AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W255.2258807.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.07.2022, Zl. 1285939406-211431875, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.10.2022, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe :
1. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 28.09.2021 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Am 30.09.2021 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. Dabei gab der BF zu seinem Fluchtgrund befragt an, dass er Syrien wegen dem dort herrschenden Krieg verlassen habe. Außerdem sei er von einem Scharfschützen am linken Knie angeschossen worden.
1.3. Am 09.03.2022 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA). Dabei brachte er unter anderem vor, dass er im Krieg angeschossen worden sei. Er habe an Demonstrationen teilgenommen und sei auch verletzt bzw. angeschossen worden. Er sei in einem staatlichen Krankenhaus behandelt worden, weshalb sein Name dem syrischen Regime bekannt sei. Auch sein Bruder sei verschwunden. Dieser sei im Jahr 2014 bei einem Checkpoint der syrischen Regierung mitgenommen worden. Der BF sei von seiner Herkunftsprovinz zunächst nach XXXX übersiedelt. Dort sei die Sicherheitslage sehr schlecht und für ihn und seine Familie gefährlich gewesen. Deshalb habe er Syrien wegen dem Krieg bzw. der fehlenden Sicherheit verlassen.
1.4. Das BFA wies den Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 13.07.2022, Zl. 1285939406-211431875, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Es erkannte dem BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt III.).
1.5. Gegen den unter Punkt 1.4. genannten Bescheid richtet sich die vom BF fristgerecht erhobene Beschwerde.
1.6. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 29.08.2022 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
1.7. Mit Schreiben vom 30.09.2022 beantragte der BF die zeugenschaftliche Einvernahme seines namentlich genannten Cousins zum Beweis dafür, dass der BF in Syrien an Demonstrationen teilgenommen habe.
1.8. Mit Schreiben vom 04.10.2022 gab der BF bekannt, dass er am XXXX an einer Demonstration in XXXX gegen das syrische Regime teilgenommen habe. Es seien Fotos aufgenommen worden und ergebe sich daraus die hohe Wahrscheinlichkeit, dass die exilpolitischen Aktivitäten des BF dem syrischen Regime bekannt geworden seien. In der Teilnahme des BF an der Demonstration würde sich seine oppositionelle Gesinnung manifestieren. Weiters wurde vorgebracht, dass zwei Cousins des BF der Status des Asylberechtigten in Österreich zuerkannt worden sei, weshalb der BF als gefährdeter Familienangehöriger gelte.
1.9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 06.10.2022 in Anwesenheit des BF und seiner Rechtsvertreterin sowie eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Im Zuge der Verhandlung wurde ein in Österreich lebender Cousin des BF als Zeuge einvernommen.
2. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des vom BF erhobenen Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung sowie der Einvernahme des BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des im Spruch genannten Bescheides des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 06.10.2022, der Länderberichte zu Syrien sowie der Einsichtnahme in die seitens des Bundesverwaltungsgerichts bzw. des BFA zu den GZ W227 2139822-1 bzw. GZ 1049920808-150036075 geführten Asylverfahren (betreffend XXXX und XXXX , beide Cousins des BF), das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
2.1. Zur Person des BF:
2.1.1. Der BF führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX .
2.1.2. Der BF ist syrischer Staatsangehöriger, sunnitischer Muslim und der Volksgruppe der Araber zugehörig. Die Muttersprache des BF ist Arabisch.
2.1.3. Der BF wurde im Ort XXXX , in der Provinz XXXX , nahe von XXXX , geboren und ist dort gemeinsam mit seinen Eltern, einem Bruder und vier Schwestern aufgewachsen. Der BF hat acht Jahre die Schule besucht und als Taxifahrer gearbeitet.
2.1.4. Der BF hat von Herbst 2000 bis März 2003 den Militärdienst in Syrien als einfacher Soldat abgeleistet und im Zuge dessen die normale Grundausbildung absolviert. Der BF hat abgesehen von der Grundausbildung keine spezielle Ausbildung beim Militär absolviert.
2.1.5. Der BF ist seit XXXX mit der syrischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , verheiratet. Der Ehe entstammen drei Kinder ( XXXX , geb. XXXX , in XXXX , XXXX , geb. XXXX , in XXXX , und XXXX , geb. XXXX , in XXXX ).
2.1.6. Der BF hat von seiner Geburt bis 2016/2017 in XXXX gelebt. Im Jahr 2016/2017 übersiedelte der BF gemeinsam mit seiner Ehegattin und seinen Kindern in den Ort XXXX , in der Provinz XXXX . Dort blieb der BF bis zu seiner Ausreise aus Syrien im September 2021.
2.1.7. Der Vater des BF ist eines natürlichen Todes verstorben. Die Mutter, die Ehegattin und die drei Kinder des BF leben in XXXX , Syrien. Der BF steht in regelmäßigem Kontakt mit ihnen.
2.1.8. Drei Schwestern des BF und sein Bruder leben in XXXX , Syrien. Eine Schwester des BF lebt in der Türkei. Die in Syrien lebenden Familienangehörigen bzw. Verwandten des BF (Mutter, Ehegattin, drei Kinder, drei Schwestern und ein Bruder) wurden in Syrien nie bedroht oder verfolgt.
2.1.9. Der BF hat Syrien im September 2021 verlassen und nach unrechtmäßiger Einreise in Österreich am 28.09.2021 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Das BFA wies diesen Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 13.07.2022, Zl. 1285939406-211431875, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Das BFA erkannte dem BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt III.). Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des BFA richtet sich die vom BF fristgerecht erhobene Beschwerde.
2.1.10. Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
2.2. Zu den Fluchtgründen des BF:
2.2.1. Der BF konnte nicht glaubhaft machen, in Syrien je an einer Demonstration teilgenommen zu haben und deswegen einer konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein oder im Falle der Rückkehr nach Syrien ausgesetzt zu sein.
2.2.2. Der BF verfügt über deutliche sichtbare Narben am linken Knie. Der BF konnte nicht glaubhaft machen, dass diese Narben darauf zurückzuführen sind, dass er im Zuge einer Demonstrationsteilnahme gegen das syrische Regime von Vertretern des syrischen Regimes angeschossen wurde.
2.2.3. Der BF hat nach Ableistung seines Militärdienstes im März 2003 nie wieder einen Einberufungsbefehl oder eine sonstige vergleichbare Aufforderung, als Reservist einzuziehen, erhalten. Er konnte nicht glaubhaft machen, dass ihm tatsächlich mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr droht, im Falle der Rückkehr nach Syrien als Reservist von der syrischen Armee einberufen zu werden. Der BF hat während der Ableistung seines Militärdienstes weder einen besonderen Rang oder eine besondere Position innegehabt noch eine besondere Ausbildung erhalten, welche ihn für eine abermalige Einberufung zum Militär in seinem Alter eignen würde.
2.2.4. Dem BF droht keine konkrete Gefahr, durch andere Gruppierungen als die syrische Armee zwangsrekrutiert zu werden.
2.2.5. In XXXX hat am XXXX eine Demonstration gegen das syrische Regime stattgefunden. Der BF hat diese Demonstration aus mehreren Metern Abstand beobachtet, jedoch nicht daran teilgenommen. Der BF konnte nicht glaubhaft machen, in Österreich je aktiv an einer Demonstration gegen das syrische Regime teilgenommen zu haben und deswegen einer konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein oder im Falle der Rückkehr nach Syrien ausgesetzt zu sein.
2.2.6. In Österreich leben zwei Cousins des BF ( XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX ), die Syrien im Jahr 2015 verlassen und im Jahr 2015 in Österreich Anträge auf internationalen Schutz gestellt haben. Beiden wurde jeweils der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem BF im Falle der Rückkehr nach Syrien aufgrund der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an diese beiden Cousins in Österreich eine konkret gegen ihn gerichtete Verfolgung drohen würde.
2.2.7. Der BF konnte auch sonst nicht glaubhaft machen, durch das syrische Regime als oppositionell eingestuft zu werden. Dem BF droht in Syrien nicht aufgrund seiner illegalen Ausreise und der Asylantragstellung in Österreich eine konkret gegen ihn gerichtete Verfolgung.
2.2.8. Der BF war in Syrien noch nie einer konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder sozialen Gruppe ausgesetzt und wäre im Falle der Rückkehr nach Syrien keiner konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder sozialen Gruppe ausgesetzt.
2.2.9. Der BF wurde in seinem Herkunftsstaat niemals inhaftiert und hatte mit den Behörden seines Herkunftsstaates weder auf Grund seiner Rasse, Nationalität, seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme. Der BF war nie politisch tätig und gehörte nie einer politischen Partei an. Es gibt insgesamt keinen stichhaltigen Hinweis, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Syrien einer Verfolgung ausgesetzt wäre.
2.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Aufgrund der im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des BF getroffen:
2.3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation mit Stand vom 10.08.2022:
2.3.1.1. Politische Lage
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 25.2.2019). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Obwohl das Regime oft als alawitisch und als Beschützer anderer religiöser Minderheiten bezeichnet wird, stellt die Regierung kein wirkliches Instrument für die politischen Interessen der Minderheiten dar (FH 3.4.2020).
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Baʿath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen ("Shabiha"). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die syrische Verfassung sieht die Baʿath-Partei als die regierende Partei vor und stellt sicher, dass sie die Mehrheit in allen Regierungsgremien und Vereinigungen der Bevölkerung wie Arbeiter- und Frauenorganisationen hat (USDOS 12.4.2022). Die Verfassungsreform von 2012 lockerte die Regelungen bezüglich der politischen Partizipation anderer Parteien. In der Praxis unterhält die Regierung jedoch noch immer einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat zur Überwachung von Oppositionsbewegungen, die sich zu ernst zu nehmenden Konkurrenten der Regierung Assads entwickeln könnten (FH 4.3.2020). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch Verfassung und bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich. Durch diese Entwicklungen der letzten Jahre sind die Schutzmöglichkeiten des Individuums vor staatlicher Gewalt und Willkür – welche immer schon begrenzt waren – weiterhin deutlich verringert worden (AA 29.11.2021).
Ausländische Akteure wie Russland, der Iran und die libanesische schiitische Miliz Hizbullah üben aufgrund ihrer Beteiligung am Krieg und ihrer materiellen Unterstützung für die Regierung ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den vom Regime kontrollierten Gebieten aus (FH 4.3.2020).
2.3.1.2. Gebietskontrolle
Durch massive syrische und russische Luftangriffe und das Eingreifen Irans bzw. durch Iran unterstützter Milizen hat das syrische Regime mittlerweile alle Landesteile außer Teile des Nordwestens, Nordens und Nordostens von der bewaffneten Opposition zurückerobert. Die Anzahl der Kampfhandlungen ist nach Rückeroberung weiter Landesteile zurückgegangen, jedoch besteht die Absicht des syrischen Regimes, das gesamte Staatsgebiet zurückerobern und "terroristische" Kräfte vernichten zu wollen, unverändert fort. Trotz der großen Gebietsgewinne durch das Regime besteht die Fragmentierung des Landes in Gebiete, in denen die territoriale Kontrolle von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt wird, fort. Dies gilt insbesondere für den Nordwesten und Nordosten des Landes (AA 4.12.2020). [Anm.: Nähere Informationen finden sich im Kapitel "Sicherheitslage".] Die Präsenz ausländischer Streitkräfte, die ihren politischen Willen geltend machen, untergräbt weiterhin die staatliche Souveränität, und Zusammenstöße zwischen bewaffneten regimefreundlichen Gruppen deuten darauf hin, dass die Regierung nicht in der Lage ist, die Akteure vor Ort zu kontrollieren. Darüber hinaus hat eine aufstrebende Klasse wohlhabender Kriegsprofiteure begonnen, ihren wirtschaftlichen Einfluss und den Einfluss von ihnen finanzierter Milizen zu nutzen, und innerhalb der staatlichen Strukturen nach legitimen Positionen zu streben (BS 29.4.2020). Das Regime hat zwei Lehren aus dem Konflikt gezogen: Widerspruch mit allen Mitteln niederzuschlagen und verschiedene Akteure gegeneinander auszuspielen, um an der Macht zu bleiben. Aber diese Taktik bringt nicht wirkliche Stabilität oder Sicherheit. Ein permanenter Kampf um ein Minimum an Kontrolle inmitten eines sich verschlechternden sozioökonomischen Umfelds, in dem seine Souveränität von internen und externen Akteuren infrage gestellt wird, ist die Folge (BS 23.2.2022).
Extremistische Rebellengruppierungen, darunter vor allem Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS), haben die Vorherrschaft in Idlib (BS 29.4.2020). Die dortigen Lokalräte werden von bewaffneten Gruppen beherrscht oder von diesen umgangen (BS 23.2.2022).
Der sogenannte Islamische Staat (IS) wurde im März 2019 aus seinem Gebiet in Syrien zurückgedrängt, nachdem kurdische Kräfte seine letzte Hochburg erobert hatten (FH 4.3.2020). Im Nordosten aber auch in anderen Teilen des Landes verlegt sich der IS verstärkt auf Methoden der asymmetrischen Kriegsführung. Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021).
2.3.1.3. Sicherheitslage
Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Dynamiken, wie durch die letzte türkischen Offensive im Nordosten ausgelöst, verlässliche grundsätzliche Aussagen respektive die Einschätzung von Trends schwierig machen. Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB 1.10.2021).
Die folgende Karte zeigt Kontroll- und Einflussgebiete unterschiedlicher Akteure in Syrien mit Stand 5.8.2022 [Anm.: zu verbleibenden Rückzugsgebieten des IS siehe Abschnitte zu den Regionen]:
Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018b). Mitte des Jahres 2016 kontrollierte die syrische Regierung nur ca. ein Drittel des syrischen Staatsgebietes, inklusive der "wichtigsten" Städte im Westen, in denen der Großteil der Syrer lebt (Reuters 13.4.2016). Militärisch kontrolliert das syrische Regime den Großteil des Landes mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die andauernde und massive militärische Unterstützung durch die russische Luftwaffe und Einheiten des Irans bzw. durch Iran unterstützte Milizen einschließlich Hisbollah, der bewaffnete oppositionelle Kräfte wenig entgegensetzen können. Die Streitkräfte des Regimes selbst sind mit Ausnahme einiger Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben. Das Kampfgeschehen konzentriert sich insbesondere auf den Nordwesten (Gouvernements Idlib sowie Teile von Lattakia, Hama und Aleppo) sowie im Berichtszeitraum auch auf den Südwesten des Landes (Gouvernement Dara’a) (AA 29.11.2021). Das Wiederaufflammen der Kämpfe und die Rückkehr der Gewalt in den letzten Monaten geben laut UNHRC (UN Human Rights Council) jedoch Anlass zur Sorge. Kämpfe und Gewalt nahmen sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021). Türkische Militäroperationen gegen die PKK umfassten auch gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze. Am 2.2.2022 fand eine Luftwaffenoperation mit simultanen Angriffen auf die syrische Stadt Derik sowie die Gebiete Sinjar und Makhmour im Irak statt (ICG 2.2022).
Mittlerweile leben 66 % der Bevölkerung wieder in den von der Regierung kontrollierten Territorien (ÖB 1.10.2021). Mehr als zwei Drittel der im Land verbliebenen Bevölkerung lebt in Gebieten unter Kontrolle des syrischen Regimes. Auch wenn die militärische Rückeroberung des gesamten Staatsgebietes erklärtes Ziel des Regimes bleibt, zeichnet sich eine Rückeroberung weiterer Landesteile durch das Regime derzeit nicht ab. Im Nordwesten des Landes werden Teile der Gouvernements Lattakia, Idlib und Aleppo durch die von den Vereinten Nationen als Terrororganisation eingestufte Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) sowie Türkei-nahe bewaffnete Gruppierungen kontrolliert. Die Gebiete im Norden und Nordosten entlang der Grenze zur Türkei stehen in Teilen unter Kontrolle der Türkei und ihr nahestehender bewaffneter Gruppierungen in Teilen unter Kontrolle der kurdisch dominierten Syrian Democratic Forces (SDF), punktuell auch des syrischen Regimes. Auch in formal vom Regime kontrollierten Gebieten sind die Machtverhältnisse mitunter komplex, die tatsächliche Kontrolle liegt häufig bei lokalen bewaffneten Akteuren (AA 29.11.2021).
Human Rights Watch kategorisiert einige Angriffe des syrisch-russischen Bündnisses als Kriegsverbrechen, die auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen könnten. In Idlib mit seinen über drei Milllionen Zivilbevölkerung kommt es trotz eines wackeligen Waffenstillstandes demnach weiterhin zu verbotenen Angriffen durch das Bündnis. Auch die von den USA angeführte Koalition gegen des Islamischen Staat (IS) verletzte internationales Recht durch unterschiedslose Luftschläge in Nordostsyrien, welche zivile Todesopfer und Zerstörung verursachten (HRW 13.1.2022).
Die Konfliktintensität hat weiter abgenommen; die Sicherheitslage stellt sich jedoch nach wie vor volatil und instabil dar. Dies trifft auch auf die von der Regierung kontrollierten Gebiete zu (ÖB 1.10.2021). Auch in Landesteilen, in denen Kampfhandlungen mittlerweile abgenommen haben, besteht weiterhin ein hohes Risiko, Opfer von Gewalt und Übergriffen zu werden (AA 29.11.2021).
In weiten Teilen des Landeseine besteht eine dauerhafte und anhaltende Bedrohung durch Kampfmittel. Laut der CoI gab es in Afrin und Ra's al-'Ayn zwischen Juli 2020 und Juni 2021 zahlreiche Sicherheitsvorfälle durch Sprengkörper und Sprengfallen (u.a. IEDs), die häufig an belebten Orten detonieren und bei denen mindestens 243 Zivilisten ums Leben kamen. Laut dem UN Humanitarian Needs Overview von 2020 sind in Syrien 11,5 Mio. Menschen der Gefahr durch Minen und Fundmunition ausgesetzt. 43 % der besiedelten Gebiete Syriens gelten als kontaminiert. Ca. 25 % der dokumentierten Opfer durch Minenexplosionen waren Kinder. UNMAS (United Nations Mine Action Service) hat insgesamt bislang mehr als 12.000 Opfer erfasst. Die Großstädte Aleppo, Raqqa, Homs, Dara‘a und Deir ez-Zor sowie zahlreiche Vororte von Damaskus sind hiervon nach wie vor besonders stark betroffen. Erhebliche Teile dieser Städte sind auch mittel- bis langfristig nicht bewohnbar. Bei einem Drittel der besonders betroffenen Gebiete handelt es sich um landwirtschaftliche Flächen. Dies hat auch gravierende Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion, die nicht nur die Nahrungs-, sondern auch die Lebensgrundlage für die in den ländlichen Teilen Syriens lebenden Menschen darstellt. Trotz eines Memorandum of Understanding zwischen der zuständigen UNMAS und Syrien behindert das Regime durch Restriktionen, Nicht-Erteilung notwendiger Visa und Vorgaben weiterhin die Arbeit von UNMAS sowie zahlreicher, auf Minenaufklärung und -Räumung spezialisierter internationaler NGOs in unter seiner Kontrolle befindlichen Gebieten (AA 29.11.2021).
Der sogenannte Islamische Staat (IS) kontrollierte im Sommer 2014 große Teile Syriens und des Irak (FAZ 10.3.2019). Ende März 2019 wurde mit Baghouz die letzte Bastion des IS von den oppositionellen Syrian Democratic Forces (SDF) erobert (DZ 24.3.2019). Im Oktober 2019 wurde der Gründer und Anführer des IS, Abu Bakr Al-Baghdadi, bei einem U.S.-Spezialkräfteeinsatz in Nordwest-Syrien getötet (AA 19.5.2020). Sein Nachfolger Abu Ibrahim al-Hashimi al-Qurayshi starb mutmaßlich durch Selbstsprengung bei einem US-Angriff auf ihn in Syrien. Sein Nachfolger ist Abu Hassan al-Hashemi al-Quraishi (DS 10.3.2022). Der IS ist zwar zerschlagen, verfügt aber noch immer über militärische Einheiten, die sich in den Wüstengebieten Syriens und des Irak versteckt halten (DZ 24.3.2019), und ist im Untergrund aktiv (AA 4.12.2020). Nach dem Verlust der territorialen Kontrolle verlagerte der IS seine Strategie hin zu aufständischen Methoden, wie gezielte Angriffe, u.a. Autobomben, Überfälle, und Attentate (DIS 29.6.2020). Generell nimmt die Präsenz des IS in Syrien wieder zu, auch in Landesteilen unter Regimekontrolle. IS-Anschläge blieben auch im Jahr 2021 auf konstant hohem Niveau. Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt weiterhin im Nordosten des Landes. Seit Anfang 2020 hat der IS Anschläge in fast allen Landesteilen durchgeführt und ist weiterhin grundsätzlich in der Lage, dies landesweit zu tun. Es sind zudem Berichte über zunehmende Anschläge in Regimegebieten, insbesondere der zentralsyrischen Wüsten- und Bergregion, in Hama und Homs, bekannt geworden. Mehrere Tausend IS-Kämpfer sowie deren Angehörige befinden sich in Gefängnissen und Lagern in Nordostsyrien in Gewahrsam der SDF. Der IS verfügt jedoch weiter über Rückzugsgebiete im syrisch-irakischen Grenzgebiet sowie in Zentralsyrien, bleibt damit als asymmetrischer Akteur präsent, baut Untergrundstrukturen aus und erreicht damit sogar erneut temporäre und punktuelle Gebietskontrolle (AA 29.11.2021). Der IS ist im Regimegebiet stärker, weil die syrische Armee weniger kompetent bei Anti-Terror-Operationen auftritt als die SDF. Deshalb zieht es der IS laut Fabrice Balanche vor, im Regimegebiet zu agieren. Der Schätzung des "Institute for the Study of War" zufolge verfügt der IS über bis zu 15.000 Kämpfer in Syrien und dem Irak. Der Organisation gelingt es, eine neue Generation zu rekrutieren, die frustriert ist, ohne Hoffnung, ohne Zukunft und ohne Arbeit (Zenith 11.2.2022).
Mitte 2020 gehörten zu den Zielpersonen des IS vor allem lokale Behörden und Personen, die mit den Behörden, Kräften und Gruppen, die gegen den IS kämpfen, zusammenarbeiten oder als mit ihnen kooperierend wahrgenommen werden (DIS 29.6.2020). Der IS profitierte von einem Sicherheitsvakuum, das dadurch entstand, dass die verschiedenen militärischen Kräfte ihre Aktivitäten aufgrund der COVID-19-Pandemie reduzierten (USDOS 30.3.2021).
Die NGO Syrian Network for Human Rights (SNHR) versucht die Zahlen ziviler Todesopfer zu erfassen. Getötete Kämpfer werden in dem Bericht nicht berücksichtigt, außer in der Zahl der aufgrund von Folter getöteten Personen, welche Zivilisten wie auch Kämpfer berücksichtigt. Betont wird außerdem, dass die Organisation in vielen Fällen Vorkommnisse nicht dokumentieren konnte, besonders im Fall von "Massakern", bei denen Städte und Dörfer komplett abgeriegelt wurden. Die hohe Zahl solcher Berichte lässt darauf schließen, dass die eigentlichen Zahlen ziviler Opfer weit höher als die unten angegebenen sind. Zudem sind die Möglichkeiten zur Dokumentation von zivilen Opfern auch von der jeweiligen Konfliktpartei, die ein Gebiet kontrolliert, abhängig (SNHR 1.1.2020; vgl. SNHR 1.1.2021).
2.3.1.4. Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien
Mit großer militärischer Unterstützung der russischen Luftwaffe und iranischer Bodentruppen hat das Assad-Regime mittlerweile etwa zwei Drittel des Landes wieder unter seine Kontrolle gebracht (KAS 8.2020; vgl. ÖB 1.10.2021). Im März 2021 kontrollierte die Regierung den größten Teil des Landes, darunter die Großstädte Damaskus, Aleppo, Homs und Hama sowie fast alle Hauptstädte der Gouvernements/Provinzen (ISW 26.4.2021). Ausländische Akteure und regierungstreue Milizen üben erheblichen Einfluss auf Teile des Gebiets aus, das nominell unter der Kontrolle der Regierung steht (AM 23.2.2021; vgl. SWP 3.2020, FP 15.3.2021, EUI 13.3.2020). Die zivilen Behörden haben nur begrenzten Einfluss auf ausländische militärische oder paramilitärische Organisationen, die in Syrien operieren, darunter russische Streitkräfte, die libanesische Hizbollah, die iranischen Revolutionswächter (IRGC) und regierungsnahe Milizen wie die National Defence Force (NDF), deren Mitglieder zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen haben (USDOS 12.4.2022). Auch in formal vom Regime kontrollierten Gebieten sind die Machtverhältnisse mitunter komplex. Die tatsächliche Kontrolle liegt häufig bei lokalen bewaffneten Akteuren. Für alle Gebiete gilt weiter, dass eine pauschale Lagebeurteilung nicht möglich ist. Auch innerhalb einzelner Regionen unterscheidet sich die Lage von Ort zu Ort und von Betroffenen zu Betroffenen (AA 29.11.2021).
Die Sicherheitslage zwischen militärischer Situation und Menschenrechtslage
Die Regierung ist nicht in der Lage, alle von ihr kontrollierten Gebiete zu verwalten und bedient sich verschiedener Milizen, um einige Gebiete und Kontrollpunkte in Aleppo, Lattakia, Tartus, Hama, Homs und Deir ez-Zour zu kontrollieren (DIS/DRC 2.2019). Gebiete in denen es viele Demonstrationen oder Rebellenaktivitäten gab, wie Ost-Ghouta, Damaskus oder Homs, werden nun auch verstärkt durch die Geheimdienste überwacht (Üngör 15.12.2021). Unabhängig von militärischen Entwicklungen kam es im Berichtszeitraum laut Vereinten Nationen und Menschenrechtsorganisationen zu massiven Menschenrechtsverletzungen durch verschiedene Akteure in allen Landesteilen, insbesondere auch in Gebieten unter Kontrolle des Regimes (AA 29.11.2021). Dazu gehören Verschwindenlassen, Entführungen und willkürliche Verhaftungen durch Sicherheitsdienste oder Milizen (AA 19.5.2020; vgl. UNHRC 14.8.2020). Regierungsnahe Milizen sind zwar nominell loyal gegenüber dem Regime, können aber die Bevölkerung in den von ihnen kontrollierten Gebieten oft frei ausbeuten (FH 16.9.2021). In ehemals vom IS kontrollierten Gebieten im Gouvernement Deir ez-Zour sollen sich Milizen an Kriminalität und Erpressung von Zivilisten beteiligt haben (AM 21.12.2020; vgl. ICG 13.2.2020). In Gebieten wie Daraʿa, der Stadt Deir ez-Zour und Teilen von Aleppo und Homs sind Rückkehrer mit ihre Macht missbrauchenden regimetreuen Milizen, Sicherheitsproblemen wie Angriffen des sogenannten IS, mit schweren Zerstörungen oder einer Kombination aus allen drei Faktoren konfrontiert (ICG 13.2.2020). Seit Anfang 2020 hat der IS Anschläge in fast allen Landesteilen durchgeführt und ist weiterhin grundsätzlich in der Lage, dies landesweit zu tun (AA 29.11.2021; Anm.: siehe dazu auch Abschnitt "Provinz Deir ez-Zour / Syrisch-Irakisches Grenzgebiet").
Gleichzeitig stellt sich im Zentralraum, insbesondere in den größeren Städten und deren Einzugsgebieten wie Damaskus, Aleppo (allerdings nicht im Umland von Aleppo), Homs und Hama, die (militärische) Sicherheitslage als relativ stabil dar. Im Osten der Provinz Homs ist der IS aktiv; es kommt immer wieder zu Anschlägen und Überfällen auf Einheiten/Konvois der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021). Der Westen des Landes, insbesondere Tartus und Lattakia, war im Verlauf des Konflikts vergleichsweise weniger von aktiven Kampfhandlungen betroffen (AA 19.5.2020; vgl. ÖB 1.10.2021). Im Hinterland von Lattakia kommt es immer wieder zu einem Übergreifen des Konflikts von Idlib aus (ÖB 1.10.2021). Die Streitkräfte des Regimes sind mit Ausnahme einiger Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben. Trotz des absoluten Rückgangs der Anzahl von Kampfhandlungen in Folge der Rückeroberung weiter Landesteile ist nicht von einer nachhaltigen Befriedung des Landes auszugehen (AA 29.11.2021).
Anfang des Jahres 2020 kam es in Damaskus und Damaskus-Umland zu wiederholten Anschlägen, bei denen bestimmte Personen (Zivilisten oder Militärpersonal) mittels Autobomben ins Visier genommen wurden (TSO 10.3.2020) und auch 2021 wurde von gelegentlichen Anschlägen berichtet (COAR 25.10.2021). Darunter war z.B. die Bombenexplosion eines Militärbusses am 20.10.2022 in einem dicht besiedelten Gebiet von Damaskus, bei welcher 14 Personen getötet wurden (HRW 13.1.2022).
Aktuell ist die russische Präsenz entgegen vorangegangener Spekulationen wegen des Ukraine-Kriegs weiterhin stark. Russland bemüht sich sogar dies durch Militäraktionen gegen den IS und gegen die von den USA geführte "International Coalition" zu demonstrieren. In Reaktion auf die türkische Androhung einer Offensive verstärkte Russland seine Präsenz im Nordosten. Parallel dazu betont die russische Führung ihre Unterstützung der Souveränität der syrischen Regierung über das gesamte Staatsgebiet Syriens - auch als Reaktion auf türkische Drohungen und regelmäßige israelische Luftschläge. Im Zuge von Gesprächen über ein eventuelles Abkommen zwischen Syrien und Russland wurde die Kooperation auch in den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Soziales und Technik verstärkt. Auch nehmen scheinbar russische Wirtschaftsaktivitäten in Syrien zu, und zwar als Folge des iranischen Versuchs, die vermeintlich hauptsächliche Beschäftigung Russlands mit der Ukraine auszunützen (CC 5.8.2022). Rund 25 km von der Hafenstadt Lattakia entfernt liegt die russische Luftwaffenbasis Hmeymim [Khmeimim]. Russland verfügt außerdem über ein umfangreiches Marinekontingent, das im syrischen Hafen Tartus stationiert ist und die russischen Luft- und Bodenoperationen im Land unterstützt (RFE/RL 14.9.2021; vgl. JP 7.12.2021).
Israel führt immer wieder Luftangriffe auf Militärstützpunkte, die (auch) von den iranischen Revolutionsgarden und verbündeten Milizen genützt werden, durch. Die Luftangriffe wurden 2020 zunehmend auf Ziele in ganz Syrien ausgeweitet (ÖB 1.10.2021; vgl. AA 4.12.2020, UNHCR 14.8.2020). Im November 2021 wurde von zwei israelischen Angriffen auf Ziele in der Umgebung von Damaskus berichtet (NPA 3.11.2021). Im Dezember 2021 führte Israel zwei Luftschläge auf den Hafen von Lattakia durch, welche mutmaßlich Warenlager von Iran-nahen Milizen zum Ziel hatten und erhebliche Sachschäden verursachten (Times of Israel 28.12.2021; vgl. MEE 7.12.2021). Der Hafen von Latakia ist der wichtigste Hafen der syrischen Regierung (MEE 7.12.2021). Über ihn wird ein Großteil der syrischen Importe in das vom Krieg zerrüttete Land gebracht (Times of Israel 28.12.2021). Seit Beginn 2022 kam es zu israelischen Angriffen u.a. auf den Flughafen von Damaskus, wo sowohl zivile wie militärische Landebahnen getroffen wurden (JP 11.6.2022). Auch gab es am 5.7.2022 z.B. nahe der Stadt Tartous einen israelischen Angriff auf Luftabwehrsysteme (nach syrischer Darstellung Hühnerfarmen) (JP 5.7.2022). Israel hat bisher hunderte Luftschläge zugegeben, welche u.a. das Ziel haben, eine Verfestigung der iranischen Militärpräsenz in Syrien zu verhindern. Infolgedessen war der Iran laut israelischer Einschätzung zu 70% des Jahres 2021 nicht in der Lage, seine Luft-, See- und Landkorridore zu nutzen, während zusätzlich Unmengen an iranischen Waffen und Munition in Syrien zerstört wurden (JP 11.6.2022).
2.3.1.5. Streitkräfte
Die syrischen Streitkräfte bestehen aus dem Heer, der Marine, der Luftwaffe, den Luftabwehrkräften und den National Defense Forces (NDF, regierungstreue Milizen und Hilfstruppen). Vor dem Konflikt sollen die Truppen eine Mannstärke von geschätzt 300.000 Personen gehabt haben, mit Stand 2018 waren sie wohl aufgrund von Verlusten und Desertionen auf weniger als 100.000 geschrumpft. Momentan versuchen die Streitkräfte, sich wieder aufzubauen und alliierte Milizen und Hilfstruppen zu integrieren, während sie weiterhin an aktiven Militäroperationen teilnehmen (CIA 11.8.2020). Die syrische Regierung arbeitet daran, auch Milizen zu demobilisieren (CIA 11.8.2021; vgl. Üngör 15.12.2021).
Die syrische Armee war der zentrale Faktor für das Überleben des Regimes während des Bürgerkriegs. Im Laufe des Krieges hat ihre Kampffähigkeit jedoch deutlich abgenommen (CMEC 26.3.2020a). Im Zuge des Konfliktes hat das Regime loyale Einheiten in größere Einheiten eingegliedert, um eine bessere Kontrolle ausüben und ihre Effektivität im Kampf verbessern zu können (ISW 8.3.2017). Der Aufbau basiert auf dem sogenannten Qutaʿa-System [arab. Sektor, Landstück]. Hierbei wird jeder Division (firqa) ein bestimmtes Gebiet (qutaʿa) zugeteilt. Mit diesem System wurde in der Vergangenheit verhindert, dass Offiziere überlaufen. Gleichzeitig hatte der Divisionskommandeur für den Fall eines Zusammenbruchs der Kommunikation oder für Notfälle freie Hand über dieses Gebiet. Dadurch kann der Präsident auch den Einfluss einzelner Divisionskommandeure einschränken, indem er sie gegeneinander ausspielt (CMEC 14.3.2016).
Nach Experteneinschätzung trägt jeder, der in der syrischen Armee oder Luftwaffe dient, per Definition zu Kriegsverbrechen bei, denn das Regime hat in keiner Weise gezeigt, dass es das Kriegsrecht oder das humanitäre Recht achtet. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass eine Person in eine Einheit eingezogen wird, auch wenn sie das nicht will, und somit in einen "schmutzigen" Krieg, in dem die Unterscheidung zwischen Zivilisten und Kämpfern nicht wirklich ernst genommen wird (Üngör 15.12.2021). Soldaten können in Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen verwickelt sein, weil das Militär in Syrien auf persönlichen Vertrauensbeziehungen, manchmal auch auf familiären Netzwerken innerhalb des Militärs beruht. Diejenigen, die Verbrechen begehen, handeln innerhalb eines vertrauten Netzwerks von Soldaten, Offizieren, Personen mit Verträgen mit der Armee, Zivilisten, die mit ihnen als nationale Verteidigungskräfte oder lokale Gruppen zusammenarbeiten (Khaddour 24.12.2021).
2.3.1.6. Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen
2.3.1.6.1. Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst
Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes von zwei Jahren gesetzlich verpflichtend (ÖB 29.9.2020). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit b gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 29.11.2021).
Ausnahmen von der Wehrpflicht bestehen für Studenten, Staatsangestellte, aus medizinischen Gründen und für Männer, die die einzigen Söhne einer Familie sind. Insbesondere die Ausnahmen für Studenten können immer schwieriger in Anspruch genommen werden. Fallweise wurden auch Studenten eingezogen. In letzter Zeit mehren sich auch Berichte über die Einziehung von Männern, die die einzigen Söhne einer Familie sind. Beobachtet wurde, dass die syrische Regierung Alawiten und Christen weniger stark in Anspruch nimmt. Die im März 2020 und Mai 2021 vom Präsidenten erlassenen Generalamnestien umfassten auch einen Straferlass für Vergehen gegen das Militärstrafgesetzbuch, darunter Fahnenflucht; die Verpflichtung zum Wehrdienst bleibt davon unberührt (ÖB 1.10.2021).
Auch Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen. Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse (AA 29.11.2021).
Palästinensische Flüchtlinge mit dauerhaftem Aufenthalt in Syrien unterliegen ebenfalls der Wehrpflicht, dienen jedoch in der Regel in der Palästinensischen Befreiungsarmee (Palestinian Liberation Army - PLA) unter palästinensischen Offizieren. Diese ist jedoch de facto ein Teil der syrischen Armee (AA 13.11.2018; vgl. FIS 14.12.2018).
Zusätzlich gibt es die Möglichkeit eines freiwilligen Militärdienstes. Frauen können ebenfalls freiwillig Militärdienst leisten (CIA 17.8.2021; vgl. FIS 14.12.2018).
Die syrische Regierung arbeitet daran, Milizen zu demobilisieren oder sie in ihre regulären Streitkräfte zu integrieren, während sie gleichzeitig militärische Operationen durchführt (CIA 17.8.2021).
2.3.1.6.2. Die Umsetzung
Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 5.2020). Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten. Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (STDOK 8.2017).
Rekrutierungskampagnen werden aus allen Gebieten unter Regimekontrolle gemeldet, besonders auch aus wiedereroberten Gebieten (EUAA 11.2021). Die Regierung hat in vormals unter der Kontrolle der Oppositionskräfte stehenden Gebieten, wie zum Beispiel Ost-Ghouta, Zweigstellen zur Rekrutierung geschaffen. Wehrdienstverweigerer und Deserteure können sich in diesen Rekrutierungszentren melden, um nicht länger von den Sicherheitskräften gesucht zu werden. In vormaligen Oppositionsgebieten werden Listen mit Namen von Personen, welche zur Rekrutierung gesucht werden, an lokale Behörden und Sicherheitskräfte an Checkpoints verteilt (DIS 5.2020).
Ein „Herausfiltern“ von Militärdienstpflichtigen im Rahmen von Straßenkontrollen oder an einem der zahlreichen Checkpoints ist weit verbreitet (FIS 14.12.2018). In Homs führt die Militärpolizei beispielsweise stichprobenartig unvorhersehbare Straßenkontrollen durch. Die intensiven Kontrollen erhöhen das Risiko für Militärdienstverweigerer, verhaftet zu werden (EB 3.6.2020). Rekrutierungen finden auch in Ämtern statt, beispielsweise wenn junge Männer Dokumente erneuern wollen, sowie an Universitäten, in Spitälern und an Grenzübergängen, wo die Beamten Zugang zur zentralen Datenbank mit den Namen der für den Wehrdienst gesuchten Männer haben. Nach Angaben einer Quelle fürchten auch Männer im wehrfähigen Alter, welche vom Militärdienst laut Gesetz ausgenommen sind oder von einer zeitweisen Amnestie vom Wehrdienst Gebrauch machen wollen, an der Grenze eingezogen zu werden (DIS 5.2020). Während manche Quellen davon ausgehen, dass insbesondere in vormaligen Oppositionsgebieten (z.B. dem Umland von Damaskus, Aleppo, Dara‘a und Homs) immer noch Rekrutierungen mittels Hausdurchsuchungen stattfinden (DIS 5.2020; vgl. EB 3.6.2020), berichten andere Quellen, dass die Regierung nun weitgehend davon absieht, um erneute Aufstände zu vermeiden(DIS 5.2020). Unbestätigten Berichten zufolge wird der Geheimdienst innerhalb kurzer Zeit informiert, wenn die Gründe für einen Aufschub nicht mehr gegeben sind, und diese werden auch digital überprüft. Früher mussten die Studenten den Status ihres Studiums selbst an das Militär melden, doch jetzt wird der Status der Studenten aktiv überwacht. Generell werden die Universitäten nun strenger überwacht und sind verpflichtet, das Militär über die An- oder Abwesenheit von Studenten zu informieren (STDOK 8.2017). Berichten zufolge wurden Studenten trotz einer Ausnahmegenehmigung gelegentlich an Kontrollpunkten rekrutiert (FIS 14.12.2018).
2.3.1.6.3. Reservedienst
Gemäß Artikel 15 des Gesetzesdekrets Nr. 30 von 2007 bleibt ein syrischer Mann nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes, wenn er sich gegen einen Eintritt in den Militärdienst als Berufssoldat entscheidet, Reservist und kann bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Dienst einberufen werden (TIMEP 22.8.2019; vgl. STDOK 8.2017). Es liegen einzelne Berichte vor, denen zufolge die Altersgrenze für den Reservedienst erhöht wird, wenn die betreffende Person besondere Qualifikationen hat (das gilt z.B. für Ärzte, Panzerfahrer, Luftwaffenpersonal, Artilleriespezialisten und Ingenieure für Kampfausrüstung). Die Behörden ziehen vornehmlich Männer bis zu einem Alter von 27 Jahren ein, während Ältere sich eher auf Ausnahmen berufen können. Dennoch wurden die Altersgrenzen fallweise angehoben und auch Männer bis zu einem Alter von 55 oder sogar 62 Jahren, abhängig vom Rang, eingezogen, bzw. konnten Männer nach Erreichen des 42. Lebensjahres die Armee nicht verlassen (ÖB 29.9.2020; vgl. FIS 14.12.2018, vgl. NMFA 5.2020). Die Altersgrenze hängt laut Experten eher von lokalen Entwicklungen und den Mobilisierungsbemühungen der Regierung ab als von allgemeinen Einberufungsregelungen. Generell hat sich das Maß der Willkür in Syrien im Zuge des Konfliktes erhöht (FIS 14.12.2018). Manche Quellen berichten, dass ihnen keine Fälle von Rekrutierungen über-42-Jähriger nach 2016 bzw. 2018 bekannt seien. Gemäß anderen Quellen soll es jedoch zu Einberufungen von über-42-jährigen Rückkehrern aus dem Libanon und Jordanien als Reservisten gekommen sein, wobei es sich nicht um Zwangsrekrutierungen handelte (DIS 5.2020).
2.3.1.6.4. Rekrutierungsbedarf und partielle Demobilisierung
Der Personalbedarf des syrischen Militärs bleibt aufgrund von Entlassungen langgedienter Wehrpflichtiger und zahlreicher Verluste durch Kampfhandlungen unverändert hoch (AA 29.11.2021). Die syrische Regierung hat das syrische Militärdienstgesetz während des Konflikts mehrfach geändert, um die Zahl der Rekruten zu erhöhen (DIS 10.2019). Glaubhaften Berichten zufolge gibt es Zwangsrekrutierungen junger Männer durch syrische Streitkräfte auch unmittelbar im Kampfgebiet (AA 4.12.2020).
Vor 2011 lag die Dauer der Wehrpflicht zwischen eineinhalb und zweieinhalb Jahren. Seit 2011 leisten die meisten Reservisten und Militärangehörigen ihren Dienst auf unbestimmte Zeit (NMFA 6.2021), nachdem die syrische Regierung die Abrüstung von Rekruten einstellte (DIS 5.2020; vgl. ÖB 7.2019). Nachdem die Regierung große Teile des Gebiets von bewaffneten Oppositionellen zurückerobert hatte, wurde mit der Entlassung der ältesten Rekrutenklassen begonnen, welche seit 2011 im Dienst waren (DIS 5.2020, vgl. NMFA 6.2021). Mitte Oktober 2018 berichteten regierungsnahe Medien, dass etwa 800.000 Männer nicht mehr für den Reservedienst benötigt werden. Eine Reihe Syrer kehrten daraufhin nach Syrien zurück, wobei manche über Beziehungen in der Heimat ihren Wehrdienststatus überprüfen ließen und sich versicherten, dass sie tatsächlich nicht mehr gesucht werden. Zumindest manche der Rückkehrer wurden wenige Wochen später eingezogen, nachdem das Verteidigungsministerium im Dezember 2018 neue Einberufungslisten für den Reservedienst veröffentlichte, und so die vorherige Entscheidung aufhob. Die Gründe für diese Verkettung von Ereignissen ist jedoch laut International Crisis Group schwer zu ermitteln (ICG 13.2.2020). Im November 2020 erließ die Armeeführung der syrischen Regierung zwei Verwaltungserlässe, mit denen der Militärdienst für bestimmte Kategorien von Offizieren und Ärzten, die bis Januar 2021 zwei, bzw. siebeneinhalb Jahre als Reservisten gedient haben, faktisch beendet wird (COAR 24.11.2020). Ende März 2020 beendeten zwei Erlässe mit 7. April 2020 den Militärdienst für bestimmte Kategorien von ehemals Wehrpflichtigen, welche nach dem Wehrdienst nicht abgerüstet worden waren, sowie von einberufenen Reservisten. Zwei weitere Erlässe - Berichten zufolge im November 2020 - beendeten den Einsatz und die Einberufung bestimmter Profile von Reservisten (EUAA 11.2021).
Zahlreiche Männer leisten ihren Wehrdienst jedoch weiterhin über den verpflichtenden Zeitraum hinaus ab (DIS 5.2020, vgl. NMFA 6.2021). Gleichzeitig werden Berichten aus dem Jahr 20201 zufolge weiterhin neue Rekruten und Reservisten eingezogen, und Rekrutierungskampagnen werden aus allen Gebieten unter Regimekontrolle gemeldet, besonders auch aus wiedereroberten Gebieten. Alle Eingezogenen können laut European Union Agency for Asylum (EUAA) potenziell an die Front abkommandiert werden. Ihr Einsatz hängt vom Bedarf der Armee für Truppen sowie von den individuellen Qualifikationen der Eingezogenen sowie ihrem Hintergrund oder ihrer Kampferfahrung ab. Eingezogene Männer aus "versöhnten" Gebieten werden disproportional oft kurz nach ihrer Einberufung mit minimaler Kampfausbildung als Bestrafung für ihre Disloyalität gegenüber dem Regime an die Front geschickt. Reservisten werden in (vergleichsweise) kleinerer Zahl an die Front geschickt (EUAA 11.2021).
2.3.2. Auszug aus den Richtlinien von UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 6. aktualisierte Fassung, vom März 2021:
„III. Beurteilung der Schutzbedürftigkeit von Asylsuchenden aus Syrien
[…]
b) Umgang mit Familienangehörigen Die tatsächliche oder vermeintliche regierungskritische Haltung einer Person wird häufig auch Menschen in ihrem Umfeld zugeschrieben, einschließlich Familienmitgliedern. Für Familienangehörige besteht die Gefahr, dass sie zwecks Vergeltung und/oder mit dem Ziel, tatsächliche oder vermeintliche Regierungskritiker zum Schweigen zu bringen, bedroht, schikaniert, willkürlich verhaftet, gefoltert, zwangsverschleppt und zum Verschwinden gebracht werden. Was Regierungskritiker betrifft, die in den von der Opposition kontrollierten Gebieten oder im Ausland leben, besteht für ihre Familienangehörigen und manchmal ihre Bekannten Berichten zufolge die Gefahr, dass sie den vorgenannten Maßnahmen zwecks Vergeltung oder mit der Absicht ausgesetzt werden, die gesuchten Personen dazu zu bringen, ihre Aktivitäten einzustellen oder nach Syrien zurückzukehren. Zudem sind die Familienangehörigen politischer Gefangener gefährdet, Opfer von Erpressungs- und Einschüchterungsversuchen zu werden, und in einigen Fällen kommt es zum rechtswidrigen Einfrieren von Vermögen und der Beschlagnahme von Eigentum zwecks „kollektiver Bestrafung“.
[…]
UNHCR ist ferner der Auffassung, dass Familienangehörige von Wehrdienstentziehern und Deserteuren aufgrund ihrer vermeintlichen politischen Meinung möglicherweise internationalen Flüchtlingsschutz benötigen.
[…]
Je nach den Umständen des Einzelfalls benötigen auch Familienangehörige und sonstige Personen, die Menschen mit diesen Risikoprofilen nahestehen, aufgrund ihrer Verbindung zu den gefährdeten Personen möglicherweise internationalen Flüchtlingsschutz.“
3. Beweiswürdigung:
Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zu Grunde:
3.1. Zur Person des BF (Punkt 2.1.):
3.1.1. Die Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des BF (Punkt 2.1.1.) stützen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften und übereinstimmenden Angaben vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht sowie die vom BF vorgelegten Dokumente (Reisepass, Führerschein, Heiratsurkunde, Familienregisterauszug aus dem Personenstandsregister, Auszug aus dem persönlichen Zivilregister sowie Geburtsurkunden des BF und seiner Kinder).
3.1.2. Die Feststellungen zur Staats-, Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit des BF sowie seiner Muttersprache (Punkt 2.1.2.) gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben; das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen – im gesamten Verfahren gleich gebliebenen und sich mit den Länderberichten zu Afghanistan deckenden – Aussagen des BF zu zweifeln.
3.1.3. Die Feststellungen zu seinem Heimatort, seiner Herkunftsprovinz und seinen Aufenthaltsorten sowie zur Schulbildung und Berufserfahrung des BF (Punkt 2.1.3. und 2.1.6.) stützen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem BFA und vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie die vom BF vorgelegten Dokumente, denen der Geburtsort des BF und seiner Kinder zu entnehmen ist.
3.1.4. Die Feststellungen zum absolvierten Militärdienst des BF (Punkt 2.1.4.) stützen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben. In der Einvernahme vor dem BFA vom 09.03.2022 gab der BF an: „Ich habe nur die Grundausbildung absolviert.“ (S. 21). Er habe 2,5 Jahre gedient und sein letzter Tag beim Militär sei im März 2003 gewesen. In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 06.10.2022 führte der BF aus, dass er von 2000 bis 2003 den Militärdienst geleistet habe und zwar den „normalen Militärdienst.“ Er sei in der Raketenabteilung eingeteilt gewesen (S. 5).
3.1.5. Die Feststellungen zu den Familienangehörigen des BF (Punkt 2.1.5., 2.1.7. und 2.1.8.) stützen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften und übereinstimmenden Angaben vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht sowie die vom BF vorgelegten Dokumente (Heiratsurkunde, Familienregisterauszug aus dem Personenstandsregister, Auszug aus dem persönlichen Zivilregister sowie Geburtsurkunden des BF und seiner Kinder).
3.1.6. Die Feststellungen zur Ausreise des BF aus Syrien, seiner Einreise in Österreich sowie seinem Asylverfahren in Österreich (Punkt 2.1.9.) stützen sich auf die Angaben des BF in der Erstbefragung und seiner Einvernahme vor dem BFA, den Bescheid des BFA vom 13.07.2022, Zl. 1285939406-211431875, sowie die vom BF am 10.08.2022 erhobene Beschwerde.
3.1.7. Die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit (Punkt 2.1.10.) stützt sich auf die Einsichtnahme in das Strafregister.
3.2. Zu den Fluchtgründen des BF (Punkt 2.2.):
3.2.1. Zu den Fluchtgründen des BF (Teilnahme an Demonstrationen gegen das syrische Regime, drohende Einberufung als Reservist, oppositionelle Gesinnung) (Punkt 2.2.1., 2.2.2., 2.2.3., 2.2.4., 2.2.5. 2.2.6., 2.2.7., 2.2.8. und 2.2.9.) ist beweiswürdigend wie folgt auszuführen:
3.2.2. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 liegt es auch an dem Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der „Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd § 274 ZPO zu verstehen. Ausgehend von § 274 Abs. 1 letzter Satz ZPO eignet sich nur eine Beweisaufnahme, die sich sofort ausführen lässt (mit Hilfe so genannter „parater" Bescheinigungsmittel) zum Zwecke der Glaubhaftmachung (VwGH 27.05.2014, 2014/16/0003 mwN), wobei der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner asylrechtlichen Spruchpraxis von dieser Einschränkung abweicht.
Mit der Glaubhaftmachung ist auch die Pflicht der Verfahrenspartei verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der behaupteten Voraussetzungen spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzung liefern. Insoweit trifft die Partei eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Allgemein gehaltene Behauptungen reichen für eine Glaubhaftmachung nicht aus (vgl. VwGH 17.10.2007, 2006/07/0007).
Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel an dem Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen.
In diesem Zusammenhang ist der – unmittelbar anzuwendende – Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 337, 9, (Statusrichtlinie), maßgeblich:
„Artikel 4
Prüfung der Tatsachen und Umstände
(1) – (4) […]
(5) Wenden die Mitgliedstaaten den Grundsatz an, wonach der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz begründen muss, und fehlen für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise, so bedürfen diese Aussagen keines Nachweises, wenn
a) der Antragsteller sich offenkundig bemüht hat, seinen Antrag zu begründen;
b) alle dem Antragsteller verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben wurde;
c) festgestellt wurde, dass die Aussagen des Antragstellers kohärent und plausibel sind und zu den für seinen Fall relevanten, verfügbaren besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen;
d) der Antragsteller internationalen Schutz zum frühestmöglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war; und
e) die generelle Glaubwürdigkeit des Antragstellers festgestellt worden ist.“
3.2.3. Unter diesen Maßgaben ist das Vorbringen eines Asylwerbers also auf seine Glaubhaftigkeit hin zu prüfen. Dabei ist v.a. auf folgende Kriterien abzustellen: Zunächst bedarf es einer persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers, die insbesondere dann getrübt sein wird, wenn sein Vorbringen auf ge- oder verfälschte Beweismittel gestützt ist oder er wichtige Tatsachen verheimlicht respektive bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.
Weiters muss das Vorbringen des Asylwerbers – unter Berücksichtigung der jeweiligen Fähigkeiten und Möglichkeiten – genügend substantiiert sein; dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Das Vorbringen hat zudem plausibel zu sein, muss also mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen; diese Voraussetzung ist u.a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Schließlich muss das Fluchtvorbringen in sich schlüssig sein; der Asylwerber darf sich demgemäß nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.
3.2.4. Der BF hat sich im Hinblick auf sein Fluchtvorbringen in zahlreiche nicht auflösbare Widersprüche verstrickt und nicht nachvollziehbare Angaben getätigt. Dazu im Detail:
3.2.4.1. Teilnahme an Demonstrationen in Syrien / Schussverletzung (Punkt 2.2.1. und 2.2.7.):
In der Erstbefragung gab der BF an, Syrien wegen dem Krieg verlassen zu haben. Außerdem sei er von einem Scharfschützen am linken Knie angeschossen worden. Sonst habe er keine Fluchtgründe. Der BF erwähnte nicht, in Syrien je an einer Demonstration teilgenommen zu haben.
In der Einvernahme vor dem BFA vom 09.03.2022 gab der BF zunächst an, dass er im Krieg angeschossen worden und in einem staatlichen Krankenhaus gewesen sei, wo er einen Gips bekommen und man ihm Antibiotika verschrieben habe (S. 3). Diese Angabe korrigierte er im späteren Verlauf derselben Einvernahme dahingehend, dass er nicht in einem staatlichen Krankenhaus behandelt worden sei, sondern es sich um ein Krankenhaus der Freien Syrischen Armee gehandelt habe.
Als der BF vor dem BFA aufgefordert wurde, seinen Fluchtgrund möglichst ausführlich zu schildern, gab der BF an, dass er Syrien wegen der fehlenden Sicherheit verlassen habe, erwähnte jedoch nicht, an einer Demonstration teilgenommen zu haben oder wegen einer solchen Teilnahme Syrien verlassen zu haben. Erst auf mehrmalige Nachfrage seitens des BFA gab der BF an, Ende 2013 in XXXX an einer Demonstration teilgenommen zu haben. Nachgefragt gab er an, an vier oder fünf Demonstrationen teilgenommen zu haben. Nach seiner Verletzung habe er jedoch an keiner Demonstration mehr teilgenommen, da diese nicht mehr friedlich gewesen wären. Er sei bei keiner Demonstration erkennungsdienstlich behandelt worden.
In seiner Beschwerde wiederholte der BF, im Jahr 2013 in Syrien an vier oder fünf Demonstrationen teilgenommen zu haben. Ende 2013 sei er bei einer solchen Demonstration von einem Scharfschützen am linken Knie angeschossen worden.
In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 06.10.2022 behauptete der BF, dass er nicht im Jahr 2013 an vier bis fünf Demonstrationen, sondern im Zeitraum 2011 bis 2013 an vier bis fünf Demonstrationen teilgenommen habe. Weiters brachte er erstmals und im Widerspruch zu seinen vorherigen Angaben vor, dass er auch im Jahr 2016 an einer Demonstration teilgenommen habe. Diese habe in XXXX , in der Provinz XXXX , stattgefunden. Während er zunächst von einer einzigen Demonstrationsteilnahme in XXXX sprach, änderte der BF sein Vorbringen im weiteren Verlauf der Verhandlung neuerlich und sprach sodann davon, an mehreren Demonstrationen in XXXX teilgenommen zu haben.
Während der BF in der Einvernahme vor dem BFA vorbrachte, im Krieg angeschossen worden zu sein, in der Erstbefragung und in seiner Beschwerde angab, von einem Scharfschützen angeschossen worden zu sein, behauptete er in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, er sei angeschossen worden, als das syrische Regime wahllos in eine Menge von Demonstranten, unter denen sich der BF befunden habe, geschossen hätte.
Der BF gab weiters an, dass einer seiner Cousins bei jener Demonstration, bei der der BF verletzt worden sei, teilgenommen habe. Der BF konnte jedoch nicht angeben, wo genau sich der Cousin bei dieser Demonstration befunden habe, ob er etwa neben dem BF gegangen sei oder sich ganz woanders befunden habe. Erst auf mehrmalige Nachfrage meinte der BF, sein Cousin sei glaublich 20 Meter von ihm entfernt gewesen.
In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 06.10.2022 wurde auf Antrag des BF sein in Österreich lebender Cousin als Zeuge zum Beweis dafür, dass der BF in Syrien an Demonstrationen teilgenommen habe, einvernommen. Dieser gab an, dass er von seiner Geburt bis 2014 im selben Ort wie der BF gelebt habe. Der Cousin gab an, dass er ebenso Teilnehmer jener Demonstration in Syrien gewesen sei, bei der der BF verletzt worden sei. Laut Wissen des Cousins habe der BF in XXXX insgesamt einmal (sohin nicht vier oder fünfmal) an einer Demonstration teilgenommen, ob der BF auch in der Provinz XXXX an Demonstrationen teilgenommen habe, wisse der Cousin nicht.
Mit Schreiben vom 04.10.2022 übermittelte der BF dem Bundesverwaltungsgericht (ua) Kopien zweier Fotos und behauptete, diese würden den BF gemeinsam mit seinem Sohn bei einer gegen das syrische Regime gerichteten Demonstration am XXXX in XXXX zeigen. Dies ist insofern bemerkenswert, als der BF bis zu diesem Zeitpunkt behauptet hatte, entweder im Zeitraum 2011 bis 2013 oder nur im Jahr 2013 an einer Demonstration teilgenommen zu haben. In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, die am 06.10.2022 und somit zwei Tage nach Verfassung des Schreibens (datiert mit 04.10.2022) stattfand, meinte der BF – wie oben erwähnt – zwar einerseits, doch nach 2013 an einer (weiteren) Demonstration teilgenommen zu haben, dies jedoch zuletzt im Jahr 2016 und nicht 2018. Im Hinblick auf das Foto ist zudem festzuhalten, dass darauf keine Demonstration zu sehen ist. Auf dem Foto ist der BF mit einem Kind zu sehen. Der BF und dieses Kind tragen bzw. halten keine Plakate, Fahnen odgl., die sich gegen das syrische Regime richten würden. Sie stehen auch nicht in einer Menge von Demonstranten. Hinter ihnen steht ein Mann, der als einzige Person auf dem Foto ein Fahne hält, die mit drei roten Sternen die Flagge der syrischen Revolution symbolisiert, ohne Teil einer Demonstration zu sein.
Als der BF in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gefragt wurde, warum er vor dem BFA weder erwähnt hat, nach 2013 in Syrien an weiteren Demonstrationen teilgenommen zu haben, noch Fotos vorgelegt hat, sondern dies erstmals mit Schreiben vom 04.10.2022 gemacht hat, antwortete er – in nicht nachvollziehbarer Weise –, dass ihn Google an die Fotos erinnert hätte und er dann geschaut hätte, was an diesem Tag passiert sei. Auf Vorhalt, dass der BF vor dem BFA auch von Demonstrationen in XXXX erzählt hat, obwohl er damals keine Fotos vorlegen konnte und befragt, aus welchem Grund es ihm nicht möglich gewesen sei, von seinen Demonstrationsteilnahmen in XXXX zu erzählen, antwortete der BF – neuerlich in nicht nachvollziehbarer Weise –, dass er geglaubt hätte, dass ihm das BFA ein Daueraufenthaltsrecht geben würde und er es deshalb nicht erzählt hätte.
Der BF machte somit widersprüchliche Angaben zu seinem Fluchtgrund (allgemeine schlechte Sicherheitslage und Krieg versus individuelle Bedrohung wegen Demonstrationsteilnahme), zur Anzahl seiner Demonstrationsteilnahmen (eine oder vier bis fünf oder noch mehr), zum Zeitraum seiner Demonstrationsteilnahmen (zwischen 2011 bis 2013 oder nur 2013 oder bis inklusive 2016 oder bis September 2018), zu den Orten seiner Demonstrationsteilnahmen (nur XXXX oder auch in der Provinz XXXX ) sowie zu den Umständen rund um die Verletzung seines Knies (im Krieg oder durch einen Scharfschützen oder durch wahllose Schüsse in die demonstrierende Menge).
Es ist daher nicht glaubhaft, dass der BF in Syrien je an einer Demonstration teilgenommen hat und deswegen einer konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung ausgesetzt war oder im Falle der Rückkehr nach Syrien ausgesetzt wäre (Punkt 2.2.1.).
Der BF verfügt über deutliche sichtbare Narben am linken Knie. Die Feststellung, dass der BF nicht glaubhaft machen konnte, dass diese Narben darauf zurückzuführen sind (Punkt 2.2.2.), dass er im Zuge einer Demonstrationsteilnahme gegen das syrische Regime angeschossen wurde, ergibt sich daraus, dass sich der BF – wie dargestellt – in massive Widersprüche, insbesondere was seine behaupteten Demonstrationsteilnahmen (eine oder vier bis fünf oder noch mehr, die entweder zwischen 2011 bis 2013 oder nur 2013 oder bis inklusive 2016 oder bis September 2018 stattgefunden haben sollen), den Unfallhergang (im Krieg oder durch einen Scharfschützen oder durch wahllose Schüsse in die demonstrierende Menge) und den Ort der Behandlung der Verletzung (staatliches Krankenhaus oder Krankenhaus der freien syrischen Armee) betrifft, verstrickt hat.
3.2.4.2. Verschwinden des Bruders:
In der Einvernahme vor dem BFA vom 09.03.2022 brachte der BF vor, dass er nur einen Bruder habe und dieser verschollen sei, ohne dies (zunächst) in jeglicher Hinsicht zu konkretisieren. Im weiteren Verlauf derselben Einvernahme erwähnte der BF, dass sein Bruder bei einem Checkpoint der syrischen Regierung mitgenommen worden sei.
In seiner Beschwerde führte der BF aus, dass sein Bruder im Jahr 2014 bei einem Checkpoint der syrischen Regierung mitgenommen worden und seither verschollen sei.
In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 06.10.2022 gab der BF an, dass sein Bruder den gemeinsamen Herkunftsort im Jahr 2012 gemeinsam mit den Eltern Richtung XXXX verlassen habe und seither verschwunden sei. Nachgefragt führte der BF aus, dass sein Bruder mit den Eltern in XXXX angekommen sei, dort kurz gelebt habe und dann verschwunden sei. Auf weitere mehrmalige Nachfrage zu den Umständen rund um das Verschwinden des Bruders gab der BF an, dass er glaube, dass das syrische Regime dahinterstecke, da er sich nichts anderes vorstellen könne, er aber keine Anhaltspunkte nennen könne. Auf Vorhalt, dass der BF vor dem BFA gesagt hatte, dass sein Bruder 2014 bei einem Checkpoint vom syrischen Regime mitgenommen worden sei, antwortete der BF, dass er sich beim Datum nicht sicher sei, ohne darauf einzugehen, warum er vor dem BFA von einer Mitnahme bei einem Checkpoint gesprochen hat. Schließlich meinte der BF nach weiteren Nachfragen bzw. Vorhalten, dass er sich (nun doch) sicher sei, dass sein Bruder bei einem Checkpoint mitgenommen worden sei, dies deshalb, weil niemand außer dem Regime seinen Bruder festnehmen könne.
Aufgrund der widersprüchlichen und nicht nachvollziehbaren Angaben des BF geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass sein Bruder nicht verschwunden ist, sondern weiterhin in Syrien lebt.
3.2.4.3. Demonstrationsteilnahme des BF in Österreich (Punkt 2.2.5. und 2.2.7.)
Mit Schreiben vom 04.10.2022 führte der BF auch aus, am XXXX , somit zwei Wochen nach Zustellung der Ladung für die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, erstmals in Österreich an einer Demonstration gegen das syrische Regime teilgenommen zu haben. Diese Demonstration sei auch auf Tik-Tok und auf Facebook zu sehen und dort würde man den BF bei seinen exilpolitischen Aktivitäten zeigen. Im Schreiben vom 04.10.2022 wurden zwei Links betreffend die Demonstration vom XXXX angeführt und zwei Fotos vorgelegt.
Hierzu ist beweiswürdigend Folgendes auszuführen:
Einer der beiden vom BF im Schreiben vom 04.10.2022 angeführten Links ( XXXX ) führt zu keiner funktionierenden Internetseite. Es erscheint die Meldung: „Diese Seite ist nicht verfügbar.“ Der zweite Link ( XXXX ) führt zu einem Video, auf dem im Vordergrund ein Mann, der spricht und im Hintergrund Demonstranten zu sehen sind. Sowohl auf diesem Video als auch auf den beiden vom BF vorgelegten Fotos ist der BF zu sehen, jedoch nicht bei exilpolitischen Aktivitäten, sondern dabei, wie er selbst aus deutlichem Abstand zu den aktiven Demonstranten die Demonstration filmt, ohne an dieser selbst aktiv teilzunehmen. Dies wurde sodann vom BF in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 04.10.2022 auf wiederholte Nachfrage bestätigt: „Ich war nur Zuschauer. Aktiv mitgemacht habe ich nicht.“ (S. 10) Auf den Fotos und dem Video ist auch ersichtlich, dass der BF zum Zeitpunkt der Aufnahmen weder Plakate, noch Fahnen noch vergleichbare Utensilien getragen oder gehalten hat, die auf eine gegen das syrische Regime gerichtete Einstellung deuten würden.
3.2.4.3. Einberufungsbefehl (Punkt 2.2.3.):
Wie erwähnt, gab der BF in der Erstbefragung an, Syrien wegen dem dort herrschenden Krieg verlassen zu haben. Eine ihm drohende Rekrutierung zum Militär wurde von ihm nicht erwähnt, ebenso wenig ein bereits erhaltener Einberufungsbefehl.
In der Einvernahme vor dem BFA vom 09.03.2022 führte der BF zu seinem Fluchtgrund befragt aus, dass er Syrien wegen der fehlenden Sicherheit verlassen habe. Es sei gefährlich gewesen.
Als der BF gefragt wurde, ob er seinen Militärdienst geleistet habe, bejahte er dies. Als der BF gefragt wurde, ob er BF Reservist der syrischen Armee sei, brachte er erstmals vor, dass seine Eltern einen Einberufungsbefehl erhalten hätten, sie hätten jedoch gesagt, dass der BF nicht mehr in Syrien wäre. Das sei 2015 gewesen. Befragt, ob der BF den Einberufungsbefehl vorlegen könne, revidierte der BF seine Aussage dahingehend, dass seine Eltern von den Beamten nichts bekommen hätten, der Einberufungsbefehl sei nur mündlich gewesen. Seitens des BF wurde nicht vorgebracht, dass er im Fall der nunmehrigen Rückkehr nach Syrien davon ausgehe, als Reservist einberufen zu werden.
In der Beschwerde brachte der BF erstmals vor, dass ihm bei einer Rückkehr nach Syrien der Einzug als Reservist in den syrischen Bürgerkrieg drohe.
In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erklärte der BF, dass seine Eltern zwischen 2014 und 2015 (doch) einen schriftlichen Einberufungsbefehl bekommen hätten. Konkret hätten sich seine Eltern, die sich damals in XXXX befunden hätten, in XXXX registriert und den Einberufungsbefehl vom Bezirksvorsteher erhalten. Darauf sei gestanden, dass sich der BF bei der bei der Militärkommission in XXXX melden solle. Der BF habe sich damals in seinem Herkunftsort befunden und habe dem Befehl nicht entsprochen. Seither habe er keinen weiteren Einberufungsbefehl erhalten.
Angenommen, der BF hätte tatsächlich einen Einberufungsbefehl erhalten, wäre davon auszugehen, dass der BF wüsste und übereinstimmend angeben kann, ob dieser schriftlich oder nur mündlich erlassen wurde. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der BF nicht in der Lage war, diesbezüglich übereinstimmende Angaben zu machen, sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigerte sowie explizit nach seinen Fluchtgründen befragt, jeweils auf die generell schlechte Sicherheitslage verwies, ohne eine drohende Einberufung als Reservist zu erwähnen, ist es für das Bundesverwaltungsgericht nicht glaubhaft, dass der BF einen Einberufungsbefehl erhalten hat.
Die Feststellung, dass der BF nicht glaubhaft machen konnte, dass ihm tatsächlich mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr droht, im Falle der Rückkehr nach Syrien als Reservist von der syrischen Armee einberufen zu werden, stützt sich auf die unter Punkt 2.3.1.6. festgestellten Länderinformationen betreffend Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen in Syrien, denen zu entnehmen ist, dass es zu Rekrutierungen von Reservisten bis zum Alter von 42 Jahren kommen kann, aber nicht muss. Den Feststellungen ist weiters zu entnehmen, dass die besondere Qualifikation des Reservisten eine Rolle für die Frage der Wahrscheinlichkeit der Einberufung spielt und daher überwiegend Personen mit besonderen Qualifikationen, wie Ärzte, Panzerfahrer, Luftwaffenpersonal oder Artilleriespezialisten als Reservisten eingezogen werden. Zudem ist dies abhängig vom Rang. Die Feststellung stützt sich weiters darauf, dass der BF seinen Militärdienst vor verhältnismäßig langer Zeit (September 2000 bis März 2003) geleistet hat, er nur als „normaler“ Soldat die Grundausbildung ohne Spezialausbildung absolviert hat, er – außerhalb des Militärs – als Taxifahrer tätig war, jedoch keinen Beruf erlernt bzw. eine Berufsausbildung absolviert hat und somit über keine besondere für das Militär ansprechende Qualifikation verfügt, vierzig Jahre alt ist und nie einen Einberufungsbefehl als Reservist erhalten hat.
3.2.4.4. Individuelle Bedrohung/Suche des BF seitens des syrischen Regimes:
Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht glaubhaft, dass der BF an Demonstrationen in Syrien teilgenommen oder sonst Verhalten an den Tag gelegt hat, auf Grund derer er seitens des syrischen Regimes als oppositionell Gesinnter betrachtet werden würde. Dies wurde vom BF in der Erstbefragung auch nicht behauptet.
Soweit der BF sodann im Verfahren unsubstantiiert vorbrachte, dass das Regime seine Daten gespeichert habe und konkret ihn suchen würde, ist beweiswürdigend weiters Folgendes auszuführen:
Auch wenn der BF diese Aussage zu einem späteren Zeitpunkt revidierte, gab der BF in der Einvernahme vor dem BFA zunächst an, dass er – nachdem er am Knie angeschossen worden sei –, in einem staatlichen Krankenhaus behandelt worden sei. Angenommen das syrische Regime hätte den BF damals als Oppositionellen betrachtet und gesucht, ist nicht nachvollziehbar, dass der BF ein staatliches Krankenhaus aufsuchen und dort ohne Einschreiten des syrischen Regimes behandelt werden würde.
Befragt, warum sein Name dem syrischen Regime bekannt sei, gab der BF vor dem BFA an, dass sein Name dem Regime bekannt sei, weil er an Demonstrationen teilgenommen habe, dabei verletzt worden und in einem staatlichen Krankenhaus behandelt worden sei. Somit sei sein Name bekannt. Kurze Zeit später revidierte er seine Angabe dahingehend, dass es sich um kein staatliches Krankenhaus, sondern eines von der Freien Syrischen Armee gehandelt habe. Angenommen der BF wäre doch nicht in einem staatlichen Krankenhaus behandelt worden, wäre jedoch seine Begründung dafür, warum ihn das Regime namentlich erfasst habe, weggefallen.
Der BF beantwortete vor dem BFA die Frage, ob er auf Demonstrationen erkennungsdienstlich behandelt worden sei, ausdrücklich mit: „Nein, nie“ (S. 18).
Weiters gab der BF an, dass ihn das Regime gezwungen habe, 2016 oder 2017 die Provinz XXXX zu verlassen und in die Provinz XXXX zu übersiedeln. Konkret habe das syrische Regime Busse bereitgestellt und nach XXXX gebracht. Angenommen der BF wäre zum damaligen Zeitpunkt vom syrischen Regime als Oppositioneller gesucht worden, wäre naheliegend, dass ihn das syrische Regime im Zuge der behaupteten Übersiedlung nach XXXX , die vom syrischen Regime organisiert und kontrolliert worden sei, festgenommen hätte. Dies war jedoch nicht der Fall.
Schließlich gab der BF an, dass er deshalb wisse, dass das syrische Regime informiert sei, dass er an Demonstrationen gegen das syrische Regime teilgenommen habe und ihn suche, weil er über eine dritte Person gegen Bezahlung bei einem Beamten nachfragen lassen habe. Der BF wisse jedoch nicht, wie diese dritte Person heiße.
In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigte der BF einerseits, dass er nie bei Demonstrationen vom syrischen Regime angehalten worden sei, behauptete aber erstmals, dass Mitglieder des Regimes („Spionageleute“) die Demonstranten fotografiert hätten. Auf Vorhalt, dass der BF laut eigenen Angaben XXXX 2016 auf Aufforderung des syrischen Regimes verlassen habe und nach XXXX gereist sei, gab der BF an, dass das Regime zwar Informationen über jeden sammeln wollen hätte, aber bewaffnete Opposition bei der vom syrischen Regime angeordneten Übersiedlung dabei gewesen sei, weshalb das syrische Regime nicht kontrollieren habe können, wer im Zuge dieser Übersiedlung nach XXXX übersiedelt sei.
Im Unterschied zu seinen Angaben vor dem BFA begründete der BF seine Behauptung, er wisse, dass das syrische Regime ihn namentlich erfasst habe und suche, erstmals damit, dass Freunde von ihm festgenommen, misshandelt worden seien und dem Regime im Zuge dessen erzählt hätten, dass der BF mit ihnen unterwegs gewesen sei. Diese Freunde seien wieder freigelassen worden und hätten dem BF davon berichtet.
Der BF hat somit völlig unterschiedliche und einander widersprechende Thesen dazu vorgebracht, warum er glaube, dass ihn das syrische Regime suche.
Der BF hat im Verfahren mehrere Auszüge von Dokumenten vorgelegt, die durch syrische Behörden Anfang 2022 ausgestellt wurden, so etwa Auszüge seiner Geburtsurkunde und der seiner Ehegattin und Kinder (am 10.01.2022), einen Familienregisterauszug aus dem Personenstandsregister (am 19.01.2022), Auszüge aus dem persönlichen Zivilregister betreffend den BF und seine Kinder (am 10.01.2022). Auch der Umstand, dass es den in Syrien lebenden Verwandten des BF möglich war, diverse Identitätsdokumente betreffend den BF Anfang 2022 ausstellen zu lassen, spricht gegen die Behauptung, das syrische Regime würde ihn und seine Verwandten konkret verfolgen (Punkt 2.2.7.).
Auch eine Gefährdung allein aufgrund der Asylantragsstellung in Österreich ist nicht zu befürchten, insbesondere, weil den Behörden des Heimatstaates davon nichts bekannt ist. Wie in den Länderinformationen, im Speziellen im EASO-Bericht Syrien: Lage der Rückkehrer aus dem Ausland, näher ausgeführt (siehe insb. S 18 f.; siehe auch ausführlich Country Guidance: Syria, November 2021, S. 52 ff.), hatte im Übrigen eine illegale Ausreise aus Syrien nur früher eine Haftstrafe und/oder eine Geldbuße zur Folge. Im Jahr 2019 wurden derartige Strafen aufgehoben. Eine illegale Ausreise zieht zwar ein förmliches Verfahren vor der Rückkehr nach Syrien nach sich. Allein daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung droht. Dem Bericht des Danish Immigration Services aus dem Mai 2022 ist ebenso zu entnehmen, dass die Tatsache, einen Asylantrag gestellt zu haben, alleine nicht zu Misshandlungen führe. Vielmehr sei dem syrischen Regime bewusst, dass Syrer auch deshalb im Ausland um Asyl ansuchen, weil dies die einzige Möglichkeit ist, im Ausland einen legalen Status zu erreichen (vgl. DIS, Syria. Treatment upon return, S. 8). Aus diesem Grund wurde festgestellt, dass dem BF in Syrien nicht aufgrund seiner illegalen Ausreise und der Asylantragstellung in Österreich eine konkret gegen ihn gerichtete Verfolgung droht (2.2.7.).
3.2.4.5. Individuelle Bedrohung des BF wegen der Gewährung von Asyl für Verwandte (2.2.6.):
Mit Schreiben vom 04.10.2022 brachte der BF vor, dass er als Familienangehöriger zweier in Österreich asylberechtigter Personen gefährdeter Familienangehöriger im Sinne der UNHCR Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus Syrien fliehen, sei.
In Österreich leben zwei Cousins des BF ( XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX ), denen jeweils der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.
Gemäß den UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, benötigen auch Familienangehörige und sonstige Personen, die Menschen mit diesen Risikoprofilen nahestehen, aufgrund ihrer Verbindung zu den gefährdeten Personen möglicherweise internationalen Flüchtlingsschutz.
Im konkreten Fall geht das Bundesverwaltungsgericht aus folgenden Gründen nicht davon aus, dass der BF aufgrund seiner Verwandtschaft zu den genannten Personen internationalen Schutz bedarf.
Es handelt sich bei den betroffenen Personen um Cousins, somit zwar um Verwandte, jedoch keine Familienangehörigen des BF im Sinne des Asylgesetzes. Der BF hat in Syrien nicht mit ihnen im selben Haushalt gewohnt. Die beiden Cousins haben Syrien bereits im Jahr 2015 verlassen und sind im selben Jahr in Österreich eingereist. Der BF hat Syrien erst im Jahr 2021 verlassen. Weder der BF, der sich nach der Ausreise der beiden Cousins noch weitere sechs Jahre in Syrien aufgehalten hat, noch die weiterhin in Syrien lebenden Familienmitglieder des BF (Mutter, Ehegattin, drei Kinder, ein Bruder und drei Schwestern) wurden in Syrien je aufgrund ihrer Verbindung zu den beiden Cousins bedroht oder verfolgt.
Es wurden von den österreichischen Asylbehörden bzw. dem Bundesverwaltungsgericht keine Informationen über die Asylverfahren der beiden Cousins des BF an den Staat Syrien weitergegeben. Es wurde Syrien weder mitgeteilt, dass die beiden Cousins des BF in Österreich eingereist sind und Anträge auf internationalen Schutz gestellt haben, noch, welche Angaben diese in ihren Asylverfahren gemacht haben, noch, dass ihnen jeweils der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.
Es sind auch sonst keine Anzeichen dahingehend aufgetreten, dass konkret der BF aufgrund seiner Verwandtschaft zu seinen Cousins einer konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung in Syrien ausgesetzt wäre.
Somit kann im gegenständlichen Fall nicht festgestellt werden, dass dem BF im Falle der Rückkehr nach Syrien aufgrund der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an diese beiden Cousins in Österreich eine konkret gegen ihn gerichtete Verfolgung drohen würde.
3.2.4.6. Der BF hat nie behauptet, in Syrien durch andere Gruppierungen als das syrische Regime zwangsrekrutiert zu werden. Mangels diesbezüglichem Vorbringen des BF und sonstiger Anzeichen für eine derartige Zwangsrekrutierung war festzustellen, dass dem BF keine konkrete Gefahr droht durch andere Gruppierungen als die syrische Armee zwangsrekrutiert zu werden (Punkt 2.2.4.).
3.2.4.7. Im Hinblick auf die Feststellung, dass der in Syrien noch nie einer konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder sozialen Gruppe ausgesetzt war und im Falle der Rückkehr nach Syrien keiner konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder sozialen Gruppe ausgesetzt wäre, wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die unter Punkt 3.2.4.1. bis 3.2.4.6. dargestellten, beweiswürdigenden Ausführungen verwiesen. Der BF hat zudem in seiner Einvernahme vor dem BFA angegeben, nie persönlich Schwierigkeiten oder Probleme mit den Behörden seines Heimatlandes gehabt zu haben (S. 23). Er habe nie einer politischen Partei angehört, sei nie festgenommen und nie von staatlicher Seite aufgrund seiner Herkunft, Volksgruppenzugehörigkeit, politischer Einstellung, sexueller Orientierung oder Religion verfolgt worden. Er sei auch nie von privater Seite aufgrund seiner Herkunft, Volksgruppenzugehörigkeit, politischer Einstellung, sexueller Orientierung oder Religion verfolgt worden.
3.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat (Punkt 2.3.):
Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
Die o.a. Länderfeststellungen wurden dem BF mit Schreiben vom 05.09.2022 übermittelt und dem BF die Möglichkeit eingeräumt, hierzu eine diesbezügliche Stellungnahme abzugeben. Der BF und seine Rechtsvertreterin sind diesen Erkenntnisquellen nicht entgegengetreten.
4. Rechtliche Beurteilung:
4.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides
4.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 gesetzt hat.
Es ist daher zu prüfen, ob dem BF in Syrien vor seiner Ausreise Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK gedroht hat oder im Falle einer Rückkehr drohen würde, wobei auf Grund der rechtskräftigen Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten davon auszugehen ist, dass dem BF mangels hinreichender Sachverhaltsänderung eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung steht (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 bis 0016).
4.1.2. Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass § 3 Abs 1 AsylG auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass dem Fremden in seinem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum AsylG 1991, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).
Nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person ist als eine „Verfolgung“ im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anzusehen, sondern nur solche, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen (vgl. Art. 9 der Statusrichtlinie). Ob dies der Fall ist, haben die Asylbehörden bzw. das Bundesverwaltungsgericht im Einzelfall zu prüfen und in einer die nachprüfende Kontrolle ermöglichenden Begründung darzulegen (vgl. VwGH 16.12.2021, Ra 2021/18/0387, mwN).
4.1.3. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der „Glaubhaftmachung“ im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd Zivilprozessordnung (ZPO) zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der Beschwerdeführer die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, der Beschwerdeführer hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45 Rz 3). Die „Glaubhaftmachung“ wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde voraus und somit die Glaubwürdigkeit der „hierzu geeigneten Beweismittel“, insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466).
4.1.4. Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, liegt in diesem Umstand für sich allein noch keine Verfolgungsgefahr iSd GFK. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgehen (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
4.1.5. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, sondern könnte nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes Asyl rechtfertigen (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2017/18/0330; 20.4.2018, Ra 2018/18/0154). Wie der Verwaltungsgerichtshof zur möglichen Asylrelevanz von Wehrdienstverweigerung näher ausgeführt hat, kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen - wie etwa der Anwendung von Folter - jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine „bloße“ Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/14/0050, mwN, sowie neuerlich VwGH Ra 2016/18/0203). Die Prüfung, ob ein Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz - hier im Hinblick auf eine mögliche Furcht vor einer Einberufung bzw. die Verweigerung des Militärdienstes besteht -, hat je nach individuellen Umständen des Einzelfalls zu erfolgen (VwGH 21.05.2021, Ro 2020/19/0001).
4.1.6. Wie festgestellt und in der Beweiswürdigung ausführlich ausgeführt, hat der BF nicht glaubhaft machen können, in Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit als Reservist eingezogen zu werden und in diesem Zusammenhang einer konkret gegen ihn gerichteten Bedrohung/Verfolgung ausgesetzt zu sein. Er hat auch sonst nicht glaubhaft machen können,
in Syrien einer konkret gegen ihn gerichteten Bedrohung/Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein oder im Fall der Rückkehr nach Syrien einer konkret gegen ihn gerichteten Bedrohung/Verfolgung ausgesetzt zu sein. Sohin kann nicht erkannt werden, dass dem BF aus den von ihm ins Treffen geführten Gründen im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht.
4.1.7. Zusammenfassend wurde keine Verfolgung des BF dargelegt bzw. glaubhaft gemacht, die auf einem der in Art. 1 A Z 2 GFK genannten Konventionsgründe – nämlich Verfolgung aufgrund der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung – beruht. Das Verlassen des Herkunftsstaates aus persönlichen Gründen oder wegen der dort vorherrschenden prekären Lebensbedingungen stellt keine relevante Verfolgung im Sinne der GFK dar. Auch Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen für sich genommen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar.
4.1.8. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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