BVwG W187 2112472-1

BVwGW187 2112472-121.8.2015

BVergG §12 Abs1 Z3
BVergG §2 Z16 lita
BVergG §2 Z8
BVergG §292 Abs1
BVergG §3 Abs1 Z2
BVergG §312 Abs2
BVergG §320 Abs1
BVergG §328 Abs1
BVergG §328 Abs2
BVergG §329 Abs1
BVergG §329 Abs3
BVergG §329 Abs4
BVergG §4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
BVergG §12 Abs1 Z3
BVergG §2 Z16 lita
BVergG §2 Z8
BVergG §292 Abs1
BVergG §3 Abs1 Z2
BVergG §312 Abs2
BVergG §320 Abs1
BVergG §328 Abs1
BVergG §328 Abs2
BVergG §329 Abs1
BVergG §329 Abs3
BVergG §329 Abs4
BVergG §4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W187.2112472.1.00

 

Spruch:

W187 2112472-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER über den Antrag der A, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte OG, Bartensteingasse 2, 1010 Wien, betreffend das Vergabeverfahren "Sanierung Medienstandort ORF - Bauabschnitt II Objekt 1 - 431.1" des Österreichischen Rundfunks (ORF), Würzburggasse 30, 1136 Wien, vertreten durch die Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, vom 17. August 2015, beschlossen:

I.

1. Das Bundesverwaltungsgericht weist den Antrag der A, "Dem Österreichischen Rundfunk (ORF) wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren bei sonstiger Exekution untersagt, das gesamte Vergabeverfahren fortzusetzen" gemäß §§ 328 Abs 1, 329 Abs 1 und 3 BVergG 2006 ab.

2. Das Bundesverwaltungsgericht gibt dem Antrag der A, "falls das Bundesverwaltungsgericht diesem Antrag nicht stattgeben sollte, in eventu dem Österreichischen Rundfunk (ORF) wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bei sonstiger Exekution untersagt, im gegenständlichen Vergabeverfahren den Zuschlag zu erteilen" statt. Das Bundesverwaltungsgericht untersagt dem Österreichischen Rundfunk (ORF) für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens in dem Vergabeverfahren "Sanierung Medienstandort ORF - Bauabschnitt II Objekt 1 - 431.1", gemäß §§ 328 Abs 1, 329 Abs 1, 3 und 4 BVergG 2006 den Zuschlag zu erteilen.

II.

DIE REVISION IST GEMÄß ART 133 ABS 4 B-VG NICHT ZULÄSSIG.

BEGRÜNDUNG

I. Verfahrensgang

1. Am 17. August 2015 beantragte die A, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte OG, Bartensteingasse 2, 1010 Wien, die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung zugunsten der B, in dem Vergabeverfahren "Sanierung Medienstandort ORF - Bauabschnitt II Objekt 1 - 431.1" für den Bauabschnitt II - Objekt 1" des Auftraggebers Österreichischer Rundfunk (ORF), Würzburggasse 30, 1136 Wien, vertreten durch die vergebende Stelle ARGE Delta - FCP Projektsteuerung Sanierung Medienstandort ORF, pA Delta Baumanagement GmbH, Zaunergasse 4/7. Stock, 1030 Wien, vertreten durch die Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien. Darüber hinaus beantragte die Antragstellerin die Gewährung von Akteneinsicht, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und den Ersatz der Pauschalgebühr.

1.1. Nach Darstellung des Sachverhalts und Ausführungen zur Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags brachte sie im Wesentlichen vor, dass sie ihr Interesse am Vertragsabschluss durch die fristgerechte Legung eines ausschreibungskonformen Angebots dokumentiert habe. Den drohenden Schaden gab sie mit dem Verlust der Chance auf Zuschlagserteilung in einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren und der Beteiligung an einem fairen und lauteren Wettbewerb zur Vergabe der ausgeschriebenen Leistung an. Es drohe weiters ein Schaden in der Höhe des entgangenen Gewinns zuzüglich der Kosten der Beteiligung am Vergabeverfahren in der Höhe von 106 Stunden zu € 63 ohne USt zuzüglich der Kosten für Recherche und Übermittlung des Angebots von € 303,68 sowie der Kosten der notwendigen Rechtsberatung. Weiters drohe der Verlust einer Referenz. Sie erachtet sich insbesondere in ihrem Recht auf Durchführung eines rechtskonformen Verfahrens und in ihrem Recht auf Zuschlagserteilung verletzt.

1.2 Als Gründe für die Rechtswidrigkeit brachte die Antragstellerin im Wesentlichen vor, dass die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin nicht geeignet sei. die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin weise den Punkt 2.3.1 der Ausschreibungsunterlage geforderten Mindestgesamtjahresumsatz von €

3,500.000 nicht auf und habe einen solchen im Durchschnitt der letzten drei Jahre nicht nachweisen können. Sie habe keine Subunternehmer genannt. Sie habe daher ihre wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit nicht nachweisen können.

1.3 Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin habe die für den gegenständlichen Auftrag nötige Gewerbeberechtigung erst am 1. Jänner 2015 erlangt. Sie habe daher unmöglich das in Punkt 2.4.1.2 der Ausschreibungsunterlage geforderte Referenzprojekt erbracht. Eine Substitution durch die Muttergesellschaft sei nicht möglich. Sie habe daher ihre technische Leistungsfähigkeit nicht nachgewiesen. Die Zuschlagsentscheidung vom 7. August 2015 seit daher vergaberechtswidrig und für nichtig zu erklären.

1.4 Die in der Zuschlagsentscheidung genannte Vergabesumme von €

1.168.736,94 stimme nicht mit der verlesenen Angebotssumme von €

1.159.136,94 überein.

1.5 Die Antragstellerin erhob ihr Vorbringen zum Nachprüfungsantrag zum Vorbringen des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und brachte darüber hinaus im Wesentlichen vor, dass die Auftraggeberin das Recht der Antragstellerin auf Beteiligung an einem rechtskonformen Vergabeverfahren und damit die Chance auf Zuschlagserteilung verletzte, wenn sie die rechtswidrige Zuschlagsentscheidung aufrechterhalte. In diesem Fall entstünde der Antragstellerin auch der oben bezeichnete Schaden. Einer einstweiligen Aussetzung der angefochtenen Entscheidung stehe kein besonderes Interesse des Antragsgegners oder der Öffentlichkeit entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung der Vergabekontrollbehörden sowie auch der Höchstgerichte habe grundsätzlich jeder öffentliche Auftraggeber mit der Möglichkeit eines Nachprüfungsverfahrens einschließlich der Verzögerung des Vergabeverfahrens durch eine einstweilige Verfügung zu rechnen. Dies sei von ihm von Vornherein bei der Zeitplanung der Ausschreibung entsprechend zu berücksichtigten. Nach Sichtweise des Verfassungsgerichtshofes sei auch die Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter bei der Interessensabwägung im Zusammenhang mit dem Vergaberechtsschutz im öffentlichen Interesse gelegen (vgl VfGH 25. 10. 2002, B 1369/01 ua). Wenn diese Möglichkeiten vom Auftraggeber bei seiner Beschaffungsplanung nicht beachtet worden sei, so könne es nicht zu Lasten eines Bieters gehen. Aus diesen Gründe beantrage die Antragstellerin wie in Spruchpunkten I.1 und I.2 wiedergegeben.

2. Am 20. August 2015 legte die Auftraggeberin die Unterlagen des Vergabeverfahrens vor und beantragte aufgrund des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder aus verfahrensrechtlichen oder -strategischen oder sonstigen Gründen vertraulichen Unterlagen und Informationen die Ausnahme näher bezeichneter Teile der Unterlagen von der Akteneinsicht.

3. Am 20. August 2015 erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum dem Vergabeverfahren und sah von einer Stellungnahme zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab. Sie bezeichnete das Vorbringen im Nachprüfungsantrag als unrichtig, behielt sich jedoch eine Stellungnahme vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1. Der Österreichische Rundfunk (ORF)schreibt unter der Bezeichnung "Sanierung Medienstandort ORF - Bauabschnitt II Objekt 1 - 431.1" eine Bauauftrag mit den CPV-Codes 45262670-8 - Metallbauarbeiten und 45210000-2 - Bauleistungen im Hochbau mit einem geschätzten Auftragswert von € 1.059.185 ohne USt in einem offenen Verfahren mit Vorinformation nach dem Billigstbieterprinzip nach den Regeln für den Oberschwellenbereich aus. Es handelt sich um ein Los eines größeren Auftrags. Die vergebende Stelle ist die ARGE DELTA - FCP Projektsteuerung Sanierung Medienstandort ORF, pA Delat Baumanagement GmbH, Zaunergasse 4, 7. Stock, 1030 Wien. Die Auftraggeberin machte den Auftrag im Supplement zum Amtsblatt der EU vom 16. Mai 2015, 2015/S 094-168057 und im Lieferanzeiger vom 14. Mai 2015 online zur Zahl L-571512-5429, alle abgesandt am 13. Mai 2015. (Auskünfte der Auftraggeberin; Unterlagen des Vergabeverfahrens)

2. Die Angebotsöffnung erfolgte am 5. Februar 2015. Insgesamt langten Angebote der folgenden sechs Bieter fristgerecht ein:

B € 1.159.736,94

A € 1.457.439,31

C € 1.479.871,83

D € 1.777.371,86

E € 1.795.508,00

F € 2.307.466,79

(Unterlagen des Vergabeverfahrens)

3. Die Auftraggeberin schied keine Angebote aus. Am 7. August 2015 gab die Auftraggeberin die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin per Telefax allen Bietern bekannt. (Auskünfte der Auftraggeberin)

4. Die Auftraggeberin hat das Vergabeverfahren weder widerrufen noch den Zuschlag erteilt (Auskünfte der Auftraggeberin)

5. Die Antragstellerin bezahlte Pauschalgebühren in der Höhe von €

4.617. (Verfahrensakt)

2. Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann. Soweit Schriftstücke von der Antragstellerin vorgelegt wurden, spricht der Anschein für ihre Echtheit. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Anzuwendendes Recht

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 292 Abs 1 BVergG ist im Anwendungsbereich des BVergG grundsätzlich die Entscheidung durch Senate vorgesehen. Einstweilige Verfügungen und verfahrensleitende Beschlüsse sind davon ausgenommen. Die Entscheidung ist daher durch einen Einzelrichter zu treffen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 311 BVergG sind in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neben dem BVergG die Bestimmungen des VwGVG und des AVG anzuwenden.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 328 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs 1 BVergG nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 329 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 329 Abs 3 BVergG können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Gemäß § 329 Abs 4 BVergG ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

3.2 Zu A) - Einstweilige Verfügung

3.2.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Zulässigkeit des Antrages

3.2.1.1. Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 8 BVergG ist der Österreichische Rundfunk (ORF). Er ist öffentlicher Auftraggeber iSd § 3 Abs 1 Z 2 BVergG (zB BVwG 24. 7. 2014, W138 2008591-1/45E; 4. 2. 2014, W138 2000177-1/27E; BVA 4. 12. 2013, F/0004-BVA/11/2013-15; 27. 9. 2012, F/0005-BVA/02/2012-28; siehe auch VwGH 27. 10. 2014, 2012/04/0143; 26. 2. 2014, 2013/04/0175). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich gemäß § 4 Z 1 BVergG iVm Klasse 45.25 - Spezialbau und sonstiger Tiefbau sowie Klasse 45.21 - Hochbau, Brücken- und Tunnelbau uä in Gruppe 45.2 - Hoch- und Tiefbau in der Abteilung 45 des NACE in Anh I zum BVergG um einen Bauauftrag, da die in der Ausschreibung genannten CPV-Codes den genannten Klassen gemäß Anh I zum BVergG entsprechen und es sich damit um in Anh I genannte Tätigkeiten handelt. Der gegenständliche Auftrag betrifft ein Los eines Gesamtvorhabens, dessen geschätzter Auftragswert jedenfalls über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 3 BVergG liegt, sodass gemäß § 12 Abs 1 BVergG ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.

3.2.1.2. Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 312 Abs 2 BVergG iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit d B-VG ist sohin gegeben.

3.2.1.3. Da darüber hinaus laut Stellungnahme des Auftraggebers das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 312 Abs 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.

3.2.1.4. Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht vorläufig davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 320 BVergG nicht offensichtlich fehlen.

3.2.1.5. Im Ergebnis ist daher vorläufig davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 328 Abs 1 BVergG zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 328 Abs 2 BVergG vorliegen. Die Pauschalgebühr wurde bezahlt.

3.2.2. Inhaltliche Beurteilung des Antrages

3.2.2.2. Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 329 Abs 1 BVergG sowie auch im Hinblick auf die zu verfügende einstweilige Maßnahme ist zunächst darauf Bedacht zu nehmen, dass von Seiten des Auftraggebers die Erteilung des Zuschlags an die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin beabsichtigt ist. Es kann aus der Sicht des Provisorialverfahrens nicht ausgeschlossen werden, dass die von der Antragstellerin relevierten Rechtswidrigkeiten zutreffen und das Angebot der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin auszuscheiden ist, wodurch ihr auf Grund der behaupteten Rechtswidrigkeiten der Entgang des Auftrages mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht. Mit der vorliegenden einstweiligen Verfügung müssen daher - bei Nichtüberwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 329 Abs 1 BVergG - Maßnahmen getroffen werden, die eine Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht. Zur wirksamen Sicherung dieser möglicherweise bestehenden Ansprüche muss daher das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesvergabeamt in einem Stand gehalten werden, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht.

3.2.2.2. Die Interessen der Antragstellerin bestehen im Wesentlichen in der Abwendung des drohenden Schadens und damit im Erhalt der Möglichkeit, den Auftrag zu erhalten.

3.2.2.3. Die Auftraggeberin erhob keine Einwendungen gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung.

3.2.2.4. Bei der Interessenabwägung ist schließlich auf die allgemeinen Interessen und Grundsätze Rücksicht zu nehmen, dass der Auftraggeber bei seiner zeitlichen Planung des Beschaffungsvorganges die Dauer eines allfälligen Rechtsschutzverfahrens mit einzukalkulieren hat (siehe zB BVwG 22. 8. 2014, W187 2010665-1/11E; BVA 14. 5. 2010, N/0038-BVA/10/2010-EV19), dass das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen ist (grundlegend VfGH 1. 8. 2002, B 1194/02) und schließlich dass gemäß § 329 Abs 1 BVergG von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann abzusehen ist, wenn die Interessenabwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen ergibt (zB BVwG 2. 3. 2015, W187 2101270-1/6E; BVA 5. 2. 2010, N/0007-BVA/10/2010-EV12).

3.2.2.5. Öffentliche Interessen, die eine sofortige Vergabe des Auftrags erforderlich machen würden, sind nicht ersichtlich.

3.2.2.6. Stellt man daher im vorliegenden Fall die Interessen der Antragstellerin den öffentlichen Interessen sowie den Interessen des Auftraggebers gegenüber, ergibt sich, dass im gegenständlichen Fall vom grundsätzlichen Überwiegen der für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen auszugehen ist. Dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich der Ermöglichung der Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren und einer Auftragserteilung an die allenfalls obsiegende Antragstellerin ist durch eine entsprechende Maßnahme Genüge zu leisten.

3.2.2.7. Die Antragstellerin beantragt, der Auftraggeberin zu untersagen, "das gesamte Vergabeverfahren fortzusetzen". Die Untersagung der Fortsetzung des Vergabeverfahrens ist überschießend, da der Auftraggeberin jede Dispositionsmöglichkeit auch im Sinne des Begehrens der Antragstellerin etwa durch die Rücknahme der angefochtenen Entscheidung genommen wäre (zB BVwG 24. 7. 2015, W123 2110737-1/4E).

3.2.2.8. Zweck einer einstweiligen Verfügung ist es demnach, die dem Antragsteller bei Zutreffen seines Vorbringens drohenden Schäden und Nachteile abzuwenden, indem der denkmögliche Anspruch auf Zuschlagserteilung dadurch wirksam gesichert wird, dass das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige Zuschlagserteilung an die Antragstellerin am Vergabeverfahren ermöglicht. Bei beabsichtigter Zuschlagserteilung an die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin ist dies deren vorläufige Untersagung. Es soll somit (lediglich) der Rechtsgestaltungsanspruch dahingehend gesichert werden, dass durch die einstweilige Verfügung verhindert werde, dass eine nachfolgende im Hauptverfahren erfolgte Nichtigerklärung unmöglich oder sonst absolut sinnlos wird (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; 22. 8. 2014, W187 2010665-1/11E).

3.2.2.9. Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung² [2008], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 329 Abs 4 BVergG verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Der Auftraggeber ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; 4. 5. 2015, W187 2106525-1/2E; siehe auch VwGH 10. 12. 2007, AW 2007/04/0054).

3.2.2.10. Über den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr wird gesondert entschieden werden.

3.3 Zu B) - Unzulässigkeit der Revision

3.3.1. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138;

30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254;

29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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