BVwG I403 2257833-1

BVwGI403 2257833-19.8.2022

ASVG §247
ASVG §414
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:I403.2257833.1.00

 

Spruch:

I403 2257833-1/2E

BESCHLUSS

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die Arbeiterkammer XXXX , Sozialpolitik, Maximilianstr. 7, 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt (PVA), Landesstelle XXXX vom 14.04.2022, Zl. XXXX , beschlossen:

A)

Die Beschwerde und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werden gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 414 Abs. 1 ASVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Begründung:

I. Verfahrensgang:

XXXX stellte am 12.11.2020 bei der Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: PVA) einen Antrag auf Zuerkennung von Schwerarbeitszeiten im Zeitraum vom 01.09.2005 bis 31.12.2020. Der Antrag wurde mit Bescheid der PVA vom 14.01.2021 abgewiesen. Gegen den Bescheid wurde Klage beim Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht eingebracht, die Klage allerdings am 22.03.2022 wieder zurückgezogen (Zl. XXXX ).

Mit Bescheid der PVA, Landesstelle XXXX , vom 14.04.2022 wurde im Spruch festgestellt: „Ihr Antrag vom 12. November 2020 auf Anerkennung von Schwerarbeitszeiten im Zeitraum vom 1. September 2005 bis 31. Dezember 2020 wird abgelehnt.“ In der Rechtsmittelbelehrung wurde über das Klagsrecht an das Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht informiert und auf die Frist von 3 Monaten verwiesen. Dagegen wurde mit Schriftsatz vom 13.07.2022, eingelangt bei der PVA am 15.07.2022, „Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht“ erhoben und eventualiter ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Beschwerde und Wiedereinsetzungsantrag wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 03.08.2022 vorgelegt. Zudem wurde auch wieder Klage an das Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht (Zl. XXXX ) erhoben.

Zur Zulässigkeit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wurde im Schriftsatz vom 13.07.2022 ausgeführt, dass dem angefochtenen Bescheid keine Antragstellung zugrunde liege. Daher sei der Bescheid als „Nullum“ anzusehen. Somit handle es sich nicht um eine Leistungssache, welche im Wege der sukzessiven Kompetenz vor dem Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht zu klären sei, sondern um eine Verwaltungssache.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der oben wiedergegebene Verfahrensgang wird festgestellt. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde von der PVA die Anerkennung von Schwerarbeitszeiten in einem näher genannten Zeitraum gem. § 247 ASVG abgelehnt.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und somit die Feststellungen ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde

Gemäß § 354 Z 4 ASVG sind die Feststellung von Versicherungs- und Schwerarbeitszeiten Leistungssachen. Alle nicht gemäß § 354 als Leistungssachen geltenden Angelegenheiten, für die nach § 352 die Bestimmungen dieses Teiles gelten, sind Verwaltungssachen. Die Feststellung von Versicherungs- und Schwerarbeitszeiten nach § 247 ASVG ist gemäß § 65 Abs. 1 Z 4 des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes (ASGG) eine Sozialrechtssache, über die wiederum gemäß § 2 ASGG die ordentlichen Gerichte zur Entscheidung berufen sind.

Über die (Nicht-) Anerkennung von Schwerarbeitszeiten, bei der es sich um eine Leistungssache im Sinne des § 354 ASVG handelt, entscheiden daher die ordentlichen Gerichte.

Wie festgestellt, wurde vorliegend gem. § 247 ASVG mit einem Bescheid über die Feststellung von Schwerarbeitszeiten abgesprochen. Dabei handelt es sich, wie sich aus § 354 Z 4 ASVG ergibt, um eine Leistungssache.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass zu den Verwaltungssachen nach der bisherigen Rsp auch die verfahrensrechtliche Behandlung von Anträgen in Leistungssachen gehört, also etwa die Beurteilung ihrer Zulässigkeit oder von Wiedereinsetzungs- und Wiederaufnahmeanträgen in Leistungssachen (VwGH 98/08/0419, VwSlg 15.719 A; Pöltner/​Pacic, ASVG § 355 Anm 1; krit Rudolf Müller, DRdA 1986, 369 [372, 373 ff]).

So stellte der VwGH etwa in dem Erkenntnis vom 21.11.2001, Zl. 98/08/0419, fest: “Gemäß § 355 ASVG sind alle nicht gemäß § 354 als Leistungssachen geltende Angelegenheiten, für die nach § 352 die Bestimmungen dieses Teiles gelten, Verwaltungssachen. Zu diesen zählt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch die Wiederaufnahme eines Leistungsverfahrens sowie die Zurückweisung eines Leistungsantrages wegen entschiedener Sache (vgl. die Erkenntnisse vom 2. Mai 1978, VwSlg. 9551/A, und vom 24. Oktober 1985, 85/08/0131). Ebenso wurde die Berichtigung eines Leistungsbescheides den Verwaltungssachen zugeordnet (vgl. das Erkenntnis vom 30. September 1983, 83/08/0125) und ausgesprochen, dass gegen Bescheide des Versicherungsträgers, mit denen die Unzulässigkeit eines Antrages nach § 101 ASVG ausgesprochen wurde, gemäß § 355 iVm § 412 ASVG der Verwaltungsweg durch Einspruch an den Landeshauptmann eröffnet ist (vgl. das diesen Standpunkt ausführlich begründende Erkenntnis vom 16. Juni 1992, 89/08/0264). Auch der hier zu beurteilende Fall liegt nicht anders, weil nicht die sozialversicherungsrechtliche Hauptfrage, sondern eine dem Verfahrensrecht zugehörige Frage zu entscheiden ist. Die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG stellt eine der eigentlichen Leistungssache vorgelagerte prozessuale Frage dar, die demnach den Verwaltungssachen im Sinne des § 355 ASVG zuzurechnen ist.“

Entsprechend ist etwa ein Zurückweisungsbescheid wegen entschiedener Sache als Verwaltungssache iSv § 355 ASVG zu verstehen, für welche der Rechtszug zum Bundesverwaltungsgericht geht. Dies ist aber gegenständlich nicht der Fall: Sache des angefochtenen Bescheides ist keine vorgelagerte prozessuale Frage, sondern alleine die Frage der (Nicht-)Anerkennung von Schwerarbeitszeiten.

Es handelt sich beim angefochtenen Bescheid daher um eine Leistungs- und nicht um eine Verwaltungssache im Sinne des § 355 ASVG. Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann nur gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Das Bundesverwaltungsgericht ist sohin für die Entscheidung sachlich nicht zuständig. Vielmehr sind gem. § 65 ASGG Bescheide betreffend Leistungssachen der Sozialversicherung (vgl § 354 ASVG) beim Arbeits- und Sozialgericht mit Klage anzufechten und war die Rechtsmittelbelehrung insoweit zutreffend. Insofern in der Beschwerde angemerkt wird, dass keine Antragstellung des Beschwerdeführers vorliege, der Bescheid daher als „Nullum“ und die Rechtssache als Verwaltungssache anzusehen sei, kann damit keine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über den in einer Leistungssache ergangenen Bescheid begründet werden.

Der Vollständigkeit halber wird darauf verwiesen, dass nach den Ausführungen in der Beschwerdevorlage eine Klage an das Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht bereits erhoben wurde, weshalb von einer Weiterleitung gem. § 6 AVG Abstand genommen wird.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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