BVwG W158 2243572-1

BVwGW158 2243572-17.4.2022

BörseG 2018 §130
BörseG 2018 §134 Abs2
BörseG 2018 §141 Z2
BörseG 2018 §142
B-VG Art133 Abs4
FMABG §22 Abs2a
FMABG §22 Abs2b
VStG 1950 §19 Abs1
VStG 1950 §19 Abs2
VStG 1950 §5 Abs1
VStG 1950 §5 Abs1a
VStG 1950 §5 Abs2
VStG 1950 §64
VwGVG §44 Abs1
VwGVG §50 Abs1
VwGVG §52 Abs1
VwGVG §52 Abs8

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W158.2243572.1.00

 

Spruch:

W158 2243572-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die vorsitzende Richterin Dr. Yoko KUROKI-HASENÖHRL und die Richter Dr. Martin MORITZ und Mag. Volker NOWAK als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX verein – XXXX , vertreten durch DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH, Schottenring 14, 1010 Wien, Bichler Zrzavy Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Weyrgasse 8, 1030 Wien und Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH, Roseggerstraße 58, 4020 Linz, gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 22.04.2021, GZ XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.01.2022 und 15.02.2022 in einer Angelegenheit nach dem BörseG 2018 zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat:

„Der XXXX verein – XXXX mit Geschäftsanschrift XXXX , 1010 Wien hat als juristische Person folgenden Verstoß zu verantworten:

Der XXXX verein – XXXX hat es im Zeitraum XXXX bis zur Korrekturmeldung am XXXX unterlassen, unverzüglich, spätestens jedoch nach zwei Handelstagen, die FMA, das Börseunternehmen sowie die Emittentin ( XXXX AG ) über den Anteil an Stimmrechten an der Emittentin XXXX AG , einer Aktiengesellschaft unter der Firmenbuchnummer FN XXXX , deren Aktien im Tatzeitraum im Amtlichen Handel der Wiener Börse AG unter der ISIN XXXX notierten, zu unterrichten, den die XXXX verein – XXXX mittelbar über die XXXX und die XXXX gehalten hat.

Infolge eines Verkaufs einer Beteiligung an der XXXX AG am XXXX hielt der XXXX verein – XXXX als oberste Muttergesellschaft mittelbar über die XXXX und die XXXX AG (später XXXX AG XXXX ) jedenfalls von XXXX bis XXXX 6.124.312, das sind 9,15% der Stimmrechte an der XXXX AG über Spezialfonds ( XXXX ), die von der XXXX GmbH als Verwaltungsgesellschaft verwaltet wurden. Durch den Verkauf am XXXX unterschritt der Anteil an den Stimmrechten 10%. Die Meldung dieser Unterschreitung der 10% Schwelle erfolgte erst am XXXX .

Die im Tatzeitraum zur Vertretung nach außen berufenen Mitglieder des Vorstands, die damit die Befugnis zur Vertretung des XXXX verein – XXXX hatten (siehe dazu den beiliegenden Auszug aus dem Firmenbuch, der einen integrierten Bestandteil des Straferkenntnis bildet), haben damit die Begehung der angeführten Verstöße durch mangelnde Überwachung und Kontrolle durch eine für den XXXX verein – XXXX tätige Person ermöglicht. Dieses schuldhafte Verhalten wird dem XXXX verein – XXXX zugerechnet.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 130 Abs. 1,2 und 8 BörseG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017, iVm §§ 141 Z 2, 142 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 BörseG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird gemäß § 142 Abs. 3 BörseG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017 folgende Strafe verhängt:

226.667 Euro

Ferner haben Sie gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG 22.666,70 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.“

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der XXXX verein – XXXX 45.333,40 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Mit hier angefochtenem Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde (im Folgenden: FMA), dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) am 28.04.2021 zugestellt, wurde über den BF eine Strafe in Höhe von € 226.667,00 verhängt. Außerdem habe der BF Verfahrenskosten in der Höhe von € 22.666,70 zu tragen.

Nach dem Inhalt des Straferkenntnisses habe der BF es unterlassen, eine korrekte Beteiligungsmeldung durchzuführen. Die Verantwortlichkeit des BF ergebe sich daraus, dass die zur Vertretung nach außen berufenen Mitglieder des Vorstands selbst gegen die Verpflichtung verstoßen hätten und durch mangelnde Überwachung und Kontrolle die Begehung der Verstöße durch für den BF tätige Personen ermöglicht hätten.

Der BF habe eine Beteiligung an einer Emittentin über Spezialfonds gehalten und diese nicht gemeldet. Dass die Beteiligung über Spezialfonds gehalten worden sei und der BF keinen Einfluss auf die Stimmrechte habe, ändere entgegen der Verantwortung des BF vor der FMA ebenso wenig etwas an der Strafbarkeit wie die geltend gemachte Vollharmonisierung. Es liege entgegen der Ansicht des BF auch kein Verbotsirrtum vor.

I.2. Dagegen richtete sich die Beschwerde des BF vom 26.05.2021, in der beantragt wurde, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und der Beschwerde stattzugeben, das Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren einzustellen, in eventu solle eine Ermahnung ausgesprochen oder die Strafe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabgesetzt werden.

Auf das Wesentlichste zusammengefasst machte der BF geltend, er habe keine Stimmrechte an Aktien. Seine Aktien würden über einen Spezialfonds gehalten werden. Dem BF komme daher bereits von Gesetzes wegen kein Stimmrecht zu. Die gegenteilige Rechtsansicht der FMA ignoriere den Gesetzeswortlaut und sei im Wesentlichen rechtspolitisch motiviert. Selbst wenn man der Ansicht der FMA folgen würde, habe gleichwohl ein ausreichendes Kontrollmanagement bestanden, wozu die Einvernahme von Zeugen beantragt und mehrere Dokumente vorgelegt worden seien. Folge man der Ansicht der FMA, wären die Bestimmungen darüber hinaus verfassungswidrig, weil nicht bestimmt genug. Die Auslegung der FMA ginge jedenfalls über den Wortlaut hinaus, was in Verwaltungsstrafsachen aber nicht zulässig sei. Allenfalls wäre eine gespaltene Auslegung in Erwägung zu ziehen. Es wurde daher angeregt, ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten, wenn der Rechtsansicht der Beschwerde nicht gefolgt werden sollte. Überdies sei entweder Strafbarkeit- oder Verfolgungsverjährung eingetreten, je nachdem ob es sich um ein Dauer- oder ein Begehungsdelikt handle.

I.3. Am 18.06.2021 langte die Aktenvorlage der FMA beim Bundesverwaltungsgericht ein.

I.4. Am 03.01.2022 nahmen die Vertreter am Bundesverwaltungsgericht Akteneinsicht.

I.5. Am 21.01.2022 erstattete der BF ein Vorbringen, in dem er seine bisherigen Argumente im Wesentlichen wiederholte. Zusätzlich wurde ergänzend vorgebracht, auch eine richtlinienkonforme Interpretation bestätige seine Auffassung. Überdies sei die FMA nach dem EuGH zur Feststellung und Ahndung von Rechtsverstößen unzuständig, da die österreichische Regelung in der Auslegung der FMA strenger sei als die unionsrechtliche. Außerdem wurden Dokumente zum Kontrollsystem vorgelegt. Am 11.02.2022 erstattete der BF eine weitere Stellungnahme, worin ebenfalls die bisherigen Argumente wiederholt und ergänzende Ausführungen zu einer teleologischen Reduktion getätigt wurden. Außerdem wurde auf einen Ministerialentwurf mit einer Änderung der vorliegenden Bestimmung verwiesen. Aus mehreren vorgelegten Stellungnahmen ergebe sich, dass die Rechtsansicht der FMA weder der bisherigen Praxis noch dem bisherigen Rechtsbestand entspreche und unionsrechtswidrig sei.

I.6. Alle Stellungnahmen wurden der FMA zur Kenntnis übermittelt.

I.7. Am 25.01.2022 und am 15.02.2022 hielt der erkennende Senat eine mit den Rechtssachen W158 2243574-1 und W158 2243576-1 verbundene öffentliche mündliche Verhandlung ab. In dieser wurde der BF, dessen Vorstandsmitglieder als Beschuldigte sowie die vom BF beantragten Zeugen zu den gegenständlichen Meldungen und dem Kontrollsystem beim BF gehört.

I.8. In der Verhandlung vom 25.01.2022 wurde der FMA aufgetragen, die Nachweise über die Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung an die Vorstandsmitglieder vorzulegen, was sie am 28.01.2022 tat.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einschau in den Verwaltungs- und Gerichtsakt und Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der der BF, dessen Vorstandsmitglieder, die von ihm beantragten Zeugen und die FMA gehört wurden.

II. Feststellungen:

Die Aktien der XXXX AG waren im Tatzeitraum im Amtlichen Handel der Wiener Börse AG unter der ISIN XXXX notiert.

Der BF hielt am XXXX direkt und indirekt rund 70% der Aktien an der XXXX (im Folgenden: XXXX ). Die XXXX wiederum hielt die überwiegende Aktienmehrheit an der XXXX AG XXXX (im Folgenden: XXXX ). Der BF war bereits seit dem Jahr 2008 und ist auch derzeit die oberste Muttergesellschaft der XXXX .

Die XXXX kaufte per 15.09.2008 85% der Aktien der XXXX AG XXXX (im Folgenden: XXXX AG). Die XXXX AG hielt zu diesem Zeitpunkt 6.727.779 Aktien (9,88%) an der XXXX AG , damals XXXX AG.

Am 18.09.2008 meldete die XXXX , dass sie indirekt mehr als 5% „of the voting rights of“ XXXX AG halte. Am 19.09.2008 führte die XXXX näher aus, sie halte in Folge des oben beschriebenen Kaufs ungefähr 9,38% der Aktien an der XXXX AG . Das konstituiere „an indirect shareholding of more than 5% of the voting rights of“ XXXX AG .

Am 23.09.2008 erstattete die XXXX AG eine Ad-Hoc-Mitteilung mit folgendem Inhalt:

„ XXXX AG XXXX hält über 5 % an XXXX AG

XXXX AG hält nach Verkauf der XXXX AG 9% an XXXX AG

Die börsennotierte XXXX AG hat von der XXXX AG XXXX und von der XXXX AG – beide mit Sitz in Wien –Mitteilungen gemäß § 91 Absatz 1 Börsegesetz erhalten. Demnach hat die XXXX indirekt mehr als 5 % der ausgegebenen Aktien der XXXX AG erworben.

Die Beteiligung hat sich durch den Verkauf der XXXX von der XXXX AG an die XXXX ergeben. Das Closing wurde letzte Woche nach der Zustimmung der zuständigen Wettbewerbs- und der lokalen Versicherungsaufsichtsbehörden bekanntgegeben. Die XXXX hält künftig 9 % der XXXX Aktien.“

Am 20.04.2009 gab die XXXX AG bekannt, dass sie ihre Beteiligung an der XXXX AG „von 9,88 % bzw. 6.727.779 Aktien des stimmberechtigten Grundkapitals auf 10,27 % bzw. 7.000.000 Aktien des stimmberechtigten Grundkapitals (68.118.718 Aktien) aufgestockt und somit die Meldegrenze von 10 % mit Wirkung 20. April 2009 überschritten“ hat. Die XXXX halte 87,2490 % an der XXXX AG und somit die kontrollierende Mehrheit.

Ebenfalls am 20.04.2009 veröffentlichte die XXXX AG eine Ad-Hoc-Mitteilung, in der sie vom Erhalt dieser Meldung berichtete. Außerdem wurde darin mitgeteilt, dass neben der XXXX die XXXX mit einer Beteiligung von 9% der zweite Kernaktionär sei.

Am 02.12.2011 erstattete die XXXX GmbH eine Stimmrechtsmitteilung in Bezug auf die XXXX AG für sich selbst, die XXXX Kapitalanlagegesellschaft m.b.H. und die XXXX Kapitalanlagegesellschaft m.b.H. mit folgendem Inhalt:

„mitteilungspflichtige Gesellschaft

Stimmrechts-anteil in %

Stück

XXXX GmbH

0,00

0,00

XXXX Kapitalanlagegesellschaft m.b.H.

10,47

7.130.557,00

XXXX Kapitalanlagegesellschaft m.b.H.

1,47

1.000.000.00

Insgesamt

11,94

8.130.557,00

   

Die XXXX Kapitalanlagegesellschaft m.b.H. und die XXXX Kapitalanlagegesellschaft m.b.H. sind Tochtergesellschaften der XXXX GmbH. Diese der Kapitalanlagegesellschaften verfolgen aufgrund der Divisionalisierung des Fondsmanagements eine gemeinsame Stimmrechtspolitik iSd § 92 Z 1 BörseG.“

Ebenfalls am 02.12.2011 erstattete die XXXX AG eine entsprechende Ad-Hoc-Mitteilung mit der vorgehenden Klarstellung, dass die beiden strategischen Kernaktionäre des Unternehmens, die XXXX und die XXXX , nach wie vor mit 9% beziehungsweise über 10% an der Gesellschaft beteiligt seien.

Am XXXX erstattete die XXXX AG eine Beteiligungsmeldung mit auszugsweise folgendem Inhalt:

„1. Emittent: XXXX AG

2. Grund der Mitteilung: Erwerb/Veräußerung von Aktien (Stimmrechten)

3. Meldepflichtige Person

Name: XXXX verein – XXXX

Sitz: Wien

Staat: Österreich

4. Namen der Aktionäre: XXXX AG XXXX

5. Datum der Schwellenberührung: XXXX

 

 

6. Gesamtposition der meldepflichtigen Person

 

Prozentanteile der Stimmrechte, die zu Aktien gehören (7.A)

Prozentanteile der Stimmrechte, die die Finanz-/sonstigen Instrumente repräsentieren (7.B.1 + 7.B.2)

Summe von 7.A + 7.B in %

Gesamtzahl der Stimmrechte des Emittenten

Situation am Tag der Schwellenberührung

0,00 %

0,00 %

0,00 %

66 917 179

Situation in der vorherigen Meldung (sofern anwendbar)

10,46 %

 

 

 

     

Details

7. Details über die gehaltenen Instrumente am Tag der Berührung der Schwelle

A: Stimmrechte, die zu Aktien gehören

ISIN der Aktien

Anzahl der Stimmrechte

Prozentanteil der Stimmrechte

Direkt (§ 130 BörseG 2018)

Indirekt (§ 133 BörseG 2018)

Direkt (§ 130 BörseG 2018)

Indirekt (§ 133 BörseG 2018)

XXXX

0

0

0,00 %

0,00 %

Subsumme A

0

0,00 %“

     

Ebenfalls am XXXX erstattete die XXXX AG eine entsprechende Ad-Hoc-Mitteilung.

Dieser Meldung war ein Verkauf aller Aktien an der XXXX AG durch die XXXX AG vorangegangen.

Jedenfalls mit XXXX hielt der BF mittelbar über die XXXX und die XXXX AG, die mit 29.09.2018 mit der XXXX als übernehmende Gesellschaft mit der XXXX AG als übertragende Gesellschaft verschmolzen wurde, 6.124.312 (9,15%) an der XXXX AG über Spezialfonds ( XXXX ), die von der XXXX GmbH als Verwaltungsgesellschaft verwaltet wurden. In Bezug auf diese Beteiligungen gibt es vertragliche Klarstellungen vom 24.09.2013, dass die Stimmrechtsausübung ausschließlich von der Verwaltungsgesellschaft wahrgenommen wird und sie dabei freies Ermessen hat und kein Einfluss auf sie ausgeübt wird. Eine entsprechende Bestimmung wurde auch unter Punkt 2.4. der Managementverträge von Dezember 2014 vereinbart.

Am XXXX veröffentlichte der BF nach Einschreiten der FMA eine Beteiligungsmeldung gemäß §§ 130 bis 134 BörseG 2018 mit auszugsweise folgendem Inhalt:

„1. Emittent: XXXX AG

2. Grund der Mitteilung: Sonstiges

3. Meldepflichtige Person

Name: XXXX verein – XXXX

Sitz: Wien

Staat: Österreich

4. Namen der Aktionäre: XXXX AG XXXX und XXXX AG XXXX

5. Datum der Schwellenberührung: XXXX

 

 

6. Gesamtposition der meldepflichtigen Person

 

Prozentanteile der Stimmrechte, die zu Aktien gehören (7.A)

Prozentanteile der Stimmrechte, die die Finanz-/sonstigen Instrumente repräsentieren (7.B.1 + 7.B.2)

Summe von 7.A + 7.B in %

Gesamtzahl der Stimmrechte des Emittenten

Situation am Tag der Schwellenberührung

9,15 %

0,00 %

9,15 %

66 917 179

Situation in der vorherigen Meldung (sofern anwendbar)

0,00 %

0,00 %

0,00 %

 

     

Details

7. Details über die gehaltenen Instrumente am Tag der Berührung der Schwelle

A: Stimmrechte, die zu Aktien gehören

ISIN der Aktien

Anzahl der Stimmrechte

Prozentanteil der Stimmrechte

Direkt (§ 130 BörseG 2018)

Indirekt (§ 133 BörseG 2018)

Direkt (§ 130 BörseG 2018)

Indirekt (§ 133 BörseG 2018)

XXXX

0

6 124 312

0,00 %

9,15 %

Subsumme A

6 124 312

9,15 %

     

[…]

10. Sonstige Kommentare

KLARSTELLUNG: Die oben genannten 6.124.312 Aktien der XXXX AG werden in Spezialfonds gehalten, die von der XXXX GmbH als Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden. Die Fondsanteile an diesen Spezialfonds werden von Konzerngesellschaften der XXXX gehalten. Zur Ausübung der Stimmrechte der oben genannten 6.124.312 Aktien der XXXX AG war und ist ausschließlich die XXXX GmbH berechtigt. Diese Meldung erfolgt zum Zweck der Klarstellung der am 30.11.2011 durch die XXXX GmbH erfolgten Beteiligungsmeldung. Aktuell halten die erwähnten Spezialfonds insgesamt 6.644.312 Aktien der XXXX AG .“

 

Am XXXX erstattete die XXXX AG eine entsprechende Ad-Hoc-Mitteilung.

Die von den Spezialfonds gehaltenen Aktien wurden von der XXXX GmbH am 29.11.2019 verkauft. Dementsprechend erstattete der BF eine Beteiligungsmeldung, dass er nunmehr keine Aktien beziehungsweise 0% an der XXXX AG halte.

Das Asset Management des BF wurde im Tatzeitraum von einer gemeinsam mit der XXXX genutzten Abteilung ( XXXX Asset Management) gemeinsam für alle Gruppengesellschaften durchgeführt. Die wechselseitigen Rechte und Pflichten sowie die Konditionen für diese gemeinsame Abteilung wurden im Jahr 2018 verschriftlicht und waren ab 01.01.2018 gültig. Die Aufgaben dieser Abteilung umfassten unter anderem auch die „Überwachung von Meldegrenzen zu Beständen in börsennotierten Aktiengesellschaften“. Diese Arbeitsanleitung wurde durch die „ XXXX Gruppen-Richtlinie – Asset Management Version 3.0“ aus Dezember 2016 beziehungsweise ab 11.03.2019 die Nachfolgeregelung „ XXXX Group Policy Asset Management“ sowie die – vorwiegend operative Themen umfassende – Anlagestrategien aus den Jahren 2018 und 2019 ergänzt und präzisiert. Diese Arbeitsanleitungen wurden vom Leiter der Abteilung Kapitalanlagen als Chief Investment Officer erstellt. Bei Fragen der Governance wurde mit den Vorstandsmitgliedern, besonders mit Dr. XXXX (Vorstandsmitglied in der XXXX von 01.11.2004 bis 30.06.2018), Rücksprache gehalten.

In der Gruppen Richtlinie aus 2016 wird auszugsweise festgehalten: „i) Im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen haben die Gruppengesellschaften insbesondere auch die Meldepflichten betreffend bestimmte Wertpapiertransaktionen gemäß der EU Transparenzrichtlinie zu beachten. Werden durch den Erwerb oder die Veräußerung von bedeutenden Beteiligungen die an einem geregelten Markt zugelassen sind (unter anderem: Optionen, übertragbare Wertpapiere, Swaps, Syndikatsverträge, etc.), bestimmte Beteiligungsschwellen erreicht, sieht die Transparenzrichtlinie Melde- und Veröffentlichungspflichten vor. Jede Gruppengesellschaft ist für die Einhaltung der auf sie anwendbaren nationalen rechtlichen Verpflichtungen selbst verantwortlich. Zusätzlich hat XXXX Asset Management die Einhaltung dieser EU-Bestimmungen aus Gruppensicht inklusive der Länder außerhalb der EU zu überwachen.

Jede Gruppengesellschaft, die XXXX als operatives Bestandsführungssystem einsetzt, hat entsprechend des vorgesehenen Ablaufprozesses die von ihr vorgenommenen Wertpapiertransaktionen, das heißt jeden Erwerb und jede Veräußerung von Aktien und anderen Wertpapieren im Sinne der Transparenzrichtlinie, grundsätzlich taggleich in XXXX zu erfassen.“

In der Nachfolgeregelung war eine inhaltsgleiche Regelung vorgesehen.

Diesen Grundsätzen entsprechend erfolgte die Überwachung und Kontrolle potentieller Schwellenberührungen (auch) für den BF durch das XXXX Asset Management mittels des Investment Management XXXX (in Folge: SCD), das eine tagesaktuelle Erfassung der Wertpapiertransaktionen ermöglicht.

Für das tägliche Monitoring von Transaktionen mit Aktien börsenotierter Gesellschaften durch XXXX Asset Management wurden SCD Bestandsübersichten in Form eines automatisch generierten Datenextrakts an die E-Mail-Adressen des Leiters von XXXX Asset Management und dessen Stellvertreter übermittelt. In diesem Datenextrakt waren die in den Portfolios der XXXX -Gruppengesellschaften und des BF enthaltenen Aktien börsenotierter Gesellschaften aufgelistet und Angaben darüber enthalten, welche Stückzahl insgesamt im Bestand der XXXX -Gruppe und des BF war, bzw. welche Stückzahl das Gesamtkapital der einzelnen Gesellschaft betroffen hat. Auf Basis dieser Informationen erstellte das XXXX Asset Management täglich einen Vergleich der Bestände und damit der Veränderungen.

Um unvorhergesehenen Schwellenberührungen vorzubeugen, wurde intern – gleichsam als Vorsichtsmaßnahme – eine erste Schwelle bereits bei 3 % eingezogen. Berührte eine Gesellschaft diese oder eine andere von Gesetzes wegen maßgebliche Schwelle, wurde dies im täglichen Vergleich automatisch farblich hervorgehoben. Die in Spezialfonds gehaltenen Aktien lösten auch bei einer Schwellenberührung keine farbliche Hervorhebung aus. Das Kontrollsystem sah keine Kontrolle dahingehend vor, ob die in Spezialfonds gehaltenen Anteile gemeldet wurden. Dies hielten die Vorstände der BF bei der Erstellung beziehungsweise Genehmigung des Kontrollsystems zumindest ernstlich für möglich und fanden sich damit ab.

Sofern im Rahmen des täglichen Monitorings Bestandsänderungen oder Schwellenberührungen festgestellt wurden, informierten sich der Leiter von XXXX Asset Management und dessen Stellvertreter umgehend bzw. setzten alle notwendigen weiteren Schritte nach Feststellen eines Über-, Unterschreitens oder des Erreichens einer Meldeschwelle.

Nach der oben beschriebenen Transaktion am XXXX sandte der Leiter des XXXX Asset Management am XXXX , 08:36:17 Uhr ein E-Mail an ein Vorstandsmitglied der XXXX AG mit folgendem Inhalt: „ich möchte sicherheitshalber nachfragen, ob es betreffend des Verkaufs des Gesamtbestands in der XXXX -Aktien aus dem Direktportfolio eine entsprechende Meldung an die Emittentin, die Wiener Börse und die FMA gegeben hat, da der Anteil am Grundkapital über 10% betragen hat.“ Dem Leiter des XXXX Asset Management wurde vom Leiter der Rechtsabteilung mitgeteilt, dass eine entsprechende Meldung gemacht worden war. Die Auskunft wurde vom Leiter des Asset Managements nicht überprüft.

Dem oben beschriebenen Verkauf am XXXX gingen umfangreiche Vorbereitungen voraus. Dabei wurde auch eine der hier vertretenden Rechtsanwaltsgesellschaften zur Beratung beigezogen. Fragen zur Beteiligungspublizität wurden dabei nur insoweit erörtert, ob eine Meldung durch die XXXX AG ausreicht oder ob der Verein als oberste kontrollierende Person die Meldung zu erstatten habe. Dazu wurde mit der FMA Rücksprache gehalten. Ebenso wurde die FMA hinsichtlich einer möglichen Meldepflicht nach Art. 19 MAR kontaktiert. Dem Rechtsvertreter waren alle Beteiligungen, auch die in den Spezialfonds gehaltenen, bekannt. Weder er noch sonst jemand der Gruppe hielt eine Rücksprache mit der FMA, ob auch die in Spezialfonds gehaltenen Beteiligungen bei der Beteiligungsmeldung zu berücksichtigen sind. Innerhalb des BF waren diese Beteiligungen in der Vorbereitung zum Verkauf Thema, wobei aufgrund des Gesetzeswortlauts und einer Kommentarstelle die Meinung vertreten wurde, dass diese nicht zu melden sind. Der Leiter der Rechtsabteilung besprach diese Frage auch nicht mit den vertretenden Anwälten.

Am 12.01.2004 stellte die Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften eine Anfrage hinsichtlich der Beteiligungspublizität in Bezug auf Kapitalanlagegesellschaften. Diese Anfrage beantwortete die FMA am 26.01.2004. In der Frage und der Beantwortung ging es ausschließlich um die Frage der Meldepflicht der Investmentgesellschaft und/oder der Kapitalanlagegesellschaft sowie der Fristen, innerhalb derer gemeldet werden muss. Inwieweit auch eine Meldepflicht für den Eigentümer der über Anteilscheine in Spezialfonds gehaltenen Aktien besteht, war nicht Thema dieser Schreiben.

Der mittlerweile veraltete Emittentenleitfaden vom 19.06.2013 in der Fassung vom 26.11.2015, der im Tatzeitraum zwar nicht mehr auf der Homepage der FMA abrufbar, jedoch dem BF und dem Rechtsvertreter anlässlich des Verkaufs am XXXX bekannt war, hat auszugsweise folgenden Inhalt:

„Hinsichtlich Bruchteilseigentum ist vom einzelnen Miteigentümer nicht der gesamte Bestand, sondern nur sein jeweiliger Bruchteil zu melden, da der jeweilige Miteigentümer nur über seinen (ideellen) Anteil, nicht aber über den gesamten Anteil, selbst frei verfügen kann. So ist im Fall einer Sammelverwahrung von Aktien gemäß § 4 ff. DepotG, der einzelne Miteigentümer nur insoweit meldepflichtig, als er mit seinem Bruchteil am Miteigentum Meldeschwellen gemäß § 91 Abs. 1 BörseG erreicht, über- oder unterschreitet. Gleiches gilt für Anteilscheininhaber eines Kapitalanlagefonds, da das Fondsvermögen gemäß § 46 Abs. 1 InvFG 2011 im Miteigentum der Anteilscheininhaber steht. In diesen Fällen besteht möglicherweise zusätzlich eine Meldepflicht der Kapitalanlagegesellschaft als Verwalterin des Kapitalanlagefonds. […]

Hinsichtlich Kapitalanlagegesellschaften58 (KAG) bestimmt § 52 InvFG 2011, dass nur die KAG berechtigt ist, über die Vermögenswerte eines von ihr verwalteten Organismus zur gemeinsamen Veranlagung in Wertpapieren (OGAW) oder Alternativen Investmentfonds (AIF) zu verfügen und die Rechte aus den Vermögenswerten auszuüben. Das bedeutet, dass nur die KAG den Anteilen korrespondierende Stimmrechte ausüben kann. Daher trifft die Meldepflicht, zumindest bei OGAW, die KAG nach § 91 Abs. 1 i.V.m. § 92 Z 5 BörseG, da diese die Stimmrechte gemäß § 52 Satz 1 Halbsatz 2 InvFG 2011 im eigenen Namen für fremde Rechnung ausübt.59 [Fn 59: Die KAG übt die Stimmrechte gemäß § 52 Satz 1 Halbsatz 2 InvFG 2011 im eigenen Namen fur fremde Rechnung aus, weshalb sich die Meldepflicht nach § 92 Z 5 BörseG bestimmt.]

Besonderheiten sind bei Spezial- und Großanlegerfonds zu beachten, da hier durch vertragliche Vereinbarung Mitwirkungsrechte der Anteilinhaber, z.B. in Form eines Anlageausschusses bestehen können. Das beinhaltet auch die Ausübung von Stimmrechten, wenngleich formal gesehen auf Grund von § 52 Abs. 1 InvFG 2011 eine exklusive Verfügungsberechtigung der KAG besteht. Im Einzelfall wird hier genauer zu betrachten sein, welche Vereinbarungen tatsächlich zwischen der KAG und den Anlegern des Spezial- oder Großanlegerfonds bestehen. Sofern es z.B. bezüglich des Stimmrechts keine Vereinbarung und auch keine faktische Einflußnahmemöglichkeit gibt, bleibt es auch bei Spezial- und Großanlegerfonds auf Grund von § 52 Abs. 1 InvFG 2011 bei einer Meldepflicht der KAG gemäß § 91 Abs. 1 i.V.m. § 92 Z 5 BörseG und des Aktieneigentümers nach § 91 Abs. 1 BörseG. Andernfalls kann die Meldepflicht auch die Anteilinhaber selbst als Eigentümer der die Stimmrechte vermittelnden Aktien gemäß § 91 Abs. 1 BörseG treffen.“

Aufgrund dieses Emittentenleitfadens wurde innerhalb der Gruppe mit der Rechtsabteilung diskutiert und die oben festgestellte vertragliche Klarstellung vom 24.09.2013, dass nur die Verwaltungsgesellschaft zur Stimmausübung berechtigt ist, getroffen. Eine Rückfrage bei der FMA hinsichtlich der Meldungen bei in Spezialfonds gehaltenen Aktien gab es deswegen nicht. Innerhalb der Gruppe war klar, dass die Auslegung der Bestimmung strittig ist, es bestand ein Problembewusstsein dahingehend.

Eine mögliche Beteiligung des BF an der XXXX AG war Thema von Medienanfragen und der Berichterstattung. Die Vorstände des BF beziehungsweise der Gruppengesellschaften wollten die Beteiligung über die in Spezialfonds gehaltenen Anteile nicht bekanntgegeben.

III. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Notierung der Aktien der XXXX AG im Amtlichen Handel der Wiener Börse sowie auch zur Unternehmensstruktur der Gruppe ergeben sich allesamt unstrittig aus dem Akteninhalt. Im Wesentlichen legte diese Feststellungen auch bereits die FMA ihrer Entscheidung zugrunde. Sie wurden in der Beschwerdeschrift auch bestätigt (S. 9 Beschwerde).

Ebenfalls aufgrund des unstrittigen Akteninhalts waren die Feststellungen zu den verschiedenen Beteiligungs- und Ad-Hoc-Mitteilungen zu treffen (ON 9-22b im FMA-Akt).

Die Feststellungen zum Verkauf am XXXX sowie zu den zu diesem Zeitpunkt mittelbar gehaltenen Anteilen in Spezialfonds beruhen auf dem glaubhaften Vorbringen des BF. Dieses Vorbringen wird von unbedenklichen Dokumenten bestätigt, an denen kein vernünftiger Grund zum Zweifeln besteht (ON 41, 42 im FMA-Akt). Auch an der Echtheit und Richtigkeit der im Akt einliegenden Managementverträge (ON 30, 31; Beilagen ./2 und 3 im FMA-Akt) bestehen keine Zweifel. Auch diese konnten daher den Feststellungen zugrunde gelegt werden.

Zum Kontrollsystem hat die FMA keinerlei Feststellungen getroffen, obwohl der BF dazu bereits vor der FMA umfangreiches Vorbringen erstattete und dies auch durch entsprechende Unterlagen belegte. Auch an diesen Unterlagen (Beilagen ./11-32) bestehen seitens des Senats keine Bedenken gegen deren Echtheit und Richtigkeit. Auch das Vorbringen des BF in der ergänzenden Stellungnahme (ON 49 im FMA-Akt) und in der Beschwerde ist daher glaubhaft, und es konnten dementsprechende Feststellungen erfolgen, zumal auch der Zeuge Mag. XXXX das Kontrollsystem in der Beschwerdeverhandlung nachvollziehbar erklären konnte (Verhandlungsprotokoll vom 25.01.2022 [im Folgenden: VP1], S. 7,). Der Zeuge Mag. XXXX bestätigte in der Beschwerdeverhandlung, dass er, wie auch bereits aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich war, die Arbeitsanleitungen erstellte (S. 5, VP1). In diesem Zusammenhang gab er auch glaubhaft an, dass er dabei mit den Vorstandsmitgliedern, insbesondere im Bereich der Governance, Rücksprache hielt (S. 5, VP1), was vom angesprochenen Vorstandsmitglied auch derart bestätigt wurde (S. 9, VP1). Sowohl DI XXXX wie auch Mag. XXXX als Vorstandsmitglieder bestätigten, dass diese Unterlagen im Vorstand besprochen wurden, auch wenn ersterer damals selbst nicht direkt involviert war (Verhandlungsprotokoll vom 15.02.2022 [im Folgenden: VP2], S. 9, 16).

Aus diesen Unterlagen ergibt sich auch, dass das Kontrollsystem die Prüfung, ob in Spezialfonds gehaltene Anteile auch gemeldet werden, gar nicht vorsah. Das haben letztlich auch die vernommenen Personen bestätigt. Insbesondere der Leiter des Asset Management, Mag. XXXX , gab nachvollziehbar und konkret an, dass Veränderungen der in Spezialfonds gehaltenen Aktien nicht farblich aufschienen (S. 5, 7f, VP1). Letztlich bestätigte das auch der Zeuge Dr. XXXX , der zwar zuerst angab, er könne diese Frage nicht beantworten, dann jedoch ausführte, die in Spezialfonds gehaltenen Anteile würden zwar erfasst, allerdings besonders behandelt werden (S. 5 VP2). Auch DI XXXX bestätigte noch einmal, dass das System bei diesen Aktien keine Meldung erstattete (S. 10 VP2).

Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite ergeben sich daher aus dem objektiven Tatgeschehen und auch daraus, dass im gesamten Verfahren vorgebracht wurde, nach Rechtsansicht der Unternehmen bestünde für derartige Konstellationen gar keine Meldepflicht.

Dass der Rechtsberater anlässlich des Verkaufs am XXXX von allen Beteiligungen des BF, auch der in Spezialfonds gehaltenen Anteilen, wusste, ergibt sich ebenfalls aus den vom BF vorgelegten Unterlagen (Beilage ./19). Aus dem vorgelegten Schriftverkehr des Rechtsvertreters mit dem BF einerseits und mit der FMA andererseits ergibt sich auch zweifellos, dass damals Fragen hinsichtlich der Beteiligungspublizität nur insoweit Thema waren, als geklärt wurde, ob die oberste kontrollierende Person die Meldung erstatten müsse beziehungsweise ob eine Meldepflicht nach Art. 19 MAR bestehe (Beilagen ./20-27). Den gegenteiligen Angaben in der Beschwerdeverhandlung (S. 10 VP1) kann vor dem Hintergrund dieser unbedenklichen von der BF selbst vorgelegten Dokumenten nicht gefolgt werden. Zudem bestätigte der Zeuge Mag. XXXX im Gegensatz zu den Vorstandsmitgliedern, dass die hier verfahrensgegenständliche Frage mit der FMA nicht erörtert wurde (S. 6 VP1). Der Zeuge Dr. XXXX gab in der Verhandlung glaubhaft an, dass diese Beteiligungen vor dem Verkauf innerhalb des BF Thema gewesen und welche Meinung dabei vertreten worden seien sowie worauf diese beruht hätten (S. 5 VP2). Dieser Zeuge bestätigte auch ausdrücklich, dass deswegen kein Kontakt mit der FMA aufgenommen wurde und dass auch mit den Anwälten deswegen keine Besprechungen stattfanden (S. 5 VP2).

Ebenfalls auf dem unstrittigen Akteninhalt beruhen die Feststellungen zu den Ausführungen der FMA in ihren Schreiben aus 2004 und im Emittentenleitfaden (Beilagen ./5-7 und 36). Soweit der BF vor der FMA noch vorbrachte, im Schreiben aus 2004 sei auch auf die Frage einer möglichen Meldepflicht wie im konkreten Fall eingegangen und anders beantwortet worden als im Straferkenntnis, ist auszuführen, dass er das einerseits im Beschwerdeverfahren nicht mehr behauptete und dies sich andererseits gegen den klaren Akteninhalt richtet. Dass der Emittentenleitfaden dem BF und dem Rechtsvertreter, auch wenn er zum Tatzeitpunkt auf der Homepage der FMA nicht mehr abrufbar war, bekannt war, war festzustellen, zumal dem BF als Unternehmen im Finanzmarkt dieser Leitfaden bekannt sein musste, was sich auch daran zeigt, dass er bereits im Verfahren vor der FMA diesen Leitfaden erwähnte, ohne dass sich die FMA zuvor darauf bezogen hatte.

Die Feststellungen zur Nachfrage des Zeugen Mag. XXXX sowie zu den erfolgten Reaktionen gründen auf dem Akteninhalt (Beilage ./16), der durch die Aussagen bestätigt wurde (S. 6 VP1). Dieser Zeuge bestätigte auch glaubhaft, dass hinsichtlich des Emittentenleitfadens innerhalb des Unternehmens diskutiert wurde, welche Auswirkungen dieser habe und dass deswegen die vertragliche Klarstellung vereinbart wurde (S. 6, 9 VP1). Die unternehmensinterne Diskussion wurde auch von einem Vorstandsmitglied bestätigt (S. 9 VP1). Auf dieser Aussage beruht auch die Feststellung, das dem BF die Strittigkeit der Auslegung klar war, bzw. dass jedenfalls ein Problembewusstsein dahingehend bestand.

Die Feststellungen zu den Medienanfragen, der Reaktion der Unternehmen wie auch der Berichterstattung waren aufgrund des unstrittigen Akteninhalts zu treffen (ON 24-28, 47, 55f). Das wurde im Übrigen auch durch ein Vorstandsmitglied in der Verhandlung bestätigt (S. 12f VP1). Aus dem internen Mailverkehr nach den Medienanfragen (vgl. insbesondere das Mail des Pressesprechers: „Was antworten wir dazu bzw. sind die Aktien irgendwo ohnehin zugänglich bevor wir nichts sagen und er kriegt es über eine andere Quelle raus?“) sowie aus der Aussage des zuständigen Vorstandsmitglieds, wonach sie überlegt hat, ob die Informationen nicht ohnehin öffentlich zugänglich sind, eine Beteiligung ansonsten aber nicht kommentieren wollte (S. 12f VP1), folgt dann auch, dass die Gruppe die Beteiligung nicht öffentlich machen wollte. Darauf hat bereits die FMA in ihrer rechtlichen Beurteilung hingewiesen, und der BF ist dem im gesamten Beschwerdeverfahren nicht entgegengetreten.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 22 Abs. 2a Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG) entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der FMA das Bundesverwaltungsgericht durch Senat, ausgenommen in Verwaltungsstrafsachen bei Bescheiden bei denen weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Es ist daher ein Senat zur Entscheidung berufen.

Die hier wesentlichen Bestimmungen der §§ 130, 133 BörseG 2018 lauten auszugsweise wie folgt:

„§ 130 (1) Erwerben oder veräußern Personen unmittelbar oder mittelbar Aktien eines Emittenten, dessen Aktien zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, so haben sie unverzüglich, spätestens jedoch nach zwei Handelstagen, die FMA und das Börseunternehmen sowie den Emittenten über den Anteil an Stimmrechten zu unterrichten, den sie nach diesem Erwerb oder dieser Veräußerung halten, wenn als Folge dieses Erwerbs oder dieser Veräußerung der Anteil an den Stimmrechten 4 vH, 5 vH, 10 vH, 15 vH, 20 vH, 25 vH, 30 vH, 35 vH, 40 vH, 45 vH, 50 vH, 75 vH und 90 vH erreicht, übersteigt oder unterschreitet. Dies gilt auch für die Anteilsschwelle, die ein solcher Emittent gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 ÜbG, in seiner Satzung vorgesehen hat. Die vorstehenden Verpflichtungen gelten nur bezüglich Emittenten, für die Österreich Herkunftsmitgliedstaat ist und gegenüber dem Börseunternehmen nur dann, wenn die Wertpapiere des Emittenten an einem geregelten Markt des Börseunternehmens zugelassen sind. Die Frist von zwei Handelstagen wird berechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem die Person

1.

von dem Erwerb oder der Veräußerung oder der Möglichkeit der Ausübung der Stimmrechte Kenntnis erhält oder an dem sie unter den gegebenen Umständen davon hätte Kenntnis erhalten müssen, ungeachtet des Tages, an dem der Erwerb, die Veräußerung oder die Möglichkeit der Ausübung der Stimmrechte wirksam wird, oder

2.

über das in Abs. 2 genannte Ereignis informiert wird.

Die Emittenten können in ihrer Satzung zusätzlich noch eine Anteilsschwelle von 3 vH als relevante Schwelle festsetzen. Als besondere Wirksamkeitsvoraussetzung ist diese Satzungsbestimmung auf der Webseite des Emittenten zu veröffentlichen und der FMA mitzuteilen.

  

(2) Der Anteil der Stimmrechte gemäß Abs. 1 ist ausgehend von der Gesamtzahl der mit Stimmrechten versehenen Aktien zu berechnen, auch wenn die Ausübung dieser Stimmrechte ausgesetzt ist. Dieser Anteil ist darüber hinaus auch in Bezug auf alle mit Stimmrechten versehenen Aktien ein und derselben Gattung anzugeben. Eine Meldepflicht gemäß Abs. 1 für Personen besteht auch dann, wenn deren Stimmrechtsanteil infolge von Ereignissen, die die Aufteilung der Stimmrechte verändern, bei Zugrundelegung der nach Maßgabe des § 135 Abs. 1 veröffentlichten Angaben eine der in Abs. 1 genannten Schwellen erreicht, über- oder unterschreitet. Hat der Emittent seinen Sitz in einem Drittstaat, so erfolgt eine Mitteilung bei vergleichbaren Ereignissen. […]

(8) Die Verwirklichung eines Hinzurechnungstatbestandes oder eines Wegfalls gemäß § 133 ist dem Erwerb oder der Veräußerung gemäß Abs. 1 gleichzuhalten.

§ 133 Die Mitteilungspflicht nach § 130 Abs. 1 und 2 gilt auch für jene Person, die zur Ausübung von Stimmrechten in einem oder mehreren der folgenden Fälle berechtigt ist:

1.

Stimmrechte aus Aktien eines Dritten, mit dem diese Person eine Vereinbarung getroffen hat, die beide verpflichtet, langfristig eine gemeinsame Politik bezüglich der Geschäftsführung des betreffenden Emittenten zu verfolgen, indem sie die Stimmrechte einvernehmlich ausüben;

2.

Stimmrechte aus Aktien, die diese Person einem Dritten als Sicherheit übertragen hat, wenn sie die Stimmrechte ohne ausdrückliche Weisung des Sicherungsnehmers ausüben oder die Ausübung der Stimmrechte durch den Sicherungsnehmer beeinflussen kann;

3.

Stimmrechte aus Aktien, an denen dieser Person ein Fruchtgenussrecht eingeräumt wird;

4.

Stimmrechte aus Aktien, die einem Unternehmen gehören oder nach den Z 1 bis 3 zugerechnet werden, an dem diese Person eine unmittelbare oder mittelbare kontrollierende Beteiligung (§ 22 Abs. 2 und 3 ÜbG) hält;

5.

Stimmrechte, die von einem Dritten in eigenem Namen für Rechnung dieser natürlichen oder juristischen Person gehalten werden;

6.

Stimmrechte, die diese Person als Bevollmächtigte nach eigenem Ermessen ausüben darf, wenn keine besonderen Weisungen der Aktionäre vorliegen;

7.

Stimmrechte, die der Person gemäß § 23 Abs. 1 oder 2 ÜbG zuzurechnen sind.“

  

Zu Spruchpunkt A)

IV.1 Objektive Tatseite

IV.1.1 Wesentlichstes Vorbringen der Parteien

Im Wesentlichen ist zwischen den Parteien strittig, wie die Bestimmungen des §§ 130 Abs. 1, 133 BörseG 2018 auszulegen sind. Die FMA vertritt die Ansicht, es sei unerheblich, dass die vom BF gehaltenen Aktien in Spezialfonds veranlagt seien und der BF die Stimmrechte nicht ausüben könne. Insbesondere § 130 BörseG 2018 stelle nämlich nur auf das Eigentum ab, nicht jedoch darauf, ob die Stimmrechte auch tatsächlich ausgeübt werden könnten. Dagegen wendet sich der BF, der unter Berufung auf den Wortlaut der Bestimmungen, ihrer Systematik und der Entstehungsgeschichte ausführt, meldepflichtig sei nur eine wesentliche Änderung der Stimmrechte. In Fällen, in denen die Aktien in Spezialfonds gehalten würden, sodass nur die Verwaltungsgesellschaft die Stimmrechte ausüben könne, sei die Eigentumsfrage unerheblich. Meldepflichtig sei nur die Verwaltungsgesellschaft, die die Stimmrechte ausübe.

IV.1.2 Grundsätzliche Auslegungsprinzipien

Gegenstand der Auslegung einer Norm ist grundsätzlich der Gesetzestext als Träger des in ihm niedergelegten Sinnes, um dessen Verständnis es bei der Auslegung geht. Ziel der Auslegung ist die Ermittlung des rechtlich maßgeblichen Sinnes des Gesetzes. Jede Gesetzesauslegung (im Sinne des § 6 ABGB) hat mit der Erforschung des Wortsinnes zu beginnen, wobei zu fragen ist, welche Bedeutung einem Ausdruck oder Satz nach dem allgemeinen Sprachgebrauch des Gesetzgebers zukommt. Wird auf diesem Weg keine Eindeutigkeit des Gesetzeswortlautes erkannt, ist insbesondere auch der Regelungszusammenhang, in welchem die anzuwendende Norm steht, zu berücksichtigen (VwGH 21.09.2018, Ra 2018/02/0013). Jede Auslegungsmethode findet ihre Grenze im eindeutigen Wortlaut des Gesetzes. Dies bedeutet bei Auslegung von Gesetzen einen Vorrang der Wortinterpretation in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung sowie äußerste Zurückhaltung gegenüber der Anwendung sogenannter „korrigierender Auslegungsmethoden“. Können allerdings auf Grund des eindeutigen und klaren Wortlautes einer Vorschrift Zweifel über den Inhalt der Regelung nicht aufkommen, dann ist eine Untersuchung, ob nicht etwa eine andere Auslegungsmethode einen anderen Inhalt ergeben würde, nicht möglich (VwGH 18.06.2020, Ro 2020/01/0006).

Da die Regelungen einen unionsrechtlichen Hintergrund haben, sind sie auch im Sinne des Erfordernisses einer richtlinienkonformen Interpretation unter Bedachtnahme auf ihre unionsrechtliche Grundlage auszulegen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass dabei die Grenzen der Auslegung nach den innerstaatlichen Auslegungsregeln nicht zu beachten wären. Ist eine unionsrechtliche Regelung nicht unmittelbar anwendbar, lässt sich ihre Anwendung auch nicht im Weg der unionsrechtskonformen Interpretation erreichen, wenn sich dieses Ergebnis bei Auslegung des nationalen Rechts nicht erzielen lässt. Das Unionsrecht fordert keine contra legem Auslegung (VwGH 21.05.2019, Ro 2019/19/0006).

IV.1.3 Zu § 133 BörseG 2018

Die FMA zieht zur Bestrafung auch die Bestimmung des § 133 Z 4 BörseG 2018 heran und führt sie ausdrücklich als verletzte Norm an. Das kann aufgrund des ausdrücklichen Wortlauts des § 133 BörseG 2018 jedenfalls keinen Bestand haben. Dieser lautet: „Die Mitteilungspflicht nach § 130 Abs. 1 und 2 gilt auch für jene Person, die zur Ausübung von Stimmrechten in einem oder mehreren der folgenden Fälle berechtigt ist“ (Hervorhebungen durch den Senat).

Der BF ist aber gemäß §§ 52, 164 Abs. 3 Z 1 InvFG nicht zur Ausübung von Stimmrechten berechtigt, wie auch die FMA nicht bestreitet. Nach dem Wortlaut des § 133 BörseG 2018 kann daher, wie auch Mayer und Pabel in den vom BF vorgelegten Rechtsgutachten beziehungsweise Stellungnahmen zutreffend ausführen, keine Meldepflicht des BF bestehen. Ob, wie von manchen Kommentatoren vertreten, in anderen Bereichen (etwa dem Ruhen der Stimmrechte nach § 137 BörseG 2018) aufgrund von teleologischen Erwägungen eine Analogie möglich wäre, kann hier offenbleiben, da eine solche jedenfalls am Analogieverbot im Strafrecht scheitert. Im Verwaltungsstrafrecht bildet der äußerst mögliche Wortsinn die Grenze belastender Strafrechtsgewinnung. Eine Interpretation ist damit nicht völlig ausgeschlossen, jedoch muss sie immer noch im Wortlaut des Gesetzes eine Stütze finden (VwGH 22.01.2021, Ra 2020/02/0139; 07.07.2017, Ra 2016/03/0099). Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 133 BörseG wonach der Meldepflichtige zur Ausübung von Stimmrechten berechtigt sein muss, ist eine Bestrafung des BF auch nach dieser Norm ausgeschlossen.

Ebenfalls offengelassen werden kann, ob § 133 BörseG 2018 unionsrechtskonform ist. Art. 10 Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.12.2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (im Folgenden: TransparenzRL), der durch § 133 BörseG 2018 umgesetzt wird, sieht eine Mitteilungspflicht vor, wenn eine Person „zum Erwerb, zur Veräußerung oder zur Ausübung von Stimmrechten berechtigt ist“. § 133 BörseG 2018 sieht dagegen eine Mitteilungspflicht nur im Fall der Berechtigung zur „Ausübung von Stimmrechten“ vor. Eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 133 BörseG 2018 dahingehend, dass eine Mitteilungspflicht auch im Fall der Berechtigung zur Veräußerung – was beim BF der Fall wäre – besteht, scheitert ebenso am klaren Wortlaut der Bestimmung und liefe auf eine unionsrechtlich nicht geforderte contra legem-Auslegung hinaus. Eine Bestrafung des BF nach § 133 BörseG 2018 ist daher jedenfalls ausgeschlossen. Auf die weiteren vorgebrachten Punkte des BF, dass § 133 Z 4 BörseG 2018 auch deshalb nicht anwendbar sei, weil der BF keine unmittelbare oder mittelbare kontrollierende Beteiligung an der Verwaltungsgesellschaft gehalten habe und die FMA unzuständig wäre, weil die österreichische Regelung strenger als die unionsrechtliche sei, braucht daher nicht weiter eingegangen werden.

IV.1.4. Zu § 130 BörseG 2018

IV.1.4.1 Berechtigung zur Ausübung der Stimmrechte irrelevant für Meldepflicht

Anders ist jedoch der Wortlaut des § 130 Abs. 1 BörseG 2018. Dieser normiert eine Meldeverpflichtung, wenn „Aktien eines Emittenten“ unmittelbar oder mittelbar erworben oder veräußert werden. Der Erwerber oder Veräußerer hat über den „Anteil an Stimmrechten zu unterrichten, den sie nach diesem Erwerb oder dieser Veräußerung halten, wenn als Folge dieses Erwerbs oder dieser Veräußerung der Anteil an den Stimmrechten“ eine gewisse Schwelle überschreitet.

§ 130 Abs. 1 BörseG 2018 spricht, wie gezeigt, im Gegensatz zu § 133 BörseG 2018 nicht davon, dass man zur Stimmrechtsausübung auch berechtigt sein muss. Demnach müssen die Aktien nur einen Anteil an den Stimmrechten haben. Das ist aber auch dann der Fall, wenn die Stimmrechte (vertraglich und/oder gesetzlich) von jemand anderem ausgeübt werden. Gerade dieser unterschiedliche Wortlaut, den der BF in seiner Argumentation vernachlässigt, spricht dafür, auch Eigentümer, die nicht zur Stimmrechtsausübung berechtigt sind, zur Meldung zu verpflichten. Die in Spezialfonds gehaltenen Anteile stehen gemäß § 163 Abs. 1 InvFG im Miteigentum der Anteilinhaber. Der BF ist daher Miteigentümer und aufgrund des Wortlauts grundsätzlich zur Meldung verpflichtet.

IV.1.4.2 Auch unionsrechtlich ist die Berechtigung zur Ausübung der Stimmrechte nicht maßgeblich für die Meldepflicht

Im Wesentlichen die gleichen Überlegungen gelten auch für die unionsrechtlichen Regelungen. Auch dort unterscheiden sich die Formulierungen, die eine Meldepflicht auslösen. Art. 9 TransparenzRL knüpft eine Mitteilungspflicht an den Erwerb oder die Veräußerung „von Aktien des Emittenten, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind und an die Stimmrechte geknüpft sind“. Art. 10 TransparenzRL sieht dagegen, wie oben bereits kurz ausgeführt, eine Mitteilungspflicht vor, wenn eine Person „zum Erwerb, zur Veräußerung oder zur Ausübung von Stimmrechten berechtigt ist“. Auch diese verschiedenen Anknüpfungspunkte machen deutlich, dass es für die grundsätzliche Meldungsverpflichtung des Eigentümers unerheblich ist, ob die Stimmrechte auch tatsächlich ausgeübt werden können, vielmehr müssen an die erworbenen oder veräußerten Aktien die Stimmrechte nur „geknüpft“ sein. Auch eine unionsrechtskonforme Auslegung spricht damit für eine Meldeverpflichtung des BF, auch wenn er nicht zur Stimmrechtsausübung berechtigt ist. Entscheidend ist vielmehr nur, dass an die erworbenen Aktien Stimmrechte „geknüpft“ sind, was im konkreten Fall unstrittig ist. Insofern zutreffend ist daher auch der Befund Kalss, wonach die unionsrechtlichen Regelungen am Stimmrechtsanteil anknüpfen würden. Dafür, dass für den Grundtatbestand der Meldeverpflichtung die Stimmrechte ausgeübt können werden müssen, bietet der Wortlaut dagegen keinen Anhaltspunkt.

Das Gesetz legt vielmehr mit seiner grundsätzlichen Konzeption des § 130 BörseG 2018 die Offenlegungspflichten breit an. Es ist zunächst jeder Erwerber beziehungsweise Veräußerer von stimmrechtstragenden Aktien meldepflichtig. Selbst ohne einen Erwerbs- beziehungsweise Veräußerungsvorgang kann eine Meldepflicht entstehen, wenn der Stimmrechtsanteil einer Person durch die Veränderung der Aufteilung der Stimmrechte eine offenlegungspflichtige Schwelle erreicht, über- oder unterschreitet. Die Offenlegungspflicht gilt damit für jeden Erwerber und jeden Veräußerer von Aktien einer erfassten Gesellschaft, der infolge einer Übertragung von Eigentum an (stimmrechtstragenden) Aktien eine offenlegungspflichtige Schwelle erreicht, über- oder unterschreitet (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht² (2015) § 18, Rz 16f). Im Fall einer Miteigentümergemeinschaft sind ebenfalls die dahinterstehenden Miteigentümer meldepflichtig (Edelmann/Winner in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR § 130 BörseG, Rz 19). Die Meldepflicht von Miteigentümern im Fall einer Miteigentümergemeinschaft ist grundsätzlich allgemein anerkannt. Auch Kalss erkennt diese Meldeverpflichtung in dem vom BF vor der FMA vorgelegten Rechtsgutachten ausdrücklich an (S. 10 des Gutachtens).

IV.1.4.3 Zum Vorbringen der teleologische Reduktion

Trotz dieser grundsätzlich allgemeinen Anerkennung der Meldepflicht von Miteigentümern lehnen Edelmann/Winner in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR § 130 BörseG Rz 19 wie auch Diregger in Gruber, BörseG 2018/MAR I § 130, Rz 28f und Kalss in dem vom BF vorgelegten Rechtsgutachten eine Verpflichtung zur Meldung im Fall von in Spezialfonds gehaltenen Anteilen ab. Kalss vertrat diese Meinung im Wesentlichen auch bereits in Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht² (2015) § 18, Rz 96. Auch Pabel lehnt eine solche Meldeverpflichtung ab, wobei sie sich im Wesentlichen auf die Ausführungen von Kalss beruft. Mayer behandelt in dem vom BF vorgelegten Gutachten im Wesentlichen nur die Auslegung des § 133 BörseG 2018, während er auf die Problematik einer Meldepflicht nach § 130 BörseG 2018 nicht näher eingeht.

Edelmann/Winner vertreten, dass die Bestimmung des § 130 BörseG 2018 teleologisch zu reduzieren sei, wenn die Miteigentümer rechtlich keine Möglichkeit hätten, auf die Ausübung der Stimmrechte Einfluss zu nehmen. Auch Kalss tritt unter Hinweis auf den Zweck der Beteiligungspublizität und die unionsrechtlichen Regelungen für eine teleologische Reduktion ein.

Auf eine teleologische Reduktion läuft der Sache nach auch die Position Direggers hinaus. Ihm zufolge sei aber nicht nur darauf abzustellen, ob die Miteigentümer auf die Stimmrechtsausübung Einfluss hätten, sondern es sollte auch unter Zugrundelegung der Wertungen des § 133 BörseG darauf abgestellt werden, ob die Anteilsinhaber des Fonds Einfluss auf Erwerb und Veräußerung von Beteiligungsbesitz oder die Ausübung der Stimmrechte aus dem Beteiligungsbesitz des Fonds hätten. Jedenfalls für Publikumsfonds und bestimmte Formen von Spezialfonds sollte ihm zufolge trotz der formalen juristischen Konstruktion als Miteigentumsgemeinschaften von separaten Meldepflichten der Inhaber von Investmentfondszertifikaten abgesehen werden. Die Strukturierung als Miteigentumsgemeinschaft diene beim Fonds nicht der Einflussnahme, sondern primär dem Anlegerschutz, weil das Risiko einer Vermögensvermischung mit dem Vermögen der Verwaltungsgesellschaft dadurch ausgeschlossen werde. Dies solle daher auch nicht als formaler Differenzierungsgrund für eine abweichende Behandlung von Fonds- und Gesellschaftsvermögen verwendet werden (Diregger in Gruber, BörseG 2018/MAR I § 130, Rz 29).

Maierhofer in Temmel, Börsegesetz – Praxiskommentar zu § 92, Rz 72 kommt dagegen aufgrund der allgemeinen Grundsätze zum Ergebnis, dass bei Inhabern von Anteilsscheinen von Investmentfonds eine Meldepflicht der fondszugehörigen Aktien in Betracht komme. Die Anteilscheininhaber seien als Miteigentümer verpflichtet, ungeteilt den gesamten Stimmrechtsanteil der Miteigentümergemeinschaft am Emittenten anzugeben, wenngleich eine solche Verpflichtung in der Praxis regelmäßig schwerlich korrekt erfüllt werden könne. Soweit der BF in seiner Beschwerde ausführt, auch Maierhofer vertrete in diesem Kommentar keine Meldeverpflichtung der Anteilsscheininhaber, die keine maßgebliche Einflussmöglichkeit auf die Stimmrechtsausübung der Verwaltungsgesellschaft hätten, verkennt er die Argumentation Maierhofers. Der vom BF zitierte Satz, die Meldeverpflichtung hänge von der maßgeblichen Einflussmöglichkeit auf die Stimmrechtsausübung an, behandelt nämlich nicht die Meldeverpflichtung der Anteilsscheininhaber, sondern eine allfällige zusätzliche Meldeverpflichtung der Verwaltungsgesellschaft. Dass die Anteilsscheininhaber meldepflichtig sind, wird von ihm dagegen nicht bezweifelt.

Zu prüfen ist daher, ob im Sinne der Ausführungen des BF und der von ihm zitierten Literatur eine teleologische Reduktion zulässig ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs verschafft die Rechtsfigur der teleologischen Reduktion (oder Restriktion) der ratio legis gegen einen überschießend weiten Gesetzeswortlaut Durchsetzung. Voraussetzung ist stets der Nachweis, dass eine umschreibbare Fallgruppe von den Grundwertungen oder Zwecken des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut gar nicht getroffen wird und dass sie sich von den eigentlich gemeinten Fallgruppen so weit unterscheidet, dass die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt oder willkürlich wäre. Die verdeckte Lücke besteht im Fehlen einer nach der ratio notwendigen Ausnahme (VwGH 21.07.2021, Ro 2021/13/0001). Für die Annahme einer teleologischen Reduktion gelten nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes strenge Voraussetzungen (VwGH 12.05.2021, Ra 2019/13/0101). Bei Auslegung von Verwaltungsgesetzen ist zusätzlich zu beachten, dass aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Legitimation der Norm ein Vorrang der Wortinterpretation in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung sowie äußerste Zurückhaltung gegenüber der Anwendung sogenannter korrigierender Auslegungsmethoden besteht (VwGH 23.02.2001, 98/06/0240).

Es ist daher zunächst zu fragen, welchen Zweck die Beteiligungspublizität verfolgt. Bereits die Vorgängerrichtlinie zur nunmehrigen Transparenzrichtlinie, die Richtlinie 88/627/EWG des Rates vom 12.12.1988 über die bei Erwerb und Veräußerung einer bedeutenden Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft zu veröffentlichenden Informationen (im Folgenden: TransparenzRL alt), hält in den Erwägungsgründen fest, dass eine Politik der angemessenen Unterrichtung der Anleger im Wertpapierbereich deren Schutz verbessert, das Vertrauen der Anleger in die Wertpapiermärkte stärkt und auf diese Weise zu deren reibungslosem Funktionieren beiträgt. Auch in den Erwägungsgründen der Richtlinie 2001/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.05.2001 über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen (im Folgenden: RL 2001/34/EG ) wird der Anlegerschutz betont, der durch die Beteiligungspublizität erhöht werden soll (Erwägungsgründe 31 bis 36). Gleichfalls betont die TransparenzRL in ihren Erwägungsgründen den Anlegerschutz, der besonders durch die Beteiligungspublizität gewährleistet werden soll. Zusätzlich solle dadurch die Markteffizienz gewährt werden (Erwägungsgründe 1, 2).

Dementsprechend betont auch die österreichische Literatur, dass die Regelungszwecke der Beteiligungspublizität der Anlegerschutz, die Transparenz wie auch die Markteffizienz beziehungsweise die Funktion des Kapitalmarkts sind (Maierhofer in Temmel, Börsegesetz – Praxiskommentar zu § 91, Rz 2-4; Diregger in Gruber, BörseG 2018/MAR I § 130, Rz 9; Edelmann/Winner in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR § 130 BörseG Rz 2). Diregger betont in diesem Zusammenhang, dass dieser programmatische Normzweck in vielen Fällen dazu führt, dass Bestimmungen über den Gesetzeswortlaut hinaus analog angewendet werden müssen (Diregger in Gruber, BörseG 2018/MAR I § 130, Rz 10).

Dass sich die hier vorliegende Konstellation von den eigentlich gemeinten Fallgruppen so weit unterscheidet, dass die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre, kann damit aber nicht erkannt werden. Vielmehr gebietet gerade der Anlegerschutz wie auch die mit den Regelungen angestrebte Transparenz, das Publikum auch über Beteiligungen zu informieren, für die die Stimmrechte nicht ausgeübt werden können. Nur wenn dem Publikum auch diese Informationen bekannt sind, kann es eine fundierte Entscheidung über einen möglichen Kauf oder Verkauf einer Beteiligung entscheiden. Dafür ist nämlich auch die Eigentümerstruktur von besonderem Interesse, wird doch oftmals erst dadurch klar, ob es sich dabei beispielsweise um ein langfristiges Engagement eines zahlungskräftigen Investors handelt, wodurch die weitere Entwicklung des Unternehmens leichter abgeschätzt werden kann. Das zeigt sich etwa auch an der breiten Medienberichterstattung über eine mögliche Beteiligung.

IV.1.4.4 Reformüberlegungen des § 130 BörseG 2018

Das hier gewonnene Ergebnis wird auch durch einen Ministerialentwurf des Bundesministers für Finanzen (174/ME 27. GP ) gestützt. Dieser sieht vor, § 130 BörseG 2018 neue Absätze 9 und 10 hinzuzufügen mit auszugsweise folgendem Inhalt:

„(9) Wenn der Anteilscheininhaber an einem Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Sinne von Art. 1 der Richtlinie 2009/65/EG oder an einem alternativen Investmentfonds im Sinne von Art. 4 der Richtlinie 2011/61/EU weniger als 10 vH des Fondsvermögens hält, so müssen die in diesem Fonds befindlichen Aktien von diesem Anteilscheininhaber als Eigentümer dieser Aktien gemäß Abs. 1 und von einer den Anteilscheininhaber kontrollierenden Person gemäß § 133 Z 4 nicht gemeldet werden. Diese Ausnahme gilt nicht, wenn

1. der Fonds ein Spezialfonds gemäß § 163 InvFG 2011 ist oder materiell einem Spezialfonds gemäß § 163 InvFG 2011 gleichwertig ist“

Diese Änderung begründen die Erläuterungen wie folgt: „Anteilscheininhaber von Investmentfonds sind regelmäßig Eigentümer der im Fonds befindlichen Aktien, die somit im Ausmaß ihres quotalen Miteigentumsanteils gemäß § 130 meldepflichtig sind. In der Praxis besteht jedoch das Problem, dass Anteilscheininhaber von echten Publikumsfonds regelmäßig keine rechtzeitigen Informationen über die Zusammensetzung des Fonds erhalten und damit auch keine Kenntnis ihres durchgerechneten Aktienanteils und somit auch nicht von einer möglichen Schwellenberührung haben. Um diesbezüglich für mehr Rechtssicherheit zu sorgen wird eine Ausnahme von der Meldepflicht unter bestimmten Voraussetzungen geschaffen. Deutschland hat auch eine diesbezügliche Ausnahme und zwar in § 1 Abs. 3 dWpHG. Die Ausnahme von der Meldepflicht trägt auch der Tatsache Rechnung, dass über Publikumsfonds indirekt gehaltene Aktienanteile aufgrund der Streuung des Fondsvermögens in der Regel ohnedies unterhalb der Meldeschwellen liegen. Bei überdurchschnittlich großen Beteiligungen an Publikumsfonds und bei Spezialfonds und Quasispezialfonds soll jedoch diese Ausnahme nicht gelten. Hier ist davon auszugehen, dass die Anteilsinhaber immer aktuelle Kenntnis über die tatsächlichen Beteiligungsverhältnisse des Investmentfonds haben, bei entsprechend großen Beteiligungsverhältnissen an Publikumsfonds wird das nur widerleglich vermutet.“ (EB, 174/ME 27. GP , 5).

Unabhängig davon, ob dieser Entwurf in dieser Form tatsächlich in Kraft tritt, zeigen diese Ausführungen klar, dass die teleologische Reduktion nicht zulässig ist. Die Ausnahme von der Meldepflicht wird nämlich nur mit Anwendungsproblemen in der Praxis und nicht damit begründet, dass die gegenständliche Frage zu weit von der eigentlich erfassten Fallgruppe entfernt wäre. Im Gegenteil würde eine Umsetzung dieses Entwurfs die hier verfahrensgegenständliche Frage ausdrücklich kodifizieren. Es könnte dann keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass auch die gegenständliche Konstellation meldepflichtig wäre.

IV.1.4.5 Weiterführende Argumente zur Ablehnung einer teleologischen Reduktion

Kalss führt in ihrem vor der FMA vorgelegten Gutachten weiter aus, die unionsrechtlichen Regelungen stellten klar auf die Veränderung von Stimmrechtsanteilen ab. Sie würden auch das Konzept der Trennung von dinglichem oder wirtschaftlichem Eigentum und tatsächlicher Verfügungsmacht und Stimmrechtsausübung anerkennen. Zum ersten Punkt verweist das Gutachten (neben dem Wortlaut, wo bereits oben ausgeführt wurde, warum diesen Argumenten nicht gefolgt werden kann) auf Erwägungsgrund 18 und darauf, dass die Regelungen eine Offenlegungspflicht auch vorsehen würden, wenn sich der Stimmrechtsanteil infolge von Ereignissen verändert hätte, die nicht mit einem Eigentumstransfer verbunden wären. Nun ist es zwar richtig, dass der 18. Erwägungsgrund davon spricht, dass durch die Informationen Anleger in die Lage versetzt werden sollten, „Aktienkäufe oder -verkäufe in voller Kenntnis der geänderten Stimmrechte zu tätigen“. Rein isoliert betrachtet könnte dieser Ausdruck durchaus in die Richtung verstanden werden, dass die Offenlegungspflicht nur dann greife, wenn die Stimmrechte auch tatsächlich ausgeübt werden könnten. Betrachtet man jedoch den gesamten Erwägungsgrund 18 in seinem Zusammenhang wird klar, dass eine solche Beschränkung nicht vorgesehen ist. Dort wird nämlich nach dem oben zitierten Satz festgehalten, dass dies zu einer erhöhten Markttransparenz „großer Kapitalbewegungen“ führe. Die Erwägungen nehmen damit selbst auf das Kapital an den Emittenten und nicht ausschließlich auf die Stimmrechte Bezug. Auch dieses Argument überzeugt daher nicht.

Dass eine Offenlegungspflicht auch dann normiert ist, wenn sich der Stimmrechtsanteil infolge von Ereignissen verändert, die nicht mit einem Eigentumstransfer verbunden sind (Art. 9 Abs. 2 TransparenzRL und § 130 Abs. 2 zweiter Satz BörseG 2018), ändert nichts am Grundtatbestand und dessen oben dargelegtem Verständnis.

Auch der weitere von Kalss angeführte Punkt (Anerkennung der Trennung von dinglichem Eigentum und wirtschaftlichem Eigentum) führt zu keinem anderen Ergebnis. Sie verweist dazu auf Art. 12 Abs. 4 TransparenzRL beziehungsweise den diesen umsetzenden § 134 Abs. 2 BörseG 2018, wonach die Stimmrechte von Aktien, die in einem OGAW einer Verwaltungsgesellschaft zugeordnet sind, nur der Verwaltungsgesellschaft, nicht hingegen der Muttergesellschaft zugerechnet werden. Ebenso verweist sie auf Art. 10 lit h TransparenzRL beziehungsweise § 133 Z 6 BörseG 2018, wonach eine Person mitteilungspflichtig ist, wenn sie die Stimmrechte „nach eigenem Ermessen ausüben darf, wenn keine besonderen Weisungen der Aktionäre vorliegen“. Diese Bestimmung sei im konkreten Fall zwar nicht anwendbar, allerdings sei ein Wertungstransfer wegen der klaren Parallelität der Ausgangslagen vorzunehmen. Auch dieser Schluss überzeugt aber nicht. Auch im Fall von Zurechnungen nach § 133 Z 6 BörseG bleibt der Aktionär nämlich ebenso nach § 130 Abs. 1 BörseG 2018 meldepflichtig, falls er die dort genannten Schwellen überschreitet (Edelmann/Winner in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR § 133 BörseG, Fn 198; Diregger in Gruber, BörseG 2018/MAR I § 133, Rz 111). In diesen Fällen kommt es damit zu einer doppelten Meldung, einerseits des Eigentümers, der nicht zur Stimmrechtsausübung berechtigt ist, und andererseits des Stimmrechtsausübungsberechtigten. Eine Basis für eine teleologische Reduktion ergibt sich daher daraus nicht.

Eine solche ergibt sich auch nicht durch den Vergleich von Kalss mit einer schlichten Miteigentumsgemeinschaft. Wie sie selbst ausführt, sind bei einer solchen alle Miteigentümer melde- und offenlegungspflichtig. Der Grund liege ihr zufolge aber nicht allein in der Miteigentümerschaft, sondern vor allem darin, dass diese in eigenem Namen auf die Disposition, Verfügung und das Stimmrecht Einfluss nehmen kann und einem allfälligen Bevollmächtigten oder Beauftragen auch eine Weisung erteilen kann. Alleine die von Kalss angesprochene Möglichkeit, einem Bevollmächtigten eine Weisung erteilen zu können, reicht aber nach der herrschenden Literatur nicht aus, um eine Zurechnung zum Bevollmächtigten auszuschließen. Es genügt, dass der Bevollmächtigte weisungsfrei handeln kann, soweit Weisungen ausbleiben (Edelmann/Winner in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR § 133 BörseG, Rz 95). Es kommt weniger auf die rechtlichen Möglichkeiten oder Verpflichtungen an, sondern darauf, ob es konkrete Vorgaben in allen wesentlichen Beschlussgegenständen gibt. Die Zurechnung ist also nicht ausgeschlossen, wenn Weisungen erteilt werden könnten, diese aber tatsächlich unterbleiben (Diregger in Gruber, BörseG 2018/MAR I § 133, Rz 108). Wenn die Miteigentümer einer schlichten Miteigentümergemeinschaft damit trotz der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit Weisungen zu erteilen, einem Bevollmächtigten keine Weisungen erteilen und dieser daher nach freiem Ermessen entscheiden darf, kommt es – so wie hier – ebenfalls zu einer doppelten Meldung. Die Miteigentümer sind nach § 130 Abs. 1 BörseG 2018 zur Meldung verpflichtet, der Bevollmächtigte, dem keine Weisungen erteilt wurden und der das Stimmrecht daher nach freiem Ermessen ausüben kann, nach § 133 Z 6 BörseG 2018.

Eine teleologische Reduktion ist daher entgegen der in der neueren Literatur vertretenen Ansicht nicht zulässig. Vielmehr ist der Ansicht Maierhofers zu folgen, auch wenn diese noch zum alten BörseG vertreten wurde, zumal die Regelungen seitdem inhaltlich nicht verändert wurden.

IV.1.4.6 Die Entstehungsgeschichte der Beteiligungspublizität kann nicht eingewandt werden

Diesem Ergebnis kann auch die Entstehungsgeschichte der Regelungen zur Beteiligungspublizität nicht erfolgreich entgegengehalten werden. Der BF verweist dazu in der Beschwerde darauf, dass der Wortlaut der Beteiligungspublizität im nationalen Recht seit 1989 inhaltlich unverändert sei. Die Beteiligungspublizität gehe auf die unionsrechtlichen Regelungen zurück. So stelle die TransparenzRL alt auf eine wesentliche Änderung der Anteile an Stimmrechten ab. Damit sei eindeutig keine Veränderung der Kapitalanteile mitgemeint, weil die Richtlinie es den Mitgliedsstaaten ausdrücklich freigestellt habe, vorzuschreiben, dass die Gesellschaft „auch über den von der Person gehaltenen Anteil am Kapital zu unterrichten ist.“ Von dieser Möglichkeit habe der österreichische Gesetzgeber aber nie Gebrauch gemacht.

Dieser letzte Befund ist zwar richtig, allerdings ist daraus für den BF nichts gewonnen. Es gibt nämlich auch Anteile am Kapital, die grundsätzlich über keinen Anteil an den Stimmrechten verfügen, wie etwa stimmrechtslose Vorzugsaktien gemäß § 12a AktG (für weitere Beispiele siehe etwa Diregger in Gruber, BörseG 2018/MAR I § 130, Rz 14 oder Edelmann/Winner in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR § 130 BörseG, Rz 9). Nur in Bezug auf solche Anteile am Kapital, die grundsätzlich von vornherein über keinen Anteil an den Stimmrechten verfügen, bestand diese zusätzliche Möglichkeit, die im Übrigen in der nunmehrigen TransparenzRL nicht mehr vorgesehen ist. Alle Anteile am Kapital, die auch über Anteile an den Stimmrechten verfügen, waren dagegen stets von den unionsrechtlichen Regelungen erfasst. Das unabhängig davon, ob diese Stimmrechte tatsächlich auch vom Erwerber ausgeübt werden (können).

Das bestätigt auch die vom BF in der Stellungnahme vom 21.01.2022 aufgezeigte Veränderung des Art. 9 TransparenzRL. Die von der Kommission vorgeschlagene Fassung sollte denjenigen zur Meldung der Höhe des Stimmrechtsanteils beziehungsweise der Kapitalbeteiligung verpflichten, der „zur Ausübung von Stimmrechen in seinem Namen berechtigt ist“. Im Gesetzgebungsverfahren wurde die Fassung derart geändert, dass die Meldeverpflichtung nicht mehr daran hängt, ob die Stimmrechte im eigenem Namen auch ausgeübt werden können. Vielmehr sieht diese Regelung nunmehr vor, dass nur der „Anteil an den Stimmrechten“ zur Meldung verpflichtet. In Wahrheit wurde - entgegen dem Vorbringen der BF - die Meldeverpflichtung in Abweichung vom Entwurf der Kommission ausgeweitet, da eben nicht mehr eine Ausübung des Stimmrechtes maßgeblich ist, sondern nur der gehaltene Anteil an den Stimmrechten. Dass die Wendung „Kapitalbeteiligung“ entfallen ist, spricht ebenfalls nicht für die vom BF vertretene Ansicht. Vielmehr wurde diesem Begriff offensichtlich das oben dargelegte Verständnis zugrunde gelegt. Daran kann daher auch die vom BF aufgezeigte Änderung des 18. Erwägungsgrundes nichts ändern. Die dort genannte Sperrminorität kann sich offensichtlich nur auf die Änderung der Stimmrechte beziehen. Auch eine richtlinienkonforme Auslegung von § 130 BörseG 2018 erfordert daher nicht das vom BF gewünschte Ergebnis, sondern spricht vielmehr für die hier vertretene Auslegung.

IV.1.4.7 Die Transparenzverordnung der FMA kann die Meldepflicht nicht einschränken

Der BF führt gegen die Rechtsposition der FMA weiters ins Treffen, sie wende sich damit gegen ihre eigene TransV 2018 beziehungsweise das in § 6 vorgesehene Formular zur Beteiligungsmeldung. Dort werde durchgehend und immer nur die „Prozentanteile der Stimmrechte“ zum Gegenstand gemacht. Abgesehen davon, dass das von der FMA vorgesehene Formular jedenfalls nicht den Umfang der gesetzlich geregelten Meldung modifizieren kann, reicht es hier auf die obenstehenden Ausführungen zum Bedeutungsgehalt der „Anteile an den Stimmrechten“ zu verweisen. Diese Überlegungen gelten für die TransV 2018 in gleicher Weise.

IV.1.4.8 Auch die historische Auslegung spricht für eine Meldepflicht

Letztlich spricht entgegen der Ansicht des BF auch eine historische Auslegung der unionsrechtlichen Regelungen dafür, dass die hier vorliegende Konstellation von der unionsrechtlichen Beteiligungsmeldungspflicht erfasst sein soll. Art. 1 Abs. 1 TransparenzRL alt, wie auch Art. 85 Abs. 1 RL 2001/34/EG legten fest, dass die Mitgliedstaaten natürliche und juristische Personen der Beteiligungspublizität unterwerfen, „wenn dies zu einer Änderung in den Stimmrechtverhältnissen einer Gesellschaft führt“. In Art. 4 Abs. 1 TransparenzRL alt beziehungsweise in Art. 89 Abs. RL 2001/34/EG wurden die näheren Regelungen getroffen und stets vom gehaltenen „Anteil an den Stimmrechten“ gesprochen. Die TransparenzRL sieht dagegen eine Art. 1 Abs. 1 TransparenzRL alt beziehungsweise Art. 85 Abs. 1 RL 2001/34/EG korrespondierende Vorschrift nicht mehr vor. Auch wurde der Wortlaut geändert, sodass nunmehr Aktien, „an die Stimmrechte geknüpft sind“, für die Beteiligungspublizität maßgeblich sind. Spätestens seit der TransparenzRL ist damit nicht mehr eine Änderung in den Stimmrechtsverhältnissen maßgeblich, sondern eine Änderung in der Eigentümerstruktur an Aktien, an die Stimmrechte geknüpft sind, was hier der Fall ist. Selbst wenn man der hier vertretenen Auslegung zur Möglichkeit, Beteiligungen am Kapital ebenfalls vorzuschreiben, nicht folgt, ergibt sich somit aus der Streichung ebendieser Möglichkeit und der Änderung des Wortlauts, dass auch Fälle wie der vorliegende von der Beteiligungspublizität erfasst sind.

IV.1.4.9 § 130 BörseG 2018 ist nicht verfassungswidrig

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen können die Überlegungen des BF zur angeblichen mangelnden Bestimmtheit und der daraus folgenden Verfassungswidrigkeit der § 130, 133 BörseG 2018 nicht überzeugen, wenn er – wie gezeigt zu Unrecht – davon ausgeht, aus dem Wortlaut ergebe sich eine solche Pflicht nicht. Deswegen, wie auch aufgrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zum Bestimmtheitsgebot in Verwaltungsstrafsachen (VfGH 28.06.2013, G 10/2013 ua, V 4/2013 ua mwN), kann das Bundesverwaltungsgericht die Bedenken des BF nicht teilen und sieht sich daher nicht veranlasst, der Anregung des BF, einen Antrag auf Aufhebung der genannten Gesetzesbestimmungen zu stellen, zu folgen.

IV.1.4.10 Ergebnis

Soweit der BF im Verfahren noch vorbrachte, die doppelte Meldung entspreche nicht dem Anlegerschutz, vielmehr wäre das Publikum wegen der doppelten Meldung verwirrt und könnte nicht eindeutig zuordnen, wer am Emittenten beteiligt ist, steht auch das dem hier vertretenen Ergebnis nicht entgegen. Wie oben bereits ausgeführt, kommt es im Rahmen der Beteiligungspublizität durchaus zu doppelten Meldungen. Die Meldungen können daher auch das Gesamtausmaß von 100% übersteigen (siehe S. 7 des Gutachtens von Kalss). Eine Verwirrung des Publikums kann, wie im konkreten Fall (und auch von Edelmann/Winner in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR § 133 BörseG, Fn 29 vorgeschlagen), durch eine Erläuterung im Meldeformular vermieden werden.

Der objektive Tatbestand ist damit erfüllt, da der BF entgegen seiner Verpflichtung des § 130 Abs. 1 BörseG 2018 seinen Anteil an den Stimmrechten nicht unverzüglich, spätestens jedoch nach zwei Handelstagen, der FMA, dem Börseunternehmen sowie dem Emittenten mitgeteilt hat, zumal es sich bei der XXXX AG unstrittig um einen Emittenten gemäß §§ 118 Abs. 1 Z 4 iVm 1 Z 8 BörseG 2018 handelt, dessen Aktien zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind.

IV.2 Subjektive Tatseite

IV.2.1 Grundsätzliches

Die nicht rechtzeitige Erfüllung einer Meldepflicht nach § 130 Abs. 1 bis 3 und 5 BörseG 2018 wird von § 141 Z 2 BörseG 2018 unter Strafe gestellt. Unter den weiteren Voraussetzungen des § 142 BörseG 2018 können deswegen auch juristische Personen, wie der BF, bestraft werden. Das ist gemäß § 142 Abs. 1 BörseG 2018 dann der Fall, wenn Personen, die entweder allein oder als Teil eines Organs der juristischen Person gehandelt haben und eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person aufgrund der Befugnis zur Vertretung der juristischen Person (Z 1), der Befugnis, Entscheidungen im Namen der juristischen Person zu treffen (Z 2), oder einer Kontrollbefugnis innerhalb der juristischen Person (Z 3), gegen die in § 141 BörseG 2018 angeführten Verpflichtungen verstoßen haben. Abs. 2 sieht vor, dass juristische Personen auch dann verantwortlich gemacht werden können, wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle durch eine in Abs. 1 genannte Person die Begehung dieser Verstöße durch eine für die juristische Person tätige Person ermöglicht hat. Wird der Tatvorwurf derart umschrieben, dass entweder Abs. 1 beziehungsweise Abs. 2 verwirklicht wird, handelt es sich um einen unzulässigen Alternativvorwurf (VwGH 13.12.2019, Ra 2019/02/0011).

Übertretungen des § 130 BörseG 2018 sind Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG, weil zum Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. Sofern eine Verwaltungsübertretung über das Verschulden nichts Näheres bestimmt, genügt gemäß § 5 Abs. 1 VStG auf der subjektiven Tatseite fahrlässiges Verhalten, um eine Strafbarkeit zu begründen. Demnach ist Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Nach § 5 Abs. 1a VStG gilt diese Vermutung jedoch nicht, wenn die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50 000 Euro bedroht ist.

IV.2.2 Kein ausreichendes Kontrollsystem

Der BF bringt vor, er habe sich einer qualitätssichernden Organisation im Sinne des § 9 VStG bedient, was ein Verschulden ausschließe. Ein solches exkulpierendes Kontrollsystem liegt nach der Rechtsprechung des VwGH dann vor, wenn unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwartet werden konnte. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn dadurch die Überwachung der Einhaltung der Rechtsnormen, deren Übertretung dem Beschuldigten zur Last gelegt wurde, jederzeit sichergestellt werden kann (VwGH 16.04.2019, Ra 2018/05/0163). Auch im Bereich des § 5 Abs. 1a VStG ist weiterhin vom Verantwortlichen nachzuweisen, dass er eine qualitätsgesicherte Organisation eingerichtet und geführt hat, die durch externe Prüfung oder durch interne Überwachung regelmäßig kontrolliert wird, damit ein Verschulden nicht anzunehmen sein soll (VwGH 23.06.2021, Ro 2019/03/0020).

Dem BF ist insofern zwar zugute zu halten, dass er, wie die Feststellungen zeigen, ein Kontrollsystem zur Beteiligungspublizität eingerichtet hat, das auch tatsächlich umgesetzt wird, sofern er die Stimmrechte auch ausüben kann. Allerdings lässt dieses Kontrollsystem nicht mit gutem Grund erwarten, dass die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden, zumal innerhalb des BF und der gesamten Gruppe eine vom Gesetzeswortlaut abweichende Rechtsauffassung bestand. Die hier konkret vorgeworfene Verletzung war daher gerade nicht Teil des Kontrollsystems in Form eines farblichen Hinweises bei Schwellenberührungen. Das hat dann aber zur Folge, dass jedenfalls der für Fahrlässigkeitsdelikte zu beachtende objektive Sorgfaltsmaßstab nicht beachtet wird (VwGH 23.06.2021, Ro 2019/03/0020).

IV.2.3 Kein entschuldbarer Verbotsirrtum des BF

Der BF bringt weiters vor, er sei einem entschuldigenden Verbotsirrtum unterlegen. Er beruft sich damit auf § 5 Abs. 2 VStG. Demzufolge entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die Unkenntnis des Gesetzes, wie auch eine irrige Gesetzesauslegung, müssen somit unverschuldet sein. Die bloße Argumentation mit einer – allenfalls sogar plausiblen – Rechtsauffassung allein vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen. Es bedarf vielmehr einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen bei der zuständigen Stelle; wer dies verabsäumt, trägt das Risiko des Rechtsirrtums (VwGH 13.04.2021, Ra 2021/09/0056). Die Erkundigungen können aber nicht nur bei der Behörde, sondern auch bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person oder Stelle eingeholt werden (VwGH 20.06.2018, Ra 2017/08/0012).

Hat die Partei beispielsweise von einem Rechtsanwalt eine falsche Auskunft erhalten, so liegt ein schuldausschließender Irrtum dann nicht vor, wenn sie Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft hätte haben müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung somit Erkundigungen bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung berechtigten Person grundsätzlich als ausreichend zur Erfüllung der an den Teilnehmer im Wirtschaftsleben zu stellenden Sorgfaltsanforderungen erachtet, soweit nicht begründete Zweifel an der erteilten Auskunft bestehen mussten beziehungsweise die Auskunft die Annahme der Gesetzeskonformität für den konkreten Sachverhalt nicht begründen konnte (VwGH 29.05.2015, 2012/17/0524). Aus der nachfolgend näher dargelegten fehlenden Eindeutigkeit, ob die vom BF vertretene Rechtsauffassung tatsächlich zutreffend sei, hätte letztlich nur die Einholung einer Rechtsauskunft aufgrund einer vollständigen Sachverhaltsmitteilung bei der zuständigen Behörde, nämlich der FMA, entschuldigend gewirkt (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, 2. Aufl. (2017), § 5, Rz 21 mwN in der Judikatur). Dies unterließ der BF.

Der BF verweist in diesem Zusammenhang auf den Wortlaut der Bestimmung. Dieser sei klar und verpflichte nicht zu weiterführenden Ermittlungen. Dass der Wortlaut die Ansicht des BF nicht trägt, wurde bereits oben dargelegt. Auch innerhalb des BF war zudem klar, dass die Auslegung dieser Bestimmung strittig ist. Diese – hier vom BVwG vertretene – Rechtsansicht wird im Übrigen auch von der von ihm zitierten Literatur geteilt, zumal die Autoren alle nur eine teleologische Reduktion befürworten. Der BF führt dann weiter aus, er sei der – seiner Meinung nach gar nicht bestehenden – Erkundigungspflicht nachgekommen, zumal die Beteiligungsmeldung mit einer Rechtsanwaltsgesellschaft erstellt worden sei. Durch die Beiziehung dieses facheinschlägig kundigen Rechtsanwalts habe er die Erkundigungspflicht erfüllt. Aufgrund des Gesetzeswortlauts habe er auch von der Richtigkeit der Auskunft ausgehen dürfen.

Auch dieses Vorbringen überzeugt nicht und legt insbesondere keinen schuldausschließenden Verbotsirrtum dar. Dem BF wie auch dem Rechtsanwalt waren alle Beteiligungen bekannt, auch die in den Spezialfonds gehaltenen Anteile. Gleichfalls war ihnen der Emittentenleitfaden der FMA aus 2013 bekannt. Dieser sah aber nach seinem eindeutigen Wortlaut (arg „bleibt es auch bei Spezial- und Großanlegerfonds […] bei einer Meldepflicht der KAG […] und des Aktieneigentümers“) eine Meldepflicht des Miteigentümers vor. Der BF führte in seiner Beschwerde zwar aus, aus dem Leitfaden ergebe sich gerade keine Meldepflicht des Eigentümers. Diese Ansicht erreicht er allerdings nur durch Streichung eines angeblich sinnwidrigen Satzteils. Damit ist aber nach seiner Meinung der Leitfaden zumindest undeutlich. Das würde ihn aber erst recht zur Nachfrage bei der FMA verpflichten. Auch die damalige Kommentarliteratur (Maierhofer in Temmel, Börsegesetz – Praxiskommentar zu § 92, Rz 72) sah eine Meldepflicht des Miteigentümers vor, wie oben bereits dargelegt wurde. Dem BF und dessen Rechtsvertreter musste damit bekannt sein, dass die zuständige Behörde als auch die Kommentarliteratur eine andere Meinung zur Meldepflicht des Miteigentümers vertreten haben. Wenn der BF beziehungsweise dessen Rechtsvertreter trotz Kenntnis über die abweichenden Rechtsmeinungen, und obwohl sie in Kontakt mit der FMA standen, nicht auch diesbezüglich nachfragten, kann aber keine Rede mehr von einem entschuldigenden Verbotsirrtum sein. Soweit im Verwaltungsverfahren teils auch noch vorgebracht wurde, dass die FMA in der Besprechung vom XXXX selbst zugestanden habe, dass sich ihre Rechtsansicht dazu geändert habe und auch deswegen ein Verbotsirrtum vorgelegen habe, ist dazu auszuführen, dass das vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr vorgebracht wurde. Zudem bestätigte der Zeuge Dr. XXXX in seiner Einvernahme, dass die FMA in der Besprechung dieses keineswegs angegeben habe, vielmehr habe die FMA gesagt, dass sie ihre Rechtsansicht stets gleichlautend vertreten habe (S. 6f VP2). Die Beschwerdeverhandlung hat auch durchaus gezeigt, dass – spätestens seit dem Emittentenleitfaden – ein Problembewusstsein hinsichtlich der hier maßgeblichen Frage vorlag. Trotzdem wurden keine Erkundigungen eingeholt, vielmehr wollte die Gruppe die Tatsache ihrer Beteiligung an der XXXX AG weiterhin der Öffentlichkeit vorenthalten.

Die Kommentare, auf die sich der BF in seiner Beschwerde stützt (Edelmann/Winner in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR § 130 BörseG Rz 19; Diregger in Gruber, BörseG 2018/MAR I § 130, Rz 28f; und das vorgelegte Gutachten Kalss) sind dagegen erst nach dem Tatzeitraum erschienen (August 2019 beziehungsweise Sommer 2020) und konnten daher die Ansicht des BF während des Tatzeitraums nicht unterstützen. Nur der Vollständigkeit halber sei daher erwähnt, dass Edelmann/Winner in Fn 33 auf die abweichenden Meinungen hinweisen. § 5 Abs. 2 VStG kann dem BF daher nicht zugutekommen.

IV.2.4 Subjektive Sorgfaltswidrigkeit

Wie oben ausgeführt, hat die Nichteinrichtung eines entsprechenden Kontrollsystems zur Folge, dass der für Fahrlässigkeitsdelikte zu beachtende objektive Sorgfaltsmaßstab nicht beachtet wird (VwGH 23.06.2021, Ro 2019/03/0020). Eine fahrlässige Vorgangsweise ist daher jedenfalls indiziert. Die Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt kann dem Täter im Sinne des § 6 Abs. 1 StGB dann vorgeworfen werden, wenn es ihm unter den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls auch zuzumuten war, sie tatsächlich aufzuwenden (VwGH 20.03.2018, Ra 2017/03/0092).

Die Verletzung der objektiven Sorgfaltswidrigkeit ist auch subjektiv vorzuwerfen. Die objektive Sorgfaltswidrigkeit eines Verhaltens indiziert die subjektive Sorgfaltswidrigkeit, diese ist daher nur besonders zu prüfen, wenn sich aus dem Sachverhalt konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass gerade der Täter den objektiven Sorgfaltsanforderungen nicht nachkommen konnte (Burgstaller/Schütz in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 6 Rz 90). Anhaltspunkte in diese Richtung liegen aber nicht vor. Vielmehr besteht eine eigene Rechtsabteilung, die sich auch externer Experten bedient hat. Trotz Kenntnis über abweichende Rechtsmeinungen (vor allem der zuständigen Behörde) wurden diesbezüglich keine Erkundigungen eingeholt. Die vom BF abweichende Rechtsansicht der Behörde wurde durch den Vorstand nicht in einem entsprechenden Kontrollsystem umgesetzt, was einen Verstoß gegen die objektive Sorgfaltswidrigkeit begründet.

Die Aufwendung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt war auch zuzumuten, zumal nicht vorgebracht wurde und auch nicht hervorgekommen ist, dass es den Zurechnungspersonen nach ihren geistigen und körperlichen Verhältnissen nicht möglich gewesen wäre, diese Sorgfaltsanforderungen zu erkennen und zu erfüllen, oder dies ihnen unzumutbar gewesen wäre. Vielmehr hat, wie oben bereits ausgeführt, die Beschwerdeverhandlung gezeigt, dass – spätestens seit dem Emittentenleitfaden – ein Problembewusstsein hinsichtlich der hier maßgeblichen Frage vorlag. Dennoch wurden keine Erkundigungen eingeholt. Auch wollte die Gruppe die Tatsache ihrer Beteiligung an der XXXX AG weiterhin der Öffentlichkeit vorenthalten.

Die nach § 142 Abs. 1 Z 1 BörseG 2018 zur Vertretung nach außen berufenen Organen haben damit mangels Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems jedenfalls das sie nach § 142 Abs. 2 BörseG 2018 treffende Überwachungsverschulden (Rohregger/Pechhacker in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR § 108 BörseG, Rz 11) verletzt. Dieses Verhalten kann der juristischen Person zugerechnet werden. Ob eine Zurechnung zusätzlich nach § 142 Abs. 1 BörseG 2018, wie die FMA dies gemacht hat, möglich ist, oder ob es sich dabei wie bei Verwendung des Worts „beziehungsweise“ um einen unzulässigen Alternativvorwurf (VwGH 13.12.2019, Ra 2019/02/0011) handelt, ist damit nicht weiter zu überprüfen. Vielmehr war der Spruch entsprechend abzuändern.

IV.2.5 Verjährung

Der BF bringt ferner vor, er sei nicht zu bestrafen, weil zwischenzeitig Verjährung eingetreten sei. Einerseits handle es sich bei der falschen Meldung um ein Begehungsdelikt, sodass ausgehend vom Tatzeitpunkt, dem XXXX , Strafbarkeitsverjährung eingetreten sei. Es liege nämlich keine unterlassene, sondern eine unrichtige Meldung vor. Auch dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Bei Begehungsdelikten wird ein bestimmtes Tun mit Strafe bedroht. Bei Dauerdelikten, bei denen zur Verwirklichung des Tatbildes nicht nur die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes, sondern auch dessen Aufrechterhaltung erforderlich ist, beginnt die Frist in jenem Zeitpunkt, in dem das Verhalten aufgehört hat (Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 31, Rz 10). Verstöße gegen Meldepflichten sind als Dauerdelikte zu qualifizieren (VwGH 30.01.2015, 2011/17/0267; Rohregger/Pechhacker in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR § 107 BörseG, Rz 15). Nach dem Zweck der in Rede stehenden Gebotsnorm ist die Erstattung der Meldung nach § 130 BörseG 2018 nach Ablauf der für sie zur Verfügung stehenden Frist nicht obsolet, sodass hier ein Fall vorliegt, in dem auch die fortgesetzte Unterlassung der Erstattung der Meldung unter Strafe steht. Es handelt sich damit um ein Unterlassungsdelikt (Lins/N. Raschauer in Gruber, BörseG 2018/MAR I § 141, Rz 23) in der Form eines Dauerdelikts.

Auch der Verweis des BF in der Beschwerde auf § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG und dem dazu ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 25.06.2013, 2012/08/0300, überzeugt nicht. Anders als § 141 BörseG 2018 bestraft § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG eine nicht, falsch oder nicht rechtzeitig erstattete Anmeldung zur Pflichtversicherung. § 141 BörseG 2018 pönalisiert demgegenüber nur die nicht erfolgte oder nicht rechtzeitige Erfüllung (unter anderem) der Beteiligungspublizität. Nur bei Erstattung einer falschen Meldung geht der Verwaltungsgerichtshof aber in dem vom BF zitierten Erkenntnis von einem Begehungsdelikt und einem Beginn der Verjährungsfrist mit Einlangen der falschen Meldung aus. Bei den anderen Tatformen geht der Verwaltungsgerichtshof dagegen ebenfalls von einem Unterlassungsdelikt aus, zumal auch die Handlungspflicht weiterhin besteht.

Auch hier bestand weiterhin eine Handlungspflicht, die Anteile in den Spezialfonds zu melden, sodass ein Unterlassungsdelikt in der Form eines Dauerdelikts vorliegt. Die Strafbarkeitsverjährung beginnt damit erst mit Beendigung der Unterlassung, hier also mit XXXX . Die dreijährige Strafbarkeitsverjährung des § 31 Abs. 2 VStG endet damit (selbst unter Ausklammerung der Verlängerung der Frist durch § 2 Z 2 COVID-19-VwBG) frühestens am XXXX .

Der BF geht im Fall eines Dauerdelikts davon aus, es sei mittlerweile Verfolgungsverjährung eingetreten. Die Verfolgungsverjährungsfrist beträgt gemäß § 22 Abs. 7 FMABG 18 Monate. Unter Berücksichtigung des gemäß § 2 Z 2 COVID-19-VwBG nicht einzurechnenden Zeitraum endete die Verfolgungsverjährungsfrist damit, wie der BF richtig ausführt, am XXXX . Die Verfolgungsverjährung tritt nicht ein, wenn bis dahin eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG erfolgt ist.

Dazu führt der BF aus, die Aufforderung zur Rechtfertigung, die selbst nach seinem Vorbringen innerhalb dieser Frist dem BF zugestellt worden sei, stelle keine taugliche Verfolgungshandlung dar. Andere Handlungen, die als Verfolgungshandlungen in Betracht kämen, seien innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt worden. Die Aufforderung zur Rechtfertigung sei untauglich, weil sie unvollständig und in sich widersprüchlich sei. Es gehe aus der Aufforderung zur Rechtfertigung nicht hervor, aufgrund welcher Umstände überhaupt eine Meldeverpflichtung bestanden haben sollte. Das bloße Halten begründe keine Meldeverpflichtung, sondern allein der Erwerb oder die Veräußerung von Aktien. Welcher Erwerbs- oder Veräußerungsvorgang eine Meldeverpflichtung auslösen solle, sei der Aufforderung nicht zu entnehmen. Ebenfalls gehe daraus nicht hervor, welchen Prozentsatz der Aktien der BF vorher gehalten habe sollte, zumal nur das Erreichen, Unterschreiten oder Überschreiten einer Meldeschwelle die Meldepflicht auslöse. Unklar sei auch der Beginn des Tatzeitraums, zumal die vom Gesetz eingeräumte Frist von zwei Handelstagen von der FMA nicht beachtet worden sei. Außerdem sei der Vorwurf der Tatbegehung denkunmöglich, zumal die FMA ausgeführt habe, die Vorstandsmitglieder hätten selbst gegen die Verpflichtungen verstoßen und durch mangelnde Überwachung und Kontrolle die Begehung der angeführten Verstöße durch eine für den BF tätige Person ermöglicht. Beides gleichzeitig sei aber denkunmöglich.

Um eine taugliche Verfolgungshandlung zu begründen, muss darin nach dem Verwaltungsgerichtshof die der beschuldigten Person vorgeworfene Tat (lediglich) unverwechselbar konkretisiert sein, damit diese in die Lage versetzt wird, dem Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit ihr Rechtsschutzinteresse zu wahren. Die Tatumschreibung hat so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist (VwGH 30.04.2021, Ra 2020/05/0043). Er muss in die Lage versetzt werden, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen (VwGH 30.04.2021, Ra 2020/05/0179).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist vor dem Hintergrund des Akteninhalts nicht zu sehen, dass die Verfolgungshandlung untauglich wäre. Richtig ist zwar, dass § 130 Abs. 1 BörseG 2018 eine Meldepflicht an einem Erwerbs- oder Veräußerungsvorgang anknüpft und ein solcher in der Aufforderung zur Rechtfertigung nicht enthalten ist, allerdings ist der BF dadurch weder in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt noch der Gefahr eine Doppelbestrafung ausgesetzt. So war dem BF von Anfang an klar, um welchen Veräußerungsvorgang es sich handelt, zumal er darauf bereits in seiner Rechtfertigung Bezug nahm und auch konkret dazu Beweismittel angeboten hat. Zudem ist eine Meldepflicht vom Gesetz nicht nur im Fall von Erwerbs- oder Veräußerungsvorgängen vorgesehen, sondern gemäß § 130 Abs. 2 BörseG 2018 auch dann, wenn sich der Anteil an den Stimmrechten infolge von anderen Ereignissen ändert.

Es ist richtig, dass in der Aufforderung zur Rechtfertigung nicht explizit festgehalten ist, welchen Prozentsatz der BF vorher gehalten hat. Die FMA führte jedoch in ihrer Aufforderung zur Rechtfertigung zweimal aus, dass die Meldeschwelle von 10% (als auch 15%) unterschritten wurde. Daraus ergibt sich klar und eindeutig, dass der vom BF gehaltene Anteil davor über dieser Schwelle gelegen sein muss. Es ergibt sich auch klar, welche melderelevante Schwelle unterschritten wurde, was im Hinblick auf das Tatbild ausreicht. Die Angaben zum Tatzeitraum sind zudem ausreichend, da der BF am XXXX eine Beteiligungsmeldung erstattete. In dieser hätte er auch die hier verfahrensgegenständlichen Anteile melden müssen. Der Tatzeitraum ist daher nicht zu verkürzen. Der BF erhob weiters den Einwand, dass der von der FMA erhobene Tatvorwurf denkunmöglich sei, wonach die Vorstandsmitglieder selbst gegen die Verpflichtungen verstoßen hätten und – gleichzeitig – durch mangelnde Überwachung und Kontrolle durch eine für den BF tätige Person ermöglicht hätten. Zu dieser vom BF kritisierten Formulierung des Tatvorwurfs, die tatsächlich einen unzulässigen Alternativvorwurf (VwGH 13.12.2019, Ro 2019/02/0011, Rz 18) enthält, ist anzumerken, dass der BF dadurch gleichwohl weder in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt noch der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist. Auch wurde aufgrund dieser Erwägungen der Spruch durch das Bundesverwaltungsgericht präzisiert.

Der BF bringt zudem auch vor, die Verfolgungshandlung individualisiere die Zurechnungspersonen nicht ausreichend. Auch diesem Einwand kann vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 13.12.2019, Ro 2019/02/0012) nicht gefolgt werden, zumal der Aufforderung zur Rechtfertigung (wie auch dem Straferkenntnis) ein Firmenbuchauszug beigeschlossen war, der auch zum integrierten Bestandteil erklärt wurde. Außerdem ist im konkreten Verfahren auch der BF stets klar gewesen, über welche Vorstandsmitglieder die Zurechnung (jedenfalls) erfolgen könne. So wurde die Aufforderung zur Rechtfertigung auch an Mag.a XXXX , die dem gesamten Tatzeitraum über im Vorstand war, zugestellt. Die Stellungnahme ON 49 wurde ausdrücklich auch in ihrem Namen erhoben und sie wurde auch dem Beschwerdeverfahren beigezogen. Die von der FMA gesetzte Verfolgungshandlung ist damit tauglich im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG. Die Verfolgungsverjährung ist somit nicht eingetreten.

IV.2.6 Ergebnis

§ 130 Abs. 1 BörseG 2018 ist damit sowohl objektiv als auch subjektiv erfüllt und das Handeln kann der juristischen Person jedenfalls über Mag.a XXXX auch zugerechnet werden. Die Bestrafung erfolgte damit grundsätzlich rechtmäßig. Der BF bringt für diesen Fall vor, die Bestrafung erweise sich als rechtswidrig, da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z 4 vorliegen würden.

IV.2.7 Keine Ermahnung möglich

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG kann die Behörde den Beschuldigten, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten, unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Diese Umstände müssen kumulativ vorliegen (VwGH 25.04.2019, Ra 2018/09/0209).

Bei der Bedeutung des strafrechtlich geschütztes Gutes kommt es auf die abstrakte Bedeutung desselben an. Wenn das geschützte Rechtsgut (besonders) bedeutsam ist, scheidet daher eine Einstellung oder eine Ermahnung aus, mag es auch im konkreten Fall kaum beeinträchtigt sein. Selbst wenn also der schädigende Erfolg im Wesentlichen ausgeblieben ist, kann – selbst bei geringem Verschulden – die Z 4 nicht angewendet werden, wenn das geschützte Rechtsgut abstrakt (besonders) bedeutsam ist (VwGH 18.12.2018, Ra 2016/04/0148; Kneihs in Raschauer/Wessely, VStG², § 45 Rz 8). Die hier geschützten Interessen (Anlegerschutz, Transparenz, Markteffizienz beziehungsweise die Funktion des Kapitalmarkts) zählen zwar, wie der BF zu Recht ausführt, nicht zu den höchstwertigen Gütern, wie etwa Leib und Leben, trotzdem besteht eine abstrakt hohe Bedeutung am Funktionieren des Kapitalmarkts, sodass bereits daran die Erteilung einer Ermahnung scheitern muss. Zudem kann nicht von einem geringen Verschulden gesprochen werden. Die dem BF zurechenbaren Personen haben trotz Kenntnis der gegenteiligen Rechtsmeinung der FMA keine Erkundigungen bei der zuständigen Behörde eingeholt. Nach Auffassung des erkennenden Senats kann damit keinesfalls von einem geringen Verschulden ausgegangen werden.

IV.2.8 Zum Spruch der FMA

Der BF bringt schließlich vor, der Spruch sei mangelhaft, und begründet dies im Wesentlichen mit der angeblichen Untauglichkeit der Verfolgungshandlung. Diesbezüglich kann auf die obigen Ausführungen im gegenständlichen Erkenntnis (siehe Pkt. IV.2.5., im Besonderen Seite 39f) verwiesen werden. Auch wenn aus den dort genannten Gründen die Verfolgungshandlung zwar nicht untauglich und daher der Spruch auch nicht grundsätzlich rechtswidrig ist, war der Spruch aufgrund dieser Einwendungen durch das Bundesverwaltungsgericht zu präzisieren beziehungsweise richtig zu stellen. Dazu ist das Verwaltungsgericht, solange es zu keinem Austausch der Tat kommt nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet (VwGH 14.09.2021, Ra 2021/09/0172). Der Tatzeitraum war nicht zu verkürzen, da der BF am XXXX eine Beteiligungsmeldung erstattete. Auch wenn § 130 Abs. 1 BörseG 2018 grundsätzlich eine Frist von zwei Handelstagen zur Erstattung der Meldung vorsieht, hätte die BF die verabsäumte Meldung zeitgleich mit der tatsächlich erfolgten Meldung machen müssen, da sie unverzüglich dazu in der Lage war (siehe dazu Edelmann/Winner in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR § 130 BörseG, Rz 88).

IV.2.9 Strafzumessung

Zuletzt führt der BF aus, die Strafzumessung sei nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt. Sie sei willkürlich, unangemessen hoch und habe wesentliche Milderungsgründe außer Acht gelassen, dafür allerdings Erschwerungsgründe unrichtigerweise berücksichtigt.

Bevor auf diese Fragen eingegangen werden kann, ist zunächst zu klären, welcher Strafrahmen überhaupt zur Anwendung kommt. § 142 Abs. 3 BörseG 2018 sieht vor, dass die Geldstrafe „bis zu zehn Millionen Euro oder 5 vH des jährlichen Gesamtnettoumsatzes gemäß § 109 oder bis zu dem Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen Nutzens, soweit sich dieser beziffern lässt“ beträgt. Im Gegensatz zu § 141 BörseG 2018 ist in § 142 Abs. 3 BörseG 2018 nicht geregelt, welcher dieser Beträge (der höchste, der niedrigste oder der mittlere) zur Anwendung zu kommen hat. Im Wege einer unionsrechtskonformen Interpretation ist jedoch auch hier davon auszugehen, dass der höchste Betrag heranzuziehen ist, da dies Art. 28b Abs. 1 lit c TransparenzRL vorsieht.

Fraglich ist auch noch, wie der jährliche Gesamtnettoumsatz zu berechnen ist und welcher Umsatz zur Bestrafung heranzuziehen ist (der letzte verfügbare, der letzte verfügbare vor dem erstinstanzlichen Straferkenntnis oder der im Tatzeitraum). Zur Berechnung verweist § 142 Abs. 3 BörseG 2018 selbst auf § 109 BörseG. Dagegen regelt § 143 BörseG 2018 wie der „jährliche Gesamtnettoumsatz gemäß § 142 Abs. 3“ zu berechnen ist. Bei der Nennung des § 109 BörseG 2018 in § 142 Abs. 3 BörseG 2018 handelt es sich allerdings offenkundig um ein Redaktionsversehen. Ausweislich der Materialien (ErläutRV 1661 BlgNR, 25. GP , 19) sollte § 142 BörseG 2018 dem § 95b Abs. 1 bis 3 BörseG alt und § 143 BörseG 2018 dem § 95b Abs. 4 und 5 BörseG alt entsprechen. § 95b Abs. 4 BörseG alt hat auch denselben Wortlaut wie § 142 Abs. 3 BörseG 2018. § 109 BörseG 2018 wurde dagegen neu eingefügt (ErläutRV 1661 BlgNR, 25. GP , 17). § 142 Abs. 3 BörseG 2018 ist daher so zu lesen, dass er auf § 143 BörseG 2018 und nicht auf § 109 BörseG 2018 verweist.

§ 143 BörseG 2018 sieht unterschiedliche Berechnungsarten für Kreditinstitute, für Tochtergesellschaften und für sonstige juristische Personen vor. Der BF als Muttergesellschaft fiele daher unter die Berechnungsart für sonstige juristische Personen, da er weder Kreditinstitut noch Tochtergesellschaft ist. Art. 28b Abs. 1 lit c sublit i erster Gedankenstrich TransparenzRL sieht dagegen für Muttergesellschaften und für Tochtergesellschaften dieselbe Berechnungsart vor. Auch für § 143 BörseG 2018 ist im Sinne einer unionsrechtskonformen Auslegung davon auszugehen, dass für Mutter- und Tochtergesellschaften dieselben Berechnungsregeln gelten. Demzufolge ist auf den jährlichen Gesamtnettoumsatz abzustellen, der im vorangegangenen Geschäftsjahr im konsolidierten Abschluss der Muttergesellschaft an der Spitze der Gruppe ausgewiesen ist.

Zu klären ist noch, welcher Jahresabschluss zur Berechnung heranzuziehen ist, zumal auch das gesetzlich nicht klar geregelt ist. § 143 BörseG 2018 spricht nur vom vorangegangen Geschäftsjahr, Art. 28b Abs. 1 lit c sublit i erster Gedankenstrich TransparenzRL vom letzten verfügbaren. Dem Sinn und Zweck einer gegen ein Unternehmen zu verhängenden Geldstrafe kann jedoch nur entsprochen werden, wenn die Strafhöhe – vergleichbar mit der Berücksichtigung der jeweils zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Einkommens- und Vermögenslage einer natürlichen Person – entsprechend aktueller Daten über die wirtschaftliche Kraft des Unternehmens festgesetzt wird, um eine angemessen pönalisierende, aber auch verhältnismäßige Sanktion zu erreichen. Dem würde aber eine Auslegung nicht gerecht werden, die nicht auf die Verhältnisse zum Entscheidungszeitpunkt, sondern auf die historischen Verhältnisse zum Tatzeitpunkt abstellt.

Beim BF ist daher zur Berechnung der letzte konsolidierte Abschluss, das ist der aus 2020, maßgeblich. Nach der von der FMA angewandten und vom BF nicht bestrittenen Berechnungsmethode beträgt der mögliche Strafrahmen 4 695 188 Euro. Dieser Betrag liegt unter dem Fixbetrag von zehn Millionen Euro, sodass dieser den Strafrahmen darstellt, weil ein erzielter Nutzen aus dem gegenständlichen Verstoß nicht festgestellt werden konnte.

Innerhalb dieses derart bestimmten Strafrahmens ist daher entsprechend den gesetzlichen Grundlagen des § 19 VStG und des § 144 BörseG 2018 die konkrete Strafe zu bemessen. Dabei ist zunächst zu beachten, dass vor allem die Zwecke des Anlegerschutzes wie auch der Markttransparenz nicht unwesentlich beeinträchtigt wurden, zumal der Markt über die Eigentümerstrukturen entgegen der Intention des Gesetzes eben gerade nicht informiert wurde. Die Intensität der Beeinträchtigung der geschützten Rechtsgüter ist daher durchaus hoch anzusetzen. Ebenfalls ist der lange Tatzeitraum zu beachten sowie der Umstand, dass es dem BF gerade darauf ankam, die fraglichen Beteiligungen nicht zu melden, obwohl ihm die gegenteilige Ansicht der FMA bekannt sein musste. Ebenfalls zu berücksichtigen war die Bedeutung des Titels für den Finanzplatz Österreich. Mildernd ist demgegenüber zu berücksichtigen, dass der BF umfassend mit der FMA kooperiert hat, seine Unbescholtenheit, sowie das Begehen der Tat in einem die Schuld nicht ausschließendem Rechtsirrtum (§ 34 Abs. 1 Z 12 StGB), zumal die Rechtsauffassung vom BF zumindest vertretbar ist und auch von mehreren Kommentatoren geteilt wird. Der vom BF relevierte Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z 13 StGB (kein Eintritt eines Schadens) kann dagegen nicht mildernd berücksichtigt werden, zumal der Eintritt eines Schadens nicht zum Tatbild gehört.

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen erweist sich die von der FMA verhängte Strafe als tat- und schuldangemessen. Auch der Umstand, dass die FMA im Verfahren nach § 22 Abs. 2b FMABG von einer wesentlichen niedrigeren Strafe ausgegangen ist, macht diese jedenfalls nicht rechtswidrig.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen. Die Verkündung direkt nach der Verhandlung konnte entfallen, zumal der BF darauf verzichtete.

IV.2.10 Kosten

Der Kostenausspruch gründet auf § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist zulässig, da zur hier maßgeblichen Frage, ob § 130 BörseG 2018 in Fällen, in denen die (Mit-)Eigentümer nicht zur Stimmrechtsausübung berechtigt sind, teleologisch zu reduzieren ist, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vorliegt. Der Frage kommt auch über den Einzelfall hinaus erhebliche Bedeutung zu. Gleichfalls fehlt Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Verhältnis von § 109 und § 143 BörseG sowie dazu, welche Berechnungsmethode für Muttergesellschaften anzuwenden ist und welcher Jahresabschluss der Berechnung zugrunde zu legen ist.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte