BVwG W151 2117714-1

BVwGW151 2117714-116.3.2016

AsylG 2005 §3
B-VG Art.130 Abs1 Z3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §8 Abs1
AsylG 2005 §3
B-VG Art.130 Abs1 Z3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §8 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W151.2117714.1.00

 

Spruch:

Schriftliche Ausfertigung des am 02.03.2016 verkündeten Erkenntnisses:

W151 2117713-1/11E

W151 2117714-1/11E

W151 2117715-1/11E

W151 2117716-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris KOHL, MCJ als Einzelrichterin über die Säumnisbeschwerden von XXXX

StA. Afghanistan, XXXX , StA. Afghanistan, XXXX , StA. Afghanistan und XXXX , StA. Afghanistan, alle vertreten durch Migrantinnenverein St. Marx, Dr. Lennart Binder, jeweils am 27.10.2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingebracht, in den Verfahren über den jeweiligen Antrag auf internationalen Schutz vom 05.01.2015 gegen das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Az.: XXXX ; XXXX ; XXXX ; XXXX ) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Säumnisbeschwerden werden gemäß § 8 Abs. 1 letzter Fall des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 und BGBl. I Nr. 82/2015, abgewiesen.

B) Die Revision ist jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 102/2014, zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Am 05.01.2015 stellten XXXX , StA. Afghanistan, XXXX , StA. Afghanistan und deren Kinder XXXX , StA. Afghanistan und XXXX , StA. Afghanistan (im Folgenden: Beschwerdeführer 1-4) jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem diese rechtswidrig in das Bundesgebiet eingereist waren.

Am 06.01.2015 wurde XXXX in der Erstaufnahmestelle Polizeiinspektion Traiskirchen einer Erstbefragung unterzogen und folglich wurden die Anträge der Beschwerdeführer 1-4 zum Verfahren zugelassen.

Am 12.02.2015 wurden die Verfahrensakten der Beschwerdeführer 1-4 an die Regionaldirektion Oberösterreich weitergeleitet, wo sie am 16.02.2015 einlangten.

Am 27.10.2015 langte beim Bundesamt jeweils eine Säumnisbeschwerde der Beschwerdeführer 1-4 ein, die im Wesentlichen darauf rekurrierte, dass die Entscheidungsfrist abgelaufen sei, die Beschwerdeführerinnen seien noch nicht zu einer Einvernahme geladen worden und die Entscheidungsfrist der Behörde abgelaufen sei. Daher wurde beantragt, gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG binnen 3 Monaten über die genannten Anträge auf internationalen Schutz zu entscheiden, in eventu die Beschwerde nach Ablauf der Frist dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.

Mit Schreiben vom 24.11.2015, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 26.11.2015, legte das Bundesamt die Säumnisbeschwerden vor und teilte mit, dass eine Erledigung der Akten innerhalb der Frist nicht möglich sei.

Nach einer Befassung des Bundesamtes wurde von diesem eine "Argumentation in Säumnisverfahren" vorgelegt und vom Bundesverwaltungsgericht amtswegig die Asylstatistiken 2014 und 2015 (für das Jahr von Jänner 2015 bis Oktober 2015) eingeholt.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.02.2016 wurden die Stellungnahmen der Verfahrensparteien sowie die oben genannten Statistiken den Parteien zur Kenntnis gebracht und eine Stellungnahmemöglichkeit eingeräumt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 02.03.2016 wurde den Beschwerdeführern die Möglichkeit eingeräumt, sich zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu äußern. Die BFs brachten zur Frage des allfälligen Verschuldens der belangten Behörde im Wesentlichen vor, dass es eine Verpflichtung des Staates gäbe, Verfahren innerhalb der bestehenden Fristen abzuschießen, der Staat habe die dementsprechenden organisatorischen Maßnahmen zu treffen, beispielsweise durch Neueinstellungen von Personal und es sei im Jänner 2015 noch nicht zu einer explosionsartigen Ausdehnung von Asylantragstellungen gekommen. Weiters hätte das BFA auf die Massenflucht so reagieren können, dass nach der einschlägigen Richtlinie der EU eine pauschale Regelung für Flüchtlinge aus Syrien getroffen werden hätte können und dies zu einer Vereinfachung der Verfahrensadministration geführt hätte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die beschwerdeführenden Parteien haben jeweils am 05.01.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und wurden am 06.01.2015 zum Asylverfahren zugelassen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben jeweils am 27.10.2015 eine Säumnisbeschwerde gestellt, der oben genannte Antrag der beschwerdeführenden Partei war bis zu diesem Zeitpunkt nicht erledigt.

Die Verzögerung in der Erledigung des Antrages ist nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, sondern auf vom Bundesamt unbeeinflussbare und unüberwindliche Hindernisse zurückzuführen.

2. Beweiswürdigung:

1. Die Feststellung hinsichtlich der Stellung und Einbringung der Anträge auf internationalen Schutz sowie der Stellung der Säumnisbeschwerden und Nichterledigung der Anträge auf internationalen Schutz zum Zeitpunkt der Stellung der Säumnisbeschwerde ergibt sich aus der Aktenlage und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 02.03.2016.

2. Einleitend ist zu bemerken, dass das Bundesamt neben seiner behördlichen Funktion im Asyl- und Fremdenpolizeiverfahren auch Behörde nach dem Bundesgesetz, mit dem die Grundversorgung von Asylwerbern im Zulassungsverfahren und bestimmten anderen Fremden geregelt wird, BGBl. Nr. 405/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015 ist.

Es stellt sich in den vorliegenden Fällen die Tatsachenfrage, ob das Bundesamt ein überwiegendes Verschulden an den objektiv festzustellenden Verfahrensverzögerungen trifft.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein überwiegendes Verschulden der Behörde etwa dann vor, wenn diese die für eine zügige Verfahrensführung notwendigen Schritte unterlässt oder mit diesen grundlos zuwartet (VwGH E vom 18.12.2014, 2012/07/0087), wenn behördeninterne Besprechungen über Sachverhalte außerhalb des Verfahrensinhaltes abgehalten werden (VwGH E vom 28.05.2014, 2013/07/0282), wenn die Behörde erst nach Verstreichen von mehr als zwei Drittel der gesetzlich vorgesehenen Entscheidungspflicht erstmals zielführende Verfahrensschritte setzt (VwGH E vom 06.07.2010, 2009/05/0306).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Behörde kein überwiegendes Verschulden vorzuwerfen, wenn sie bemüht war, das Verfahren zügig zu betreiben, insbesondere nicht grundlos zugewartet, sondern etwa durchgehend mit den Sachverständigen und der beschwerdeführenden Partei in Kontakt ist, auf die Dringlichkeit des Verfahrens hinweist und Stellungnahmen urgiert, organisatorische Vorkehrungen für die Abwicklung dieses Verfahrens trifft, indem sie konkrete Aufträge an die Amtssachverständigen zur Erstellung von für die Entscheidung notwendigen Stellungnahmen erteilt und mit den Sachverständigen sachlich begründete Termine vereinbart (VwGH E vom 18.12.2014, 2012/07/0087).

Der Begriff des behördlichen Verschuldens nach § 73 Abs. 2 AVG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs also objektiv zu verstehen (siehe auch: VwGH E vom 18.1.2005, 2004/05/0120). Ein solches Verschulden ist dann anzunehmen, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch ein schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse von der Entscheidung abgehalten wurde. Zur Feststellung, ob ein überwiegendes behördliches Verschulden vorliegt, ist das Verschulden der Partei an der Verzögerung des Verfahrens gegen jenes der Behörde abzuwägen (VwGH E vom 31.1.2005, 2004/10/0218, E vom 26.09.2011, 2009/10/0266). Mit anderen Worten: Die Unmöglichkeit, über den Antrag spätestens sechs Monate nach dessen Einlangen den Bescheid zu erlassen, ist in allen jenen Fällen ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen, in denen sie weder durch ein Verschulden der Partei noch durch ein unüberwindliches Hindernis daran gehindert war, die Beweise rasch aufzunehmen und der Partei ohne unnötigen Aufschub Gelegenheit zu geben, das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis zu nehmen (VwGH E vom 12.10.1983, 82/09/0151)

Im vorliegenden Fall ist einleitend klar zu stellen, dass die beschwerdeführende Partei kein Verschulden an der Verzögerung des gegenständlichen Verfahrens trifft. Weiters ist klar zu stellen, dass eine zu geringe personelle Besetzung einer Behörde gewöhnlich das Verschulden an der Verzögerung in der Verfahrensführung nicht ausschließt.

Zur Frage der "unüberwindlichen Hindernisse" hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Umstand allein, dass es sich um eine komplexe Materie handelt, nicht ausreicht, um vom Vorliegen eines unüberwindlichen Hindernisses auszugehen (VwGH E vom 18.12.2014, 2012/07/0087); ebenso wenig stellt ein Zuwarten, ob eine Einigung hinsichtlich der Kostentragung unter den in Frage kommenden Kostenträgern - auch bei immer wieder stattfindenden Verhandlungen hierüber - erzielt wird, kein unüberwindliches Hindernis dar (VwGH E vom 21.10.2010, 2007/10/0096). Auch die Tatsache, dass Sachverständigengutachten und Ermittlungsergebnisse erst nach längerer Zeit abgeliefert werden, ist für sich allein nicht geeignet, das Vorliegen eines unüberwindbaren Hindernisses zu begründen. Es ist Aufgabe der Behörde, mit Sachverständigen und anderen in das Verfahren Involvierten sachlich begründete Termine zu vereinbaren, deren Einhaltung zu überwachen und bei Nichteinhaltung entsprechende Schritte zu setzen (VwGH E vom 21.09.2007, 2006/05/0145).

Aus den den Parteien vorgelegten Beweismittel ergibt sich:

In Österreich ist es auf Grund der erheblich erhöhten Antragszahlen im Bereich des Asylrechts - im Jahr 2013 haben 17.503, im Jahr 2014 haben 28.027 Fremde in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, im Jahr 2015 waren es bis Ende Oktober 68.631, das sind um 288,57 % mehr als im Jahr 2014, das selbst um 60,1 % mehr Anträge als das Jahr 2013 gesehen hat - zu einer erheblichen Mehrbelastung des Bundesamtes gekommen; diese Mehrbelastung hat zu erheblichen - auch in anderen Verfahren zu beobachtenden - Verzögerungen geführt.

Dem Vorbringen der BFs, wonach es eine Verpflichtung des Staates gäbe, Verfahren innerhalb der bestehenden Fristen abzuschießen, der Staat habe daher auch die dementsprechenden organisatorischen Maßnahmen zu treffen, wie etwa durch Neueinstellungen von Personal und es sei im Jänner 2015 noch nicht zu einer explosionsartigen Ausdehnung von Asylantragstellungen gekommen, ist Folgendes entgegenzuhalten: Aus der Stellungnahme des Bundesamtes ist klar ersichtlich, , dass gerade jene Maßnahmen (wie Neueinstellungen und Schulungen von Personal), die von den BFs gefordert wurden, vom BFA erfüllt wurden und dass es entgegen dem Vorbringen der BFs auch bereits im Jänner 2015 zu einem Anstieg der Verfahren im Verhältnis zu 2014 um 171,32 % kam. Insgesamt kam es im heurigen Jahr zu einer erheblichen Steigerung der Asylantragszahlen; das Bundesamt ist für jährlich 15.750 asylrechtliche Entscheidungen, 13.500 fremdenrechtliche Entscheidungen, 5.200 Entscheidungen über Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, 2.300 Abschiebungen, 10.800 Ausstellungen von Dokumenten und 5450 Kostenentscheidungen eingerichtet; dieses Entscheidungsvolumen ist im Hinblick auf die Antragszahlen vor der Einrichtung des Bundesamtes mit 1.1.2014 nachvollziehbar und hinreichend. Auch kam es durch das Bundesamt bereits zu Beginn der 2. Jahreshälfte 2014 zur Beantragung einer Personalaufstockung und wurden noch 2014 erste Personalerweiterungsmaßnahmen gesetzt. Trotz einer über den Berechnungen liegenden Anzahl an Statusentscheidungen im Jahr 2014 (18.200 statt 15.700) baute sich allerdings schon 2014 ein Rückstau von 12.000 Asylverfahren auf; da sich die Antragszahlen 2015 weiter erhöhten, wurde ein weiterer Antrag auf Personalaufstockung gestellt und werden dem Bundesamt ab 2016 weitere 125 Planstellen zugewiesen sowie 75 Arbeitsplätze eingerichtet. Darüber hinaus darf nicht übersehen werden, dass in einem so sensiblen Bereich wie dem Fremden- und Asylwesen nicht ungeschulte Mitarbeiter einsetzbar sind bzw. die eingesetzten Mitarbeiter einer besonderen Schulung bedürfen, sodass etwa auch von anderen Behörden übernommene Mitarbeiter erst nach intensiven Schulungen einsetzbar sind; immerhin ist das Fremden- und Asylwesen eine erheblich eingriffsintenive und menschenrechtsrelevante Materie.

Selbst wenn das BFA Ausnahmepauschalregelungen für Flüchtlinge aus Syrien erlassen hätte, so wäre damit auch ein gewisses Maß an Verfahrensadministration von Nöten. Folglich kann nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass eine solche Maßnahme automatisch zum Abbau der Verfahrensrückstände führt.

Aus einer Zusammenschau der - in dieser Höhe nicht zu erwartenden - Steigerung der Asylantragszahlen sowie der nachvollziehbaren und an die bisherige Situation hinreichend angepasste Organisation des Bundesamtes ist zu schließen, dass der seit etwa September 2014 im Wesentlichen andauernde, erhebliche Zustrom von Asylwerbern, die das Bundesamt nicht nur administrativ zu betreuen hat und hatte sondern auch im Rahmen der Grundversorgung unterzubringen hat, ein unbeeinflussbares und unüberwindliches Hindernis darstellt, dass die Sachverhaltsfeststellungen in einer Anzahl von Verfahren verhindert hat. Das Bundesamt trifft daher an der Verzögerung der Erledigung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz kein überwiegendes Verschulden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 102/2014 (in Folge: B-VG), erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 1. Satz B-VG erkennt das Bundesverwaltungsgericht - soweit sich aus Abs. 3, der die hier nicht relevante Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes regelt - nicht anderes ergibt, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Die beschwerdeführenden Parteien haben am 27.10.2015 in einem Verfahren nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015 (in Folge: AsylG), Säumnisbeschwerden gestellt, über diese Beschwerden wird nach dem eben ausgeführtem - Verfahren nach dem AsylG werden durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als in unmittelbarer Bundesvollziehung tätig werdende Bundesbehörde vollzogen - das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden haben.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist; eine solche Senatszuständigkeit ist in den hier einschlägigen Materiengesetzen nicht vorgesehen, daher besteht Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 und BGBl. I Nr. 82/2015 (in Folge: VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Angelegenheiten des AsylG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2013 (in Folge: AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

2. Gemäß § 73 Abs. 1 1. Satz 1. Fall AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Da auch in den einschlägigen verfahrensrechtlichen Bestimmungen - weder das AsylG noch das Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015 und BGBl. I Nr. 84/2015 (in Folge: BFA-VG), kennen in Bezug auf eine Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz wie im gegenständlichen Verfahren ("Normalverfahren") Sonderfristen - keine andere hier anzuwendende Entscheidungsfrist vorzufinden ist, ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verpflichtet, in einem durch einen Antrag auf internationalen Schutz eingeleiteten Verfahren binnen sechs Monate nach dessen Einlangen den Bescheid zu erlassen; gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung - hier dem Antrag auf internationalen Schutz - bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Diese Frist ist in den gegenständlichen Verfahren abgelaufen und die Säumnisbeschwerden daher zulässig.

Allerdings ist die Beschwerde gemäß § 8 Abs. 1 letzter Satz VwGVG abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Im vorliegenden Fall trifft das Bundesamt - wie oben festgestellt wurde - kein überwiegendes Verschulden an der Verzögerung, diese ist im Wesentlichen auf unbeeinflussbare und unüberwindbare Hindernisse zurückzuführen.

Daher ist die Säumnisbeschwerde abzuweisen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Frage, ob die Behörde in einem konkreten Fall ein überwiegendes Verschulden an der Verzögerung der Verfahrenserledigung im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG trifft, keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 133 Abs. 4 B-VG betrifft (VwGH B vom 22.01.2015, Ra 2014/06/0057), jedoch erscheint die Frage, ob eine Massenfluchtbewegung für das Bundesamt eine Grundlage darstellt, davon auszugehen, dass dieses kein überwiegendes Verschulden an der Verzögerung der Verfahrenserledigung trifft, eine größere Anzahl von Verfahren zu betreffen. Da hiezu eine Rechtsprechung nicht aufzufinden war, erachtet das Bundesverwaltungsgericht die Revision für zulässig.

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