BFA-VG §22a Abs1 Z1
BFA-VG §22a Abs1 Z2
BFA-VG §22a Abs1a
BFA-VG §40 Abs1
BFA-VG §40 Abs2
B-VG Art130 Abs1 Z2
B-VG Art133 Abs4
VwG-AufwErsV §1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §35
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W247.2117313.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , staatenlos, vertreten durch XXXX , wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird gemäß §§ 22a Abs. 1 Z 1 und Z 2, 40 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, idgF., iVm Art. 1 Abs. 3, 2. Satz Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988, idgF., stattgegeben und die Festnahme vom 30.09.2015, sowie die Anhaltung vom 30.09.2015 (17:30 Uhr) bis zum bis 02.10.2015 (17:30) für rechtswidrig erklärt.
II. Gemäß § 35 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2017, in Verbindung mit § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, hat der Bund (Bundesminister für Inneres) der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in Höhe von € 1475,2- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom 16.11.2015, beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) eingebracht am 18.11.2015, erhoben die Eltern der minderjährigen Beschwerdeführerin (BF) für sich selbst, sowie ihre vier minderjährigen Kinder, durch ihren gewillkürten Vertreter eine Maßnahmenbeschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und 2 BFA-VG iVm Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG gegen ihre Festnahme vom 30.09.2016, 17:30 Uhr, gegen ihre Anhaltung im Rahmen der Festnahme vom 30.09.2015, 17:30 Uhr bis zum 05.10.2015, 17:00 Uhr, sowie die Umstände der Anhaltung während der Anhaltezeit.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sie sich am 30.10.2015 (gemeint wohl: 30.09.2015) aus eigenem zum Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion XXXX , begeben hätten, um Anträge auf internationalen Schutz zu stellen. Es sei ihnen dort mitgeteilt worden, dass dies derzeit nicht möglich wäre, weshalb sie von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Bundesbetreuungsstelle XXXX gebracht worden seien. Sie hätten dort erst nach mehrmaligem Nachfragen und über Vermittlung Essen erhalten und wären sie erst gegen 17:00 Uhr in das Haus eingelassen worden.
Unmittelbar nach der Antragstellung auf internationalen Schutz seien sie in einen Bereich verbracht worden, den sie nicht verlassen hätten können. Es sei ihnen hierbei das Informationsblatt übergeben worden mit der Mitteilung, dass ihre Anhaltung für maximal 48 Stunden zulässig sei. Auch seien ihnen ihre Habseligkeiten, darunter ihr Handy, abgenommen worden, sodass kein Kontakt mehr mit ihren Betreuern in Wien möglich gewesen sei. Sie seien schließlich nach mehrstündiger Anhaltung noch am selben Tag gegen 23:00 Uhr zum XXXX gebracht worden, wo sie abermals erst nach mehrmaligem Nachfragen Essen und Trinken erhalten hätten. Der Vater der Beschwerdeführerin sei dann aufgefordert worden, sich getrennt von seiner Ehegattin (der Mutter der Beschwerdeführerin), sowie den minderjährigen Kindern, in den Männertrakt zu begeben und wäre er, als er sich geweigert habe, dieser Aufforderung nachzukommen, angeschrien worden. Der Vater der Beschwerdeführerin wäre für die gesamte Dauer der Anhaltung getrennt vom Rest seiner Familie untergebracht worden, worunter sie sehr gelitten hätten. Der Umstand der getrennten Unterbringung stelle eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung iSd Art. 3 EMRK dar, ebenso wie auch der Umstand, dass die Kinder nicht in kindergerechten Räumlichkeiten untergebracht gewesen seien. Auch seien die Bedürfnisse der minderjährigen Kinder nicht ausreichend berücksichtigt worden, da diese weder Spielzeuge noch kinderspezifische Betreuung erhalten hätten.
Die gesamte Situation der Anhaltung (verschlossene Schlafräume von 21:00 Uhr bis 7:00 Uhr; Stacheldraht; Videokameras und hohe Mauern rund um das AHZ; Trennung zwischen dem Vater der Beschwerdeführerin und der Ehegattin sowie der Beschwerdeführerin und ihren Geschwistern) habe eine große Belastung für die gesamte Familie dargestellt. Der Vater der Beschwerdeführerin habe sich mehrmals nach dem Grund der Anhaltung erkundigt, jedoch keinerlei Informationen erhalten. Während der gesamten Anhaltung sei ihnen ein Verlassen des AHZ nicht möglich gewesen. Im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung am 04.10.2015 im AHZ XXXX sei die Mutter der Beschwerdeführerin gezwungen worden, das Kopftuch abzunehmen, obwohl Männer im Raum anwesend gewesen seien. Dies habe bei ihr Gefühle von Scham und Erniedrigung ausgelöst. Die am 30.09.2015 erfolgte Festnahme nach Stellung der Anträge auf internationalen Schutz habe die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit verletzt. Die auf die Festnahme folgende Anhaltung sei hinsichtlich ihrer Dauer unverhältnismäßig gewesen und würden die Umstände der Anhaltung eine erniedrigende Anhaltung iSd Art. 3 EMRK darstellen. Nach Einbringung der Maßnahmenbeschwerde habe ihr gewillkürter Vertreter die Einsichtnahme in die fremdenpolizeilichen Verfahrensakte (hierunter auch die Anhalteprotokolle) begehrt, was ihm verweigert worden sei, sodass die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen in ihrem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Art. 47 GRC verletzt worden seien. Das BVwG möge zum Schluss kommen, dass es sowohl hinsichtlich der Festnahme und Anhaltung der Beschwerdeführer als auch der Dauer der Anhaltung als auch der Modalitäten der Anhaltung der Beschwerdeführer das zuständige Gericht sei. Die Festnahme der Beschwerdeführerin, ihrer Eltern und ihrer Geschwister sei überdies auch ohne verfassungsrechtliche Grundlage erfolgt. Weiters sei anzumerken, dass der bloß rechtswidrige Aufenthalt einer Person bereits auf Grund der Aufnahme-RL keinen Grund darstelle, eine Person in Haft zu nehmen. Vielmehr dürfe dieser zufolge eine Haftverhängung nur erfolgen, wenn eine Einzelfallprüfung ergeben habe, dass weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam angewendet werden könnten. Von Beschwerdeseite wurde beantragt, das BVwG möge
1) feststellen, dass die Festnahme der Beschwerdeführerin, sowie ihrer Eltern und Geschwister gemäß § 40 BFA-VG in rechtswidriger bzw. unionsrechtswidriger Weise erfolgt sei;
2) feststellen, dass ihre Anhaltung gem. § 40 Abs. 4 BFA-VG von 30.09.2015, 17:30 Uhr bis 05.10.2015, 17:00 Uhr, in rechtswidriger Weise erfolgt sei;
3) feststellen, dass sie durch die Umstände der Anhaltung in ihren gemäß Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC gewährleisteten Rechten verletzt worden seien;
4) eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme der Eltern der Beschwerdeführerin und eines informierten Vertreters bzw. einer informierten Vertreterin des Bundesministeriums für Inneres als Zeugen durchführen;
5) dem Antrag auf Verfahrenshilfe stattzugeben;
6) sie von der Eingabegebühr zu befreien;
7) ihnen die Aufwendungen gemäß § 35 VwGVG iVm Art. 1 VwG-Aufwandersatzverordnung (Schriftsatz- und allenfalls Verhandlungsaufwand) ersetzen;
8) ihnen etwaige Dolmetscherkosten zu ersetzen und im Fall des Obsiegens der Behörde sie vom Ersatz des Aufwandersatzes zu befreien.
2. Mit Beschluss des BVwG vom 24.11.2015 wurde die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Umstände der Anhaltung richtet, gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG an das Landesverwaltungsgericht (im Folgenden: LVwG) XXXX sowie das Landesverwaltungsgericht Steiermark weitergeleitet.
Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass die Beschwerde, soweit diese die über die Dauer der Anhaltung hinausgehenden Umstände der Anhaltung rüge, auf § 88 SPG basiere und in die Kompetenz des örtlich zuständigen Landesverwaltungsgerichts falle.
3. Mit Stellungnahme vom 21.03.2016 brachten die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen durch ihren gewillkürten Vertreter vor, dass die sachliche Zuständigkeit zur Behandlung der Beschwerde, auch soweit sie sich gegen die Umstände der Anhaltung richtet, beim BVwG konzentriert wäre. Es werde daher auf die vollständige Erledigung aller bereits gestellten Anträge beharrt. Beigefügt wurde der Beschwerde ein Beschluss des Verwaltungsgerichts XXXX vom 24.02.2016, mit welchem eine (einen anderen Fall betreffende) Beschwerde zuständigkeitshalber an das Bundesverwaltungsgericht zurückgeleitet wurde.
4. Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des BVwG vom 19.09.2017 wurde die gegenständliche Rechtssache der bisherigen Gerichtsabteilung abgenommen. Mit 29.09.2017 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W247 neu zugewiesen.
5. Mit Verfügung des BVwG vom 28.11.2017 wurde das BFA - zur Vervollständigung des Akteninhaltes - binnen 14 Tagen ab Zustellung des Schreibens zur Beantwortung folgender Fragen ersucht (Anm.: mit Beschwerdeführer sind die Beschwerdeführerin sowie ihre Eltern und Geschwister gemeint):
1. Auf Basis welcher Rechtsgrundlage erfolgte die Festnahme/Anhaltung der Beschwerdeführer?
2. Welches Organ führte die Festnahme/Anhaltung der Beschwerdeführer durch?
3. Auf welche Art und wann wurden die Beschwerdeführer über die Gründe ihrer Festnahme/Anhaltung informiert?
4. Wann und wo begann bzw. endete die Anhaltung?
5. Wie gestaltete sich die Unterbringung der Beschwerdeführer (waren diese gemeinsam oder getrennt untergebracht? Bestand im Falle einer getrennten Unterbringung eine direkte Kontaktmöglichkeit untereinander)?
6. Wie wurden die Beschwerdeführer während der Festnahme/Anhaltung verpflegt?
7. Wann erfolgte die Erstbefragung der Beschwerdeführer anlässlich ihrer Antragstellung auf internationalen Schutz?
Unter einem wurde das BFA beauftragt, die vollständigen Anhalteprotokolle betreffend die erfolgten Anhaltungen der Beschwerdeführerin und ihrer Familienangehörigen vorzulegen.
6. Mit schriftlicher Äußerung vom 27.12.2017 beantwortete das BFA im Wesentlichen zusammengefasst die obigen Fragen des BVwG, wie folgt:
ad Frage 1.)
Die Beschwerdeführer hätten am 30.09.2015 ihre Antragstellungen auf internationalen Schutz wiederholt, da sie einer nachweislich ausgefolgten Ladung für den 26.09.2015 keine Folge geleistet hätten. Da aus Ressourcengründen die ersten Maßnahmen gemäß § 42 BFA-VG nicht vor Ort erfolgen hätten können, seien die Beschwerdeführer in die Betreuungsstelle XXXX verbracht worden. Zu diesem Zeitpunkt seien sie noch nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen, weshalb sie in der Polizeiinspektion (PI) XXXX um 17:30 Uhr gemäß § 40 Abs. 2 BFA-VG vom do. Organ aus Eigenem festgenommen worden sein.
ad Frage 2.)
XXXX
ad Frage 3.)
Den Beschwerdeführern sei anlässlich ihrer Festnahme das Informationsblatt für Festgenommene ausgehändigt worden, was vom BF1 bestätigt worden sei.
ad Frage 4.)
Die Anhaltung habe in der PI XXXX am 30.09.2015 um 17.30 begonnen und im AHZ XXXX am 05.10.2015 um 17:00 Uhr geendet.
ad Frage 5.)
Zusammenfassend wurde seitens des BFA ausgeführt, dass die Frage nicht beantwortet werden könne, da nur die Anhaltung als Rechtsgrundlage für ihren Vollzug dem BFA zurechenbar sei. Der Vollzug der Anhaltung obliege gemäß § 40 BFA-VG den LPD. Der Fremdenpolizei, die Teil der Sicherheitsverwaltung sei, obliege unter anderem die Überwachung des Aufenthalts Fremder im Bundesgebiet. Die Fremdenpolizei falle gemäß § 5 FPG in die sachliche Zuständigkeit der LPD als Sicherheitsbehörden iSd § 2 SPG. Dementsprechend obliege den LPD gemäß § 5 BFA-VG auch der Vollzug der Anhaltung gemäß § 40 BFA-VG als Teil der Sicherheitsverwaltung. Das BFA könne daher über die Modalitäten des Vollzugs keine Auskunft erteilen, sondern obliege die Beantwortung der diesbezüglichen Frage der zuständigen LPD.
Beigefügt wurden der schriftlichen Äußerung des BFA die seitens des BVwG angeforderten Anhalteprotokolle.
7. Mit hg Schreiben vom 23.03.2018 wurde die schriftliche Äußerung des BFA vom 27.12.2017, samt den im Anhang zu dieser schriftlichen Äußerung übermittelten Anhalteprotokollen, im Rahmen eines Parteiengehörs der Beschwerdeseite übermittelt und der Beschwerdeführerin und ihren Familienangehörigen die Möglichkeit eingeräumt, bis zum 06.04.2018 hierzu schriftlich Stellung zu nehmen.
8. Mit Schreiben vom 05.04.2018 übermittelte der gewillkürte Stellvertreter der Beschwerdeführerin und ihrer Familienangehörigen einen Antrag auf Erstreckung der Frist zu einer schriftlichen Stellungnahme um weitere zwei Wochen (d.h. bis zum 20.04.2018). Diesem Antrag wurde seitens des erkennenden Gerichts entsprochen und die Frist zur schriftlichen Stellungnahme um weitere zwei Wochen erstreckt. Die Beschwerdeseite wurde mit hg Schreiben vom 06.04.2018 über diese Fristerstreckung bis zum 20.04.2018 informiert.
9. Mit für die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen gleichlautendem, fristgerecht eingebrachten, Schriftsatz vom 20.04.2018, wurde zu im Rahmen des Parteiengehörs vom 23.03.2018 übermitteltem Schriftsatz des BFA vom 27.12.2017, beschwerdeseitig - wie folgt - Stellung bezogen:
„• Zur Frage 1 (Auf Basis welcher Rechtsgrundlage erfolgte die Festnahme/Anhaltung)
In diesem Zusammenhang bringt das Bundesamt vor, dass den BF am 19.09.2015 in der Wiener Stadthalle eine Ladung gegen Unterschriftsleistung für den 26.09.2015 ausgehändigt worden wäre. Dies ist jedoch unzutreffend. Weder dem BF 1 (der Vater der Beschwerdeführerin, Anm.) noch der BF 2 (die Mutter der Beschwerdeführerin, Anm.) ist erinnerlich, dass ihnen eine derartige Ladung ausgefolgt wurde. Am 19.09.2015 wurden die BF (die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen, Anm.) von einer Freundin, XXXX , einer Journalistin, begleitet, welche in der Lage ist, zu bestätigen, dass den BF keine Ladung ausgefolgt wurde.
Beweis: PV, Einvernahme von Frau XXXX , p.a. XXXX , XXXX , als Zeugin
Dem Bundesamt muss weiters dahingehend entgegengetreten werden, dass die BF am 30.09.2015 in die Betreuungsstelle XXXX verbracht worden wären. Vielmehr luhren die BF am 30.09.2015 selbst nach Traiskirchen zur BS XXXX .
Beweis: PV
• Zu den Fragen 5 bis 7 (betreffend den Vollzug der Haft)
In diesem Zusammenhang wird von Seiten der BF klargestellt, dass im Hinblick auf den Vollzug der Haft die Landespolizeidirektion XXXX bzw die Landespolizeidirektion XXXX belangte Behörden iSd § 9 Abs 2 Z 2 VwGVG sind.“
10. Mit Erkenntnis des BVwG vom 24.04.2018, gab dieses der Beschwerde der Beschwerdeführerin gestützt auf § 22a Abs. 1 Z 1 und Z 2 BFA-VG iVm Art. 1 Abs. 3, zweiter Satz, Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrG) iVm § 40 Abs. 4 BFA-VG teilweise statt, indem es die Anhaltung der Beschwerdeführerin in der Zeit vom 2.10.2015, 17.30 Uhr, bis 5.10.2015, 17.00 Uhr, für rechtswidrig erklärte [Spruchpunkt 6. A) I.]. Soweit sich die Beschwerde gegen die am 30.09.2015 erfolgte Festnahme, sowie die Anhaltung vom 30.09.2015, 17.30 Uhr, bis 02.10.2015, 17.30 Uhr bzw. die Umstände der Anhaltung richtete, wies das BVwG die Beschwerde als unbegründet ab [Spruchpunkt 6.) A) II.]. Weiters wurde der von der Beschwerdeführerin gestellte Antrag auf Kostenersatz gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG abgewiesen [Spruchpunkt 6.) A) III.], sowie ihre Anträge auf Ersatz der Eingabengebühr und auf Beigebung eines „unentgeltlichen Verfahrenshelfers (Rechtsanwalt)“ als unzulässig zurückgewiesen [Spruchpunkte 6.) A) IV. und 6.) A) V.]. Die Erhebung einer Revision erklärte das BVwG für nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Hinsichtlich der Eltern und Geschwister der Beschwerdeführerin ergingen jeweils idente Entscheidungen.
11. Gegen die Spruchpunkt 6.) A) II. und 6.) A) III. dieses Erkenntnises erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 24.09.2018, E 2227/2018-17, ablehnte. In weiterer Folge trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde mit Beschluss vom 11.10.2018, E 2227/2018-19, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
12. Mit Schriftsatz vom 22.11.2018 erhob die Beschwerdeführerin durch ihre rechtsfreundliche Vertretung, sodann eine außerordentliche Revision gegen jene Spruchpunkte des angefochtenen Erkenntnisses, mit denen die von ihr erhobene Beschwerde und der Antrag auf Kostenersatz abgewiesen wurden.
13. Mit Erkenntnis vom 17.09.2019, Zl. Ra 2019/14/0290-9, behob der Verwaltungsgerichtshof das angefochtene Erkenntnis des BVwG vom 24.04.2018, Zl. W 247 2117313-1/13E, soweit in seinem Spruchpunkt 6.) A) II. damit über die Rechtmäßigkeit der am 30.09.2015 erfolgten Festnahme und der Anhaltung von 30.09.2015, 17.30 Uhr, bis 02.10.2015, 17.30 Uhr, abgesprochen wurde, und in seinem Spruchpunkt 6.) A) III. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, sowie in seinem Spruchpunkt 6.) A) II., soweit damit über die Rechtmäßigkeit der Modalitäten der Anhaltung abgesprochen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die Beschwerdeführerin besitzt die im Spruch angeführte Identität und ist staatenlos. Die Beschwerdeführerin besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit eine Fremde im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.
Die Beschwerdeführerin stellte am 30.09.2015 beim BFA, XXXX , gemeinsam mit ihren Eltern und den minderjährigen Geschwistern Anträge auf internationalen Schutz.
Die BF war zum Zeitpunkt der Festnahme unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.
Die Beschwerdeführerin, sowie ihre Eltern und minderjährigen Geschwister wurden am 30.09.2015 um 17:30 Uhr von einem Beamten der PI XXXX festgenommen. Anlässlich der Festnahme wurde der Beschwerdeführerin, sowie ihren Familienangehörigen das Informationsblatt für Festgenommene ausgehändigt. Dies wurde von den Eltern der Beschwerdeführerin mittels Unterschrift im Anhalteprotokoll II bestätigt.
Die Beschwerdeführerin sowie ihre Eltern und minderjährigen Geschwister befanden sich vom 30.09.2015 (17:30 Uhr) bis zum 05.10.2015 (17:00 Uhr) in Verwaltungsverwahrungshaft.
Das Bundesverwaltungsgericht stellt den Verfahrensgang fest, wie dieser unter Pkt. I wiedergegeben ist.
2. Beweiswürdigung:
Die obigen Feststellungen ergeben sich aus einer Gesamtschau des vorliegenden Verwaltungsaktes, der gegenständlichen Maßnahmenbeschwerde und der schriftlichen Stellungnahme des BFA, der beschwerdeseitigen Unterlage, sowie der VwGH-Entscheidung vom 17.09.2017, Ra 2019/14/0290-9.
III. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit:
3.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 3 Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G) BGBl. I Nr. 87/2012 idgF obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl.I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl.I Nr.100 (Z 4).
Gemäß § 3 Abs. 2 FPG werden im Rahmen des 7., 8. und 11. Hauptstückes dieses Bundesgesetzes die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) als Behörde erster Instanz über dessen Auftrag oder aus Eigenem tätig. Gemäß § 5 Abs. 1a FPG obliegt dem Bundesamt (Z 1) die Anordnung der Abschiebung, die Feststellung der Duldung und die Vollstreckung von Rückführungsentscheidungen von EWR-Staaten gemäß dem 7. Hauptstück, (Z 2) die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gemäß dem 8. Hauptstück und (Z 3) die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde gemäß dem 11. Hauptstück. Gemäß § 6 Abs. 1a FPG ist das Bundesamt Behörde im Inland nach dem 7., 8. und 11. Hauptstück mit bundesweiter Zuständigkeit.
Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u. a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG (§§ 34 - 47 BFA-VG) und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z 3).
Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;
4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.
Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2) oder wenn gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3).
3.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde die Bezeichnung der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Z 1), die Bezeichnung der belangten Behörde (Z 2) bzw. des Organs, das die Maßnahme gesetzt hat (§ 9 Abs. 4 VwGVG), die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (Z 3), das Begehren (Z 4) sowie die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht wurde (Z 5), zu enthalten. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen (§ 7 Abs. 4 VwGVG) und beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 2 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung (§ 4 Abs. 4 Z 3 VwGVG).
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
3.2. Zu Spruchteil A):
Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a BFA-VG in der geltenden Fassung lautet:
"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."
Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit:
Artikel 1:
(1) Jedermann hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit).
(2) Niemand darf aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden.
(3) Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nur gesetzlich vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist; die persönliche Freiheit darf jeweils nur entzogen werden, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.
(4) Wer festgenommen oder angehalten wird, ist unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln und darf nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort seiner Anhaltung notwendig sind.
§ 22a Abs. 1 BFA-VG fasst sämtliche Beschwerdemöglichkeiten an das Bundesverwaltungsgericht, die einem Fremden gegen eine Festnahme oder eine Anhaltung nach dem BFA-VG oder gegen eine Schubhaft nach dem FPG zur Verfügung stehen, regelungstechnisch in einer Bestimmung zusammen; die Z 3 enthält eine solche gesetzestechnische Zusammenfassung hinsichtlich verschiedener Aspekte der Schubhaft (Schubhaftbescheid, Festnahme und Anhaltung). Ein gemeinsamer ("einheitlicher") Beschwerdegegenstand wird durch diese Regelungstechnik nicht begründet.
§ 22a Abs. 1 BFA-VG ermöglicht vielmehr eine prozessuale Verbindung mehrerer Beschwerden gegen verschiedene Beschwerdegegenstände - Schubhaftbescheid, Festnahme und Anhaltung - in einem einheitlichen Rechtsmittel zu einem einheitlichen Verfahren. Ob eine solche Verfahrensverbindung erfolgt, ob also mit einem einzigen Rechtsmittel mehrere Beschwerdegegenstände mit der Wirkung bekämpft werden, dass es zu einem gemeinsamen Verfahren darüber kommt, richtet sich nach der Beschwerdebehauptung. Welche(n) dieser Verwaltungsakte der Fremde in Beschwerde zieht, bleibt ihm überlassen. § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG sieht lediglich die Möglichkeit, nicht aber die Verpflichtung vor, den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung gemeinsam (oder in einer beliebigen Kombination) durch eine Gesamtbeschwerde zu bekämpfen. Der Fremde kann den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung auch durch Einzelanträge - unter einem oder nacheinander - in Beschwerde ziehen. Das Bundesverwaltungsgericht könnte solche Einzelanträge allerdings gemäß § 39 Abs. 2 AVG iVm. § 17 VwGVG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden, wodurch verfahrensrechtlich derselbe Zustand - wie bei einer Gesamtbeschwerde - eintreten würde. Sinngemäß gilt dasselbe für das Verhältnis der Beschwerden nach der Z 3 des § 22a Abs 1 einerseits und dessen Z 1 und 2 andererseits. In dem in der Praxis häufigen Fall, dass ein Fremder gemäß § 40 BFA-VG festgenommen und angehalten wird, in der Folge ein Schubhaftbescheid erlassen und dieser sogleich durch Anhaltung vollzogen wird, kann der Fremde in einer Gesamtbeschwerde sowohl - gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und 2 BFA-VG - gegen die Festnahme und Anhaltung als auch - gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG - gegen den Schubhaftbescheid und die folgende Anhaltung Beschwerde erheben; er kann dagegen aber auch mit gesonderten Beschwerden vorgehen. Das Bundesverwaltungsgericht ist an das Beschwerdevorbringen gebunden, darf also nur über jene Verwaltungsakte absprechen, die in Beschwerde gezogen wurden (vgl. VwGH vom 13.12.2012, 2011/21/0097).
Eine solche prozessuale Verbindung mehrerer Beschwerden zu einem einheitlichen Verfahren ist dem Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren nicht fremd. § 39 Abs. 2 und 2a AVG, der gemäß § 17 VwGVG auch auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht anwendbar ist, sieht eine Verbindung mehrerer Sachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung vor (vgl. auch §§ 187 und 404 Abs. 2 ZPO, die auch gemäß § 35 VfGG im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof anwendbar sind). § 22a Abs. 1 BFA-VG unterscheidet sich davon nur insoweit, als die Verbindung bereits im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung erfolgt, sodass erst gar nicht mehrere (in der Folge zu verbindende) Verfahren entstehen, sowie dadurch, dass die Verbindung nicht durch Entscheidung der Verwaltungsbehörde bzw. des Verwaltungsgerichts erfolgt, sondern durch eine Prozesshandlung des Beschwerdeführers.
Es kommt somit für (alle) Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG - wie schon bisher - das Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zur Anwendung (ebenso im Ergebnis Halm-Forsthuber/Höhl/Nedwed, Besonderheiten im fremden- und asylrechtlichen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, ÖJZ 2014/50, 293 [298]). Dieses Verfahren wird auch dem Charakter der Schubhaftbeschwerde als "habeas corpus-Verfahren" iSd. Art. 5 Abs 4 EMRK und des Art. 6 PersFrG am ehesten gerecht (VwGH vom 25.10.2012, 2012/21/0064). Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG sind daher gemäß § 20 VwGVG unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen. Die Beschwerdefrist beträgt gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG sechs Wochen.
Die Kosten im Verfahren bestimmen sich nach § 35 VwGVG.
3.2.1 Zur Frage der Rechtmäßigkeit der Festnahme
3.2.1.1. Spezielle Rechtslage zur Festnahme
Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nach § 40 Abs. 1 BFA-VG ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht (Z 1), wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt (Z 2) oder er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 3).
Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind gemäß § 40 Abs. 2 BFA-VG ermächtigt, Asylwerber oder Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Zwecke der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, wenn dieser Fremde nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist (Z 1), gegen diesen eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde (Z 2), gegen diesen nach § 27 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde (Z 3), gegen diesen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde (Z 4) oder auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird (Z 5).
In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann gemäß § 40 Abs. 3 BFA-VG die Festnahme unterbleiben, wenn gewährleistet ist, dass der Fremde das Bundesgebiet unverzüglich über eine Außengrenze verlässt.
Das Bundesamt ist gemäß § 40 Abs. 4 BFA-VG ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 bis zu 48 Stunden und in den Fällen des Abs. 1 Z 1 bis zu 72 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur gemäß § 77 Abs. 5 FPG oder in Schubhaft gemäß § 76 FPG möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.
3.2.1.2. Die verfahrensgegenständliche Festnahme und Anhaltung:
In seinem die Entscheidung des BVwG vom 24.04.2018, Zl. W247 2117313-1/13E, (wie oben angeführt, teilweise) behebenden Erkenntnis vom 17.09.2019, Zl. Ra 2019/14/0290-9, führte der Verwaltungsgerichtshof auszugsweise wörtlich aus, wie folgt:
„[…] Das Bundesverwaltungsgericht ging schließlich – allerdings ohne nähere Begründung – davon aus, dass die Festnahme der Revisionswerberin auch zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Sinn des § 40 Abs. 2 BFA-VG erfolgt sei.
Die hier maßgeblichen Bestimmungen (die – wie aus den oben wiedergegebenen ersichtlich ist - zum Teil ausdrücklich auf die Inhaftnahme Minderjähriger abstellen) schließen es nicht aus, dass auf deren Basis auch Minderjährigen die persönliche Freiheit entzogen werden kann.
Jedoch ist in jenem Fall, in dem Kinder von einer Inhaftierung für Zwecke der Aufenthaltsbeendigung betroffen sind, ein strenger Maßstab anzulegen, zumal sie diesfalls als außerordentlich schutzbedürftig anzusehen sind (…).
Die Revisionswerberin verweist zu Recht darauf, dass sie mit ihrer Familie – auch nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts – aus eigenem das Bundesamt für Fremdenwese und Asyl aufgesucht hat, damit dort die weiteren verfahrensrechtlichen Schritte nach der Antragstellung auf internationalen Schutz gesetzt würden. Dass dies seitens des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl aus Kapazitätsgründen nicht sogleich möglich war und daher die weiteren Verfahrensschritte nicht bei der Regionaldirektion XXXX dieser Behörde, sondern bei einer anderen Dienststelle erfolgen sollten, rechtfertigte aber nicht ohne Weiteres die Annahme, die nach Verbringung zu dieser anderen Dienststelle erfolgte Festnahme der Revisionswerberin und ihrer Familienangehörigen, die allen Anordnungen – sowohl jener des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl als auch jener der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes – betreffend ihre Mitwirkung an den noch vor ihrer Festnahme erfolgten Verfahrensschritten und Maßnahmen Folge geleistet hatten, werde im Sinne des § 40 Abs. 2 BFA-VG zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dienen. Dies gilt umso mehr für die im Zeitpunkt der Festnahme und Anhaltung erst dreijährige Revisionswerberin. War es doch schon im Zeitpunkt der Festnahme evident, dass hinsichtlich ihrer Person die als Verfahrenspartei erforderlichen Verfahrensschritte mit ihrem gesetzlichen Vertreter vorzunehmen sein werden (…).
Es ist sohin nicht ohne weiteres zu sehen, dass zu dieser Zeit mit gutem Grund hätte angenommen werden können, es werde überhaupt die Vorführung der (dreijährigen) Revisionswerberin vor das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Betracht zu ziehen sein.
Dann aber fehlte es schon an der Erfüllung dieses für die Festnahme und der darauf gegründeten Anhaltung notwendigen Tatbestandselementes, sodass sich diese Maßnahmen schon deswegen als rechtswidrig darstellen. (…)
Dass die Festnahme und die Anhaltung nicht dem (zeitnahen) Zweck der Vorführung vor das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dienen konnte, wird nicht zuletzt dadurch erhärtet, dass den Feststellungen zufolge die Revisionswerberin und ihre Familie, obgleich sich diese im Zeitpunkt ihrer Festnahme in der Betreuungsstelle XXXX und somit an derselben Örtlichkeit befunden hatten, an der auch die Erstaufnahmestelle XXXX des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl seinen Sitz hat, unmittelbar nach ihrer Festnahme in das Anhaltezentrum XXXX überstellt wurden. (… )
Nach Ausweis des vorgelegten die Revisionswerberin betreffenden Asylaktes des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl ist ausgehend vom auf dem Antrag - es handelt sich dabei um eine Kopie der von einem Polizeibeamten der Polizeiinspektion XXXX . mit ihrer Mutter (erst) am 03.10.2015 aufgenommenen Niederschrift über die nach dem AsylG 2005 nach der Antragstellung vorgesehene Erstbefragung, in der (u.a.) festgehalten wurde, dass die Mutter auch für die Revisionswerberin bereits am 30. September 2015, 17.30 Uhr, einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte - angebrachten Eingangsstempel als Datum des Eingangs dieses Antrages beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der 09.11.2015 verzeichnet.
Demnach gibt es – am Boden der bisherigen Feststellungen – keinen Hinweis dafür, dass mit gutem Grund – weder im Zeitpunkt der Festnahme noch danach – hätte angenommen werden können, die Festnahme und die Anhaltung der Revisionswerberin und ihrer Familienangehörigen könnte dem Zweck der Vorführung vor das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dienen. Kann aber diese nach § 40 Abs. 2 BFA-VG notwendige Voraussetzung, um überhaupt eine Festnahme vornehmen zu dürfen, mit der sich das Bundesverwaltungsgericht in Verkennung der Rechtslage überhaupt nicht beschäftigt hat, nicht als erfüllt angesehen werden, hat dies die Rechtswidrigkeit der Festnahme und der anschließenden Anhaltung zur Folge (…). Nach dem oben Gesagten können sich am Boden der bisherigen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts die Festnahme und die darauf gegründete Anhaltung nicht als dem Gesetz entsprechend darstellen. Das führt dazu, dass die zur Umsetzung der Festnahme und Anhaltung gesetzten und nachfolgenden Akte, die mit dieser eine Einheit bilden, rechtswidrig sein müssen (vgl. VwGH 29.05.2006, 2003/09/0040, mwN).
Auf die Frage der in der Revision angesprochenen Modalitäten der Anhaltung kommt es hier sohin - ausgehend von der Rechtswidrigkeit der Festnahme und der Anhaltung – nicht weiter an, weil diese von der Revisionswerberin evident nicht als eigenständige Maßnahmen verwaltungsbehördlicher Befehl- und Zwangsgewalt bekämpft wurden. Insoweit werden in Bezug auf die Revisionswerberin auch keine konkreten Handlungen von Organen beschrieben. Vielmehr war das diesbezügliche Vorbringen darauf gerichtet, darzulegen, dass sich die weitere Anhaltung auch wegen der räumlichen Situation jener Örtlichkeit, in der der Vollzug der Anhaltung bis zur Enthaftung erfolgte, als nicht dem Alter entsprechend und somit unverhältnismäßig (nach Ansicht der Revisionswerberin sogar gegen Art. 3 EMRK verstoßend) dargestellt habe. Aus den (bisherigen) Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich nichts, was im Licht der dargestellten Judikatur zu einer anderen Beurteilung zu führen hätte. Auch die Ausführungen in der Revision bekräftigen diese Einschätzung, weil in dieser (unter anderem auch) begehrt wird, die bekämpften Spruchpunkte des angefochtenen Erkenntnisses mögen (nur) dahin abgeändert werden, dass der Beschwerde stattgegeben und die am 30. September 2015 erfolgte Festnahme, sowie die daraufhin bis zum 2. Oktober 2015, 17.30 Uhr erfolgte Anhaltung für rechtswidrig erklärt werden solle. Demnach bestand für eine eigenständige Entscheidung über die Modalitäten der Anhaltung kein Raum, weshalb das Bundesverwaltungsgericht den dennoch darüber gefällten Ausspruch mit Rechtswidrigkeit infolge seiner Unzuständigkeit behaftet hat. (…)
Vor dem Hintergrund des oben Gesagten zur Rechtswidrigkeit der Festnahme und der Anhaltung verliert der Ausspruch des Bundesverwaltungsgerichts über die Nichtzuerkennung von Kostenersatz, den dieses damit begründet hat, dass die Revisionswerberin nicht vollständig obsiegt habe, seine Grundlage. […]“
Wenngleich nicht abschließend beurteilbar ist, ob die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Festnahme und Anhaltung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes als Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte, oder als Asylwerberin anzusehen war, so steht außer Streit, dass sie (und ihre Familienangehörigen) am 30.09.2015 festgenommen wurden.
Den oben wiedergegebenen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs folgend, ergaben sich jedoch keine konkreten Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen würden, dass die Festnahme der minderjährigen Beschwerdeführerin konkret zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erfolgt ist. Davon ausgehend fehlt es aber, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis umfassend dargelegt hat, an der Erfüllung dieses für die Festnahme und der darauf gegründeten Anhaltung notwendigen Tatbestandselementes iSd § 40 Abs. 2 BFA-VG, sodass sich diese Maßnahmen schon deshalb als rechtswidrig darstellen. Das führt dazu, dass die zur Umsetzung der Festnahme und Anhaltung gesetzten und nachfolgenden Akte, die mit dieser eine Einheit bilden, rechtswidrig sein müssen. Daraus folgt weiters, dass es auf die Frage der Umstände der Anhaltung hier nicht weiter ankommt, weil diese von der Beschwerdeführerin evident nicht als eigenständige Maßnahmen verwaltungsbehördlicher Befehl- und Zwangsgewalt bekämpft wurden, sodass für eine eigenständige Entscheidung über die Modalitäten der Anhaltung kein Raum bestand.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
3.2.1.3. Zur Kostenfrage:
Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH vom 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Beschwerdeverfahren obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bzw. angefochtene Schubhaftverhängung und Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklärt werden, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
§ 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013 lautet:
1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro
2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro.
3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro
4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro
5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro.
6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro.
7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.
Im gegenständlichen Verfahren wurde bereits mit Erkenntnis des BVwG vom 24.04.2018, Zl. W247 2117313-1/13E, die Anhaltung der Beschwerdeführerin vom 02.10.2015 (17:30 Uhr) bis zum 05.10.2015 (17:00 Uhr) für rechtswidrig erklärt. Die Festnahme am 30.09.2015 bzw. die Anhaltung vom 30.09.2015 (17:30) bis 02.10.2015 (17:30) wurde mit gegenständlichem hg. Erkenntnis in Entsprechung der in seinem Erkenntnis vom 17.09.2019 dargelegten Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshof nunmehr gleichfalls für rechtswidrig erklärt.
Der Behörde gebührt als unterlegene Partei daher kein Kostenersatz. Der BF gebührt daher, da sie mit ihrer Beschwerde gegen insgesamt zwei sachlich trenn- und unterscheidbare Verwaltungsakte (nämlich die erfolgte Festnahme am 30.09.2015 und Anhaltung vom 30.09.2015 (17.30h) bis zum 05.10.2015 (17.00h)) erfolgreich war, gemäß § 35 VwGVG Aufwandsersatz in doppelter Höhe.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2.2. Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
Das Bundesverwaltungsgericht ist nicht verpflichtet, eine Verhandlung anzuberaumen um nachweislich – und insbesondere wissentlich gemachte - tatsachenwidrige oder unvollständige Angaben zu vervollständigen oder zu überprüfen. Diesbezüglich besteht auch eine eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Mitwirkungspflicht.
Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnis oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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