AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:W210.2193407.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Anke SEMBACHER über die Beschwerde der mj. XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.02.2019 und 17.04.2019 zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 und 4 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.
II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Die minderjährige (mj.) Beschwerdeführerin reiste gemeinsam mit ihren Eltern XXXX (W210 2193408-1) und XXXX (W210 2193406-1) in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 01.08.2015, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der mj. Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der mj. Beschwerdeführerin nicht erteilt (Spruchpunkt III) und gegen die mj. Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung der mj. Beschwerdeführerin nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
3. Gegen diesen Bescheid erhob die mj. Beschwerdeführerin, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, diese damals vertreten durch einen amtswegig beigegebenen Rechtsberater, vollinhaltliche Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde und den Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
4. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.02.2019 und 17.04.2019 wurde der Beschwerde der Mutter der mj.
Beschwerdeführerin mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tage, GZ: W210 2193408-1/39E, stattgegeben und ihr gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt sowie gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist am XXXX im Iran geboren, ist somit im Entscheidungszeitpunkt minderjährig, führt den im Spruch angeführten Namen und ist Staatsangehörige Afghanistans.
Die mj. Beschwerdeführerin stellte am 01.08.2015, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zeitpunkt der Antragstellung war die mj. Beschwerdeführerin ledig.
Der Mutter der mj. Beschwerdeführerin wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tage, GZ: W210 2193408-1/39E, gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt sowie gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Im Falle der Mutter der mj. Beschwerdeführerin ist kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig.
Die Beschwerdeführerin ist aufgrund ihrer Minderjährigkeit strafunmündig und daher in Österreich strafrechtlich unbescholten.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verfahrensakt der mj. Beschwerdeführerin und jenem ihrer Mutter (W210 2193408-1).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und Allgemeines:
Beschwerdegegenstand ist der Bescheid vom XXXX . Die dagegen erhobene Beschwerde erweist sich als rechtzeitig und zulässig. Sie ist auch begründet:
3.2. Zu Spruchpunkt A) - Stattgabe der Beschwerde:
Im vorliegenden Fall wurde der Mutter der mj. Beschwerdeführerin mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tage, GZ: W210 2193408-1/39E, gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass dieser damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Es liegt in Bezug auf die Mutter der mj. Beschwerdeführerin keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe vor.
Gemäß § 34 Abs. 2 iVm Abs. 5 AsylG 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7 AsylG 2005).
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat.
Die minderjährige und ledige Beschwerdeführerin ist die Tochter von XXXX (W210 2193408-1). Somit ist die mj. Beschwerdeführerin als Familienangehörige iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 zu betrachten.
Die mj. Beschwerdeführerin ist strafunmündig. Gegen die Mutter der mj. Beschwerdeführerin ist kein Asylaberkennungsverfahren anhängig.
Der mj. Beschwerdeführerin ist daher gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 der gleiche Schutzumfang, dh. der Status der Asylberechtigten nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005, zuzuerkennen, ohne dass allfällige eigene Fluchtgründe zu beurteilen waren (vgl. VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418).
Der Beschwerde ist daher stattzugeben und der mj. Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 1 und 4 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der Antrag der mj. Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz (wie auch jener ihrer Mutter) am 01.08.2015 und sohin noch vor dem 15.11.2015 gestellt wurde, weshalb gemäß § 75 Abs. 24 AsylG die §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG idF des Bundesgesetzes BGBl. I 24/2016 ("Asyl auf Zeit") im konkreten Fall nicht anzuwenden sind. Der Beschwerdeführerin kommt daher ein dauerndes Einreise- und Aufenthaltsrecht zu.
3.3. Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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