BVwG W144 2139499-1

BVwGW144 2139499-116.11.2016

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61
AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W144.2139499.1.00

 

Spruch:

W144 2139493-1/5E

W144 2139492-1/5E

W144 2139497-1/5E

W144 2139499-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX geb., 2.) XXXX geb.,

3.) mj. XXXX geb., und 4.) mj. XXXX geb., alle StA. von Afghanistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.10.2016, Zlen.: XXXX (ad 1.), XXXX (ad 2.), XXXX (ad 3.) und XXXX (ad 4.), zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als

unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

Der 1.-Beschwerdeführer (1.-BF) ist der Ehegatte der 2.- Beschwerdeführerin (2.-BF) , beide sind Eltern der mj. 3.- und 4.-Beschwerdeführer (3.- und 4.-BF), alle sind Staatsangehörige von Afghanistan und gehören der Volksgruppe der Hazara an. Die BF haben ihren Heimatstaat im Februar 2016 auf dem Luftweg in den Iran verlassen und sich in der Folge über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn, wo sie am 30.05.2016 Asylanträge gestellt haben, letztlich nach Österreich begeben, wo sie am 07.06.2016 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten.

Zu den 1.- und 2.-BF liegen folgende Eurodac-Treffer vor:

* Griechenland vom 07.03.2016 wegen erkennungsdienstlichen Behandlung

* Ungarn vom 30.05.2016 wegen Asylantragstellung

Den Beschwerden liegen folgende Verwaltungsverfahren zugrunde:

Im Verlauf seiner Erstbefragung durch die Landespolizeidirektion Wien vom 07.06.2016 gab der 1.-BF neben seinen Angaben zum Reiseweg lediglich an, dass er über seinen Aufenthalt in den von ihm durchreisten Ländern nicht viel sagen könne, da er nur kurz dort gewesen sei. In Ungarn habe er sich nur einige Tage lang aufgehalten.

Die 2.-BF ergänzte, dass die Lage für Flüchtlinge in den von ihnen durchreisten Ländern schlecht gewesen sei.

Die mj. 3.- und 4.-BF sind Kleinkinder wurden aufgrund ihres Alters naturgemäß nicht einvernommen.

Das BFA richtete am Dienstag, den 26.07.2016 bezüglich aller 4 BF auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestützte Aufnahmeersuchen an Ungarn. Ungarn akzeptierte diese Aufnahmeersuchen durch Fristablauf (Dienstag, 09.08.2016) gem. Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO mit 10.08.2016.

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 20.10.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erklärte der 1.-BF, dass er an keinen schwerwiegenden Krankheiten leide. Seine Angaben anlässlich seiner Erstbefragung würden der Wahrheit entsprechen, er wolle jedoch berichtigen, dass sein Sohn am XXXX geboren worden sei, und nicht wie protokolliert im Jahr XXXX . Seinen Reisepass habe er bereits bei der Polizei vorgelegt. Sonstige Angehörige oder Verwandte habe er in Österreich nicht. In Ungarn habe er sich einen Tag lang bei der Polizeistation und zwei Tage in einem geschlossenen Lager aufgehalten. Seine Frau sei dort krank gewesen, sie hätten "kein richtiges Essen" bekommen und hätten auch "keinen richtigen Schlafplatz" gehabt. Dies sei sehr schwierig gewesen, seine Kinder seien auch krank gewesen und hätten keine Medikamente bekommen. Weitere Vorfälle habe es in Ungarn nicht gegeben. Er habe nicht in Ungarn bleiben wollen, denn sonst wäre er dortgeblieben. Es habe dort keine Möglichkeit für Flüchtlinge gegeben, eben keine Schlafplätze, und keine medizinische Versorgung. Erst in XXXX hätten sie medizinische Versorgung erhalten. Weitere Gründe, die einer Rückkehr nach Ungarn entgegenstehen würden, gebe es nicht.

Unter einem legte der 1.-BF eine Teilnahmebestätigung über einen besuchten Deutschkurs A1, Deutsch als Fremdsprache, der Volkshochschule XXXX vom 13.09.2016 vor.

Die 2.-BF gab an, dass ihre Tochter (die 4.-BF) ungefähr viereinhalb Jahre alt sei, ihr Sohn sei etwa zwei Jahre und fünf Monate alt. Die Angaben, die sie erstatte, würden auch für ihre Kinder gelten. Auf die Frage, ob sie an irgendwelchen schwer wiegenden Krankheiten leide, antwortete die 2.-BF, dass sie Nierensteine habe und im Iran einmal operiert worden sei. Bei einer Untersuchung hier seien jedoch keine Steine gefunden worden, sie habe aber immer noch Schmerzen. Sie habe auch Knieschmerzen und leide unter Eisenmangel. Vor einer Woche sei sie im Krankenhaus gewesen und habe auch einen Arzt wegen ihres Rückens konsultiert. An diesen Beschwerden leide sie seit zehn Jahren, damals hatte sie die Operation wegen ihrer Nierensteine und bezüglich der anderen Beschwerden leide sie seit sieben Jahren. Die Rückenschmerzen und Knieschmerzen habe sie seit einem Jahr sehr stark. In Afghanistan habe sie immer Schmerzmittel genommen. Sie habe auch Hämorrhoiden und verliere dadurch viel Blut. Dadurch habe sie einen Blutmangel. In Österreich sei sie drei Nächte lang stationär in einem Krankenhaus aufgenommen worden. Ihre Kinder, die Dritt und 4.-BF würden an keinen schwerwiegenden Krankheiten leiden. Die Angaben, die sie anlässlich ihrer Erstbefragung erstattet habe, würden der Wahrheit entsprechen. Sie habe keine Angehörigen oder sonstigen Verwandten in Österreich. In Ungarn sei sie einen Tag lang bei der Polizei und zwei Tage in einem Flüchtlingsheim gewesen. Ihr Kind habe dort kein richtiges Essen und keine Windeln erhalten. Sie selbst sei damals krank gewesen und habe es auch keinen Arzt gegeben. Sie wolle nicht nach Ungarn zurückkehren, es habe dort keine richtige Versorgung gegeben. Sie glaube, dass ihre Kinder in Ungarn keine gute Zukunft hätten. Sie würden dort "keine Möglichkeiten" bekommen.

Unter einem legte die 2.-BF folgende Unterlagen vor:

* Teilnahmebestätigung über eine Bildungsveranstaltung, Alpha 1, der Volkshochschule XXXX vom 12.10.2016

* Arztbrief des KH XXXX vom 11.10.2016, Diagnosen:

Eisenmangelanämie, Nierenkelchkonkrement rechts, Z.n. Nierenstein, Lumbago

* Befund von "Radiologie XXXX " vom 01.08.2016, Röntgen Knie beidseits, Sonographie der Nieren beidseits

* Schreiben Dr. XXXX bezüglich medikamentöser Therapie des Eisen-, Folsäure- und Vitamin B12-Mangels.

Das BFA wies sodann die Anträge auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheiden jeweils vom 27.10.2016 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Ungarn gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b iVm Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO zur Prüfung der Anträge zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung der BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Ungarn zulässig sei.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen sowie die Beweiswürdigung zur Lage im Mitgliedstaat wurden in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):

"Zur Lage im Mitgliedsstaat:

1. Statistisches

 

Antragsteller 2014

Ungarn

42.770

  

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 19.3.2015)

Erstinstanzliche Entscheidungen 2014

Gesamt

Flüchtlings-status

Subsidiärer Schutz

Humanitäre Gründe

NEGATIV

 

5.445

240

250

20

4.935

      

Die Daten

werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 19.3.2015)

 

Antragsteller 1.Qu. 2015

Antragsteller 2.Qu. 2015

Antragsteller 3.Qu. 2015

Antragsteller 4.Qu. 2015

Ungarn

33.545

33.240

109.175

1.170

     

Die Daten werden auf

die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 26.11.2015; vgl. Eurostat 10.2.2016)

Erstinstanzliche Entscheidungen

Gesamt

Flüchtlings-status

Subsidiärer Schutz

Humanitäre Gründe

NEGATIV

1. Qu. 2015

1.255

30

95

5

1.130

2. Qu. 2015

690

40

65

0

585

3. Qu. 2015

530

35

75

0

420

4. Qu. 2015

940

40

120

0

785

GESAMT

3.415

145

355

5

2.920

      

Die Daten

werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 18.9.2015a; Eurostat 18.9.2015b; Eurostat 10.12.2015; Eurostat 3.3.2016b)

Von den über 390.000 illegalen Grenzgängern 2015 stellten über 176.000 einen Asylantrag, von denen rund die Hälfte bis 1.11.2015 bearbeitet wurde. Mehr als 95% wurden wegen Abwesenheit eingestellt (VB 4.11.2015a; vgl. VB 24.11.2015).

2015 war somit die Anzahl der illegalen Grenzübertritte wesentlich höher, als die Anzahl der registrierten Asylwerber. Zwischen 1.1.2016 und 12.6.2016 erfolgten weniger illegale Grenzübertritte als registrierte Asylantragstellungen. Diese Tendenz erklärt sich mit der Möglichkeit der Asylantragsstellung in der Transitzone. Doch auch von den legal eingereisten Antragstellern tauchen viele nach der Antragsstellung unter (BFA 24.6.2016).

Anträge

2016 (Stand 29.6.)

 

22.092

  

(VB 29.6.2016)

2016 wurde bis 13.6.2016 in 87 Fällen Asylstatus gewährt (6 davon über den Beschwerdeweg), in 154 Fällen subsidiärer Schutz, 5 Personen erhielten eine Duldung. Weiters wurden 1.622 Asylanträge abgelehnt und 38.059 Verfahren wurden eingestellt. Die hohe Anzahl der eingestellten Fälle deutet darauf hin, dass die meisten Antragssteller während des Verfahrens untertauchen (BFA 24.6.2016).

2015 gab es 42.919 Anfragen auf Dublin-Überstellung aus anderen Staaten, davon konnten 1.402 Transfers erfolgreich durchgeführt werden, 2.152 angekündigte Transfers scheiterten weil der Betreffende entweder untergetaucht ist oder eine Beschwerdeinstanz entschied, dass das Asylverfahren vor Ort zu führen sei (BFA 24.6.2016).

2016 gab es bis 9.6.2016 12.579 Anfragen auf Überstellung aus anderen Staaten, davon konnten 315 Transfers erfolgreich durchgeführt werden, 1.058 angekündigte Transfers scheiterten weil der Betreffende entweder untergetaucht ist oder aufgrund einer dahingehenden Entscheidung einer Beschwerdeinstanz (BFA 24.6.2016).

Quellen:

2. Allgemeines zum Asylverfahren

Das Büro für Immigration und Nationalität (Office of Immigration and Nationality, OIN; ungarisch: Bevándorlási és Állampolgársági Hivatal, BAH) hat die Verantwortung für Entscheidungen in Asylverfahren und das Management der Unterbringungszentren und der Asylhaftzentren. Es untersteht dem ungarischen Innenministerium (AIDA 11.2015).

Die Europäische Kommission hat am 10.12.2015 an Ungarn ein Aufforderungsschreiben (formal notice) übermittelt, das die erste Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens wegen der kürzlich verabschiedeten ungarischen Asylrechtsvorschriften darstellt. Die ungarischen Behörden haben nach dem Aufforderungsschreiben zwei Monate Zeit, um auf die Argumente der Europäischen Kommission zu reagieren. Erhält die Kommission keine zufriedenstellende Antwort, kann sie die nächste Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens einleiten und Ungarn eine mit Gründen versehene Stellungnahme übermitteln. Erforderlichenfalls kann die Kommission anschließend beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage einreichen (EK 10.12.2015).

Asylverfahren

Das ungarische Parlament hat im Juli 2015 eine Reihe von Änderungen des Asylgesetzes beschlossen. Wichtigste Neuerungen sind u.a. umfassende Mitwirkungspflichten; klarere Formulierung der Asylhaftgründe; Verbesserungen bei der Bestellung eines Vormunds für UM; Aufhebung der aufschiebenden Wirkung bei Folgeanträgen; Unzulässigkeit des Antrags bei Einreise aus sicherem Drittstaat usw. (VB 2.7.2015). Seit 1.8.2015 ist das neue Asylgesetz in Kraft. Weitere Änderungen vom 15.9.2015 regeln die Einrichtung der sogenannten Transitzonen an den Grenzen (BAH 16.9.2015; HHC 18.9.2015).

Ein Antrag soll binnen 15 Tagen auf Zulässigkeit, Dublin-Relevanz oder Eignung für das beschleunigte Verfahren geprüft werden. Das beschleunigte Verfahren soll binnen 15 Tagen abgeschlossen sein, das ordentliche Verfahren binnen 60 Tagen. Das beschleunigte Verfahren ist anwendbar, wenn der Antrag offensichtlich unbegründet ist (Antragsteller ist EU-Bürger oder hat einen Schutzstatus in einem EU-Staat; ist anerkannter Flüchtling in einem Drittstaat; bei Folgeantrag ohne neue Elemente; bei Drittstaatsicherheit); wenn der Antragsteller keine asylrelevanten Informationen preisgibt; aus einem Land kommt das auf der EU-Liste der sicheren Herkunftsstaaten steht; seine Identität verschleiert; falsche Informationen oder Dokumente vorlegt; seinen Reisepass zerstört oder weggeworfen hat; bei Verweigerung der Daktyloskopie; wenn der Antragsteller eine Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt; bei illegaler Einreise bzw. illegalem Aufenthalt in Ungarn ohne Asylantragstellung (wobei letzteres nicht als alleiniger Grund für eine Zurückweisung ausreicht) und bei Folgeanträgen mit neuen Elementen. Wenn dem ASt. mitgeteilt wird, dass geplant ist, seinen Antrag wegen Drittstaatsicherheit oder illegaler Einreise bzw. illegalem Aufenthalt in Ungarn ohne Asylantragstellung zurückzuweisen, hat der Antragsteller 3 Tage Zeit, um darzulegen, warum der betreffende Staat in seinem spezifischen Fall nicht sicher ist. Nehmen der sichere Dritt- oder Herkunftsstaat den Antragsteller nicht zurück, ist die Entscheidung zurückzunehmen und das Verfahren zu führen (Act LXXX 14.9.2015, §47, 51, 51/A).

Wird ein Fremder in Ungarn aufgegriffen, führt die Polizei wegen illegaler Einreise eine Ersteinvernahme durch. Sie informiert und registriert die Betroffenen und legt eine Unterkunft fest. Ein Asylantrag während der ersten 48 Stunden wird durch die Polizei registriert, zuständig für dessen Bearbeitung ist BAH. Die meisten Antragsteller entziehen sich aber bereits vor dem inhaltlichen Interview dem Verfahren, womit keine inhaltliche Entscheidung möglich ist. Grundsätzlich gibt es die Möglichkeit einer Entscheidung in Abwesenheit, wenn genügend Informationen vorliegen, dies wird aber nur sehr selten angewandt (BAH 16.9.2015).

Mit 1.7.2016 werden Gesetzesänderungen in Kraft treten, denen zufolge illegal eingereiste Migranten, die in einer 8 km von der Staatsgrenze ins Landesinnere reichenden Kontrollzone betreten werden, Asylanträge nicht im Landesinneren stellen können, sondern durch das nächstgelegene Tor des Grenzzauns zurückgeführt und aufgefordert werden, offiziell durch die nächstgelegene Transitzone einzureisen und dort ihren Antrag zu stellen (VB 23.5.2016; vgl. VB 28.6.2016; vgl. ECRE 17.6.2016).

Die Behörde kann ein Verfahren einstellen oder aufgrund bereits vorhandener Informationen entscheiden, u.a. wenn der Antragsteller nicht zum Interview erscheint oder die festgelegte Unterkunft ohne Genehmigung für mehr als 48 Stunden verlässt. Der ASt. kann in diesen Fällen aber bis zu 9 Monate nach Beendigung die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen (Act LXXX 14.9.2015, §66).

(Weitere Informationen in Kap. 5 "Dublin-Rückkehrer")

Anträge nach abschließender beendender oder zurückweisender Entscheidung gelten als Folgeantrag. Hier ist zu prüfen, ob neue Elemente vorliegen. Neue Elemente sind Bedingung für die Zulässigkeit. Zulässige Folgeanträge werden im beschleunigten Verfahren geprüft. Für den dritten und weitere Folgeanträge besteht kein Recht auf Aufenthalt und Unterbringung in Ungarn. Beschwerde gegen Zurückweisung von Folgeanträgen hat aufschiebende Wirkung, außer der Folgeantrag wurde direkt vor einer Abschiebung gestellt und enthält keine neuen Elemente. In jenem Fall besteht kein Recht auf Aufenthalt und Unterbringung in Ungarn (AIDA 11.2015; vgl. Act LXXX 14.9.2015, §54).

Beschwerde

Im beschleunigten Verfahren gilt eine Rechtsmittelfrist von 7 Tagen. (Für zwischen 1.8. und 15.9.2015 gestellte Anträge gilt weiterhin die später geänderte Beschwerdefrist von 3 Tagen) Dieses Rechtsmittel besitzt nur in bestimmten Fällen aufschiebende Wirkung (u.a. bei Unzulässigkeit wegen Drittstaatsicherheit) (ECRE/HHC 1.10.2015; vgl. BAH 23.11.2015). Das Gericht soll binnen 8 Tagen inhaltlich entscheiden, wenn nötig mit Anhörung des Beschwerdeführers. Das Gericht kann die erstinstanzliche Entscheidung aufheben und ein erneutes Verfahren anordnen, aber es kann die erstinstanzliche Entscheidung nicht abändern. Weitere Rechtsmittel sind nicht vorgesehen. Nehmen der sichere Dritt- oder Herkunftsstaat den Antragsteller nicht zurück, ist die Entscheidung zurückzunehmen und das Verfahren zu führen (Act LXXX 14.9.2015, §53).

Beschwerdefrist im ordentlichen Verfahren sind 8 Tage und das zuständige Gericht soll binnen 60 Tagen darüber entscheiden, wenn nötig mit Anhörung des Beschwerdeführers. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Ist der Bf. in Haft soll das Gericht prioritär entscheiden. Ist der Bf. in Asylhaft, ist seine Anhörung vor Gericht verpflichtend. Das Gericht kann die erstinstanzliche Entscheidung aufheben und ein erneutes Verfahren anordnen, aber es kann die erstinstanzliche Entscheidung nicht abändern. Weitere Rechtsmittel sind nicht vorgesehen (Act LXXX 14.9.2015, §68; vgl. AIDA 11.2015).

Antragsteller haben im Rahmen des Gesetzes über die Rechtshilfe (wenn sie bedürftig sind) während des erstinstanzlichen Verfahrens das Recht auf kostenlose Rechtsberatung, nicht aber auf kostenlose Vertretung. Im Beschwerdeverfahren haben bedürftige ASt. das Recht auf kostenlose Rechtsberatung und -vertretung. Trotzdem haben bisher nur wenige ASt. freie Rechtshilfe in Anspruch genommen. Zum einen, weil die ASt. kaum etwas darüber wissen, zum anderen, weil das ungarische Rechtshilfesystem keine Übersetzerkosten abdeckt und die wenigen Asylanwälte die relevanten Fremdsprachen nicht sprechen. HHC bietet weiterhin Rechtsberatung in den Unterbringungszentren und Hafteinrichtungen an (AIDA 11.2015; vgl. HHC 18.9.2015).

Quellen:

2.1. Grenzverfahren / Transitzonen

Bild kann nicht dargestellt werden

(VB 28.9.2015)

Das Grenzverfahren in den neugeschaffenen Transitzonen betrifft nur dort aufgegriffene Fremde. Dublin-Rückkehrer sind davon nicht betroffen (BAH 16.9.2015). Dublin-Rückkehrer sind somit auch nicht vom Grenzverfahren betroffen. Kapazitäten und andere Bedingungen der Transitzonen - auch allfällige Sonderverfahrensbestimmungen - sind für Dublin-Rückkehrer nicht relevant. Dazu sind auch im jüngst beschlossenen Gesetz zur Rückführung illegaler Migranten keine Änderungen vorgesehen (BFA 24.6.2016), gemäß dem, illegal eingereiste Migranten, die in einer 8 km ins Landesinnere reichenden Kontrollzone betreten werden, Asylanträge nicht im Landesinneren stellen können, sondern durch das nächstgelegene Tor des Grenzzauns zurückgeführt und aufgefordert werden, offiziell durch die nächstgelegene Transitzone einzureisen und dort ihren Antrag zu stellen. Dies wird mit 5.7.2016 in Kraft treten (VB 23.5. 2016; vgl. VB 28.6.2016; vgl. ECRE 17.6.2016).

Zwischen 15.9.2015 und 29.5.2016 wurden 4.772 Asylwerber, davon

3.824 Vulnerable, in den Transitzonen registriert. Vulnerable (Familien, Schwangere, UMA, ...) werden sofort zum Asylverfahren zugelassen und aus den Transitzonen in offene Unterbringungszentren bzw. Kinderheime verlegt und ihre Asylanträge im Inland bearbeitet. Alleinstehende Männer bleiben hingegen bisweilen einige Wochen in den Zonen. Sie werden in der Regel nur dann ins Landesinnere verlegt, wenn ihr Verfahren nicht binnen eines Monats abgeschlossen werden kann (inklusive etwaige gerichtliche Überprüfung). 80% der Verfahren werden also im Land durchgeführt. Viele nützen dies, um ihre Reise fortzusetzen. Eine asylrechtliche Haft im Anschluss an den Aufenthalt in der Zone wäre zwar möglich, wird jedoch nicht angewandt, da es ein negatives Signal senden und einen Anreiz zur illegalen Einreise unter Vermeidung der Transitzonen setzen würde (BFA 24.6.2016; vgl. FRA 6.2016).

Im Mai 2016 haben 92 Personen vor dem zuständigen Gericht in Szeged gegen Zurückweisung ihres Asylantrags in den Transitzonen Beschwerde eingelegt. In 77 anhängigen derartigen Fällen hat das Gericht die erstinstanzliche Entscheidung gestützt, in weiteren 78 Fällen wurde der Beschwerde stattgegeben und BAH angewiesen den Fall neu zu beurteilen anstatt die Drittstaatsicherheit automatisch anzunehmen. 9 Fälle wurden eingestellt, weil der Beschwerdeführer das Land verlassen hatte. In der Praxis übernimmt Serbien von Ungarn im Rahmen des Rückübernahmeabkommens aber nur eigene Staatsbürger (FRA 6.2016).

Im Juni 2016 stellt die ungarische Regierung den in und um die Transitzonen tätigen NGOs HUF 250 Mio. für ihre humanitäre Arbeit zur Verfügung. 5 Organisationen (Ungarischer Malteser Hilfedienst, Ökumenische Hilfsorganisation, Ungarisches Rotes Kreuz, Caritas, Mission der Reformierten Kirche) erhalten eine finanzielle Unterstützung (BFA 24.6.2016).

(Zur praktischen Durchführbarkeit von Rücküberstellungen nach Serbien siehe Kap. 5.1. "Dublin-Rückkehrer und die Drittstaatsicherheit Serbiens".)

Quellen:

2.2. Krisensituationen durch Massenimmigration

Die Änderungen des ungarischen Asylgesetzes von August/September 2015 enthalten auch Bestimmungen für den Fall einer "Krisensituation durch Massenimmigration". Eine solche liegt vor, wenn die Zahl der in Ungarn ankommenden Migranten monatlich im Durchschnitt 500 Personen oder 750 Personen durchschnittlich am Tag in zwei aufeinanderfolgenden Wochen oder 800 Personen pro Tag im Wochenschnitt beträgt, bzw. wenn die Zahl der Migranten in einer Transitzone monatlich im Durchschnitt 1.000 Personen oder 1.500 Personen durchschnittlich am Tag in zwei aufeinanderfolgenden Wochen oder 1.600 Personen pro Tag im Wochenschnitt beträgt. Auch liegt eine derartige Krisensituation vor, wenn Umstände entstehen, die die öffentliche Sicherheit, Ordnung oder Gesundheit gefährden, vor allem durch Unruhen und Gewalt in einer Unterbringung. Eine Krisensituation kann per Regierungsdekret für max. 6 Monate (verlängerbar) ausgerufen werden. Während solcher Krisensituationen kann die Regierung Immobilien im öffentlichen Besitz beschlagnahmen und nutzen. Auch können Polizei und Armee für Registrierungsaufgaben im weitesten Sinne herangezogen werden (Act LXXX 14.9.2015, §§80/A-80/G).

Quellen:

3. Drittstaatsicherheit Serbiens

Die im neuen Asylgesetz umrissene Einführung von sicheren Dritt- und Herkunftsstaaten wird durch Regierungsdekret 191/2015 vom 21.7.2015 und Regierungsdekret 63/2016 umgesetzt. Damit sind seit 1.8.2015 Serbien, Albanien, Mazedonien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Kosovo sowie Australien, Kanada, Neuseeland, die Schweiz und jene US-Bundesstaaten, die keine Todesstrafe verhängen und darüber hinaus seit 1.4.2016 auch die Türkei sichere Dritt- und Herkunftsstaaten. Das heißt„ in der Praxis sind von BAH Asylanträge als unzulässig abzulehnen, wenn der Antragssteller aus einem dieser Länder stammt, durch ein solches gereist ist und dort die Möglichkeit zur Stellung eines Asylantrags hatte oder in einem dieser Länder Verwandte hat (VB 3.8.2015, VB 4.4.2016).

Die Verantwortung Serbiens, im Rahmen der Drittstaatsicherheit Personen von Ungarn zurückzunehmen, endet nach 12 Monaten. Rechtliche Grundlage ist entweder das bilaterale Rückübernahmeabkommen zwischen Serbien und Ungarn, oder jenes der EU mit Serbien (2007/819/EG). Wenn bei einem nach Ungarn Zurückkehrenden diese 12 Monate verstrichen sind, ist die Entscheidung zurückzunehmen und das Verfahren zu führen (BAH 16.9.2015; vgl. Act LXXX 14.9.2015, §51/A, VB 4.11.2015b, ECRE/HHC 1.10.2015, AIDA 11.2015).

Ungarn betrachtet Serbien zwar grundsätzlich als sicheres Drittland, dies ist aber eine im Einzelfall widerlegbare Vermutung und wird durch die Gerichte geprüft. Asylwerber haben die Möglichkeit innerhalb von drei Tagen Beweise vorzulegen oder Aussagen zu machen, wonach Serbien in ihrem Fall kein sicherer Drittstaat ist. Für die Gerichte gibt es 2 Hauptbehebungsgründe: entweder weitere Ermittlungsaufträge oder die fehlende Zustimmung der serbischen Behörden zur Übernahme. Es gibt noch keine finale und abschließende Beurteilung zu dieser Frage durch ein ungarisches Höchstgericht (VB 17.2.2016; vgl. BFA 24.6.2016).

Es gibt viele Beispiele dass z.B. das Gericht in Szeged Entscheidungen der ersten Instanz behoben und BAH angewiesen hat, ein neues Verfahrens zu führen, anstatt automatisch die Drittstaatsicherheit Serbiens anzunehmen (FRA 12.2015; vgl. FRA 2.2016, FRA 6.2016).

Zwischen 1.8.2015 und 31.3.2016 wies BAH 1.184 Asylanträge (im ganzen Land einschließlich Transitzonen) als unzulässig zurück (wobei nicht klar ist, ob immer Drittstaatsicherheit der Grund war). Im selben Zeitraum erhoben 387 ASt. dagegen Beschwerde (davon 114 in den Transitzonen). Ungarische Gerichte hoben in 246 Fällen die erstinstanzlichen Entscheidungen auf und ordneten die Neubewertung an. Die Begründung der Gerichte ist meist, dass Serbien kein sicherer Drittstaat sei, oder, dass die Behörde ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen sei, sich zu vergewissern, ob Serbien den ASt. auch wirklich zurücknehmen würde (UNHCR 5.2016).

Personen, die Ungarn verlassen sollen, werden von der Fremdenpolizei übernommen, welche dann versucht die Bedingungen für die Außerlandesbringung zu schaffen. Eine Außerlandesbringung kann entweder ins Herkunftsland oder in ein für den Fremden zuständiges Drittland (z.B. Serbien) erfolgen. Für alle Fälle, in welchen die Rückübernahme nach Serbien faktisch nicht funktioniert und wenn der Herkunftsstaat den Fremden nicht übernimmt, ist eine Abschiebung nicht möglich. In diesem Fall bleibt die Person in Ungarn, das Asylverfahren wird automatisch fortgesetzt und der Asylantrag inhaltlich geprüft (BFA 24.6.2016).

(Für mehr Informationen hierzu siehe Kap. 5.1. "Dublin-Rückkehrer und die Drittstaatsicherheit Serbiens".)

Quellen:

4. Dublin-Rückkehrer

Ein Asylverfahren wird, unabhängig vom Verfahrensstand, 30 Tage nachdem sich der Antragsteller dem Verfahren entzogen hat (z.B. durch Verlassen des Landes), eingestellt (BAH 29.10.2015).

Entzieht sich also ein Antragsteller, der seinen Antrag nach dem 1.8.2015 (also nach neuer Rechtslage) gestellt hat, dem Verfahren, wird dieses eingestellt. Innerhalb von 9 Monaten kann er (einmalig) die Wiedereröffnung des Verfahrens beantragen. Der Antrag auf Wiedereröffnung des eingestellten Verfahrens ist z.B. bei der Registrierung durch die Polizei nach Dublin-Rücküberstellung möglich (BAH 16.9.2015).

* Verweigerte ein Antragsteller im Erstverfahren in Ungarn inhaltliche Angaben und behinderte damit die Prüfung des Antrags, ist innerhalb der 9-Monats-Frist eine Wiedereröffnung des Verfahrens möglich.

* Entzog sich der Antragsteller seinem Erstverfahren in Ungarn vor dem inhaltlichen Interview, ist innerhalb der 9-Monats-Frist eine Wiedereröffnung des Verfahrens möglich.

* Verließ ein Antragsteller die für ihn festgelegte Unterkunft während des Erstverfahrens in Ungarn für mehr als 48 Stunden ohne Erklärung, ist innerhalb der 9-Monats-Frist eine Wiedereröffnung des Verfahrens möglich (BAH 18.9.2015).

* Hat ein Antragsteller seinen Erstantrag in Ungarn schriftlich zurückgezogen, ist auch innerhalb der 9-Monats-Frist keine Wiedereröffnung des Verfahrens mehr möglich.

* Wenn ein Antragsteller die Abgabe seiner Fingerabdrücke oder das Fotografieren verweigerte, ist innerhalb der 9-Monats-Frist keine Wiedereröffnung des Verfahrens möglich.

* Nach erfolgreicher Dublin-OUT- Überstellung aus Ungarn ist keine Wiedereröffnung des Verfahrens möglich.

* Bei rechtskräftig negativ abgeschlossenem Verfahren ist keine Wiedereröffnung, sondern nur ein neuer Antrag möglich - enthält der keine neuen Elemente, gilt er als unzulässiger Folgeantrag.

(BAH 16.9.2015; vgl. AIDA 11.2015)

Ist die 9-Monats-Frist verstrichen und der Rückkehrer hatte in seinem Erstverfahren bereits eine inhaltliche Entscheidung, kann er nur einen neuen Antrag stellen, der neue Elemente enthalten muss, um nicht als unzulässiger Folgeantrag zu gelten. Gab es im früheren Verfahren aber keine inhaltliche Entscheidung, müssen keine neuen Elemente vorgebracht werden damit der Antrag zulässig ist (BAH 22.6.2016; vgl Act LXXX 14.9.2015, § 51 (2)d, § 51 (3), § 53 (1); vgl. BFA 24.6.2016). (Für mehr Informationen zu Folgeanträgen siehe Kap. 3. "Allgemeines zum Asylverfahren")

Wurde der Antrag vor dem 1.8.2015 gestellt und ist noch offen (was sehr unwahrscheinlich ist), wird das Verfahren nach der alten Gesetzeslage weitergeführt. Wurde das Verfahren beendet (weil der ASt. sich abgesetzt hat oder in Abwesenheit entschieden wurde), wird bei Rückkehr ein neues Verfahren gemäß neuer Rechtslage geführt (BAH 13.11.2015). Nach der neuen Rechtslage gilt ein Folgeantrag der keine neuen Elemente enthält, als unzulässig. Wird kein Antrag gestellt, beginnt ein fremdenpolizeiliches Verfahren (BAH 16.9.2015).

In der Regionaldirektion Gyor des BAH kommen alle Dublin-Rückkehrer an, die von Österreich in Nickelsdorf an die ungarischen Behörden übergeben werden. Auch die ungarische Fremdenpolizei ist dort vertreten. In Gyor werden Rückkehrer durch die Polizei erfasst und es wird geprüft, ob der Betreffende bereits ein Verfahren in Ungarn hatte und welchen Stand dieses hat, ob der Rückkehrer spezielle Bedürfnisse hat usw. Gegebenenfalls kann ein Asylantrag gestellt werden. Danach wird den Rückkehrern entsprechend ihrem Verfahrensstand eine Unterbringung zugewiesen (offene Unterbringung oder Asylhaft etc.). Asylhaft ist in jedem Fall eine Einzelfallentscheidung. Kranke Rückkehrer werden, bei entsprechender Ankündigung, an der Grenze bereits mit einem Ambulanzwagen abgeholt. Die Versorgung der Rückkehrer in Gyor ist dieselbe wie in anderen Unterbringungseinrichtungen und entspricht den ungarischen Gesetzen. Wenn die Rückkehrer länger als 5 Stunden in der Einrichtung in Gyor verbringen müssen, besteht die gesetzliche Verpflichtung, ihnen Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen. In der Regel sind die Rückkehrer aber nur 1-2 Stunden dort, wenn offene Unterbringung geboten ist, bzw. bis zu einen Arbeitstag lang, wenn Asylhaft nötig ist (weil hier mit dem Transport zugewartet wird, ob noch Fälle hinzukommen). Die Führung eines etwaigen Asylverfahrens geht nach dem Transfer auf jene Regionaldirektion über, in deren Zuständigkeitsbereich der Betreffende untergebracht bzw. inhaftiert wird. Übersetzerleistungen sind laut BAH während der Abwicklung in Gyor dauernd verfügbar. Gängige Sprachen sind Afghanisch, Arabisch etc. Sollte für eine Sprache kein Dolmetscher vor Ort sein, wird per Computer eine Fernübersetzung zugeschaltet (BAH 16.9.2015; vgl. BFA 24.6.2016).

Die Entscheidung zur Verhängung der Asylhaft ist eine Einzelfallentscheidung. Untertauchen ist ein möglicher Grund für ihre Verhängung und da Dublin-Rückkehrer sich per se dem Verfahren entzogen haben, ist es grundsätzlich möglich, sie in Asylhaft zu nehmen. BAH erläuterte zwar es würden auch noch andere Gründe geprüft, es wurde aber auch nicht dezidiert gesagt, dass Untertauchen alleine als Haftgrund nicht ausreicht. Es wurde viel Wert auf die Feststellung gelegt, dass die Haft eine Einzelfallentscheidung sei. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass BAH die Haft nur für die ersten 72 Stunden verhängen kann und danach eine richterliche Überprüfung stattfinde (BAH 16.9.2015; vgl. BFA 24.6.2016).

Dublin-Rückkehrer haben Zugang zu Unterbringung und Versorgung solange ihr Verfahren nicht abgeschlossen ist. In jeder Einrichtung gibt es eine medizinische Versorgung. Falls nötig ist, werden Personen von einem Facharzt untersucht. Kinder bekommen eine besondere Versorgung (BFA 24.6.2016).

Quellen:

4.1. Dublin-Rückkehrer und die Drittstaatsicherheit Serbiens

Die von Ungarn angenommene Drittstaatssicherheit Serbiens widerspricht der Position des ungarischen Höchstgerichts (Kuria) und einer Empfehlung von UNHCR (beide 2012), die nie zurückgenommen wurden (und welche von UNHCR im Mai 2016 bekräftigt wurde (UNHCR 5.2016)). Dies und die Anwendbarkeit der Drittstaatsicherheit auf Dublin-Rückkehrer hat ECRE/HHC zu der Empfehlung bewogen, von Dublin-Überstellungen nach Ungarn Abstand zu nehmen. BAH steht auf dem Standpunkt, dass die Drittstaatsicherheit Serbiens so oder so auf ältere Fälle (Antragstellung vor dem 1.8.2015) anwendbar wäre, da die Rechtsgrundlage dafür auch schon zuvor bestanden habe (ECRE/HHC 1.10.2015; vgl. BAH 23.11.2015).

NGOs behaupten bereits seit längerem, dass Dublin-Rückkehrer akut von Rückschiebungen nach Serbien bedroht seien (vgl. ECRE/HHC 1.10.2015). Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Berichte, dass Serbien nur bestimmte Staatsangehörige (türkische und kosovarische Staatsbürger mit entsprechenden Ausweisdokumenten bzw. Durchbeförderung abgelehnter Kosovaren) (VB 4.11.2015b), bzw. nur eigene Staatsangehörige zurücknimmt (FRA 6.2016). Gemäß UNHCR wurden zwischen 15.9.2015 und 31.3.2016 298 Personen im Rahmen des Rückübernahmeabkommens nach Serbien rücküberstellt (78 Serben, 72 Türken, 34 Albaner, 5 Mazedonier und 31 Kosovaren, sowie 31 Syrer, 31 Afghanen, 14 Iraker, 2 Somalier und 6 Andere). Es ist aber unklar, wie viele davon aus den Transitzonen zurückgewiesen wurden und wie viele aus dem Inland bzw. ob Dublin-Rückkehrer darunter waren (UNHCR 5.2016). Die serbischen Behörden selbst bestätigen, dass aufgrund des bilateralen Rückübernahmeabkommens mit Ungarn nur serbische Staatsbürger, Staatenlose und Drittstaatsangehörige zurückgenommen werden, bei denen die Identität geklärt ist und die Tatsache geklärt ist, dass sie zuvor aus Serbien kommend nach Ungarn eingereist sind (VB 29.3.2016).

Um die praktischen Auswirkungen der ungarischen Gesetzesänderungen seit 1.8.2015 auf Dublin-Rückkehrer einschätzen zu können, wurde mit BAH ein Monitoring einiger Fälle vereinbart. Von Interesse waren bei diesem Monitoring insbesondere folgende Punkte:

• Zeitpunkt der Asylantragstellung (vor oder nach 1.8.)

• davon abhängig: besteht Zugang zum Asylverfahren nach Dublin-Transfer?

• Klärung der Frage: werden Dublin-Rückkehrer nach Serbien rücküberstellt?

Dem Monitoring unterzogen wurden die letzten 41 Fälle, die zwischen 1. und 24. September 2015 von Ö nach HU überstellt worden sind, sowie 25 Personen, die zwischen 12.10.2015 und 28.1.2016 aus DE, SE, UK, SK, CZ, CH nach HU überstellt worden sind. Bei den von Ö nach HU Überstellten handelt es sich um 24 erwachsene Männer, 4 erwachsene Frauen und 13 Minderjährige. Gemäß dem Monitoring konnte kein Fall einer Rücküberstellung eines Dublin-Rückkehrers von Ungarn nach Serbien festgestellt werden (BFA 23.3.2016).

Mitte Juni 2016 fand ein Expertentreffen zwischen BFA und BAH in Budapest statt, um offene Fragen zu klären. Es konnte im Zuge dessen klargestellt werden, dass Serbien zwischen 1.1. und 13.6.2016 113 Personen zurückgenommen hat, darunter befanden sich keine Dublin-Rückkehrer (Staatsangehörige Serbiens, Kosovos, Albaniens, usw.). Serbien steht (wie auch weiter oben bereits dargestellt) auf dem Standunkt, dass das Rückübernahmeabkommen nur für serbische und ehemalige jugoslawische Staatsbürger anwendbar sei (BFA 24.6.2016; vgl. TT 14.6.2016, FRA 6.2016). Die Ergebnisse des Monitorings von Februar 2016, wonach kein Fall einer Rücküberstellung eines Dublin-Rückkehrers von Ungarn nach Serbien festgestellt werden konnte, wurden damit bestätigt. Es wurde vereinbart, dass es bald ein weiteres Monitoring von aus Österreich nach Ungarn überstellten Dublin-Fällen geben soll, um die weitere Entwicklung beobachten zu können (BFA 24.6.2016).

Nach der Rückübernahme von Dublin-Rückkehrern hängt das weitere Verfahren davon ab, ob der Rückkehrer bereits einen Asylantrag gestellt hat, der inhaltlich behandelt wurde und, ob er sich innerhalb der 9-monatigen Frist für eine Wiedereröffnung des Verfahrens befindet. Wenn der Antrag aufgrund der Einreise durch Serbien als unzulässig entschieden wird und Serbien sich nicht bereit erklärt, den Rückkehrer zu übernehmen, wird der Antrag inhaltlich geprüft (BFA 24.6.2016; vgl. Act LXXX 14.9.2015, §51/A).

Der EuGH hat am 17.3.2016 in der Rechtssache C-695/15 PPU (Shiraz Baig Mirza) entschieden, dass Ungarn einen Asylwerber ohne inhaltliche Prüfung des Antrags in einen sicheren Drittstaat (hier Serbien) zurückweisen kann. Dies gilt auch dann, wenn Ungarn zuständiger Mitgliedstatt gemäß Dublin-III-VO ist. HU muss den überstellenden MS nicht über diese Regelung informieren oder den ersten Asylantrag in einem gewissen Verfahrensstadium weiterführen. Der Asylwerber hat das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und dass über seinen Antrag abschließend entschieden wird - das hindert Ungarn aber nicht daran, den Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Der EuGH wurde nicht gefragt, ob Serbien als sicherer Drittstaat gelten kann, daher wurde darüber auch nicht ausdrücklich entschieden. Andererseits hat der EuGH aber auch keine Zweifel an Serbiens Drittstaatsicherheit im Urteil angesprochen und auch die Rückweisung nicht untersagt (EuGH 17.3.2016).

Quellen:

5. Haft

5.1. Fremdenpolizeiliche Haft

Für fremdenpolizeiliche Maßnahmen (Aufgriff und Verhaftung illegaler Migranten, Rückführungen) ist in Ungarn die Aliens Policing Unit der ungarischen Polizei zuständig. Die Polizei kann einen Ausländer für bis zu 72 Stunden inhaftieren, danach kann ein Gericht die Haftdauer um jeweils 30 Tage bis zu insgesamt einem Jahr verlängern (Info Stdok 05.2012).

Aufgrund der 2013 neu eingeführten Asylhaft nahm die fremdenpolizeiliche Haft ab. Einige ihrer Hafteinrichtungen wurden geschlossen, oder dem BAH übergeben. Seit Jänner 2014 kann fremdenpolizeiliche Haft nur noch auf jene Folgeantragsteller angewendet werden, deren Folgeanträge keine aufschiebende Wirkung haben. Ansonsten ist nur Asylhaft anwendbar (AIDA 17.2.2015).

Die Polizei verfügt über fremdenpolizeiliche Haftzentren in Gyor, Budapest Airport, Nyírbátor und Kishkunhalas mit zusammen 268 Plätzen. Es sind Sozialarbeiter und Psychologen der NGO Menedék verfügbar und es gibt damit gute Erfahrungen (HHC 5.2014; vgl. AIDA 17.2.2015).

Von 1.1.2016 bis 13.6.2016 befanden sich 682 Personen in fremdenpolizeilicher Haft, 10 Personen in Haft vor Ausweisung und 1 Person in Haft vor Abschiebung (BFA 24.6.2016).

Quellen:

5.2. Asylrechtliche Haft

Das ungarische Parlament hat im Juli 2015 eine Reihe von Änderungen des Asylgesetzes beschlossen. Unter anderem wurden die Asylhaftgründe (eingeführt 1.7.2013) klarer formuliert. Die asylrechtliche Haft erlaubt demnach die Inhaftierung von AW in folgenden Fällen:

a) bei ungeklärter Identität oder Nationalität.

b) wenn ein Ausweisungsverfahren gegen den Antragsteller läuft und aufgrund objektiver Kriterien nachgewiesen werden kann, dass es dem Antragsteller im Vorfeld möglich gewesen wäre, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen - oder es liegen triftige Gründe für die Annahme vor, dass der Antrag nur gestellt wurde, um den Vollzug der Ausweisung zu verhindern.

c) wenn weitere Fakten erhoben werden müssen und das ohne Haft nicht möglich ist und angenommen werden muss, dass sich der ASt. dem Asylverfahren entziehen wird.

d) wenn die Haft notwendig ist zum Schutz der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung.

e) bei einem Antrag am Flughafen.

f) um das Dublin-Verfahren zu sichern, wenn ernste Absetzgefahr besteht.

(VB 2.7.2015; vgl. Act LXXX 14.9.2015, §§31/A ff.).

Die Verhängung der Asylhaft ist in jedem Einzelfall abzuwägen und nur anzuwenden, wenn der Zweck nicht anders erreicht werden kann (z.B. Kaution). Die Haft kann von BAH für max. 72 Stunden verhängt werden. Binnen der ersten 24 Stunden kann BAH die Verlängerung der Haft beim zuständigen Bezirksgericht beantragen. Das Gericht kann dem Antrag folgen und die Haft um max. 60 Tage verlängern, bis zu einer Maximaldauer von 6 Monaten. BAH muss alle Verlängerungsanträge begründen. Haft von unbegleiteten Minderjährigen darf nicht angeordnet werden. Die asylrechtliche Haft für Familien mit Kindern (als letztes Mittel unter Bedachtnahme auf das beste Interesse des Kindes) ist grundsätzlich für max. 30 Tage erlaubt. Rechtsmittel gegen die Anordnung der Asylhaft sind nicht vorgesehen, der ASt. kann aber Einspruch erheben (may file an objection), über den das Gericht binnen 8 Tagen entscheiden soll. Eine persönliche Anhörung des Inhaftierten hat bei der ersten Verlängerung oder im Falle eines Einspruchs zwingend zu erfolgen. Bei weiteren Verlängerungen der Haft kann eine Anhörung erfolgen, wenn der Betroffene das beantragt. Gegen Bedingungen der Haft ist Beschwerde an den Leiter der Asylhafteinrichtung bzw. in weiterer Folge an die Leitung des BAH möglich. Wenn die Antragszahlen außergewöhnlich hoch sind und die Kapazitäten der Asylhaftzentren entsprechend ausgereizt sind, ist Asylhaft auch in nicht dafür vorgesehenen Einrichtungen möglich. Alle anderen Vorkehrungen, wie Geschlechtertrennung und Unterbringungsbedingungen, sind einzuhalten (Act LXXX 14.9.2015, §31/A, §31/B, 31/G, 31/H, 31/I).

Es gibt Asylhaftzentren in Békéscsaba, Debrecen und Nyírbátor mit zusammen 456 Plätzen (VB 13.10.2015b) und 500 Asylhaftplätze in Kiskunhalas (VB 25.5.2016).

Für Antragsteller in Asylhaft haben dieselben materiellen Bedingungen zu gelten wie in der offenen Unterbringung (Act LXXX 14.9.2015, §28).

Die medizinische Betreuung in den Asylhaftzentren stellt sich im Einzelnen wie folgt dar:

o Békéscsaba: 2 PA abwechselnd für 2 Stunden wochentags, 6 PflegerInnen abwechselnd die ganze Woche/24 Std. Am Wochenende werden die PA auf Abruf tätig. Psychologische Hilfe erfolgt durch die CF nach Bedarf (VB 7.9.2015).

o Debrecen: 5x pro Woche 2 PA, 6 PflegerInnen abwechselnd die ganze Woche/24 Std., PA am Wochenende auf Abruf, ebenso ein psychologischer Dienst bei Bedarf (VB 7.9.2015).

o Nyírbátor: 1 PA für 2 Stunden an Werktagen, am Wochenende auf Abruf, medizinische Pflege wird von der Bezirkspolizei bereitgestellt, psychologische Hilfe von einer örtlichen Klinik (VB 7.9.2015).

o Kiskunhalas: Der Gesundheitsdienst arbeitet rund um die Uhr. Es kommen regelmäßig Ärzte. An Arbeitstagen gibt es eine Sprechstunde (3-4 Stunden). Die gesundheitliche Grundversorgung erfolgt vor Ort, eine entsprechende Fachversorgung ist im Krankenhaus Kiskunhalas möglich. Mitarbeiter der Cordelia Foundation kommen für psychologische Betreuung, wofür Ihnen das Ärztezimmer zur Verfügung gestellt wird (VB 25.5.2016).

Darüber hinausgehende ärztliche Versorgung ist in den Krankenhäusern der Umgebung möglich (VB 7.9.2015).

Vulnerable sind von der Asylhaft auszunehmen. Das umfasst UM, Schwangere, Familien mit Kindern unter 5 Jahren und AW, die unter PTBS leiden. Die Ausnahme der UM ist im Gesetz festgeschrieben, die restlichen Ausnahmen sind Verwaltungspraxis. Die Identifizierung der Personen mit PTBS übernimmt die NGO Cordelia, welche die Asylhafteinrichtungen einmal die Woche besucht. Am 30.9.2015 waren in Békéscsaba 24 von 65 Personen Teil einer Familie, darunter 8 Kinder (ECRE/HHC 1.10.2015).

Es gibt Alternativen zur Haft, wie festgelegten Aufenthaltsort und Kaution. Ersteres wird offenbar nicht angewendet, da sich 89-90% der AW in offener Unterbringung ohnehin absetzen. Kaution wurde seit 1.7.2014 in 143 Fällen verhängt (in Höhe von EUR 500 - 5.000). In 113 Fällen setzten sich die Betroffenen ab. Ihre Kautionen fielen in 104 Fällen an den Staat, in 9 Fällen konnte die Kaution rückerstattet werden (EASO 03.2015). Gegen Zahlung der Kaution in og. Höhe kann die Asylhaft im Wege einer Einzelfallentscheidung ausgesetzt werden. Die Kaution kann in jeder Phase des Asylverfahrens beantragt werden. Die Genehmigung erfolgt gegebenenfalls durch das BAH. Die Kaution verfällt, wenn der Antragsteller die ihm zugewiesene offene Aufnahmeeinrichtung und in weiterer Folge Ungarn verlässt, bevor eine Entscheidung über seinen Antrag ergangen ist. Das geschieht in einem Großteil der Fälle (VB 25.5.2016).

Von 1.1.2016 bis 13.6.2016 befanden sich 1.536 Personen in asylrechtlicher Haft. Dies stellt lediglich einen geringen Anteil von bislang rund 20.000 gestellten Asylanträgen im Jahr 2016 dar. Es wird immer überprüft, ob eine Alternative zu asylrechtlicher Haft (z.B. Kaution oder gelinderes Mittel) möglich ist. Die Maximaldauer der asylrechtlichen Haft beträgt 6 Monate, die Durchschnittsdauer liegt jedoch bei 39 Tagen. Die Haftzeit hängt immer vom Verfahren und vom Einzelfall ab. Die Abschiebung kann auch mit anderen Mitteln als Haft gesichert werden (z.B. gelinderes Mittel oder Kaution). Unter den 1.536 Personen in asylrechtlicher Haft sind auch Dublin-Rückkehrer. Genaue Zahlen konnte BAH nicht nennen, es sind aber jedenfalls unter 10%. Dublin-Relevanz alleine bedeutet keinen Haftgrund. Hauptgrund für Haft in Dublin-Fällen ist u.a. mangelnde Mitwirkung am Verfahren bzw. Sicherungshaft für Dublin-Out-Fälle. Ein Strafverfahren gegen Dublin-Rückkehrer wird nur dann eingeleitet, wenn sie in Ungarn eine Straftat begehen. Strafverfahren wegen etwaiger früherer Verletzung des Grenzzauns werden nicht eingeleitet (BFA 24.6.2016).

Mit Stand 29.6.2016 befinden sich 738 Personen in geschlossener Unterbringung (VB 29.6.2016). Im Mai 2016 befanden sich in ganz Ungarn nur alleinstehende Männer in Asylhaft (VB 25.5.2016).

Quellen:

5.3. Illegaler Grenzübertritt / Beschädigung des Grenzzauns

Die Änderungen des ungarischen Asylgesetzes von August/September 2015 enthalten auch Bestimmungen für den Fall, dass Migranten den Grenzzaun illegal überqueren bzw. beschädigen. Illegale Überwindung des Zauns ist mit Haft in Höhe von bis zu 3 Jahren strafbar. Geschieht die Überwindung bewaffnet oder als Teil einer Ausschreitung beträgt das Strafausmaß 1-5 Jahre Haft. Geschieht die Überwindung bewaffnet und als Teil einer Ausschreitung sind 2-8 Jahre Haft möglich; kommt jemand zu Tode drohen 2-10 Jahre. Wird der Grenzzaun beschädigt ist das mit Haft in Höhe von bis zu 5 Jahren strafbar. Geschieht die Beschädigung bewaffnet oder als Teil einer Ausschreitung beträgt das Strafmaß 2-8 Jahre Haft. Geschieht die Beschädigung bewaffnet und als Teil einer Ausschreitung sind 5-10 Jahre Haft möglich; kommt jemand zu Tode drohen 20 Jahre bis lebenslange Haft. Im Zusammenhang mit Vergehen betreffend illegalen Grenzübertritt und Beschädigung des Grenzzauns sind bis zu einem Strafmaß von 5 Jahren Bewährungsstrafen möglich (anstatt bis 2 Jahre wie sonst üblich) und die Länge der Bewährung kann 2-10 Jahre betragen. Eine Ausweisung muss in jedem den Grenzzaun betreffenden Fall ausgesprochen werden, wenn eine Haftstrafe verhängt wird. Die NGO HHC meint, dass einige der Bestimmungen gegen internationale Verpflichtungen Ungarns verstoßen (HHC 16.9.2015; vgl. HHC 18.9.2015).

Zwischen 15. September und 31. Dezember 2015 wurden insgesamt 1.064 Strafverfahren gegen Migranten eröffnet, die alle schnell zu Ende gebracht werden konnten. Die Strafe ist meist ein ein- oder mehrjähriges Einreiseverbot, dessen Höhe sich nach Geschlecht, und Alter des Angeklagten richtet. Frauen und junge Erwachsene erhalten in der Regel nur ein Jahr. Die wenigen Haftstrafen für Wiederholungstäter wurden zur Bewährung ausgesetzt. Die meisten akzeptieren die Strafe. (FRA 12.2015). Im Februar 2016 gab es wieder mehr illegale Grenzübertritte. Daraus resultierten 775 Strafverfahren, von denen 771 mit Verurteilungen zur Ausweisung und endeten. Die wenigen Haftstrafen für Wiederholungstäter wurden zur Bewährung ausgesetzt (FRA 2.2016).

Laut Bericht des VB von Ende Februar ist die Kriminalisierung des illegalen Grenzübertritts strafrechtlich eher unbedeutend: Bei der großen Mehrheit der Verfahren wurden lediglich Aufenthaltsverbote verhängt, eine strafrechtliche Verurteilung gab es in nur knapp 1% aller Fälle, in der Regel dann, wenn eine Zerstörung des Grenzzauns auch mit Widerstand gegen die Staatsgewalt etc. einherging (VB 22.2.2016).

Quellen:

6. Non-Refoulement

Die NGO Hungarian Helsinki Committee betrachtet die ungarischen Gesetzesänderungen vom August und September 2015 als Verletzung mehrerer internationaler Verpflichtungen Ungarns, unter anderem auch des Non-Refoulement-Prinzips durch die angenommene Drittstaatsicherheit Serbiens (HHC 18.9.2015; vgl. USDOS 13.4.2016).

BAH hat zu prüfen, ob ein ASt. aufgrund von Non-Refoulement-Erwägungen für internationalen Schutz, subsidiären Schutz oder geduldeten Aufenthalt infrage kommt (AIDA 11.2015).

(Näheres dazu in Kap. 4. "Drittstaatsicherheit Serbiens")

Quellen:

7. Versorgung

Bedürftige Erstantragsteller sind während des gesamten Asylverfahrens, ab Antragstellung bis zum Vorliegen einer endgültigen Entscheidung, zu materieller Unterstützung berechtigt. Diese umfasst Unterbringung und Verpflegung. Die Bedürftigkeit ist mittels Eigendeklaration nachzuweisen (AIDA 11.2015).

BAH kann eine private Unterbringung oder ein Unterbringungszentrum, oder eine andere geeignete Unterbringung als Ort des verpflichtenden Aufenthalts eines Antragstellers festlegen. Offene Unterbringungseinrichtungen können nur mit Genehmigung für mehr als 24 Stunden verlassen werden (Act LXXX 14.9.2015, §48).

Die Versorgung von Asylwerbern umfasst neben den gesetzlich garantierten Rechten, Krankenversorgung, soziale Versorgung und Bildung. Dabei ist auf die Bedürfnisse Vulnerabler Rücksicht zu nehmen. Die Unterbringungsbedingungen können in Einzelfällen reduziert oder ganz gestrichen werden (unangemeldete Abwesenheit für mehr als 15 Tage; Folgeanträge ohne neue Elemente; mangelnde Mitarbeit am Verfahren; Verschweigen von Geldmitteln), das Recht auf medizinische Nothilfe bleibt aber bestehen (Act LXXX 14.9.2015, §§26-30; vgl. AIDA 11.2015).

In Unterbringungszentren untergebrachte AW erhalten 3 Mahlzeiten am Tag (AIDA 11.2015). Das monatliche Taschengeld für Asylwerber wurde mit 1.4.2015 abgeschafft, genauso wie die Sonderzulage für Schulungsmaßnahmen (z.B. für Spracherwerb) und die Sonderzulage für Wohnraumbeschaffung (VB 4.4.2016; vgl. HHC 15.6.2016).

Quellen:

7.1. Unterbringung

In 1. Instanz haben alle bedürftigen AW Zugang zu Unterbringung und Versorgung. Folgeantragssteller bekommen Unterbringung und Versorgung bis in ihrem Fall eine nicht mehr anfechtbare rechtskräftige Entscheidung getroffen ist (BFA 24.6.2016).

Momentan gibt es in Ungarn 4 offene Unterbringungszentren für AW mit zusammen etwa 1.000 Unterbringungsplätzen:

1. Unterbringungszentrum Bicske.

2. Gemeinschaftsunterkunft Balassagyarmat: für Folgeantragsteller, Geduldete, Personen im fremdenrechtlichen Verfahren, usw.

3. Unterbringungszentrum Vámosszabadi.

4. Temporäres Unterbringungszentrum Körmend (Zeltlager)

(HHC 6.2016)

Die Kinderheime in Fót und Hódmezovásárhely beherbergten im März 2016 etwa 10-15 Kinder, bei eine Kapazität von insgesamt 88 Plätzen. Die Fluktuation ist sehr hoch, 95% der Jugendlichen verlassen die Einrichtungen bereits nach einigen Tagen (FRA 4.2016).

Außerdem sind folgende Einrichtungen geplant:

* Temporäres Unterbringungszentrum Szentgotthárd (Zeltlager) bis auf weiteres nicht in Betrieb

* Temporäres Unterbringungszentrum Kiskunhalas: voraussichtlich ab 1.7.2016 in Betrieb

* Temporäres Unterbringungszentrum Kapuvár: Eröffnung im Laufe des Jahres geplant

(BFA 24.6.2016)

Geplant sind weiterhin die Schließung von Bicske und Vámosszabadi, aber es liegt diesbezüglich derzeit noch keine konkrete Entscheidung seitens der Regierung vor. Die Schließung von Unterbringungszentren hängt von der aktuellen Migrationslage und der jeweiligen Gesetzeslage ab. Die Entscheidung der Regierung über die Schließung eines Zentrums wird laut Aussage von BAH stark von der Stimmung in der Bevölkerung geprägt. Nach der Schließung der Aufnahmestelle in Debrecen wurden mehrere temporäre Stellen als Ersatz eröffnet (BFA 24.6.2016).

Die Ausgaben für Asylwerber steigen seit Jahren (2013: EUR 6,1 Mio., 2014: EUR 8,8 Mio., 2015: EUR 18,1 Mio., 2016: EUR 13.3 Mio.). In den Transitzonen wurden von März bis Mai Essenspakete für über HUF 18 Mio. ausgegeben (BFA 24.6.2016).

Die Zentren unterstehen BAH. NGOs, die mit BAH kooperieren und Dienstleistungen in den Zentren anbieten, werden von BAH koordiniert. Es ist noch nicht vorgekommen, dass AW wegen Platzmangel obdachlos geworden wären. Vulnerable werden nach Möglichkeit gesondert untergebracht (VB 4.3.2016; vgl. AIDA 11.2015; ÖB 9.9.2015, VB 25.5.2016). Alleinstehende Frauen werden üblicherweise zusammen mit Familien auf eigenen Stockwerken untergebracht. Familien werden während des Asylverfahrens nicht getrennt. AW mit speziellen Bedürfnissen sollen getrennt untergebracht werden (AIDA 11.2015).

Mit Stand 29.6.2016 sind in Ungarn 1.132 Personen in offener Unterbringung (VB 29.6.2016).

Quellen:

7.2. Medizinische Versorgung

Die Versorgung von Asylwerbern umfasst auch Krankenversorgung. Dabei ist auf die Bedürfnisse Vulnerabler Rücksicht zu nehmen. Wenn, aus welchen Gründen auch immer, Leistungen reduziert oder gestrichen werden, bleibt das Recht auf medizinische Notversorgung bestehen (Act LXXX 14.9.2015, §§26-30; vgl. AIDA 11.2015).

AW haben mehrmals die Woche Zugang zu Allgemeinmedizinern und täglichen Zugang zum Krankenpflegepersonal in den Unterbringungszentren. Der Zugang wird allerdings durch die Sprachbarriere geschmälert. Übersetzer sind nicht immer verfügbar. Medizinische Spezialbehandlung wird in den umliegenden Spitälern gewährleistet. Aber auch dort gibt es Verständigungsprobleme (AIDA 11.2015).

Da EASO und der aktuelle AIDA-Bericht im Februar bzw. März des 2015 zu dem Schluss kamen, dass die psychologische Betreuung (Folteropfer, PTBS, geistig stark Behinderte und Suchtkranke) in ungarischen Zentren nicht abgedeckt werden könne (AIDA 17.2.2015; EASO 03.2015), wurde dieser Punkt im Zuge eines Arbeitsgespräch mit BAH am 16.9.2015 gezielt nachgefragt. Laut BAH ist in allen Unterbringungszentren medizinische Basisversorgung gegeben. Wenn kein Psychologe im Zentrum anwesend sein sollte, hätten die Ärzte des Zentrums die Möglichkeit den Betreffenden zu einem Spezialisten zu überweisen. Auch NGOs hätten Zugang zu den Zentren und böten psychologische und soziale Hilfe. Dies sei in eigenen Kooperationsabkommen niedergelegt. Sozialarbeiter gebe es in jedem Zentrum und diese seien sehr engagiert (BAH 16.9.2015). Der AIDA-Bericht von November 2015 besagt, dass ein Mangel an spezialisierten Diensten bestehe und nur wenige Experten die relevanten Sprachen sprächen oder Erfahrung mit Folteropfern hätten. Die NGO Cordelia sei die einzige Organisation mit der notwendigen Erfahrung in der psychologischen Betreuung von Folteropfern in den Unterbringungszentren. Ihre Kapazität sei jedoch begrenzt und ihre Finanzierung von Projekten abhängig. Die medizinische Betreuung ernsthaft psychisch Kranker wird weiterhin als ungelöstes Problem beschrieben. Suchtkranke haben angeblich keinen Zugang zu relevanten Behandlungen (AIDA 11.2015).

Notwendige Medikamente erhält ein Patient ebenfalls kostenfrei. Zahnarztbehandlungen werden in Notfällen gewährt. (BT 2.3.2012)

Die EU-Grundrechtsagentur FRA bezeichnet Ende Februar 2016 die Krankenversorgung in den Unterbringungszentren als zufriedenstellend und nennt keine Beschwerden über Verfügbarkeit bzw. Professionalität von Behandlung und Medikation. Sogar die ernstesten medizinischen Probleme seien in naheliegenden Spitälern behandelt worden. FRA zitiert NGOs, welche sich über die medizinische Versorgung in Hafteinrichtungen beschwerten, die nur sehr grundlegender Natur und schwerfällig sei, wovon auch Kinder betroffen seien (FRA 2.2016).

Quellen:

Beweiswürdigung

Die Behörde gelangt zu obigen Feststellungen aufgrund folgender Erwägungen:

[ ... ]

Betreffend die Feststellungen zur Lage im Mitgliedsstaat:

Die Feststellungen zum Mitgliedsstaat basieren auf einer aktualisierten Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA. Diese ist gemäß § 5 BFA-G zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen.

Die Länderfeststellungen ergeben sich aus den zitierten, unbedenklichen Quellen. Bezüglich der von der erkennenden Behörde getätigten Feststellungen zur allgemeinen Situation im Mitgliedstaat ist festzuhalten, dass diese Kenntnisse als notorisch vorauszusetzen sind. Gemäß § 45 Absatz 1 AVG bedürfen nämlich Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind (so genannte "notorische" Tatsachen; vergleiche Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 13-MSA1998-89) keines Beweises. "Offenkundig" ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder "allgemein bekannt" (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch "bei der Behörde notorisch" (amtsbekannt) geworden ist; "allgemein bekannt" sind Tatsachen, die aus der alltäglichen Erfahrung eines Durchschnittsmenschen - ohne besondere Fachkenntnisse - hergeleitet werden können (VwGH 23.01.1986, 85/02/0210; vergleiche auch Fasching; Lehrbuch 2 Rz 853). Zu den notorischen Tatsachen zählen auch Tatsachen, die in einer Vielzahl von Massenmedien in einer der Allgemeinheit zugänglichen Form über Wochen hin im Wesentlichen gleich lautend und oftmals wiederholt auch für einen Durchschnittsmenschen leicht überprüfbar publiziert wurden, wobei sich die Allgemeinnotorietät nicht auf die bloße Verlautbarung beschränkt, sondern allgemein bekannt ist, dass die in den Massenmedien verbreiteten Tatsachen auch der Wahrheit entsprechen.

Zur Aktualität der Quellen, die für die Feststellungen herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.

In Ihrer Erstbefragung gaben Sie an, dass Sie sich einige Tage in Ungarn aufgehalten hätten. Zu Ihrem dortigen Aufenthalt würden Sie nicht viel sagen können, da Sie nur kurz dort gewesen wären.

In Ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt gaben Sie an, dass Sie in Ungarn einige Tage bei der Polizeistation und zwei Tage in einem geschlossenen Lager aufhältig gewesen wären. Es hätte dort kein richtiges Essen gegeben, Sie hätten keinen richtigen Schlafplatz gehabt und es hätte keine medizinische Versorgung gegeben.

Die Rechtsberaterin hat folgendes Vorbringen:

Aufgrund der Aktuellen Lage und der fremdenfeindlichen Flüchtlingspolitik die in Ungarn ach wie vor betrieben wird, droht den Antragstellern dort eine menschenunwürdige Behandlung. Zudem droht ihnen in Ungarn eine Kettenabschiebung nach Serbien. Weiters ist nicht gesichert, dass es bei Dublinrückkehrern in Ungarn zu einer Widereröffnung des Verfahrens kommt. Eine Überstellung nach Ungarn würde somit eine Verletzung der EMRK darstellen, es ist daher vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.

Die Gefahr einer Sie treffenden Grundrechtsverletzung ist auch nicht aus den von Ihnen beschriebenen Bedingungen der Anhaltung und ersten Unterbringung nach Ihrer illegalen Einreise nach Ungarn ableitbar. Der Umstand, dass Sie nach der erfolgten Festnahme unter beengten Bedingungen und vorübergehen unzureichender Ernährung untergebracht wurden, ist angesichts des Umstandes, dass bei den ungarischen Behörden in der spezifischen Situation offenkundig eine starke Belastung der bestehenden Kapazitäten für die Unterbringung von illegalen Grenzgängern eingetreten ist, zu sehen. Sie wären aber bei einer Überstellung von Österreich nach Ungarn von derartigen Phänomenen offenkundig nicht betroffen, da die Rücküberstellung vorbereitet und geplant erfolgt.

Im konkreten Fall läuft Ihr Vorbringen darauf hinaus, dass von vorneherein und ohne jegliche konkrete Belege (die im Lichte des § 5 Abs 3 AsylG und der zum Zeitpunkt des EU-Beitrittes erfolgten normativen Vergewisserung über die "Sicherheit" der neu beitretenden Mitgliedstaaten - wenn sie nicht notorisch sind - aber von Ihnen vorzulegen sind und diesfalls nicht eine explorative Erhebungsverpflichtung der Asylbehörden im Sinn eines Erkundungsbeweises besteht) aus der aktuellen Asylpraxis in Ungarn vorweisen zu können, die Annahme gerechtfertigt wäre, dass alle Asylverfahren in Ungarn die europäischen Menschenrechtsstandards qualifiziert unterschreiten. Wäre dies aber der Fall, würden die gemeinschaftsrechtlich zuständigen europäischen Organe verpflichtet sein, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn einzuleiten, da Ungarn so nicht Mitglied der EU, als auch einer dem Menschenrechtsschutz verpflichteten europäischen Wertegemeinschaft, sein dürfte. Für eine derartige Sichtweise bestehen aus Sicht der ho. Behörde aber keine Anhaltspunkte. Jedenfalls kann ausgehend von den vorliegenden Länderinformationen davon ausgegangen werden, dass in Ungarn die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden, Sie vollen Zugang zum Asylverfahren und entsprechender Unterbringung und Versorgung haben.

Es bestehen auch keine von Amts wegen aufzugreifenden Anhaltspunkte dafür, dass sollten Sie in Ungarn ein asylrelevantes Vorbringen oder aber ein Vorbringen tätigen, welchem zwar nicht hinsichtlich einer Asylgewährung, so doch aber jedenfalls im Bereich des Refoulement-Schutzes Relevanz zukommen würde, und Sie ein solches Bedrohungsszenario glaubhaft machen würden, Sie also vor den ungarischen Asyl - und Fremdenbehörden glaubhaft machen würden, dass Ihre Freiheit oder Ihr Leben in Ihrem Heimatstaat aus oben genannten Gründen bedroht wäre und Sie daher im Falle einer Verbringung in Ihren Herkunftsstaat mit maßgeblichen Eingriffen in Ihre, in diesem Sinne relevanten Rechtsgüter, tatsächlich rechnen müssten, nicht bereits in erster Instanz Asyl oder zumindest eine humanitäre Aufenthaltsberechtigung oder anderweitigen Schutz vor einer Abschiebung in Ihr Heimatland erhalten würden. Auch gibt es keine vom Amts wegen aufzugreifenden Anhaltspunkte dafür, dass Ungarn etwa rechtliche Sonderpositionen vertreten würde, nach denen auch bei Zugrundelegung Ihrer Behauptungen - sofern Ihnen im Herkunftsstaat eine Bedrohung der im Asyl - und Refoulementbereich relevanter Rechtsgüter tatsächlich droht - eine Schutzverweigerung zu erwarten hätten.

Allgemein gehaltene Darstellungen und Behauptungen ohne Beweisanbot sind im Ergebnis sohin nicht geeignet, die Unzulässigkeit der Anwendung der Dublin III VO im konkreten Fall darzulegen.

Des Weiteren ist festzuhalten, dass insbesondere die Hauptzielländer der stattfindenden Migrationsbewegungen Deutschland, Schweden und Österreich zeitweise durch den erdrückenden Migrationsstrom sowie die offenen Grenzen überfordert waren. Gleiches gilt für die Anrainerstaaten der sogenannten Balkanroute, über welche sich der Migrationsstrom seit dem Sommer 2015 bewegte. Nicht kann jedoch betreffend den Zeitraum des vergangen Jahres betreffend Österreich ausgeführt werden, dass das Aufnahmesystem Österreichs - trotz aller herrschenden Probleme bei der Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen und Migranten - unter systemischen Fehlern gelitten hat. Gleiches ist auch der Republik Ungarn zuzubilligen und ist gerade durch die in den Feststellungen dargestellten seitens österreichischer Behörden gepflogenen Konsultationen deutlich, dass Ungarn einerseits stets bemüht ist, sich den jeweiligen Gegebenheiten organisatorisch anzupassen, die Aufnahme von Asylantragstellern zu organisieren sowie des Weiteren sich um adäquate Unterbringungs- und Versorgungsmöglichkeiten von Flüchtlingen zu bemühen. (BVwG v 17.8.2016, W105 2132158-1/3E)

Zusammenfassend ergibt sich, dass in Ungarn die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden, Ihr Asylverfahren im Stand des Verfahrens fortgeführt wird und Sie entsprechende Unterbringung und Versorgung haben. Sie konnten somit nicht glaubhaft vorbringen, in Ungarn Misshandlung, Verfolgung oder einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt zu sein."

Es folgte in den angefochtenen Bescheiden die rechtliche Beurteilung zu den beiden Spruchpunkten. Die Anträge auf internationalen Schutz seien zurückzuweisen, weil Art. 18 Abs. 1 lit. b ivm. Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO formell erfüllt (und implizit sohin Ungarn für die Prüfung der Anträge zuständig) sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung der GRC oder der EMRK im Falle einer Überstellung der BF ernstlich für möglich erscheinen lassen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe zu und es habe sich kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Weiters lägen keine humanitären Gründe gem. Art. 16 und 17 Abs. 2 leg.cit. vor. Die Ausweisung der BF stelle wegen der kurzen Aufenthaltsdauer und mangels weiterer familiärer Anknüpfungspunkte keine Verletzung von Art. 8 EMRK dar, zumal bezüglich aller 4 BF gleichlautende Entscheidungen ergingen.

Gegen diese Bescheide richten sich die fristgerecht erhobenen Beschwerden, in welchen die BF im Wesentlichen geltend machten, dass es ihnen aus dem von Ihnen genannten Gründen nicht möglich sei, nach Ungarn zurückzukehren. Durch eine Abschiebung nach Ungarn würden sie einem realen Risiko ausgesetzt werden, in Ungarn einer menschenunwürdigen Behandlung ausgesetzt zu sein. Es sei zu befürchten, dass die BF keine Unterkunft bekämen und auch sonst Ihre Versorgung mit den notwendigsten Güter nicht gesichert wäre. Es könne nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die 2.-BF eine ausreichende medizinische Versorgung erhalten werde, da der Staat Ungarn nicht in der Lage sei, diese für alle Asylwerber zu gewährleisten. Einer Einzelfallprüfung in dieser Hinsicht sei von der belangten Behörde nicht durchgeführt worden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt werden zunächst der dargelegte Verfahrensgang und der ebenfalls oben dargestellte Reiseweg der BF.

Besondere, in den Personen der Antragsteller gelegene Gründe, welche für eine reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Ungarn sprechen, liegen nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Lage im Mitgliedstaat an.

Die 1.-, 3.- und 4.-BF sind im Wesentlichen gesund; die 2.-BF leidet an einem Nierenkelchkonkremet (Nierenstein) rechts, an Kreuzschmerzen (Lumbago) und Eisenmangel. Medizinisch empfohlen sind ambulante Physiotherapie, Eisensubstitution beim Hausarzt und Blutbildkontrolle nach 4 Wochen. Anhaltspunkte für tödliche oder akut lebensbedrohliche Erkrankungen liegen bei keinem BF vor.

Die BF haben in Österreich - abgesehen von ihrer Beziehung untereinander - keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte. Der 1.-BF hat einen Deutschkurs, die 2.-BF eine Bildungsveranstaltung besucht.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Reiseweg der BF ergeben sich aus ihrem Vorbringen.

Ebenfalls aus ihrem Vorbringen ergeben sich einerseits ihre familiäre Situation sowie andererseits ihre gesundheitlichen Verfassungen (im Fall der 2.-BF in Verbindung mit den vorgelegten medizinischen Unterlagen). Die BF haben jedenfalls keine lebensbedrohenden Beeinträchtigungen vorgebracht.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen.

Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Ungarn auch Feststellungen zur ungarischen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf "Dublin-Rückkehrer") samt dem dortigen jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelwege getroffen. Die Beschwerde hat die Richtigkeit dieser Feststellungen nicht konkret in Zweifel gezogen und auch keine dem Inhalt dieser Quellen entgegenstehenden Berichte zitiert oder bezeichnet. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Erwägungen zur Beweiswürdigung an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit 1.1.2014 sind das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - Verfahrensgesetz (BFA-VG) und das Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 87/2012 in Kraft getreten.

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 144/2013 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt

worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung

desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit

dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem

anderen Staat nicht möglich ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein

Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit

dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in

einem anderen Staat nicht möglich ist;

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt

wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

[ ... ]

Gemäß § 2 Abs. 2 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger eines Asylwerbers, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 144/2013 lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 61 FPG 2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012 lautet:

"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

In den vorliegenden Fällen ist gemäß ihres Art. 49 (Inkrafttreten und Anwendbarkeit) die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates ("Dublin III-VO") anzuwenden:

"Art. 49

Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003.

Die in dieser Verordnung enthaltenen Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 603/2013, Richtlinie 2013/32/EU und Richtlinie 2013/33/EU gelten, bis zu ihrer jeweiligen Anwendbarkeit, als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000, Richtlinie 2003/9/EG bzw. Richtlinie 2005/85/EG."

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO zur Ermittlung des zuständigen Mitgliedstaates lauten:

"KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 13

Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 14

Visafreie Einreise

(1) Reist ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ein, in dem für ihn kein Visumszwang besteht, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Der Grundsatz nach Abs. 1 findet keine Anwendung, wenn der Drittstaatsangehörige oder Staatenlose seinen Antrag auf internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedstaat stellt, in dem er ebenfalls kein Einreisevisum vorweisen muss. In diesem Fall ist dieser andere Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

KAPITEL IV

ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN

Artikel 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des

Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, d s Kind, eines

seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese

Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

KAPITEL V

PFLICHTEN DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Artikel 18

Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.

In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

KAPITEL VI

AUFNAHME- UND WIEDERAUFNAHMEVERFAHREN

Art. 20

Einleitung des Verfahrens

(1) Das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats wird eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(2) Ein Antrag auf internationalen Schutz gilt als gestellt, wenn den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats ein vom Antragsteller eingereichtes Formblatt oder ein behördliches Protokoll zugegangen ist. Bei einem nicht in schriftlicher Form gestellten Antrag sollte die Frist zwischen der Abgabe der Willenserklärung und der Erstellung eines Protokolls so kurz wie möglich sein.

(3) Für die Zwecke dieser Verordnung ist die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Ebenso wird bei Kindern verfahren, die nach der Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss.

(4) Stellt ein Antragsteller bei den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats einen Antrag auf internationalen Schutz, während er sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, obliegt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Antragsteller aufhält. Dieser Mitgliedstaat wird unverzüglich von dem mit dem Antrag befassten Mitgliedstaat unterrichtet und gilt dann für die Zwecke dieser Verordnung als der Mitgliedstaat, bei dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde.

Der Antragsteller wird schriftlich von dieser Änderung des die Zuständigkeit prüfenden Mitgliedstaats und dem Zeitpunkt, zu dem sie erfolgt ist, unterrichtet.

(5) Der Mitgliedstaat, bei dem der erste Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, ist gehalten, einen Antragsteller, der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen

Mitgliedstaats aufhält oder dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, nachdem er seinen ersten Antrag noch während des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zurückgezogen hat, nach den Bestimmungen der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zum Abschluss zu bringen.

Diese Pflicht erlischt, wenn der Mitgliedstaat, der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats abschließen soll, nachweisen kann, dass der Antragsteller zwischenzeitlich das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen oder in einem anderen Mitgliedstaat einen Aufenthaltstitel erhalten hat.

Ein nach einem solchen Abwesenheitszeitraum gestellter Antrag im Sinne von Unterabsatz 2 gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.

Artikel 23

Wiederaufnahmegesuch bei erneuter Antragstellung im ersuchenden Mitgliedstaat

(1) Ist ein Mitgliedstaat, in dem eine Person im Sinne des Artikels 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d einen neuen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Auffassung, dass nach Artikel 20 Absatz 5 und Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d ein anderer Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags zuständig ist, so kann er den anderen Mitgliedstaat

ersuchen, die Person wieder aufzunehmen.

(2) Ein Wiederaufnahmegesuch ist so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von zwei Monaten nach der Eurodac- Treffermeldung im Sinne von Artikel 9 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 zu stellen. Stützt sich das Wiederaufnahmegesuch auf andere Beweismittel als Angaben aus dem Eurodac-System, ist es innerhalb von drei Monaten, nachdem der Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Artikel 20 Absatz 2 gestellt wurde, an den ersuchten Mitgliedstaat zu richten.

(3) Erfolgt das Wiederaufnahmegesuch nicht innerhalb der in Absatz 2 festgesetzten Frist, so ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, in dem der neue Antrag gestellt wurde.

(4) Für ein Wiederaufnahmegesuch ist ein Standardformblatt zu verwenden, das Beweismittel oder Indizien im Sinne der beiden Verzeichnisse nach Artikel 22 Absatz 3 und/oder sachdienliche Angaben aus der Erklärung der betroffenen Person enthalten muss, anhand deren die Behörden des ersuchten Mitgliedstaats prüfen können, ob ihr Staat auf Grundlage der in dieser Verordnung festgelegten Kriterien zuständig ist. Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für die Erstellung und Übermittlung von Wiederaufnahmegesuchen fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 gennanten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 25

Antwort auf ein Wiederaufnahmegesuch

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Wiederaufnahme der betreffenden Person so rasch wie möglich, in jedem Fall aber nicht später als einen Monat, nachdem er mit dem Gesuch befasst wurde. Stützt sich der Antrag auf Angaben aus dem Eurodac-System, verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.

(2) Wird innerhalb der Frist von einem Monat oder der Frist von zwei Wochen gemäß Absatz 1 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen."

Zu A)

1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz):

Zunächst ist auszuführen, dass ein Familienverfahren gem. §34 AsylG durchzuführen ist.

Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs für die Durchführung des gegenständlichen Verfahrens pflichtet das Bundesverwaltungsgericht der Verwaltungsbehörde bei, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit Ungarns ergibt.

Es war hierbei zudem eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, auf welcher Bestimmung die Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates beruht (VfGH 27.6.2012, U 462/12); dies freilich, sofern maßgeblich, unter Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 10.12.2013 in der Rechtssache C-394/12; Shamso Abdullahi/Österreich.

In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Ungarns zur Prüfung der Asylanträge der Beschwerdeführer letztlich jedenfalls in Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO begründet:

Ungarn hat seine eigene Verantwortlichkeit zur Prüfung der Anträge der BF auf internationalen Schutz akzeptiert und ist in der Folge bereits in diesbezügliche Verfahren eingetreten. Dies bedeutete - unbesehen einer anderen Grundlage, wie etwa Art. 13 Abs.1 leg.cit. (Einreise von einem Drittstaat in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, in casu: von Serbien nach Ungarn zum Zeitpunkt der ersten Antragstellung auf internationalen Schutz in Ungarn im Sinne des Art 3 Abs. 1 Dublin III-VO) - jedenfalls einen Selbsteintritt Ungarns gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO und wurde Ungarn nach dem Wortlaut dieser Bestimmung jedenfalls "dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne dieser Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen."

Der Vollständigkeit halber wird zum Umstand, dass in gegenständlichen Fall tatbestandsmäßig die Zuständigkeit zunächst im Art. 13 Abs. 1 der VO 604/2013 begründet war, ausgeführt, dass die BF zwar zuvor Griechenland durchreist, sie dort jedoch keine Asylanträge gestellt haben, sodass mit dem folgenden Verlassen des Hoheitsgebietes der Mitgliedstaaten nach Serbien dieser Durchreise nach dem Versteinerungsprinzip der Dublin III-VO, welches auf einen Sachverhalt abstellt, der zum Zeitpunkt der erstmaligen Asylantragsstellung gegeben ist, keine Relevanz zukommt und angesichts der erstmaligen Asylantragstellung in Österreich vielmehr die Einreise vom Drittstaat nach Ungarn maßgeblich erscheint - dies entspricht ständiger Judikatur schon des Asylgerichtshofes und auch des BVwG.

Zudem käme eine Überstellung nach Griechenland aufgrund der amtsbekannten systemischen Mängel im dortigen Asylwesen nicht in Betracht. Für diese Fälle normiert Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO, dass die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fortzusetzen ist, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann (vgl. auch schon zur Rechtslage nach der Dublin II-VO: EuGH, Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10 N. S. vs. U.K.).

Dem unter der Voraussetzung, dass grundsätzlich Griechenland zur Führung des Asylverfahrens zuständig wäre, oftmals erhobenen Einwand, dass gem. Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO im Falle von systemischen Mängeln im zunächst zuständigen Mitgliedstaat die Prüfung der Kriterien nach dem Wortlaut dieser Bestimmung nur dergestalt fortgeführt werden könne, dass ein nachrangiges Kriterium für eine solche Zuständigkeitsbegründung herangezogen werden könne, ist zu zudem entgegnen, dass dieser Rechtsansicht der VwGH in seiner jüngsten Entscheidung vom 23.06.2016, Zahl 2016/20/0069-8, entgegengetreten ist und vielmehr (Rz. 23ff) ausgeführt hat (Unterstreichung im Original nicht vorhanden):

" ... geht der Verwaltungsgerichtshof unter Bedachtnahme auf den

Erwägungsgrund 25 dieser Verordnung davon aus, dass die hier in Rede stehende Bestimmung des Art. 3 Abs. 2 zweiter Satz Dublin III-VO nur so verstanden werden kann, dass die Fortsetzung der Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, sämtliche in diesem Kapitel festgelegten Kriterien zu erfassen hat.

[ ... ]

Da nach dem Gesagten am Inhalt der hier in Rede stehenden Normen kein Raum für Zweifel verblieb, war auch der Anregung des Revisionswerbers auf Einholung einer Vorabentscheidung durch den EuGH nicht näher zu treten."

Selbst wenn man somit die Auffassung vertreten würde, dass in casu - entgegen obiger Erwägungen - doch eine grundsätzliche Zuständigkeit Griechenlands vorliegen würde, die jedoch aufgrund systemischer Mängel im dortigen Asylwesen unbeachtlich sei, würde man gem. Art. 3 Abs. 2 zunächst wieder iVm. Art. 13 Abs. 1 leg.cit. (sowie folgend jedenfalls gem. Art. 17 Abs. 1 leg.cit.) zur Zuständigkeit Ungarns gelangen.

Zusammengefasst ist somit festzuhalten, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit Ungarns zunächst gemäß Art. 13 Abs. 1 sowie jedenfalls gem. Art 17 Abs. 1 iVm Art. 18 Abs. 1 lit b und Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO (nachdem der Beschwerdeführer in Ungarn einen Asylantrag gestellt hat und die die ungarischen Behörden das Wiederaufnahmegesuch des BFA nicht fristgerecht beantwortet haben) ergibt.

Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und 17 Abs. 2 (humanitäre Klausel) Dublin III-VO ergibt sich schon einerseits mangels Vorliegens einer Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, einer schweren Krankheit, einer ernsthaften Behinderung oder hohen Alters keine österreichische Zuständigkeit zur Prüfung der Anträge der BF und liegt im Hinblick auf Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO auch kein entsprechendes Ersuchen eines Mitgliedstaates vor.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB 17.06.2005, B 336/05; 15.10.2004, G 237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (zB 23.01.2007, 2006/01/0949; 25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das BFA hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht in gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre:

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, 96/21/0499; 09.05.2003, 98/18/0317; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, 2002/20/0582; 31.05.2005, 2005/20/0025; 25.04.2006, 2006/19/0673), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K13 zu Art. 19).

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.

Zudem hat der EuGH in seinem Urteil vom 07.06.2016, C-63/15,

Gezelbash (Große Kammer), festgestellt, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin

III-VO im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin

auszulegen ist, dass [ ... ] ein Asylbewerber im Rahmen eines

Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die

fehlerhafte Anwendung eines in Kapitel III dieser Verordnung

festgelegten Zuständigkeitskriteriums [ ... ] geltend machen kann.

Damit im Einklang steht das Urteil des EuGH ebenfalls vom 07.06.2016, C-155/15, Karim (Große Kammer), wonach ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung einen Verstoß gegen die Regelung des Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung geltend machen kann.

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den EGMR zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO auszuüben ist, hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S. ua/Vereinigtes Königreich, befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des EGMR in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung vom 21.01.2011 (GK), 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten.

Somit ist zum einen unionsrechtlich (im Hinblick auf die Urteile des EuGH vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich, sowie jeweils vom 07.06.2016, C-63/15, Gezelbash, und C-155/15, Karim) zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorherrschen, und zum anderen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, ob die BF im Falle der Zurückweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz und ihrer Außerlandesbringung nach Ungarn gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG - unter Bezugnahme auf ihre persönliche Situation - in ihren Rechten gemäß Art. 3 und/oder 8 EMRK verletzt werden würden, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist.

Die angefochtenen Bescheide enthalten - wie oben ausgeführt - ausführliche Feststellungen zum ungarischen Asylwesen. Diese Feststellungen basieren auf einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA, zu den einzelnen Passagen sind jeweils detaillierte Quellenangaben angeführt. Die belangte Behörde behandelt in ihrem Bescheid etwa Rechtschutz- und Beschwerdemöglichkeiten gegen Entscheidungen der ersten Instanz, die Situation von sogenannten "Dublin-Rückkehrern", das Non-Refoulmentgebot sowie die Versorgung, einschließlich der medizinischen Versorgung, und Unterbringung von Asylwerbern in Ungarn.

Vor dem Hintergrund dieser Länderberichte und der erstinstanzlichen Erwägungen kann nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-VO nach Ungarn überstellt werden, aufgrund der ungarischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden, oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde. Die BF sind der Richtigkeit der Länderberichte nicht auf entsprechendem fachlichem Niveau entgegengetreten und haben im Verfahren nicht dargetan, dass sie während ihres Voraufenthaltes in Ungarn einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt gewesen seien. Sie haben vielmehr bei der Einvernahme eingeräumt, dass sie in einem Lager untergebracht und verpflegt wurden.

Soweit die BF geltend gemacht haben, dass sie "kein richtiges Essen" und "keinen richtigen Schlafplatz" bekommen hätten, ist entgegenzuhalten, dass ein derartiger, pauschaler Einwand keine Rechtsverletzung indiziert, die den hohen Eingriffsschwellenwert des Art. 3 EMRK, dem der Gedanke des Folterverbotes innewohnt, erreicht.

Der Verwaltungsgerichtshof ist im seinem behebenden Erkenntnis vom 08.09.2015, Ra 2015/18/0113 davon ausgegangen, dass sich die Lage in Ungarn zumindest seit Oktober 2014 schon deshalb deutlich verändert habe, weil in jüngerer Zeit ein massiver Zustrom von Asylwerbern stattgefunden habe, der in hohem Maße auch Ungarn betroffen habe. Deshalb sei ein konkretes Vorbringen, mit dem Asylwerber eine angemessene Unterbringung und Versorgung ihrer Grundbedürfnisse in Ungarn vor dem Hintergrund dieser notorischen Entwicklungen in Frage gestellt haben, einer weitergehenden Prüfung der Lage zu unterziehen. Dazu ergibt sich aufgrund der inhaltlich nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide, dass sowohl die Anzahl der illegalen Grenzübertritte nach Ungarn wie auch jene der gestellten Asylanträge im ersten Halbjahr 2016 im Vergleich zum Jahr 2015 deutlich zurückgegangen ist, jene der gestellten Asylanträge von 176.000 im Gesamtjahr 2015 auf 22.093 im ersten Halbjahr 2016. Weiters erfolgten 2015 und 2016 eine hohe Anzahl von Einstellungen der Verfahren, was drauf hindeutet, dass die meisten Antragsteller während des Verfahrens untergetaucht sind. Der vom Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis vom 08.09.2015 als notorische Lageänderung umschriebene massive Zustrom von Asylwerbern insbesondere über Ungarn findet daher nach den aktuellen Länderfeststellungen gegenwärtig nicht mehr statt.

Folgerichtig ergibt sich aus den aktuellen Feststellungen der angefochtenen Bescheide auch kein Hinweis darauf, dass die Kapazitäten der ungarischen Behörden zur Unterbringung von Asylwerbern nicht ausreichend wären.

Aus den Feststellungen ergibt sich weiters, dass die BF als Dublin-Rückkehrer Zugang zum Asylverfahren haben, sei es, indem sie einen Antrag auf Wiedereröffnung ihrer allenfalls wegen des Verlassens Ungarns eingestellten Verfahren über ihre am 30.05.2016 dort eingebrachten Asylanträge stellen, was innerhalb der vorgesehenen Frist von neun Monaten noch zulässig ist, sei es, dass sie Folgeanträge stellen.

Nach den Feststellungen der angefochtenen Bescheide hat die Behörde auch die im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.08.2015 W 125 2111611-1/7E als erforderlich angesprochenen Erhebungen in Form einer Beobachtung von aus Österreich und anderen Mitgliedstaaten nach Ungarn überstellten Dublin-Rückkehrern ("Monitoring") vorgenommen. Dabei hat sich einerseits ergeben, dass kein Dublin-Rückkehrer aus Ungarn weiter nach Serbien überstellt wurde und es andererseits unter den im Zeitraum vom 01.01.2016 bis 13.06.2016 113 von Serbien aus Ungarn übernommenen Personen kein Dublin-Rückkehrer gewesen. Daraus ist ersichtlich, dass eine etwaige Kettenabschiebung von Dublin-Rückkehrern aus Ungarn nach Serbien nachhaltig unwahrscheinlich ist.

Die festgestellte Praxis der ungarischen Behörden bei der Handhabung asylrechtlicher Haft zeigt, dass in der Zeit vom 01.01.2016 bis 13.06.2016 1536 Personen im Haft befanden, was angesichts von rund 20.000 gestellten Asylanträge Jahr 2016 lediglich einen geringen Anteil darstellt. Vor dem Hintergrund dieser Vollzugspraxis ist nicht zu erkennen, dass die ungarischen Behörden die asylrechtlicher Haft in exzessiver Weise verhängen und es haben die BF nicht fallbezogen konkret dargetan, dass gerade sie im Falle einer Überstellung nach Ungarn dort unberechtigt in asylrechtlicher Haft angehalten werden sollten, zumal dies auch während ihres Voraufenthaltes in Ungarn nicht der Fall gewesen ist.

Im Übrigen bleibt anzumerken, dass der Umstand, dass ein Antragsteller auf internationalen Schutz infolge einer Dublin-Rückstellung in Haft genommen werden könnte, für sich genommen nicht als ausreichend angesehen werden kann, eine Überstellung nach der Dublin-Verordnung für unzulässig zu erklären (vgl. VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0095).

Eine wie in der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011 in der Rechtssache M.S.S./Belgien und Griechenland in Bezug auf Griechenland beschriebene Situation systematischer Mängel im Asylverfahren in Verbindung mit schweren Mängeln bei der Aufnahme von Asylwerbern kann in Ungarn im Hinblick auf die behördlichen Länderfeststellungen nicht erkannt werden. Des Weiteren vermögen einzelne Grundrechtsverletzungen, respektive Verstöße gegen Asylrichtlinien, die Anwendung der Dublin II-VO (und nunmehr der Dublin III-VO) demgegenüber unionsrechtlich nicht zu hindern und bedingen keinen zwingenden, von der Beschwerdeinstanz wahrzunehmenden, Selbsteintritt (EuGH C-411/10 und C-493/10).

Jedenfalls hätten die BF die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen ihrer Rechte, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Ungarn und letztlich beim EGMR geltend zu machen.

Überdies ist festzuhalten, dass der EGMR in seiner Entscheidung vom 03.07.2014, 71932/12, Mohammadi/Österreich, unter Berücksichtigung der aktuellen Berichtslage, einschließlich eines Berichtes des Hungarian Helsinki Commitees (HHC) über die mit 01.07.2013 in Ungarn in Kraft getretenen Gesetzesänderungen, des HHC Country Report Hungary, update 30.04.2014, sowie insbesondere des Umstandes, dass UNHCR niemals ein Positionspapier an die Mitgliedstaaten herausgegeben hat, worin diese um Abstandnahme von der Überstellung von Asylwerbern nach Ungarn gemäß der Dublin-VO ersucht wurden, festgestellt hat, dass die relevanten Länderberichte über die Situation von Asylsuchenden und insbesondere Dublin-Rückkehrern in Ungarn keine systemischen Mängel des ungarischen Asylwesens und des Systems der Anhaltung von Asylwerbern indizieren.

Eine Verletzung von Grundrechten der BF ist auch nicht aus dem Inhalt der mit 01.07.2013 in Ungarn in Kraft getretenen Gesetzesänderungen ableitbar, da diese in der Entscheidung Mohammadi/Österreich bereits berücksichtigt wurden. Somit bildet die Einrichtung der asylrechtlichen Anhaltung, sollten Antragsteller davon betroffen sein, weder an sich, noch aufgrund der dem EGMR vorgelegenen Berichtslage über die Haftbedingungen, einen Grundrechtseingriff.

Zur gesundheitlichen Situation der BF, insbesondere der 2.-BF, da die 1.-, 3.- und 4.-BF keine gesundheitlichen Probleme geltend gemacht haben, ist auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welche die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

Vor dem Hintergrund dieser strengen Judikatur des EGMR kann jedenfalls nicht erkannt werden, dass eine Überstellung der BF nach Ungarn eine Verletzung ihrer Rechte gem. Art. 3 EMRK darstellen würde, da aktuell bei ihnen offensichtlich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Endstadiums einer tödlichen Krankheit gegeben sind und in Ungarn für Asylwerber medizinische Behandlung gegeben ist.

Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Fremdenpolizeibehörde bei der Durchführung einer Abschiebung im Falle von bekannten Erkrankungen des Fremden durch geeignete Maßnahmen dem jeweiligen Gesundheitszustand Rechnung zu tragen hat. Insbesondere erhalten kranke Personen eine entsprechende Menge der benötigten verordneten Medikamente. Anlässlich einer Abschiebung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen entsprechende Maßnahmen gesetzt. Bei Vorliegen schwerer psychischer Erkrankungen und insbesondere bei Selbstmorddrohungen werden geeignete Vorkehrungen zur Verhinderung einer Gesundheitsschädigung getroffen.

Insgesamt gesehen handelt es sich in den vorliegenden Fällen der BF nach dem Maßstab der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte um keine "ganz außergewöhnlichen Fälle, in denen die humanitären Gründe gegen die Rückführung zwingend sind".

Der mentale Stress bei einer Abschiebung selbst ist ebenfalls kein ausreichendes "real risk" und kann daher - nach dem Maßstab der Judikatur des EGMR - eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verletzung der Rechte der BF gem. Art. 3 EMRK nicht erkannt werden. Dies noch umso weniger, als nicht etwa die Abschiebung in ein krisengeschütteltes Herkunftsland, sondern in einen Mitgliedstaat der EU (!), in dem funktionierende rechtsstaatliche Strukturen und rechtsstaatliches Verwaltungshandeln selbstverständlich gegeben sind, verfügt wird.

Ein im besonderen Maße substantiiertes Vorbringen, aus dem gerade die BF Gefahr liefen, in Ungarn in ihre durch Art. 3 EMRK geschützten Rechten verletzt zu werden, wurde somit nicht erstattet.

Im Hinblick auf Art. 8 EMRK wird, um doppelte Ausführungen zu vermeiden, auf nachstehende, unter Punkt 2. ausgeführte, Erwägungen, wonach kein schützenswertes Privat- oder Familienleben der BF erkannt werden kann, verwiesen.

Das BFA hat daher zu Recht keinen Gebrauch vom Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO gemacht. Spruchpunkt I der erstinstanzlichen Entscheidungen war sohin bei Übernahme der Beweisergebnisse der Erstbehörde mit obiger näherer Begründung zu bestätigen.

2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG und einer möglichen Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK):

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG (iVm § 61 Abs. 1 FPG) ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, soweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Die BF verfügen im Bundesgebiet - abgesehen von ihrer familiären Beziehung untereinander, in die aufgrund der getroffenen inhaltsgleichen Entscheidungen jedoch nicht eingegriffen wird - über keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte, sodass mit der Außerlandesbringung der BF kein Eingriff in ihr Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK gegeben ist.

Der durch die normierte Ausweisung der BF aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in ihr Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu ihrem Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt:

Der nunmehriger Aufenthalt der BF in Österreich in der Dauer von etwa 5 1/2 Monaten war nur ein vorläufig berechtigter. Zudem ist dieser Aufenthalt, gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, als kein ausreichend langer Zeitraum zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist erkennbar, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib gegenüber den öffentlichen Interessen überwiegen können (09.05.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt etwa für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (05.07.2005, 2004/21/0124). Die Antragsteller mussten sich weiters ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein. Die Antragsteller, konkret die 1.- und 2.-BF sind zwar bemüht, durch entsprechende Kurse Deutsch zu lernen, was zu ihren Gunsten zu werten ist, doch vermögen diese Aspekte bei einer abwägenden Gesamtbetrachtung die sehr schwer zu Lasten der BF wiegende zeitliche Komponente ihres als bloß kurz zu bezeichnenden Aufenthalts nicht aufzuwiegen. Der mit der Ausweisung verbundene Eingriff in das Privatleben der BF ist daher nicht nur zulässig, sondern im Hinblick auf die geringe Aufenthaltsdauer geradezu geboten. Die Verwaltungsbehörde hat daher eine korrekte Interessensabwägung im Sinne der Rechtsprechung vorgenommen.

Gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Die Entscheidung liegt allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedsstaat, welche bereits durch umfassende und im Detail bzw. in der fachlichen Substanz unwidersprochen gebliebene Feststellungen festgehalten wurde und demgemäß in einer Tatbestandsfrage.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht sowohl auf umfangreiche Judikatur des EGMR sowie auf eine ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheids wiedergegeben.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte