BVwG W108 2246273-1

BVwGW108 2246273-130.5.2022

B-VG Art133 Abs4
DSG §1 Abs1
DSG §4
DSGVO Art4 Z1
DSGVO Art6 Abs1
DSGVO Art77
DSGVO Art9
GewO 1994 §151
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W108.2246273.1.00

 

Spruch:

 

 

W108 2246273-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gertrude BRAUCHART als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ulrich E. ZELLENBERG und Gerhard RAUB als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH, gegen die Spruchpunkte 1a) und 1b) des Bescheides der Datenschutzbehörde vom 06.08.2021 Zl. D205.434 2021-0.293.974, betreffend eine datenschutzrechtliche Angelegenheit

I. beschlossen

A)

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 1a) des angefochtenen Bescheides richtet, gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

II. zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 1b) des angefochtenen Bescheides richtet, gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Begründung /

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang/Sachverhalt:

1. Der nunmehrige Mitbeteiligte, XXXX , erhob mit am 26.11.2019 eingebrachtem (und am 15.12.2019 ergänztem) Schriftsatz eine Beschwerde gemäß Art. 77 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bzw. § 24 Datenschutzgesetz (DSG) bei der Datenschutzbehörde (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) gegen die nunmehrige Beschwerdeführerin, die über eine Gewerbeberechtigung als „Adressverlag und Direktwerbeunternehmen“ verfügt.

In der Datenschutzbeschwerde machte der Mitbeteiligte eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung gemäß § 1 Abs. 1 DSG geltend und führte dazu aus, die nunmehrige Beschwerdeführerin habe Daten bezüglich seines Lebensstils, seines Konsumverhaltens, seiner Wertvorstellungen und seiner politischen Gesinnung sowie „Parteien-Affinität“ gesammelt. Es sei wahrscheinlich, dass diese Daten an verschiedene Abnehmer weiterverkauft worden seien.

Der Datenschutzbeschwerde wurde die dem Mitbeteiligten von der Beschwerdeführerin erteilte Auskunft nach Art. 15 DSGVO vom 02.04.2019, die auch Daten zu „Geo-Milieus“ (in der Folge auch „ XXXX -Geo-Milieus“) enthält, beigefügt.

2. Über Aufforderung der belangten Behörde erstattete die Beschwerdeführerin am 31.01.2020 eine Stellungnahme zur Beschwerde, in der sie ausführte, dass – wie aus der erteilten Auskunft ersichtlich sei - die Daten des Mitbeteiligten nicht zu Marketingzwecken an Dritte weitergegeben worden seien. Die „Parteiaffinitäten“ sowie die sogenannten „Geo-Milieus“ seien Marketingklassifikationen iSd § 151 Gewerbeordnung (GewO) und als solche keine personenbezogenen Daten iSd Art. 4 Z 1 DSGVO. Überdies beziehe die Beschwerdeführerin diese „Geo-Milieus“ gemäß § 151 Abs. 3 und 6 GewO im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung vom Adressverlag XXXX (in der Folge: A-GmbH). Sollten einzelne dieser Marketingklassifikationen rechtswidrig berechnet worden sein, sei hierfür jener Adressverlag verantwortlich, der sie erstmals rechtswidrig verwendet habe. Jedoch sei von einer Rechtswidrigkeit der „Geo-Milieus“ nicht auszugehen. Diese Daten würden vom renommierten XXXX -Institut entwickelt. Die belangte Behörde habe sich mit dieser Marketingklassifikation bereits auseinandergesetzt, ohne sie zu beanstanden.

3. Der Mitbeteiligte äußerte sich mit Schriftsatz vom 13.05.2021 zur Stellungnahme der Beschwerdeführerin und führte aus, dass er sich schon dadurch in seinen Rechten verletzt sehe, dass die Beschwerdeführerin Daten über ihn erfasse, die ihn in einigen Punkten in seiner persönlichen Würde verletzen oder gefährden würden, wenn sie Dritten zugänglich gemacht würden. Das betreffe vor allem die Stellung im Haushalt, die Partnerschaft, das Mindestjahreseinkommen, das „Geo-Milieu“ sowie die Werte für politische Ausrichtung und Lebenseinstellung. Für ihn seien diese Daten jedenfalls höchstpersönlich, weil sie ihm als Person mit Namen, Adresse, Geburtsdatum und Datensatznummer eindeutig zugeordnet seien, ohne dass er darüber informiert worden sei und ohne der Sammlung, Speicherung und Verwertung zugestimmt zu haben.

4. Die belangte Behörde forderte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16.03.2021 zur Abgabe einer Stellungnahme hinsichtlich des Vorbringens des Mitbeteiligten wegen der behaupteten Verletzung im Recht auf Geheimhaltung auf und brachte eine Stellungnahme der A-GmbH betreffend die „ XXXX -Geo-Milieus“ aus einem amtswegigen Prüfverfahren in das gegenständliche Verfahren ein.

5. Die Beschwerdeführerin erstattete am 01.04.2021 eine Stellungnahme und führte aus, die „ XXXX -Geo-Milieus“ von der A-GmbH erhalten und unverändert übernommen und vertrieben zu haben. Die „ XXXX -Geo-Milieus“ würden für an bestimmten Adressen befindliche Gebäude errechnet und diesen zugeordnet. Es gelte daher kein Personen-, sondern ein Adressbezug. Mangels eines Personenbezuges verbiete sich schon aus diesem Grund die Annahme, es handle sich um die Verarbeitung „besonderer Kategorien von Daten“ iSd Art. 9 DSGVO. Da sie nicht bei den Betroffenen erhoben oder aus deren Verhalten gewonnen würden, könnten „ XXXX -Geo-Milieus“ nur als abgeleitete Daten gewertet werden, sofern man sie überhaupt als personenbezogen qualifizieren wolle. Aus der Stellungnahme der A-GmbH gehe hervor, dass diese die Rechtsansicht der Beschwerdeführerin teile. Sie lege dar, dass die „ XXXX -Geo-Milieus“ das Ergebnis sozialwissenschaftlicher Forschung seien, nur gesellschaftliche Strukturen abbilden würden und es sich bei diesen nicht um persönliche und konkrete Aussagen über Einzelpersonen handle. Sämtliche „ XXXX -Geo-Milieus“ – und sonstige Marketingklassifikationen – seien von der Beschwerdeführerin spätestens am 13.11.2019 aus den Test-, Entwicklungs- und Produktivsystemen der Marketingdatenbanken sowie aus den Backups nicht wiederherstellbar gelöscht worden. Eine allfällige Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung könne sohin nicht mehr stattfinden. Ein Recht auf Feststellung vermeintlicher in der Vergangenheit liegender Rechtsverletzungen bestehe nicht.

6. Die belangte Behörde übermittelte dem Mitbeteiligten mit Schreiben vom 07.04.2021 die Stellungnahme der Beschwerdeführerin sowie die ins Verfahren eingebrachte Stellungnahme der A-GmbH betreffend die „ XXXX -Geo-Milieus“ und gab ihm ebenfalls Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme.

7. Der Mitbeteiligte erstattete am 20.04.2021 eine Stellungnahme und führte aus, dass es sich bei den „ XXXX -Geo-Milieus-Daten“ naturgemäß um Daten besonderer Kategorie handle, wie sie in Art. 9 DSGVO angeführt seien. Die Klassifikationen in Konservative, Traditionelle, Etablierte, Performer, Postmaterielle, Digitale Individualisten, Bürgerliche Mitte, Adaptiv Pragmatische, Konsumorientierte Basis und Hedonisten ziele eindeutig zumindest auf politische Meinungen und weltanschauliche Überzeugungen ab. Würden diese Daten wiederum, wie im vorliegenden Fall, eindeutig seiner Person mit Namen und Geburtsdatum zugeordnet und unter einer Datensatznummer abgespeichert, widerspreche das dem Schutzzweck des Art. 9 Abs. 1 DSGVO. Die Verarbeitung personenbezogener Daten besonderer Kategorie sei unrechtmäßig erfolgt und verletze ihn dadurch im Recht auf Geheimhaltung. Das gehe auch aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, 6 Ob 127/20z, hervor. Auch im Umstand, dass diese Daten im Zuge des Auskunftsbegehrens nach Art. 15 DSGVO von der Beschwerdeführerin beauskunftet worden seien, zeige sich, dass es sich um personenbezogene Daten nach Art. 4 DSGVO handle. Auch wenn diese Daten, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, nur Wahrscheinlichkeitswerte seien, sei eine objektive Richtigkeit von Daten für die Entscheidung, ob personenbezogen oder nicht, unerheblich. Es reiche die qualifizierte Verknüpfung. Entsprechend Art. 5 DSGVO müssten personenbezogene Daten auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden. Das treffe nicht zu, da er von der Erfassung solcher personenbezogenen Daten durch die mediale Berichterstattung regelrecht überrascht worden sei. Weiters müssten personenbezogene Daten dem Zweck angemessen und erheblich, sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein („Datenminimierung“). Im gegenständlichen Fall liege wohl eher eine „Datenmaximierung“ vor, da eine Unzahl an „hochgerechneten“ Daten erfasst worden sei. Zudem müssten personenbezogene Daten sachlich richtig und erforderlichenfalls auf dem neuesten Stand sein. Auch das treffe nicht zu, nicht einmal die angegebene Festnetznummer habe gestimmt, von den zugewiesenen „ XXXX -Geo-Milieus-Daten“ ganz zu schweigen. Weiters gehe aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes hervor, dass § 151 Abs. 6 GewO nur die Verwendung von Marketinginformationen und -klassifikationen regle, es aber nichts daran ändere, dass es sich dabei um von der DSGVO erfasste personenbezogene Daten handle. Es sei somit völlig unerheblich, ob es sich dabei um „ XXXX -Geo-Milieus“, „Parteiaffinitäten“, Jahreseinkommen oder sonstige Daten handle, in welcher Form diese auch immer ermittelt oder zugekauft worden seien. Ohne die Zuordnung zur Person wäre eine personalisierte Werbeaktivität unmöglich. Entsprechend § 151 Abs. 4 GewO sei vielmehr ein ausdrückliches Einverständnis der betroffenen Person zur Verarbeitung von Daten besonderer Kategorie erforderlich. Ein solches liege nicht vor.

8. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid entschied die belangte Behörde über die Datenschutzbeschwerde des Mitbeteiligten vom 26.11.2019 wie folgt:

(Spruchpunkt 1.): Der Beschwerde des Mitbeteiligten wurde teilweise stattgegeben und festgestellt, dass die Beschwerdeführerin den Mitbeteiligten dadurch im Recht auf Geheimhaltung verletzt habe, indem sie folgende Daten besonderer Kategorie (Art. 9 DSGVO) betreffend die „Parteiaffinitäten“ zumindest bis zum 2. April 2019 und betreffend die „ XXXX -Geo-Milieus“ bis zum 13. November 2019 ohne Einwilligung des Mitbeteiligten verarbeitet habe: a) Mögliche Zielgruppe für Wahlwerbung („Parteiaffinität“), konkret - „SPÖ“;- „ÖVP“;- „Neos“;- „Grüne“- „FPÖ“;b) „ XXXX -Geo-Milieus“, konkret- „Konservative“;- „Traditionelle“;- „Etablierte“;- „Performer“- „Postmaterielle“;- „Digitale Individualisten“;- „Bürgerliche Mitte“;- „Adaptiv Pragmatische“- „Konsumorientierte Basis“;- „Hedonisten“

(Spruchpunkt 2.): Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

(Spruchpunkt 3.): Der Antrag der Beschwerdeführerin, das gegenständliche Verfahren bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes auszusetzen, wurde zurückgewiesen.

Die belangte Behörde traf (nach Darstellung des Vorbringens der Parteien sowie des Verfahrensganges) folgende Sachverhaltsfeststellungen:

Die Beschwerdeführerin verfüge seit 03.04.2001 über eine aufrechte Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes der Adressverlage und Direktmarketingunternehmen.

Infolge eines entsprechenden Antrags des Mitbeteiligten habe die Beschwerdeführerin am 02.04.2019 eine datenschutzrechtliche Auskunft erteilt, die folgende Datensätze beinhaltet habe:

Mit Eingabe vom 26.11.2019 habe der Mitbeteiligte die gegenständliche Beschwerde bei der belangten Behörde erhoben.

Zu welchem Zeitpunkt die angeführten Datensätze erstmalig erhoben bzw. ermittelt oder berechnet worden seien, habe nicht festgestellt werden können. Die „Parteiaffinitäten“ seien jedoch zumindest bis zum 02.04.2019 und die „ XXXX -Geo-Milieus“ bis zum 13.11.2019 verarbeitet worden.

Eine Einwilligung des Mitbeteiligten in die Verarbeitung dieser Datensätze sei zu keinem Zeitpunkt vorgelegen.

Die Datensätze betreffend „mögliche Zielgruppe für Wahlwerbung“ (Punkt 2.a.) seien nach Erteilung der Auskunft am 02.04.2019 durch die Beschwerdeführerin gelöscht worden. Die Datensätze der „ XXXX -Geo-Milieus“ (Punkt 2.b.) würden seit dem 13.11.2019 nicht mehr verarbeitet.

Die Datensätze betreffend „mögliche Zielgruppe für Wahlwerbung“ (Punkt 2.a.) würden von der Beschwerdeführerin mittels Marketinganalyseverfahren berechnet.

Die Datensätze betreffend „ XXXX -Geo-Milieus“ würden von der XXXX errechnet. Die Beschwerdeführerin beziehe die ihr bekannten Daten der „ XXXX -Geo-Milieus“ im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung als Adressverlag vom Datenlieferanten A-GmbH, wie aus dem Auskunftsschreiben vom 02.04.2019 ersichtlich sei.

Hinsichtlich der „ XXXX -Geo-Milieus“ lägen folgende Ermittlungsergebnisse aus einem amtswegigen Prüfverfahren gegen die A-GmbH vor:

 

 

 

 

Die Beschwerdeführerin habe dem Mitbeteiligten die „ XXXX -Geo-Milieus“ samt prozentuell ausgedrückter Zustimmungsraten zugeordnet und im Rahmen einer Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO beauskunftet.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Kern aus:

Es bestehe eine Feststellungskompetenz der belangten Behörde. Aus den Bestimmungen der §§ 24 Abs. 1 Z 5 sowie Abs. 5 DSG iVm Art. 58 Abs. 6 DSGVO ergebe sich unzweifelhaft eine Möglichkeit zur Feststellung der Verletzungen von Betroffenenrechten nach dem DSG und der DSGVO. Die verfahrensrechtliche Privilegierung der Möglichkeit der Einstellung eines Verfahrens gemäß § 24 Abs. 6 DSG komme hingegen nur dann zur Anwendung, wenn den Anträgen der betroffenen Person entsprochen und somit die ursprüngliche Rechtsverletzung nachträglich saniert worden sei – Verletzungen der Geheimhaltungspflicht könnten aber in der Regel gerade nicht rückgängig gemacht werden.

Bei den zugeordneten „ XXXX -Geo-Milieus“ handle es sich um personenbezogene Daten nach Art. 4 Z 1 DSGVO. Die „ XXXX -Geo-Milieus“ seien auch als Daten besonderer Kategorie iSd Art. 9 DSGVO zu qualifizieren. Die Beschwerdeführerin habe den Mitbeteiligten dadurch im Recht auf Geheimhaltung gemäß § 1 Abs. 1 DSG verletzt, indem sie dessen politische Meinungen („Parteiaffinität“) sowie dessen weltanschauliche Überzeugungen („ XXXX -Geo-Milieus“) mangels Erlaubnistatbestands gemäß Art. 9 Abs. 2 DSGVO unrechtmäßig verarbeitet habe.

9. Gegen die Spruchpunkte 1a) und 1b) dieses Bescheides erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG an das Bundesverwaltungsgericht und brachte vor:

Nach dem Rechtsschutzsystem der DSGVO bzw. des DSG bestehe kein eigenständiges Recht auf förmliche behördliche Feststellung vergangener Rechtsverletzungen. Sämtliche „ XXXX -Geo-Milieus“ seien bis zum 13.11.2019 aus den Marketingdatenbanken der Beschwerdeführerin nicht wiederherstellbar, zur Gänze physisch gelöscht worden. Seither finde keine weitere Verarbeitung zu Marketingzwecken statt. Das Feststellungs- und Rechtsschutzinteresse des Mitbeteiligten sei daher weggefallen und bestehe kein Feststellungsanspruch. Im Erkenntnis vom 20.05.2021, W214 2226349-1, habe das Bundesverwaltungsgericht zwar die von der Beschwerdeführerin vertretene Rechtsansicht verneint, der vorliegende Fall unterscheide sich jedoch vom, dem zitierten Erkenntnis zugrundeliegenden, Sachverhalt dahingehend, dass die Beschwerde im anderen Verfahren noch vor Löschung der verfahrensgegenständlichen Marketingklassifikationen eingebracht worden sei und die Beschwerdeführerin sämtlichen Betroffenen nunmehr anbiete, eine individualisierte, als vollstreckbarer Notariatsakt ausgestellte, Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben, in der sie zusichere, von der Verarbeitung der Marketingklassifikationen „ XXXX -Geo-Milieus“ und „Parteiaffinitäten“ Abstand zu nehmen. Weiters sei das vom Bundesverwaltungsgericht herangezogene Judikat des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.02.2021, Ra 2019/04/0054, nicht einschlägig, da in diesem Fall zu beurteilen gewesen sei, ob die Datenübermittlung rechtmäßig erfolgt sei, weshalb auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der abgeschlossenen Tathandlung abzustellen gewesen sei. Dies habe jedoch mit der Frage des Wegfalls der Beschwer nichts zu tun. Denn in dem vor dem Verwaltungsgerichtshof zu beurteilenden Sachverhalt habe eine mögliche Rechtsverletzung bei der Datenübermittlung die vom Verwaltungsgerichtshof zu prüfende Frage bedingt, nämlich, ob die in Rede stehenden (übermittelten) Daten weiterhin rechtmäßig verarbeitet werden hätten dürfen. Andernfalls wäre im (dortigen) Revisionsvorbringen kaum das Bestehen einer Löschverpflichtung behauptet worden. Es wäre zudem unschlüssig, den gegenüber dem Leistungsbegehren subsidiären Feststellungsanspruch zu bejahen, wenngleich ein korrelierender Leistungsanspruch auf Löschung nicht bestehe, weil diesem bereits entsprochen worden sei. Dem zitierten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes sei daher nicht zu folgen. Vielmehr sei aus dem Beschwerderecht des Art. 77 DSGVO (iVm § 24 DSG) lediglich das Recht ableitbar, Beschwerde an eine Aufsichtsbehörde zu erheben und dadurch die Durchsetzung der durch die DSGVO gewährten subjektiven Rechte zu ermöglichen, jedoch kein eigenständiges Recht auf Feststellung vergangener Rechtsverletzungen. Daran vermöge auch § 24 DSG nichts zu ändern, weil der Wortlaut dieser Bestimmung im Präsens gehalten sei. Dies stimme mit der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Löschungs- und Auskunftsbegehren nach dem DSG 2000 überein. Auch nach aktueller Rechtslage gelte dies unverändert, die belangte Behörde vertrete selbst die Ansicht, dass § 24 DSG eine zu § 31 Abs. 2 DSG 2000 vergleichbare Rechtslage schaffe. Keine der beiden Regelungen räume daher ein eigenständiges Recht auf förmliche behördliche Feststellung vergangener Rechtsverletzungen ein. Dies sei auch in rechtssystematischer Hinsicht nur schlüssig, seien in anderen Materiegesetzen Beschwerderechte, die eine behördliche Feststellung einer Rechtsverletzung zur Folge hätten, doch stets ausdrücklich normiert, was gegenständlich gerade nicht der Fall sei. Aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts könne ein solcher Feststellungsanspruch im Übrigen auch nicht aus nationalen Bestimmungen oder Verfahrensgrundsätzen konstruiert werden. Zur allfälligen Feststellung von in der Vergangenheit gelegenen, für den Beschwerdeführer jedoch nicht mehr fortwirkenden Rechtsverletzungen erachte sich selbst der Verwaltungsgerichtshof nicht für berufen. Im selben Sinne verneine auch der Oberste Gerichtshof das rechtliche Interesse auf eine gerichtliche Feststellung nach Wegfall der Beschwer. Der angefochtene Bescheid sei bereits aus diesem Grund aufzuheben.

Die belangte Behörde habe zudem unrichtig festgestellt, dass die Beschwerdeführerin die „ XXXX -Geo-Milieus“ dem Mitbeteiligten samt „prozentuell ausgedrückter Zustimmungsraten“ zugeordnet habe. Die „ XXXX -Geo-Milieus“ seien jedoch von der A-GmbH bezogen worden, die Beschwerdeführerin habe die „ XXXX -Geo-Milieus“ weder selbst erstellt, noch berechnet oder zugeordnet. Die tatsachenwidrige Annahme der Zuordnung der „ XXXX -Geo-Milieus“ durch die Beschwerdeführerin führe zur Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides. Wenn man – entgegen der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin – eine Unzulässigkeit der verfahrensgegenständlichen Datenverarbeitung annehme, so sei hierfür gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 der „Verhaltensregeln für Adressverlage und Direktmarketingunternehmen gemäß DSGVO“ die A-GmbH als jener Adressverlag verantwortlich, der die in Rede stehenden Daten bereitgestellt habe. Zudem habe die belangte Behörde die A-GmbH bereits mehrfach geprüft und deren Datenverarbeitungen, u.a. der „ XXXX -Geo-Milieus“, für rechtmäßig befunden. Es sei denkunmöglich, dass die Verwendung der „ XXXX -Geo-Milieus“ bei der A-GmbH rechtmäßig, zugleich aber bei der Beschwerdeführerin rechtswidrig sei.

Der bekämpfte Bescheid sei weiters rechtswidrig, weil die belangte Behörde die datenschutzrechtliche Zulässigkeit von „ XXXX -Geo-Milieus“ falsch beurteilt habe. Die „ XXXX -Geo-Milieus“ seien Marketingklassifikationen iSd § 151 Abs. 6 GewO und als solche keine personenbezogenen Daten iSd Art. 4 Z 1 DSGVO. Die „ XXXX -Geo-Milieus“ seien aggregierte adressbezogene Merkmale, aus denen sich prognostisch ableiten lasse, mit welcher Wahrscheinlichkeit in einer bestimmten Gegend etwa „Performer“ wohnen. Es seien anonyme Gruppendaten (auf Gebäudeebene), die keine Aussage über Einzelne in sich tragen würden. Eine Information über eine bestimmte Person sei in den „ XXXX -Geo-Milieus“ nicht enthalten, ein Personenbezug im datenschutzrechtlichen Sinn sei daher nicht gegeben. Die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Argumente, die „ XXXX -Geo-Milieus“ würden verwendet, um Personen zu beurteilen, in einer bestimmten Weise zu behandeln oder ihre Stellung oder Verhalten zu beeinflussen, sowie, dass sich die Verwendung der „ XXXX -Geo-Milieus“ auf die Rechte und Interessen der Betroffenen auswirken würde, würden nicht überzeugen, das Verhalten von Personen könne ebenso gut durch Werbetafeln wie durch personalisierte Werbung beeinflusst werden. Auch würden Person ebenso wenig bewertet, wenn ihnen zielgerichtete Werbung zugeschickt werde, als sie dies durch Werbebotschaften würden, die über Tafeln in ihrem Wohngebiet transportiert würden. Ebenso wenig wirke sich personalisierte Werbung auf die Rechte oder Interessen bestimmter Personen aus. Der Umstand alleine, dass durch die „ XXXX -Geo-Milieus“ eine werbeintendierte Aufmerksamkeit der die Werbung erhaltenden Personen angestrebt werde, genüge nicht, um sie als ein personenbezogenes Datum zu qualifizieren. Ein Personenbezug liege nur vor, wenn eine Information „über“ den Betroffenen vorliege. Tatsächlich seien die „ XXXX -Geo-Milieus“ ausschließlich durchschnittliche Wahrscheinlichkeitswerte zu regionalen (anonymen) Bevölkerungsgruppen. Auch wenn sie bestimmten Adressen von Personen zugeschrieben würden (was nicht von der Beschwerdeführerin vorgenommen worden sei), entstehe dadurch keine Aussage über eine bestimmte Person. § 151 Abs. 6 GewO erlaube Adressverlagen und Direktmarketingunternehmen ausdrücklich, dass sie für Marketingzwecke erhobene Marketingklassifikationen namentlich bestimmten Personen auf Grund von Marketinganalyseverfahren zuschreiben. Dabei unterstelle der Gesetzgeber eben genau nicht, dass durch diese Zuschreibung bestimmter Personen zu Marketingklassifikationen daraus personenbezogene Daten würden. Die „ XXXX -Geo-Milieus“ seien zudem keine besondere Kategorie personenbezogener Daten iSd Art. 9 DSGVO, insbesondere werde bei diesen nicht auf weltanschauliche Überzeugungen, sondern etwa auf Konsumverhalten, Lebensstil oder Wohnungsumfeld abgestellt. Die Zielsetzung von „ XXXX -Geo-Milieus“ sei es nicht, weltanschauliche Überzeugungen zu generieren, sondern die Bevölkerung in einem Raster entlang der sozialen Lage und der konsumbezogenen Grundorientierung zu segmentieren, mit weltanschaulichen Überzeugungen habe diese Segmentierung nichts zu tun. Zudem würden innerhalb eines Gebäudes alle Bewohner denselben „ XXXX -Geo-Milieus“ zugeordnet, es sei lebensfremd anzunehmen, dass alle Bewohner eines Hauses unabhängig von Geschlecht, Alter, Ausbildungsgrad, Berufsweg, Religion oder sexueller Orientierung jeweils dieselbe Weltanschauung hätten. Im Zusammenhang mit den Parteiaffinitäten habe das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass aus einem niedrigen Wahrscheinlichkeitswert nicht auf eine politische Meinung geschlossen werden könne. Dasselbe müsse auch für weltanschauliche Überzeugungen gelten, die im Spruch bezeichneten Marketingklassifikationen hätten allesamt jedoch nur einen niedrigen Wahrscheinlichkeitswert unter 31 % gehabt. Auch aus der insofern dominanten Wahrscheinlichkeit „Performer“ könne keine weltanschauliche Überzeugung abgeleitet werden, weil diese Beschreibung auf die Anhänger verschiedenster weltanschaulicher Überzeugungen zutreffen könne. Bei der weltanschaulichen Überzeugung gehe es um die Auffassung des Menschen von der Welt als einem Sinnganzen nicht aber um seine Teilhabe an einem bestimmten Lebensstil. Eine weltanschauliche Überzeugung müsse aus den zur Verarbeitung stehenden Daten „hervorgehen“, dh. aus einem vom Betroffenen gesetzten Verhalten (z.B Teilnahme an einer Veranstaltung) oder etwa aus seinen Äußerungen. Das könne den „ XXXX -Geo-Milieus“ nicht entnommen werden. Gegen eine missbräuchliche Verwendung von Marketingklassifikationen seien in § 151 GewO Schutzbestimmungen normiert, weshalb es nicht erforderlich sei, Marketingklassifikationen dem Datenschutz zu unterstellen, um Personen vor Diskriminierung zu schützen. Weiters verkenne die belangte Behörde, dass der Zweck der zielgruppenorientierten Werbung sei, die Empfänger vor einer „Überflutung“ mit Werbematerial zu bewahren und möglichst Personen mit Werbung anzusprechen, die von der Werbung auch angesprochen werden wollen. Adressaten von Direktmarketingunternehmen seien sohin einer datenbasierten Diskriminierung nicht einmal theoretisch ausgesetzt. Durch das Zustellen bzw. Nicht-Zustellen von Werbematerial könne niemand diskriminiert werden. Der angefochtene Bescheid sei daher aufzuheben.

Der Beschwerde beigefügt wurde unter anderem eine Broschüre der I XXXX betreffend eine Beschreibung der „ XXXX -Geo-Milieus“.

10. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

11. Die belangte Behörde gab zur Beschwerde eine Stellungnahme ab, in welcher sie ausführte: Zum Vorbringen, die belangte Behörde habe keine Feststellungskompetenz, wenn eine Datenschutzverletzung in der Vergangenheit abgeschlossen sei, sei auf die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Geschäftszahlen W214 2226349-1/12E und W214 2226350-1/17E zu verweisen, wonach die belangte Behörde auch im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betreffend Geheimhaltungspflichtverletzungen gemäß § 1 DSG – wie auch im gegenständlichen Verfahren – über in der Vergangenheit abgeschlossene Verarbeitungstätigkeiten mit Feststellung abzusprechen habe. Die Möglichkeit, das Verfahren einzustellen, sofern die Rechtsverletzung bei antragsgebundenen Rechten nachträglich geheilt worden sei, schade nicht. Es gebe keine generelle Ausnahme der Feststellung vergangener Rechtsverletzungen, insbesondere bei Verletzungen im Recht auf Geheimhaltung, die durch punktuelle, abgeschlossene und in der Vergangenheit liegende Handlungen herbeigeführt würden und einer nachträglichen Sanierung gerade nicht zugänglich seien. Die Behauptung, die Zuordnung der „ XXXX -Geo-Milieus“ zum Mitbeteiligten sei nicht durch die Beschwerdeführerin selbst, sondern durch die A-GmbH erfolgt, überzeuge nicht. Wie die Beschwerdeführerin selbst vorbringe, habe der genannte Lieferant die Adressdaten und die „ XXXX -Geo-Milieus“ auf Gebäudeebene jeweils in separaten Dateien übermittelt und sei die Verknüpfung mit einer bestimmten Person (gegenständlich: dem Mitbeteiligten) durch die Beschwerdeführerin erfolgt, wie sich im Übrigen auch aus der dem Mitbeteiligten erteilten Auskunft klar ergebe. Somit erweise sich die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, der Personenbezug werde durch die Beschwerdeführerin hergestellt, als den Tatsachen entsprechend. Dass die Beschwerdeführerin die „ XXXX -Geo-Milieus“ selbst erstelle bzw. berechnet hätte, sei hingegen zu keinem Zeitpunkt angeführt bzw. festgehalten worden. Ungeachtet des tatsächlichen Zuordnungszeitpunktes, wäre bereits das Abfragen, Speichern oder Verwenden vom (weiten) Verarbeitungsbegriff des Art. 4 Z 2 DSGVO mitumfasst und erweise sich das diesbezügliche Vorbringen auch aus diesem Grund als unerheblich. Zur rechtlichen Qualifikation der „ XXXX -Geo-Milieus“ als personenbezogene Daten bzw. Daten besonderer Kategorie iSv Art. 9 DSGVO werde auf den angefochtenen Bescheid und auf die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.08.2020, W258 2217446-1/15E, sowie vom 20.05.2021, W214 2226349-1/12E, verwiesen. Die Ansicht, wonach statistisch errechnete Wahrscheinlichkeitswerte, die einer konkreten Person zugeordnet würden, personenbezogene Daten seien, sei bereits mehrfach bestätigt worden und daher als unstrittig anzusehen.

12. Der Mitbeteiligte nahm zur Beschwerde dahingehend Stellung, dass er sein Vorbringen vor der belangten Behörde vollinhaltlich aufrecht halte und sich der Argumentation der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid inhaltlich anschließe.

13. Die Beschwerdeführerin erstattete eine Stellungnahme/ein weiteres Vorbringen dahingehend, dass abermals festzuhalten sei, dass mit der Löschung der verfahrensgegenständlichen „ XXXX -Geo-Milieus“ das Feststellungs- und Rechtschutzinteresse des Mitbeteiligten weggefallen sei. Verwaltungsverfahren seien nach Wegfall der Beschwer einzustellen, für eine Ausnahme biete weder die DSGVO noch das DSG eine Rechtsgrundlage. Zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.02.2021, Ra 2019/04/0054, dürfe erneut angemerkt werden, dass dieses nicht über den Wegfall der Beschwer, sondern über die zu einem bestimmten Zeitpunkt geltende Rechtslage abspreche. Zur Zuordnung der „ XXXX -Geo-Milieus“ sei auszuführen, dass die Beschwerdeführerin die Adressdaten und die „ XXXX -Geo-Milieus“ von der A-GmbH in zwei separaten Dateien erhalten habe. Sofern man einen Personenbezug in der Bezugnahme eines „ XXXX -Geo-Milieus“ auf alle in einem Haushalt lebenden Personen erkennen wolle, dann sei dieser Personenbezug bereits durch die A-GmbH dadurch hergestellt worden, dass die separaten Dateien mit einer spezifischen „ XXXX -ID“ verknüpft worden seien. Nach § 6 Abs. 1 Z 3 der „Verhaltensregeln für Adressverlage und Direktmarketingunternehmen gemäß DSGVO“ obliege es dem „Daten liefernden Adressverlag oder Direktmarketingunternehmen“ allfällige erforderliche Einwilligungen einzuholen. Durch die Genehmigung dieser Verhaltensregeln habe die belangte Behörde selbst einen Vertrauenstatbestand und damit einen Rechtfertigungsgrund geschaffen, auf den die Beschwerdeführerin sich habe verlassen dürfen. Die Verarbeitung der „ XXXX -Geo-Milieus“ sei daher selbst dann rechtmäßig erfolgt, wenn sie als sensible Daten zu qualifizieren wären, da die Beschwerdeführerin die „ XXXX -Geo-Milieus“ rechtmäßig – den Verhaltensregeln entsprechend – erhoben habe. Die Feststellung der belangten Behörde, die Verknüpfung mit dem Mitbeteiligten sei durch die Beschwerdeführerin erfolgt, sei unzutreffend. Die angestellten Überlegungen würden aber nichts an der Rechtsmeinung der Beschwerdeführerin ändern, wonach es sich bei den „ XXXX -Geo-Milieus“ um keine personenbezogenen Daten handle.

14. Mit Schriftsatz vom 17.01.2022 zog die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde gegen den Spruchpunkt 1a) des angefochtenen Bescheides zurück.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von den Ausführungen oben unter Punkt I. zum Verwaltungsgeschehen/Sachverhalt und von den Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ausgegangen.

Damit steht insbesondere fest:

Die Beschwerdeführerin betreibt ua. seit 03.04.2001 das Gewerbe „Adressenverlag und Direktwerbeunternehmen“ und eine Datenanwendung „DAM-Zielgruppenadressen“, um werbetreibenden Kunden personenbezogene Daten für zielgerichtete Marketingmaßnahmen entgeltlich zur Verfügung zu stellen.

In diesem Zusammenhang verarbeitete die Beschwerdeführerin Marketingklassifikationen, sogenannte „ XXXX -Geo-Milieus“, bei welchen eine auf einer Wahrscheinlichkeitsrechnung basierende Einstufung nach den „Geo-Milieus“ der XXXX , welche diese auf den geografischen Raum umlegt, erfolgt. Entwickelt wurden diese Wahrscheinlichkeitsdaten durch eine Verknüpfung repräsentativer Befragungsdaten aus der XXXX -Milieuforschung mit Adressdaten. Mit den aus sozialwissenschaftlichen Umfragen gewonnen Daten wird eine inhaltlich und räumlich repräsentative Analysestichprobe erstellt. Diese Stichprobe wird mit XXXX Daten und Informationen aus amtlichen Quellen angereichert. Für diese Analyse werden durchschnittlich sechs Haushalte zu einer Mikrozelle zusammengefasst. Mittels mathematisch-statistischer Verfahren werden die Wahrscheinlichkeitswerte dann für an bestimmten Adressen befindlichen Gebäuden errechnet und diesen zugeordnet und für jeden Haushalt in Österreich die statistische Wahrscheinlichkeit berechnet, mit der die einzelnen „ XXXX -Milieus“ vorkommen, und zusätzlich das dominante „ XXXX -Geo-Milieu“ bestimmt.

Die „ XXXX -Geo-Milieus“ bilden eine Wahrscheinlichkeitsaussage über eine bestimmte Lebensauffassung bzw. Lebensweise, welche eine lange Liste von Alltagsbereichen, wie Gesundheit, Tradition, Politik, Status, Mode, Geschmack, Familie, Technologie, Neugierde, Sport, Veränderungsbereitschaft, Vorlieben, Religion, Kunst und Kultur, Bildung, Ethik, Ästhetik, Ziele, Interessen, Einkommen und Geld sowie Ängste und Befürchtungen umfasst. Es geht um die Ermittlung grundlegender Wertorientierungen und Einstellungen zu Arbeit und Freizeit, zu Familie und Partnerschaft, Konsum und Politik. Diese werden in Kontext mit demografischen Eigenschaften wie Bildung, Beruf oder Einkommen gestellt.

Die „ XXXX -Geo-Milieus“ gliedern die Gesellschaft im Wesentlichen in drei Schichten: Oberschicht/obere Mittelschicht, Mittlere Mittelschicht und Untere Mittelschicht/Unterschicht. Den Gesellschaftsschichten werden in Österreich die Milieus „Konservative“, „Traditionelle“, „Etablierte“, „Performer“, „Postmaterielle“, „Digitale Individualisten“, „Bürgerliche Mitte“, „Adaptiv Pragmatische“, „Konsumorientierte Basis“ und „Hedonisten“ (teilweise überlappend) zugeordnet.

Die einzelnen „ XXXX -Geo-Milieus“ werden für Österreich von der XXXX bzw. der XXXX wie folgt beschrieben:

„Traditionelle Milieus“

Konservative: Leitmilieu im traditionellen Bereich mit einer hohen Verantwortungsethik: Stark von christlichen Wertvorstellungen geprägt, hohe Wertschätzung von Bildung und Kultur, kritisch gegenüber aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen

Traditionelle: Das auf Sicherheit, Ordnung und Stabilität fokussierte Milieu: Verwurzelt in der alten kleinbürgerlichen Welt, in der traditionellen Arbeiterkultur und im traditionell ländlichen Milieu

„Gehobene Milieus“

Etablierte: Die leistungsorientierte Elite mit starkem Traditionsbewusstsein: Deutliche Exklusivitäts- und Führungsansprüche, hohes Standesbewusstsein und ausgeprägtes Verantwortungsethos

Performer: Die flexible und global orientierte moderne Elite: Effizienz, Eigenverantwortung und individueller Erfolg haben oberste Priorität; Hohe Business- und IT-Kompetenz

Postmaterielle: Weltoffene Gesellschaftskritiker: Gebildetes, vielfältig kulturinteressiertes Milieu; kosmopolitisch orientiert, aber kritisch gegenüber Globalisierung; sozial engagiert

Digitale Individualisten: Die individualistische und vernetzte Lifestyle-Avantgarde: Mental und geographisch mobil, online und offline vernetzt, ständig auf der Suche nach neuen Erfahrungen

„Die neue Mitte“

Bürgerliche Mitte: Der leistungs- und anpassungsbereite Mainstream: Streben nach beruflicher und sozialer Etablierung, gesicherten und harmonischen Verhältnissen, Halt und Orientierung, Ruhe und Entschleunigung

Adaptiv-Pragmatische: Die neue flexible Mitte: Ausgeprägter Lebenspragmatismus, Streben nach Verankerung, Zugehörigkeit, Sicherheit; Grundsätzliche Leistungsbereitschaft, aber auch Wunsch nach Spaß und Unterhaltung

„Moderne Unterschicht“

Konsumorientierte Basis: Die um Teilhabe bemühte, konsumorientierte Unterschicht: Ausgeprägte Gefühle der Benachteiligung, Zukunftsängste und Ressentiments; bemüht, Anschluss zu halten an den Lebensstil und die Konsumstandards der Mitte

Hedonisten: Die momentbezogene, erlebnishungrige untere Mitte: Leben im Hier und Jetzt, Suche nach Spaß und Unterhaltung; Verweigerung von Konventionen der Mehrheitsgesellschaft

Die Beschwerdeführerin bezog die „ XXXX -Geo-Milieus“ im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung als Adressverlag vom Datenlieferanten A-GmbH und verarbeitete sie in ihren Datenbanken. Die Verwendung der „ XXXX -Geo-Milieus“ hatte den Zweck, Streuverluste in der Werbung zu verringern. Die Beschwerdeführerin hat für die Verarbeitung der „ XXXX -Geo-Milieus“ keine Zustimmung von den Personen eingeholt, bei denen Wahrscheinlichkeitswerte zugeordnet wurden.

Der Person des Mitbeteiligten wurden folgende Wahrscheinlichkeitswerte zu den einzelnen „ XXXX -Geo-Milieus“ zugeordnet:

Dominantes Geo Milieu: Performer

Wahrscheinlichkeitswert Konservative: 6,03%

Wahrscheinlichkeitswert Traditionelle: 0,74%

Wahrscheinlichkeitswert Etablierte: 19,1%

Wahrscheinlichkeitswert Performer: 30,13%

Wahrscheinlichkeitswert Postmaterielle: 10,62%

Wahrscheinlichkeitswert Digitale Individualisten: 6,48%

Wahrscheinlichkeitswert Bürgerliche Mitte: 4,12%

Wahrscheinlichkeitswert Adaptiv Pragmatische: 6,4%

Wahrscheinlichkeitswert Konsumorientierte Basis: 9,99%

Wahrscheinlichkeitswert Hedonisten: 6,42%

Sämtliche „ XXXX -Geo-Milieus“ sind spätestens zum 13.11.2019 aus den Marketingdatenbanken der Beschwerdeführerin nicht wiederherstellbar, zur Gänze physisch gelöscht worden. Die Beschwerdeführerin verarbeitet spätestens seit dem 13.11.2019 sämtliche „ XXXX -Geo-Milieus“ nicht mehr für den Adresshandel bzw. Marketingzwecke.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem angefochtenen Bescheid, und sind unstrittig.

Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides den maßgeblichen Sachverhalt in Übereinstimmung mit der Aktenlage richtig festgestellt. Diesem Sachverhalt trat die Beschwerdeführerin in der Beschwerde bzw. in der nachfolgenden Stellungnahme nicht bzw. mit bloß unsubstantiiertem Vorbringen entgegen. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht somit fest.

Soweit die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 17.01.2022 die Zurückziehung der gegen Spruchpunkt 1a) des angefochtenen Bescheides gerichteten Beschwerde erklärte (vgl. oben Punkt I.14.), liegt eine ausdrückliche, unmissverständliche sowie frei von Willensmängeln erfolgte teilweise Zurücknahme der Beschwerde in einem offenen Verfahren – und damit eine wirksame Erklärung über die teilweise Zurückziehung der Beschwerde – vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 27 Datenschutzgesetz (DSG) idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide, wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht gemäß § 24 Abs. 7 und der Entscheidungspflicht der Datenschutzbehörde durch Senat. Der Senat besteht aus einem Vorsitzenden und je einem fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (1.) der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (2.) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, durch Beschluss.

Zu I.A) Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt 1a) des angefochtenen Bescheides:

Die Einstellung (gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG) steht am Ende jener Verfahren, in denen der Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, etwa im Fall der Zurückziehung der Beschwerde.

Im vorliegenden Fall wurde rechtswirksam die teilweise Zurückziehung der Beschwerde erklärt. Somit hat das Bundesverwaltungsgericht das bei ihm anhängige Verfahren über die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1a) des angefochtenen Bescheides mit Beschluss einzustellen (vgl. VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).

Zu I.B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

Zu II.A) Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt 1b) des angefochtenen Bescheides:

3.2. Die Beschwerde wurde fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.3. In der Sache:

3.3.1. Zur Rechtslage:

Relevante Bestimmungen lauten:

§ 1 Abs. 1 DSG:

„Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.“

§ 4 Abs. 1 DSG:

„Die Bestimmungen der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1, (im Folgenden: DSGVO) und dieses Bundesgesetzes gelten für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten natürlicher Personen sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten natürlicher Personen, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, soweit nicht die spezifischeren Bestimmungen des 3. Hauptstücks dieses Bundesgesetzes vorgehen.“

Art. 4 Z 1 DSGVO:

„Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

1. „personenbezogene Daten“ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen identifiziert werden kann, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann;“

Art. 6 Abs. 1 lit. a, c und f DSGVO:

„Rechtmäßigkeit der Verarbeitung

(1) Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:

a) die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben;

f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.“

Art. 9 DSGVO:

„Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten

(1) Die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person ist untersagt.

(2) Absatz 1 gilt nicht in folgenden Fällen:

a) Die betroffene Person hat in die Verarbeitung der genannten personenbezogenen Daten für einen oder mehrere festgelegte Zwecke ausdrücklich eingewilligt, es sei denn, nach Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten kann das Verbot nach Absatz 1 durch die Einwilligung der betroffenen Person nicht aufgehoben werden,

b) die Verarbeitung ist erforderlich, damit der Verantwortliche oder die betroffene Person die ihm bzw. ihr aus dem Arbeitsrecht und dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erwachsenden Rechte ausüben und seinen bzw. ihren diesbezüglichen Pflichten nachkommen kann, soweit dies nach Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten oder einer Kollektivvereinbarung nach dem Recht der Mitgliedstaaten, das geeignete Garantien für die Grundrechte und die Interessen der betroffenen Person vorsieht, zulässig ist,

c) die Verarbeitung ist zum Schutz lebenswichtiger Interessen der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person erforderlich und die betroffene Person ist aus körperlichen oder rechtlichen Gründen außerstande, ihre Einwilligung zu geben,

d) die Verarbeitung erfolgt auf der Grundlage geeigneter Garantien durch eine politisch, weltanschaulich, religiös oder gewerkschaftlich ausgerichtete Stiftung, Vereinigung oder sonstige Organisation ohne Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen ihrer rechtmäßigen Tätigkeiten und unter der Voraussetzung, dass sich die Verarbeitung ausschließlich auf die Mitglieder oder ehemalige Mitglieder der Organisation oder auf Personen, die im Zusammenhang mit deren Tätigkeitszweck regelmäßige Kontakte mit ihr unterhalten, bezieht und die personenbezogenen Daten nicht ohne Einwilligung der betroffenen Personen nach außen offengelegt werden,

e) die Verarbeitung bezieht sich auf personenbezogene Daten, die die betroffene Person offensichtlich öffentlich gemacht hat,

f) die Verarbeitung ist zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen oder bei Handlungen der Gerichte im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit erforderlich,

g) die Verarbeitung ist auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats, das in angemessenem Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht, den Wesensgehalt des Rechts auf Datenschutz wahrt und angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person vorsieht, aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich,

h) die Verarbeitung ist für Zwecke der Gesundheitsvorsorge oder der Arbeitsmedizin, für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten, für die medizinische Diagnostik, die Versorgung oder Behandlung im Gesundheits- oder Sozialbereich oder für die Verwaltung von Systemen und Diensten im Gesundheits- oder Sozialbereich auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats oder aufgrund eines Vertrags mit einem Angehörigen eines Gesundheitsberufs und vorbehaltlich der in Absatz 3 genannten Bedingungen und Garantien erforderlich,

i) die Verarbeitung ist aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit, wie dem Schutz vor schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren oder zur Gewährleistung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei der Gesundheitsversorgung und bei Arzneimitteln und Medizinprodukten, auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats, das angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Rechte und Freiheiten der betroffenen Person, insbesondere des Berufsgeheimnisses, vorsieht, erforderlich, oder

j) die Verarbeitung ist auf der Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats, das in angemessenem Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht, den Wesensgehalt des Rechts auf Datenschutz wahrt und angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person vorsieht, für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke, für wissenschaftliche oder historische Forschungszwecke oder für statistische Zwecke gemäß Artikel 89 Absatz 1 erforderlich.

(3) Die in Absatz 1 genannten personenbezogenen Daten dürfen zu den in Absatz 2 Buchstabe h genannten Zwecken verarbeitet werden, wenn diese Daten von Fachpersonal oder unter dessen Verantwortung verarbeitet werden und dieses Fachpersonal nach dem Unionsrecht oder dem Recht eines Mitgliedstaats oder den Vorschriften nationaler zuständiger Stellen dem Berufsgeheimnis unterliegt, oder wenn die Verarbeitung durch eine andere Person erfolgt, die ebenfalls nach dem Unionsrecht oder dem Recht eines Mitgliedstaats oder den Vorschriften nationaler zuständiger Stellen einer Geheimhaltungspflicht unterliegt.

(4) Die Mitgliedstaaten können zusätzliche Bedingungen, einschließlich Beschränkungen, einführen oder aufrechterhalten, soweit die Verarbeitung von genetischen, biometrischen oder Gesundheitsdaten betroffen ist.“

Art. 77 Abs. 1 DSGVO:

„Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde

(1) Jede betroffene Person hat unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde, insbesondere in dem Mitgliedstaat ihres gewöhnlichen Aufenthaltsorts, ihres Arbeitsplatzes oder des Orts des mutmaßlichen Verstoßes, wenn die betroffene Person der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen diese Verordnung verstößt.“

§ 151 GewO 1994:

„2. Freie Gewerbe

Adressverlage und Direktmarketingunternehmen

§ 151. (1) Auf die Verwendung von personenbezogenen Daten für Marketingzwecke Dritter durch die zur Ausübung des Gewerbes der Adressverlage und Direktmarketingunternehmen berechtigten Gewerbetreibenden sind die Bestimmungen der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 199 vom 4.5.2016 S 1, (im Folgenden: DSGVO), sowie des Bundesgesetzes zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz – DSG), BGBl. I. Nr. 165/1999, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I. Nr. 120/2017, anzuwenden, soweit im Folgenden nicht Besonderes angeordnet ist.

(2) Die Tätigkeit als Mittler zwischen Inhabern und Nutzern von Kunden- und Interessentendateisystemen (Listbroking) ist den in Abs. 1 genannten Gewerbetreibenden vorbehalten.

(3) Die in Abs. 1 genannten Gewerbetreibenden sind berechtigt, für ihre Tätigkeiten gemäß Abs. 1 und 2 personenbezogene Daten aus öffentlich zugänglichen Informationen, durch Befragung der betroffenen Personen, aus Kunden- und Interessentendateisystemen Dritter oder aus Marketingdateisystemen anderer Adressverlage und Direktmarketingunternehmen zu ermitteln, soweit dies unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für

1. die Vorbereitung und Durchführung von Marketingaktionen Dritter einschließlich der Gestaltung und des Versands für Werbemitteln oder

2. das Listbroking

erforderlich und gemäß Abs. 4 und 5 zulässig ist.

(4) Soweit besondere Kategorien personenbezogener Daten gemäß Art. 9 Abs. 1 DSGVO betroffen sind, dürfen diese von den in Abs. 1 genannten Gewerbetreibenden verarbeitet werden, sofern ein ausdrückliches Einverständnis der betroffenen Person zur Verarbeitung dieser Daten für Marketingzwecke Dritter vorliegt. Die Ermittlung und Weiterverarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten aus Kunden- und Interessentendateisystemen Dritter auf Grund eines solchen Einverständnisses ist nur im Umfang des Abs. 5 und nur soweit zulässig, als der Inhaber des Dateisystems gegenüber dem Gewerbetreibenden nach Abs. 1 schriftlich unbedenklich erklärt hat, dass die betroffenen Personen mit der Verarbeitung ihrer Daten für Marketingzwecke Dritter ausdrücklich einverstanden waren. Strafrechtlich relevante Daten im Sinne des Art. 10 DSGVO dürfen von Gewerbetreibenden nach Abs. 1 für Marketingzwecke nur gemäß § 4 Abs. 3 DSG oder bei Vorliegen einer ausdrücklichen Einwilligung verarbeitet werden.

(5) Soweit keine Einwilligung der betroffenen Personen gemäß Art. 4 Z 11 DSGVO zur Übermittlung ihrer Daten für Marketingzwecke Dritter vorliegt, dürfen die in Abs. 1 genannten Gewerbetreibenden aus einem Kunden- und Interessentendateisystem eines Dritten nur die Daten

1. Namen,

2. Geschlecht,

3. Titel,

4. akademischer Grad,

5. Anschrift,

6. Geburtsdatum,

7. Berufs-, Branchen- oder Geschäftsbezeichnung und

8. Zugehörigkeit der betroffenen Person zu diesem Kunden- und Interessentendateisystem

ermitteln. Voraussetzung hiefür ist – soweit nicht die strengeren Bestimmungen des Abs. 4 Anwendung finden –, dass der Inhaber des Dateisystems dem Gewerbetreibenden nach Abs. 1 gegenüber schriftlich unbedenklich erklärt hat, dass die betroffenen Personen in geeigneter Weise über die Möglichkeit informiert wurden, die Übermittlung ihrer Daten für Marketingzwecke Dritter zu untersagen, und dass keine Untersagung erfolgt ist.

(6) Gewerbetreibende nach Abs. 1 dürfen für Marketingzwecke erhobene Marketinginformationen und -klassifikationen, die namentlich bestimmten Personen auf Grund von Marketinganalyseverfahren zugeschrieben werden, nur für Marketingzwecke verwenden und sie insbesondere an Dritte nur dann übermitteln, wenn diese unbedenklich erklären, dass sie diese Analyseergebnisse ausschließlich für Marketingzwecke verwenden werden.

(7) Gewerbetreibende nach Abs. 1 haben Aussendungen im Zuge von Marketingaktionen, die sie mit von ihnen zur Verfügung gestellten oder von ihnen vermittelten personenbezogenen Daten durchführen, so zu gestalten, dass durch entsprechende Kennzeichnung des ausgesendeten Werbematerials die Identität der Verantwortlichen jener Dateisysteme, mit deren Daten die Werbeaussendung adressiert wurde (Ursprungsdateisysteme), nachvollziehbar ist; soweit Gewerbetreibende nach Abs. 1 an Werbeaussendungen nur durch Zurverfügungstellung oder Vermittlung von Daten mitwirken, haben sie durch entsprechenden Hinweis an die für die Werbeaussendung Verantwortlichen darauf hinzuwirken, dass die Identität der Verantwortlichen der benutzten Ursprungsdateisysteme nachvollziehbar ist. Für Gewerbetreibende nach Abs. 1 gilt, wenn sie die Aussendung mit von ihnen zur Verfügung gestellten oder von ihnen vermittelten Daten selbst durchgeführt haben, – unbeschadet ihrer allfälligen Auskunftsverpflichtungen als Verantwortliche –, Art. 15 DSGVO mit der Maßgabe, dass sie auf Grund eines innerhalb von drei Monaten nach der Werbeaussendung gestellten Auskunftsbegehrens anhand der von der betroffenen Person zur Verfügung gestellten Informationen über die Werbeaussendung zur Auskunftserteilung nur über die Verantwortlichen der Ursprungsdateisysteme verpflichtet sind; haben sie an der Aussendung nur durch Zurverfügungstellung oder Vermittlung von Daten mitgewirkt, so haben sie nach Möglichkeit zur Auffindung der Verantwortlichen der Ursprungsdateisysteme beizutragen. Bei nicht ordnungsgemäßer Erfüllung der Kennzeichnungspflicht durch Gewerbetreibende nach Abs. 1 genügt die Stellung eines fristgerechten Auskunftsbegehrens an den Werbenden zur Wahrung des Auskunftsrechts gegenüber dem Gewerbetreibenden nach Abs. 1.

(8) Stellt die betroffene Person an einen Gewerbetreibenden nach Abs. 1 ein Begehren auf Löschung von Daten, die dieser für Zwecke von Marketingaktionen über sie gespeichert hat, so hat dieser dem Begehren der betroffenen Person unverzüglich, in jedem Fall innerhalb von einem Monat kostenlos zu entsprechen (Art. 12 Abs. 3 DSGVO). Diese Frist kann um weitere zwei Monate verlängert werden, wenn dies unter Berücksichtigung der Komplexität und der Anzahl von Anträgen erforderlich ist. Soweit die betroffene Person – nach entsprechender Information über die möglichen Folgen einer physischen Löschung ihrer Daten – auf der physischen Löschung ihrer Daten nicht besteht, hat die Löschung in Form einer Sperrung der Verwendung dieser Daten für Marketingaussendungen zu erfolgen.

(9) Der Fachverband Werbung und Marktkommunikation der Wirtschaftskammer Österreich hat eine Liste zu führen, in welcher Personen kostenlos einzutragen sind, die die Zustellung von Werbematerial für sich ausschließen wollen. Die Liste ist mindestens monatlich zu aktualisieren und den Gewerbetreibenden nach Abs. 1 zur Verfügung zu stellen. Gewerbetreibende nach Abs. 1 dürfen an die in dieser Liste eingetragenen Personen keine adressierten Werbemittel versenden oder verteilen und deren Daten auch nicht vermitteln. Die in der Liste enthaltenen Daten dürfen ausschließlich zum Zweck des Unterbindens der Zusendung von Werbemitteln verwendet werden.

(10) Inhaber von Kunden- und Interessentendateisystemen dürfen personenbezogene Daten aus diesen Dateisystemen an Gewerbetreibende nach Abs. 1 für Marketingzwecke Dritter nur übermitteln und insbesondere auch für Listbroking nur zur Verfügung stellen, wenn sie die betroffenen Personen in geeigneter Weise darüber informiert haben, dass sie die Verarbeitung dieser Daten für Marketingzwecke Dritter untersagen können, und wenn keine Untersagung erfolgt ist; besondere Kategorien personenbezogener Daten und strafrechtlich relevante Daten dürfen unter den in Abs. 4 genannten Voraussetzungen an Gewerbetreibende nach Abs. 1 übermittelt und für Listbroking zur Verfügung gestellt werden. Auf die Möglichkeit der Untersagung ist ausdrücklich und schriftlich hinzuweisen, wenn Daten schriftlich von der betroffenen Person ermittelt werden. Die Untersagung der Übermittlung hat auf ein Vertragsverhältnis zwischen der betroffenen Person und dem Inhaber des Kunden- und Interessentendateisystems keinen Einfluss.

(11) Das Widerspruchsrecht nach Art. 21 Abs. 2 DSGVO kann gegenüber den in Abs. 1 genannten Gewerbetreibenden auch durch Eintragung in die im Abs. 9 bezeichnete Liste erfolgen.“

Die – soweit relevanten – Erwägungsgründe, insbesondere zu Art. 9 DSGVO der DSGVO, lauten:

„(46) Die Verarbeitung personenbezogener Daten sollte ebenfalls als rechtmäßig angesehen werden, wenn sie erforderlich ist, um ein lebenswichtiges Interesse der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person zu schützen. […] Einige Arten der Verarbeitung können sowohl wichtigen Gründen des öffentlichen Interesses als auch lebenswichtigen Interessen der betroffenen Person dienen; so kann beispielsweise die Verarbeitung für humanitäre Zwecke einschließlich der Überwachung von Epidemien und deren Ausbreitung oder in humanitären Notfällen insbesondere bei Naturkatastrophen oder vom Menschen verursachten Katastrophen erforderlich sein.

(47) Die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung kann durch die berechtigten Interessen eines Verantwortlichen, auch eines Verantwortlichen, dem die personenbezogenen Daten offengelegt werden dürfen, oder eines Dritten begründet sein, sofern die Interessen oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen; dabei sind die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhen, zu berücksichtigen. […] Die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung kann als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden.

(51) Personenbezogene Daten, die ihrem Wesen nach hinsichtlich der Grundrechte und Grundfreiheiten besonders sensibel sind, verdienen einen besonderen Schutz, da im Zusammenhang mit ihrer Verarbeitung erhebliche Risiken für die Grundrechte und Grundfreiheiten auftreten können. Diese personenbezogenen Daten sollten personenbezogene Daten umfassen, aus denen die rassische oder ethnische Herkunft hervorgeht, wobei die Verwendung des Begriffs „rassische Herkunft“ in dieser Verordnung nicht bedeutet, dass die Union Theorien, mit denen versucht wird, die Existenz verschiedener menschlicher Rassen zu belegen, gutheißt. Die Verarbeitung von Lichtbildern sollte nicht grundsätzlich als Verarbeitung besonderer Kategorien von personenbezogenen Daten angesehen werden, da Lichtbilder nur dann von der Definition des Begriffs „biometrische Daten“ erfasst werden, wenn sie mit speziellen technischen Mitteln verarbeitet werden, die die eindeutige Identifizierung oder Authentifizierung einer natürlichen Person ermöglichen. Derartige personenbezogene Daten sollten nicht verarbeitet werden, es sei denn, die Verarbeitung ist in den in dieser Verordnung dargelegten besonderen Fällen zulässig, wobei zu berücksichtigen ist, dass im Recht der Mitgliedstaaten besondere Datenschutzbestimmungen festgelegt sein können, um die Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung anzupassen, damit die Einhaltung einer rechtlichen Verpflichtung oder die Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse oder die Ausübung öffentlicher Gewalt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde, möglich ist. Zusätzlich zu den speziellen Anforderungen an eine derartige Verarbeitung sollten die allgemeinen Grundsätze und andere Bestimmungen dieser Verordnung, insbesondere hinsichtlich der Bedingungen für eine rechtmäßige Verarbeitung, gelten. Ausnahmen von dem allgemeinen Verbot der Verarbeitung dieser besonderen Kategorien personenbezogener Daten sollten ausdrücklich vorgesehen werden, unter anderem bei ausdrücklicher Einwilligung der betroffenen Person oder bei bestimmten Notwendigkeiten, insbesondere wenn die Verarbeitung im Rahmen rechtmäßiger Tätigkeiten bestimmter Vereinigungen oder Stiftungen vorgenommen wird, die sich für die Ausübung von Grundfreiheiten einsetzen.

(52) Ausnahmen vom Verbot der Verarbeitung besonderer Kategorien von personenbezogenen Daten sollten auch erlaubt sein, wenn sie im Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen sind, und — vorbehaltlich angemessener Garantien zum Schutz der personenbezogenen Daten und anderer Grundrechte — wenn dies durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt ist, insbesondere für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten auf dem Gebiet des Arbeitsrechts und des Rechts der sozialen Sicherheit einschließlich Renten und zwecks Sicherstellung und Überwachung der Gesundheit und Gesundheitswarnungen, Prävention oder Kontrolle ansteckender Krankheiten und anderer schwerwiegender Gesundheitsgefahren. Eine solche Ausnahme kann zu gesundheitlichen Zwecken gemacht werden, wie der Gewährleistung der öffentlichen Gesundheit und der Verwaltung von Leistungen der Gesundheitsversorgung, insbesondere wenn dadurch die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Verfahren zur Abrechnung von Leistungen in den sozialen Krankenversicherungssystemen sichergestellt werden soll, oder wenn die Verarbeitung im öffentlichen Interesse liegenden Archivzwecken, wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken oder statistischen Zwecken dient. Die Verarbeitung solcher personenbezogenen Daten sollte zudem ausnahmsweise erlaubt sein, wenn sie erforderlich ist, um rechtliche Ansprüche, sei es in einem Gerichtsverfahren oder in einem Verwaltungsverfahren oder einem außergerichtlichen Verfahren, geltend zu machen, auszuüben oder zu verteidigen.

(55) Auch die Verarbeitung personenbezogener Daten durch staatliche Stellen zu verfassungsrechtlich oder völkerrechtlich verankerten Zielen von staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften erfolgt aus Gründen des öffentlichen Interesses.“

3.3.2. Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus Folgendes:

3.3.2.1. Die Beschwerde verneint eine Feststellungskompetenz der belangten Behörde bzw. des Bundesverwaltungsgerichtes mit der Begründung, aus Art. 77 DSGVO und § 24 DSG sei kein eigenständiges Recht auf Feststellung vergangener Rechtsverletzungen ableitbar.

Den Einwänden der Beschwerdeführerin ist nicht zu folgen: Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 14.12.2021, Ro 2020/04/0032, ausdrücklich festgehalten, dass im Datenschutzrecht (bei Antragsverfahren) die Möglichkeit der rechtsverbindlichen Feststellung einer datenschutzrechtlichen Rechtsverletzung gemäß § 24 DSG besteht. Er führte diesbezüglich aus, dass § 24 DSG einer in ihrem persönlichen Grundrecht verletzten Person die Möglichkeit einräume, die ihr gegenüber geschehene Rechtsverletzung feststellen zu lassen. Der Feststellungsanspruch betreffe die Rechtsposition einer konkreten in ihren Rechten verletzten Person und sei dogmatisch in seinem Rechtskraftumfang auf diese Rechtsverletzung beschränkt. Basierend auf dieser Feststellung solle es der betroffenen Person möglich sein, weitere individuelle Ansprüche – etwa Schadenersatzansprüche – zu verfolgen.

Inwiefern der Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde (vor oder nach Löschung der Daten zu den „Parteiaffinitäten“ bzw. den „ XXXX -Geo-Milieus“) zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen müsste, wurde von der Beschwerdeführerin nicht konkret vorgebracht und ist auch sonst nicht ersichtlich geworden. Auch das Vorbringen, dass die Beschwerdeführerin sämtlichen Betroffenen nunmehr anbiete, eine individualisierte, als vollstreckbarer Notariatsakt ausgestellte, Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben, in der sie zusichere, von der Verarbeitung der Marketingklassifikationen „ XXXX -Geo-Milieus“ […] Abstand zu nehmen, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, zumal die Beschwerdeführerin auch hier ein konkretes Vorbringen vermissen lässt, weshalb dieser Umstand eine andere rechtliche Beurteilung erforderlich machen würde, und die Beschwerdeführerin darüber hinaus weder behauptet noch bescheinigt hat, dass gegenüber dem Mitbeteiligten eine solche Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgegeben worden wäre.

Nach dem soeben Ausgeführten hat der Mitbeteiligte zudem einen Rechtsanspruch auf Feststellung der Verletzung im Recht auf Geheimhaltung in der Vergangenheit, sodass die belangte Behörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht auch darüber abzusprechen hat, selbst wenn die verfahrensgegenständlichen Daten betreffend die „ XXXX -Geo-Milieus“ bereits durch die Beschwerdeführerin gelöscht wurden.

3.3.2.2. Die Beschwerde wendet sich weiters gegen die Begründung der belangten Behörde, dass die Verarbeitung von Daten zu den „ XXXX -Geo-Milieus“ durch die Beschwerdeführerin als Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen die weltanschauliche Überzeugung hervorgehe, zu qualifizieren sei, die mangels Einwilligung des Mitbeteiligten bzw. Vorliegens eines Erlaubnistatbestandes rechtswidrig gewesen sei.

Die Beschwerdeführerin hält dem zusammengefasst entgegen, dass Art. 9 DSGVO nicht anwendbar sei, weil es sich bei den „ XXXX -Geo-Milieus“ um Wahrscheinlichkeitswerte gehandelt habe, die weder personenbezogene Daten noch Informationen seien, aus denen weltanschauliche Überzeugungen hervorgehen würden.

Dem kann nicht beigetreten werden.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich bei seiner Beurteilung den tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes sowie des Obersten Gerichtshofes in den Entscheidungen VwGH 14.12.2021, Ro 2021/04/0007, OGH 18.02.2021, 6 Ob 127/20z, und OGH 15.04.2021, 6 Ob 35/21x sowie des Bundesverwaltungsgerichtes in den Erkenntnissen vom 20.08.2020, W258 2217446-1/15E, vom 26.11.2020, W258 2217446-1/35E und vom 20.05.2021, W214 2226349-1/12E, deren Gegenstand jeweils die Verarbeitung von „Parteiaffinitäten“ durch die Beschwerdeführerin war, an und geht davon aus, dass die dort angestellten Überlegungen betreffend Qualifikation als (besondere Kategorie) personenbezogener Daten im Wesentlichen auf den hier gegenständlichen Fall von Daten zu den „ XXXX -Geo-Milieus“ übertragen werden können.

3.3.2.2.1. Entgegen der Ansicht der Beschwerde wurden die Daten zu den „ XXXX -Geo-Milieus“ von der belangten Behörde zu Recht als „personenbezogene Daten“ im Sinne des Art. 4 Z 1 DSGVO eingestuft.

Der Begriff der „personenbezogenen Daten“ umfasst alle Arten von Informationen sowohl objektiver als auch subjektiver Natur, unter der Voraussetzung, dass es sich um Informationen „über“ die in Rede stehende Person handelt.

Die letztgenannte Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Information aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkungen mit einer bestimmten oder bestimmbaren Person verknüpft ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 14.12.2021, Ro 2021/04/0007, betreffend die Datenart „Parteiaffinitäten“ ausgeführt hat, definiert Art. 4 Z 1 DSGVO personenbezogene Daten als „alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen“. Nach dieser Bestimmung wird als „identifizierbar“ eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann.

Der Begriff ist weit zu verstehen. Deshalb weisen auch innere Zustände wie Meinungen, Motive, Wünsche, Überzeugungen und Werturteile sowie statistische Wahrscheinlichkeitsaussagen, die nicht bloße Prognose- oder Planungswerte darstellen, sondern subjektive und/oder objektive Einschätzungen zu einer identifizierten oder identifizierbaren Person liefern, einen Personenbezug auf, ebenso persönliche Überzeugungen, Vorlieben, Verhaltensweisen oder Einstellungen. Damit umfasst der Begriff der „Information“ nicht nur Aussagen zu überprüfbaren Eigenschaften oder sachlichen Verhältnissen der betroffenen Person, sondern auch Einschätzungen und Urteile über sie, wie etwa „X ist ein zuverlässiger Mitarbeiter“. In diesem Sinne sind Daten mit Bezug zu einer Person auch dann personenbezogen, wenn sie unzutreffend sind; der Wahrheitsgehalt ist für die Betrachtung unerheblich. Wahrscheinlichkeitsangaben haben Personenbezug, gleich ob sie sich auf Sachverhalte in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft beziehen (vgl. VwGH 14.12.2021, Ro 2021/04/0007).

Bei den „Parteiaffinitäten“ handelt es sich um personenbezogene Daten, die dem Regime der DSGVO unterliegen, weil sie dem Betroffenen direkt zugeordnet sind und eine Wahrscheinlichkeitsaussage über bestimmte Interessen und Vorlieben des Betroffenen enthalten (s. OGH 18.02.2021, 6 Ob 127/20z). Dies lässt sich auch auf die Datenart der „ XXXX -Geo-Milieus“ übertragen, da auch diese dem Betroffenen direkt zugeordnet sind und eine Wahrscheinlichkeitsaussage über bestimmte Interessen und Vorlieben des Betroffenen enthalten.

Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage und Judikatur sind die verfahrensgegenständlichen Angaben über den Mitbeteiligten in Bezug auf die Datenart „ XXXX -Geo-Milieus“ als personenbezogene Daten im Sinne des Art. 4 Z 1 DSGVO anzusehen. Denn die Beschwerdeführerin verarbeitete Daten, die die Person des Mitbeteiligten mit der Wahrscheinlichkeit, mit der dieser eine bestimmte Lebensauffassung bzw. Lebensweise hat und damit mit der Wahrscheinlichkeit, mit der er einem bestimmten „ XXXX -Geo-Milieu“ angehört, verknüpften. Dazu zählten unter anderem grundlegende Wertorientierungen und Einstellungen zu Arbeit und Freizeit, zu Familie und Partnerschaft, Konsum und Politik. Diese werden in Kontext mit demografischen Eigenschaften wie Bildung, Beruf oder Einkommen gestellt. Auf diese Weise wird das Interesse des Mitbeteiligten an bestimmter Werbung ermittelt. Die Beschwerdeführerin nutzte diese Daten insbesondere dazu, Streuverluste in der Werbung gering zu halten, dh. Personen wie den Mitbeteiligten zielgerichtet bewerben zu können.

Die Verknüpfung der „ XXXX -Geo-Milieus“ mit einer einzelnen Person erfüllt dabei das Inhaltselement. So enthalten, auch wenn die tatsächliche Lebensauffassung bzw. tatsächliche weltanschauliche Überzeugung des Mitbeteiligten nicht bekannt ist, die „ XXXX -Geo-Milieus“ – entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin – eine unmittelbare Aussage über die konkrete Person des Mitbeteiligten, nämlich, mit welcher Wahrscheinlichkeit er einem oder mehreren der zehn gebildeten „Milieus“ zugehörig ist und daran anknüpfend, welche Art von Werbung für den Mitbeteiligten interessant ist bzw. sein könnte. Diese Aussage ist, auch wenn sie auf Grund der Ermittlungsmethode einer statistischen Schwankungsbreite unterliegt, nicht völlig zufällig, sondern leitet sich aus Korrelationen ab, die im Zusammenhang mit dem geografischen Raum bzw. Wohnadressen gewonnen worden sind. Andernfalls wären sie für den Zweck, Streuverluste in der Werbung zu verhindern, ungeeignet. Es handelt sich um eine statistisch fundierte Einschätzung der Person des Mitbeteiligten in Bezug auf seine Lebensauffassung bzw. Lebensweise, welche eine lange Liste von Alltagsbereichen, wie Gesundheit, Tradition, Politik, Status, Mode, Geschmack, Familie, Technologie, Neugierde, Sport, Veränderungsbereitschaft, Vorlieben, Religion, Kunst und Kultur, Bildung, Ethik, Ästhetik, Ziele, Interessen, Einkommen und Geld sowie Ängste und Befürchtungen, umfasst und sein Interesse an bestimmter Werbung, das an diese Faktoren anknüpft. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin hängt vor diesem Hintergrund die Frage, ob das Inhaltselement erfüllt bzw. ein personenbezogenes Datum vorliegt, nicht davon ab, ob die Einschätzung der betroffenen Person (auch) auf Parametern gründet, die im Verhalten der einzuschätzenden Person gelegen sind.

Auch das „Zweckelement“ ist erfüllt: Die Informationen aus den „ XXXX -Geo-Milieus“ sollten und konnten dazu verwendet werden, Streuverluste in der Werbung zu vermeiden, dh Personen wie den Mitbeteiligten auf bestimmte Weise zu behandeln, die je nach den ermittelten Wahrscheinlichkeiten für die einzelnen „Milieus“ bestimmte Werbung erhalten oder nicht erhalten.

Damit ist auch das „Auswirkungserfordernis“ gegeben. Die betroffenen Personen könnten je nach den ihnen jeweils zugeordneten „Milieus“ anders behandelt werden, indem sie bestimmte Werbung erhalten oder nicht erhalten.

Somit enthielten die dem Mitbeteiligten zugeordneten Daten betreffend die „ XXXX -Geo-Milieus“ eine Wahrscheinlichkeitsaussage über seine Neigungen, die im Rahmen der verfahrensgegenständlichen Verarbeitung unstrittig namentlich bezeichnet und damit zweifelsfrei identifiziert im Sinne des Art. 4 Z 1 DSGVO waren. Demnach handelte es sich um konkret dem Mitbeteiligten zugeordnete Angaben und damit um Informationen „über“ ihn. Ob diese Einschätzungen zutreffend sind, ist dabei unerheblich.

Die Argumente der Beschwerdeführerin überzeugen nicht.

Der Ansicht, dass die „ XXXX -Geo-Milieus“ anonyme Gruppendaten (auf Gebäudeebene) seien, die keine Aussage über Einzelne in sich tragen würden und nicht direkt den Betroffenen zugeordnet gewesen seien, sondern sich diese Zuordnungen aus zwei verschiedenen Dateien, welche über eine sogenannte „ XXXX -ID“ aufgeschlüsselt werden konnten, ergeben würden, ist entgegen zu halten, dass sich der bekämpfte Bescheid nicht gegen die Ermittlung der – nicht personenbezogenen – Zusammenhänge zwischen geografischen Elementen bzw. Gebäudeadressen und dem Interesse an bestimmter Werbung richtete, sondern verfahrensgegenständlich die Anwendung dieser Zusammenhänge auf den Mitbeteiligten und die Verknüpfung der sich ergebenden „ XXXX -Geo-Milieus“ mit diesem ist. Es reicht nach der Rechtsprechung des EuGH für die Annahme eines personenbezogenen Datums aus, wenn zwischen der betroffenen Person und der Information eine qualifizierte Verknüpfung besteht (EuGH 22.06.2017, C-434/16, NOWAK Rz 33). In welcher „Richtung“ die Verknüpfung erfolgt, ob also die Person der Information zugeordnet oder die Information der Person zugeordnet wird, ist dabei ebenso ohne Bedeutung wie die Frage, ob sich die Zuordnung erst mittelbar über die Einordnung in eine Marketinggruppe, deren Mitgliedern bestimmte Eigenschaften zugeschrieben werden, ergibt.

Es kann – entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin – auch dahingestellt bleiben, ob die erstmalige Verknüpfung dieser Daten bei ihr selbst oder der A-GmbH erfolgt ist, weil selbst unter der Annahme, dass die Beschwerdeführerin die Daten von der A-GmbH rechtmäßig bezogen hat, dies nichts daran ändert, dass die Beschwerdeführerin diese Daten in ihren Systemen iSd Art. 4 Z 2 DSGVO verarbeitet hat und daher von ihr auch die Grundsätze in Bezug auf die (Rechtmäßigkeit) der Verarbeitung personenbezogener Daten iSd Art. 5 und 6 DSGVO einzuhalten waren. Wenn sich die Beschwerdeführerin diesbezüglich auf die genehmigten Verhaltensregeln iSd Art. 40 DSGVO beruft, wonach die Verarbeitung rechtmäßig sei, weil die Beschwerdeführerin die „ XXXX -Geo-Milieus“ rechtmäßig – den Verhaltensregeln entsprechend – erhoben habe, ist sie darauf hinzuweisen, dass solche genehmigten Verhaltensregeln ein Instrument der Selbstbindung sind und die Rechte der betroffenen Personen aus der DSGVO nicht beschneiden können („code of conduct“; vgl dazu etwa Jahnel, Kommentar zur Datenschutz-Grundverordnung Art. 40 DSGVO Rz 1-4 [Stand 1.12.2020, rdb.at]). Die Einhaltung der genehmigten Verhaltensregeln kann nur dazu dienen, die Erfüllung von Pflichten nach der DSGVO nachzuweisen, jedoch eine fehlende Einwilligung einer betroffenen Person nicht ersetzen. Ebenso irrelevant ist der Umstand, dass die belangte Behörde die Verarbeitung der „ XXXX -Geo-Milieus“ bei der A-GmbH für rechtmäßig empfunden hat und daher ihr amtswegiges Prüfverfahren gegen diese formlos einstellt hat. Eine Bindungswirkung in Bezug auf den vorliegenden Fall ergibt sich daraus jedenfalls nicht.

Die Beschwerdeführerin beruft sich weiters auf § 151 GewO, dessen Struktur dafür spreche, dass es sich bei Marketingklassifikationen nicht um personenbezogene Daten handle. Demnach werde in § 151 Abs. 4 und 5 die Zulässigkeit der Verwendung von personenbezogenen Daten für Zwecke des Adresshandels und Direktmarketings geregelt, während in § 151 Abs. 6 GewO die Zulässigkeit der Verwendung von Marketingklassifikationen geregelt werde. Weil in Abs. 6 von Marketingklassifikationen und nicht von personenbezogenen Daten gesprochen werde und sich Abs. 6 nicht auf die Abs. 4 und 5 beziehe, sehe der Gesetzgeber Marketingklassifikationen nicht als personenbezogene Daten an. Andernfalls bliebe für die Anwendung des Abs. 6 kein Raum, was dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden könne.

Diese Argumentation übersieht, dass der Begriff „personenbezogene Daten“ in Art. 4 Abs. 1 Z 1 DSGVO, d.h. einer europarechtlichen Norm, die unmittelbar in den Mitgliedstaaten anwendbar ist, definiert wird. Mangels einer entsprechenden Öffnungsklausel ist er europarechtlich autonom auszulegen und es kann zu seiner Definition bzw. Interpretation nicht auf Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, hier § 151 GewO, zurückgegriffen werden.

Auch dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass personalisierte Werbung mit dem Anbringen von Werbetafeln vergleichbar sei, kann nicht gefolgt werden. Werbetafeln werden nicht individuell für einzelne Personen aufgestellt und sind allein schon deshalb nicht mit der Zustellung personalisierter Werbung vergleichbar. Es mag zwar sein, dass sich die von der Beschwerdeführerin verarbeiteten „ XXXX -Geo-Milieus“ auch für das Aufstellen von Werbetafeln eignen, jedoch ist es für das – von der Beschwerdeführerin angezweifelte – „Zweckelement“ bzw. „Auswirkungserfordernis“ bereits ausreichend, wenn sich Daten dazu eignen, Personen zu beurteilen, in einer bestimmten Weise zu behandeln, oder ihre Stellung bzw. ihr Verhalten zu beeinflussen und sich diese auf deren Rechte und Interessen auswirken können. Da dies, wie bereits ausgeführt, auf die „ XXXX -Geo-Milieus“ zutrifft, ist die Beurteilung von Werbetafeln für den gegenständlichen Fall irrelevant.

3.3.2.2.2. Entgegen der Ansicht der Beschwerde gelangt im vorliegenden Fall auch das in Art. 9 Abs. 1 DSGVO normierte Verarbeitungsverbot zur Anwendung:

Das Verarbeitungsverbot des Art. 9 Abs. 1 DSGVO gilt für besondere Kategorien von Daten, zu denen ua. personenbezogene Daten gehören, aus denen religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen hervorgehen. Strittig ist, ob durch das Datum, dass eine Person mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit einem bestimmten „ XXXX -Geo-Milieu“ angehört bzw. sich für bestimmte Werbung interessiert, die weltanschaulichen Überzeugungen dieser Person im Sinne des Art. 9 Abs. 1 DSGVO ersichtlich werden.

Die Beschwerdeführerin argumentiert, bei den „ XXXX -Geo-Milieus“ werde nicht auf weltanschauliche Überzeugungen, sondern etwa auf Konsumverhalten, Lebensstil oder Wohnungsumfeld abgestellt. Die Zielsetzung von „ XXXX -Geo-Milieus“ sei es nicht, weltanschauliche Überzeugungen zu generieren, sondern die Bevölkerung in einem Raster entlang der sozialen Lage und der konsumbezogenen Grundorientierung zu segmentieren, mit weltanschaulichen Überzeugungen habe diese Segmentierung nichts zu tun. Zudem würden innerhalb eines Gebäudes alle Bewohner denselben „ XXXX -Geo-Milieus“ zugeordnet, es sei lebensfremd anzunehmen, dass alle Bewohner eines Hauses unabhängig von Geschlecht, Alter, Ausbildungsgrad, Berufsweg, Religion oder sexueller Orientierung jeweils dieselbe Weltanschauung hätten. Im Zusammenhang mit den „Parteiaffinitäten“ habe das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass aus einem niedrigen Wahrscheinlichkeitswert nicht auf eine politische Meinung geschlossen werden könne. Dasselbe müsse auch für weltanschauliche Überzeugungen gelten, die im Spruch bezeichneten Marketingklassifikationen hätten allesamt jedoch nur einen niedrigen Wahrscheinlichkeitswert unter 31 % gehabt. Auch aus der insofern dominanten Wahrscheinlichkeit „Performer“ könne keine weltanschauliche Überzeugung abgeleitet werden, weil diese Beschreibung auf die Anhänger verschiedenster weltanschaulicher Überzeugungen zutreffen könne. Bei der weltanschaulichen Überzeugung gehe es um die Auffassung des Menschen von der Welt als einem Sinnganzen nicht aber um seine Teilhabe an einem bestimmten Lebensstil. Eine weltanschauliche Überzeugung müsse aus den zur Verarbeitung stehenden Daten „hervorgehen“, dh. aus einem vom Betroffenen gesetzten Verhalten (z.B Teilnahme an einer Veranstaltung) oder etwa aus seinen Äußerungen. Das könne den „ XXXX -Geo-Milieus“ nicht entnommen werden.

Dem ist nicht zu folgen:

Ob aus personenbezogenen Daten religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen der betroffenen Person mit hinreichender Wahrscheinlichkeit hervorgehen, ist aus dem Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm zu beurteilen (in diesem Sinne auch Schiff in Ehmann/Selmayr Datenschutz-Grundverordnung² Art. 9 Rz 22).

Art. 9 DSGVO will vor den Gefahren schützen, die mit bestimmten Arten von personenbezogenen Daten üblicherweise verbunden sind.

Anzuknüpfen ist an der abstrakten Eignung bestimmter personenbezogener Daten, besonders nachteilige Folgen für betroffene Personen – im vorliegenden Fall den Mitbeteiligten – auslösen zu können.

Welche Arten von personenbezogenen Daten das sind, bestimmt Art. 9 Abs. 1 DSGVO. Es muss sich u.a. um personenbezogene Daten handeln, aus denen „religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen“ der betroffenen Person hervorgehen.

Da bereits eine vermutete „religiöse oder weltanschauliche Überzeugung“ jene negativen Folgen für die betroffene Person auslösen kann, vor der Art. 9 DSGVO schützen möchte, ist es für die Annahme einer religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung ausreichend, wenn aus der Information eine solche Meinung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit hervorgeht (Schiff in Ehmann/Selmayr Datenschutz-Grundverordnung² Art. 9 Rz 21). Gewissheit ist nicht erforderlich. Irrelevant ist auch, ob die Merkmalsangaben inhaltlich zutreffen (Weichert in Kühling/Buchner [Hrsg], DSGVO3 Art. 9 Rz 24).

Aus dem Schutzzweck des Art. 9 DSGVO, d.h., betroffene Personen vor Diskriminierungen auf Grund einer (unterstellten) religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung zu schützen, folgt im vorliegenden Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Hervorgehens der weltanschaulichen Überzeugung.

So ergibt sich etwa, dass der Mitbeteiligte mit der deutlich dominanten Wahrscheinlichkeit von 30,13 % dem Milieu „Performer“ zugeordnet wurde, alle anderen Milieus weisen einen Wahrscheinlichkeitswert unter 20 % auf. Der Mitbeteiligte wurde daher in der Oberschicht bzw. oberen/mittleren Mittelschicht der „modernen Elite“ eingeordnet und ihm die Eigenschaft bzw. Haltung als „flexibel und global orientiert“ zugeschrieben, wobei „Effizienz, Eigenverantwortung und individueller Erfolg“ beim Mitbeteiligten oberste Priorität hätten. Darüber hinaus wurde ihm eine „hohe Business- und IT-Kompetenz“ attestiert. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin lässt sich aus dieser Beschreibung sehr wohl eine (wahrscheinliche) weltanschauliche Überzeugung des Mitbeteiligten ableiten. So wird dem Mitbeteiligten den Beschreibungen der „ XXXX -Geo-Milieus“ zufolge etwa eine „global orientierte“ Haltung zugeschrieben. Der Begriff Globalisierung bezeichnet den Vorgang, bei welchem weltweite Verflechtungen in unter anderem den Bereichen Wirtschaft, Politik, Kultur, Umwelt und Kommunikation zwischen Individuen, Gesellschaften, Institutionen und Staaten zunehmen, wobei Ursache dessen vor allem auch technische Fortschritte, Produkt- und Prozessinnovationen, insbesondere in Kommunikations- und Transporttechnologien, sind, zu denen dem Mitbeteiligten eine hohe Affinität unterstellt wird. Es handelt sich somit bei diesen dem Mitbeteiligten zugeschriebenen Eigenschaften um bestimmte Positionen und Überzeugungen in den oben angeführten Bereichen, die auch eindeutig von anderen Überzeugungen, etwa den „Traditionellen Milieus“ bzw. auch von Angehörigen des „postmateriellen“ Milieus, abgegrenzt werden. Hinzu kommt, dass eine exakte Zuordnung zu einer bestimmten „Schule“ auch gar nicht notwendig ist (Schiff in Ehmann/Selmayr Datenschutz-Grundverordnung² Art. 9 Rz 21). Der Zuschreibung des Mitbeteiligten als „Performer“ stehen jedenfalls dazu spiegelbildlich die Gefahren, die Art. 9 DSGVO vermeiden möchte, gegenüber: Derartige Personen zu benachteiligen oder gar zu verfolgen, weil eine gewisse Weltanschauung vermutet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde die Person des Mitbeteiligten mit der Wahrscheinlichkeit verknüpft, Interesse an bestimmter Werbung im Zusammenhang mit den ihm zugeordneten Milieus zu haben. Zwischen der (wahrscheinlichen) Lebensauffassung bzw. Lebensweise des Mitbeteiligten, einem diesbezüglichen Interesse an bestimmter Werbung und damit an einer religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung besteht ein relevanter Zusammenhang:

Eine exakte Definition des Begriffs der Weltanschauung ist schwierig, jedoch haben Judikatur und Lehre zahlreiche Annäherungen und Abgrenzungen herausgearbeitet. Der Begriff der Weltanschauung bezeichnet demnach die Gesamtheit von Anschauungen, die die Welt und die Stellung des Menschen in der Welt betreffen. Laut dem EGMR bedarf eine Weltanschauung einer zusammenhängenden Sichtweise grundsätzlicher Lebensfragen, wie dies etwa beim Pazifismus (EGMR 16.05.1977, 7050/75, Arrowsmith) oder einer gewaltfreien Erziehung (EGMR 25.02.1982, 7511/76, 7743/76, Campbell und Cosans) der Fall ist (siehe hierzu auch Budischowsky in Jaeger/Stöger [Hrsg], EUV/AEUV Art 17 AEUV Rz 13). Nach der Rechtsprechung des OGH ist der Begriff Weltanschauung eine Sammelbezeichnung für Leitauffassungen vom Leben und von der Welt als eine im Sinnganzen sowie zur Deutung des persönlichen und gemeinschaftlichen Standorts für das individuelle Lebensverständnis. Weltanschauungen sind Deutungsauffassungen in der Form persönlicher Überzeugungen von der Grundstruktur, Modalität und Funktion des Weltganzen (OGH 24.02.2009, 9 Ob A 122/07t). Der OGH orientiert sich mit seiner Definition der Weltanschauung an den Gesetzesmaterialien zum Bundes-Gleichbehandlungsgesetz – B-GlBG (ErläutRV 285 BlgNR 22. GP , 11). Obwohl die Materialien eine nationale Norm betreffen, kann diese Definition dennoch in den europarechtlichen Kontext der DSGVO übernommen werden, da das B-GlBG vor allem in Umsetzung der Richtlinie 2000/43/EG (Gleichbehandlungsrichtlinie Rasse oder ethnische Herkunft), der Richtlinie 2000/78/EG (Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie) und der Richtlinie 2002/73/EG (Änderung der Gleichbehandlungsrichtlinie) ergangen ist. Zwar gibt es bislang keine europarechtliche Definition des Begriffs der Weltanschauung, dennoch kann die obige Definition (OGH 24.02.2009, 9 Ob A 122/07t) für den gegenständlichen Fall – unter Berücksichtigung der Judikatur des EGMR – übernommen werden.

Bei den Marketingklassifikationen „ XXXX -Milieus“ werden Menschen nach ihren Lebensauffassungen und Lebensweisen gruppiert. Sie beziehen sich auf die grundlegenden Wertorientierungen und Einstellungen zu verschiedensten Lebensbereichen, wie Arbeit und Freizeit, Familie und Partnerschaft, Konsum und Politik. Sie klassifizieren die ganzheitliche Wahrnehmung der Menschen in Relation zu alldem, was für das Leben der Menschen Bedeutung hat. Dies wird in Kontext mit demografischen Eigenschaften wie Bildung, Beruf oder Einkommen gestellt. Da für die Erstellung der „ XXXX -Milieus“ ein möglichst umfassendes Spektrum von Alltagsbereichen (insb. Politik, Religion, Ethik, etc.) herangezogen wird, können anschließend „Gruppen Gleichgesinnter“ erstellt werden.

Die Einteilung der Betroffenen in verschiedene Grundorientierungen, wie „Traditionelle Werte“, „Modernisierung“ und „Neuorientierung“ entspricht im Wesentlichen der Definition des OGH, welcher von Leitauffassungen vom Leben und von der Welt als einem Sinnganzen spricht. So stellen die Parameter der „ XXXX -Geo-Milieus“ Pflichterfüllung, Individualisierung/Selbstverwirklichung, Pragmatismus, Refokussierung etc. gerade solche Leitauffassungen vom Leben dar, anhand derer man das individuelle Lebensverständnis der Menschen kategorisieren kann. Insbesondere durch die Verknüpfung mit der sozialen Lage wird auch die Genauigkeit hinsichtlich einer zusammenhängenden Sichtweise auf grundsätzliche Lebensfragen erhöht. Gerade weil zur Erstellung der „ XXXX -Geo-Milieus“ derart viele Lebensbereiche erfasst werden, haben die zusammengetragenen Einstellungen zu diversesten Alltagsbereichen im Zusammenspiel mit der exakten geografischen Zuordnung auch einen umfassenden Einfluss auf das Handeln der Menschen sowie ein hohes Maß an Treffsicherheit (siehe zum Merkmal der Treffsicherheit auch Egger, Die Begriffe "Religion" und "Weltanschauung" im Antidiskriminierungsrecht, ASoK 2018, 346 [353]).

Selbst wenn die Definitionen der einzelnen „ XXXX -Geo-Milieus“ alleine nicht immer eindeutig auf eine konkrete Weltanschauung schließen lassen, wird unter Gliederung der Gesellschaft in - im Wesentlichen - drei Schichten, nämlich Oberschicht/obere Mittelschicht, Mittlere Mittelschicht und Untere Mittelschicht/Unterschicht, wobei diesen Schichten die einzelnen Milieus, nämlich „Konservative“, „Traditionelle“, „Etablierte“, „Performer“, „Postmaterielle“, „Digitale Individualisten“, „Bürgerliche Mitte“, „Adaptiv Pragmatische“, „Konsumorientierte Basis“ und „Hedonisten“ (teilweise auch überlappend) zugeordnet sind, ersichtlich, dass diese unter den Begriff der Weltanschauung zu subsumieren sind. Denn schließlich liegt der Anspruch der „ XXXX -Geo-Milieus“ gerade in der Unterteilung der Menschen anhand ihrer ganzheitlichen Wahrnehmung vom Leben und der Welt. Wenn bereits eine punktuelle Einstellung wie „Pazifist“ unter den Begriff der Weltanschauung subsumiert werden kann (EGMR 16.05.1977, 7050/75, Arrowsmith), dann sind die weitreichende Lebensbereiche und Lebenseinstellungen erfassenden „ XXXX -Geo-Milieus“ umso mehr als weltanschauliche Überzeugungen einzustufen. Teile der Lehre gehen davon aus, dass eine Weltanschauung weitreichende Lebenseinstellungen beeinflussen muss und sehen daher – nach einer teleologischen Reduktion – ethische Bündnisse, wie beispielsweise die Freimaurer, als Weltanschauungen an (siehe Schulz in Gola, DS-GVO2 Art. 9 Rz 14). Aufgrund des umfassenden Ausmaßes der „ XXXX -Geo-Milieus“ werden sie auch diesem Kriterium gerecht. Aus dem Zusammenspiel zwischen höheren Wahrscheinlichkeitswerten für die Zuordnung zu einem bestimmten Milieu und niedrigen Wahrscheinlichkeitswerten für andere bestimmte Milieus ergibt sich die Wahrscheinlichkeit für die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gesellschaftsschicht und daraus, ob der Betroffene grundsätzlich die Grundorientierung, Mentalität und Werte eines bestimmten Milieus teilt oder diese ablehnt.

Es sind allerdings nicht nur solche Daten in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 1 DSGVO einzubeziehen, aus denen die tatsächliche politische Einstellung des Betroffenen hervorgeht, sondern gerade auch Daten über vermutete politische Vorlieben des Einzelnen, birgt doch deren Verarbeitung ebenfalls das Risiko besonderer negativer Folgen für den Betroffenen in sich (s. OGH vom 15.04.2021, 6 Ob 35/21x).

Der Verwaltungsgerichtshof schloss sich in seiner Entscheidung vom 14.12.2021, Ro 2021/04/0007, betreffend die Datenart „Parteiaffinitäten“ den Ausführungen des Obersten Gerichtshofes in 6 Ob 35/21x an und fügte dem hinzu, dass es für die Anwendbarkeit des Art. 9 Abs. 1 DSGVO ausreicht, wenn hinsichtlich der Datenkategorien rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse und weltanschauliche Überzeugung und Gewerkschaftszugehörigkeit die sensible Information nur mittelbar hervorgeht. Es werden somit auch indirekte Hinweise auf diese Merkmale dem besonderen Schutz unterworfen, wobei die Erkennbarkeit für einen durchschnittlichen, objektiven Dritten genügen soll.

Die Angabe über die „ XXXX -Geo-Milieus“ ist in diesem Sinne im vorliegenden Fall sehr wohl geeignet, einem objektiven Dritten hinreichend deutlich eine weltanschauliche Haltung des Mitbeteiligten zu vermitteln.

Bei der Datenart der „ XXXX -Geo-Milieus“ handelt es sich somit um eine „besondere Kategorie personenbezogener Daten“ im Sinne des Art. 9 DSGVO, für die das Verarbeitungsverbot gilt.

Daran vermögen auch die Ausführungen der Beschwerdeführerin nichts zu ändern:

Die Beschwerdeführerin wehrt sich gegen die Einstufung der „ XXXX -Geo-Milieus“ als besondere Kategorie personenbezogener Daten im Wesentlichen mit dem Argument, dass eine weltanschauliche Überzeugung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 DSGVO nur aus einem Handeln des Betroffenen hervorgehen könne.

Diese Ansicht übersieht, dass die Gefahren, die mit der Verarbeitung der weltanschaulichen Überzeugung üblicherweise verbunden sind und vor denen Art. 9 DSGVO schützen möchte, bereits dann drohen, wenn die weltanschauliche Überzeugung einer betroffenen Person mit hinreichender Wahrscheinlichkeit aus den vorhandenen Daten hervorgeht. Es macht für das Vorliegen einer bestimmten Wahrscheinlichkeit aber keinen Unterschied, ob die Wahrscheinlichkeit in einem tatsächlichen Verhalten der betroffenen Person oder in statistischen Methoden gründet. Dass die verwendete Methode zur Ermittlung der Wahrscheinlichkeitswerte keinerlei statistische Relevanz hätte, lässt sich weder aus der festgestellten Ermittlungsmethode noch aus dem Verwendungszweck, dh die zielgerichtete Bewerbung natürlicher Personen, ableiten.

Das Gefahrenpotential der von der Beschwerdeführerin verarbeiteten Daten liegt in der Benachteiligung oder Verfolgung von Personen aufgrund der vermuteten weltanschaulichen Überzeugung und nicht bloß in der „Nichtzustellung“ von Werbematerial.

Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, dass die „ XXXX -Geo-Milieus“ nur auf das Konsumverhalten, den Lebensstil oder das Wohnumfeld, nicht aber auf die weltanschauliche Überzeugung abstellen, so verkennt sie, dass die zur Berechnung der „ XXXX -Geo-Milieus“ herangezogenen Daten noch weit über eine konsumbezogene Grundorientierung hinausgehen. In die Erstellung fließen nämlich – wie festgestellt - auch Einstellungen zu Politik, Ethik und Religion ein. Aufgrund der Fülle dieser erfassten Alltagsbereiche lässt sich jedenfalls auf die ganzheitliche Wahrnehmung, im Bezugssystem all dessen, was für das Leben der Betroffenen Bedeutung hat, somit auf deren weltanschauliche Überzeugungen, schließen.

3.3.2.2.3. Es ist hier auch kein Ausnahmetatbestand verwirklicht:

Die DSGVO kennt vom Verarbeitungsverbot besonderer Kategorien personenbezogener Daten mehrere in Art. 9 Abs. 2 DSGVO abschließend aufgezählte Ausnahmen. Die Verarbeitung ist u.a. dann zulässig, wenn sie – bei Erfüllung weiterer genannter Voraussetzungen – auf Grund von Unionsrecht oder des Rechts eines Mitgliedstaats zulässig ist (Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO).

§ 151 Abs. 6 GewO könnte eine derartige nationale Rechtsnorm darstellen. Demnach ist es den zur Ausübung des Gewerbes der Adressverlage und Direktmarketingunternehmen berechtigten Gewerbetreibenden erlaubt, für Marketingzwecke erhobene Marketinginformationen und -klassifikationen, die namentlich bestimmten Personen auf Grund von Marketinganalyseverfahren zugeschrieben werden („Marketinginformationen“), nur für Marketingzwecke zu verwenden und – unter weiteren Voraussetzungen – an Dritte weiterzugeben.

Als speziellere Bestimmung könnte § 151 Abs. 6 GewO nach dem Grundsatz „lex specialis derogat legi generali“ der Regelung des § 151 Abs. 4 GewO vorgehen, wonach es für die Verwendung besonderer Kategorien von Daten der Zustimmung der Betroffenen bedarf. § 151 Abs. 6 GewO würde bei dieser Interpretation auch die Verarbeitung besonderer Kategorien von Daten umfassen und könnte die Verarbeitung der Datenarten zu den „ XXXX -Geo-Milieus“ durch die Beschwerdeführerin rechtfertigen.

Eine derartige Interpretation des § 151 Abs. 6 GewO scheitert vor dem Hintergrund des Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO aber an einer europarechtskonformen Auslegung. Die Ausnahme vom Verarbeitungsverbot besonderer Kategorien personenbezogener Daten gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO, wonach die Verarbeitung auf Grund des Unionsrechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats zulässig ist, erfährt nämlich eine wesentliche Einschränkung: Der Rechtsakt muss aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich sein.

Das durch den Rechtsakt verfolgte Interesse muss daher der Allgemeinheit als solcher dienen. Durch das Erfordernis der „Erheblichkeit“ sollen überdies Maßnahmen ausgesondert werden, die zwar der Allgemeinheit dienen, die für diese jedoch nicht so erheblich sind, dass die Allgemeinheit ohne die in Rede stehende Maßnahme ernsthaft beeinträchtigt wäre (Schiff in Ehmann/Selmayr Datenschutz-Grundverordnung² Art. 9 Rz 52). Erfasst werden besonders schützenswerte Belange des Gemeinwohls bzw. Gemeinschaftsgüter (Schulz in Gola DS-GVO² Art. 9 Rz 30).

Ein öffentliches Interesse liegt ua nach den Erwägungsgründen 46, 52 und 55 der DSGVO insbesondere vor, wenn personenbezogene Daten auf dem Gebiet des Arbeitsrechts und des Rechts der sozialen Sicherheit einschließlich Renten sowie zwecks Sicherstellung und Überwachung der Gesundheit und Gesundheitswarnungen, Prävention oder Kontrolle ansteckender Krankheiten und anderer schwerwiegender Gesundheitsgefahren, für humanitäre Zwecke, einschließlich der Überwachung von Epidemien und deren Ausbreitung, oder in humanitären Notfällen, insbesondere bei Naturkatastrophen oder vom Menschen verursachten Katastrophen, oder durch staatliche Stellen zu verfassungsrechtlich oder völkerrechtlich verankerten Zielen von staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften verarbeitet werden.

Wirtschaftliche Interessen oder Adressverlage und Direktmarketingunternehmen werden nicht genannt. Lediglich an einer Stelle, die nicht besondere Kategorien von Daten oder öffentliche Interessen betrifft, bezieht sich der EU-Verordnungsgeber auf Datenverarbeitungen zum Zwecke der Direktwerbung, nämlich zur Frage, wann von einem berechtigten (Datenverarbeitungs-)Interesse im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ausgegangen werden kann (Erwägungsgrund 47 der DSGVO).

Auch wenn in den Erwägungsgründen nicht ausdrücklich genannt, besteht an einem funktionierenden Wirtschaftssystem ein (erhebliches) öffentliches Interesse, hat es doch erhebliche Auswirkungen auf den öffentlichen und privaten Haushalt und damit mittelbare Auswirkungen auf die in den Erwägungsgründen genannten Beispiele für öffentliche Interessen, etwa durch die Finanzierbarkeit des öffentlichen Gesundheitssystems oder von Einsatzkräften für den Katastrophendienst. Auf das Bestehen bestimmter – nicht systemkritischer – Wirtschaftsbereiche lässt sich das vor dem Hintergrund der Erwägungsgründe nicht mehr verallgemeinern. Grundsätzlich kein erhebliches öffentliches Interesse im Sinne des Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO wird anzunehmen sein, wenn durch die Rechtsnorm lediglich die Tätigkeit eines bestimmten Wirtschaftsbereichs erleichtert werden soll; die Allgemeinheit wäre in derartigen Fällen ohne die in Rede stehende Maßnahme regelmäßig nicht ernsthaft beeinträchtigt.

Eine Regelung, wonach Adressenverlag- und Direktwerbeunternehmen auch ohne Zustimmung der Betroffenen Marketinginformationen verarbeiten dürfen, die gleichzeitig besondere Kategorien personenbezogener Daten sind, erleichtert zwar die Tätigkeit dieser Gewerbe, ihr Fehlen stellt das Bestehen der Gewerbe aber nicht in Frage. So ist es ihnen möglich, Marketinginformationen ohne Zustimmung der betroffenen Personen zu verarbeiten, solange sie keiner der in Art. 9 Abs. 1 DSGVO genannten besonderen Kategorien personenbezogener Daten entsprechen, womit regelmäßig das Auslangen gefunden werden kann. Dass die Allgemeinheit ohne eine derartige Regelung ernsthaft beeinträchtigt sein könnte, ist nicht ersichtlich. Eine derartige Regelung liegt daher nicht im erheblichen öffentlichen Interesse.

Eine Interpretation des § 151 Abs. 6 GewO, wonach entgegen § 151 Abs. 4 GewO bei der Verarbeitung von für Marketingzwecke erhobenen Marketinginformationen und -klassifikationen auch dann keine Zustimmung der betroffenen Person erforderlich ist, wenn es sich bei den Marketinginformationen und -klassifikationen um besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Art. 9 Abs. 1 DSGVO handelt, scheidet demnach bei europarechtskonformer Auslegung aus.

Daher konnte die Beschwerdeführerin die Verarbeitung der Datenarten zu den „ XXXX -Geo-Milieus“ nicht auf Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO iVm § 151 Abs. 6 GewO stützen.

Die Beschwerdeführerin kann sich auch auf keine der anderen Ausnahmebestimmungen des Art. 9 Abs. 2 DSGVO vom Verarbeitungsverbot besonderer Kategorien von Daten des Art. 9 Abs. 1 DSGVO berufen, insbesondere hat sie keine Zustimmung für die Verarbeitung vom Mitbeteiligten eingeholt.

3.3.2.2.3. Somit ist festzuhalten, dass die in Rede stehenden Daten betreffend die „ XXXX -Geo-Milieus“ unter den Begriff der besonderen Kategorie personenbezogener Daten (sensible Daten) des Art. 9 Abs. 1 DSGVO zu subsumieren sind, deren Verarbeitung, da ein Ausnahmetatbestand nicht vorlag, untersagt war. Die Verarbeitung der jeweiligen Datenarten zu den „ XXXX -Geo-Milieus“ durch die Beschwerdeführerin war daher rechtswidrig und die belangte Behörde hat diese Rechtswidrigkeit zu Recht im Spruchpunkt 1b) des angefochtenen Bescheides festgestellt.

3.4. Ergebnis: Die behauptete Rechtswidrigkeit des Bescheides liegt nicht vor. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Bescheid aus anderen, nicht geltend gemachten Gründen rechtswidrig wäre. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1b) des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

3.5. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. Zu einer Lösung von Rechtsfragen ist im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten. Die EMRK und die GRC stehen der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung hier nicht entgegen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Es ist daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

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