SchUG §20
SchUG §70
SchUG §71
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W129.2256164.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. DDr. Markus GERHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die Erziehungsberechtigte XXXX , diese vertreten durch die Forsthuber & Partner Rechtsanwälte, gegen den Bescheid der Bildungsdirektion Wien, vom XXXX , GZ: XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der am XXXX geborene Beschwerdeführer besuchte im Schuljahr 2021/22 die XXXX -Klasse ( XXXX . Schulstufe) der Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule in XXXX Wien, XXXX .
2. Mit Schreiben vom 26.04.2022 übermittelte die Schule dem Beschwerdeführer, vertreten durch seine Erziehungsberechtigte, die Ankündigung von Feststellungsprüfungen in den Gegenständen WINF am 11.05.2022, PROG am 12.05.2022, E am 16.05.2022, IMCM am 19.05.2022, UNCO am 20.05.2022, BW am 23.05.2022, MAM am 30.05.2022, D am 02.06.2022, NAWI am 08.06.2022 und OMAI am 09.06.2022.
3. Mit Schriftsatz vom 02.05.2022, einlangend am 03.05.2022, brachte die Erziehungsberechtigte des Beschwerdeführers als seine Vertreterin, diese vertreten durch die Forsthuber & Partner Rechtsanwälte, einen „Widerspruch gem. § 71 SchUG gegen die Ankündigung der BHAK/BHASCH vom 26.04.2022“ ein. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, der Beschwerdeführer befinde sich seit 06.09.2022 rechtmäßig im ortsungebundenen Unterricht, weshalb die Feststellungsprüfungen zu Unrecht angekündigt worden seien.
4. Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid wies die Bildungsdirektion Wien den „Widerspruch“ vom 02.05.2022 als unzulässig zurück. Begründend führte die Bildungsdirektion Wien aus, dass gegen die Verständigung der Durchführung von Feststellungsprüfungen kein Rechtsmittel ergriffen werden könne. Die Angelegenheiten, die einem Widerspruch zugänglich seien, seien in den §§ 70 und 71 SchUG abschließend geregelt. Da ein Widerspruch gegen die Anberaumung von Feststellungsprüfungen in der abschließenden Aufzählung des § 71 Abs. 1 iVm § 70 Abs. 1 und § 71 Abs. 2 SchUG nicht vorgesehen sei, sei das als „Widerspruch“ bezeichnete Anbringen zurückzuweisen gewesen.
5. Dagegen erhob der durch seine Erziehungsberechtigte vertretene Beschwerdeführer, diese vertreten durch die Forsthuber & Partner Rechtsanwälte, fristgerecht Beschwerde.
6. Die Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt langte am 22.06.2022 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der am XXXX geborene Beschwerdeführer besuchte im Schuljahr 2021/22 die XXXX -Klasse ( XXXX . Schulstufe) der Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule in XXXX Wien, XXXX .
Mit Schreiben vom 26.04.2022 kündigte die Schule dem Beschwerdeführer Feststellungsprüfungen in den Gegenständen WINF am 11.05.2022, PROG am 12.05.2022, E am 16.05.2022, IMCM am 19.05.2022, UNCO am 20.05.2022, BW am 23.05.2022, MAM am 30.05.2022, D am 02.06.2022, NAWI am 08.06.2022 und OMAI am 09.06.2022, an.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der gegenständlichen Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deswegen als erwiesen anzusehen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt:
Leistungsbeurteilung für eine Schulstufe
§ 20. [..] (2) Wenn sich bei längerem Fernbleiben des Schülers vom Unterricht und in ähnlichen Ausnahmefällen auf Grund der nach § 18 Abs. 1 gewonnenen Beurteilung eine sichere Beurteilung für die ganze Schulstufe nicht treffen läßt, hat der Lehrer eine Prüfung durchzuführen, von der der Schüler zwei Wochen vorher zu verständigen ist (Feststellungsprüfung). Dabei ist im Fall des Besuches einer Deutschförderklasse während des ersten Semesters und der Fortsetzung des Schulbesuches als ordentlicher Schüler ohne besondere Sprachförderung im zweiten Semester das Ergebnis des standardisierten Testverfahrens gemäß § 18 Abs. 14 nach Maßgabe der lehrplanmäßigen Übereinstimmung in die Leistungsbeurteilung für die betreffende Schulstufe einzubeziehen.
(3) Wenn ein Schüler ohne eigenes Verschulden so viel vom Unterricht versäumt, daß die erfolgreiche Ablegung der Prüfung (Abs. 2) nicht zu erwarten ist, ist sie ihm vom Schulleiter auf mindestens acht, höchstens zwölf Wochen - bei lehrgangsmäßigen Berufsschulen höchstens bis zum Beginn des nächsten der Schulstufe entsprechenden Lehrganges im nächsten Schuljahr - zu stunden (Nachtragsprüfung). Hat der Schüler die Nachtragsprüfung nicht bestanden, ist er auf Antrag innerhalb von zwei Wochen zu einer Wiederholung der Nachtragsprüfung zuzulassen; der Antrag ist spätestens am dritten Tag nach Ablegung dieser Prüfung zu stellen.
[..]
Verfahren
§ 70. (1) Soweit zur Durchführung von Verfahren andere Organe als die Schulbehörden berufen sind, finden die allgemeinen Verfahrensbestimmungen des AVG keine Anwendung und sind in den nachstehend angeführten Angelegenheiten die Absätze 2 bis 4 anzuwenden:a) Aufnahme in die Schule und Übertritt in eine andere Schulart oder eine andere Form oder Fachrichtung einer Schulart (§§ 3 bis 5, 29 bis 31),b) Zulassung zu Aufnahms- und Eignungsprüfungen (§ 6),c) Besuch von Pflichtgegenständen, Freigegenständen, verbindlichen und unverbindlichen Übungen, des Förderunterrichtes, des Betreuungsteils an ganztägigen Schulen, das Überspringen einzelner Unterrichtsgegenstände sowie die zeitweise Teilnahme am Unterricht in einem höheren Semester (§§ 11, 12, 12a, 26b, 26c),d) Festlegung besonderer Lehrplanmaßnahmen für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf (§ 17 Abs. 4 lit. b),e) Bestimmung von Beurteilungsgrundlagen gemäß § 18 Abs. 12,f) Stundung von Feststellungsprüfungen (§ 20 Abs. 3),g) Maßnahmen der Begabungsförderung (§§ 26, 26a, 26b, 26c),h) Verlängerung der Höchstdauer des Schulbesuches (§ 32 Abs. 8),i) Zulassung zu abschließenden Prüfungen einschließlich Vorprüfungen und Zusatzprüfungen in einer anderen als der beantragten Form und Nichtzulassung zu diesen Prüfungen sowie Zulassung zu Externistenprüfungen (§§ 36a, 40 bis 42),j) Fernbleiben von der Schule (§ 45),k) Versetzung in eine Parallelklasse oder einen anderen Lehrgang (§ 47 Abs. 2).
(2) Der Erlassung einer Entscheidung hat die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, soweit er nicht von vornherein klar gegeben ist, durch Beweise voranzugehen. Als Beweismittel kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Dem Schüler (Aufnahmsbewerber, Prüfungskandidaten) ist, sofern der Sachverhalt nicht von vornherein klar gegeben ist oder seinem Standpunkt nicht vollinhaltlich Rechnung getragen werden soll, Gelegenheit zu geben, zu den Sachverhaltsfeststellungen Stellung zu nehmen.
(2a) Das verfahrensleitende Organ hat von den Verfahrensbestimmungen nach Maßgabe der technischen Gegebenheiten abzuweichen, wenn dies für Körper- oder Sinnesbehinderte, die am Verfahren beteiligt sind, erforderlich ist.
(3) Entscheidungen können sowohl mündlich als auch schriftlich erlassen werden. Sofern einem Ansuchen nicht vollinhaltlich stattgegeben wird, kann innerhalb einer Woche eine schriftliche Ausfertigung der Entscheidung verlangt werden.
(4) Die schriftliche Ausfertigung einer Entscheidung hat zu enthalten:a) Bezeichnung und Standort der Schule, Bezeichnung des entscheidenden Organes;b) den Inhalt der Entscheidung unter Anführung der angewendeten Gesetzesstellen;c) die Begründung, wenn dem Standpunkt des Schülers (Aufnahmsbewerbers, Prüfungskandidaten) nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird;d) Datum der Entscheidung;e) die Unterschrift des entscheidenden Organes, bei Kollegialorganen des Vorsitzenden;f) die Belehrung über die Widerspruchsmöglichkeit, wenn dem Ansuchen nicht vollinhaltlich stattgegeben wird.
Provisorialverfahren (Widerspruch)
§ 71. (1) Gegen Entscheidungen in den Angelegenheiten des § 70 Abs. 1 ist Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. Der Widerspruch ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) innerhalb von fünf Tagen bei der Schule, im Falle der Externistenprüfungen bei der Prüfungskommission, einzubringen.
(2) Gegen die Entscheidung,a) daß die Einstufungs-, Aufnahms- oder Eignungsprüfung nicht bestanden worden ist (§§ 3, 8, 28 bis 31),b) betreffend den Wechsel von Schulstufen (§ 17 Abs. 5),c) dass der Schüler zum Aufsteigen nicht berechtigt ist oder die letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen hat (Entscheidung gemäß § 20 Abs. 6, 8 und 10, Entscheidung nach Ablegung von einer oder zwei Wiederholungsprüfungen, jeweils in Verbindung mit § 25),d) daß die Aufnahmsprüfung gemäß § 31b Abs. 3 nicht bestanden worden ist,e) dass der Schüler auf der nächsten Schulstufe gemäß einem anderen Leistungsniveau unterrichtet wird (§ 31b Abs. 7),f) daß eine Reifeprüfung, eine Reife- und Diplomprüfung, eine Diplomprüfung, eine Abschlußprüfung, eine Zusatzprüfung oder eine Externistenprüfung nicht bestanden worden ist (§§ 38, 41, 42),g) dass dem Ansuchen gemäß § 26a nicht vollinhaltlich stattgegeben wurde,h) dass der letztmögliche Antritt zu einer Ausgleichsprüfung gemäß § 30 Abs. 6 nicht bestanden worden ist,
ist ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. Der Widerspruch ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) innerhalb von fünf Tagen bei der Schule, im Falle der Externistenprüfungen bei der Prüfungskommission, einzubringen. Der Schulleiter (der Vorsitzende der Prüfungskommission) hat den Widerspruch unter Anschluß einer Stellungnahme der Lehrer (Prüfer), auf deren Beurteilungen sich die Entscheidung gründet, sowie unter Anschluß aller sonstigen Beweismittel unverzüglich der zuständigen Schulbehörde vorzulegen.
(2a) Mit Einbringen des Widerspruches tritt die (provisoriale) Entscheidung der Organe in den Angelegenheiten des § 70 Abs. 1 und des § 71 Abs. 2 außer Kraft. In diesen Fällen hat die zuständige Schulbehörde das Verwaltungsverfahren einzuleiten und die Entscheidung mit Bescheid zu treffen.
(3) Die Frist für die Einbringung des Widerspruchs beginnt im Falle der mündlichen Verkündung der Entscheidung mit dieser, im Falle der schriftlichen Ausfertigung der Entscheidung jedoch mit der Zustellung.
[..]
(9) Gegen andere als in Abs. 1 und 2 genannte Entscheidungen von schulischen Organen ist ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde nicht zulässig.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind nur Angelegenheiten mittels Widerspruchs bekämpfbar, welche in § 71 Abs. 1 und 2 SchUG taxativ aufgezählt sind (vgl. VwGH vom 21.12.2016, Ra 2016/10/0106). Gemäß § 71 Abs. 9 SchUG ist gegen Entscheidungen, die weder im Abs. 1 (iVm § 70 Abs. 1) noch im Abs. 2 genannt werden, ein Widerspruch nicht zulässig (vgl. E 15. November 1993, 92/10/0464; E 15. November 1993, 93/10/0163). Nur in den Fällen eines zulässig erhobenen Widerspruchs hat die zuständige Schulbehörde ein Verwaltungsverfahren durchzuführen und eine Entscheidung mit Bescheid zu treffen (vgl. VwGH vom 21.12.2016, Ra 2016/10/0106).
Bezogen auf den vorliegenden Fall ergibt sich daraus:
Dem Beschwerdeführer wurden mit Schreiben der Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule Wien 10 vom 26.04.2022 Feststellungsprüfungen im Zeitraum von 11.05.2022 bis 09.06.2022 gemäß § 21 LBVO angekündigt. Gegen die Ankündigung von Feststellungsprüfungen sieht das Gesetz – mangels entsprechender Aufzählung in den taxativ angeführten Angelegenheiten des § 70 Abs. 1 SchUG – einen Widerspruch nicht vor. Fallgegenständlich liegt somit keine anfechtbare Entscheidung vor, die einem Widerspruch gemäß § 71 Abs. 1 und 2 iVm § 70 Abs. 1 SchUG zugänglich wäre.
Es wird nicht verkannt, dass gemäß § 71 Abs. 1 iVm § 70 Abs. 1 lit. f SchUG Angelegenheiten der Stundung von Feststellungsprüfungen (§ 20 Abs. 3 SchUG) einem Widerspruch zugänglich sind. Jedoch richtet sich der „Widerspruch“ vom 02.05.2022 ausdrücklich gegen die Ankündigung von Feststellungsprüfungen (§ 20 Abs. 2 SchUG). Sache des Verfahrens vor der Schulbehörde war daher ausschließlich die unzulässig angefochtene Ankündigung von Feststellungsprüfungen und nicht eine Entscheidung nach § 20 Abs. 3 SchUG.
Der Bildungsdirektion Wien war daher eine inhaltliche Entscheidung verwehrt und hat sie den „Widerspruch“ vom 02.05.2022 zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
Ein gesonderter Abspruch über die aufschiebende Wirkung erübrigt sich angesichts der erfolgten Entscheidung.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Außerdem ist das Schulrecht nicht von Art. 6 EMRK und auch nicht von Art. 47 GRC erfasst (vgl. VfGH 10.03.2015, E 1993/2014, sowie VwGH 23.05.2017, Ra 2015/10/0127).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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