen Defiziten, sowie Schmerzen

040601

30

7

Vegetativer Erschöpfungszustand mit depressiver Verstimmung und Somatisierungsneigung

Eine Stufe über dem unteren RSW entspricht der psychischen Belastungsproblematik mit Schlafstörungen und leichten Anpassungsstörungen im Alltag

030601

20

8

Teilweise Stuhl- und Harninkontinenz

2 Stufen über dem unteren RSW entspricht der beschriebenen Symptomatik mit Verwendung von Vorlagen und dem imperativen Stuhldrang postprandial

080106

30

Gesamtgrad der Behinderung 80 v.H.

    

Als „Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung“ wurde Folgendes ausgeführt:

„Ergibt sich aus der führenden Gesundheitsschädigung (GS) 1, die durch die restlichen Leiden gemeinsam um 3 weitere Stufen angehoben wird, da zwar zur führenden Sehstörung nur eine eingeschränkte direkte negative Leidensbeeinflussung besteht und sich Leiden teilweise auch überschneiden, insgesamt jedoch eine erhebliche alltagsrelevante zusätzliche Behinderungsproblematik darstellen, wobei weitgehend die Gesamtheit der Funktionseinschränkungen altersbedingt im Sinne eines senilen Abbaues zu bewerten ist.“

Folglich wurde folgende „Begründung für eventuelle Änderung des Gesamtgrades der Behinderung und Stellungnahme zum Vorgutachten“ abgegeben:

„Nachdem im Vorgutachten keine Visusbestimmung vorlag, konnte diese auch nicht entsprechend gewürdigt werden – nun liegt eine derartige vor, weshalb die ehemalige GS 3 um 2 Stufen angehoben wurde und nun führt.

GS 2 und GS 3 bleiben unverändert.

GS 4 wird entsprechend der doch erheblichen Einschränkung in der Hantierfähigkeit nebst weiteren schmerzhaften Gelenksveränderungen (auch psychogen somatisierend überlagert) und den deutlichen Fuß- bzw. Zehenbeschwerden um 2 Stufen angehoben.

In der neuen GS 5 wird die cerebrale Abbausymptomatik miterfasst, weshalb diese Pos. um eine Stufe angehoben wurde.

GS 6 wird entsprechend der aktuellen Begutachtung und auch entsprechend der präsentierten Beschwerdesymptomatik um eine Stufe angehoben.

GS 7 bleibt unverändert.

GS 8 wird neu angeführt.

Aus der höheren Bewertung der Einschätzungen inkl. der neuen GS 8 ergibt sich die Anhebung des Gesamt-GdB´s um 2 Stufen.

Der neue GdB kann ab 2022 als gegeben angenommen werden.“

Bezüglich des Gesamtgrades der Behinderung wird zunächst darauf hingewiesen, dass die im Vorgutachten vom 28.12.2021 unter Gesundheitsschädigung Nr. 3 angeführte mit 30 v.H. angeführte „Sehschwäche“ unter Berücksichtigung einer durchgeführten Visusbestimmung im neuen Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 als führende Gesundheitsschädigung Nr. 1 mit „linksbetonte Sehstörung bei Makuladegeneration beidseits (re. feucht, li. trocken) mit Amblyopie links“ bezeichnet und um zwei Stufen angehoben bzw. mit einem Behinderungsgrad von 50 v.H. eingeschätzt wurde.

Dieser die führende Gesundheitsschädigung Nr. 1. betreffende Behinderungsgrad wurde durch die übrigen Gesundheitsschädigungen um drei weitere Stufen angehoben, besteht durch diese doch eine erhebliche alltagsrelevante zusätzliche Behinderungsproblematik und ist die Gesamtheit der Funktionseinschränkungen altersbedingt im Sinne eines senilen Abbaues zu bewerten. Diese Begründung ist im Hinblick auf die vom Sachverständigen angeführten Gesundheitsschädigungen nachvollziehbar.

Als Begründung für die Änderung zum Vorgutachten wurde angeführt, dass erst nach der Erstellung des Vorgutachtens eine Visusbestimmung durchgeführt worden ist und deshalb die ehemalige Gesundheitsschädigung Nr. 3 um zwei Stufen angehoben wurde und nun führt, sich aus der höheren Bewertung der Einschätzungen betreffend die Gesundheitsschädigungen Nr. 4, Nr. 5 und Nr. 6 inklusive der neuen Gesundheitsschädigung Nr. 8 die Anhebung des Gesamtbehinderungsgrades um zwei Stufen von 60 v.H. auf 80 v.H. ergibt, und der neue Gesamtbehinderungsgrad ab 2022 als gegeben angenommen werden kann.

Im Folgenden wird auf die einzelnen Gesundheitsschädigungen der BF näher eingegangen:

Im Vorgutachten wurde die Gesundheitsschädigung Nr. 3 als „Sehschwäche“ bezeichnet, und für deren Positionsnummer und Rahmensatz folgende Begründung angeführt:

„fixer Richtsatzwerte, entsprechend der Makuladegeneration, dem Zustand nach mehrfacher chirurgischen Intervention, dem vorgelegten Augenarztbefund“.

Statt „Sehschwäche“ wurde im neuen Gutachten vom 17.08.2022 folgende Gesundheitsschädigung Nr. 1 angeführt:

„Linksbetonte Sehstörung bei Makuladegeneration beidseits (re. feucht, li. trocken) mit Amblyopie links“.

Als Begründung für deren Positionsnummer und Rahmensatz wurde unter der Gesundheitsschädigung Nr. 1 Folgendes festgehalten:

„Fixer Tabellenwert bei erzielbarer Visusleistung von 0,4 u. 0,1; in die höhere Visusminderung re. bewertet bei weiterholten notwendigen intraokulären Augeninjektionen re. u. den Gesichtsfelddefekten, Katarakt-Operation re. inkludiert.“

Nach Begutachtung der BF am 27.12.2021 und Erstellung des Vorgutachtens vom 28.12.2021 hat sich die Sehbeeinträchtigung der BF verschlechtert.

Der Sachverständige berücksichtigte im Gutachten vom 17.08.2022 unter anderem folgende Befunde:

„Behandlungsunterlagen der Augenabteilung (…) 3.2. u. 21.4.2022:

Senile feuchte Makuladegenration re. mit Pseudophakie; trockene senile Makuladegeneration li., hypermetropie u. Katarrhakt; Amblyopie li. Auge. Verabreichung IVOM ins re. Auge.

Visusangabe 02/22 beträgt 0,4 re. u. 0,1 li. Die Perimetrie (wohl re. Auge) zeigt eher laterale Gesichtsfeldeinschränkungen, zentral nur eingeschränkte Ausfälle im nasalen unteren Quadranten.

Hausärztl. Diagnosen-Leistung 21.1.2022Dr. (…):

Visusverschlechterung bei Makuladegenration, vervikobrachial-Syndrom beideg. HWS-Erkrankung, Tinnitus, Hypakusis, vegetativer Erschöpfungszustand, deg. LWS-Erkrankung, Ostoporose, Fingerpolyarthrosen, Stuhl- und Harninkontinenz, distal symmetrische Polyneuropathie UE bds., Zustand nach Osteonekrose Oberkiefer.“

Wie aus dem vorgelegten vom Sachverständigen mitberücksichtigten hausärztlichen Befund vom 21.01.2022 hervorgehend wurde der BF von ihrer Hausärztin am 21.01.2022 unter anderem eine „Visusverschlechterung bei Makuladegeneration“ diagnostiziert.

Bezüglich des vorgelegten im Gutachten vom 17.08.2022 mitberücksichtigten Ambulanzbefund vom 03.02.2022 wurde vom Sachverständigen festgehalten: „Visusangabe 02/22 beträgt 0,4 re. u. 0,1 li.“

Im vorgelegten Ambulanzbefund bzw. in einem Befund einer Krankenhausabteilung für Augenheilkunde vom 03.02.2022 steht Folgendes:

„DIAGNOSEN Makuladegeneration, sen. feucht; rechtes Auge (…) Makuladegeneration, sen. trocken; linkes Auge (…)

OPERATION(EN) 03.02.2022 IVOM (EYLEA); rechtes Auge (…)

(…)

SEHSCHÄRFERechtes Auge Linkes AugeFernvisus s.c. 0,3 Fernvisus s.c. FZFernvisus c.c. -4,00 +3,75 178= 0,4 Fernvisus c.c. +1,50+1,50 125=0,1

(…).“

Bezüglich der im Zuge dieses Befundes angeführten Operation vom 03.02.2022 wurde vom Sachverständigen in seinem Gutachten vom 17.08.2022 unter „Anamnese“ auf eine „Katarakt-Operation re. Auge“ Bezug genommen. Bei einem Katarakt bzw. Grauen Star handelt es sich, wie aus einem Internetrechercheergebnis hervorgehend, um eine Trübung der Augenlinse (Grauer Star, Katarakt: Ursachen, Symptome und Operation (augenchirurgie.clinic))

Der Sachverständige hielt bezüglich der von der BF im Zuge ihrer Begutachtung am 17.08.2022 berichteten Beschwerden fest, dass nunmehr das hauptsächliche Problem der BF „in ihrer Sehbeeinträchtigung bei feuchter Makuladegeneration links, trockener Makuladegeneration re., liege, wobei das li. Auge ganz besonders schlecht sei, und sie auch zentrale Sehdefekte habe und dabei bei Fixation kaum Detaileindrücke wahrnehmen könne.

Wie aus dem Ambulanzbefund vom 03.02.2022 jedoch hervorgehend, leidet die BF an einer beidseitigen Makuladegeneration, die nicht links feucht und rechts trocken, sondern umgekehrt rechts feucht und links trocken ist. Die diesbezüglich umgedrehte bzw. unrichtige Angabe im Zuge der im Gutachten vom 17.08.2022 angeführten „derzeitigen Beschwerden“ beruht offenbar auf einem Versehen, wobei darauf hingewiesen wird, dass vom Sachverständigen in weiterer Folge in seinem Gutachten unter dem Ergebnis der Beweisaufnahme bei der Gesundheitsschädigung Nr. 1 dem vorgelegten Ambulanzbefund vom 03.02.2022 folgend die bei der BF vorliegende rechts- und linksseitige Makuladegeneration richtig festgehalten wurde.

Der Sachverständige führte in seinem Gutachten vom 17.08.2022 aus, dass zum Zeitpunkt der Erstellung des Vorgutachtens keine Visusbestimmung vorlag, weshalb diese auch nicht entsprechend gewürdigt werden konnte, und aufgrund nunmehr vorliegender Visusbestimmung die vormalige Gesundheitsschädigung Nr. 3 um zwei Stufen angehoben bzw. führend wurde.

In dem im neuen Gutachten vom 17.08.2022 nicht angeführten dem Verwaltungsakt einliegenden Ambulanzbefund vom 22.09.2021 betreffend eine am 22.09.2021 am rechten Auge der BF durchgeführte Operation wurde keine Visusbestimmung festgehalten, war doch damals keine solche durchgeführt worden.

Dass die Sehbeeinträchtigung der BF, im neuen Gutachten vom 17.08.2022 als „linksbetonte Sehstörung bei Makuladegeneration beidseits (re. feucht, li. trocken) mit Amblyopie links“ bezeichnet, vom Sachverständigen in seinem Gutachten vom 17.08.2022 mit einem Behinderungsgrad von 50 v.H. eingeschätzt wurde, beruht daher auf den nach Erstellung des Vorgutachtens vom 28.12.2021 und einer am 03.02.2022 bei der BF durchgeführten Katarakt-Operation erstellten Ambulanzbefund vom 03.02.2022, welchem zufolge der Fernvisus bei der BF beim rechten Auge 0,4 und beim linken Auge 0,1 beträgt.

Der Sachverständige schätzte die Sehbeeinträchtigung der BF unter Berücksichtigung des eine „Visusbestimmung“ enthaltenden Ambulanzbefundes vom 03.02.2022 mit einem Behinderungsgrad von 50 v.H. und den Gesamtbehinderungsgrad unter Berücksichtigung der höheren Bewertung der Einschätzungen weiterer Gesundheitsschädigungen einschließlich der neu hinzugekommenen neuen Gesundheitsschädigung Nr. 8 um drei Stufen höher als die führende mit 50 v.H. eingeschätzte Gesundheitsschädigung Nr. 1 bzw. um zwei Stufen höher als mit Vorgutachten vom 28.12.2021, somit mit einem Gesamtbehinderungsgrad von insgesamt 80 v.H., ein.

Der Sachverständige hat mit seinen Ausführungen im Gutachten, dass die „Visusangabe 02/22 0,4 re. u. 0,1 li. beträgt“, bzw. „bei erzielbarer Visusleistung von 0,4 u. 0,1 ein fixer Tabellenwert“ vorliegt, eindeutig auf die Visusbestimmung in dem im Gutachten angeführten Ambulanzbefund vom 03.02.2022 Bezug genommen.

Der Behinderungsgrad der nunmehr im Gutachten führenden Gesundheitsschädigung Nr. 1 in Höhe von 50 v.H. besteht seit 03.02.2022, dem Tag, an welchem die BF an ihrem rechten Auge operiert worden und ein Ambulanzbefund mit Visusbestimmung erstellt worden ist, sah der Sachverständige doch diese Visusbestimmung nach Erstellung des Vorgutachtens für die Anhebung der vormals mit 30 v.H. eingeschätzten Sehbeeinträchtigung um zwei Stufen auf einen Behinderungsgrad von 50 v.H. als ausschlaggebend an.

Die Gesundheitsschädigung Nr. 2 „Degenerative Wirbelsäulenveränderungen“ und die Gesundheitsschädigung Nr. 3 „Linksbetonte Schwerhörigkeit“ sind verglichen mit den diesbezüglichen Gesundheitsschädigungen im Vorgutachten gleichgeblieben.

An der Einschätzung des diese Gesundheitsschädigungen betreffenden Behinderungsgrades hat sich gegenüber dem Vorgutachten nichts geändert.

Die vormals im Vorgutachten vom 28.12.2021 auf „Fingergelenksarthrosen“ lautende mit einem Behinderungsgrad von 20 v.H. eingeschätzte Gesundheitsschädigung Nr. 5 wurde vom Sachverständigen in seinem Gutachten vom 17.08.2022 unter der von ihm angeführten Gesundheitsschädigung Nr. 4 als „Degenerative Gelenksveränderungen mit Finger- und Zehengelenkspolyarthrosen“ bezeichnet und entsprechend der erheblichen Einschränkung in der Hantierfähigkeit neben weiteren schmerzhaften Gelenksveränderungen und den deutlichen Fuß- und Zehenbeschwerden um zwei Stufen auf einen Behinderungsgrad von 40 v.H. angehoben.

Bezüglich dieser Beeinträchtigung brachte die BF in ihrer Begutachtung am 17.08.2022 vor, dass sie unter eingeschränkter Hantierfähigkeit und Schmerzen beider Hände, rechts mehr als links leide, wobei sich die Schmerzen bis zur Ellbogenregion hinauf erstrecken und dadurch Greifen und dergleichen beeinträchtigt sei.

Im Gutachten wurde dann im Zuge des Untersuchungsbefundes unter dem Punkt „Obere Extremitäten“ Folgendes ausgeführt:

„(…)

Die Hände selbst sind eher zart angelegt, die Hand- u. Daumenballenmuskulatur deutlich abgeschwächt, deutliche re.betonte Rhizarthrosen mit eingeschränkter Oppositionsfähigkeit u. inkompletten Daumenbeugung, sodass das Kleinfingergrundgelenk nicht erreicht wird; (maximal Mittelfingergrundphalanx).

Li. grundsätzlich ähnliche Problematik im geringeren Ausmaß.

Die Langfinger zeigen deutliche Verplumpungen vor allem im 2. u. 3. Strahl re. betont, vor allem Mittelfingergelenk re. u. moderate Fehlstellungen mit ebenfalls moderat bis mittelgradigen Funktionseinschränkungen in den Mittel- u. Endgelenken vor allem der Finger 2 u. 3 links.

Im gesamten Faustschluss erreichen die Langfingerkuppen li. faktisch allesamt die Handflächen, re. verbleibt 1,5 cm.

(…)

Sensibilitätsstörungen werden nicht angegeben, beklagt werden abermals bei Befragung Schmerzen in den Händen.“

Unter dem Punkt „Untere Extremitäten“ wurde im Gutachten unter anderem Folgendes ausgeführt:

„(…)

RE.betonte Hallux-valgus-Stellung bei Großzehengrundgelenksarthrose mit ausreichender Grundgelenksbeweglichkeit; (…)

PSR bds. nur sehr schwach auslösbar; ASR bei mehreren Versuchen nicht auslösbar, Babinski u. echtes Lasequezeichen neg.; die Sensibilität wird seitengleich weitgehend unauffällig angegeben, aber es wird ein Gefühl angegeben, als ob sie Schienen an den Unterschenkeln-Vorderseiten habe u. sie habe Schmerzen an den Zehen.

(…).“

Im Vorgutachten vom 28.12.2021 wurden unter Gesundheitsschädigung Nr. 5 „Fingergelenksarthrosen“ festgehalten, in dem auch im Gutachten vom 17.08.2022 angeführten hausärztlichen Befund vom 21.01.2022 wurden der BF unter anderem „Fingerpolyarthrosen“ diagnostiziert und im Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 wurden nach einer an demselben Tag durchgeführten Begutachtung der BF unter Gesundheitsschädigung Nr. 4 „Degenerative Gelenksveränderungen mit Finger- und Zehengelenkspolyarthrosen“ festgestellt.

Die BF berichtete bereits in der dem Vorgutachten vorangegangenen Gutachten vom 03.12.2019 zugrundeliegenden Begutachtung am 27.11.2019 von „verschiedenartigen Gelenksschmerzen abwechselnd an allen Körpergelenken“ und davon, dass ihre Fingergelenke schmerzhaft eingeschränkt seien. Dann im Vorgutachten vom 28.12.2021 wurden erstmals „Fingergelenksarthrosen“ als eigene Gesundheitsschädigung festgehalten. Im Vorgutachten vom 28.12.2021 wurde im Zuge des Untersuchungsbefundes unter dem Punkt „Untere Extremität“ zudem unter anderem eine „Hallux valgus-Fehlstellung“ festgehalten, und im neuen Gutachtens vom 17.08.2022 wurde im Zuge des Untersuchungsbefundes unter dem Punkt „Untere Extremitäten“ auf eine „Re.betonte Hallux-valgus-Stellung bei Großzehengrundgelenksarthrose mit ausreichender Grundgelenksbeweglichkeit“ hingewiesen und wurden als Gesundheitsschädigung Nr. 4 „Degenerative Gelenksveränderungen mit Finger- und Zehengelenkspolyarthrosen“ festgehalten.

Die Hausärztin diagnostizierte der BF in ihrem Befund vom 21.01.2022 unter anderem „Fingerpolyarthrosen“, welche im Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 als „Fingergelenkspolyarthrosen“ bezeichnet wurden. „Zehengelenkspolyarthrosen“, wie diese im Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 angeführt sind, sind der BF mit hausärztlichem Befund vom 21.01.2022 nicht diagnostiziert worden.

Zum Zeitpunkt der Erstellung des hausärztlichen Befundes vom 21.01.2022, in welchem „Fingerpolyarthrosen“ festgehalten wurden, ist jedoch bereits eine Steigerung gegenüber den im Vorgutachten festgestellten „Fingergelenksarthrosen“ vorgelegen. Die von der Hausärztin der BF am 21.01.2022 unter anderem diagnostizierten „Fingerpolyarthrosen“ sind bei der im Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 festgehaltenen auf „Degenerative Gelenksveränderungen mit Finger- und Zehengelenkspolyarthrosen“ lautenden Gesundheitsschädigung Nr. 4 mitenthalten.

Bezüglich dieser Gesundheitsschädigung Nr. 4 wurde im Gutachten vom 17.08.2022 näher angeführt:

„Oberster RSW entspricht der rechtsbetonten Funktionseinschränkung, der Hantierfähigkeit durch Veränderungen der Fingergelenke mit deutlichen Rhizarthrosen, multiple Beschwerden an weiteren Gelenken u. ausgeprägte Zehengelenksbeschwerden mit Zehenfehlstellung“.

Diesbezüglich wird darauf hingewiesen, dass im Gutachten im Zuge des Untersuchungsbefundes eine „rechtsbetonte Hallux-valgus-Stellung bei Großzehengrundgelenksarthrose mit ausreichender Grundgelenksbeweglichkeit“ und auf „deutliche rechtsbetonte Rhizarthrosen mit eingeschränkter Oppositionsfähigkeit u. inkompletten Daumenbeugung“ und eine daraus folgende Unerreichbarkeit des Kleinfingergrundgelenks festgehalten wurde.

Bei den vom Sachverständigen angeführten „Rhizarthrosen“ handelt es sich, wie aus einem Internetrechercheergebnis hervorgehend, um Daumensattelgelenksarthrosen (Rhizarthrose - DocCheck Flexikon).

Dem Sachverständigengutachten folgend liegt bei der BF eine „erhebliche Einschränkung in der Hantierfähigkeit durch Veränderungen der Fingergelenke mit deutlichen Rhizarthrosen vor.

Der Sachverständige führte im Gutachten vom 17.08.2022 aus, dass die Gesundheitsschädigung Nr. 4 „entsprechend der doch erheblichen Einschränkung in der Hantierfähigkeit nebst weiteren schmerzhaften Gelenksveränderungen (auch psychogen somatisierend überlagert) und den deutlichen Fuß- bzw. Zehenbeschwerden um 2 Stufen angehoben“ wird.

Da die im Gutachten vom 17.08.2022 festgehaltenen „Fingergelenkspolyarthrosen“, die sich gegenüber der im Vorgutachten angeführten als „Fingergelenksarthrosen“ bezeichneten Gesundheitsschädigung Nr. 4 gesteigert haben, der BF bereits von ihrer Hausärztin am 21.01.2022 „Fingerpolyarthrosen“ diagnostiziert worden sind, wird bereits zum Zeitpunkt des Hausarztbefundes vom 21.01.2022 von einer diesbezüglich erheblichen gegenüber dem Vorgutachten gesteigerten Funktionseinschränkung ausgegangen.

Der Gesundheitsschädigung Nr. 4 betreffende Behinderungsgrad von 40 v.H. besteht somit seit 21.01.2022, dem Zeitpunkt der Erstellung des hausärztlichen Befundes vom 21.01.2022.

Die Behinderung der BF betreffend die Gesundheitsschädigungen Nr. 1 – Nr. 4 besteht somit seit 03.02.2022, dem Tag der Erstellung des Ambulanzbefundes nach einer am 03.02.2022 am rechten Auge der BF durchgeführten Operation und nach einer bei der BF vorgenommenen Visusbestimmung.

Als Gesundheitsschädigung Nr. 5 wurde im Gutachten vom 17.08.2022 eine „Hirnmangeldurchblutung“ angeführt, welche mit einem Behinderungsgrad von 30 v.H. und damit um eine Stufe höher als die im Vorgutachten vom 28.12.2021 als „Hirnaneurysma“ bezeichnete mit einem Behinderungsgrad von 20 v.H. eingeschätzte Gesundheitsschädigung Nr. 4 eingeschätzt wurde.

Im neuen Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 wurde als Begründung für die Positionsnummer und den Rahmensatz der Gesundheitsschädigung Nr. 5 Folgendes angeführt:

„2 Stufen über dem unteren RSW entspricht den milden kognitiven Defiziten bei allgemeiner Gefäßsklerose und Hirnabbauvorgängen, Zustand nach TIA, kleines Hirnaneurysma im Observanz, koordinative Defizite.“

Im Gutachten vom 17.08.2022 wurden somit gegenüber dem Vorgutachten „kognitive Defizite“ festgehalten und wurde als Begründung für die Anhebung des diesbezüglichen Behinderungsgrades um eine Stufe von 20 v.H. auf 30 v.H. angeführt, dass in der neuen Gesundheitsschädigung Nr. 5 „die cerebrale Abbausymptomatik miterfasst wird“.

Mit der „cerebralen Abbausymptomatik“ hat der Sachverständige auf eine das Großhirn der BF betreffende Abbausymptomatik Bezug genommen. Unter Gesundheitsschädigung Nr. 5 wurde vom Sachverständigen neben den, den kognitiven Defiziten zugrundeliegenden „Hirnabbauvorgängen“ auch eine diesen kognitiven Defiziten zugrundeliegende allgemeine Gefäßsklerose hingewiesen.

Der Sachverständige führte im Gutachten vom 17.08.2022 aus, dass in der neuen Gesundheitsschädigung Nr. 5 die cerebrale Abbausymptomatik miterfasst ist, weshalb diese Position um eine Stufe angehoben wurde.

Während zum Zeitpunkt der Erstellung des Vorgutachtens von der damaligen Sachverständigen „aktuell keine erheblichen neurologischen Defizite“ erfasst wurden, hielt der Sachverständige in seinem Gutachten vom 17.08.2022 mit einer allgemeinen Gefäßsklerose und Hirnabbauvorgängen zusammenhängende (milde) kognitive Defizite fest. Diese kognitiven Einschränkungen sah der Sachverständige im Gutachten vom 17.08.2022 altersbedingt als gegeben an.

Darauf hingewiesen wird an dieser Stelle darauf, dass unter „Anamnese“ im Gutachten vom 17.08.2022 unter anderem festgehalten wurde:

„(..) Hirnaneurysma ohne Hinweis auf Progression u. Zustand nach TIA vor ca. 3 Jahren mit damals aufgetretenen Wortfindungsstörungen.“

Bei der erwähnten „TIA“ (transitorischen ischämischen Attacke) handelt es sich um eine zeitweilige in der Regel weniger als eine Stunde dauernde Störung der Funktion des Gehirns, da seine Blutversorgung vorübergehend unterbrochen ist. Eine TIA entsteht durch eine Unterversorgung bestimmter Hirnareale mit Sauerstoff (Ischämie). (Transitorische ischämische Attacke - DocCheck Flexikon)

Unter der „Zusammenfassung relevanter Befunde“ im Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 wurde ein wie folgt beschriebener Befund festgehalten:

„2021 Radiologie: Zeichen von mittelgradig chron. ischämischer Leukencephalopathie mit fleckigen bis flächig konfluierenden Marklagerläsionen in beiden Großhirnhemisphären ohne rezenter Ischämie, normale Liquorräume. keine intracranielle Raumforderung, unverändertes teilthrombosiertes 4 bis 5mm großes Aneurysma im P2-Segment der re. ACP.“

Im Vorgutachten vom 28.12.2021 wurde im Zuge einer „Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe) unter anderem Folgendes festgehalten:

„Dr. (…) vom 09.08.2021: Zeichen der mittelgradigen chronisch ischämischen Leukenzephalopathie mit fleckigen, bis flächig konfluierenden Marklagerläsionen in beiden Großhirnhemisphären. Keine rezenten ischämischen Veränderungen. 2. Altersentsprechende Darstellung der Liquorräume, keine Liquorabflussstörung. 3. Keine intracranielle Raumforderung. 4. Unauffällige hintere Schädelgrube. 5. Unverändert das teilthrombosierte 4 bis 5 mm große Aneurysma im P2-Segment der rechten ACP.

Dr. (..) vom 22.09.2021: Zeichen der mittelgradigen chronisch ischämischen Leukenzephalopathie mit fleckigen, bis flächig konfluierenden Marklagerläsionen in beiden Großhirnhemisphären. Keine rezenten ischämischen Veränderungen. 2. Altersentsprechende Darstellung der Liquorräume, keine Liquorabflussstörung. 3. Keine intracranielle Raumforderung. 4. Unauffällige hintere Schädelgrube. 5. Unverändert das teilthrombosierte 4 bis 5 mm große Aneurysma im P2-Segment der rechten ACP.“

Bei Durchschau des vorliegenden Verwaltungsaktes fand sich der bereits im Vorgutachten angeführte Radiologische Befund vom 09.08.2021. Der im Vorgutachten auch angeführte Befund vom 22.09.2021, welcher angeblich von demselben Radiologen wie der Befund vom 09.08.2021 erstellt worden ist, war im Akt der belangten Behörde jedoch nicht auffindbar. Stattdessen enthält der Verwaltungsakt einen Ambulanzbefund vom 22.09.2021, der aufgrund einer Operation am rechten Auge der BF erstellt worden ist. Da dieser eine Sehbeeinträchtigung der BF betreffende Befund vom 22.09.2021 im Vorgutachten nicht angeführt war und unter dem im Vorgutachten angeführten Befund vom 22.09.2021 das Befundergebnis des Radiologischen Befundes vom 09.08.2021 aufscheint, war diesbezüglich von einem Versehen und davon auszugehen, dass mit dem Befund vom 22.09.2021 nicht ein neuerlicher Radiologischer Befund gemeint war, sondern stattdessen der Augenambulanzbefund vom 22.09.2021 erwähnt werden wollte.

Der Radiologische Befund vom 09.08.2021 wurde nach einer „MR des Gehirnschädels sowie MR-Angiographie“ erstellt und auch vom Sachverständigen im neuen Gutachten vom 17.08.2022 angeführt. Ein neuer neurologische bzw. kognitive Defizite betreffender Befund wurde nicht vorgelegt und vom Sachverständigen in seinem Gutachten vom 17.08.2022 auch nicht angeführt.

Sowohl im Vorgutachten als auch im nunmehrigen Gutachten vom 17.08.2022 wurde betreffend etwaige neurologische bzw. kognitive Defizite der BF somit nur der vorgelegte Radiologische Befund vom 09.08.2021 berücksichtigt.

Im Vorgutachten wurde die Gesundheitsschädigung Nr. 4 als „Hirnaneurysma“ bezeichnet und als Begründung für deren Positionsnummer und Rahmensatz Folgendes angeführt:

„eine Stufe über dem unteren Richtsatzwert, da aktuell keine erheblichen neurologischen Defizite fassbar sind, in der bildgebenden Diagnostik kein Hinweis auf Progression besteht, unter Berücksichtigung des Zustandes nach TIA mit der Erfordernis regelmäßiger fachärztlicher Kontrollen und der T –ASS – Therapie.“

Im Zuge des Untersuchungsbefundes im Vorgutachten vom 28.12.2021 wurde unter dem „Status Psychicus“ unter anderem „keine mnestischen oder kognitiven Einbußen“ angeführt.

Demnach haben somit zum Zeitpunkt der Erstellung des Vorgutachtens keine „mnestischen oder kognitiven“ Einschränkungen und damit keine „Erinnerung, Gedächtnis“ bzw. „Wahrnehmen, Denken, Erkennen“ betreffende Einschränkungen bestanden.

Die Rechtsvertretung der BF nahm im Zuge des Verfahrens vor der belangten Behörde zum Ergebnis der Beweisaufnahme bzw. zum Gutachten vom 28.12.2021 Stellung und brachte im Schreiben vom 22.02.2022 unter anderem Folgendes vor:

„(…) Meine Sehleistung verschlechtert sich immer weiter, wodurch alltägliche Verrichtungen beeinträchtig sind. Überdies verstärkt die Makuladegeneration beidseits die Sehschwäche zusätzlich. Ich kann nicht mehr lesen, erkenne bekannte Personen nicht mehr und das Gesichtsfeld ist eingeschränkt. Anzeigetafeln oder Fahrpläne können nicht gelesen werden. Zudem ist das Aus- und Einsteigen, die notwendig werdende Fortbewegung, die Sitzplatzsuche sowie ein sicherer Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln schon aufgrund der Sehbeeinträchtigung nicht möglich. (…).“

Mit dem Vorbringen im Zuge dieser Stellungnahme, die BF erkenne bekannte Personen nicht mehr, wurde nicht nur auf eine rein visuelle Wahrnehmungseinschränkung, sondern auch auf eine Einschränkung der neurovisuellen Wahrnehmungsfunktion der BF und damit auf ein kognitives Defizit hingewiesen. Auch mit der in der Stellungnahme angeführten Gesichtsfeldeinschränkung wurde auf eine bestimmte bei der BF bestehende neurovisuelle Einschränkung hingewiesen. Diese Gesichtsfeldeinschränkung besteht bei der BF nach einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA) bzw. einer bei der BF bestandenen zeitweiligen Blutversorgungsunterbrechung im Gehirn, welche die BF, wie im Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 angeführt, einmal „vor ca. 3 Jahren mit damals aufgetretenen Wortfindungsstörungen“ hatte.

Aus diesem Schreiben vom 22.02.2022 geht eindeutig hervor, dass bereits zum Zeitpunkt der schriftlichen Stellungnahme die vom Sachverständigen in seinem Gutachten angeführten (milden) kognitiven Defizite bestanden haben. Diese schriftliche Stellungnahme vom 22.02.2022 erging nach Erstellung des Ambulanzbefundes vom 03.02.2022.

In diesem Befund vom 03.02.2022 wurde auf eine Operation am 03.02.2022, eine beidseitige Makuladegeneration und unter „Anamnese und derzeitige Beschwerden“ Folgendes festgehalten:

„(…) gibt an seit langem intermittierende flimmerSkotome zu haben, für ca. 30 min, danach Kopfschmerzen.“

Wie aus einem Internetrechercheergebnis ersichtlich wird ein meist peripher beginnender Gesichtsfeldausfall (Skotom) mit visuellen Sensationen wie Flimmern oder Blitzen als Flimmerskotom bezeichnet (Flimmerskotom - DocCheck Flexikon).

Wie aus dem Befund vom 03.02.2022 hervorgehend ist es bei der BF immer wieder zu einem Flimmern und zu einem beginnenden Gesichtsfeldausfall gekommen.

Im Gutachten vom 17.08.2022 wurde zudem ein „Zustand nach TIA vor ca. 3 Jahren mit damals aufgetretenen Wortfindungsstörungen“ festgehalten.

Wie aus dem „Ärztlichen Befundbericht“ vom 09.10.2020 hervorgehend, berichtete die BF bereits während ihrer Untersuchung am 09.10.2020 dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie von einer zunehmenden Einschränkung ihrer Gedächtnisleistung, von Merkfähigkeitsstörungen und Orientierungsstörungen. Die BF berichtete dann in ihrer Begutachtung am 27.11.2019, immer mehr zu vergessen.

Sie hat dann in ihrer Begutachtung vom 27.12.2021 angegeben: „Wenn ich mich nach unten beuge, sehe ich „fliegende Kugerl“.

Daraus ist ersichtlich, dass bei der BF bereits vor dem Zeitpunkt der Erstellung des Ambulanzbefundes am 03.02.2022 neurovisuelle Einschränkungen bzw. kognitive Defizite bestanden haben.

Sowohl im Vorgutachten vom 28.12.2021 als auch im neuen Gutachten vom 17.08.2022 wurde unter dem Punkt „Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel“ unter anderem das Medikament „Cerebokan 80 mg (…)“ festgehalten.

Wie aus einem Internetrechercheergebnis ersichtlich, werden „Cerebokan 80 mg - Filmtabletten angewendet zur symptomatischen Behandlung von hirnorganisch bedingten geistigen Leistungseinbußen im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptes bei dementiellen Syndromen mit der Leitsymptomatik: Gedächtnisstörungen, Konzentrationsstörungen, depressive Verstimmung, Schwindel, Kopfschmerzen. (AT_SPC_Cerebokan-80-mg-FTA_2014-02.pdf (schwabe.at)).

Die BF nahm diese ihr verschriebenen Tabletten regelmäßig zur Behandlung ihrer Beschwerden bei fortschreitender Abnahme der geistigen Fähigkeiten (dementielles Syndrom) ein, bereits zum Zeitpunkt ihrer Begutachtung am 27.12.2021, und, wie aus dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt bzw. dem Inhalt des dem Vorgutachten vorangegangenen Gutachten vom 03.12.2019 hervorgehend, sogar bereits zum Zeitpunkt ihrer Begutachtung am 27.11.2019.

Der Sachverständige schätzte in seinem Gutachten vom 17.08.2022 die Gesundheitsschädigung Nr. 5 unter Miterfassung der cerebralen Abbausymptomatik bzw. der „Hirnabbauvorgänge“ bzw. des bei der BF insgesamt vorliegenden altersbedingten senilen Abbaus mit einem Behinderungsgrad von 30 v.H. ein. Damit liegt ein diese Gesundheitsschädigung betreffender um eine Stufe höherer Behinderungsgrad als mit Vorgutachten vor. Zum Zeitpunkt der Begutachtung am 27.12.2021 und sogar zum Zeitpunkt ihrer Antragsstellung vom 25.10.2021 haben bei der BF jedoch bereits „milde kognitive Defizite“ und Hirnabbauvorgänge bestanden, „milde kognitive Defizite“, wie aus einem dem Verwaltungsakt einliegenden im Vorgutachten angeführten fachärztlichen Befund vom 09.10.2020 hervorgehend, und Hirnabbauvorgänge, wie aus der bereits zum Zeitpunkt ihrer im Alter von 80 Jahre erfolgten Begutachtung am 27.12.2019 bestandenen Medikation der BF mit einem Medikament zur symptomatischen Behandlung des in Richtung Demenz gehenden Verlustes ihrer geistigen Fähigkeiten ersichtlich.

Diese cerebrale Abbausymptomatik wurde im Vorgutachten vom 28.12.2021, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt bereits bestanden hat, nicht mitberücksichtigt. Erst bei der Gesundheitsschädigung Nr. 5 im neuen Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 hat der Sachverständige die cerebrale Abbausymptomatik „miterfasst“ bzw. mitberücksichtigt.

Die Gesundheitsschädigung Nr. 5 betreffende Behinderung der BF besteht daher unter Berücksichtigung, dass im neuen Gutachten vom 17.08.2022 bei der Gesundheitsschädigung Nr. 5 die cerebrale Abbausymptomatik miterfasst wurde, nicht erst seit Begutachtung bzw. Gutachtenserstellung am 17.08.2022, sondern bereits seit einem früheren Zeitpunkt, und der die im Gutachten vom 17.08.2022 angeführten Gesundheitsschädigungen Nr. 1 – Nr. 5 umfassende Behinderungszustand seit 03.02.2022, dem Zeitpunkt der Erstellung des Ambulanzbefundes vom 03.02.2022, in welchem sowohl auf eine bei der BF bestehende vom Sachverständigen führend angenommene Sehstörung als auch mit dem darin angeführten bei der BF immer wieder auftretenden beginnenden Gesichtsfeldausfall auf neurovisuelle Einschränkungen bzw. kognitive Defizite Bezug genommen wurde.

Der Sachverständige hielt in seinem Gutachten vom 17.08.2022 als Gesundheitsschädigung Nr. 6 ein „Polyneuropathie-Syndrom“ fest und führte begründend für deren Positionsnummer und Rahmensatz Folgendes an:

„2 Stufen über dem unteren RSW entspricht den angegebenen Sensibilitätsstörungen mit koordinativen Defiziten, sowie Schmerzen.“

Die im Vorgutachten mit einem Behinderungsgrad von 20 v.H. eingeschätzte Gesundheitsschädigung Nr. 6 wurde im Gutachten vom 17.08.2022 „entsprechend der aktuellen Begutachtung und auch entsprechend der präsentierten Beschwerdesymptomatik um eine Stufe angehoben“ und mit einem Behinderungsgrad von 30 v.H. eingeschätzt.

Diesbezüglich wird angeführt, dass der Sachverständige im Zuge der „Zusammenfassung relevanter Befunde“ unter anderem folgende Befunde und Folgendes angeführt hat:

„(…)

10/20 Neurologin: Beginnende exonal distal symmetrische Polyneuropathie derzeit unbekannter Ursache, mild cognitive Impairment.

(…)

Hausärztl. Diagnosen-Leistung 21.1.22 Dr. (…):

(…) distal symmetrische Polyneuropathie UE bds., (…).“Im Gutachten vom 17.08.2022 wurde diesbezüglich nach Begutachtung der BF unter „derzeitige Beschwerden“ Folgendes angeführt:

„(…)

Weiters sei eine periphere Polyneuropathie mit Sensibilitätsstörungen bekannt, welche bis zur Knieregion reichen würden u. sie das Gefühl habe, als ob die Beine eingegipst seien; auf beiden Seiten sei die Großzehe mit den beiden Nachbarzehen faktisch taub. (…).“

Der Sachverständige hielt in seinem Gutachten im Zuge des Untersuchungsbefundes unter dem Punkt „Untere Extremitäten“ unter anderem fest, dass eine „lokale (Haut-) Schmerzüberempfindlichkeit im Bereich des re. Kniegelenkes außenseitig (geringer auch links)“ besteht, und die Sensibilität seitengleich weitgehend unauffällig angegeben wird, aber ein Gefühl angegeben wird, als ob die BF Schienen an den Unterschenkeln-Vorderseiten habe, „u. sie habe Schmerzen an den Zehen“.

Der Sachverständige hielt bezüglich dieser Gesundheitsschädigung Nr. 6 fest, dass diese „entsprechend der aktuellen Begutachtung und auch „entsprechend der präsentierten Beschwerdesymptomatik“ um eine Stufe angehoben wird“, sieht die diesbezügliche Höhereinstufung jedoch nicht erst zum Begutachtungszeitpunkt am 17.08.2022, sondern gemäß der von der BF im Zuge ihrer Begutachtung „präsentierten Beschwerdesymptomatik“ bereits zu einem früheren Zeitpunkt als gerechtfertigt an, was daraus hervorging, dass im Gutachten unter „derzeitige Beschwerden“ davon berichtet wurde, dass „eine periphere Polyneuropathie mit Sensibilitätsstörungen bekannt sei“, „welche bis zur Knieregion reichen würden“ u. wobei die BF das Gefühl habe, als ob die Beine eingegipst seien.

Im Vorgutachten vom 28.12.2021 wurde eine „Polyneuropathie“ als Gesundheitsschädigung Nr. 6 festgehalten und diese mit einem Behinderungsgrad von 20 v.H. eingeschätzt.

Als Begründung für die Positionsnummer und den Rahmensatz der im Vorgutachten festgehaltenen Gesundheitsschädigung Nr. 6 „Polyneuropathie“ wurde im Vorgutachten Folgendes angeführt:

„eine Stufe über dem unteren Richtsatzwert, da ohne nachweisliche Therapie unter Berücksichtigung des vorgelegten fachärztlichen Befundes“

Mit dem im Vorgutachten angeführten diesbezüglich vorgelegten fachärztlichen Befund war der von der damaligen Sachverständigen im Vorgutachten festgehaltene fachärztliche Befund vom 09.10.2020 gemeint. Von diesem Befund wurde im Vorgutachten festgehalten:

„beg. Axonale distal symmetrische Polyneuropathie derzeit unbekannter Ursache, mild cognitive impairment“

Im „Ärztlichen Befundbericht“ vom 09.10.2020 wurde von einem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Folgendes festgehalten:

„(…)

Die Patientin berichtet über Missempfindungen an beiden Fußsohlen seit ca. 3 Monaten. Sie habe das Gefühl, sie würde auf Beton gehen, zudem meine sie, sie habe immer wieder kalte Füße, wenn sie diese berühre, seien diese aber warm. (…) Bereits vor 3 Jahren wurde eine NLG der UE durchgeführt, damals kein Hinweis auf eine Polyneuropathie, die damals empfohlene Medikation mit Lyrika wurde nicht genommen.

(…).“

Die von der BF bei ihrer Begutachtung am 17.08.2022 berichteten „Missempfindungen“ bzw. Sensibilitätsstörungen haben bei der BF somit bereits zum Zeitpunkt ihrer fachärztlichen Untersuchung am 09.10.2020 bestanden, wies die BF bei ihrer Begutachtung am 17.08.2022 doch auf eine bekannte periphere Polyneuropathie mit Sensibilitätsstörungen und damit indirekt auf ihre bereits gegenüber einem Neurologen im Oktober 2020 berichteten und von diesem in einem Befund festgehaltenen Missempfindungen hin. Im Gutachten vom 17.08.2022 wurde der neurologischer Befund von Oktober 2020 mitberücksichtigt und diesbezüglich festgehalten: „Beginnende axonal distal symmetrische Polyneureopathie derzeit unbekannter Ursache, mild cognitive Impairment“.

Bei diesem Befund vom 09.10.2020 handelt es sich um einen „Ärztlichen Befundbericht“ bzw. Befund eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie und nicht, wie im Gutachten vom 17.08.2022 offenbar versehentlich angeführt, einer Neurologin, fand doch, wie aus dem Befund vom 09.10.2020 hervorgehend nur eine Überweisung von einer Ärztin an den Neurologen statt, welcher dann am 09.10.2020 die Untersuchung vorgenommen hat.

Soweit der Sachverständige in seinem Gutachten vom 17.08.2022 begründend für die Positionsnummer und den Rahmensatz der Gesundheitsschädigung Nr. 6 festhielt, dass „2 Stufen über dem unteren RSW den angegebenen Sensibilitätsstörungen mit koordinativen Defiziten, sowie Schmerzen entspricht“, geht daraus in Zusammenschau mit dem übrigen Gutachtensinhalt hervor, dass der Sachverständige seine gegenüber dem Vorgutachten vorgenommene Höherbewertung dieser Gesundheitsschädigung auf die von der BF bei ihrer Begutachtung am 17.08.2022 wie bei ihrer fachärztlichen Untersuchung am 09.10.2020 „angegebenen“ Sensibilitätsstörungen bzw. Missempfindungen stützte und diese um eine Stufe höher bewertete als die Sachverständige im Vorgutachten vom 28.12.2021.

In Gesamtbetrachtung war daher auf jeden Fall davon auszugehen, dass der zum Zeitpunkt der Begutachtung am 17.08.2022 bestandene Behinderungszustand betreffend Gesundheitsschädigung Nr. 6 dem zum Zeitpunkt der Untersuchung der BF am 09.10.2020 bestandenen diesbezüglichen Behinderungszustand entspricht.

Der Sachverständige wollte somit in seinem Gutachten vom 17.08.2022 mit seiner Ausführung, dass die Gesundheitsschädigung Nr. 6 „entsprechend der aktuellen Begutachtung“ und auch entsprechend der präsentierten Beschwerdesymptomatik um eine Stufe angehoben wird, nur bekanntgeben, dass er aufgrund der von der BF in der „aktuellen Begutachtung“ angegebenen bzw. präsentierten Beschwerdesymptomatik die Anhebung des Behinderungsgrades der Gesundheitsschädigung Nr. 6 um eine Stufe als gerechtfertigt ansieht.

Auch der die Gesundheitsschädigungen Nr. 1 – 6 umfassende Behinderungszustand besteht unter Berücksichtigung des Ambulanzbefundes vom 03.02.2022, welcher die führende Gesundheitsschädigung betrifft, und unter Berücksichtigung, dass keine der im Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 vorgenommenen Höherbewertung auf einen zeitlich nach dem Ambulanzbefund vom 03.02.2022 liegenden Befund beruht, somit seit 03.02.2022.

Folglich wird darauf hingewiesen, dass die im Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 angeführte Gesundheitsschädigung Nr. 7 – „Vegetativer Erschöpfungszustand mit depressiver Verstimmung und Somatisierungsneigung“ unverändert geblieben ist und wie die im Vorgutachten als „Vegetativer Erschöpfungszustand“ bezeichnete Gesundheitsschädigung Nr. 7 mit einem Behinderungsgrad von 20 v.H. eingeschätzt wurde.

Neu wurde im Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 die Gesundheitsschädigung Nr. 8 – „Teilweise Stuhl- und Harninkontinenz“ festgehalten und diese mit einem Behinderungsgrad von 30 v.H. eingeschätzt. Als Begründung für deren Positionsnummer und Rahmensatz hielt der Sachverständige Folgendes fest:

„2 Stufen über dem unteren RSW entspricht der beschriebenen Symptomatik mit Verwendung von Vorlagen und dem imperativen Stuhldrang postprandial.“

Darauf hingewiesen wird, dass im Gutachten bezüglich der von der BF im Zuge ihrer Begutachtung am 17.08.2022 angegebenen „derzeitigen Beschwerden“ Folgendes festgehalten wurde:

„(…) Sie habe Probleme sowohl den Harn wie auch den Stuhl zu halten, müsse faktisch immer nach einer Nahrungsaufnahme 15 min. später die Toilette aufsuchen; die von ihr beschriebene Inkontinenz werde mit Einlagen bzw. Vorlagen versorgt. Eine Ursache für diese Problematik sei bisher nicht gefunden worden; zuletzt seien auch noch Hämorrhoiden diagnostiziert worden. (…).“

Im Gutachten vom 17.08.2022 wurde unter anderem ein urologischer Befund vom 21.04.2022 mit folgendem Befundinhalt angeführt: „Kontrolle, teilweise Harn- u. Stuhlinkontinenz, Zystokopie unauffällig, als Diagnosen rezidivierender Harnwegsinfekt, Stuhl- und Harninkontinenz.“

Wörtlich wurde im urologischen Befund vom 21.04.2022 Folgendes angeführt:

„Anamnese

Pat. kommt zur Kontrolle, teilweise Harn- und Stuhlinkontinenz

(…)

Diagnosen

rez. HWI, Stuhl- und Harninkontinenz

(…).“

Bereits im Zuge der schriftlichen Stellungnahme der Rechtsvertretung der BF zum Ergebnis der Beweisaufnahme vom 22.02.2022 wurde auf eine Harn- und Stuhlinkontinenz hingewiesen, und zwar nach der Anführung anderer gesundheitlicher Beeinträchtigungen mit folgenden Worten:

„Darüber hinaus besteht eine Stuhl- und Harninkontinenz mit Einlagenversorgung. Es kommt häufig zu unregelmäßigen und unvorhersehbaren Stuhlgängen. (…).“

Dieser Stellungnahme vom 22.02.2022 ist wiederum ein hausärztlicher Befund vom 21.01.2022 vorangegangen. Die Hausärztin der BF hat der BF im Befund vom 21.01.2022 unter anderem eine „Stuhl- und Harninkontinenz“ diagnostiziert.

Nachdem der BF dies mit Befund vom 21.01.2022 diagnostiziert und seitens ihrer Rechtsvertretung in der Stellungnahme vom 22.02.2022 von einer Stuhl- und Harninkontinenz mit Einlagenversorgung und häufigen unregelmäßigen und unvorhersehbaren Stuhlgängen berichtet worden war, ist die BF am 20.04.2022 zu einem Urologen zu einer „Kontrolle“ bzw. zu einer Kontrolluntersuchung gekommen und ist der BF folglich mit fachärztlichem Befundbericht vom 21.04.2022 ein rezidivierender Harnwegsinfekt und Stuhl- und Harninkontinenz diagnostiziert worden. Die vom Urologen der BF mit Befund vom 21.04.2022 diagnostizierte Stuhl- und Harninkontinenz hat somit bereits zum Zeitpunkt der hausärztlichen Befundung am 21.01.2022 bestanden. Die bereits von der Hausärztin der BF am 21.01.2022 gestellte Diagnose „Stuhl- und Harninkontinenz“ wurde nach der Kontrolluntersuchung durch den Urologen, einen dafür geeigneten Facharzt, mit Befund vom 21.04.2022 nur bestätigt.

Da unter Zugrundelegung dieses urologischen Befundes vom 21.04.2022 im Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 als neue Gesundheitsschädigung Nr. 8 eine mit einem Behinderungsgrad von 30 v.H. eingeschätzte bereits unter der Anamnese im urologischen Befund vom 21.04.2022 angeführte „Teilweise Stuhl- und Harninkontinenz“ festgehalten wurde und diese Diagnose im fachärztlichen Befund vom 21.04.2022 auf der mit hausärztlichem Befund vom 21.01.2022 gestellten Diagnose „Stuhl- und Harninkontinenz“ fußt, wird von einer bereits zum Zeitpunkt der hausärztlichen Befunderstellung am 21.01.2022 vorgelegenen „Teilweisen Stuhl- und Harninkontinenz“ ausgegangen, wie sie vom Sachverständigen in seinem Gutachten vom 17.08.2022 als neue Gesundheitsschädigung Nr. 8 angeführt wurde.

Die die Gesundheitsschädigung Nr. 8 betreffende Behinderung besteht somit bereits zumindest seit 21.01.2022, dem Tag der hausärztlichen Befundung der BF.

Der die Gesundheitsschädigungen Nr. 1 – Nr. 8 umfassende Behinderungszustand besteht unter Berücksichtigung des Ambulanzbefundes vom 03.02.2022, auf welchem die gegenüber dem Vorgutachten vorgenommene Höherbewertung der im Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 führenden Gesundheitsschädigung Nr. 1 beruht, somit seit 03.02.2022, dem Zeitpunkt der Erstellung dieses Befundes vom 03.02.2022.

Folglich konnte festgestellt werden, dass der Gesamtbehinderungsgrad der BF in Höhe von 80 v.H. seit 03.02.2022 besteht.

Hinsichtlich Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel hielt der Sachverständige in seinem Gutachten am 17.08.2022 Folgendes fest:

„Zur Mobilität:

Es findet sich bei der BW eine kombinierte Behinderungsproblematik mit Einschränkungen in mehreren Organsystemen bei deutlichem Altersabbau im Senium mit führender deutlicher Visusminderung, mit Einschränkungen der Hantierfähigkeit selbst und auch der zielgerichteten Greiffähigkeit, mit chron. WS-Beschwerden und Funktionseinschränkungen, überlagert durch neurologische Funktionseinschränkungen über fehlgesteuerte Bewegungsabläufe, teils durch Hirnmangeldurchblutung, teils durch periphere Polyneuropathie.

Erschwerend findet sich eine Schwerhörigkeit, eine deutliche psychische Belastungsminderung und auch eine Teilinkontinenz für Stuhl und Harn.

Berücksichtigt man das Zusammenwirken aller dieser Punkte, zeigen sich deutliche Einschränkungen in der Stand- und Gangsicherheit, in der Orientierung im Raum und in der Anpassungsfähigkeit bei wechselnden Verhältnissen in einem öffentlichen Verkehrsmittel, weshalb eine ausreichend sichere Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr gewährleistet erscheint.

Es besteht keine schwere Erkrankung des Immunsystems, keine hochgradige Sehbehinderung oder Blindheit bzw. Taubblindheit.

Angesichts des Alters ist tendenziell eher eine Verschlechterung anzunehmen.“

Es wurde von einem „Dauerzustand“ ausgegangen.

Hinsichtlich der vom Sachverständigen angeführten eingeschränkten Hantierfähigkeit wird im Folgenden der vom Sachverständigen im Zuge seines Untersuchungsbefundes festgehaltene Zustand der Oberen Extremitäten der BF wiedergegeben:

„Obere Extremitäten

Im Geradstand weiterhin deutlicher Schultertiefstand re. mit Re-Seitneigung des Kopfes u. leichter Re-Rotation. Der Trapeziusrand li. daher deutlich prominenter hervortretend.

(…)

Der Faustschluss ist weitgehend zielgerichtet (visuelle Problematik) durchführbar, moderate inkonstante aber annähernd gleichmäßige Grobkraftentfaltung.

Die Hände selbst sind eher zart angelegt, die Hand- u. Daumenballenmuskulatur deutlich abgeschwächt, deutlich re.betonte Rhizarthrosen mit eingeschränkter Oppositionsfähigkeit u. inkompletten Daumenbeugung, sodass das Kleinfingergrundgelenk nicht erreicht wird; (maximal Mittelfingergrundphalanx).

Li. grundsätzlich ähnliche Problematik im geringeren Ausmaß.

Die Langfinger zeigen deutliche Verplumpungen vor allem im 2. U. 3. Strahl re.betont, vor allem Mittelfingergelenk re. u. moderate Fehlstellungen mit ebenfalls moderat bis mittelgradigen Funktionseinschränkungen in den Mittel- u. Endgelenken vor allem der Finger 2 u. 3 links.

Im gesamten Faustschluss erreichen die Langfingerkuppen li. faktisch allsamt die Handflächen, re. verbleibt 1,5 cm.

(…)

Sensibilitätsstörungen werden nicht angegeben, beklagt werden abermals bei Befragung Schmerzen in den Händen.“

Auf die vom Sachverständigen in seinem Gutachten im Zuge des Untersuchungsbefundes festgestellten Funktionseinschränkungen und Sensibilitätsstörungen an den Unteren Extremitäten wurde bereits vorhin in der Beweiswürdigung näher eingegangen.

Darauf hingewiesen wird zudem, dass der Sachverständige in seinem Gutachten im Zuge des Untersuchungsbefundes zu „Gangmobilität – Gangbild“ – der BF Folgendes ausführte:

„Im Geradstand deutlich breitbeinige Fußfehlstellung mit deutlicher Fehlhaltung des Rumpfes im Sinne einer Re-Rotation (re. Schulter steht vor der li) u. einer li. konvexen Seitverkrümmung.

Keine augenscheinliche konstante Entlastungstendenz eines Beines.

Der Einbeinstand ist bds. trotz Anhalten faktisch nicht durchführbar, Durchführungen meistens eher im Sinne eines Vorstreckens des Fußes mit nur geringer Beugung des Knies im Stand- und Spielbein (einigermaßen kompensiert), Zehenballenstand im Ansatz mit Abbruch unter Verweis von Zehenschmerzen; Fersengang am Ansatz mit Unsicherheit.

Die Hocke wird als richtige Hocke eher nur ¼ durchgeführt, dann vor allem der Oberkörper nach vorgeneigt u. nach untern hängend gehalten.

Das vorgezeigte Barfußgangbild zeigt sich fast asthetotisch anmutend mit Schlendern der Arme, mit leichter Rotationstendenz im Schultergürtel u. asymmetrischer Schrittabfolge.

Mit Schuhwerk zeigt sich das Gangbild insbesondere im Nicht-US-Mosus, hierzu viel besser, flüssiger nicht wie fast marionettenhaft erscheinend in der direkten Testung, jedoch etwas breitbeinig u. mit leichter Unsicherheit eher im Sinne einer ataktischen Bewegungsstörung vergesellschaftet.

(…)

Zusätzlich fällt auf, dass die Sehstörung offensichtlich die Orientierung im Raum doch wesentlich beeinträchtigt – die BW wird von mir in den 3. Stock im Lift begleitet u. dann auf den Handdesinfektionsspender hingewiesen, den sie jedoch aus einer Entfernung von 5 Meter nicht erkennt, weiter auf meine Anweisung gerade vorgeht u. dann auch ca. 1 ½ bis 2 Meter re. davon ihn nicht bemerkt u. erst direkt hingewiesen wird um dann diesen erst aus einer Entfernung von weniger als einem Meter zu erkennen.

Wiederholt wird angeführt, dass sie ohne ihren Sohn nie zur US gefunden hätte.“

Das Gangbild der BF zeigte sich bei ihrer Begutachtung am 17.08.2022 mit Schuhwerk „etwas breitbeinig und mit leichter Unsicherheit im Sinne einer ataktischen Bewegungsstörung“.

Wie im Zuge des Untersuchungsbefundes vom Sachverständigen zudem festgestellt, ist der Einbeinstand beidseitig trotz Anhalten faktisch nicht durchführbar und kann dieser meistens eher im Sinne eines Vorstreckens des Fußes mit nur geringer Beugung des Knies im Stand- und Spielbein durchgeführt werden, und liegt eine die Orientierung im Raum wesentlich beeinträchtigende Sehstörung vor.

Die Begründung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch den Sachverständigen ist schlüssig bzw. nachvollziehbar, berücksichtigt man, dass der BF auf beiden Seiten ein Einbeinstand auch bei Anhalten faktisch nicht möglich ist, sie Schmerzen in den Händen und Zehen hat, mit Schuhen ein etwas breitbeiniges Gangbild mit leichter Unsicherheit im Sinne einer ataktischen Bewegungsstörung zeigt, bei ihr auch Einschränkungen der Hantierfähigkeit und der zielgerichteten Greiffähigkeit vorliegen, und ihre Sehstörung offensichtlich die Orientierung im Raum wesentlich beeinträchtigt.

Aufgrund der bei der BF vorliegenden erheblichen Funktionseinschränkungen bzw. deutlichen Einschränkungen in der Stand- und Gangsicherheit, in der Orientierung im Raum und in der Anpassungsfähigkeit bei wechselnden Verhältnissen in einem öffentlichen Verkehrsmittel ist der BF „eine ausreichend sichere Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel“ nicht mehr möglich.

Der nunmehr bereits 83 Jahre alten BF, die an erheblichen Funktionseinschränkungen mit einer erheblichen Sehbeeinträchtigung als führender Gesundheitsschädigung leidet, ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bzw. ein sicherer Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln somit nicht möglich bzw. nicht zumutbar.

Da die BF durch ihre Rechtsvertretung zum Ergebnis der Beweisaufnahme keine Einwendungen erhoben hat, konnte das ihr vorgehaltene Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 mit einem festgestellten Gesamtbehinderungsgrad von 80 v.H. und der Feststellung einer im gegenständlichen Fall nicht mehr gewährleistet erscheinenden ausreichend sicheren Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 BBG genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 BBG anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit .).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

3.2. Zu A):

3.2.1. Gegenständlich relevante Bestimmungen des BBG lauten wie folgt:

„§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.(…).

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(…).“

Im gegenständlichen Fall erhob die BF durch ihre Rechtsvertretung sowohl gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 02.03.2022, mit dem ihr Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gem. §§ 42 und 45 BBG abgewiesen wurde, als auch gegen den Behindertenpass vom 07.03.2022 mit der darin getroffenen Feststellung eines Gesamtbehinderungsgrades von 60 v.H. und ohne die von der BF beantragte Zusatzeintragung Beschwerde.

Gemäß § 45 Abs. 2 S. 2 BBG kommt dem Behindertenpass vom 07.03.2022 Bescheidcharakter zu.

Es wurde im gegenständlichen Fall daher gegen die Bescheide der belangen Behörde vom 02.03.2022 und 07.03.2022 Beschwerde erhoben.

Gemäß § 1 Abs. 4 Z. 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, idF BGBl. II Nr. 263/2016, ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z. 1 lit. b oder d vorliegen.

3.2.2. Im gegenständlichen Fall konnte dem seitens des BVwG eingeholten für schlüssig bzw. nachvollziehbar gehaltenen Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 gefolgt werden.

Der Sachverständige hob aufgrund einer nach der Erstellung des Vorgutachtens vorgenommenen Visusbestimmung die im Vorgutachten mit 30 v.H. eingeschätzte Sehbeeinträchtigung der BF auf einen Behinderungsgrad von 50 v.H. an und die in seinem Gutachten führende als „Linksseitige Sehstörung bei Makuladegeneration beidseits mit Amblyopie links“ bezeichnete Gesundheitsschädigung Nr. 1 aufgrund seiner gegenüber dem Vorgutachten weiteren Höherbewertung der Einschätzung des Behinderungsgrades der Gesundheitsschädigungen Nr. 4, 5 und 6 sowie der von ihm erstmals berücksichtigten „Harn- und Stuhlinkontinenz“ der BF um weitere drei Stufen auf einen Gesamtbehinderungsgrad von 80 v.H. an, mit der zusammengefassten Begründung, dass die Gesamtheit der Funktionseinschränkungen weitgehend im Sinne eines senilen Abbaues zu bewerten ist.

Es war folglich der Beschwerde gegen den Behindertenpass vom 07.03.2022 mit einem darin festgestellten Behinderungsgrad von 60 v.H. stattzugeben und festzustellen, dass der Gesamtbehinderungsgrad der BF von 80 v.H. seit 03.02.2022 besteht, wobei darauf hingewiesen wird, dass es sich beim Datum „03.02.2022“ um den Tag der Ambulanzbefunderstellung nach einer rechtsseitigen Augenoperation und einer Visusbestimmung handelt, bzw. um den Tag, an welchem nicht nur der im Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 beschriebene die Gesundheitsschädigung Nr. 1 betreffende Behinderungszustand bestand, sondern auch alle übrigen Gesundheitsschädigungen der BF einschließlich der vom Sachverständigen gegenüber dem Vorgutachten in seinem Gutachten höher bewerteten Gesundheitsschädigungen Nr. 4, 5 und 6 („Degenerative Gelenksveränderungen mit Finger- und Zehengelenkspolyarthrosen“, „Hirnmangeldurchblutung“ und „Polyneuropathie-Syndrom“) und einschließlich der von ihm in seinem Gutachten erstmals berücksichtigten Gesundheitsschädigung Nr. 8 („Teilweise Harn- und Stuhlinkontinenz“).

3.2.3. Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013, mwN).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt es entscheidend auf die Art und Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände wie die Entfernung zwischen der Wohnung und der nächstgelegenen Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel (vgl. VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0030).

Dem für schlüssig bzw. nachvollziehbar gehaltenen von der BF unbestritten gebliebenen Sachverständigengutachten vom 17.08.2022 folgend ist der nunmehr 83 Jahre alten BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar, erscheint doch im gegenständlichen Fall „eine ausreichend sichere Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr gewährleistet“, berücksichtigt man die deutlichen Einschränkungen der BF in der Stand- und Gangsicherheit, in der Orientierung im Raum und in der Anpassungsfähigkeit bei wechselnden Verhältnissen in einem öffentlichen Verkehrsmittel.

Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass liegen somit vor.

Es war somit der Beschwerde der BF betreffend die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass stattzugeben und festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass vorliegen.3.2.4 . Absehen von einer Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der EGMR hat etwa in seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt vor dem Hintergrund des vorliegenden, von der BF unbestritten gebliebenen als schlüssig bzw. nachvollziehbar erachteten Sachverständigengutachtens vom 17.08.2022 geklärt, weshalb von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

3.3. Zu B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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