GEG §6a Abs1
GGG Art.1 §2 Z1 lita
GGG Art.1 §32 TP1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:L527.2200688.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch Rechtsanwälte Eberl, Hubner, Krivanec, Ramsauer & Partner, Nonntaler Hauptstraße 44, 5020 Salzburg, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg vom 23.05.2018, Zahl XXXX, wegen Gerichtsgebühren, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,
dass im Spruch des angefochtenen Bescheids der Ausdruck "Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs 1 GEG" durch den Ausdruck "Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs 1 GEG" ersetzt wird.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer ist Kläger des der Gebührenforderung zugrunde liegenden Verfahrens des Landesgerichts Salzburg. Mit der Klage vom 11.04.2018, Zahl XXXX, begehrte der Beschwerdeführer - auf das Wesentliche zusammengefasst - die beklagte Partei schuldig zu erkennen, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution:
* dem Kläger den Betrag von EUR 500.000.000,00 samt 4 % Zinsen seit XXXX zu bezahlen (Punkt 1);
* näher bezeichnete Vorempfänge und Vermögenswerte offenzulegen und die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben zu beeiden (Punkt 2);
* den sich aufgrund der Rechnungslegung zu Punkt 2. gegenüber den bisherigen Bemessungsgrundlagen ergebenden Pflichtteilsfehlbetrag samt 4 % Zinsen seit XXXX zu bezahlen (Punkt 3),
* der klagenden Partei die Prozesskosten zu ersetzen (Punkt 4).
2. Der in der Folge übermittelten Lastschriftanzeige, für die Klage Gebühren in Höhe von EUR 6.004.688,00 zu entrichten, kam der Beschwerdeführer nicht nach. Gegen den daraufhin erlassenen Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid), mit dem neben den genannten Gebühren außerdem eine Einhebungsgebühr in Höhe von EUR 8,00 vorgeschrieben wurden, erhob er Vorstellung. Dadurch trat der Mandatsbescheid außer Kraft. Die Vorstellung begründete der Beschwerdeführer vor allem mit verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die maßgebliche Tarifbestimmung TP 1 GGG.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid schrieb der Präsident des Landesgerichts Salzburg (in der Folge: belangte Behörde) dem Beschwerdeführer eine Pauschalgebühr in Höhe von EUR 6.004.688,-- und eine Einhebungsgebühr in Höhe von EUR 8,-- vor (Gesamtbetrag EUR 6.004.696,--). Zu den vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken verwies die belangte Behörde auf Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs. Die Regelung der TP 1 sei nicht unsachlich und Gerichtsgebühren unterliegen nicht einem auf den einzelnen Rechtsstreit bezogenen Äquivalenzprinzip.
4. In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer abermals und ausführlicher verfassungsrechtliche Bedenken gegen TP 1 GGG vor.
5. Die Rechtssache wurde zunächst der Gerichtsabteilung L 523 des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom Oktober 2018 wurde das Verfahren der nunmehr zur Entscheidung berufenen Gerichtsabteilung L 527 zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Klage vom 11.04.2018, Zahl XXXX, begehrte der Kläger und nunmehrige Beschwerdeführer die Fällung folgenden Urteils:
"1. Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger den Betrag von €
500.000.000,-- samt 4 % Zinsen seit XXXX zu bezahlen.
2. Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger zur Ermittlung der weiteren auf ihn übergangenen Pflichtteilsansprüche der XXXX vollständig, nachvollziehbar und belegt
a) sämtliche vom am XXXX Verstorbenen XXXX an seine Witwe XXXX, und seine Tochter XXXX, zugewendeten Vorempfänge und / oder Schenkungen, und
b) seine in und außerhalb Österreichs und in und außerhalb der Schweiz befindlichen Vermögenswerte, insbesondere Guthaben bei in Europa, Amerika und Dubai situierten Banken und Kreditinstituten
offen zu legen und die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben zu beeiden sowie
3. den sich aufgrund der Rechnungslegung zu 2. gegenüber den bisherigen Bemessungsgrundlagen ergebenden Pflichtteilsfehlbetrag samt 4 % Zinsen seit XXXX zu bezahlen, wobei die ziffernmäßige Festsetzung dieses weiteren Zahlungsbegehrens bis zur erfolgten Rechnungslegung vorbehalten bleibt.
4. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die Prozesskosten zu ersetzen.
5. Dies alles binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution."
Der Beschwerdeführer bewertete den Streitgegenstand wie folgt:
"Streitwert Zahlung € 500.000.000,--
Rechnungslegung € 100.000,--
zusammen € 500.000.000,-- s.A."
Der Beschwerdeführer entrichtete die Pauschalgebühr für die Klage nicht; die Pauschalgebühr wurde auch nicht eingezogen.
Mit dem angefochtenen Bescheid schrieb die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Zahlung von EUR 6.004.688,-- (Pauschalgebühr TP 1 GGG, Bemessungsgrundalge EUR 500.100.000,--) sowie EUR 8,-- ("Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs 1 GEG"), in Summe also EUR 6.004.696,--, binnen 14 Tagen vor.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Dass die Pauschalgebühr weder entrichtet noch eingezogen worden ist, ist zwar, soweit ersichtlich, auf den von der belangten Behörde vorgelegten Akten nicht ausdrücklich vermerkt, ergibt sich dennoch unzweifelhaft aus dem Akteninhalt. Der Sachverhalt ist damit aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zum Beschwerdeschriftsatz:
Wenngleich im Schriftsatz unter "Anträge" lediglich eine - nicht näher definierte -Entscheidung in der Sache selbst und, in eventu, eine Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs 3 VwGVG beantragt werden, lässt sich das Begehren des Beschwerdeführers aus dem Schriftsatz insgesamt hinreichend erkennen. Das Bundesverwaltungsgericht geht deshalb davon aus, zur inhaltlichen Prüfung des angefochtenen Bescheids und zur inhaltlichen Entscheidung über die Beschwerde berufen zu sein.
3.2. Zum angefochtenen Bescheid im Lichte der einfachgesetzlichen Rechtslage:
In der Beschwerde wird nicht behauptet, der angefochtene Bescheid verstoße gegen das einfache Gesetz. Das Bundesverwaltungsgericht hält zur einfachgesetzlichen Rechtslage fest:
Werden die nach § 1 GEG einzubringenden Beträge nicht sogleich entrichtet (§ 4 GGG) oder ist die Einziehung erfolglos geblieben, so sind sie gemäß § 6a Abs 1 GEG durch Bescheid zu bestimmen (Zahlungsauftrag). Der Zahlungsauftrag hat eine Aufstellung der geschuldeten Beträge und die Aufforderung zu enthalten, den Betrag binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu zahlen. Gleichzeitig ist dem Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr in Höhe von 8 Euro vorzuschreiben.
Gemäß § 2 Z 1 lit a GGG wird der Anspruch des Bundes auf die Pauschalgebühren für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz mit der Überreichung der Klage begründet.
Als Bemessungsgrundlage ist grundsätzlich gemäß § 14 GGG der Wert des Streitgegenstandes heranzuziehen. Nach § 15 Abs 2 GGG sind mehrere in einem zivilgerichtlichen Verfahren von einer einzelnen Partei oder von Streitgenossen geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen. Die Summe der geltend gemachten Ansprüche bildet, soweit nicht anderes bestimmt wird, eine einheitliche Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren.
Gemäß TP 1 GGG betragen die Pauschalgebühren in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz bei einem Wert des Streitgegenstandes über EUR 350.000 1,2 % vom jeweiligen Streitwert zuzüglich EUR 3.488 und die Einhebungsgebühr beträgt gemäß § 6a Abs 1 GEG EUR 8.
Gemessen an den angeführten und gegenständlich heranzuziehenden rechtlichen Grundlagen kann keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides festgestellt werden: Die geltend gemachten Ansprüche sind gemäß § 15 Abs 2 GGG zusammenzurechnen, ergeben also in Summe EUR 500.100.000,--. Daraus resultiert bei einer mit 1,2 % vom Streitwert zu bemessenden Pauschalgebühr zuzüglich EUR 3.488,-- die von der belangten Behörde errechnete Summe von EUR 6.004.688,--. Gemäß § 6a Abs 1 GEG war auch die Einhebungsgebühr in Höhe von EUR 8,-- vorzuschreiben. Die Gesamtsumme beträgt daher, wie von der belangten Behörde errechnet, EUR 6.004.696,--
Als Grundlage für die Eingabegebühr wird im angefochtenen Bescheid offenbar irrtümlich § 6 Abs 1 GEG statt § 6a Abs 1 GEG genannt. Der Spruch des Bescheids war daher, wie im Spruch des vorliegenden Erkenntnisses ersichtlich, zu korrigieren.
Der Vollständigkeit halber weist das Bundesverwaltungsgericht noch auf Folgendes hin: Die Frage, ob das Vorgehen mittels Lastschriftanzeige gemessen an § 6a Abs 2 letzter Satz GEG iVm § 31 Abs 1 GGG rechtskonform war, ist nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht. Dasselbe muss - angesichts der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 26.02.2015, 2013/16/0029 - für die Frage gelten, ob im behördlichen Verfahren gemäß § 31 Abs 1 GGG vorzugehen gewesen wäre.
3.3. Zum angefochtenen Bescheid im Lichte der verfassungs-/grundrechtlichen Vorgaben:
3.3.1. Der Beschwerdeführer bringt an verfassungsrechtlichen Bedenken im Wesentlichen vor: Das Gerichtsgebührensystem provoziere wegen fehlender Flexibilität Härtefälle. Weder durch die Verfahrenshilfe gemäß §§ 63 ff ZPO noch durch die Möglichkeit der Stundung/des Nachlasses gemäß § 9 GEG werde eine adäquate Lösung erzielt. Damit werde der Zugang zu Gericht (Art 6 EMRK und Art 47 GRC) in unzulässiger Weise beschränkt. Außerdem sei TP 1 GGG unsachlich. Vor diesem Hintergrund regt der Beschwerdeführer an, das Bundesverwaltungsgericht möge einen Gesetzesprüfungsantrag nach Art 140 B-VG an den Verfassungsgerichtshof stellen.
3.3.2. Das Bundesverwaltungsgericht hat angesichts der bisherigen höchstgerichtlichen Judikatur zum Gerichtsgebührensystem keine Bedenken iSd Art 89 Abs 2 B-VG gegen die gegenständlich anzuwenden einfachgesetzlichen Vorschriften (namentlich TP 1 GGG). Die Voraussetzungen dafür, einen Antrag gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 lit a B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen, sind damit nicht erfüllt. Dazu im Einzelnen:
3.3.2.1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass, wie auch der Beschwerdeführer einräumt, der Verfassungsgerichtshof mehrfach Beschwerden, in denen die Verfassungswidrigkeit von Gerichtsgebührenvorschriften vorgebracht wurde, gemäß Art 140 Abs 2 B-VG, also mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg, abgelehnt hat; zuletzt VfGH 18.06.2018, E 421/2018. Namentlich hat der Verfassungsgerichtshof auch Beschwerden mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgelehnt, die sich auf die behauptete Verfassungswidrigkeit von TP 1 GGG stützten, z. B. VfGH 12.12.2016, E 2939/2016, VfGH 08.06.2017, E 295/2017; siehe BVwG 07.12.2017, W208 2178182-1. Der Verfassungsgerichtshof verwies in diesem Zusammenhang auf seine Judikatur, nämlich auf VfSlg. 11.751/1988, 18.070/2007, 19.666/2012, 19.943/2014.
3.3.3.2. Zum Recht auf Zugang zu einem Gericht im Allgemeinen:
Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 19.943/2014 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 09.12.2010, Nr. 35123/05, Urbanek gegen Österreich, dargelegt hat, sind Gerichtsgebühren mit Art 6 Abs 1 EMRK nicht schlechthin unvereinbar. Das Bundesverwaltungsgericht geht auf die relevanten Argumente in der Folge im Zusammenhang mit dem konkreten Vorbringen des Beschwerdeführers näher ein.
3.3.3.3. Zur behaupteten Provokation von Härtefällen:
Diesbezüglich stützt der Beschwerdeführer seine Argumentation auf VfSlg 17.092/2003. Bei näherer Betrachtung der dort gelösten Rechtsfrage und des dahinterliegenden Sachverhalts zeigt sich, dass - anders als in der Beschwerde dargestellt - der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken gegen die Regelung des § 51 Abs 1 GebAG hatte, die einen Tarif vorsah bzw. vorsieht, der nicht vom konkreten Aufwand des Sachverständigen, sondern nur vom Wert des geschätzten Hauses (oder Baugrundes) abhängt. Vielmehr sprach der Verfassungsgerichtshof von einer "'Äquivalenz' zwischen Wert und Entlohnungsanspruch". Aufgehoben hat der Verfassungsgerichtshof § 51 Abs 2 GebAG, weil nach dieser Bestimmung die Äquivalenz zwischen Entlohnungsanspruch und geschätzter Sache nicht gegeben war. Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich, näher auf die Ausführungen des Beschwerdeführers einzugehen, weil sich dessen Argumentation nicht mehr als schlüssig darstellt.
3.3.3.4. Zur Behauptung, die Verfahrenshilfe nach §§ 63 ff ZPO und die Möglichkeit von Stundung/Nachlass nach § 9 GEG seien keine adäquate Lösung:
In seiner Entscheidung vom 01.03.2007, B 301/06, (= VfSlg. 18.070/2007) die sich (u. a) auf TP 1 GGG bezieht (!), erachtete der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf das dortige Vorbringen, wirtschaftliche Gründe würden einer Prozessführung entgegenstehen, das Institut der Verfahrenshilfe iSd §§ 63 ff ZPO, das eine Befreiung von der Entrichtung von Gerichtsgebühren ermöglicht (§ 64 Abs 1 Z 1 lit a ZPO), für ausreichend, um Zugang zu einem Gericht iSd Art 6 Abs 1 EMRK zu gewährleisten. Hinzu komme, dass gemäß § 9 Abs 1 und 2 GEG eine Verlängerung der Zahlungsfrist und eine Stundung möglich sind oder die Gebühr nachgelassen werden kann, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre. Angesichts dessen, dass der Verfassungsgerichtshof in seinen aktuellen Ablehnungsbeschlüssen gemäß Art 140 Abs 2 B-VG auf dieses Erkenntnis Bezug nimmt, kann das Bundesverwaltungsgericht die Bedenken des Beschwerdeführers nicht teilen. Dies gilt im Besonderen für die Ausführungen auf S. 7 letzter Absatz des Beschwerdeschriftsatzes. Dort heißt es, der Verfassungsgerichtshof habe in der zitierten Entscheidung erkannt, "dass eine Gerichtsgebühr in Millionenhöhe nicht schon aufgrund ihrer Höhe als so exzessiv zu beurteilen sei, dass sie den Zugang zu einem Gericht iS des Artikel 6 Abs 1 EMRK vereiteln würde." Tatsächlich hat der Verfassungsgerichtshof jedoch ausgesprochen: "Entgegen der von der beschwerdeführenden Partei in ihrer ergänzenden Äußerung vertretenen Rechtsauffassung ist eine Gerichtsgebühr in Millionenhöhe, die sich im Verhältnis zum Streitwert bemisst, daher nicht schon aufgrund ihrer Höhe als so exzessiv zu beurteilen, dass sie den Zugang zu einem Gericht iS des Art6 Abs1 EMRK vereiteln würde." (Hervorhebung durch das Bundesverwaltungsgericht) Jedenfalls vor diesem Hintergrund kann das Bundesverwaltungsgericht den Schlüssen, die der Beschwerdeführer aus VfSlg 18.070/2007 zu ziehen versucht, nicht folgen. Aus der zuletzt genannten Entscheidung lässt sich jedenfalls keine bestimmte Höhe für Gebühren ableiten, ab der diese als exzessiv zu qualifizieren wären.
Festzuhalten ist auch, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Entscheidung vom 09.12.2010, Nr. 35123/05, Urbanek gegen Österreich, der Beschwerde unter anderem deshalb keine Folge gab, weil nach österreichischem Recht die Möglichkeit der Verfahrenshilfe gegeben ist und vorgeschriebene Gerichtsgebühren gemäß § 9 GEG aus Billigkeitsgründen nachträglich herabgesetzt werden können. Das vom Gerichtshof beurteilte österreichische Gerichtsgebührensystem sichere daher ein ausreichendes Maß an Flexibilität. Vgl. NMLR 6/2010, 361 ff. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht freilich nicht, dass es in dieser Entscheidung ein abweichendes Sondervotum gab. Ungeachtet dessen, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Ergebnis ohnedies einstimmig entschieden hat, ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts in jedem Fall das Urteil und nicht ein allfälliges abweichendes Sondervotum maßgeblich.
3.3.3.5. Zur behaupteten Verletzung des Sachlichkeitsgebots:
Sowohl der Verfassungsgerichtshof als auch der Verwaltungsgerichtshof haben sich mit der Frage der Sachlichkeit des Gerichtsgebührensystems nach dem GGG, teils auch konkret mit TP 1 GGG, befasst. Aus der einschlägigen Judikatur folgt, dass die Bedenken des Beschwerdeführers nicht zutreffen.
Bei Gerichtsgebühren ist, wie auch der Beschwerdeführer nicht in Abrede stellt, eine Äquivalenz im Einzelfall nicht erforderlich. Keine Verfassungsvorschrift steht einer gesetzlichen Regelung entgegen, die dem Prinzip der Nutzenäquivalenz folgend den Parteien eines zivilgerichtlichen Verfahrens entsprechend den jeweiligen Unterschieden des im Streitwert ausgedrückten Interesses unterschiedlich hohe Gebühren abverlangt (als Abgeltung für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte; vgl. § 1 Abs 1 GGG); siehe VfGH 01.03.2007, B 301/06. Seine Judikatur, wonach eine strenge Äquivalenz im Einzelfall in dem Sinn, dass die Gebühren dem bei Gericht verursachten Aufwand entsprechen müssten, nicht erforderlich ist, hat der Verfassungsgerichtshof erst im Vorjahr bekräftigt; vgl. VfGH 18.06.2018, E 421/2018. Gerichtsgebühren sind - wie Gebühren nach dem Gebührengesetz - nicht als Gegenleistungen für konkrete Leistungen konzipiert und unterliegen als solche keinem strengen (Kosten-)Äquivalenzprinzip, das die Erzielung fiskalischer Erträge für den Steuergläubiger ausschließt. Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs stellen die Gerichtsgebühren Abgaben dar, bei denen im Einzelfall eine Äquivalenz der Amtshandlungen nicht erforderlich ist; VwGH 02.07.1998, 96/16/0105; 30.04.2003, 2000/16/0086. Aus diesem Grund ist die Vorschreibung von Gerichtsgebühren auch keine Entscheidung über "civil rights" iSd Art. 6 EMRK (VfGH 01.03.2007, B 301/06; VwGH 18.09.2003, 2003/16/0040). Überdies liegt es im Wesen einer Pauschalierung, wie sie bei der gesetzlichen Regelung der Pauschalgebühr nach TP 1 des GGG vorgenommen wird, dass sie nicht jedem Einzelfall in seiner Maßgeblichkeit für den Abgabenschuldner einerseits, aber auch für den Abgabengläubiger andererseits gerecht werden kann. Dies führt aber nicht dazu, dass die Regelung als solche als nicht sachgerecht zu betrachten ist; VwGH 04.11.1994, 94/16/0231. Angesichts dieser Rechtsprechung ist die Auffassung, der dem Gericht verursachte Verfahrensaufwand sei bei der Gerichtsgebührenpflicht zu berücksichtigen, in dieser Form nicht zutreffend.
Weder der Verfassungsgerichtshof noch der Verwaltungsgerichtshof hegen Bedenken gegen den grundsätzlich vom Kläger festgelegten Streitwert als Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühren im Sinne einer Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren.
Bereits in VfSlg. 11.751/1988 hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Anknüpfung der Gerichtsgebühren an "leicht feststellbare äußere Merkmale" - der Gerichtshof nannte beispielhaft die Höhe eines Kaufpreises und die Höhe einer Kapitalerhöhung - sachgerecht ist. Der Gesetzgeber darf bei der Regelung von Gerichtsgebühren von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und es steht dem Gesetzgeber frei, bei der Bemessung von Gerichtsgebühren Gesichtspunkte der Verwaltungsökonomie zu berücksichtigen; das System muss freilich in sich konsistent ausgestaltet sein; vgl. mwN VfSlg 19.943/2014. Es erscheint vor diesem Hintergrund nicht unsachlich und auch nicht inkonsistent, wenn das GGG in der hier einschlägigen TP 1 die Gebühren (ab einer bestimmten Höhe des Streitwertes) in einem Hundertsatz des jeweiligen Streitwertes festlegt, sodass sich ihre Höhe linear mit steigendem Streitwert bewegt und dementsprechend für die Gerichtsgebühren keine Obergrenze besteht (die bei höheren Streitwerten zu einer Gebührendegression führen würde).
Im Gegenteil, im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gebotene konsistente Ausgestaltung des Systems vermag der Beschwerdeführer gerade nicht darzulegen und ist auch sonst nicht erkennbar, inwieweit eine Obergrenze - eben wegen der dadurch bewirkten Gebührendegression - im Sinne des Sachlichkeitsgebots erforderlich sein sollte. Es erübrigt sich jedenfalls vor diesem Hintergrund, näher auf die Argumentation des Beschwerdeführers einzugehen, wonach der Kostendeckungsgrad von 110 %, den die österreichische Justiz durch Gerichtsgebühren erziele, für die Unsachlichkeit des Fehlens einer Obergrenze sprechen sollte. Es genügt, in diesem Zusammenhang erneut auf die bereits erörterte Argumentation des Verfassungsgerichtshofs zu verweisen. Demnach sind Gerichtsgebühren nicht als Gegenleistungen für konkrete Leistungen konzipiert und unterliegen als solche keinem strengen (Kosten-)Äquivalenzprinzip, das die Erzielung fiskalischer Erträge für den Steuergläubiger ausschließt; vgl. VfGH 18.06.2018, E421/2018.
Auch erweckt der Prozentsatz der Gebühr von 1,2 % des Streitwertes für das erstinstanzliche Verfahren keine Bedenken ob seiner Sachlichkeit. Dass diese Regelung bei sehr hohen Streitwerten zu entsprechend hohen Gebühren führen, liegt im Wesen des vom Verfassungsgerichtshof für verfassungskonform befundenen Pauschalgebührensystems; vgl. VfGH 27.11.2000, B 119/98, zitiert nach Dokalik, Gerichtsgebühren13, § 1 GGG E3. In Anbetracht dessen kann die Argumentation des Beschwerdeführers, vermögende Personen würden unsachlich benachteiligt werden, nicht geteilt werden. Die nach TP 1 GGG zu leistende Gerichtsgebühr richtet sich schließlich nicht nach dem Vermögen des Klägers, sondern nach dem Streitwert. Dieser lässt sich letztlich als monetär bewertetes Interesse des Klägers am Verfahren begreifen.
Ähnlich wie der Verfassungsgerichtshof argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof: Das GGG knüpfe bewusst an formale äußere Tatbestände an, um, eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten; vgl. zuletzt VwGH 22.10.2015, Ro 2014/16/0021). Dies ist weder unsachlich noch gleichheitswidrig; VwGH 03.09.1987, 86/16/0050 und 16.11.2004, 2004/16/0125, 0126; VfGH 29.11.2007, B 1883/07.
Auf S 10 und 11 seines Schriftsatzes geht der Beschwerdeführer auf verschiedene Ansinnen und Äußerungen betreffend mögliche Änderungen im Recht der österreichischen Gerichtsgebühren ein. Auch in diesem Zusammenhang ist auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs hinzuweisen. In VfSlg 19.943/2014 hielt der Gerichtshof an seiner Judikatur fest, wonach dem Gesetzgeber bei der Festsetzung und Bemessung von Gerichtsgebühren ein weiter rechtspolitischer Gestaltungspielraum zusteht. Es ist nicht die Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichts, derartige Vorschläge zu kommentieren.
3.4. Zusammenfassung:
Da das Bundesverwaltungsgericht weder einen Verstoß des angefochtenen Bescheids gegen das einfache Gesetz erkennen noch - in Anbetracht der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofs - die verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers gegen die maßgeblichen Normen teilen konnte, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.
3.5. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt. Sie konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen, weil im vorliegenden Fall die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung auch im Hinblick auf Art 6 Abs 1 EMRK und Art 47 GRC nicht ersichtlich war. Vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/ Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist, und VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132, wonach Angelegenheiten der Gerichtsgebühren nicht in den Anwendungsbereich des Art 6 EMRK fallen).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. gegenständlich insbesondere des Verfassungsgerichtshofes (vgl. die zahlreichen Zitate) bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
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