BVwG W159 1412619-1

BVwGW159 1412619-112.3.2015

AsylG 2005 §75 Abs20
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §75 Abs20
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W159.1412619.1.00

 

Spruch:

W159 1412619-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb., StA. Gambia, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.03.2010, Zl. 09 05.590-BAW, nach Durchführung einer Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. In Erledigung von Spruchteil III. der Beschwerde wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gem. §75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF auf Dauer unzulässig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Gambia und Angehöriger der Volksgruppe der Mandingo, gelangte bereits am 11.05.2009 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte noch am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 12.05.2009 erfolgten Erstbefragung durch die Polizeiinspektion Traiskirchen, EAST-Ost, gab er zu seinen Fluchtgründen an, dass Soldaten seinen Vater getötet hätten und er deswegen Gambia verlassen habe. In der Folge wurden seitens des Bundesasylamtes wissenschaftliche Gutachten zur Altersfeststellung eingeholt, da das angegebene Geburtsdatum 04.11.1992 nicht geglaubt wurde. Diese Gutachten gelangten zu dem Schluss, dass der Antragsteller das 19. Lebensjahr definitiv überschritten habe.

Am 15.11.2009 erfolgte eine ausgiebige Einvernahme durch das Bundesasylamt, Außenstelle Wien. Eingangs der Befragung bekräftige der Beschwerdeführer nochmals sein Geburtsdatum 04.11.1992 und führte er weiters aus, dass er keine Dokumente habe. Seine Mutter sei bereits 1993 gestorben, sein Vater 1995, er habe dann in der Folge bei seiner Stiefmutter und einem Freund gewohnt. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab er an, dass sein Vater in der Regierung tätig gewesen sei und 1995 gestorben sei. Nach seinem Tod seien öfters Soldaten zu ihrem Haus gekommen und hätten seine Stiefmutter und ihn bedroht. Daraufhin habe ihm seine Stiefmutter zur Flucht geraten. Er habe auch einmal zu den Soldaten gesagt, dass er den Tod seines Vaters rächen wäre. Näher gefragt gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater 1994 für kurze Zeit XXXX gewesen sei. Bei einer Rückkehr habe er Angst vor den Soldaten.

Zu seinem Privatleben in Österreich gab er an, dass er nicht verheiratet sei und auch nicht in einer Lebensgemeinschaft lebe und auch keine Kinder habe, sondern in einem Asylwerberheim lebe und einen Sprachkurs besuche. In der Folge veranlasste das Bundesasylamt Erhebungen im Wege über den Honorarkonsul der Republik Österreich in Gambia. Ein vom Beschwerdeführer vorgelegter Personalausweis mit dem Geburtsdatum 04.11.1992 wurde einer Dokumentenuntersuchung unterzogen, wobei der Formularvordruck als authentisch bezeichnet wurde, jedoch eine Beurteilung der Ausstellungsmodalitäten nicht möglich war.

Mit Bescheid des Bundesasaylamtes, Außenstelle Wien, vom 15.03.2010, Zahl: XXXX, wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 11.05.2009 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. §3 Abs. 1 AsylG abgewiesen, unter Spruchteil II. gem. §8 Abs. 1 lg.cit dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Gambia abgewiesen und unter Spruchteil III. der Antragsteller gem. §10 Abs. 1 leg.cit aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Gambia ausgewiesen.

In der Begründung des Bescheides wurden die oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und Feststellungen zu Gambia getroffen und schließlich auch Feststellungen zu XXXX.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass der Antragsteller in erster Linie wegen seiner Behauptung, minderjährig zu sein, was dem schlüssigen wissenschaftlichen Gutachten widersprechen würde, persönlich nicht glaubwürdig sei. Die Behauptung des Antragstellers im Herkunftsland wegen Zugehörigkeit zur Familie des damaligen XXXX erfolgt zu werden, habe sich auf Grund von Recherchen im Herkunftsland als unrichtig herausgestellt. Außerdem habe der Antragsteller keineswegs detailliert und konkretisiert seine Verfolgungsgefahr bzw. Gefährdung schildern können.

Zu Spruchteil I. wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgungsgefahr aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführtem Grund nicht gegeben sei, zumal sich die vorgebrachten Fluchtgründe als wahrheitswidrig erwiesen haben.

Zu Spruchteil II. wurde zunächst darauf hingewiesen, dass von einer Glaubhaftmachung der Fluchtgründe nicht gesprochen werden könne und daher auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr im Sinne des §50 FPG ausgegangen werden könne. Weiters bestehe kein Hinweis auf das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" (lebensbedrohende Erkrankung oder dergleichen), die eine Abschiebung im Sinne des Art. 3 EMRK unzulässig machen könnten und ergebe sich aus den Feststellungen zu Gambia auch kein Hinweis, dass im gesamten Staatsgebiet von Gambia eine extreme Gefahrenlage mit besonders exzessiver und unkontrollierter Gewaltanwendung gegenüber der Zivilbevölkerung oder eine unmenschliche Behandlung bewirkende humanitäre Situation vorliege. Außerdem sei die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln und die medizinische Basisversorgung in Gambia grundsätzlich gewährleistet. Dass der Antragsteller im Fall einer Abschiebung in eine ausweglose Situation geraten würd, sei nicht feststellbar.

Zu Spruchteil III. wurde insbesondere dargelegt, dass der Antragsteller ledig sei und über keine Verwandten in Österreich verfüge und daher auch kein schützenswertes Familienleben führe. Der Antragsteller habe den Großteil seines Lebens in Gambia verbracht und sei erst am 11.05.2009 (laut eigenen Angaben) in das Bundesgebiet (illegal) eingereist. Er sei nur auf Grund seines Asylantrages hier aufenthaltsberechtigt und lebe von der Grundversorgung. Es hätten sich während des gesamten Verfahrens keine Anhaltspunkte für die Annahme des Bestehens eines schützenswerten Privat- und Familienlebens in Österreich ergeben und sei auch nichts über eine besondere Integration in Österreich hervorgekommen. Es würden daher die öffentlichen Interessen an der Ausreise die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller fristgerecht Beschwerde gegen alle drei Spruchteile. Es wurde vorgebracht, dass der Antragsteller nachvollziehbar, ausführlich und widerspruchslos dargelegt habe, dass er auf Grund der früheren politischen Tätigkeit seines Vaters als XXXX verfolgt würde. Er machte auch nähere Angaben zu seinen Halbgeschwistern und sei schließlich auch seine gambische Identitätskarte bei der urkundentechnischen Untersuchung für echt befunden worden. Es wurde daher zur Glaubwürdigkeit des Vorbringens die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt.

Mit Verfahrensanordnung des Asylgerichtshofes vom 02.11.2011 wurde amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

Das nunmehr zuständige Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 20.11.2014 an, zu der das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, keinen Vertreter entsandte und der Beschwerdeführer in Begleitung seines nunmehr ausgewiesenen Rechtsvertreters XXXX, sowie seiner Lebensgefährtin XXXX erschien. Der Beschwerdeführervertreter beantragte zum Beweis des Privat- und Familienlebens die Einvernahme der Lebensgefährtin und er legte die Kopie der Geburtsurkunde des gemeinsamen Kindes XXXX, geboren am XXXX vor, in dem der Beschwerdeführer als Vater aufscheint. In Entsprechung dieses Beweisantrages wurde die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers nach Wahrheitserinnerung und Belehrung über die Entschlagungsgründe wie folgt befragt:

Sie gab an, den Beschwerdeführer seit August 2013 zu kennen und mit diesem teilweise zusammen zu leben. Er sei wohl auch in der Asylwerberunterkunft gemeldet, schlafe aber meistens bei ihr. Sie würden derzeit vom Karenzgeld und der Mindestsicherung leben. Sie habe noch von ihrem ersten Ehemann eine Tochter, die schon 13 Jahre alt sei und bei ihr lebe. Dann habe sie noch ein 2. Mal geheiratet, sei jedoch vom 2. Ehemann bereits 2010 geschieden worden. Sie habe nunmehr eine Risikoschwangerschaft gehabt und der Beschwerdeführer habe ihr zu Hause geholfen, daher seien sie meistens zu Hause geblieben. Der Beschwerdeführer kümmere sich im Alltag sehr intensiv um die Betreuung des Babys, er wickle das Baby, füttere es und singe ihm etwas vor. In Zukunft würden sie gerne heiraten, Nach dem Karenzurlaub möchte sie gerne wieder als Verkäuferin arbeiten. Ihr Lebensgefährte würde gerne einen handwerklichen Beruf ausüben. Er habe einen guten Kontakt zu ihrer Tochter aus 1. Ehe und auch zu ihren Schwestern und ihrer Mutter. Meistens spreche sie mit dem Beschwerdeführer auf Deutsch, da sie nicht so gut Englisch spreche. Ihre Tochter spreche ausschließlich Deutsch mit ihm. Befragt nach einem allfälligen Suchtmittelkonsum des Beschwerdeführers gab sie an, dass sie genau wisse, dass er derzeit keine Suchtmittel konsumiere; er habe ihr gesagt, dass er 22 Jahre alt sei.

In der Folge wurde der Beschwerdeführer zunächst in deutscher Sprache befragt. Er gab an, dass er zweimal einen Deutschkurs besucht habe und die meiste Zeit bei seiner Freundin sei und ihr bei der Schwangerschaft behilflich gewesen sei, manchmal sei er auch mit Freunden unterwegs. Der Beschwerdeführervertreter legte mehrere Bestätigungen über Deutschkurse, sowie ein Zeugnis einer Deutschprüfung im Niveau A2 vor. Weiters gab der Beschwerdeführer an, dass er meistens bei seiner Freundin schlafe, da er im Asylwerberquartier sein Zimmer mit fünf anderen Asylwerberin teilen müsse. Er kenne seine Lebensgefährtin seit 2013 und zwar habe er sie im Sommer bei den Afrika-Tagen kennen gelernt. Er sei die meiste Zeit mit seiner Freundin und dem Baby zusammen und helfe seiner Freundin. Auch zu der Tochter seiner Freundin habe er einen guten Kontakt und er verstehe sich auch mit dieser gut. Die Familie seiner Freundin sei sehr nett zu ihm. Er habe mit ihr gemeinsam auch den Geburtstag gefeiert und er habe auch ein Geschenk von der Mutter seiner Freundin bekommen.

In Österreich habe er bisher lediglich Deutschkurse besucht, gearbeitet habe er noch nicht. Er habe früher regelmäßig Cannabis konsumiert, er sei süchtig gewesen, er habe aber damit aufgehört. Er habe schon österreichische Freunde und er spiele mit Freunden Fußball, außerdem sei er bei einem Verein der Gambier. Wenn er in Österreich bleiben könne, möchte er eine Berufsausbildung, zum Beispiel als Maler oder Elektriker machen. Festgehalten wurde, dass die Verständigung in deutscher Sprache gut möglich war.

In der Folge wiederholte der Beschwerdeführer, dass XXXX sein vollständiger Name sei und er am 04.11.1992 in XXXX, einem Stadtteil von XXXX in Gambia, geboren sei. In der Folge wurde der Beschwerdeführer dann näher zu seinen Fluchtgründen befragt. Abschließend ersuchte der Beschwerdeführervertreter um Einräumung einer Frist von 3 Wochen zur Vorlage einer vollständigen Kopie oder des Originals der Geburtsurkunde des Beschwerdeführers, welche ihm eingeräumt wurde.

Den Verfahrensparteien wurden gem. §45 Abs. 3 AVG folgende Länderdokumente zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von 3 Wochen eingeräumt.

o) Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Gambia vom 02.09.2014

o) Auskunft des Deutschen Auswärtigen Amtes, unter anderem zur Sippenhaftung vom 21.02.2011

Mit Schriftsatz vom 08.01.2015 wurde ein Sozialbericht des XXXX, Briefe der Familie, darunter vor allem der Stieftochter XXXX und von Freunden, sowie die Geburtsurkunde des Beschwerdeführers im Original vorgelegt und auch ein Fluchtvorbringen zu seinen Fluchtgründen erstattet. Außer einigen österreichischen Freunden bestätigte die Stieftochter XXXX, dass sich der Beschwerdeführer im Zuge der Schwangerschaft, als ihre Mutter Probleme gehabt habe, um sie und den Haushalt intensiv gekümmert habe und dass er auch weiterhin ihrer Mutter helfe, wo er nur könne und er mittlerweile ein richtiger Vater für sie sei. Auch die Schwägerin und der Schwager, sowie die Nichte und die Schwiegermutter bestätigten das gute Familienleben mit dem Beschwerdeführer.

Mit Schriftsatz vom 02.03.2015 wurde die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. (Asyl) und II. (subsidiärer Schutz) zurückgezogen, jedoch hinsichtlich Spruchteil III. aufrechtrhalten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Sein richtiger Name ist XXXX, er wurde am XXXX geboren. Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Gambia und Angehöriger der Volksgruppe der Mandingo. Er ist seit dem 11.05.2009 ununterbrochen in Österreich aufhältig. Er hat nur mehr gelegentlichen Kontakt mit seiner Stiefmutter und seinem Onkel, seine Eltern sind schon lange verstorben. Er hat in Gambia die Grundschule abgeschlossen und 1-2 Jahre lang die Mittelschule besucht. Er war in Gambia nicht beruflich tätig.

In Folge Zurückziehung der Beschwerde zu den Spruchpunkten I. (Asyl) und II. (subsidiärer Schutz) ist es nicht erforderlich, Feststellungen zu den Fluchtgründen zu treffen.

Er hat in Österreich mehrere Deutschkurse besucht und ein Deutsch-Zertifikat im Niveau A2 erlangt, seine tatsächlichen Deutschkurse sind jedoch noch deutlich besser. Eine weiterführende schulische oder Berufsausbildung hat der Beschwerdeführer in Österreich jedoch nicht absolviert und auch keine österreichische Lenkerberechtigung erworben. Er hat in Österreich auch bisher noch nicht gearbeitet.

Der Beschwerdeführer lebt mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX, geboren am XXXX, in einer Lebensgemeinschaft, wenn er auch bisher noch nicht bei ihr gemeldet war. Er ist der Vater des gemeinsamen Sohnes XXXX, geboren am XXXX. Schon während der (Risiko) Schwangerschaft hat sich der Beschwerdeführer intensiv um seine Lebensgefährtin, sowie deren Tochter aus 1. Ehe XXXX und um den gemeinsamen Haushalt intensiv gekümmert und ist für die Tochter seiner Lebensgefährtin schon so etwas wie ein Vater geworden. Er kümmert sich auch sehr intensiv um das gemeinsame Baby, wickelt und füttert es. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, die derzeit Karenzgeldbezieherin ist, möchte in Zukunft wieder als Verkäuferin arbeiten und dann wird sich hauptsächlich der Beschwerdeführer um das Kind kümmern. Der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin möchten auch demnächst heiraten. Auch die Familie der Lebensgefährtin hat den Beschwerdeführer gut aufgenommen und besteht auch ein intensiver Kontakt mit den Familienangehörigen seiner Lebensgefährtin. Der Beschwerdeführer spricht mit seiner Lebensgefährtin hauptsächlich Deutsch, mit seiner Stieftochter ausschließlich Deutsch. Es besteht daher ein enges Familienleben zwischen dem Beschwerdeführer, seiner Lebensgefährtin, dem gemeinsamen Kleinkind und der Stieftochter.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 23.05.2011, Zahl: XXXX, wegen §27 Abs. 1 Z 1 (2. Fall) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, sowie mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 24.09.2012, Zahl XXXX, wegen §27 Abs. 1 Z 1 erster Fall, zweiter Fall und achter Fall, sowie §27 Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon 7 Monaten bedingt auf 3 Jahre, rechtskräftig verurteilt. Als verbotene Substanz kam im Urteil ausschließlich Marihuana bzw. Cannabis vor.

In Anbetracht der Zurückziehung der Beschwerde zu den Spruchteilen I. und II. war es nicht erforderlich, länderspezifische Feststellungen zu treffen.

Beweis wurde erhoben durch Einvernahme des Asylwerbers durch die Polizeiinspektion Traiskirchen, EAST-Ost am 12.05.2009, sowie durch das Bundesasylamt, Außenstelle Wien, am 15.11.2009 und schließlich durch Befragung im Rahmen der öffentlich mündlichen Beschwerdeverhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.11.2014, im Zuge derer auch die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers XXXX unter Wahrheitspflicht befragt wurde; weiters durch wissenschaftliche Gutachten zur Altersfeststellung im Auftrag des Bundesasylamtes, durch Einholung von Informationen zur Familie des Beschwerdeführers durch den Honorarkonsul der Republik Österreich in der Republik Gambia im Auftrag des Bundesasylamtes, durch Vorlage eines gambischen Personalausweises (und Dokumentenuntersuchung im Auftrag des Bundesasylamtes), sowie einer Geburtsurkunde durch den Beschwerdeführer; weiter durch Vorlage mehrerer Deutschkursbestätigungen, einschließlich eines A2-Zertifikates, durch Vorlage einer Geburtsurkunde des gemeinsamen Sohnes XXXX, geboren am XXXX, durch Vorlage eines Sozialberichtes, sowie diverser Unterstützungsschreiben von Freunden und Familienangehörigen seiner Lebensgefährtin, insbesondere auch des ausführlichen Schreibens seiner Stieftochter XXXX durch den Beschwerdeführer bzw. seinen Vertreter, durch Einsichtnahme in den aktuellen Strafregisterauszug, das zentrale Melderegister, sowie schließlich durch Einsichtnahme in die gegen den Beschwerdeführer ergangenen Strafurteile.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers sind seinen eigenen diesbezüglich glaubwürdigen Angaben zu entnehmen, die auch weitgehend mit den Aussagen der unter Wahrheitspflicht einvernommenen Lebensgefährtin des Beschwerdeführers übereinstimmen. Weiters finden die diesbezüglichen Aussagen zum Familienleben und zur Integration in den zahlreichen vom Beschwerdeführer bzw. seinem Vertreter diesbezüglich vorgelegte Urkunden Deckung.

Konkret ergibt sich der Namen und das Geburtsdatum des Beschwerdeführers mit ausreichender Sicherheit aus dem von dem Beschwerdeführer selbst vorgelegten gambischen Personalausweis, wobei im Zuge einer Dokumentenüberprüfung keine Hinweise auf eine Fälschung oder Verfälschung festgestellt werden konnten, in Verbindung mit der von ihm vorgelegten Geburtsurkunde. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer Vater des XXXX ist, ergibt sich aus der unbedenklichen Kopie der Geburtsurkunde des Standesamtes XXXX. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer (noch) nicht bei seiner Lebensgefährtin gemeldet ist, lässt sich aus einem aktuellen Auszug aus dem zentralen Melderegister ableiten. Die oben angeführten Verurteilungen sind einem aktuellen Strafregisterauszug des Beschwerdeführers entnommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 7 B-VG wird der Asylgerichtshof mit 01.01.2014 zum Verwaltungsgericht des Bundes und hat daher das vorliegende Beschwerdeverfahren zu führen.

Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 ist das Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 144/2013,am 01.01.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.

Gemäß § 75 Abs. 19 Asylgesetz 2005 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen.

Gemäß § 75 Abs. 8 AsylG 2005 idgF ist § 10 idF BGBl. I Nr. 38/2011 auch auf alle am oder nach dem 01.01.2010 anhängige Verfahren nach

dem Asylgesetz 1997 ... anzuwenden, ...

Gemäß § 75 Abs. 20 1. Satz, 2. Fall und 2. Satz AsylG 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Übergangsverfahren nach Abs. 19 leg. cit. in dem es den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes bestätigt (Z1), zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesasylamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen.

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hierfür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1).

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).

Weitgehende Unbescholtenheit gilt hingegen als wichtiges Element für die Annahme sozialer Integration (vgl. VwGH 05.07.2005, 2004/21/0124 u. a.; sowie Marx, Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen Verwurzelung, ZAR, 2006, 261 ff).

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in 2 Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zahl: B 328/07 und Zahl: B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Artikel 8 EMRK abzuwägen, wenn sie über eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom Verfassungsgerichtshof auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessensabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Artikel 8 EMRK einer Ausweisung entgegen steht:

1. Die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR vom 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zahl: 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; vom 16.09.2004, Ghiban, Zahl: 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

2. Das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR vom 28.05.1985, Abdulaziz unter anderem, Zahl: 9214/80, 9473/81, 9478/81, EuGRZ 1985, 567; vom 20.06.2002, Al-Nashif, Zahl: 50963/99, ÖJZ 2003, 344; vom 22.04.1997, X, Y und Z, Zahl: 21830/93, ÖJZ 1998,

271) und dessen Intensität (EGMR vom 02.08.2001, Boultif, Zahl: 5423/00).

3. Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. Den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR vom 04.10.2001, Adam, Zahl: 43359/98, EuGRZ 2002, 582; vom 09.10.2003, Slivenko, Zahl: 48321/99, EuGRZ 2006, 560; vom 16.06.2005, Sisojewa, Zahl: EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH vom 05.07.2005, Zahl: 2004/21/0124; vom 11.10.2005, Zahl: 2002/21/0124),

5. Die Bindungen zum Heimatstaat

6. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zum Beispiel EGMR vom 24.11.1998, Mitchell, Zahl: 40447/98; vom 11.04.2006, Useinov, Zahl: 61292/00), sowie

7. Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR vom 24.11.1998, Mitchell, Zahl: 40447/98; vom 05.09.2000, Solomon, Zahl: 44328/98; vom 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zahl: 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie und andere, Zahl:

265/07).

In diesem Zusammenhang ist auch besonders das Kindeswohl (vgl. auch Urteil des EGMR v. 28.06.2011, Nunez gegen Norwegen, Kammer IV, Bsw Nr. 55-597/09) zu berücksichtigen, das in diesem Zusammenhang auf Art. 3 der UN-Kinderrechtskonvention verweist, wo das Wohl des Kindes als vorrangiger Gesichtspunkt hervorgestrichen wird (vgl. z. B. auch AsylGH vom 17.04.2012, Zl. D3 401794-1/2008/9E, AsylGH vom 04.06.2012, Zl.: D3 414251-2/2011/5E u.a.).

Dabei ist auch auf die jüngste Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu verweisen (EGMR Urteil vom 16.04.2013, Udeh gg. Schweiz, Nr. 12020/09), wonach eine Ausweisung in einem zum Beschwerdeführer ähnlich gelagerten Fall, eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellt. Im genannte Urteil handelte es sich nämlich um einen Staatsbürger von Nigeria, der unter falscher Identität 2001 in die Schweiz eingereist war, zuvor in Österreich wegen Drogenhandels jedoch strafrechtlich verurteilt worden war und auch sein Asylantrag war abgewiesen worden. 2003 heiratete er eine Schweizer Staatsangehörige, mit der er gemeinsame Zwillingstöchter hat (2003 geboren); mittlerweile war er geschieden und hat mit einer anderen Schweizerin ein weiteres Kind. Der Beschwerdeführer wurde 2006 in Deutschland erneut wegen Drogenhandels zu 3 Jahren und sechs Monaten Haftstrafe verurteilt, jedoch bereits 2008 entlassen und ist wieder in die Schweiz zurückgekehrt. 2009 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Ausweisungsanordnung erlassen. Laut EGMR liegt es aber im höherrangigen Interesse der Kinder, bei beiden Elternteilen aufzuwachsen, daher ist eine Aufenthaltsberechtigung in der Schweiz für den Beschwerdeführer die einzige Möglichkeit, um einen regelmäßigen Kontakt zu seinen Zwillingstöchtern aufrechthalten zu können. Unter Beachtung seiner familiären Beziehung zu seinen Kindern, seiner Straflosigkeit nach Begehung der schweren Straftat im Jahr 2006 und somit einer positiven Zukunftsprognose stellt der EGMR im Falle der Ausweisung des BF eine Verletzung von Art. 8 EMRK fest.

Der Beschwerdeführer führt ohne Zweifel ein sehr intensives Familienleben mit seiner Lebensgefährtin und dem am XXXX geborenen gemeinsamen Sohn, sowie auch schon der 13jährigen Tochter seiner Lebensgefährtin aus deren 1. Ehe, wobei der Beschwerdeführer sich intensiv um die Betreuung des Kleinkindes im Alltag kümmert; bei der für die nächste Zukunft zu erwartenden neuerlichen Berufstätigkeit der Lebensgefährtin wird die Betreuung vorrangig durch den Beschwerdeführer vorzunehmen sein, wobei schon nach allgemeiner Lebenserfahrung eine derartige persönliche Betreuung nicht durch eine elektronische Kommunikation ersetzt werden kann. (siehe diesbezüglich auch BVwG vom 23.10.2014, Zl. W159 1243009-3/15E).

Erstmals benannte der EGMR im Urteil Üner in Erweiterung der BOULTIF-Kriterien das Kindeswohl als eigenständiges Kriterium der Interessensabwägung. In diesem Urteil wurde das Kindeswohl (als untergeordnetes Element) sowie das sehr stark ausgeprägte Privat- und Familienleben des Vaters (noch) von den ebenfalls sehr gewichtigen öffentlichen Interessen an einem Aufenthaltsverbot überwogen. Im Urteil Rodrigues da Silva und Hoogkamer überwog das explizit genannte Kindeswohl die öffentlichen Interessen an einer Ausweisung. [...] Aus diesen Urteilen ist erkennbar, dass der EGMR in zunehmender Intensität die Bedeutung der Beziehung zwischen Kindern und dem Elternteil, welches die wichtigste Bezugsperson für diese ist, für das Kindeswohl anerkannt hat. Mit den Urteilen Nunez und Udeh hat der EGMR nunmehr hervorgehoben, dass es für das Kindeswohl von großer Bedeutung ist, mit beiden Elternteilen aufzuwachsen. Gleichzeitig wurde das Recht des Beschwerdeführers auf ein gemeinsames Leben (mit der Kernfamilie) als eines der grundlegenden Aspekte des Rechtes auf Achtung des Familienlebens hervorgehoben. In einer Gesamtbetrachtung, in der das Kindeswohl zu berücksichtigen ist, tritt jedoch die Frage, ob das Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist (bzw. das Kind zu einem Zeitpunkt geboren wurde), in dem der Aufenthalt eines Elternteils unsicher war, in den Hintergrund (Chmielewski, Kindeswohl als Kriterium der Interessensabwägung, MIGRALEX, 03/2013, 71).

Wenn man den vorliegenden Fall mit dem Fall Udeh vergleicht, so fällt auf, dass der Zeitraum zwischen der (letzten) Straftat und der Entscheidung im Fall Udeh wohl größer war (bis zum EGMR-Urteil knapp 5 Jahre), die Strafe jedoch eine weit höhere war, als jene des Beschwerdeführers (42 statt - zusammengerechnet - 12 Monate, davon lediglich 2 Monate unbedingt).

Wenn man die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten analysiert, so handelt es sich bei der fast 4 Jahre zurückliegenden Straftat lediglich um den Besitz von Suchtgift (anscheinend für den Eigenkonsum), sowie bei dem 2., ca. zweieinhalb Jahre zurückliegenden Urteil wohl auch um die Überlassung von Suchtgift, aber auch um den Besitz zum Eigengebrauch.

Es gibt allerdings keine Hinweise darauf, dass es sich bei dem Suchtgift um etwas anderes als Haschisch gehandelt hat, hinsichtlich dessen in der politischen Diskussion von mehreren Parteien und Gruppierungen längst eine völlige Straffreiheit gefordert wurde. Insgesamt ist daher zu folgern, dass den von dem Beschwerdeführer begangenen Straftaten kein sehr hoher Unrechtsgehalt innewohnt (vgl. auch jüngst Bundesverwaltungsgericht vom 11.02.2015, W159 1257672-3/23E).

Außerdem ist doch ein gewisses Wohlverhalten des Beschwerdeführers für einen gewissen, wenn auch nicht allzu langen Zeitraum feststellbar und hat der Beschwerdeführer zumindest seit dem Kennenlernen seiner nunmehrigen Lebensgefährtin im Jahr 2013 sich nichts mehr zuschulden kommen lassen (und hat von seiner Lebensgefährtin unter Wahrheitspflicht bestätigt) glaubhaft angegeben, nunmehr kein Haschisch mehr zu konsumieren.

Es ist daher insgesamt bei Berücksichtigung aller individuellen Umstände von einer, wenn auch vorsichtigen positiven Zukunftsprognose auszugehen (siehe auch AsylGH v. 21.11.2013, D18 319670-1/2008/27E).

Da die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers österreichische Staatsbürgerin ist, ebenso der gemeinsame Sohn und ebenso die "Stieftochter", welche alle niemals in Afrika gelebt haben, und aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland bereits vor fast 6 Jahren als 16jähriger verlassen hat, seine Eltern schon vor langer Zeit verstorben sind und er lediglich telefonischen Kontakt zu seiner Stiefmutter und zu seinem Onkel hat, sodass er in seinem Herkunftsstaat als entwurzelt zu bezeichnen ist, stellt eine Fortsetzung des Familienlebens im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers keine realistische Alternative dar (in diesem Sinne auch EGMR in seinem Urteil vom 16.04.2013, Udeh gegen die Schweiz, Nr. 12020/09, wo dieser ausgesprochen hat, dass es für seine in der Schweiz geborenen Töchter nicht zumutbar sei, ihrem Vater nach Nigeria zu folgen).

Der Beschwerdeführer hat sich schließlich auch insoferne in Österreich gut integriert, als er die deutsche Sprache zumindest gut beherrscht und einer unselbständigen Erwerbsarbeit bisher lediglich die ausländerbeschäftigungsrechtlichen Regelungen entgegenstanden.

Zusammenfassend war daher im Rahmen der Interessenabwägung zu befinden, dass im vorliegenden Fall auf Grund des intensiven Familienlebens, der langen Aufenthaltsdauer und der hohen Integration des Beschwerdeführers dem persönlichen Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einer Rückkehrentscheidung der Vorzug zu geben war. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu bemerken, dass nunmehr nach der oben zitierten jüngeren Judikatur des EGMR (Fall Udeh) eine Priorität des Familienlebens, inbesondere des persönlichen Kontaktes von Kindern zu ihren Eltern und damit des Kindeswohls, gegenüber der Unbescholtenheit im Rahmen der Interessensabwägung zu erkennen ist (vgl. auch jüngst Bundesverwaltungsgericht vom 11.02.2015, Zahl: W159 125767-2/23E).

Da die maßgeblichen Umstände in ihrem Wesen nicht bloß vorübergehend sind, war die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären (in diesem Sinne auch schon AsylGH vom 11.08.2009, Zl. B5 241.319-2/2009/3E, AsylGH vom 29.10.2009, Zl. D8 263154-0/2008/20E, AsylGH vom 09.11.2009, Zl. D7 242438-9/2008/20E, AsylGH vom 27.10.2009, Zl. E3 249.769-2/2009/5E, AsylGH vom 29.01.2010 D3 400226-1/2008/15E, u.a.).

Der Beschwerde zu Spruchteil III. des angefochtenen Bescheides war daher Folge zu geben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Vielmehr wurden die im vorliegenden Fall auftauchenden Rechtsfragen auf Basis der Rechtsprechung der Gerichte des öffentlichen Rechtes und insbesondere der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gelöst und damit begründet. Im Übrigen stehen im vorliegenden Erkenntnis Tatsachenfragen, insbesondere Fragen der Integration und des Familienlebens im Vordergrund. Es liegen somit keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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