BVwG W122 2008835-1

BVwGW122 2008835-115.2.2016

BDG 1979 §51 Abs2
BDG 1979 §51 Abs2 Satz1
BDG 1979 §69
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
BDG 1979 §51 Abs2
BDG 1979 §51 Abs2 Satz1
BDG 1979 §69
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W122.2008835.1.00

 

Spruch:

W122 2008835-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde der Fachoberinspektorin XXXX , vertreten durch XXXX Rechtsanwaltschaftspartnerschaft in XXXX , gegen den Bescheid des Zollamtes Salzburg vom 11.04.2014, Zl. BMF-00305504/0006-PA-MI/2014, betreffend Feststellung des offenen Urlaubsanspruches zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 69 BDG 1979 bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Verfahren vor der Dienstbehörde:

Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war zuletzt dem Zollamt Salzburg zur Dienstverrichtung zugewiesen.

Aufgrund eines Unfalles befand sich die Beschwerdeführerin von November 2010 bis 30.01.2011 sowie danach erneut ab dem 01.02.2011 im Krankenstand. Mit Bescheid des Zollamtes Salzburg vom 11.02.2014, Zl. BMF-00305504/004-PA-MI/2014, wurde sie schließlich mit Wirksamkeit vom 31.03.2014 von Amts wegen gemäß § 14 BDG in den Ruhestand versetzt.

Mit Schreiben vom 19.12.2013 stellte die Beschwerdeführerin folgendes Ansuchen:

"Wie der Geschäftsleitung hinlänglich bekannt ist, konnte ich aufgrund meines Langzeitkrankenstandes in den letzten Jahren meinen Urlaub aus den Vorjahren nicht antreten. Ich beantrage den Übertrag meines gesamten aushaftenden Urlaubs auf das Kalenderjahr 2014. Ich beantrage, über meinen offenen Urlaubsanspruch mittels Bescheid abzusprechen, weil ich beabsichtige, etwaige Verfallserklärungen des Zollamtes Salzburg im Rechtswege zu bekämpfen. (...)"

2. Der angefochtene Bescheid:

Mit Bescheid des Zollamtes Salzburg vom 11.04.2014, Zl. BMF-00305504/0006-PA-MI/2014, wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin in Zusammenhang mit ihrer Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG) mit Wirksamkeit vom 31.03.2014 einen Anspruch auf Erholungsurlaub für die Kalenderjahre 2012 (in Höhe von 240 Stunden), 2013 (in Höhe von 240 Stunden) und anteilsmäßig für das Kalenderjahr 2014 (in Höhe von 60 Stunden) habe.

In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin gemäß § 64 BDG in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub habe, wobei sich gemäß § 65 BDG im gegenständlichen Fall ein jährliches Urlaubsausmaß von 240 Stunden ergebe. Im Sinne des § 69 BDG verfalle der Anspruch auf Erholungsurlaub, wenn die Beschwerdeführerin den Erholungsurlaub nicht bis zum 31. Dezember des dem Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahr verbraucht habe. Sei der Verbrauch bis zu diesem Zeitpunkt aus Gründen des § 51 Abs. 2 erster Satz BDG nicht möglich, so trete der Verfall erst mit Ablauf des folgenden Kalenderjahres ein. In Zusammenhang mit der Versetzung in den Ruhestand mit Wirksamkeit vom 31.03.2014 ergebe sich für die Beschwerdeführerin somit ein offener Urlaubsanspruch für die Kalenderjahre 2012, 2013 und 2014 wie im Spruch ausgeführt.

3. Beschwerde:

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihre rechtsfreundliche Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und führte aus, dass der Bescheid insofern an inhaltlicher Rechtswidrigkeit leide, als die belangte Behörde § 69 BDG falsch ausgelegt bzw. angewendet habe.

Verwiesen wurde dazu auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes Gerhard Schultz-Hoff gegen Deutsche Rentenversicherung Bund und Stringer u.a. gegen Her Majesty's Revenue and Customs vom 20.01.2009 in den verbundenen Rechtssachen C-350/06 und C-520/06 , sowie auf zwei Entscheidungen des OGH vom 06.10.2005 (8 ObA 41/05w bzw. 8 ObA 24/09a). Sowohl das EuGH-Urteil als auch die Entscheidungen des OGH würden eindeutig dem Ergebnis des angefochtenen Bescheides widersprechen, wonach der Urlaubsanspruch der Beschwerdeführerin für das Jahr 2011 gemäß § 69 BDG verfallen sei. Richtigerweise hätte die belangte Behörde auch für das Jahr 2011 einen Anspruch auf Erholungsurlaub in Höhe von 240 Stunden feststellen müssen, zumal sich die Beschwerdeführerin im gesamten Jahr 2011 - abgesehen vom 31.01.2011 - im Krankenstand befunden habe, weshalb sie im Jahr 2011 keinen Urlaub nehmen habe können.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war zuletzt dem Zollamt Salzburg zur Dienstverrichtung zugewiesen. Aufgrund eines Unfalles befand sich die Beschwerdeführerin von November 2010 bis 30.01.2011 sowie danach erneut ab dem 01.02.2011 im Krankenstand. Mit Bescheid des Zollamtes Salzburg vom 11.02.2014, Zl. BMF-00305504/004-PA-MI/2014, wurde sie schließlich mit Wirksamkeit vom 31.03.2014 von Amts wegen gemäß § 14 BDG in den Ruhestand versetzt.

Den Anspruch auf Erholungsurlaub in der Höhe von je 240 Stunden für die Jahre 2012 und 2013 sowie den anteilsmäßigen Anspruch in der Höhe von 60 Stunden für das Jahr 2014 hat die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Krankenstandes nicht konsumiert.

2. Beweiswürdigung:

Diese unstrittigen Feststellungen ergeben sich aus der eindeutigen Aktenlage und wurden weder in der Beschwerde noch im behördlichen Verfahren angezweifelt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (1.) der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

(2.) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

§ 69 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG), BGBl. Nr. 333/1979 nach der hier maßgeblichen Änderung durch die 2. Dienstrechts-Novelle 2009, BGBl. I Nr. 153/2009, dessen dritter Satz in der Fassung des BGBl. I. Nr. 111/2010, lautet:

"Verfall des Erholungsurlaubes

§ 69. Der Anspruch auf Erholungsurlaub verfällt, wenn der Beamte den Erholungsurlaub nicht bis zum 31. Dezember des dem Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres verbraucht hat. Ist der Verbrauch bis zu diesem Zeitpunkt aus dienstlichen Gründen, einem der Gründe des § 51 Abs. 2 erster Satz oder aufgrund eines Beschäftigungsverbotes nach dem MSchG nicht möglich, so tritt der Verfall erst mit Ablauf des folgenden Kalenderjahres ein. Hat die Beamtin eine Karenz nach dem MSchG oder der Beamte eine Karenz nach dem VKG in Anspruch genommen, so wird der Verfallstermin um den Zeitraum der Karenz hinausgeschoben."

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der 2. Dienstrechts-Novelle 2009 lauten auszugsweise:

"Zu Art. 1 Z 20 und Art. 3 Z 15 (§ 69 BDG 1979 und § 27h VBG):

Der EuGH hat in einem jüngst ergangenen Urteil (EuGH 20.1.2009, verb. Rs C-350/06 und C-520/06 , Schultz-Hoff gegen Deutsche Rentenversicherung Bund und Stringer u.a. gegen Her Majesty's Revenue and Customs) klargestellt, dass Bestimmungen über den Verfall von Urlaubsansprüchen zwar grundsätzlich aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht zulässig sind. Es sei aber gemeinschaftswidrig, wenn der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Bezugszeitraumes und/oder eines im nationalen Recht festgelegten Übertragungszeitraumes auch dann erlösche, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraumes oder eines Teils davon krankgeschrieben war und ihre oder seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses fortgedauert hat, weshalb sie oder er ihren oder seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte (aaO, Rz 52). Ebenso geht der OGH in seiner Judikatur von einer Hemmung des Urlaubsverfalls aus, wenn die Dienstnehmerin bzw. der Dienstnehmer den Urlaub infolge krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses nicht verbrauchen kann (vgl. OGH 6.10.2005, 8 ObA 41/05w, zum Tiroler Landes-Vertragsbedienstetengesetz). Dieser Rechtsprechung soll nun dahingehend Rechnung getragen werden, dass die Möglichkeit der Verschiebung des Verfallszeitpunktes um ein Jahr aus dienstlichen Gründen auf die Fälle einer gerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalles und des Beschäftigungsverbotes ausgedehnt werden. Es ist anzunehmen, dass damit der Judikatur des EuGH vollständig entsprochen wird, zumal während der Zeit einer gerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst oder eines Beschäftigungsverbotes ebenfalls Urlaubsansprüche entstehen, die von der oder dem Bediensteten nach Wiederantritt des Dienstes verbraucht werden können und bei einer mehr als einjährigen Abwesenheit vom Dienst die zuvor entstandenen und in weiterer Folge allenfalls verfallenen Urlaubsansprüche gleichsam ersetzen."

Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde wird der Judikatur des EuGH mit der novellierten Fassung des § 69 BDG entsprochen, zumal durch die 2. Dienstrechts-Novelle 2009 die Möglichkeiten der Verschiebung des Verfallszeitpunktes um ein Jahr ausgedehnt wurden. Auch im gegenständlichen Krankheitsfall verschiebt sich der Verfallszeitpunkt somit um ein Jahr. Es ist davon auszugehen, dass während der Zeit einer gerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst - im gegenständlichen Fall aus einem der Gründe des § 51 Abs. 2 erster Satz - ebenfalls Urlaubsansprüche entstehen. Bei einer mehr als einjährigen Abwesenheit vom Dienst ersetzen diese jedoch gleichsam die zuvor entstandenen und in weiterer Folge allenfalls verfallenen Urlaubsansprüche. Insofern kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie zu dem Ergebnis gelangt, dass der Urlaubsanspruch der Beschwerdeführerin für das Jahr 2011 im Jahr 2014 bereits verfallen war. Das unionsrechtlich gebotene Mindestmaß an Urlaub bleibt durch den Verfall eines Urlaubsrestes gewahrt.

Sofern in der Beschwerde auch auf zwei Entscheidungen des OGH vom 06.10.2005 (8 ObA 41/05w bzw. 8 ObA 24/09a) verwiesen wird, ist festzuhalten, dass sich die dort zugrundeliegende Rechtslage vom gegenständlichen Fall insofern unterscheidet, als der Fall einer krankheitsbedingten Unmöglichkeit eines Urlaubsverbrauches vom Landesgesetzgeber nicht geregelt war. In 8 ObA 41/05w schloss der OGH diese bestehende Regelungslücke unter Heranziehung der allgemeinen Regelungen des ABGB und wendete die Bestimmungen der § 1494ff. ABGB über die Hemmung der Verjährungsfrist - unter Berücksichtigung der jeweiligen Gesetzeszwecke - analog an.

Im gegenständlichen Fall liegt jedoch gerade keine Regelungslücke vor, zumal der Bundesgesetzgeber seit der 2. Dienstrechts-Novelle 2009 für den Fall einer krankheitsbedingten Unmöglichkeit eines Urlaubsverbrauches Sorge trägt, indem er den Verfallszeitpunktes um ein Jahr verschiebt, sodass die oben zitierte Judikatur des OGH hier nicht maßgeblich sein kann.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wurden weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht noch sind solche im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen, zumal im Sinne des eindeutigen Wortlautes des § 69 BDG entschieden wurde.

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