BVwG W208 2178182-1

BVwGW208 2178182-17.12.2017

B-VG Art.133 Abs4
GEG §6a Abs1
GGG Art.1 §19a
GGG Art.1 §32 TP2
RATG §7
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W208.2178182.1.00

 

Spruch:

W208 2178182-1/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX GmbH, vertreten durch XXXX Rechtsanwälte GmbH, XXXX , gegen den Bescheid der PRÄSIDENTIN DES HANDELSGERICHT WIEN vom 04.10.2017, GZ Jv 2282-15d-33, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet

abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

BEGRÜNDUNG:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Am 30.12.2013 brachte die beschwerdeführende GmbH (im Folgenden: BF) eine Klage beim Handelsgericht WIEN (im Folgenden: HG) auf Aufhebung eines Schiedsspruches ein und bewertete die Klage mit einem Streitwert von € 1.000.000,--. Der Streitwert wurde in der Folge vom HG gemäß § 7 RATG mit Beschluss vom 22.10.2014 mit €

16.372.721,96 festgesetzt. Gegen das am 31.03.2015 ergangene Urteil wurde Berufung erhoben.

 

2. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) der Kostenbeamtin des HG vom 30.04.2015, 47 Cg 99/13f - VNR 3 (Zustelldatum 07.05.2015 ), wurde die BF aufgefordert eine Pauschalgebühr nach TP 2 GGG (Bemessungsgrundlage € 16.372.721,96) iHv von € 328.904,40 zuzüglich € 8,- Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs 1 GEG, insgesamt € 328.912,40 binnen 14 Tagen auf das Konto des HG zu überweisen.

 

3. Mit Vorstellung (datiert und elektronisch eingebracht am 20.05.2015), focht der Rechtsvertreter der BF den oben angeführten Zahlungsauftrag an und begehrte die ersatzlose Aufhebung, in eventu – unter Hinweis auf ein anhängiges Verfahren beim BVwG zu Jv 634/15 in der gleichen Rechtsfrage – die Aussetzung.

 

4. Mit Bescheid vom 02.06.2015 (zugestellt 15.06.2015) wurde – gemäß Aktenvermerk vom 21.05.2015 nach Ermittlungen, die zu Tage brachten, dass die BF im Verfahren Jv 634/15 eine Beschwerde beim BVwG anhängig gemacht hatten - das Verfahren ausgesetzt [ON 4–7].

 

5. Mit Erkenntnis vom 21.12.2016, W208 2104776-1/6E wies das BVwG in der ausgesetzten Sache Jv 634/15 die Beschwerde, die sich gegen die Vorschreibung von Gerichtsgebühren gemäß TP 1 zum selben Sachverhalt richtete, ab. Die Behandlung der dagegen eingebrachte Beschwerde an den VfGH, wurde von diesem mit Beschluss vom 08.06.2017, E 295/2017 abgelehnt.

 

6. Im beschwerdegegenständlichen Bescheid vom 04.10.2017 (Zustellungsdatum 16.10.2017), führte die Präsidentin der HG im Spruch wie folgt aus [ON 9]:

 

"1.) Der Vorstellung wird keine Folge gegeben.

 

2.) Auf Grund der Vorstellung wird der Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) des Handelsgerichtes Wien vom 30. April 2015 dahingehend berichtigt, dass die vorzuschreibende Gebühr nach Tarifpost 2 GGG insgesamt EUR 328.912,38 beträgt."

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Justizverwaltungsbehörde an den mit Gerichtsentscheidung gemäß § 7 RATG vom 22.10.2014 festgesetzten Streitwert von € 16.372.721,96 gebunden sei. Das Äquivalenzprinzip gelte nicht. Bei einem Streitwert von 16,4 Millionen Euro sei eine Pauschalgebühr von €

328.912,38 nicht exzessiv.

 

7. Dagegen richtete sich die Beschwerde des Rechtsanwaltes der BF vom 25.10.2017, die dieser offenbar irrtümlich elektronisch direkt beim BVwG einbrachte und die vom BVwG gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG mit Beschluss (datiert 27.10.2017 – elektronisch signiert am 31.10.2017) an die belangte Behörde weitergeleitet wurde.

 

8. Mit Schriftsatz vom 21.11.2017 (neuerlich beim BVwG eingelangt am 29.11.2017) legte die belangte Behörde – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem BVwG vor.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Der im Pkt. I. angeführte Sachverhalt wird festgestellt. Insbesondere wird festgestellt, dass die BF als klagende Partei am 29.04.2015 (Druckdatum 30.04.2015) elektronisch eine Berufung (Berufungsinteresse € 16.372.721,96) gegen das Urteil des HG WIEN vom 31.03.2015, 47 Cg 99/13 f beim HG WIEN eingebracht hat.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellung des Verfahrensganges und des rechtserheblichen Sachverhaltes konnte unmittelbar aufgrund der Aktenlage erfolgen. Entgegen der Feststellung im angefochtenen Bescheid auf Seite 3 – die offensichtlich irrtümlich erfolgt ist – wurde die Berufung gegen das Urteil vom 31.03.2015 nicht von der beklagten Partei, sondern von der klagenden Partei (der BF) eingebracht. Das ergibt sich aus den Ausführungen der BF selbst in ihrer Beschwerde (Punkt 1.1.) und der dem BVwG vorgelegten Berufungsschrift.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Zuständigkeit und Verfahren

 

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen. Da der Bescheid am 16.10.2017 dem Rechtsvertreter der BF zugestellt und die Beschwerde am 31.10.2017 vom BVwG (wo sie ursprünglich falsch eingebracht wurde) an das HG weitergeleitet wurde, ist diese rechtzeitig. Auch sind keine anderen Gründe, die für die Unzulässigkeit der Beschwerde sprächen, zu erkennen.

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im GEG bzw. GGG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Daher wird der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren in der Beschwerde begrenzt. Die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützen kann, umfassen insbesondere Verfahrensfehler, materielle Rechtswidrigkeit oder Unzuständigkeit der Behörde (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K3).

 

§ 28 VwGVG lautet:

 

"(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

 

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

 

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist."

 

Absatz 2 Z 1 leg cit trifft hier zu.

 

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags – der hier ohnehin nicht vorliegt - von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von "civil rights" unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305 mwN). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art. 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage feststeht und die Rechtsfrage aufgrund der vorliegenden Rsp der Höchstgerichte auch nicht als komplex anzusehen ist.

 

Zu A)

 

3.2. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

 

3.2.1. Anfechtungsgegenstand

 

Das BVwG hat den Bescheid gemäß § 27 VwGVG aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung zu überprüfen, entscheidet aber grundsätzlich in der Sache nach der jeweilig festgestellten Sach- und Rechtslage. Die BF hat die Höhe der Gerichtsgebühren zum Gegenstand ihrer Anfechtung gemacht und war daher gemäß § 27 iVm § 28 Abs 2 VwGVG darüber, nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung, abzusprechen.

 

Tarifpost 2 (TP 2) GGG legt nach der Höhe des Berufungsinteresses abgestufte Pauschalgebühren für das Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz fest. Nach Anmerkung 1 zu TP 2 GGG unterliegen dieser Pauschalgebühr u.a. Berufungsverfahren.

 

Gemäß § 2 Z 1 lit c GGG wird der Anspruch des Bundes auf die Gebühr hinsichtlich der Pauschalgebühr für das zivilgerichtliche Verfahren zweiter Instanz mit der Überreichung der Rechtsmittelschrift begründet.

 

Die BF bestreitet nicht, dass sie das angeführte Rechtsmittel der Berufung eingebracht hat und die belangte Behörde an die gerichtliche Festsetzung des Streitwertes gemäß § 7 RATG bzw in der Folge an das Berufungsinteresse – das sich im vorliegenden Fall mit dem Streitwert deckt - gebunden ist.

 

Das BVwG stellt dazu fest, dass die belangte Behörde die Höhe der Gebühr von € 328.912,38 - die gemäß TP 2 GGG 1,8 % vom Berufungsinteresse, € 294.708,99, zuzüglich € 4.295,--, zuzüglich 10 % Streitgenossenzuschlag gemäß § 19a GGG (weil es sich um mehrere beklagte Parteien handelt) und € 8,-- Eihebungsgebühr beträgt - korrekt von der Bemessungsgrundlage € 16.372.721,96 berechnet hat. Die BF bringt auch nicht vor, dass die Berechnung unrichtig wäre.

 

Die BF bekämpft die Bestimmung der Tarifpost 2 GGG selbst, die sie für rechts- und verfassungswidrig hält, weil anders als die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung ausgeführt hat, die Gerichtsgebühren dem Äquivalenzprinzip unterliegen würden.

 

Sie stellt detaillierte Berechnungen (anhand von öffentlich zugänglichen Budgetdaten und einem Bericht der CEPEJ, Evaluation Report on European Judical Systems 2016) an und kommt zusammengefasst unter Zitierung einer Reihe von VfGH-Entscheidung zum Schluss, dass das verfassungsrechtliche Prinzip der Gesamtäquivalenz der Gerichtsgebühren nicht (mehr) gegeben sei, weil ein Kostendeckungsgrad von etwa 123 % und unzulässige Quersubventionen außerhalb der Zivilgerichtsbarkeit für andere Bereich der Justiz vorlägen.

 

Aus diesem Grund beantragt sie die Aufhebung des Mandatsbescheides vom 30.04.2015 der mit dem angefochtenen Bescheid – durch Abweisung der Vorstellung - bestätigt wurde und regte in eventu einen Antragstellung auf Aufhebung der TP 2 beim VfGH an.

 

3.2.2. Zur Anregung auf Gesetzesprüfung der präjudiziellen Norm (TP 2 GGG) gemäß Art 135 Abs 4 B-VG iVm Art 89 Abs 2 B-VG und Art 140 Abs 1 Z 1 lit a B-VG bzw zur Verfassungsmäßigkeit des § 32 TP 2 GGG.

 

Der VfGH und der VwGH haben in ihrer Rsp im Wesentlichen zur Äquivalenz bzw zum System der Gerichtsgebühren ausgeführt (Hervorhebungen durch BVwG):

 

"Das System der Gerichtsgebühren (insb die §§ 14 und 18 GGG) ist nicht verfassungswidrig (VfGH 17.06.1996, B 1609/96; 10.06.2002, B 1976/99 zitiert in Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren12, § 1 GGG, E 2).

 

Die Bemessung der Gerichtsgebühren nach dem Streitwert im Gerichtsverfahren dient offenbar der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens und ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Bei Gerichtsgebühren ist eine Äquivalenz im Einzelfall nicht erforderlich. Durch die Höhe der Gebühren wird im vorliegenden Fall auch nicht der effektive Zugang zu einem Gericht iS des Art 6 Abs 1 EMRK aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert. Festlegung in Abhängigkeit vom Streitwert üblich (siehe die zitierte Rechtsprechung des EGMR). Einbringung von Gerichtsgebühren nicht im Kernbereich der civil rights, nachprüfende Kontrolle durch Verwaltungsgerichtshof daher ausreichend (VfGH 01.03.2007, B 301/06 [VfSlg 18070/2007]).

 

Da das Tätigwerden der Gerichte nicht von der Zahlung der Gerichtsgebühren abhängt, wird dem Kläger der Zugang zu einem Gericht nicht verwehrt. Die Möglichkeiten der Gebührenbefreiung [ ] sichern ein ausreichendes Maß an Flexibilität (EGMR U 09.12.2010, Urbanek gegen Österreich, Nr. 35123/05, NL 2010, 361 = ecolex 2011,272).

 

Bei den Gerichtsgebühren handelt es sich um Abgaben des Bundes (E VfGH 27.9.1969, B 35/69, VfSlg 6028/1969). Für die Gerichtsgebühren gilt somit das Äquivalenzprinzip - das allenfalls bei Gebühren für die Erbringung einer bestimmten Leistung in Betracht kommt (Hinweis E VfGH 29.3.1962, B 114/61, VfSlg 4174/1962; E VfGH 25.6.1975, V 12/74, VfSlg 7583/1975) - nicht. Überdies liegt es im Wesen einer Pauschalierung, wie sie hinsichtlich der gesetzlichen Regelung der Pauschalgebühr nach TP 1 des GGG vorgenommen wird, dass sie nicht jedem Einzelfall in seiner Maßgeblichkeit für den Abgabenschuldner einerseits, aber auch für den Abgabengläubiger andererseits gerecht werden kann. Dies führt aber nicht dazu, dass die Regelung als solche als nicht sachgerecht zu betrachten ist (VwGH 04.11.1994, 94/16/0231).

 

Der VfGH hat sich auch in jüngeren Erkenntnissen – allerdings anlässlich von Beschwerden gegen die TP 1 - mit dem System der Gerichtsgebühren beschäftigt und hat die Behandlung abgelehnt:

 

Vgl etwa das Zitat in VfGH 12.12.2016, E2939/2016: "Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum System der Gerichtsgebühren im Zivilprozess (vgl. VfSlg. 11.751/1988, 18.070/2007, 19.666/2012, 19.943/2014)" lässt ihr Vorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat." oder im Beschluss des VfGH vom 08.06.2017, E 295/2017, das die BF und deren Beschwerde gegen TP 1 selbst betraf und in der ganz ähnlich argumentiert wurde.

 

Der VfGH hat in seiner Entscheidung vom 30.06.2012, G14/12 ua (VfSlg 19.666/2012), der die Prüfung der Anmerkung 1a zu TP 2 betreffend die Pauschalgebühr im Rechtsmittelverfahren über die Erlassung einstweiliger Verfügungen zu Grunde lag, das Folgende ausgeführt und seine bisherige Rsp zusammengefasst (Hervorhebungen durch BVwG):

 

"[ ] 2.2. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (s. etwa VfSlg. 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. zB VfSlg. 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassung wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s. etwa VfSlg. 16.176/2001, 16.504/2002). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (zB VfSlg. 14.301/1995, 15.980/2000 und 16.814/2003).

 

2.3. Der Verfassungsgerichtshof hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach dem Gesetzgeber bei der Festsetzung und Bemessung von Gerichtsgebühren ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zusteht und es dem Gesetzgeber freisteht, im Hinblick auf Kostenwahrheit und das Verursacherprinzip Gebühren für die Inanspruchnahme der Gerichte vorzusehen (VfGH 13.12.2011, G85,86/11). Auch darf der Gesetzgeber bei der Regelung von Gerichtsgebühren von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und an leicht feststellbaren äußeren Merkmalen sachgerecht anknüpfen (VfSlg. 11.751/1988). Dem Gesetzgeber steht es auch frei, bei der Bemessung von Gerichtsgebühren Gesichtspunkte der Verwaltungsökonomie zu berücksichtigen (VfGH 21.9.2011, G34,35/11, Rz 34).

 

Der Verfassungsgerichtshof bleibt auch bei seiner Rechtsprechung, wonach bei Gerichtsgebühren eine strenge Äquivalenz im Einzelfall in dem Sinn, dass die Gebühren dem bei Gericht verursachten Aufwand entsprechen müssten, nicht erforderlich ist (vgl. etwa VfSlg. 11.751/1988, 18.070/2007).

 

2.4. Dieser an sich relativ weite Gestaltungsspielraum, der dem Gesetzgeber bei der Frage zukommt, welchem der genannten Prinzipien er bei der Ausgestaltung des Gerichtsgebührensystems welches Gewicht beimisst, ändert nichts daran, dass das System in sich konsistent ausgestaltet sein muss. [ ]"

 

Die Staffelung der Pauschalgebühren in TP 2 GGG nach Berufungsinteresse und die Festlegung eines relativ geringen Prozentsatzes von 1,8 %, zuzüglich 4.295 Euro, in der höchsten Stufe, erscheint nicht inkonsistent; wobei das BVwG nicht verkennt, dass es damit bei sehr hohem Berufungsinteresse auch zu entsprechend hohen Gerichtsgebühren kommen kann, die im Einzelfall mit dem Aufwand des Gerichtes nicht mehr in Einklang zu bringen sind. Auf den Aufwand kommt es in einem Pauschalgebührensystem jedoch nach der ständigen Rsp des VwGH und des VfGH nicht an und ist diese Rechtsfrage nicht anderes zu beurteilen als jene zu TP 1, wo in der letzten Stufe 1,2 % vom Streitwert, zuzüglich 2.987 Euro, vorgesehen ist. Die Rsp der Höchstgerichte zu TP 1 GGG ist daher in diesem Punkt auf TP 2 übertragbar.

 

Bei näherer Betrachtung der vom der BF zitierten Erkenntnisse zeigt sich, dass die dort gelösten Rechtsfragen und dahinterliegenden Sachverhalte keineswegs mit dem System der Gerichtsgebühren (als Abgaben) vergleichbar sind und daher nicht erfolgreich ins Treffen geführt werden können.

 

So geht es in diesen beispielsweise, um die Festsetzung der Höhe der einzelnen Tarifposten in der Austro Control-GebührenV (VfSlg 14.473/1996), den Gebührenansatz für den Linzer Großmarkt (VfSlg 8.847/1980), und in VfSlg 13.726/1994, um die nicht vorliegende sachliche Rechtfertigung durch verwaltungsökonomische Überlegungen des Ausschlusses von Neuveranlagungen und Nachveranlagungen zur Vermögensteuer bei Wertpapieren angesichts der grundsätzlichen Berücksichtigung wesentlicher Wertänderungen bei sonstigen Vermögenswerten.

 

Zur Gesamtäquivalenz führt die BF insbesondere VfGH 12.12.2000, B 2010/99, VfSlg 16.048, ins Treffen, wo bei einem Kostendeckungsgrad von 85 % eine Verletzung des Kostendeckungsprinzipes durch den VfGH noch nicht angenommen wurde. Auch in dieser Entscheidung geht jedoch nicht um Gerichtsgebühren, sondern um die GebührenO der Wiener Börse AG für das Verfahren vor der Übernahmekommission sowie gegen die in dieser GebührenO vorgesehene Mindestgebühr, somit um einen nicht vergleichbare Sachverhalt.

 

Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des Systems der Gerichtsgebühren im Hinblick auf TP 2 GGG, bestehen vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung der Höchstgerichte sowie dem weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei Festsetzung und Bemessung von Gerichtsgebühren (vgl VfGH 30.06.2012, G 14/12 ua.) nicht, sodass die von der BF angeregte Beantragung einer Gesetzesprüfung durch den VfGH zu unterbleiben hatte.

 

Dem angefochtenen Bescheid ist aus den von der BF angeführten Gründen, eine Rechtswidrigkeit iSd Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG nicht anzulasten, weshalb die Beschwerde gem. § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen war.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Auf die oben dargestellten auf den vorliegenden Fall übertragbaren Grundsatzentscheidungen des VfGH und des VwGH wird verwiesen.

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