SchUG §71 Abs2
SchUG §71 Abs9
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W203.2174159.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX 2001, vertreten durch seine erziehungsberechtigten Eltern XXXX und XXXX , gegen den Bescheid des Landesschulrates für Niederösterreich vom 05.10.2017, Zl. I-26162/2-2017, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG i.V.m. § 71 SchUG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides zu lauten hat: "Der Widerspruch wird als unzulässig zurückgewiesen."
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) besuchte im Schuljahr 2016/17 die 6a Klasse des XXXX in XXXX (im Folgenden: XXXX ).
2. Am 22.06.2017 entschied die Klassenkonferenz der 6a Klasse des XXXX , dass der BF auf Grund der Beurteilungen mit "Nicht genügend" in den Pflichtgegenständen Deutsch und Latein die Schulstufe nicht erfolgreich abgeschlossen habe und die Voraussetzungen für die Berechtigung zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe nicht erfülle.
Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel erhoben.
3. Am 01.09.2017 wiederholte die Klassenkonferenz der 6a Klasse des XXXX nach Ablegung einer Wiederholungsprüfung ihre Entscheidung vom 22.06.2017, wonach der BF auf Grund der Beurteilungen mit "Nicht genügend" in den Pflichtgegenständen Deutsch und Latein zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe nicht berechtigt sei.
4. Am 05.09.2017 brachte der BF durch seine gesetzlichen Vertreter unter dem Betreff "Noteneinspruch" einen als "Berufung" bezeichneten, an die Direktion des XXXX gerichteten Widerspruch gegen die Beurteilung mit "Nicht genügend" im Pflichtgegenstand Deutsch ein. Die Entscheidung, dass der BF zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe nicht berechtigt sei, wurde nicht beeinsprucht.
5. Mit Bescheid des Landesschulrates für Niederösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) vom 05.10.2017, GZ: I-26162/2-2017 (im Folgenden: angefochtener Bescheid), erging über den Widerspruch vom 05.09.2017 folgender Spruch: " XXXX , geb. am XXXX 2001, ist gemäß § 25 Abs. 1 in Verbindung mit § 71 Abs. 4 und 6 des Schulunterrichtsgesetzes (SchUG, BGBl. Nr. 42/1986 in der geltenden Fassung) zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe der von ihm besuchten Schulart / Schulform nicht [Anmerkung: "nicht" durch Unterstreichen hervorgehoben] berechtigt."
6. Am 12.10.2017 brachte der BF Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 05.10.2017 ein. Begründet wurde die Beschwerde im Wesentlichen damit, dass die Beurteilung im Pflichtgegenstand Deutsch mit "Nicht genügend" zu Unrecht erfolgt sei, da der BF "bei genauerer Betrachtung aller Informationen" eine positiv zu bewertende Leistung erbracht habe. Es werde daher der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid vollinhaltlich aufzuheben und "die Jahresbewertung [ ] im Fach Deutsch entsprechend der Leistung im Rahmen der vorliegenden Beweise zu korrigieren und gem. § 71 Abs. 6 SchUG ein Jahreszeugnis auszustellen, das diese Beurteilung enthält."
7. Einlangend am 20.10.2017, wurde die Beschwerde von der belangten Behörde - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - samt zugehörigem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist auf Grund der Beurteilung mit "Nicht genügend" in insgesamt zwei Pflichtgegenständen nicht berechtigt, im Schuljahr 2017/18 in die nächsthöhere Schulstufe aufzusteigen.
Weder im Widerspruch noch in der Beschwerde wird geltend gemacht, dass der BF zum Aufsteigen berechtigt sei, sondern es wird lediglich die Beurteilung in einem Pflichtgegenstand – nämlich Deutsch - als nicht gerechtfertigt vorgebracht und ersucht, dies im Jahreszeugnis entsprechend zu korrigieren.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde, dem Widerspruch und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 i.d.F. BGBl. I Nr. 164/2013, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im gegenständlichen Verfahren liegt mangels einer anderslautenden Bestimmung Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt habe.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 ) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. Zu Spruchpunkt A) (Abweisung der Beschwerde):
3.2.1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz – SchUG), BGBl. Nr. 472/1986 i.d.g.F. lauten wie folgt:
"§ 25. (1) Ein Schüler ist zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn er die Schulstufe erfolgreich abgeschlossen hat. Eine Schulstufe ist erfolgreich abgeschlossen, wenn das Jahreszeugnis in allen Pflichtgegenständen eine Beurteilung aufweist und in keinem Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" enthält. Eine Schulstufe gilt auch dann als erfolgreich abgeschlossen, wenn bei Wiederholen von Schulstufen das Jahreszeugnis in höchstens einem Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" enthält und dieser Pflichtgegenstand vor der Wiederholung der Schulstufe zumindest mit "Befriedigend" beurteilt wurde.
(2) Ein Schüler ist ferner zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn das Jahreszeugnis zwar in einem Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" enthält, aber
a) der Schüler nicht auch schon im Jahreszeugnis des vorhergegangenen Schuljahres in demselben Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" erhalten hat,
b) der betreffende Pflichtgegenstand - ausgenommen an Berufsschulen - in einer höheren Schulstufe lehrplanmäßig vorgesehen ist und
c) die Klassenkonferenz feststellt, daß der Schüler auf Grund seiner Leistungen in den übrigen Pflichtgegenständen die Voraussetzungen zur erfolgreichen Teilnahme am Unterricht der nächsthöheren Schulstufe im Hinblick auf die Aufgabe der betreffenden Schulart aufweist.
[ ]
§ 70. (1) Soweit zur Durchführung von Verfahren andere Organe als die Schulbehörden des Bundes berufen sind, finden die allgemeinen Verfahrensbestimmungen des AVG keine Anwendung und sind in den nachstehend angeführten Angelegenheiten die Absätze 2 bis 4 anzuwenden:
a) Aufnahme in die Schule und Übertritt in eine andere Schulart oder eine andere Form oder Fachrichtung einer Schulart (§§ 3 bis 5, 29 bis 31),
b) Zulassung zu Aufnahms- und Eignungsprüfungen (§ 6),
c) Besuch von Pflichtgegenständen, Freigegenständen, verbindlichen und unverbindlichen Übungen, des Förderunterrichtes, des Betreuungsteils an ganztägigen Schulen, das Überspringen einzelner Unterrichtsgegenstände sowie die zeitweise Teilnahme am Unterricht in einem höheren Semester (§§ 11, 12, 12a, 26b, 26c),
d) Festlegung besonderer Lehrplanmaßnahmen für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf (§ 17 Abs. 4 lit. b),
e) Bestimmung von Beurteilungsgrundlagen gemäß § 18 Abs. 12,
f) Stundung von Feststellungsprüfungen (§ 20 Abs. 3),
g) Maßnahmen der Begabungsförderung (§§ 26, 26a, 26b, 26c),
h) Verlängerung der Höchstdauer des Schulbesuches (§ 32 Abs. 8),
i) Zulassung zu abschließenden Prüfungen einschließlich Vorprüfungen und Zusatzprüfungen in einer anderen als der beantragten Form und Nichtzulassung zu diesen Prüfungen sowie Zulassung zu Externistenprüfungen (§§ 36a, 40 bis 42),
j) Fernbleiben von der Schule (§ 45),
k) Versetzung in eine Parallelklasse oder einen anderen Lehrgang (§ 47 Abs. 2).
[ ]
Provisorialverfahren (Widerspruch)
§ 71. (1) Gegen Entscheidungen in den Angelegenheiten des § 70 Abs. 1 ist Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. Der Widerspruch ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) innerhalb von fünf Tagen bei der Schule, im Falle der Externistenprüfungen bei der Prüfungskommission, einzubringen.
(2) Gegen die Entscheidung,
a) daß die Einstufungs-, Aufnahms- oder Eignungsprüfung nicht bestanden worden ist (§§ 3, 8, 28 bis 31),
b) betreffend den Wechsel von Schulstufen in der Grundstufe I der Volksschule (§ 17 Abs. 5),
c) dass der Schüler zum Aufsteigen nicht berechtigt ist oder die letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen hat (Entscheidung gemäß § 20 Abs. 6, 8 und 10, Entscheidung nach Ablegung von einer oder zwei Wiederholungsprüfungen, jeweils in Verbindung mit § 25) oder zum Übertritt in eine mindestens dreijährige mittlere oder in eine höhere Schule nicht berechtigt ist (Entscheidung gemäß § 20 Abs. 6a),
d) daß die Aufnahmsprüfung gemäß § 31b Abs. 4 nicht bestanden worden ist,
e) daß der Schüler auf der nächsten Schulstufe eine niedrigere Leistungsgruppe zu besuchen hat oder daß sein Antrag auf Umstufung in die höhere Leistungsgruppe für die nächste Schulstufe abgelehnt wird (§ 31c Abs. 6),
f) daß eine Reifeprüfung, eine Reife- und Diplomprüfung, eine Diplomprüfung, eine Abschlußprüfung, eine Zusatzprüfung oder eine Externistenprüfung nicht bestanden worden ist (§§ 38, 41, 42),
g) dass dem Ansuchen gemäß § 26a nicht vollinhaltlich stattgegeben wurde,
h) dass die letztmögliche Wiederholung einer Semesterprüfung (§ 23a) nicht bestanden worden ist,
ist ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. Der Widerspruch ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) innerhalb von fünf Tagen bei der Schule, im Falle der Externistenprüfungen bei der Prüfungskommission, einzubringen. Der Schulleiter (der Vorsitzende der Prüfungskommission) hat den Widerspruch unter Anschluß einer Stellungnahme der Lehrer (Prüfer), auf deren Beurteilungen sich die Entscheidung gründet, sowie unter Anschluß aller sonstigen Beweismittel unverzüglich der zuständigen Schulbehörde vorzulegen.
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(4) Die zuständige Schulbehörde hat in den Fällen des Abs. 2, insoweit sich der Widerspruch auf behauptete unrichtige Beurteilungen mit "Nicht genügend" stützt, diese zu überprüfen. Wenn die Unterlagen nicht zur Feststellung, daß eine auf "Nicht genügend" lautende Beurteilung unrichtig oder richtig war, ausreichen, ist das Verfahren zu unterbrechen und der Widerspruchswerber zu einer kommissionellen Prüfung (Abs. 5) zuzulassen. Die Überprüfung der Beurteilungen bzw. die Zulassung zur kommissionellen Prüfung hat auch dann zu erfolgen, wenn deren Ergebnis keine Grundlage für eine Änderung der angefochtenen Entscheidung gibt.
[ ]
(9) Gegen andere als in Abs. 1 und 2 genannte Entscheidungen von schulischen Organen ist ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde nicht zulässig."
3.2.2. Zur Abweisung der Beschwerde:
Im Schulunterrichtsgesetz sind die Entscheidungen der schulischen Organe, gegen die Widerspruch zulässig ist, abschließend aufgezählt. So ist u.a. Widerspruch gegen die Entscheidung, dass ein Schüler zum Aufsteigen nicht berechtigt ist, möglich (§ 71 Abs. 2 lit. c SchUG), nicht aber gegen die Beurteilung – auch nicht mit "Nicht genügend" - in einzelnen Pflichtgegenständen (vgl. dazu auch Simone Hauser, Kommentar zum Schulunterrichtsgesetz [2014], zu § 71 SchUG [S. 694]).
Verfahrensgegenständlich ergeben sich weder aus dem Widerspruch des BF noch aus dem sonstigen Akteninhalt Hinweise darauf, dass der BF mit seiner Eingabe vom 05.09.2017 an die Direktion des XXXX den Standpunkt vertrat, dass er entgegen der Entscheidung der Klassenkonferenz zum Aufsteigen berechtigt sei. Dabei ist keinesfalls erforderlich, dass im Widerspruch selbst der Ausdruck "Aufsteigen in die nächste Schulstufe" verwendet wird, sondern es kommt bei der Auslegung von Parteienanbringen vielmehr auf das aus diesem erkenn- und erschließbare Ziel des Einschreiters an. Parteienerklärungen und damit auch Anbringen sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist es der Behörde verwehrt, diesem eine abweichende, eigene Deutung zu geben. Wenn jedoch der Inhalt eines von einer Partei gestellten Anbringens unklar ist, ist die Behörde entsprechend den ihr gemäß § 37 iVm § 39 AVG obliegenden Aufgaben verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung seines Begehrens aufzufordern. (vgl. VwGH 13.03.2016, 2013/17/0705).
Im hier vorliegenden Fall bleibt das Begehren des BF aber weder unklar noch zweifelhaft, da weder im Widerspruch noch in der Beschwerde auch nur ansatzweise vorgebracht wird, dass dem BF zu Unrecht das Aufsteigen verwehrt worden wäre. Der Widerspruch richtet sich inhaltlich eindeutig nur gegen die negative Beurteilung im Pflichtgegenstand Deutsch, sodass auch für den Fall, dass dem Vorbringen des BF folgend die beanstandete Beurteilung tatsächlich zu Unrecht erfolgt wäre, immer noch die – unbeanstandet gebliebene - Beurteilung mit "Nicht genügend" im Pflichtgegenstand Latein verbleiben würde, was einem Aufsteigen – abgesehen von der Ausnahmeregelung der Gewährung der "Aufstiegsklausel" gemäß § 25 Abs. 2 lit. c) SchUG, deren Anwendbarkeit aber in der Beschwerde nicht vorgebracht wird und wofür sich auch aus dem sonstigen Akteninhalt keine Hinweise ergeben - entgegen stünde. Vielmehr lassen beide Schriftsätze – sowohl der Widerspruch als auch die Beschwerde – den eindeutigen Wunsch des BF erkennen, die Beurteilung im Pflichtgegenstand Deutsch zu korrigieren und dies entsprechend im Jahreszeugnis zu vermerken. Weder der Inhalt von Widerspruch und Beschwerde noch die Verwendung des Begriffs "Noteneinspruch" als Betreff oder das ausdrückliche Begehren, ein neues Jahreszeugnis auszustellen, welches auch in der begehrten geänderten Form keine Basis für eine Berechtigung zum Aufsteigen darstellen würde, lassen einen Willen des BF dahingehend erkennen, dass er mit seinem Rechtsmittel die Berechtigung zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe anstrebe. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht verkennt, dass Verfahrensgegenstand ausschließlich ist, ob der angefochtene Bescheid vom 05.10.2017 mit Rechtswidrigkeit behaftet ist oder nicht, und dass für diese Frage der Inhalt der am 12.10.2017 eingebrachten Beschwerde nicht relevant sein kann, dass aber sehr wohl die Beschwerde, mit der im Wesentlichen das Widerspruchsbegehren in etwas ausführlicherer Weise wiederholt wird, zur Ermittlung und Auslegung des tatsächlichen Widerspruchsbegehrens herangezogen werden kann.
Die Beurteilung in einem bestimmten Pflichtgegenstand stellt keine Entscheidung eines schulischen Organs iSd § 71 Abs. 2 SchUG oder keine Angelegenheit iSd § 70 Abs. 1 SchUG dar, gegen die bzw. in der Widerspruch zulässig wäre. Vielmehr stellen die einzelnen Noten im Jahreszeugnis keinen Verwaltungsakt dar, der bekämpfbar wäre, sondern handelt es sich dabei um in verkürzter Form zum Ausdruck gebrachte Gutachten, die allenfalls als Basis für eine im Zeugnis beurkundete Entscheidung dienen können (vgl. RV BlgNR, XIII. GP, EB zu § 71 [S. 61]).
Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof nicht beanstandet, dass die Schulbehörde in einem Fall, in dem ein Beschwerdeführer bei zwei "Nicht genügend" im Jahreszeugnis das ausdrückliche Vorgehen gegen nur eine der beiden negativen Beurteilungen im Zweifel als Widerspruch gegen die Entscheidung, dass dieser nicht zum Aufsteigen berechtigt sei, interpretiert hat (VwGH 14.03.1994, 93/10/0223), das gegenständliche Verfahren unterscheidet sich aber insofern inhaltlich vom zitierten Verfahren, als kein "Zweifelsfall hinsichtlich der Auslegung einer Parteienerklärung" vorliegt. Auch der Umstand, dass der BF in der Beschwerde mehrmals das SchUG – konkret dessen §§ 71 Abs. 6 und 73 Abs. 1 – zitiert, lässt darauf schließen, dass dem BF auch die Regelung des § 71 Abs. 2 SchUG geläufig ist. Wenn aber der BF trotz der – zumindest anzunehmenden – Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen über das Provisorialverfahren seinen Widerspruch gegen keine der in § 71 Abs. 2 SchUG genannten Entscheidungen gerichtet hat, ist umso mehr davon auszugehen, dass sich der Widerspruch eben gegen eine andere, dort nicht genannte Entscheidung richtet.
Insofern bestehen für das erkennende Gericht keine Zweifel daran, dass sich der Widerspruch inhaltlich nicht gegen die Verwehrung des Rechts zum Aufsteigen und auch nicht gegen eine sonstige in § 71 Abs. 2 SchUG taxativ genannte, mit Widerspruch bekämpfbare Entscheidung eines schulischen Organs richtete.
Aus dem bereits weiter oben zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes 93/10/0223 lässt sich nicht ableiten, dass ein Widerspruch in Schulangelegenheiten immer dann statthaft wäre, wenn sich im Falle der Stattgabe die Rechtsposition des Beschwerdeführers verbessern würde. So hat er jüngst erkannt, dass das Gesetz einen Widerspruch gegen eine nichterfolgte Leistungsbeurteilung infolge vorgetäuschter Leistungen in § 71 Abs. 2 SchUG nicht vorsehe und deshalb unzulässig sei (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/10/0106). An anderer Stelle erkannte der Verwaltungsgerichtshof, dass es sich bei den in § 71 Abs. 2 SchUG genannten Angelegenheiten um "existentielle Fragen für den Schüler" handelt, und nur gegen diese ein Widerspruch zulässig sei (vgl. VwGH 15.11.1993, 93/10/0163 mit Verweis auf RV 401 BlgNR, 14. GP Seite 17). Da die Benotung in einem bestimmten Pflichtgegenstand für sich alleine betrachtet keine derartige "existentielle Frage" für den Schüler darstellt, wurde seitens des Gesetzgebers auch folgerichtig keine Widerspruchsmöglichkeit gegen die bloße Benotung vorgesehen.
Schließlich lässt sich auch aus der Bestimmung des § 71 Abs. 4 SchUG, der zu Folge die Schulbehörde "in den Fällen des Abs. 2, insoweit sich der Widerspruch auf behauptete unrichtige Beurteilungen mit Nicht genügend stützt, diese zu überprüfen hat", und zwar auch dann, wenn das Ergebnis der Überprüfung "keine Grundlage für eine Änderung der angefochtenen Entscheidung gibt", für den BF nichts gewinnen. Dies deshalb, weil gegenständlich eben gerade kein Fall des Abs. 2 vorliegt und mangels einer "angefochtenen Entscheidung" iSd § 71 Abs. 2 SchUG auch eine Änderung derselben nicht möglich ist. § 71 Abs. 4 SchUG kann daher immer nur in den Fällen zur Anwendung gelangen, in denen sich der Widerspruch gegen eine der in Abs. 2 leg. cit. aufgezählten Entscheidungen richtet. Dies ist verfahrensgegenständlich nicht der Fall.
Dass der Gesetzgeber dezidiert eine Widerspruchsmöglichkeit ausschließlich gegen die in § 71 Abs. 2 SchUG abschließend aufgezählten Entscheidungen einräumen wollte, hat er auch durch die Regelung des Abs. 9 leg. cit. bekräftigt.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der verfahrensgegenständliche Widerspruch gemäß § 71 Abs. 9 SchUG unzulässig war und demnach von der zuständigen Schulbehörde wegen fehlender Statthaftigkeit des Widerspruchs zurückzuweisen gewesen wäre.
Fällt die belangte Behörde über den Widerspruch eine Sachentscheidung, obwohl dieser wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen gewesen wäre, hat das Verwaltungsgericht die gegen den abweisenden Bescheid erhobene Beschwerde mit der Maßgabe abzuweisen, dass der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides auf "Zurückweisung als unzulässig" zu lauten habe (vgl. in diesem Sinn VwGH 19.01.2010, 2009/05/0097 mit Verweis auf VwGH 28.06.1994, 92/05/0063). Gemäß ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist bei der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nach § 28 VwGVG auf gleiche Weise vorzugehen. Das Verwaltungsgericht hat daher in jenem Fall, dass der Sachentscheidung der Verwaltungsbehörde eine Prozessvoraussetzung - wie zum Beispiel Statthaftigkeit des Rechtsmittels - fehlt, keine prozessuale, sondern eine meritorische und (grundsätzlich auch) reformatorische Entscheidung in Form eines Erkenntnisses zu treffen (VfGH 18.06.2014, G5/2014).
3.2.3. Zur Unterlassung einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt zur Beurteilung der Frage, ob die belangte Behörde zu Recht über den Widerspruch abschlägig – wenn auch mit Abweisung anstelle von Zurückweisung – entschieden hat, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erschien. (vgl. VwGH 17.10.2006, 2005/20/0329; 23.11.2006, 2005/20/0406, VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018).
Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig.
Ebenso liegen im gegenständlichen Fall keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Entfall einer mündlichen Verhandlung allenfalls Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder der Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S. 389, entgegenstehen könnten.
Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz 34 ff).
Es war daher ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Spruchpunkt A) zu entscheiden.
3.3. Zu Spruchpunkt B) (Zulässigkeit der Revision):
3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.3.2. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung insbesondere der nachstehenden Rechtsfragen abhängt, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt:
a) Unter welchen Voraussetzungen ist - insbesondere im Hinblick auf die vom Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen 93/10/0163 bzw. Ra 2016/10/0106 vertretene Rechtsansicht – ein Widerspruch zulässig, auch wenn sich dieser nicht dezidiert gegen eine in § 71 Abs. 2 SchUG aufgezählte Entscheidung richtet?
b) Ist § 71 Abs. 4 SchUG in jedem Fall eines "Noteneinspruches" anzuwenden, oder setzt dessen Anwendbarkeit voraus, dass sich der Widerspruch grundsätzlich gegen eine der in § 71 Abs. 2 SchUG abschließend aufgezählten Entscheidungen richtet?
Da es zu diesen Fragen an einer einheitlichen einschlägigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung mangelt und da sich die hier anzuwendenden Regelungen des Schulunterrichtsgesetzes auch nicht als so klar und eindeutig erweisen (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90), dass sich daraus die vorgenommenen Ableitungen zwingend ergeben würden, ist die Revision zuzulassen.
Es war daher gemäß Spruchpunkt B) zu entscheiden.
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