ASVG §44
ASVG §49
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:L503.2220436.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch die INTERCURA Treuhand- und Revisionsgesellschaft m.b.H., gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 20.05.2019, GZ.: XXXX , zu Recht erkannt:
A.) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 20.5.2019 sprach die (damalige) Salzburger Gebietskrankenkasse (im Folgenden kurz: SGKK) aus, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin, die L. Austria GmbH (im Folgenden kurz: „BF“) als Dienstgeberin verpflichtet sei, die von der SGKK mit Beitragsabrechnung vom 20.11.2018 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von € 10.013,23 an die SGKK zu entrichten.
Begründend wurde ausgeführt, dass den Dienstnehmern von der BF für die jeweiligen Saisonen Dienstkleidung ausgehändigt worden sei. Die Dienstkleidung für Frauen habe aus Hosen, Jacken, Blusen, Schuhen, Halstüchern, Schmuck und Umhängetaschen bestanden. Die Dienstkleidung der Männer habe aus Hosen, Hemden, Polos, Cardigans, Krawatten, Schuhen und Gürtel bestanden. Für die Pflege der Kleidung seien die Dienstnehmer zuständig gewesen, für deren Kontrolle die Chefin bzw. der Chef. Die Dienstkleidung habe an allen Tagen getragen werden müssen. Aufgrund der genauen Ausgabe an Stückzahlen sei eine Privatnutzung der Dienstkleidung strengstens untersagt gewesen. Im Zuge der durchgeführten GPLA habe die SGKK festgestellt, dass der Wert der zur Verfügung gestellten Arbeitskleidung und Reinigung derselben von der Dienstgeberin nicht als Entgelt im Sinne des § 49 Abs 1 und 2 ASVG eingestuft worden sei und den Dienstnehmern beitragsfrei zugekommen sei.
Der Wert der Arbeitskleidung und Reinigung derselben zähle jedoch nur dann nicht als Entgelt im Sinne des § 49 Abs 1 und 2 ASVG, wenn es sich um eine typische Berufskleidung handle. Werde als Arbeitskleidung sogenannte bürgerliche Kleidung, wie dies gegenständlich der Fall sei, überlassen, also Kleidung, wie sie auch außerhalb der Berufssphäre getragen werde, so werde diese Kleidung auch dann nicht zur typischen Berufskleidung, wenn sie nur in Ausübung des Berufes getragen werde. Im gegenständlichen Fall fehle es am Merkmal einer typischen Berufskleidung, sondern sei die Kleidung als „bürgerliche Kleidung“ anzusehen. Es sei daher eine – näher dargelegte - Nachverrechnung erfolgt.
2. Gegen diesen Bescheid der SGKK hat die Rechtsvertretung der BF mit Schriftsatz vom 5.6.2019 fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde ausgeführt, dass das Erscheinungsbild der Mitarbeiter der BF ein wesentlicher Erfolgsfaktor sei. Dementsprechend gebe es seitens der Konzernzentrale im Sinne einer corporate identity sehr strenge und klar definierte Anforderungen an das Erscheinungsbild der Mitarbeiter. Um ein weltweit einheitliches Erscheinungsbild zu garantieren, werde den Dienstnehmern eine verpflichtend zu tragende Einheitsuniform ausschließlich zur Dienstverrichtung zur Verfügung gestellt. Die zur Verfügung gestellte Kleidung habe jedenfalls Uniformcharakter, da diese von der Zielgruppe des Unternehmens aufgrund der weltweiten Einheitlichkeit der Marke dem Unternehmen zugeordnet werden könne. Abgesehen davon, dass eine private Nutzung strengstens verboten sei und es auch verpflichtend sei, die Dienstkleidung vor Ort im Spind aufzubewahren, mache vor allem das Aushändigen einer nur für die Dienstverrichtung ausreichenden Stückzahl an Bekleidungsstücken eine faktische Privatnutzung unmöglich. Der Glaubhaftmachung einer ausschließlich beruflichen Nutzung sei daher mehr als genüge getan. Es könne daher zu keiner Hinzurechnung eines Sachbezuges kommen.
3. Am 25.6.2019 legte die SGKK den Akt dem BVwG vor, wies ergänzend darauf hin, dass auch durch die Wiener Gebietskrankenkasse ein gleichlautender Bescheid erlassen worden sei und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Im Betrieb der BF wurde eine GPLA für den Beitragszeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2017 durchgeführt.
Die BF hat ihren Dienstnehmern im verfahrensrelevanten Zeitraum Dienstkleidung unentgeltlich überlassen.
Die Dienstkleidung für Frauen bestand aus schwarzen Hosen, schwarzen Jacken, schwarzen Blusen, Schuhen, Halstüchern, Schmuck und kleinen Umhängetaschen.
Die Dienstkleidung für Männer bestand aus Hosen, Hemden, Polos, Cardigans, Krawatten, Schuhen und Gürtel.
Die Dienstkleidung verblieb im Eigentum der BF. Für die Pflege der Kleidung waren die Dienstnehmer zuständig. Die Kleidung hatte stets sauber und in gutem Zustand zu sein. Die Dienstnehmer hatten die Dienstkleidung an allen Tagen, auch an Liefer- oder Dekorationstagen, zu tragen. Nach Arbeitsende war die Dienstkleidung im Spind zu hinterlegen. Eine Privatnutzung der Dienstkleidung war strengstens untersagt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Dienstkleidung ergeben sich aus der (im Akt befindlichen) „Richtlinie zur Dienstkleidung“ der BF und sind unstrittig.
Ebenso ist unstrittig, dass eine Privatnutzung der Dienstkleidung nicht erfolgte.
Der Sachverhalt ist im vorliegenden Fall unstrittig. Es handelt sich daher um eine reine Beurteilung einer Rechtsfrage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich entscheidet das Bundesverwaltungsgericht mangels anderer Regelung somit durch Einzelrichter.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Rechtliche Grundlagen im ASVG bzw. EStG und diesbezügliche Rechtsprechung
3.2.1 Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG ist die Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte grundsätzlich der Arbeitsverdienst, als der bei den pflichtversicherten Dienstnehmern das Entgelt im Sinne des § 49 ASVG gilt.
Unter Entgelt sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält (§ 49 Abs. 1 ASVG).
Nicht als Entgelt gelten gemäß § 49 Abs. 3 Z 5 ASVG der Wert der Reinigung der Arbeitskleidung sowie der Wert der unentgeltlich überlassenen Arbeitskleidung, wenn es sich um typische Berufskleidung handelt.
Nach § 26 Z 1 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) gehört der Wert der unentgeltlich überlassenen Arbeitskleidung und der Reinigung der Arbeitskleidung, wenn es sich um typische Berufskleidung handelt (z.B. Uniformen), nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
3.2.2. Nach der zu der genannten einkommensteuerrechtlichen Bestimmung, die inhaltlich mit § 49 Abs. 3 Z 5 ASVG übereinstimmt, ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die insoweit auf diese Norm übertragbar ist (vgl. Teschner/Widlar, Anmerkung 9 zu § 49 ASVG), ist unter einer typischen Berufskleidung eine Arbeitskleidung mit allgemein erkennbarem, eine private Nutzung praktisch ausschließendem Uniformcharakter bzw. eine für die Nutzung im Rahmen der privaten Lebensführung ungeeignete Uniform zu verstehen (vgl. die Erkenntnisse vom 21. Dezember 1999, Zl. 99/14/0262, und vom 24. April 1997, Zl. 93/15/0069).
Wird so genannte bürgerliche Kleidung (Zivilanzüge, Straßenkleidung) als Arbeitskleidung getragen, handelt es sich selbst dann nicht um typische Berufskleidung, wenn solche Kleidungsstücke ausschließlich bei der Berufsausübung getragen werden oder wenn bei der Berufsausübung eine bestimmte bürgerliche Kleidung zwingend getragen werden muss (vgl. Blume in Sonntag (Hrsg), ASVG (2020), § 49 Rz 117ff sowie das Erkenntnis vom 28. November 2001, Zl. 96/13/0210, mit weiteren Judikaturnachweisen). So handelt es sich bei einem als Arbeitskleidung einem Orchestermitglied überlassenen schwarzen Anzug nicht um typische Berufskleidung (vgl. das Erkenntnis vom 11. April 1984, Zl. 83/13/0048).
3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:
Im konkreten Fall wurde von den Dienstnehmern der BF im verfahrensrelevanten Zeitraum während der Arbeitszeit von der BF unentgeltlich überlassene Dienstkleidung getragen. Hierbei handelte es sich bei den Frauen um schwarze Hosen, schwarze Jacken, schwarze Blusen, Schuhe, Halstücher, Schmuck und kleine Umhängetaschen und bei den Männern um Hosen, Hemden, Polos, Cardigans, Krawatten, Schuhe und Gürtel. Bei dieser Kleidung handelt es sich um Kleidung, wie sie auch außerhalb der Berufssphäre getragen wird.
Im Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass sich die den Dienstnehmern überlassene Dienstkleidung nicht für eine Nutzung im Rahmen der privaten Lebensführung geeignet hätte bzw. dass diese Merkmale aufgewiesen hätte, wonach sie allgemein erkennbaren, eine private Nutzung praktisch ausschließenden Uniformcharakter gehabt hätte. Hat die Bekleidung aber solche Besonderheiten nicht aufgewiesen, ist sie als „bürgerliche Kleidung“ anzusehen, der es dann aber, selbst wenn sie als Arbeitskleidung getragen wird, mangels Zuordenbarkeit sowohl der Kleidung als auch des Trägers der Kleidung zu einem bestimmten Unternehmen oder zu einer bestimmten Berufsgruppe am Merkmal des für eine Berufskleidung „Typischen“ fehlt. Durch das Fehlen solcher Besonderheiten unterschied sich die in Rede stehende Kleidung jedoch nicht von vergleichbarer allgemein verwendbarer Kleidung (vgl. VwGH vom 05.06.2002, Zl. 99/08/0166).
Zumal es sich gegenständlich sohin nicht um eine typische Berufskleidung handelte, war die Voraussetzung für die Anwendung des § 49 Abs. 3 Z 5 ASVG nicht erfüllt und hat die belangte Behörde zu Recht den Wert der unentgeltlich überlassenen Dienstkleidung und Reinigung derselben als Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 und 2 ASVG gewertet.
Festzuhalten ist, dass sich die Beschwerde lediglich dem Grunde nach gegen die Nachverrechnung der Beiträge, nicht jedoch gegen die Höhe der vorgeschriebenen Beiträge, wendet.
Zum Vorbringen in der Beschwerde, wonach die Aussetzung des Beschwerdeverfahrens bis zur Erledigung des entsprechenden Verfahrens beim Finanzamt bzw. durch das Bundesfinanzgericht Wien beantragt wird, ist wie folgt auszuführen:
Gemäß § 38 AVG iVm § 17 VwGVG ist die Behörde berechtigt, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
Im gegenständlichen Fall hat die BF die beantragte Aussetzung nicht substantiiert begründet und wurde nicht dargelegt, inwiefern die verfahrensgegenständliche Entscheidung von einer durch das Bundesfinanzgericht Wien zu lösenden Vorfrage abhängig ist. Lediglich der Ordnung halber wird darauf hingewiesen, dass eine grundsätzliche Bindung des Bundesverwaltungsgerichts an Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichts nicht normiert ist (zu der sehr engen Grenze einer allfälligen Bindung vgl. z.B. BVwG vom 23.06.2015, Zl. G302 2004542-1; BVwG vom 26.08.2014, Zl. W178 2003948-1).
3.4. Folglich ist die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 49 Abs 3 Z 5 ASVG. Die gegenständliche Entscheidung weicht daher weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.
Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:
Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.
Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen.
Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art 6 EMRK für Art 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 21.02.2014, B1446/2012; 27.06.2013, B823/2012; 14.03.2012, U466/11; VwGH 24.01.2013, 2012/21/0224; 23.01.2013, 2010/15/0196).
Im gegenständlichen Fall ergab sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten war. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erweist sich aufgrund der Aktenlage als geklärt; strittig war nur die rechtliche Beurteilung des unstrittigen Sachverhalts.
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