BVwG W165 2121638-3

BVwGW165 2121638-331.1.2019

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:W165.2121638.3.00

 

Spruch:

W165 2121638-3/4E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.11.2018, Zl. 1078293610/170947625, zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

Der Beschwerdeführer (in Folge: BF), ein Staatsangehöriger aus Somalia, stellte erstmalig am 17.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

 

Den vorliegenden EURODAC-Treffermeldungen zufolge hatte der BF zuvor bereits am 04.06.2011 in Italien und am 07.02.2013 in Schweden um Asyl angesucht.

 

Im Verlauf seiner polizeilichen Erstbefragung vom 18.07.2015 brachte der BF vor, über Italien in die EU eingereist zu sein. Hinsichtlich seines Gesundheitszustandes und seiner familiären Verhältnisse führte er aus, an keinerlei Krankheiten oder gesundheitlichen Beschwerden zu leiden und in Österreich seine Ehefrau zu haben, mit der er traditionell verheiratet sei.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) richtete am 21.07.2015 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Italien sowie ein auf Art. 34 Dublin III-VO gestütztes Informationsersuchen an Schweden.

 

Mit Schreiben an das BFA vom 05.08.2015 lehnte die italienische Dublin-Behörde eine Rückübernahme des BF auf der Grundlage der Dublin-VO mit dem Hinweis auf dessen in Italien erhaltenen Status eines subsidiär Schutzberechtigten ab. Dem BF sei eine bis 18.05.2019 aufrechte Aufenthaltserlaubnis in Italien erteilt worden.

 

Mit Schreiben vom 19.08.2015 teilte die schwedische Dublin-Behörde dem BFA mit, dass aufgrund des in Italien gestellten Asylantrages des BF beabsichtigt gewesen sei, den BF am 16.05.2013 auf der Grundlage der Dublin III-VO nach Italien rückzuüberstellen, der BF jedoch untergetaucht sei. Am 19.08.2015 sei die Information aus Italien eingetroffen, dass dem BF dort bereits subsidiärer Schutz gewährt worden sei und diesem bis 18.05.2019 eine Aufenthaltsberechtigung in Italien zukomme.

 

Am 17.09.2015 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA im Beisein einer Rechtsberaterin nach durchgeführter Rechtsberatung statt. Hierbei gab der BF zu Protokoll, dass er gesund sei und im österreichischen Bundesgebiet seine Ehefrau lebe. Er sei mit seiner Frau seit ca. 5 1/2 Jahren verheiratet, die Ehe sei traditionell geschlossen worden. Sie würden keine Kinder haben und bestehe seit fünfeinhalb Jahren keine Haushaltsgemeinschaft mehr. Über Vorhalt der Zuständigkeit Italiens gab der BF an, dass er lieber mit seiner Frau in Österreich verbleiben wolle. "Hätte er in Italien ein Leben gehabt", hätte er seine Frau sogar zu sich geholt, jedoch sei er in Italien auf der Straße gewesen. Er könne mit seiner Frau nicht auf der Straße leben, sodass er sich entschieden habe, nach Österreich zu reisen.

 

Die als Ehegattin bezeichnete Partnerin des BF stellte in Österreich am 19.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des BFA vom 23.09.2015 wurden dieser subsidiärer Schutz und eine befristete Aufenthaltsberechtigung zuerkannt. Der gegen die Abweisung des Antrages hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten erhobenen Beschwerde wurde - nach zwischenzeitiger Einstellung des Verfahrens wegen unbekannten Aufenthalts - stattgegeben und dieser mit hg. Erkenntnis vom 12.09.2017, W142 2115227-1/17E, der Status einer Asylberechtigten zuerkannt.

 

Mit Bescheid des BFA vom 26.01.2016 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der BF nach Italien zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

 

Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.08.2016, Zl. W205 2121638-1/6E, gemäß den §§ 4a, 10 Abs. 1 Z 1, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

 

Am 21.11.2016 wurde die gemeinsame Tochter des BF mit seiner Partnerin im österreichischen Bundesgebiet geboren. Nach Asylantragstellung erhielt die Tochter denselben Schutzstatus (Asylberechtigung) wie ihre Mutter.

 

Am 05.01.2017 brachte der BF einen zweiten Asylantrag in Österreich ein. Anlässlich seiner polizeilichen Erstbefragung am selben Tag gab der BF an, der Befragung ohne gesundheitliche Probleme folgen zu können. Er habe sich durchgehend in Österreich aufgehalten und stelle nunmehr erneut einen Asylantrag, da er hier seine Frau und seine Tochter habe und mit ihnen zusammenbleiben wolle.

 

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 01.03.2017 gab der BF an, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. In Österreich würden seine schutzberechtigte Frau sowie sein Kind leben. Er habe seine Frau in Somalia am 15.06.2010 nach islamischem Recht geheiratet. Auch wenn kein gemeinsamer Haushalt in Österreich bestehe, würde er jeden Tag mit seiner Frau und seinem Kind zusammen sein. Er wolle mit ihnen zusammenleben, jedoch sei es schwer, eine Wohnung zu finden. Die 40 Euro, die er erhalte, gebe er seiner Frau. Seine Frau selbst erhalte 740 Euro monatlich. Über Vorhalt der beabsichtigten Überstellung des BF nach Italien verwies der BF erneut auf seine hier lebende Familie. Seine Familie brauche ihn. Er müsse arbeiten und Geld für seine Familie verdienen. Er wolle nicht nach Italien, es gebe dort keine Wohnmöglichkeit. Nach sechs Monaten müsse man das Lager verlassen.

 

Mit Bescheid des BFA vom 04.04.2017 wurde unter Spruchpunkt I. der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der BF nach Italien zurückzubegeben habe. In Spruchpunkt II. wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

 

Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.06.2017, Zl. W175 2121638-2/4E, gemäß §§ 4a, 10 Abs. 1 Z 1, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen. Die dagegen erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 10.10.2017, Ra 2017/19/0308-10, infolge Versäumung der Revisionsfrist als verspätet zurückgewiesen.

 

Am 23.06.2017 wurde der BF auf dem Luftweg nach Italien abgeschoben.

 

In der Folge reiste der BF umgehend erneut illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und brachte am 14.08.2017 den gegenständlichen, dritten Asylantrag in Österreich ein.

 

Anlässlich seiner polizeilichen Erstbefragung am selben Tag gab der BF an, der Befragung ohne gesundheitliche Probleme folgen zu können. Auf Vorhalt, dass sein Verfahren bereits rechtskräftig entschieden worden sei und auf die Frage, was sich seit der Rechtskraft der Entscheidung konkret geändert habe, gab der BF an, dass er bei seiner Frau und Tochter in Österreich bleiben wolle. Er sei am 23.06.2017 nach Italien abgeschoben worden, aber, da er nicht von seiner Familie getrennt sein wollte, einen Tag später nach Österreich zurückgekehrt. Seiner Familie habe die Obdachlosigkeit gedroht, sie sei aus der alten Wohnung hinausgeworfen worden. Nach seiner Rückkehr habe er für seine Familie eine neue Wohnung gefunden, in der sie seit 31.07.2017 gemeinsam leben würden. Seine Familie benötige seine Unterstützung. Seine Frau könne nicht alleine mit seiner Tochter leben. Deshalb stelle er neuerlich einen Asylantrag.

 

Mit Aktenvermerk des BFA vom 05.09.2017 wurde festgehalten, dass dem BF faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 nicht zukomme.

 

Mit Schreiben vom 19.10.2017 gab der Vertreter des BF seine Vollmacht bekannt und führte aus, dass der BF seit 13.10.2017 trotz aller widrigen Umstände ständig mit seiner Familie gemeinsam wohnhaft sei, wie auch die beigelegten Meldezettel zeigen würden. Auch sei der Ehefrau und dem gemeinsamen Kind mittlerweile der Status von Asylberechtigten zuerkannt worden, was eine weitere erhebliche Intensivierung des Familienlebens des BF in Österreich bedeuten würde. Eine Abschiebung des BF sei somit unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK nicht mehr zulässig.

 

Mit Mandatsbescheid vom 27.10.2017 wurde dem BF gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen, dem Bund die Kosten der Durchsetzung der gegen ihn gesetzten aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie die entstandenen Dolmetschkosten in der Höhe von insgesamt €

3.355,34 zu ersetzen.

 

Am 12.11.2017 wurde der BF in Schubhaft genommen und am 14.11.2017 auf dem Luftweg nach Italien überstellt.

 

Mit Stellungnahme vom 27.11.2017 führte der BF durch seinen Vertreter aus, dass sich aufgrund der seiner Ehefrau und Tochter zuerkannten Asylberechtigung eine maßgebliche Veränderung ergeben habe, da sich der Aufenthalt der Kernfamilie nunmehr nachhaltig verfestigt habe. Beim BF handle es sich zweifellos um einen Familienangehörigen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 und sei aus der Bestimmung des § 34 AsylG 2005 nicht abzuleiten, dass eine Erstreckung des an Familienangehörige erteilten Schutzes nicht möglich sei, sofern jemand bereits in einem anderen Mitgliedstaat einen Schutzstatus erhalten habe. Ein Verweis auf den in Italien zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten sei unzulässig, da dem schützenswerten Familienleben in Österreich jedenfalls Vorrang gegenüber der Zuständigkeitsbestimmung des § 4a AsylG 2005 einzuräumen sei. Hinsichtlich des BF und seiner Familie liege ein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK vor, dessen Führung außerhalb Österreichs nicht möglich sei. Bei einer Rückkehr nach Italien sei davon auszugehen, dass der BF in einen Zustand existenzieller Not, Grundversorgungslosigkeit, fehlender medizinischer Versorgung sowie fehlender Daseinsvorsorge geraten würde. Daraus folge, dass eine Abschiebung des BF nach Italien diesen der konkreten Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung aussetzen und daher gegen Art. 2 und 3 EMRK verstoßen würde. Eine Familienzusammenführung über das Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht scheitere am fehlenden Einkommens, da die Ehegattin sich nach der Ausreise des BF alleine um einen Säugling kümmern müsse und nicht dazu in der Lage sei, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen.

 

Mit einem weiteren Mandatsbescheid vom 22.01.2018 wurde dem BF gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen, dem Bund die Kosten der Durchsetzung der gegen ihn gesetzten aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie die entstandenen Dolmetschkosten in der Höhe von insgesamt € 3.283,38 zu ersetzen.

 

Am 10.02.2018 wurde der BF in Schubhaft genommen und am 12.02.2018 auf dem Luftweg nach Italien überstellt.

 

Am 02.07.2018 wurde der gemeinsame Sohn des BF mit seiner Partnerin im österreichischen Bundesgebiet geboren. Nach entsprechender Asylantragstellung erhielt der Sohn denselben Schutzstatus (Asylberechtigung) wie seine Mutter.

 

Nach abermaliger illegaler Einreise in das Bundesgebiet stellte der BF am 09.07.2018 erneut einen (vierten) Asylantrag in Österreich und gab an, dass er nach seiner letzten Abschiebung am 12.02.2018 am nächsten Tag illegal mit verschiedenen Zügen von Italien wieder nach Österreich gereist sei. Er wolle in Österreich bei seiner Familie leben.

 

Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 25.10.2018 gab der BF an, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die Einvernahme durchzuführen und gesund zu sein. In Österreich würden seine Frau und seine Kinder leben. Er habe bis vor 15 Tagen bei seiner Familie gewohnt, dann habe seine Familie eine Sozialwohnung erhalten und sei ihnen gesagt worden, dass er dort nicht wohnen dürfe. Den Grund kenne er nicht. Er sei den ganzen Tag über bei seiner Familie, müsse aber in der Nacht einen Ort zum Schlafen suchen. Er habe keinen Anspruch auf medizinische Versorgung und bekomme kein Geld, er esse bei seiner Familie oder mit Freunden. Er sei zur Caritas gegangen und habe dort seine Probleme erklärt, sie hätten gesagt, er solle nach Traiskirchen gehen. Auf Vorhalt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da ihm in Italien der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, gab der BF an, dass er verheiratet sei und zwei Kinder habe. Er wolle hier mit seiner Familie zusammenleben. Seine Familie würde ihn brauchen.

 

Mit Stellungnahme vom 05.11.2018 wiederholte der BF im Wesentlichen sein Vorbringen der Stellungnahme vom 27.11.2017 und führte darüber hinaus aus, dass nunmehr auch noch die Bindung zu seinem neugeborenen Sohn zu berücksichtigen sei. Zwischen dem BF und seiner Familie liege ein schützenswertes Familienleben iSd Art. 8 EMRK vor, das sich seit der letzten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts maßgeblich intensiviert habe. Die Ehefrau sei bereits während der Schwangerschaft des ersten Kindes massiv auf die Unterstützung des BF angewiesen gewesen und habe sich dies während der Schwangerschaft mit dem zweiten Kind und der Geburt des zweiten Kindes verstärkt. Seine Ehefrau habe keine weiteren Angehörigen in Österreich und sei somit für die alleinige Obsorge beider Kinder verantwortlich. Sie sei sei daher auf die persönliche Anwesenheit und Untersützung durch den BF angewiesen. Zum Beweis dafür werde der Antrag gestellt, die Ehefrau des BF einzuvernehmen. Ein Familienleben in Italien sei dem BF und seiner Familie nicht möglich.

 

Der Stellungnahme angeschlossen waren die Geburtsurkunde des Sohnes sowie ein Vaterschaftsanerkenntnis des BF in Bezug auf seinen Sohn.

 

Mit Bescheid des BFA vom 17.11.2018 wurde unter Spruchpunkt I. der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der BF nach Italien zurückzubegeben habe. In Spruchpunkt II. wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

 

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Italien wurden in dem angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):

 

"SCHUTZBERECHTIGTE

 

Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung für fünf Jahre, humanitärer Aufenthalt wird für zwei Jahre gewährt. Um die Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, brauchen die Schutzberechtigten eine Meldeadresse, was manchmal ein Problem sein kann. Verlängerungen des Aufenthalts müssen postalisch beantragt werden. Dies kann mehrere Monate in Anspruch nehmen. Nach frühestens fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts besteht für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einen langfristigen Aufenthalt zu erhalten. Anträge auf Familienzusammenführung sind für Schutzberechtigte ohne Zeitlimit möglich. Schutzberechtigte dürfen sich frei im Land niederlassen, wenn sie sich selbst erhalten können. Laut Gesetz haben in SPRAR-Strukturen untergebrachte Schutzberechtigte ein Recht darauf für sechs weitere Monate untergebracht zu bleiben; in besonderen Fällen auch für zwölf oder mehr Monate. Wenn Schutzberechtigte nach Statuszuerkennung einen Platz im SPRAR erhalten (selbe Zeitlimits wie oben), müssen sie diesen annehmen, da sie ansonsten das Recht auf Unterbringung im SPRAR verlieren. Die meisten Asylwerber in Italien leben jedoch in CAS, wo andere, regional sehr unterschiedliche Regeln gelten, wenn Antragsteller von einem Schutzstatus in Kenntnis gesetzt werden (Dauer des weiteren Verbleibs im Zentrum schwankend zwischen mehreren Monaten und lediglich einem Tag). In der Folge kann es daher auch zu Obdachlosigkeit unter Schutzberechtigten kommen. Rechtlich haben anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte Zugang zu Sozialwohnungen, zum Arbeitsmarkt und zu Sozialleistungen im selben Ausmaß wie italienische Staatsbürger (AIDA 21.3.2018).

 

Manchmal ist es Asylwerbern und Flüchtlingen, die illegaler Arbeit nachgehen, besonders in großen Städten nicht möglich eine Wohnungen zu mieten. Oft leben sie unter schlechten Bedingungen in besetzten Gebäuden. Die Regierung unternimmt begrenzte Versuche, Flüchtlinge in die Gesellschaft zu integrieren (USDOS 20.4.2018).

 

Schätzungen der NGO Medecins sans Frontieres (MSF) zufolge, waren im Feber 2018 im ganzen Land mindestens 10.000 Personen von der Unterbringung faktisch ausgeschlossen, darunter Asylwerber und Schutzberechtigte. Sie leben nicht selten in besetzen Gebäuden, von denen mittlerweile durch Involvierung von Regionen oder Gemeinden viele legalisiert wurden. Die NGO Baobab Experience betreibt in Rom ein informelles Migrantencamp und betreut nach eigenen Angaben eine steigende Zahl von Inhabern eines Schutztitels (MSF 8.2.2018).

 

Wie Asylwerber, müssen sich Personen mit einem Schutzstatus in Italien beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Probleme beim Zugang zu medizinischer Versorgung für Schutzberechtigte können durch das Fehlen einer Meldeadresse entstehen. In einigen Regionen Italiens sind Schutzberechtigte nicht mehr von der Praxisgebühr ("Ticket") ausgenommen, während in anderen Regionen die Befreiung weiter gilt, bis die Schutzberechtigten einen Arbeitsplatz finden (AIDA 21.3.2018).

 

Die Wohnsitzmeldung ist für Asylwerber und Schutzberechtigte die größte administrative Hürde für die Registrierung beim nationalen Gesundheitsdienst. Wenn sie aus der Unterbringung ausziehen, wird ihr Wohnsitz dort abgemeldet. Folglich müssen sie sich anderswo melden. Eine Wohnsitzmeldung in einem besetzten Gebäude oder unter einer fiktiven Adresse (wie bei Obdachlosen) ist in der Regel nicht möglich, wenn auch in Rom einzelne Kommunen gelegentlich schon Ausnahmen gemacht haben. Die Folge ist ein zunehmender Rückgriff auf das System der vorübergehend aufhältigen Fremden (Straniero Temporaneamente Presente, STP), das illegal aufhältigen Migranten den Zugang zu medizinischer Notfallbehandlung ermöglicht. Medizinische Behandlung wird vermehrt über die Notaufnahmen der Krankenhäuser in Anspruch genommen. Auch die medizinischen Leistungen von privaten humanitären Organisationen werden immer wichtiger. Diese können aber keine Medikamente zu Kassenkonditionen verschreiben, so dass die von ihnen behandelten Migranten die Medikamente zum vollen Preis kaufen müssen (MSF 8.2.2018).

 

Quellen:

 

 

 

 

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die Identität des BF in Ermangelung eines unbedenklichen nationalen Ausweis- oder Reisedokuments nicht feststehe. Der BF habe in Italien Schutzstatus und es bestehe kein Grund anzunehmen, dass dieser in Italien systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei oder diese zu erwarten hätte. Der BF leide an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, die einer Überstellung entgegenstehen würden. Es seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass der BF tatsächlich Gefahr liefe, in Italien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte im Falle seiner Überstellung nach Italien drohen könnte. Dass keine besondere Integrationsverfestigung in Österreich bestehe, ergebe sich aus einer Gesamtbetrachtung des bisherigen Lebenswandels des BF in Österreich. Der BF sei bereits drei Mal aus Österreich abgeschoben worden und habe ihm bei seiner letzten Einreise, die seinen Angaben zufolge knapp neun Monate zurückliege, bewusst sein müssen, dass die rechtliche Basis seines weiteren Aufenthalts in Österreich als höchst unsicher einzustufen sei.

 

Gegen den Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 04.12.2017 (gemeint: 04.12.2018) fristgerecht Beschwerde eingebracht und darin gerügt, dass die Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt habe, zumal die beantragte Zeugeneinvernahme der Ehefrau unterblieben sei. Die Ehefrau des BF hätte darlegen können, dass sie ein intensives Familienleben mit dem BF führe und eine dauerhafte Trennung der gemeinsamen Kinder von ihrem Vater massive negative Auswirkungen auf deren Entwicklung und Wohlbefinden hätte. Der BF halte sich seit seiner ersten Asylantragstellung im Jahr 2015 fast durchgehend in Östereich auf. Die belangte Behörde habe auch insofern ihre amtwegige Ermittlungspflicht verletzt, als sie den BF weder zum gemeinsamen Familienleben noch zu jener Situation befragt habe, die er im Falle einer dauerhaften Rückkehr nach Italien vorfinden würde. Sollte der BF nach Italien abgeschoben werden, sei davon auszugehen, dass er mangels ausreichender Versorgung oder Unterbringung erneut auf der Straße leben müsste. Dies würde eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC darstellen. Die Behörde habe mangelhafte Feststellungen getroffen, eine mangelhafte Beweiswürdigung durchgeführt und sei schließlich zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung gelangt, da der Ehefrau und den Kindern des BF bereits der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden sei und dem BF sohin ebenfalls Asyl zuzuerkennen wäre. Alternativ hätte die Behörde feststellen müssen, dass die Interessen des BF an einem Verbleib in Österreich die öffentlichen Interessen an dessen Abschiebung überwiegen würden. Die belangte Behörde habe sich nicht mit den Auswirkungen einer Abschiebung des BF und in Folge dessen mit den Auswirkungen einer längerfristigen Trennung auf das Wohl seiner Kinder befasst. Eine Außerlandesbringung sei gem. § 9 BFA-VG im vorliegenden Fall nicht zulässig.

 

Mit Schreiben vom 08.01.2019 gab der Rechtsvertreter des BF dem Bundesverwaltungsgericht bekannt, dass der BF nunmehr gemeinsam mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern an deren Meldeadresse wohnhaft sei. Auch vor der gemeinsamen Wohnsitznahme mit seiner Familie habe der BF praktisch die gesamte Zeit mit seiner Familie verbracht.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Der BF, ein Staatsangehöriger Somalias, suchte erstmals am 04.06.2011 in Italien um Asyl an, wo diesem der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine bis 18.05.2019 gültige Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde.

 

Einen weiteren Asylantrag stellte der BF am 07.02.2013 in Schweden, von wo aus er nach Italien rücküberstellt hätten werden sollen, jedoch vor der Abschiebung untertauchte.

 

Danach reiste der BF nach Österreich weiter und stellte hier am 17.07.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des BFA vom 26.01.2016 gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen wurde. Zugleich wurde dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt sowie gemäß § 10 AsylG Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Italien gem. § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.08.2016 gem. § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

 

Am 05.01.2017 stellte der BF einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, der mit Bescheid des BFA vom 04.04.2017 gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen wurde. Zugleich wurde dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt sowie gemäß § 10 AsylG Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Italien gem. § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.06.2017 gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen. Die dagegen erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 10.10.2017, Ra 2017/19/0308-10, wegen Versäumung der Revisionsfrist als verspätet zurückgewiesen.

 

Am 23.06.2017 wurde der BF auf dem Luftweg nach Italien überstellt.

 

Am Folgetag der Abschiebung reiste der BF erneut illegal nach Österreich ein und stellte am 14.08.2017 einen dritten Asylantrag in Österreich.

 

Der BF wurde am 12.11.2017 in Schubhaft genommen und am 14.11.2017 erneut auf dem Luftweg nach Italien überstellt.

 

Am Folgetag der Abschiebung kehrte der BF abermals illegal nach Österreich zurück, woraufhin er am 10.02.2018 abermals in Schubhaft genommen und am 12.02.2018 neuerlich auf dem Luftweg nach Italien überstellt wurde.

 

Am Folgetag der Abschiebung reiste der BF ein weiteres Mal illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 09.07.2018 abermals einen (den vierten) Asylantrag in Österreich.

 

Laut aktuellem IZR- und ZMR-Auszug ist der BF derzeit im Bundesgebiet aufhältig und an der Wohnadresse seiner Partnerin und den beiden gemeinsamen Kindern gemeldet.

 

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Italien an. Es ist dem BF, bei dem es sich um einen subsidiär Schutzberechtigten in Italien handelt, als gesundem erwachsenem und arbeitsfähigem Mann unter Anspannung seiner Kräfte möglich und zumutbar, in italien seine Bedürfnisse durch eigene Erwerbstätigkeit zu decken.

 

Konkrete, in der Person des BF gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im Zielstaat sprechen würden, liegen nicht vor.

 

Der BF leidet an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

 

In Österreich lebt die Partnerin des BF, der zunächst mit Bescheid des BFA vom 23.09.2015 subsidiärer Schutz und sodann mit hg. Erkenntnis vom 12.09.2017, W142 2115227-1/17E, der Status einer Asylberechtigten zuerkannt wurde.

 

Am 21.11.2016 wurde im österreichischen Bundesgebiet die gemeinsame Tochter des BF mit seiner Partnerin geboren. Am 02.07.2018 wurde im österreichischen Bundesgebiet der gemeinsame Sohn des BF mit seiner Partnerin geboren. Der BF hat die Vaterschaft zu seinen beiden Kindern anerkannt. Diese sind - wie deren Mutter - in Österreich asylberechtigt.

 

Mit Meldung vom 08.01.2019 gab der BF dem Bundesverwaltungsgericht bekannt, dass er nunmehr an der Wohnadresse seiner Familie zusammen mit dieser wohnhaft sei.

 

Zwischen dem BF und seiner Familie können keine existenziellen Abhängigkeiten erkannt werden.

 

Hinweise auf das Vorliegen von Umständen, die für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen in Betracht kommen könnten, bestehen nicht.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Asylantragstellungen in Italien (04.06.2011) und Schweden (07.02.2013) ergeben sich aus diesbezüglichen EURODAC-Treffermeldungen und den mit diesen Staaten geführten Konsultationen, die aktenkundig sind.

 

Die Feststellung des bestehenden Status eines subsidiär Schutzberechtigten samt Aufenthaltsberechtigung des BF in Italien stützt sich auf das diesbezügliche Schreiben der italienischen Dublin-Behörde vom 05.08.2015.

 

Die Feststellungen hinsichtlich der vorangegangen negativ abgeschlossenen Asylverfahren des BF in Österreich (Asylanträge am 17.07.2015 und 05.01.2017) beruhen auf der vorliegenden Aktenlage.

 

Die Gesamtsituation subsidiär Schutzberechtigter und anerkannter Flüchtlinge in Italien resultiert aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Asylstatistik und Unterbringung auch Feststellungen zu anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten getroffen. Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das italienische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde.

 

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF und zu den privaten und familiären Verhältnissen des BF ergeben sich aus seinen Angaben im Verfahren sowie der Aktenlage.

 

Die Feststellungen zu den drei vorgenommenen Überstellungen des BF auf dem Luftweg nach Italien am 23.06.2017, 14.11.2017 und 12.02.2018 gründen sich auf das IZR sowie die im Akt einliegenden Abschieberichte.

 

Die Feststellung, dass der BF zum Entscheidungszeitpunkt im Bundesgebiet aufhältig ist, stützt sich auf einen aktuellen Auszug aus dem IZR und ZMR.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

 

§ 4a (1) Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat.

 

...

 

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

 

...

 

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

 

...

 

§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

...

 

§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

...

 

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

 

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

 

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

 

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

 

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

 

2. ...

 

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

 

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

 

Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen, wonach dem BF in Italien aufgrund einer dortigen Asylantragstellung bereits subsidiärer Schutz zuerkannt wurde und dieser somit in Italien Schutz vor Verfolgung gefunden hat, ging das BFA zutreffend davon aus, dass sich der nunmehr in Österreich gestellte weitere Antrag auf internationalen Schutz im Lichte des § 3 AsylG 2005 infolge Unzuständigkeit Österreichs als unzulässig erweist.

 

Die Wahrnehmung dieser Unzuständigkeit Österreichs wäre lediglich dann als unzulässig anzusehen, wenn der BF dadurch in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt würde. Dies trifft allerdings aufgrund der vorzunehmenden Interessensabwägung, wie im Folgenden dargelegt wird, im vorliegenden Fall nicht zu:

 

Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:

 

Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat kann jedoch ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr, im Zielstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden, rechnen muss. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 EMRK die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben.

 

Es entspricht ebenfalls ständiger Judikatur des EGMR, dass die verbotene Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Die Festsetzung dieses Mindestmaßes ist naturgemäß relativ. Es hängt von allen Umständen des Einzelfalles ab, wie etwa der Dauer der verbotenen Behandlung, ihren physischen oder psychischen Auswirkungen und in manchen Fällen vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Das Leid, das sich aus einer natürlich auftretenden Krankheit ergibt, kann von Art. 3 EMRK erfasst sein, wenn es durch eine Behandlung - seien es Haftbedingungen, eine Ausweisung oder sonstige Maßnahmen - verschlimmert wird, wofür die Behörden verantwortlich gemacht werden können (EGMR 27.05.2008 (GK), 26565/05, N./Vereinigtes Königreich Rz 29; 28.02.2008 (GK), 37201/06, Saadi/Italien Rz 134).

 

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt zwar nicht, dass der italienische Staat Probleme bei der lückenlosen Versorgung von Asylwerbern hat. Jedoch ist zum heutigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass Überstellungen nach Italien allgemein die EMRK oder GRC verletzen (siehe dazu die Entscheidungen des EGMR vom 02.04.2013, Rs 27725/10 Mohammed Hussein/Niederlande und Italien; vom 18.06.2013, Rs 73874/11 Abubeker/Österreich und Italien; vom 18.06.2013, Rs 53852/11 Halimi/Österreich und Italien; vom 04.11.2014, Rs 29217/12 Tarakhel/Schweiz).

 

Der EGMR kam mehrfach zu der Beurteilung, dass in Italien eine Situation systemischer Mängel wie in Griechenland nicht vorliegt (z. B. EGMR 02.04.2013, 27725/10, Mohammed Hussein u. a.). Es sprach der EGMR in seinem Urteil vom 04.11.2014, Große Kammer, 29217/12, Tarakhel, Rn. 114, ausdrücklich aus, dass die Lage in Italien in keiner Weise mit der in Griechenland zum Zeitpunkt des Urteils M.S.S. verglichen werden kann, als es weniger als 1.000 Unterbringungsplätze für zehntausende Asylwerber gab und in großem Umfang Bedingungen äußerster Armut bestanden. Zuletzt hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 05.02.2015, A.M.E./Niederlande, wiederholt, dass die gegenwärtige Situation in Italien nicht mit der Situation in Griechenland zur Zeit der Entscheidung M.M.S./Belgien vergleichbar ist und dass die generelle Aufnahmesituation nicht ein Hindernis für die Überstellung von allen Asylwerbern bilde.

 

Wie im angefochtenen Bescheid dargelegt wurde, gewährleistet Italien grundsätzlich ausreichend Schutz für Flüchtlinge und ist somit nicht zu erkennen, dass der BF im Falle seiner Überstellung nach Italien Gefahr liefe, in seinen von Art. 3 EMRK geschützten Rechten verletzt zu werden. So haben Personen mit Schutzstatus dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf die medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Schutzberechtigte haben weiters Zugang zu Unterbringung in den SPRAR-Projekten der Gemeinden. Dass in diesem Land möglicherweise geringere Integrationsmöglichkeiten bestehen, als in anderen europäischen Ländern, verletzt den BF nicht in seinen Grundrechten. Insbesondere besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der BF in diesem Staat keinerlei Existenzgrundlage vorfände. So ist zu bedenken, dass grundsätzlich anerkannte Flüchtlinge bzw. Personen mit einem Aufenthaltsrecht nach einer Übergangsphase der Unterstützung gehalten sind, ihre Existenz - so wie auch alle anderen Staatsbürger eines Landes - selbst zu erwirtschaften, wobei nach den Länderfeststellungen auch der Zugang zu Jobtrainings und Praktika - wie für italienische Staatsbürger - gegeben ist. Im Hinblick darauf, dass der BF gesund und arbeitsfähig ist, ist es diesem - wie jedem anderen erwachsenen Mann - unter Anspannung seiner Kräfte möglich und zumutbar, sich um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen. Da auch die eigenen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates mitunter mit minder günstigen Lebensbedingungen wie einer widrigen Arbeits- und Wohnungsmarktsituation konfrontiert sind und sich dieser stellen müssen, kann nicht erkannt werden, dass der BF durch eine Rückstellung nach Italien in eine existenzbedrohende Situation gelangen würde.

 

Die Sicherheitsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 ist bezüglich Italien als unverändert aufrecht anzusehen. So hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 20.06.2017, Ra 2016/01/0153-16, RZ 33,35, ausgesprochen, dass die Sicherheitsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 dann als erschüttert zu erachten wäre, wenn sich die Lage im Mitgliedstaat durch den in jüngster Zeit erfolgten massiven Zustrom von Asylwerbern ändern würde und infolgedessen für den betroffenen Fremden ein "real risk" einer dem Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC widersprechenden Behandlung in diesem Mitgliedstaat bestünde, wofür es jedoch über den - als notorisch anzusehenden - erhöhten Zustrom von Asylwerbern hinaus konkreter Hinweise bedarf. Solches wurde weder vorgebracht noch liegen dem Bundesverwaltungsgericht entsprechende Hinweise vor.

 

Im Übrigen begründet der BF seinen Wunsch nach Verbleib in Österreich auch gar nicht vornehmlich mit in Bezug auf den Zielstaat bestehenden allfälligen Mängeln, sondern vorrangig damit, dass er nicht von seiner Familie getrennt leben wolle.

 

Der BF gehört keiner vulnerablen Personengruppe an, sodass eine Einzelfallzusicherung Italiens im Sinne der Tarakhel-Entscheidung des EGMR, dem ein Fall einer Familie mit mehreren minderjährigen Kindern zugrunde gelegen ist, deren gemeinsame und kindgerechte Unterbringung sicherzustellen war, nicht erforderlich war.

 

Medizinische Krankheitszustände, Behandlung in Italien:

 

Der BF hat weder gesundheitliche Beeinträchtigungen vorgebracht noch sind solche der Aktenlage zu entnehmen.

 

Selbst für den Fall, dass der BF eine ärztliche Behandlung benötigen sollte, wäre der Zugang zu einer solchen nach den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides im zuständigen Mitgliedstaat jedenfalls gewährleistet. Asylwerber und Personen mit Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren lassen und haben damit dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Dies gilt nach den Länderfeststellungen sowohl für untergebrachte als auch für nicht untergebrachte Asylwerber und auch für solche Personen, die kein Recht mehr auf Unterbringung haben.

 

Im Übrigen hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Vgl. VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9 und die darin behandelte relevante Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK, EGMR im Fall D./Vereinigtes Königreich vom 02.05.1997 zu 30240/96).

 

Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Fremdenpolizeibehörde bei der Durchführung einer Abschiebung im Falle von bekannten Erkrankungen des Fremden durch geeignete Maßnahmen dem jeweiligen Gesundheitszustand Rechnung zu tragen hat. Insbesondere erhalten kranke Personen eine entsprechende Menge der benötigten verordneten Medikamente. Anlässlich einer Abschiebung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen entsprechende Maßnahmen gesetzt. Bei Vorliegen schwerer psychischer Erkrankungen und insbesondere bei Selbstmorddrohungen werden geeignete Vorkehrungen zur Verhinderung einer Gesundheitsschädigung getroffen.

 

Auch im Übrigen konnte der BF keine auf sich selbst bezogenen besonderen Gründe, welche für eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprechen würden, glaubhaft machen, weshalb die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 zur Anwendung kommt, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet.

 

Schließlich hätte der BF die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen ihrer Rechte, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Italien und letztlich beim EGMR geltend zu machen.

 

Mögliche Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK:

 

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Verfassungsgerichtshofes nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (EGMR 12.01.2010, 47486/06, A. W. Khan, RN 32; VfGH 09.06.2006, B 1277/04; VwGH 25.04.2008, 2007/20/0720 bis 0723).

 

Im vorliegenden Fall hat die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung die Trennung des BF von seiner Partnerin und seinen Kindern zur Folge, die in Österreich mittlerweile asylberechtigt sind. Daher stellt die aufenthaltsbeendende Maßnahme hinsichtlich des BF einen Eingriff in den Schutzbereich des Familienlebens im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK dar.

 

Die Interessenabwägung nach den Gesichtspunkten des § 9 BFA-VG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. Art. 52 Abs. 1 GRC, insbesondere der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes, führt jedoch im verfahrensgegenständlichen Fall zu dem Ergebnis, dass die für die aufenthaltsbeendende Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen schwerer wiegen als die persönlichen Interessen der Beteiligten:

 

Der BF hatte zunächst in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, woraufhin diesem dort der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine bislang gültige Aufenthaltsberechtigung (bis 18.05.2019) erteilt wurde. Ungeachtet dessen verfügte sich der BF weiter nach Schweden, wo dieser einen weiteren Asylantrag stellte und vor seiner beabsichtigten Rücküberstellung von Schweden nach Italien untergetaucht ist. In weiterer Folge reiste der BF weiter nach Österreich, wo er bislang insgesamt vier weitere Asylanträge einbrachte (den letzten Antrag am 09.07.2018 innerhalb des noch offenen Verfahrens zu seinem dritten Asylantrag in Österreich) und nach drei erfolgten Überstellungen nach Italien jeweils erneut umgehend illegal in das Bundesgebiet zurückkehrte.

 

Das erkennende Gericht übersieht nicht, dass der BF in seinen Einvernahmen und Stellungnahmen stets den Wunsch geäußert hat, mit seinen (nunmehr) in Österreich asylberechtigten Angehörigen zusammenzuleben. Aufgrund seines abgeschlossenen Asylverfahrens in Italien und der Zuerkennung subsidiären Schutzes ebendort, besteht jedoch in gegenständlicher Fallkonstellation kein Raum für die Führung eines (weiteren) Asylverfahrens in Österreich:

 

Im vorliegenden Fall lebt die Partnerin des BF, die dieser im Herkunftsstaat nach seiner Angabe traditionell geheiratet habe, bereits seit mehreren Jahren in Österreich. Die Zuerkennung des Asylstatus an diese sowie an das im Jahr 2016 erstgeborene gemeinsame Kind mit dem BF erfolgte im Jahr 2017. Die Zuerkennung des Asylstatus an das im Jahr 2018 zweitgeborene gemeinsame Kind mit dem BF erfolgte im Jahr 2018.

 

Es wird nun nicht verkannt, dass der BF seine Partnerin in vielen Bereichen des alltäglichen Lebens, so auch bei der Kindererziehung und -betreuung, unterstützen könnte, sodass sich ein Verbleib des BF in Österreich für seine Familie durchaus als vorteilhaft erweisen könnte. Hinweise, dass die Familie des BF zur Bewältigung ihres Alltages auf eine ständige Präsenz des BF angewiesen wäre, können der Aktenlage jedoch nicht entnommen werden. Eine Pflegebedürftigkeit des BF und seiner Angehörigen liegt nicht vor. Auch sonstige (wechselseitige) Abhängigkeiten des BF in Bezug auf seine Angehörigen liegen nicht vor. Ebenso vermag der laut Meldung an das Bundesverwaltungsgericht vom 08.01.2019 nunmehr bestehende gemeinsame Haushalt des BF keine Abhängigkeit zu begründen. In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass in Anbetracht der bereits im Jahr 2011 erfolgten Asylantragstellung des BF in Italien für geraume Zeit kein Zusammenleben des BF mit seiner Partnerin bzw. Ehefrau mehr bestanden hat. So hat der BF bereits anlässlich seiner ersten Asylantragstellung im Jahr 2015 in seiner Einvernahme vor dem BFA zu Protokoll gegeben, dass seit fünfeinhalb Jahren keine Haushaltsgemeinschaft mit seiner Ehefrau mehr bestanden habe. Die Wiederaufnahme eines Familienlebens aufgrund der erstmaligen unrechtmäßigen Einreise des BF in das Bundesgebiet im Jahr 2015 erfolgte sohin zu einem Zeitpunkt, zu dem sowohl dem BF selbst als auch seiner damals noch nicht einmal subsidiär schutzberechtigten Partnerin der unsichere Aufenthaltsstatus bewusst sein musste und diese nicht davon ausgehen konnten, dass ein gemeinsamer Verbleib in Österreich von Dauer sein würde. Gleiches gilt auch für die Neubegründung eines Familienlebens durch die Geburt mittlerweile zweier gemeinsamer Kinder des BF mit seiner Partnerin. So erfolgte die Zeugung des ersten, am 21.11.2016 geborenen gemeinsamen Kindes zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits eine erstinstanzliche negative Asylentscheidung bezüglich des BF ergangen war. Die Zeugung des zweiten, am 02.07.2018 geborenen gemeinsamen Kindes ist rechnerisch im Zeitraum zwischen zwei Abschiebungen infolge unrechtmäßigen Aufenthaltes des BF in Österreich anzusiedeln. Wenn der BF in seiner Beschwerdeschrift zur Unterstützung seines Standpunktes ins Treffen führt, dass er sich seit dem Jahr 2015 (seiner ersten Asylantragstellung in Österreich) fast durchgehend im Bundesgebiet aufhalten würde, so ist dem somit entgegenzusetzen, dass es sich hierbei stets um unter gröblicher, wiederholter und fortgesetzter Missachtung der aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen erwirkte, lediglich rein faktische und illegale Aufenthalte in Österreich gehandelt hat. So wurde der BF bislang nicht weniger als drei Mal nach Italien rücküberstellt, hat sich nach eigener Angabe nach effektuierter Abschiebung jedes Mal umgehend erneut unrechtmäßig nach Österreich zurückbegeben und auf diese Art und Weise - neben seinen Asylantragstellungen in Italien und Schweden - in Österreich mittlerweile seinen bislang bereits vierten Asylantrag gestellt. Der BF verfügte zu keinem Zeitpunkt über einen regulären Aufenthaltstitel in Österreich und konnte seinen Aufenthalt in Österreich nur auf den zeitweiligen faktischen Abschiebeschutz bzw. nicht einmal auf einen solchen (vgl. hinsichtlich Folgeanträgen die Regelung des § 12a Abs. 1 AsylG 2005) stützen.

 

Gemäß Art. 3 Abs. 1 letzter Satz Dublin III-VO wird jeder Antrag auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Mitgliedstaat bestimmt wird. Daher stellt die rechtswidrige Weiterreise des BF innerhalb der Union zwecks Einbringung eines weiteren Antrages auf internationalen Schutz gerade jenes Verhalten dar, das durch die Rechtsvorschriften des gemeinsamen europäischen Asylsystems verhindert werden soll. Da der BF zudem bereits in einem Mitgliedstaat der Union internationalen Schutzstatus besitzt, stellt sich die fortgesetzte Befassung der Asylbehörden in einem weiteren Mitgliedstaat mit einem neuerlichen Asylantrag als in besonderem Maße rechtsmissbräuchlich dar.

 

Der BF hat durch sein nachhaltiges rechtsmissbräuchliches Verhalten unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er nicht gewillt sei, die österreichische Rechtsordnung zu respektieren. Das allein durch wiederholte Missachtung der entsprechenden Einreise- und Einwanderungsvorschriften wieder aufgenommene bzw. neu begründete Familienleben tritt fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund.

 

Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012; 18.10.2012, 2010/22/0130).

 

Im gegebenen Zusammenhang ist auch auf den jüngst ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 21.11.2018, Ra 2018/01/0015 bis 0016-6, hinzuweisen, mit welchem die Revision einer Mutter und ihrer minderjährigen Tochter, deren Ehemann und Vater in Österreich aufenthaltsberechtigt war, im Hinblick auf die - wie auch gegenständlich - unter Berücksichtigung der fallbezogenen Aspekte eines Familienlebens entsprechend vorgenommenen Interessenabwägung durch das Bundeverwaltungsgericht zurückgewiesen wurde.

 

Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen, etwa auch zwecks Familienzusammenführung. Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. Hingegen kann nach der maßgeblichen Rechtsprechung ein allein durch - gegenständlich sogar wiederholte - Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu verhaltenden Drittstaatsangehörigen führen und ist abzulehnen (EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10).

 

Der BF ist somit darauf zu verweisen, seinen Wunsch nach Einwanderung und Familienzusammenführung mit seiner Partnerin und seinen Kindern im Einklang mit den einschlägigen unionsrechtlichen und österreichischen Rechtsvorschriften zu verwirklichen.

 

Für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahren kann der Kontakt zwischen dem BF und seiner Familie zwischenzeitlich telefonisch oder über das Internet sowie - in eingeschränkter Form - auch durch persönliche Besuche aufrechterhalten werden, nachdem seine Partnerin und seine Kinder in Österreich asylberechtigt sind.

 

Weiters war der in Österreich zugebrachte Zeitraum, gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes, zudem als kein ausreichend langer zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen (dort: Vorläufig berechtigten) Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegen können (09.05.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (05.07.2005, 2004/21/0124).

 

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall bei Wahrnehmung der Unzuständigkeit Österreichs keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Die Behörde hat angesichts des Umstandes, dass dem BF bereits in Italien der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist und er vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen zur aktuellen Lage für Schutzberechtigte in diesem Staat und unter Berücksichtigung der individuellen konkreten Situation des BF sohin in Italien Schutz vor Verfolgung gefunden hat, den nunmehr in Österreich gestellten weiteren Antrag auf internationalen Schutz zu Recht gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass sich der BF nach Italien zurück zu begeben habe.

 

Der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet ist nicht geduldet. Der BF ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei Gegenteiliges weder im Verwaltungs- noch im Beschwerdeverfahren behauptet wurde.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 61 Abs. 1 FPG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 4a zurückgewiesen wird. Die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 61 Abs. 2 FPG ist gegeben, da oben festgestellt wurde, dass dadurch keine Verletzung von Art. 3 EMRK bewirkt wird, und auch sonst keinerlei Hinweise auf eine Bedrohungssituation im Sinne des § 50 FPG vorliegen.

 

Nach § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben (siehe auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.05.2014, Zlen. Ra 2014/20/0017 und 0018, wobei die dort genannten Kriterien für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG gegenständlich erfüllt sind). Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit den BF zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, sondern ausschließlich tatsachenlastig ist. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben. Zur Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist die zur asylrechtlichen Ausweisung ergangene zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs übertragbar.

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