BVwG W242 2127259-2

BVwGW242 2127259-211.5.2017

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61
AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W242.2127259.2.00

 

Spruch:

W242 2127259-2/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Heumayr als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch die XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, zu Recht:

 

I.) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

 

II.) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer stellte am XXXX einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Eine EURODAC-Abfrage vom selben Tag zu seiner Person ergab keine Treffermeldung. Aus dem Abgleichbericht zur durchgeführten VIS-Abfrage vom 16.12.2015 ergab sich, dass dem Beschwerdeführer durch die italienische Botschaft ein Visum der Kategorie C mit der Gültigkeit vom 11.11.2015 bis 05.12.2015 ausgestellt wurde.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl trat am 11.02.2016 an die zuständige Dublin-Behörde Italiens heran und übermittelte ein auf Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrag auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), gestütztes Aufnahmegesuch.

 

Mit Schreiben vom 15.04.2016 teilte das Bundesamt der italienischen Dublin-Behörde mit, dass die Zuständigkeit Italiens gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-Verordnung zur Durchführung des Verfahrens des Beschwerdeführers übergangen sei.

 

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 12 Abs. 4 iVm Art. 22 Abs. 7 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Prüfung des Antrages zuständig sei. Gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) wurde die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG dessen Abschiebung nach Italien zulässig sei.

 

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.06.2016 gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass besondere, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Italien sprechen, nicht vorliegen würden. Der Beschwerdeführer leide an keiner akut lebensbedrohenden Krankheit und bestünden keine relevanten privaten, familiären oder beruflichen Bindungen im Bundesgebiet. Des Weiteren könne nicht von solchen Mängeln im italienischen Asylsystem gesprochen werden, welche eine Überstellung des Beschwerdeführers jedenfalls unzulässig erscheinen lassen würden.

 

Am 09.09.2016 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg nach Italien überstellt.

 

2. Der Beschwerdeführer reiste erneut ins Bundesgebiet ein und stellte am XXXX den nunmehr verfahrensgegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

 

Anlässlich seiner am 27.09.2016 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten niederschriftlichen Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zusammengefasst zu Protokoll, dass er sich vom 08.09.2016 bis 26.09.2016 in Italien aufgehalten habe.

 

Mit Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag zur Kenntnis gebracht, dass im Zulassungsverfahren Konsultationen mit Italien geführt werden würden.

 

Mit Eingabe vom 28.09.2016 wurden diverse Fotos zum Nachweis von Mängeln bei der Unterbringung in Italien vorgelegt.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl trat am 05.10.2016 an die zuständige Dublin-Behörde Italiens heran und übermittelte ein auf Art 18. Abs. 1 lit b Dublin III-VO gestütztes Ersuchen um Wiederaufnahme.

 

Mit Schreiben vom 15.11.2016 wurde die italienische Dublin-Behörde über das Untertauchen des Beschwerdeführers informiert, womit sich gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängere.

 

Am 02.12.2016 wurde dem Rechtsberater eine Aktenabschrift ausgefolgt.

 

Eine Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG wurde dem Beschwerdeführer am 20.12.2016 zugestellt und ihm damit bekannt gegeben, dass beabsichtigt sei seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da die Zuständigkeit Italiens angenommen werde.

 

Am 16.01.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beiziehung eines Dolmetschers für die XXXX Sprache und in Anwesenheit einer Rechtsberaterin niederschriftlich einvernommen, wobei er im Wesentlichen angab, an einer Rechtsberatung teilgenommen zu haben und der Einvernahme psychisch und physisch folgen zu können. Er habe vor kurzem starken Durchfall gehabt, sonst sei er gesund. Er habe keine Verwandten in Österreich, pflege aber enge Beziehungen zu Kirchenmitgliedern und habe österreichische Freunde.

 

Er sei nach seiner Abschiebung nach Italien schlecht untergebracht worden. Die Waschanlagen seien schmutzig gewesen und es habe in den Betten Insekten gegeben, weshalb er im Freien geschlafen habe. Vom Wasser sei er krank geworden. Die Lage sei unmenschlich gewesen und es habe keinen gekümmert. Er habe von den Angestellten im Camp Hilfe gesucht und nicht bekommen. Er möchte wegen seinem Gesundheitszustand in Österreich bleiben und hier kümmerten sich auch seine Freunde um ihn. Er integriere sich schnell und habe bereits die Deutschprüfung zu A1 abgelegt.

 

In einer Stellungnahme vom 23.01.2017 wies der Beschwerdeführer nochmals auf seine enge Bindung zu seiner Kirche sowie auf die schlechte und gesundheitsgefährdende Lage im italienischen Asylcamp hin. Zudem wurde auf Berichte verwiesen, wonach das Unterbringungssystem in Italien nach wie vor systemische Mängel aufweise.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat mit dem nunmehr angefochtenen, gegenüber dem Beschwerdeführer durch persönliche Ausfolgung am XXXX erlassenen Bescheid, den Antrag auf internationalen Schutz, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz gemäß Artikel 18 Abs. 1 lit d iVm Artikel 25 Abs. 2 der Verordnung 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates Italien zuständig sei. Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, angeordnet und ausgesprochen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 61 Abs. 2 FPG nach Italien zulässig sei.

 

Die belangte Behörde führte im Wesentlichen aus, dass sich die Zuständigkeit Italiens aufgrund von Verfristung ergebe. In der Person des Beschwerdeführers liegende Umstände, die einer Überstellung nach Italien entgegenstünden, würden nicht gegeben sein. Aus den Länderfeststellungen sei ersichtlich, dass Asylwerber – je nach dem tatsächlichen Stand ihres in Italien geführten Asylverfahrens – Anspruch auf Grundversorgung hätten.

 

Zur Lage in Italien wurde im angefochtenen Bescheid durch die belangte Behörde im Wesentlichen festgestellt (durch das Bundesverwaltungsgericht gekürzt wiedergegeben):

 

Allgemeines zum Asylverfahren

 

 

 

Antragsteller 2015

Italien

84.090

  

 

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

 

(Eurostat 3.3.2016a)

 

 

Erstinstanzliche Entscheidungen

Gesamt

Flüchtlings-status

Subsidiärer Schutz

Humanitäre Gründe

NEGATIV

1. Qu. 2015

10.625

705

2.175

2.595

5.145

2. Qu. 2015

13.760

770

2.280

3.410

7.300

3. Qu. 2015

19.645

1.005

2.520

4.325

11.795

4. Qu. 2015

27.310

1.090

3.290

5.440

17.490

GESAMT

71.340

3.570

10.265

15.770

41.730

      

 

Die Daten werden auf

die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

 

(Eurostat 18.9.2015a; Eurostat 18.9.2015b; Eurostat 10.12.2015; Eurostat 3.3.2016b)

 

Die Zahl der Migranten, die nach Italien kommen, ist weit größer als die Zahl derer, die dort bleiben (UNHRC 1.5.2015).

 

Für das erstinstanzliche Asylverfahren in Italien zuständig sind die sogenannten Territorialkommissionen für internationalen Schutz (Commissioni Territoriali per il Riconoscimento della Protezione Internazionale). Es gibt ein mehrstufiges Asylverfahren und Beschwerdemöglichkeiten:

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

Dublin-Rückkehrer

 

Die meisten Dublin-Rückkehrer landen am Flughafen Rom-Fiumicino, einige auch am Flughafen Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Questura für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab.

 

Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in IT gestellt hat, kann er dies tun, wie jeder andere auch. Ist das Verfahren des AW noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere AW. Hat er beim ersten Aufenthalt in Italien eine negative Entscheidung erhalten und dagegen keine Beschwerde eingelegt, kann er zur Außerlandesbringung in ein CIE gebracht werden. Wurde das Verfahren des Rückkehrers negativ entschieden, dieser aber nicht informiert (weil er etwa schon weg war), kann er Beschwerde einlegen. Hat der AW Italien vor seinem persönlichen Interview verlassen und erging folglich eine negative Entscheidung, kann der Rückkehrer ein neues Interview beantragen (AIDA 12.2015).

 

Im Falle einer 8-köpfigen afghanischen Familie, welche über Italien nach Österreich und weiter in die Schweiz gereist ist und welche im Rahmen der Dublin-Verordnung von der Schweiz nach Italien rückzuüberstellen war, hat der EGMR am 4.11.2014 festgestellt, dass eine Überstellung nach Italien das Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) verletzen würde, falls die Schweiz nicht vorab von Italien Einzelfallzusicherungen für eine altersgerechte Betreuung der Kinder und für die Wahrung der Einheit der Familie einholt (sogen. Tarakhel-Urteil) (EGMR 4.11.2014; vgl AIDA 12.2015).

 

Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte IT im Juni 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind (AIDA 12.2015). Im Februar 2016 wurde in einem neuen Rundbrief diese Liste aktualisiert. Sie umfasst 23 SPRAR-Projekte mit zusammen 85 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (MdI 15.2.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

Non-Refoulement

 

Grundsätzlich bietet Italien Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre (USDOS 25.6.2015).

 

Italien bringt gegebenenfalls Antragsteller im Rahmen der Dublin-VO außer Landes oder schiebt in sichere Herkunftsstaaten ab. Zwischen Jänner und August 2015 schob Italien 8.497 Migranten in ihre Heimatländer ab, hauptsächlich Tunesien, Ägypten und Nigeria (USDOS 4.2016).

 

Von Problemen wird von den ital. Adriahäfen (sogen. "offizielle Grenzpunkte") berichtet, wo im Rahmen bilateraler Abkommen direkte und informelle Rückschiebungen von Italien nach Griechenland stattfinden, welche die Betroffenen einem Refoulement-Risiko aussetzen können. Für diese Praxis wurde Italien am 21.10.2014 vom EGMR verurteilt (Sharifi and Others v. Italy and Greece). Zuletzt nahm die Zahl der blinden Passagiere auf den Fähren aber ab, was an geänderten Migrationsrouten liegen dürfte. (AIDA 12.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Versorgung

 

Unterbringung

 

Mit LD 142/2015 wurde ein 2-Phasen-Unterbringungssystem eingeführt, das im Wesentlichen dem davor Üblichen entspricht. Die erste Phase bilden die Ersthelfer- und Unterbringungszentren CPSA, Erstaufnahmezentren CPA und Notfallzentren CAS, sowie Unterbringungszentren CARA. In diesen Einrichtungen sollen AW nur temporär untergebracht werden, bis Verlegung in SPRAR möglich ist. Das SPRAR bildet die 2. Phase der Unterbringung. Fremde sind zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen und wenn eine Bedürftigkeit besteht, welche auf Basis von Eigendeklaration festgestellt wird. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung (bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist). Bei Rechtsmitteln mit automatischer aufschiebender Wirkung besteht das Recht auch bis zur Entscheidung des Gerichts (AIDA 12.2015).

 

Die Praxis, dass der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der Verbalizzazione (formelle Registrierung des Antrags) gegeben ist, anstatt sofort nach Fotosegnalamento (erkennungsdienstliche Behandlung), bestand laut AIDA aber zumindest bis Ende September 2015 fort. Zwischen diesen beiden Schritten waren, abhängig von Region und Antragszahlen, vor allem in den großen Städten Wartezeiten von Wochen oder gar Monaten möglich. Betroffene AW waren daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen, oder es drohte ihnen Obdachlosigkeit. Zum Ausmaß dieses Phänomens gibt es allerdings keine statistischen Zahlen. Auch ist nicht bekannt, wie sich die Situation momentan darstellt. Betroffen waren außerdem nur Personen, die ihren Antrag im Land stellten, keine auf See geretteten AW (AIDA 12.2015).

 

CPSA, CDA, CARA und CAS

 

CPSA (Centri di primo soccorso e accoglienza), CDA (Centri di Accoglienza) und CARA (Centri d’Accoglienza Richiedenti Asilo) umfassen 13 Zentren. Diese Zentren der Erstaufnahme bieten im Vergleich zum SPRAR eher grundlegende Versorgung mit Essen, Kleidung, Basisinformation, Rechtsberatung und medizinischer Notversorgung. Es handelt sich um große Zentren mit vielen Unterbringungsplätzen. Die CAS (Centri di accoglienza straordinaria) dienen hauptsächlich zur Unterbringung von Bootsflüchtlingen, ihre Zahl wird je nach Bedarf angepasst und ist daher nur schwer festzumachen. Die Zahl der Unterbringungsplätze lag im Oktober 2015 bei 7.290 (CPSA, CDA und CARA) und 70.918 (CAS). Es ist geplant, dass bis Ende 2016 die Erstaufnahmestrukturen zu Regionalzentren (Regional Hubs) umgewandelt werden, in denen die ASt. zur Formalisierung ihrer Anträge 7-30 Tage bleiben und dann weiterverlegt werden. Es sollen so bis Mitte 2016 14.750 Plätze zur Verfügung stehen, bzw. 15.500 bis Ende 2016. Am Ende soll es ein derartiges Zentrum in jeder Region des Landes geben. Die Zentren sind offen und dürfen tagsüber verlassen werden. Auf individuelle Bedürfnisse der ASt. (Geschlecht, Alter, Vulnerabilität) ist Rücksicht zu nehmen. In CARA erhalten Untergebrachte EUR 75/Monat Taschengeld, die Höhe des Taschengeldes in CAS ist nicht bekannt (AIDA 12.2015). In der Praxis unterscheiden sich die Unterbringungsbedingungen zwischen den Zentrumstypen und je nach Region zum Teil erheblich. Überbelegung ist oft ein Problem. Da ASt. überall in Italien untergebracht werden können, wo gerade Platz ist, viele es jedoch bevorzugen in Rom zu leben, verlassen viele von ihnen das CARA-System (AIDA 12.2015).

 

SPRAR

 

Die SPRAR-Projekte der Gemeinden (Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati) sind hauptsächlich Wohnungen oder kleine Zentren. Im Mai 2015 bestand das SPRAR aus 430 Einzelprojekten. Die Zahl der Unterbringungsplätze Ende 2015 bei 19.715, aber die Schaffung von 10.000 weiteren Plätzen wurde angekündigt. SPRAR-Projekte bieten Übersetzungsleistungen, linguistisch-kulturelle Mediation, rechtliche Beratung, medizinische Versorgung, sozio-psychologische Unterstützung, Unterstützung Vulnerabler, Integrationsberatung, und Freizeitaktivitäten. Die Unterbringungsbedingungen sind besser als in CARA-Zentren. Es gibt eigene Projekte im Rahmen des SPRAR für UM bzw. geistig oder körperlich Behinderte, welche spezialisierte Leistungen bieten. Im SPRAR Untergebrachte erhalten EUR 60-75 Taschengeld. Das SPRAR verfügt über standardisierte Integrationsprogramme für AW und Schutzberechtigte, die auch Jobtrainings und Praktika umfassen. Auch wenn es Unterschiede zwischen den einzelnen Projekten gibt, werden die Integrationsmaßnahmen in den italienischen Zentren dennoch als unzulänglich kritisiert. Die max. Aufenthaltsdauer im SPRAR liegt bei 6 bis 12 Monaten (AIDA 12.2015; vgl. AIDA 12.3.2016).

 

Für Mitte Februar 2016 wird von insgesamt 105.248 Unterbringungsplätzen (alle Formen) in Italien berichtet. Die meisten davon (wie oben) sind CAS-Plätze (AIDA 12.3.2016).

 

Darüber hinaus existiert außerhalb der staatlichen Strukturen noch ein Netzwerk privater Unterbringungsmöglichkeiten, betrieben etwa von Kirchen und Freiwilligenorganisationen. Ihre Zahl ist schwierig festzumachen. Interessant sind sie im Notfall oder für die Unterbringung von Familien (AIDA 12.2015).

 

Gemäß LD 142/2015 dürfen AW bereits 2 Monate nach Antragstellung arbeiten, wobei es in der Praxis bürokratische Schwierigkeiten bei der Ausübung dieses Rechtes gibt. Die Sprachbarriere ist ebenfalls ein erschwerender Faktor. Sind AW im SPRAR untergebracht, haben sie auch Zugang zu den dortigen Jobtrainings (AIDA 12.2015).

 

Ist in keiner der beiden Strukturen Platz für einen AW vorhanden, wäre für den Zeitraum in dem der AW nicht untergebracht wird, eigentlich ein Taggeld vorgesehen. In der Praxis wird dieses aber nicht ausbezahlt, sondern der AW trotzdem untergebracht und eine gewisse Überbelegung in Kauf genommen (AIDA 12.2015).

 

CIE

 

Zusätzlich sind noch die Schubhaftkapazitäten zu nennen. Italien verfügt über 7 CIE (Centro di identificazione ed espulsione) mit einer Kapazität von 955 Plätzen (AIDA 12.2015).

 

Quellen:

 

 

 

Hotspots

 

In Italien sind bisher 3 Hotspots eröffnet worden (Lampedusa, Pozzallo, Trapani). Geplant sind 6 Hotspots mit insgesamt 2.500 Plätzen. Deren Zweck ist es, dort zusammen mit Personal der europäischen Asylunterstützungsagentur EASO die mixed migration flows zu kanalisieren und Migranten von Asylwerbern zu trennen. Letztere werden in die Regionalzentren überstellt (AIDA 12.2015; UNHCR 18.2.2016). Bestimmte Nationalitäten kommen für Relocation in andere EU-Länder in Frage (AI 24.2.2016).

 

Die Hotspots ernteten Kritik von NGOs, da es sich um geschlossene Zentren handelt. Auch sollen die Bedingungen zum Teil schlecht sein, sodass sich die NGO Médécins Sans Frontières (MSF) aus dem Hotspot Pozzallo zurückzog (AIDA 12.3.2016)

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Dublin-Rückkehrer

 

Als größtes Problem für Rückkehrer wird die Unterbringungssituation betrachtet. Dublin-Rückkehrer (AW oder Schutzberechtigte), die zuvor in Italien nicht untergebracht waren, haben bei Rückkehr Zugang zu Unterbringung. Eine Aussage darüber, wie lange es dauert bis auch tatsächlich ein Platz gefunden ist, ist nicht möglich. Berichten zufolge ist es in der Vergangenheit zu Fällen gekommen, in denen Dublin-Rückkehrer nicht untergebracht werden konnten und sich selbst unterbringen mussten, mitunter in Behelfssiedlungen. (AIDA 12.2015).

 

Gleichzeitig besagen ältere Berichte, dass ein AW, der dem Unterbringungszentrum ohne Genehmigung über eine bestimmte Frist fernbleibt, seinen Unterbringungsplatz verliert und danach nicht wieder in derselben Struktur untergebracht werden kann (AIDA 1.2015). Angeblich gilt dieses Verbot der erneuten Unterbringung für 6 Monate nach dem Verlassen der Unterbringung (SFH 5.2011).

 

Um die Unterbringungssituation von Dublin-Rückkehrern zu verbessern, wurden ab 2011 im Rahmen des Europäischen Flüchtlingsfonds (FER) Projekte nahe der Flughäfen finanziert, an denen diese am häufigsten ankommen (ARCO, ARCA, ASTRA am Flughafen Rom-Fiumicino; STELLA, ALI, TERRA am Flughafen Mailand-Malpensa; und weitere in Venedig, Bari und Bologna) (AIDA 1.2015). Informationen aus dem ital. Innenministerium zufolge, sind diese Projekte mittlerweile alle ausgelaufen und wurden von der EU nicht nachfinanziert. Die Betroffenen sind derzeit durchweg in den national unterhaltenen Zentren untergebracht (CPSA, CDA, CARA, CIE, SPRAR). Die genaue Aufteilung auf die diversen Arten von Einrichtungen ist nicht bekannt, jedoch die Aufteilung nach Region (siehe Grafik). Am 29.2.2016 waren insgesamt 107.387 Personen in den diversen Einrichtungen untergebracht.

 

Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte Italien im Juni 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind (AIDA 12.2015). Im Februar 2016 wurde in einem neuen Rundbrief diese Liste aktualisiert. Sie umfasst 23 SPRAR-Projekte mit zusammen 85 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (MdI 15.2.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

Medizinische Versorgung

 

Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. AW haben dieses Recht ab Registrierung ihres Asylantrags. Das gilt sowohl für untergebrachte, wie für nicht untergebrachte AW. Die Anmeldung erfolgt in den Büros der lokalen Gesundheitsdienste (Aziende sanitaria locali, ASL). Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu folgenden Leistungen: freie Wahl eines Hausarztes bzw. Kinderarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.);

Geburtshilfe und gynäkologische Betreuung bei der Familienberatung (consultorio familiare) ohne allgemeinärztliche Überweisung;

kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern. Asylwerber und Schutzberechtigte können sich auf Basis einer Eigendeklaration bei der ASL als bedürftig registrieren lassen. Sie werden dann arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr ("Ticket") bezahlen. In einem Zentrum Untergebrachte erhalten bei diesem Schritt Hilfe von ihren Betreuern. Nach Ablauf der ersten 6 Monate müssen sich AW offiziell arbeitslos melden, um die Ticketbefreiung behalten zu können. Zum effektiven Zugang zu medizinischer Versorgung für Asylwerber und Schutzberechtigte erklärt AIDA, dass bei den Mitarbeitern im Gesundheitsbereich Desinformation und Mangel an Erfahrung in der Behandlung von Migranten häufig sind. Die Sprachbarriere ist aber das größte Zugangshindernis (AIDA 12.2015).

 

AW und Schutzberechtigte mit psychischen Problemen (z.B. Folteropfer) haben das Recht auf dieselbe Behandlung wie italienische Staatsbürger. In der Praxis können sie von spezialisierten Dienstleistungen profitieren, die im Rahmen des Nationalen Gesundheitsdienstes und von spezialisierten NGOs und Privaten angeboten werden. Verschiedene medizinische Zentren und Ärzte, die früher im sogenannten NIRAST (Italian Network for Asylum Seekers who Survived Torture) organisiert waren, arbeiten unter verschiedenen Finanzierungen weiter in der Unterstützung von Folteropfern (AIDA 12.2015).

 

Irreguläre Migranten haben das Recht auf medizinische Notversorgung und präventive Versorgung zum Schutz der individuellen und kollektiven Gesundheit. Damit haben sie dieselben Rechte wie italienische Staatsbürger (AIDA 12.2015).

 

Illegal aufhältige Personen können von medizinischen Notdiensten usw. Gebrauch machen. Die Gesetze verbieten es dem medizinischen und Verwaltungspersonal die Polizei bezüglich illegaler Migranten zu informieren (UNHRC 21.7.2014).

 

Quellen:

 

 

 

Gegen den oben angeführten Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht am 17.03.2017 Beschwerde, in welcher nochmals das bisherige Vorbringen des Beschwerdeführers wiederholt wurde. Da der Beschwerdeführer sein Vorbringen mit Fotos nachweisen habe können, sei zweifellos zu erkennen, dass der Beschwerdeführer in Italien unzumutbaren Unterkunftsbedingungen ausgesetzt gewesen sei.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen volljährigen, gesunden Staatsangehörigen XXXX. Er verfügte über ein vom 11.11.2015 bis zum 05.12.2015 gültiges italienisches Visum der Kategorie C. Er stellte am 10.12.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Nachdem sein Asylantrag mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.06.2016 rechtskräftig wegen der Zuständigkeit Italiens als unzulässig zurückgewiesen wurde, wurde der Beschwerdeführer am 09.09.2016 nach Italien abgeschoben.

 

Nach erneuter Einreise ins Bundesgebiet stellte der Beschwerdeführer am XXXX den gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl trat am 05.10.2016 an die zuständige Dublin-Behörde Italiens heran und übermittelte ein auf Art 18. Abs. 1 lit b Dublin III-VO gestütztes Ersuchen um Wiederaufnahme.

 

Es liegen keine relevanten familiären, sozialen oder beruflichen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet vor. Der Beschwerdeführer leidet weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit, die einer Überstellung nach Italien aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Italien, insbesondere wegen drohender Kettenabschiebungen und fehlender adäquater Unterbringung, Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt zu werden.

 

Die oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Situation in Italien werden der Entscheidung des erkennenden Gerichtes zu Grunde gelegt.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zur Zuständigkeit Italiens beruhen auf den vorliegenden Abgleichbericht zur VIS-Abfrage und der Zustimmung Italiens.

 

Die mängelfreie Durchführung des Konsultationsverfahrens ergibt sich aus der unzweifelhaften Dokumentation im Verwaltungsakt.

 

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu familiären, sozialen und beruflichen Anknüpfungspunkten beruhen auf seinen eigenen, dahingehend glaubhaften Angaben. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand beruhen auf seinen Angaben.

 

Hinsichtlich des in Italien etablierten Asylsystems ergeben sich aus den dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Länderinformationen keine Hinweise auf grobe, systematische Mängel. Somit war durch das Bundesverwaltungsgericht, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die Unterbringung, die medizinische Versorgung und die Sicherheitslage der Schutzsuchenden, den Feststellungen der Verwaltungsbehörde zu Folgen.

 

Ein individuelles Vorbringen zu einer konkreten Bedrohung in Italien wurde durch den Beschwerdeführer nicht erstattet.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen lauten:

 

Asylgesetz 2005:

 

§ 5. (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

 

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

 

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

 

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

 

§ 15a. (1) Fremde im Zulassungsverfahren unterliegen einer periodischen Meldeverpflichtung, wenn

 

1. eine Mitteilung nach § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 erfolgt oder

 

2. dem Fremden gemäß § 12a Abs. 1 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt und

 

über den Fremden weder Schubhaft verhängt wurde, noch gegen ihn ein gelinderes Mittel angewandt wird.

 

(2) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 1 haben sich Fremde, die nicht in einer Betreuungseinrichtung des Bundes versorgt werden, in periodischen, 48 Stunden nicht unterschreitenden, Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Für Fremde, die in einer Betreuungseinrichtung des Bundes versorgt werden, gilt die Abwesenheit von mindestens 48 Stunden von der Betreuungseinrichtung als Verletzung der Meldeverpflichtung. Die Abwesenheit von der Betreuungsstelle ist auf geeignete nachvollziehbare Weise zu dokumentieren. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

 

BFA-Verfahrensgesetz:

 

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

§ 21.

 

(6a) Unbeschadet des Abs. 7 kann das Bundesverwaltungsgericht über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde, der diese von Gesetz wegen nicht zukommt (§ 17) oder der diese vom Bundesamt aberkannt wurde (§ 18), und über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden.

 

(7) Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

 

Fremdenpolizeigesetz:

 

§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

 

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

 

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

 

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

 

Verordnung (EU) 604/2013 :

 

Artikel 3

 

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

 

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

 

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

 

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

 

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

 

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

 

Artikel 7

 

Rangfolge der Kriterien

 

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

 

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

 

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und6 genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

 

Artikel 12

 

Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

 

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

 

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (1) erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

 

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

 

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

 

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

 

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

 

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat. Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

 

(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.

 

Artikel 17

 

Ermessensklauseln

 

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

 

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

 

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

 

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

 

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

 

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

 

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

 

Artikel 18

 

Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

 

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

 

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

 

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

 

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

 

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

 

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

 

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.

 

In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

 

Artikel 23

 

Wiederaufnahmegesuch bei erneuter Antragstellung im ersuchenden Mitgliedstaat

 

(1) Ist ein Mitgliedstaat, in dem eine Person im Sinne des Artikels 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d einen neuen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Auffassung, dass nach Artikel 20 Absatz 5 und Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d ein anderer Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags zuständig ist, so kann er den anderen Mitgliedstaat ersuchen, die Person wieder aufzunehmen.

 

(2) Ein Wiederaufnahmegesuch ist so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von zwei Monaten nach der Eurodac- Treffermeldung im Sinne von Artikel 9 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 zu stellen.

 

Stützt sich das Wiederaufnahmegesuch auf andere Beweismittel als Angaben aus dem Eurodac-System, ist es innerhalb von drei Monaten, nachdem der Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Artikel 20 Absatz 2 gestellt wurde, an den ersuchten Mitgliedstaat zu richten.

 

(3) Erfolgt das Wiederaufnahmegesuch nicht innerhalb der in Absatz 2 festgesetzten Frist, so ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, in dem der neue Antrag gestellt wurde.

 

(4) Für ein Wiederaufnahmegesuch ist ein Standardformblatt zu verwenden, das Beweismittel oder Indizien im Sinne der beiden Verzeichnisse nach Artikel 22 Absatz 3 und/oder sachdienliche Angaben aus der Erklärung der betroffenen Person enthalten muss, anhand deren die Behörden des ersuchten Mitgliedstaats prüfen können, ob ihr Staat auf Grundlage der in dieser Verordnung festgelegten Kriterien zuständig ist. Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für die Erstellung und Übermittlung von Wiederaufnahmegesuchen fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

 

Artikel 25

 

Antwort auf ein Wiederaufnahmegesuch

 

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Wiederaufnahme der betreffenden Person so rasch wie möglich, in jedem Fall aber nicht später als einen Monat, nachdem er mit dem Gesuch befasst wurde. Stützt sich der Antrag auf Angaben aus dem Eurodac-System, verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.

 

(2) Wird innerhalb der Frist von einem Monat oder der Frist von zwei Wochen gemäß Absatz 1 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.

 

Zu I.) Abweisung der Beschwerde:

 

Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs für die Durchführung des gegenständlichen Verfahrens pflichtet das Bundesverwaltungsgericht der Verwaltungsbehörde bei, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit Italiens ergibt.

 

Es war hierbei eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, auf welcher Bestimmung die Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedsstaates beruht (VfGH 27.06.2012, U 462/12). Dies jedoch, sofern maßgeblich, unter Berücksichtigung der Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 10.12.2013 in der Rechtssache C-394/12 , Shamso Abdullahi/Österreich und vom 07.06.2016 in der Rechtssache C-63/15 , Mehrdad Ghezelbash/Niederlande und in der Rechtssache vom 07.06.2016 C-155/15, Karim/Schweden.

 

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12 , Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.

 

Im gegenständlichen Fall liegt tatbestandsmäßig die Zuständigkeit in Art. 12 in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 begründet (wegen des Besitzes eines Visums zum Zeitpunkt der ersten Antragstellung auf internationalen Schutz im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Dublin III-VO). Hinweise darauf, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaates ausgestellt worden sei, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

Nach der Rechtsprechung des VfGH (17.06.2005, B 336/05; 15.10.2004, G 237/03) und des VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949; 25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, wenn die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben sollte, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären. Die Verwaltungsbehörde hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) 604/2013 keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren zur Vermeidung einer Verletzung von Grundrechten zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Liegen weder Gruppenverfolgung noch sonstige, amtswegig zu berücksichtigende, notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzung im Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vor (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499; VwGH 09.05.2003, Zl 98/18/0317; vgl. auch VwGH 16.07.2003, Zl 2003/01/0059). Davon abgesehen liegt es beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn eine reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte und, dass er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt zumindest wahrscheinlich ist (VwGH 23.01.2007, Zl 2006/01/0949). Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, Zl 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov/Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77). Eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art 16 Abs. 1 lit e Dublin II VO). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, Zl 2002/20/0582, VwGH 31.05.2005, Zl 2005/20/0025, VwGH 25.04.2006, Zl 2006/19/0673), ebenso andere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs.

 

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaats der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedsstaat und letztlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2001, C-411/10 und C-493/10 , N.S./Vereinigtes Königreich, (zur vergleichbaren Bestimmung der Dublin II-VO) befasst und ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.10.2011, 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland, ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den Mitgliedsstaat, sondern erst systematische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten (Rn. 86). An dieser Stelle ist auch auf das damit in Einklang stehende Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 14.11.2013 in der Rechtssache C-4/11 , BRD/Kaveh Puid zu verweisen (Rn. 36 und 37).

 

Somit ist zum einen unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedsstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen und zum anderen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, ob der Beschwerdeführer im Falle einer Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung nach Italien gemäß § 5 AsylG und § 61 FPG – unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation – in seinen Rechten gemäß Art. 3 und 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.

 

Im Einzelnen war unter diesen Prämissen wie folgt zu erwägen:

 

Zur möglichen Verletzung von Art. 3 EMRK und 4 GRC:

 

Gemäß Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung ausgesetzt werden.

 

Das erkennende Gericht geht davon aus, dass die allgemeine Lage für nach Italien überstellte Asylwerber aktuell keine reale Gefahr einer gegen menschenrechtliche Bestimmungen verstoßenden Behandlung darstellt. Insbesondere sind die Praxis der asylrechtlichen und der subsidiären Schutzgewährung, die Grund- und Gesundheitsversorgung sowie die Sicherheitslage unbedenklich und genügen den Grundsätzen des Unionsrechts (zB AsylGH 08.10.2013, S6 438.101-1/2013; 02.10.2013, S7 437.970-1/2013; 02.09.2013, S1 436741-1/2013; BVwG 22.04.2014, W153 2001839-1 und darauf bezogen VfGH 06.06.2014, E 333-336/2014-6). Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer einem realen Risiko einer sogenannten Kettenabschiebung von Italien in seinen Herkunftsstaat ausgesetzt wäre, was eine Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK im Falle seiner Überstellung nach Italien darstellen würde, sind nicht gegeben.

 

Unbestritten sind die Aufnahmekapazitäten in Italien knapp, doch liegen keine Hinweise dafür vor, dass generelle systemische Mängel in der Aufnahme von Asylwerbern bestehen, sodass gleichsam jeder Dublin-Rückkehrer mit einer Verletzung seiner Rechte gemäß Art. 3 EMRK zu rechnen hätte.

 

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Entscheidung des EGMR vom 04.06.2013, 6198/12, Daytbegova und Magomedova/Österreich, zu verweisen, in welcher der Gerichtshof ausführt, dass die Zustände in Italien keineswegs mit jenen in Griechenland zu vergleichen sind. Selbst im Hinblick auf psychisch vulnerable Personen besteht in Italien hinreichende medizinische Versorgung, weshalb, sofern ein entsprechender Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten besteht, eine Überstellung nach Italien nicht als unzulässig erkannt werden kann. Ferner hält der Gerichtshof in einer weiteren Entscheidung vom 02.04.2013, 27725/10, Mohammed Hussein ua./Niederlande und Italien, im Wesentlichen fest, dass eine Überstellung nach Italien zumutbar ist und die Zukunftsaussichten in Italien kein ausreichend konkretes und ernsthaftes Risiko einer besonderen Notlage im Sinne von Art. 3 EMRK darstellen. Zudem weisen die generellen Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in Italien keine systematischen Mängel auf.

 

Im kürzlich ergangenen EGMR-Urteil vom 04.11.2014 in der Sache Tarakhel/Schweiz, 29217/12, wiederholte der Gerichtshof, dass die derzeitige allgemeine Situation von Asylsuchenden in Italien keineswegs mit jener in Griechenland, wie sie im Fall M.S.S./Belgien und Griechenland festgestellt wurde, zu vergleichen ist. Des Weiteren obliege es dem Aufenthaltsstaat, vor Überstellung der im Verfahren betroffenen Asylwerber eine Zusicherung für dessen Aufnahme und Unterbringung von Italien zu erhalten. Im dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall handelte es sich jedoch um eine mehrköpfige Familie einschließlich sechs minderjähriger Kinder, wobei es sicherzustellen galt, dass die gesamte Familie in Italien gemeinsam und dem Alter der Kinder entsprechend untergebracht wird. Das hier zu beurteilende Verfahren betrifft jedoch keine besonders vulnerable Person, da es sich beim Antragsteller um einen jungen Mann ohne schwerwiegende akute oder gar lebensbedrohliche Erkrankungen, welcher zudem volljährig und alleinstehend ist, handelt.

 

Zuletzt hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 05.02.2015, A.M.E./Niederlande, wederholt, dass die gegenwärtige Situation in Italien nicht mit der Situation in Griechenland zur Zeit der Entscheidung M.M.S./Belgien vergleichbar ist und dass die generelle Aufnahmesituation nicht ein Hindernis für die Überstellung von allen Asylwerbern bilde.

 

Hinsichtlich des Vorbringens, die Unterbringung des Beschwerdeführers sei im Falle einer Überstellung nicht gesichert, ist darauf hinzuweisen, dass dieserart unbestimmtes Vorbringen, nicht geeignet ist eine unmittelbare und konkrete Gefährdung bei einer allfälligen Rücküberstellung glaubhaft darzubringen. Den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden aktuellen Berichten zu Italien ist zu entnehmen, dass die italienischen Behörden belegbare Anstrengungen zur steten Gewährleistung eines ordentlichen Asylverfahrens bzw. auch hinsichtlich einer lückenlosen Versorgung unternehmen. Der Beschwerdeführer hat zudem auch vormals in Italien Aufnahme in einer Flüchtlingsunterkunft gefunden, sodass sich sein Beschwerdeeinwand, er werde mit großer Wahrscheinlichkeit in Italien keine ausreichende Unterbringung und Versorgung erhalten, als nicht begründet erweist und sich überdies nicht mit seiner Vorerfahrung deckt. Die vorgelegten Fotos (gebrochene Klobrille, zerrissene Matratze) bieten keinen Nachweis für eine unzureichende Unterbringung in Italien, da nicht ersichtlich ist, von wem, wann und wo diese Bilder aufgenommen wurden. Davon abgesehen ist dieser Beschwerdeeinwand angesichts des hohen Eingriffsschwellenwertes des Art. 3 EMRK und des Umstandes, dass derartige Defizite wohl leicht behebbar sind, nicht hinreichend. Auch ist für den Beschwerdeführer mit dem Hinweis etwa auf den in der Beschwerde zitierten Bericht von "Ärzte ohne Grenzen", wonach Asylwerber in Italien in prekären Verhältnissen leben würden, nichts zu gewinnen. So werden die thematisierten Kapazitätsprobleme durch das Vorhandensein zahlreicher humanitärer (lokaler und kirchlicher) Organisationen relativiert. Trotz regional bestehender Engpässe bei den Aufnahmekapazitäten kann nach den Länderberichten zu Italien jedenfalls nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Italien konkret Gefahr liefe, dort einer gegen das Folterverbot des Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung unterworfen zu werden. Unter diesem Gesichtspunkt war die Einholung einer individuellen Zusicherung der Unterbringung und Versorgung seitens der italienischen Behörden nicht notwendig.

 

Es liegen insbesondere auch keine Verurteilungen Italiens durch den EGMR oder den EuGH vor, welche eine Praxis systemischer Mängel des italienischen Asylwesens, insbesondere im Fall von Dublin-Überstellten aus anderen EU-Staaten, erkennen ließen. Die Europäische Kommission hat zwar am 24.10.2012 ein Fristsetzungsschreiben gemäß Art. 258 AEUV wegen Verletzung europäischer Richtlinien im Asylwesen an Italien gerichtet, ein weitergehendes Verfahren vor dem EuGH liegt derzeit jedoch nicht vor. Aus der Rechtsprechung des EuGH ergibt sich außerdem, dass die Verletzung einzelner Bestimmungen von Richtlinien nicht schon per se mit dem Vorliegen systematischer Mängel gleichzusetzen ist (21.12.2011, C-411/10 und C-493/10 , N.S. ua./Vereinigtes Königreich). Auch verschiedene Einzelfallentscheidungen deutscher Gerichte belegen nicht solche systemischen, regelmäßig zu schweren Menschenrechtsverletzungen führenden Mängel in Italien.

 

Hinzu kommt ergänzend, dass UNHCR zu Italien, anders als zu Griechenland und 2014 zu Bulgarien keine Empfehlung an die EU-Mitgliedstaaten ausgesprochen hat, wonach von Überstellungen nach Italien aufgrund des Vorliegens akuter und systemischer Probleme im dortigen Aufnahmewesen Abstand zu nehmen wäre. Der VwGH hat zuletzt angesichts im Wesentlichen gleichlautender Länderfeststellungen zur Situation in Italien keinen Anlass gesehen, die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 20015 in Zweifel zu ziehen (Ra 2016/20/0221 vom 20.10.2016).

 

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass der italienische Staat Schwierigkeiten bei der lückenlosen Versorgung von Asylwerbern und Personen mit Aufenthaltstiteln hat. Es kann allerdings nicht von solchen Mängeln im italienischen Asylsystem gesprochen werden, welche eine Überstellung des Beschwerdeführers jedenfalls unzulässig erscheinen lassen würden. Im Gegensatz zu der von der internationalen Rechtsprechung einhellig als systemisch mangelhaft beurteilten Lage in Griechenland, beschränken sich die Probleme in Italien im Wesentlichen auf die materielle Versorgung von Flüchtlingen, wobei jedoch sonst von einem im Großen und Ganzen funktionierenden Asylwesen auszugehen ist.

 

Bezüglich des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers ist unbestritten, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Italien nicht zulässig wäre, wenn durch die Überstellung eine existenzbedrohende Situation drohen würde. In einem solchen Fall wäre das Selbsteintrittsrecht gemäß Dublin-VO zwingend auszuüben.

 

In diesem Zusammenhang ist vorerst auf das diesbezügliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die relevante Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

 

Zusammenfassend führt der VfGH aus, dass sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

 

Vor dem Hintergrund dieser Judikatur des EGMR kann jedenfalls nicht erkannt werden, dass eine Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien eine Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK darstellen würde, da aktuell bei ihm weder das Endstadium einer tödlichen Krankheit gegeben ist, noch Hinweise dafür vorliegen, dass ihm in Italien nicht eine allenfalls nötige medizinische Versorgung gewährt werden könnte. Dass dem Beschwerdeführer in Italien der Zugang zu effektiver ärztlicher Versorgung verwehrt wäre, ist auszuschließen. Der mentale Stress bei einer Abschiebung selbst ist ebenfalls kein ausreichendes "real risk" und liegen keine Anhaltspunkte für eine akute Suizidalität des Beschwerdeführers vor. Es kann daher – nach dem Maßstab der Judikatur des EGMR – eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK nicht erkannt werden.

 

Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Fremdenpolizeibehörde bei der Durchführung einer Abschiebung im Falle von bekannten Erkrankungen des Fremden durch geeignete Maßnahmen dem jeweiligen Gesundheitszustand Rechnung zu tragen hat. Insbesondere erhalten kranke Personen eine entsprechende Menge der benötigten verordneten Medikamente. Anlässlich einer Abschiebung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen entsprechende Maßnahmen gesetzt. Bei Vorliegen schwerer psychischer Erkrankungen und insbesondere bei Selbstmorddrohungen werden geeignete Vorkehrungen zur Verhinderung einer Gesundheitsschädigung getroffen.

 

Der Beschwerdeführer kann vor dem Hintergrund seiner gesundheitlichen Situation nicht als besonders vulnerable Person angesehen werden und konnte er zusammengefasst keine besonderen Gründe, die für eine reale Gefahr der Verletzung des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC in Italien sprechen, glaubhaft machen, weshalb die Vermutung des § 5 Abs. 3 AsylG, die von einem ausreichenden Schutz vor Verfolgung in einem Mitgliedstaat ausgeht, nicht widerlegt wird.

 

Mögliche Verletzung des Art. 8 EMRK bzw. des Art. 7 GRC:

 

Nach Art. 8 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Ein Eingriff einer Behörde in diese Rechte ist gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, wenn dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz er Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Der Beschwerdeführer hat seinen eigenen Angaben zu Folge keine familiären Bindungen zum Bundesgebiet. Ein relevantes Abhängigkeitsverhältnis wurde von ihm nicht behauptet, weshalb ein Eingriff in sein Recht auf Achtung des Familienlebens nicht vorliegt.

 

Aufgrund seiner kurzen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet kann auch kein schützenswertes Privatleben angenommen werden (vgl. VfGH 26.02.2007, Zl. 1802, 1803/0-11). Ein entsprechend relevantes Vorbringen, welches geeignet wäre den Verdacht einer Rechtsverletzung im Falle der Außerlandesbringung nahe zu legen, wurde durch den Beschwerdeführer nicht erstattet. Daran vermögen die ins Treffen geführten Integrationsmerkmale des Beschwerdeführers wie etwa die Erlernung der deutschen Sprache oder seine Mitgliedschaft in einer Kirchengemeinde nichts zu ändern.

 

Nach der maßgeblichen Rechtsprechung kann ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung der die fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften missachtenden Personen führen (vgl. EGMR 08.04.2008, 211878/06 Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10). Der durch die ausgesprochene Anordnung zur Außerlandesbringung des Beschwerdeführers erfolgte Eingriff in sein Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses gegenüber seinen privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt.

 

Abschließend ist auszuführen, dass das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Rechten aus der EMRK bzw. der GRC zu befürchten ist. Es besteht daher keine Veranlassung, von dem im Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) 604/2013 vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.

 

Zur Durchführung einer öffentlichen Verhandlung ist auszuführen, dass im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Hinweise auf die Notwendigkeit der Erörterung des Sachverhalts mit dem Beschwerdeführer liegen nicht vor. Da insgesamt die Voraussetzungen des §§ 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG gegeben sind, konnte eine Verhandlung unterbleiben.

 

Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG konnte angesichts der erfolgten Sachentscheidung entfallen.

 

Zu II.) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

Im vorliegenden Fall liegen die tragenden Elemente der Entscheidung allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedstaat, die auf den umfassenden und aktuellen Feststellungen der Behörde über die Lage im Vertragsstaat beruht, sowie in der Bewertung der Intensität des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers und demgemäß in Tatbestandsfragen.

 

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhalts konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

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