BDG 1979 §14 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2
BDG 1979 §14 Abs1
BDG 1979 §14 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W106.2008983.1.00
Spruch:
W106 2008983-1/4E
beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Irene BICHLER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Dr. Alexander TOMASCH und Olt. Hofrat Mag. Herbert KULLNIG als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, vertreten durch Rechtsanwälte Mag. Eduard ASCHAUER und Mag. Irene PUMBERGER, Sierningerstraße 174a, 4400 Steyr, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 28.04.2014, Zl. P6/162607/2013, betreffend Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
(03.09.2014)
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
I.1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend BF) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Bis zu der mit dem angefochtenen Bescheid verfügten Versetzung in den Ruhestand war er als Exekutivbeamter bei der Polizeiinspektion XXXX im exekutiven Außendienst zur Dienstleistung zugewiesen.
I.2. Der BF erlitt am 31.12.2011 einen Dienstunfall, bei dem der rechte Daumen schwer verletzt wurde. In der Folge befand sich der BF bis 19.08.2012 durchgehend im Krankenstand. Bei der polizeiärztlichen Untersuchung am 14.08.2012 wurde festgestellt, dass eine einwandfreie Waffenhandhabung (Pistole und Pfefferspray) weiterhin nicht mehr gegeben sei, eine Verwendung im Exekutivdienst ohne Waffe jedoch möglich wäre. Der BF wurde daher ab 20.08.2012 vorübergehend zur Innendienstverwendung ohne Waffe auf seiner Stammdienststelle eingeteilt. Bei der letzten Verlaufskontrolle am 21.10.2013 stellte der Polizeiarzt fest, dass durch die bleibende Einschränkung der Beweglichkeit im rechten Daumenglied die volle Exekutivdienstfähigkeit - die sichere Waffenhandhabung bleibe eingeschränkt - nicht mehr erreicht werden könne. Aus polizeiärztlicher Sicht wurde daher eine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand empfohlen.
I.3. Die Dienstbehörde leitete in der Folge am 09.12.2013 das Ruhestandsversetzungsverfahren gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 von Amts wegen ein und ersuchte die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter um Erstellung eines ärztlichen Gutachtens.
Die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) erstellte am 19.03.2014 ein "Ärztliches Sachverständigengutachten zur Leistungsfeststellung (Aktengutachten)" mit folgender
Diagnose (nach Relevanz hinsichtlich Arbeitsfähigkeit):
eingeschränkte Kraftentfaltung und eingeschränkter Grobgriff rechts bei funktioneller Einschränkung am rechten Daumenendgelenk, Zustand nach Strecksehnenausriss am Daumenendglied und Arthrose im Daumengrundgelenk / Skidaumen rechts vor ca. 30 Jahren
massive Muskelverhärtungen an Brust- und Lendenwirbelsäule, Einschränkung der Lendenwirbelsäulen- und Brustwirbelsäulenbeweglichkeit
Zustand nach operativer und konservativer Versorgung von Bandscheibenvorfällen 1996 und 2013 mit Vorfußheberschwäche 1/2013, rückgebildet
Bandscheibenvorfall L5/C1 rechts 1996, Operation
deutliche Einschränkung der Hüftbeweglichkeit / Innenrotation beiderseits
Kniegelenksveränderungen beiderseits, vordere Instabilität linkes Kniegelenk, Zustand nach operativ versorgter Verletzung des linken Kreuzbandes
Zustand nach Operation beiderseits wegen Meniskusschäden
funktionslos: 2002 links Achillessehnenriss, operativ versorgt
1983 - 1988 Verletzung an beiden Kniegelenken, linkes Knie Kreuzbandverletzung
Übergewicht, Bluthochdruck
Augenthrombose 1996, nach Lasertherapie Besserung
Medikation: ...
Leistungskalkül
Am rechten Daumen sind das Endgelenk und das Grundgelenk verändert und es kommt zu funktionellen Einbußen - der Beamte ist Rechtshänder.
Es besteht eine verminderte Kraftentfaltung beim Grobgriff rechts, das Nachladen einer Schusswaffe ist damit nicht mehr ausreichend möglich und ein Pfefferspray kann mit der rechten Hand nicht ausreichend geführt werden. Festes Zupacken und Festhalten einer Person oder sich gegen körperliche Angriffe zu wehren, sind keine geeigneten Arbeitsanforderungen mehr.
Wegen bestehenden Abnützungserscheinungen an Knie- und Hüftgelenken sind Arbeiten, die rasches Bergabgehen verlangen und die eine uneingeschränkte und jederzeit abrufbare körperliche Wendigkeit voraussetzen, nicht mehr möglich.
Wegen bestehender degenerativer Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule sind schwere körperliche Arbeiten nicht mehr möglich und es sind mehr als leichte Hebe- und tragearbeiten nicht mehr zuzumuten. Arbeiten im Sitzen, ohne der Möglichkeit nach ca. 30 Minuten kurz aufzustehen und umherzugehen (wobei für diese Körperhaltung passende Arbeiten verrichtet werden können), sind nicht zuzumuten.
Die genannten Einschränkungen sind nicht mehr wesentlich zu verbessern. Es kann daher keine Verwendung im exekutiven Außendienst mehr erfolgen und der Beamte ist auch im Innendienst als Waffenträger - im Notfall - nicht mehr ausreichend belastbar."
Dieses Gutachten wurde dem BF mit Schreiben der Dienstbehörde vom 04.04.2014 zum Parteiengehör übermittelt.
Eine inhaltliche Stellungnahme seitens des BF erging hiezu nicht. Er ersuchte lediglich um Mitteilung, in welcher Höhe seine Ruhestandsbezüge zu erwarten seien und ob der Dienstunfall und die daraus entstandene Dienstunfähigkeit in die Pensionszahlung eingerechnet werden.
I.4. Mit Bescheid der Dienstbehörde vom 28.04.2014 wurde der BF gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 mit Ablauf des 30. Juni 2014 in den Ruhestand versetzt.
Nach Wiedergabe des ärztlichen Sachverständigengutachtens vom 19.03.2014 stellt die Behörde fest, dass nach dem erstellten Leistungskalkül des leitenden Arztes der BVA beim BF als Rechtshänder eine verminderte Kraftentfaltung beim Grobgriff rechts bestehe, das Nachladen einer Schusswaffe sei damit nicht mehr ausreichend möglich und ein Pfefferspray könne mit der rechten Hand nicht ausreichend geführt werden.
Festes Zupacken und Festhalten einer Person oder sich gegen körperliche Angriffe zu wehren, seien keine geeigneten Arbeitsanforderungen mehr.
Es seien dem BF Arbeiten, die jederzeit abrufbare körperliche Wendigkeit voraussetzen, nicht mehr möglich. Schwere körperliche Arbeiten, wie sie etwa anfallen können, wenn Personen, die sich einer Festnahme widersetzen, seien nicht mehr möglich.
Der BF könne daher nicht mehr im exekutiven Außendienst verwendet werden und auch im Innendienst sei er als Waffenträger - im Notfall - nicht mehr ausreichend belastbar.
Die genannten Einschränkungen seien nicht mehr wesentlich zu bessern. Es liege ein Dauerzustand vor.
In den rechtlichen Erwägungen wird ausgeführt, dass der BF auf Grund seines Gesundheitszustandes auf seinem aktuellen Arbeitsplatz nicht mehr dienstfähig sei und ihm im Wirkungsbereich der Dienstbehörde auch kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden könne, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen Verfassung erfüllen könne und ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden könne. Zur beabsichtigten Ruhestandsversetzung habe er keine Einwendungen vorgebracht. Es sei daher wie im Spruch zu entscheiden.
I.5. Gegen diesen Bescheid erhob der nunmehr rechtlich vertretene BF rechtzeitig Beschwerde und beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge
1. den angefochtenen Bescheid - gegebenenfalls nach berichtigender Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts - ersatzlos aufheben; in eventu,
den angefochtenen Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen;
2. eine mündliche Verhandlung durchführen.
Die Anträge werden wie folgt begründet:
Ein von der Sanitätsstelle der belangten Behörde im Mai 2012 durchgeführter Funktionstest (Waffenhandhabung) habe ergeben, dass beim BF eine Waffenhandhabung der rechten Hand nur teilweise eingeschränkt sei und zwar beim Munitionieren und bei der Verwendung des Pfeffersprays. Das Schießen sei ihm ohne Einschränkung möglich gewesen. Der BF habe nun auf Eigeninitiative und seine Kosten zwischenzeitig eine Therapie gemacht, um die angeführten Einschränkungen, insbesondere im rechten Daumen, zu lindern und einer Besserung zuzuführen. Zudem habe der BF vor etwa fünf Wochen begonnen, die Waffen- und Pfeffersprayhandhabung mit der linken Hand zu trainieren, sodass es ihm in absehbarer Zeit möglich sei, den Waffengebrauch uneingeschränkt mit der linken Hand auszuführen und seine dienstlichen Aufgaben im Innen- und Außendienst ohne Beeinträchtigung zu verrichten. Der angefochtene Bescheid sei daher in Verletzung des Rechtes des BF, nur bei Vorliegen einer dauernden Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden zu können, rechtswidrig erlassen worden.
Die im Bescheid angeführten Einschränkungen Punkt 2. bis 5. seien keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen folglich derer der BF dauernd dienstunfähig wäre. Die in Punkt 1. angeführten Einschränkungen beim rechten Daumen können durch Umschulung des Waffengebrauchs auf die linke Hand ausgeglichen werden.
Zum Beweis dafür werde die Einvernahme des BF, die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens und Durchführung eines neuerlichen Funktionstests beantragt.
Die belangte Behörde habe es unterlassen, als mögliche Alternative zur Pensionierung eine Umschulung des BF auf die linke Hand in Betracht zu ziehen. Hiezu wäre sie aufgrund des im Sozialrecht geltenden Grundsatzes der Rehabilitation verpflichtet gewesen. Dieser Umstand wäre von Dr. Zwettler bei der Erstellung des Leistungskalküls zu berücksichtigen gewesen. Dieser Verfahrensmangel sei wesentlich, da es durch eine Umschulung des Waffengebrauchs auf die linke Hand möglich sei, Waffen ordnungsgemäß zu erfüllen und der BF somit nicht dauernd dienstunfähig sei. Die in Punkt 2. und 5. angeführten gesundheitlichen Beschwerden bedingen keine dauernde Dienstunfähigkeit des BF.
I.6. Mit der Aktenvorlage - eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 23.06.2014 - hat sich die Dienstbehörde zur Beschwerde noch wie folgt geäußert:
Auch wenn der BF vor etwa 5 Wochen begonnen habe, die Waffen- und Pfeffersprayhandhabung mit der linken Hand zu trainieren, könne nicht davon ausgegangen werden, dass mit der Umstellung der Waffenhandhabung auf LINKS wieder die Exekutivdienstfähigkeit gegeben ist.
Die im ärztlichen Sachverständigengutachten unter Punkt 2 und 3 angeführten gesundheitlichen Beeinträchtigungen stünden der Verwendung im exekutiven Außendienst entgegen, da körperliche Wendigkeit jederzeit abrufbar sein müsse. Schwere körperliche Arbeiten, wie sie etwa anfallen können, wenn Personen, die sich einer Festnahme widersetzen, seien dem BF nicht mehr möglich.
Zum übermittelten Sachverständigengutachten habe der Beamte keine Einwendungen erhoben. Für die Dienstbehörde stelle sich damit die Frage, warum der BF nicht schon weit früher mit dem Training der linken Hand begonnen habe, wenn nach seiner Ansicht lediglich dieser Punkt für seine Dienstunfähigkeit maßgeblich sei, was nach Ansicht der Dienstbehörde jedoch NICHT den Tatsachen aufgrund der vorliegenden Gutachten entspreche.
Beim Begriff der Dienstunfähigkeit sei unter konkreter Bezugnahme auf die dienstlichen Aufgaben des Beamten vom gesamten Arbeitsplatz (Außen- und Innendienst - innerer Dienst) auszugehen. Die entsprechende Arbeitsplatzbeschreibung liege bei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Das Bundesverwaltungsgericht geht vom oben dargelegten unstrittigen Sachverhalt aus. Die Sachverhaltsfeststellungen konnten unmittelbar auf Grund der Aktenlage getroffen werden.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da der angefochtene Bescheid bereits aufgrund der Aktenlage aufzuheben war.
2. Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Zufolge § 135a Abs. 1 BDG 1979 idF der Dienstrechts-Novelle 2012 liegt gegenständlich - da eine Angelegenheit der Ruhestandsversetzung gemäß § 14 BDG von Amts wegen betreffend - eine Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (1.) der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
(2.) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG auch bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde jedoch notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Im Gegensatz zum bisherigen § 66 Abs. 2 AVG ist daher nicht mehr Voraussetzung, dass zur Ermittlung des (bisher unvollständig ermittelten) Sachverhaltes eine Verhandlung notwendig wäre; viel mehr liegen die Voraussetzungen von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG vor, wenn die Behörde notwendige Sachverhaltsermittlungen nicht vorgenommen hat und soweit - diesfalls würde das Verwaltungsgericht obligatorisch meritorisch entscheiden müssen - die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
§ 14 BDG 1979 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 210/2013 lautet:
"Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit
§ 14. (1) Die Beamtin oder der Beamte ist von Amts wegen oder auf ihren oder seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er dauernd dienstunfähig ist.
(2) Die Beamtin oder der Beamte ist dienstunfähig, wenn sie oder er infolge ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung ihre oder seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihr oder ihm im Wirkungsbereich ihrer oder seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben sie oder er nach ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihr oder ihm mit Rücksicht auf ihre oder seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.
(3) Soweit die Beurteilung eines Rechtsbegriffes im Abs. 1 oder 2 von der Beantwortung von Fragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen oder berufskundlichen Fachwissens fallen, ist von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter - ausgenommen für die gemäß § 17 Abs. 1a des Poststrukturgesetzes (PTSG), BGBl. Nr. 201/1996 , den dort angeführten Unternehmen zugewiesenen Beamtinnen und Beamten - Befund und Gutachten einzuholen. Für die gemäß § 17 Abs. 1a PTSG zugewiesenen Beamtinnen und Beamten ist dafür die Pensionsversicherungsanstalt zuständig.
(4) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid rechtskräftig wird, wirksam.
(5) Die Ruhestandsversetzung tritt nicht ein, wenn der Beamtin oder dem Beamten spätestens mit dem Tag vor ihrer Wirksamkeit mit ihrer oder seiner Zustimmung für die Dauer von längstens zwölf Monaten vorübergehend ein anderer Arbeitsplatz zugewiesen wird, dessen Anforderungen sie oder er zu erfüllen imstande ist. Mehrere aufeinander folgende Zuweisungen sind zulässig, sofern sie insgesamt die Dauer von zwölf Monaten nicht überschreiten. Die Versetzung in den Ruhestand wird in diesem Fall wirksam, wenn
1. die Beamtin oder der Beamte nach einer vorübergehenden Zuweisung einer weiteren Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes nicht zustimmt oder
2. die vorübergehende Verwendung auf einem neuen Arbeitsplatz ohne weitere Zuweisung oder vorzeitig beendet wird oder
3. die Beamtin oder der Beamte der dauernden Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes spätestens nach Ablauf des zwölften Monats nach der erstmaligen Zuweisung nicht zustimmt.
Die Versetzung in den Ruhestand wird in diesen Fällen mit dem Monatsletzten nach Ablauf der jeweiligen vorübergehenden Verwendung wirksam.
(6) Die Verpflichtung zur Leistung eines Dienstgeberbeitrages gemäß § 22b des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54, entfällt ab der erstmaligen Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes gemäß Abs. 5.
(7) Solange über eine zulässige und rechtzeitige Beschwerde gegen eine Versetzung in den Ruhestand nicht entschieden ist, gilt der Beamte als beurlaubt. Die Beurlaubung endet mit dem Antritt einer neuen Verwendung gemäß Abs. 5.
(8) Die Versetzung in den Ruhestand nach Abs. 4 oder 5 tritt während einer (vorläufigen) Suspendierung gemäß § 112 oder einer Dienstenthebung gemäß § 39 des Heeresdisziplinargesetzes 2002 (HDG 2002), BGBl. I Nr. 167, nicht ein."
Voraussetzung für eine amtswegige Ruhestandsversetzung ist gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 die dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten. Unter der bleibenden Unfähigkeit eines Beamten, seine dienstlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen, ist alles zu verstehen, was seine Eignung, diese Aufgaben zu versehen, dauernd aufhebt. Die Frage, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt oder nicht, ist nach ständiger Rechtsprechung eine Rechtsfrage, die nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten trifft und die Auswirkungen bestimmt, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergeben. Dabei ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung des Kriteriums "dauernd" zu ermöglichen, auch eine Prognose zu stellen. Die Dienstbehörde hat anhand der dem Gutachten zu Grunde gelegten Tatsachen die Schlüssigkeit des Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (vgl. VwGH 29.03.2012, 2008/12/0184, 04.09.2012; 2012/12/0031, mwN).
Die Frage der Dienstunfähigkeit des Beamten ist zunächst in Ansehung seines aktuellen bzw. des zuletzt inne gehabten Arbeitsplatzes zu prüfen. Darunter ist jener Arbeitsplatz zu verstehen, welcher ihm zuletzt dienstrechtlich wirksam zugewiesen war. Maßgebend ist daher primär die Klärung der Frage der Dienstfähigkeit unter konkreter Bezugnahme auf die dienstlichen Aufgaben am Arbeitsplatz (vgl. dazu VwGH 19.09.2003, 2003/12/0068; 30.06.2010, 2009/12/0154; 04.09.2012, 2012/12/0031).
Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass bei Beurteilung der Dienstfähigkeit des BF im Sinne des § 14 Abs. 1 BDG 1979 zu prüfen ist, ob der BF die Aufgaben des ihm zuletzt dienstrechtlich wirksam zugewiesenen Arbeitsplatzes zu erfüllen imstande ist.
Dem BF ist der Arbeitsplatz eines Exekutivbeamten mit Verwendung im exekutiven Außendienst zugewiesen.
Nach der im Akt aufliegenden Arbeitsplatzbeschreibung vom 08.01.2014 werden folgende Anforderungen für den exekutiven Außendienst aufgelistet:
Überwiegende Verrichtung des Außendienstes im Polizeikraftfahrzeug (Lenken des Fahrzeuges - auch unter Einsatzbedingungen).
Einschreiten im Dienst bei jeder Witterung wie Hitze, Nässe, Kälte (zB Fahndungsaktionen, Aufnahme von Verkehrsunfällen, Verkehrsüberwachung, Naturkatastrophen).
Körperliche Fitness, da jederzeit die Möglichkeit besteht, mit vollster körperlicher Kraft, Wendigkeit und Schnelligkeit (z.B. Nacheile) gegen eine gefährliche Person einschreiten zu müssen.
Volle körperliche und psychische Eignung, um in Extremsituationen von Waffen (mindergefährliche und Schusswaffen) Gebrauch zu machen. Erfordernis, in Sekundenbruchteilen die richtige Entscheidung zu treffen.
Große Flexibilität und Einfühlungsvermögen, da bei der ständig notwendigen dienstlichen Kontaktaufnahme für den Beamten immer die Ungewissheit besteht, in welche Richtung sich die Amtshandlung entwickeln wird.
Folgende Anforderungen im Kanzleidienst für die restliche Dienstzeit werden angeführt:
Selbständige kanzleimäßige Erledigung der im Außendienst angefallenen Tatbestände. Dies vorwiegend automationsunterstützt.
Parteienverkehr.
Bedienung diverser technischer Hilfsmittel (Funk, FAX, PC).
Nach dem Befund des schlüssigen Sachverständigengutachtens der BVA vom 19.03.2014 konnte die Dienstbehörde zutreffend davon ausgehen, dass der BF für den exekutiven Außendienst auf Dauer dienstunfähig ist. Auschlaggebend hiefür ist nicht bloß die eingeschränkte Funktion des rechten Daumenendgelenkes, wodurch ihm zB das Nachladen einer Schusswaffe oder die Bedienung eines Pfeffersprays nicht mehr ausreichend möglich sind, sondern darüber hinaus auch die festgestellte Einschränkung der Lendenwirbelsäulen- und Brustwirbelbeweglichkeit sowie der Hüftbeweglichkeit und der Kniegelenksveränderungen beiderseits, wodurch ihm Arbeiten, die jederzeit abrufbare körperliche Wendigkeit voraussetzen, und schwere körperliche Arbeiten, welche bei sich einer Festnahme widersetzenden Personen anfallen können, nicht mehr möglich sind.
Für einen Exekutivbeamten ist unerlässlich, dass er als Exekutivorgan einsatzfähig sein muss, eine Dienstwaffe trägt und die Aufgabe und Verpflichtung hat, im Falle der Notwendigkeit die Befolgung einer Anordnung durchzusetzen oder eine drohende Gefahr von Sachen, von Dritten oder von sich selbst abzuwehren und von der ihm zugewiesenen Dienstwaffe unter Bedachtnahme aller gesetzlichen und mit Weisung ergangenen Anordnungen richtig und emotionslos Gebrauch macht. Für einen Beamten des Exekutivdienstes ist aus diesem Grunde die volle körperliche und geistige Fitness unbedingt erforderlich, um Zwangsbefugnisse, wie Anwendung von Körperkraft und Waffengebrauch, ausüben zu können. Weiters wird von diesen Beamten gefordert, dass sie ihren Dienst sowohl bei Tag als auch bei Nacht ordnungsgemäß verrichten können.
An einen Beamten des Exekutivdienstes werden daher auf Grund der zu erfüllenden Exekutivdienstaufgaben höhere körperliche Anforderungen gestellt als an einen Beamten der allgemeinen Verwaltung, daher kann für einen Exekutivbeamten die Dienstunfähigkeit viel früher einsetzen.
Dem Beschwerdevorbringen, der BF habe eigeninitiativ begonnen, seinen Waffengebrauch auf die linke Hand umzuschulen, er werde in absehbarer Zeit seinen Dienst uneingeschränkt erfüllen können und zum Beweis seine Einvernahme sowie die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beantragt, ist zu entgegnen, dass nach den Feststellungen der Behörde sich die Exekutivdienstuntauglichkeit nicht bloß aus der funktionellen Einschränkung des rechten Daumenendgelenkes ergibt, sondern diese auch aus den Einschränkungen der Lendenwirbelsäulen-, Brustwirbelsäulen-, sowie der Hüftbeweglichkeit sowie den Kniegelenksveränderungen beiderseits resultiert, wodurch ihm Arbeiten, die jederzeit abrufbare körperliche Wendigkeit voraussetzen, und schwere körperliche Arbeiten, welche bei sich einer Festnahme widersetzenden Personen anfallen können, nicht mehr möglich sind.
Wenn der BF als Verfahrensmangel die fehlende Auseinandersetzung der Behörde mit der Möglichkeit der Umschulung des Waffengebrauchs auf die linke Hand rügt, ist ihm zu entgegnen, dass er im Rahmen des ihm zum Sachverständigengutachten eingeräumten Parteiengehörs keine Einwendungen erhoben hat. Es kann der Behörde daher nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn sie diese vom BF erst in der Beschwerde aufgezeigte Alternative nicht weiter geprüft hat.
Aus den dargelegten Überlegungen ist die Behörde zutreffend vom Fehlen der Exekutivdiensttauglichkeit des BF auf Dauer ausgegangen, sodass in einem weiteren Schritt die Verwendung des BF auf einem Verweisungsarbeitsplatz im Sinne des § 14 Abs. 2 BDG 1979 zu prüfen ist.
Hierzu wird von der Behörde im Bescheid lediglich ausgeführt, dass dem BF "im Wirkungsbereich der ho. Dienstbehörde auch kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben der BF nach seiner körperlichen Verfassung erfüllen und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann."
Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass das Dienstrecht den Einsatz eines Beamten des Exekutivdienstes in einer "administrativen" (als Gegensatz zu einer exekutiven) Verwendung grundsätzlich nicht verbietet. Doch muss zwischen den "administrativen" und den "exekutiven" Aufgaben ein Zusammenhang bestehen, wie er etwa auch bei Arbeitsplätzen, die nach ihren Aufgaben der "Systemerhaltung" des Exekutivdienstes dienen (z.B. Personalreferent, Ausbildner, Referent im Beschaffungswesen usw.), im Allgemeinen zu bejahen sein wird (vgl. VwGH 11.10.2006, 2005/12/0267; 02.07.2007, 2006/12/0131, mwN). Zunächst kann schon aus der "Behalteregel" des § 81 Abs. 1 Z 2 GehG 1956 (danach gebührt dem Beamten des Exekutivdienstes die Wachdienstzulage auch dann, wenn er infolge eines im Exekutivdienst erlittenen Dienstunfalles nicht mehr in diesem Dienst verwendet werden kann) die Zulässigkeit des Einsatzes eines Beamten dieser Verwendungsgruppe, der seine Exekutivdienstfähigkeit durch einen Dienstunfall verloren hat, außerhalb des Exekutivdienstes abgeleitet werden. Damit ist aber die Dienstunfähigkeit eines Beamten des Exekutivdienstes im Sinne des § 14 Abs. 2 BDG 1979 nicht schon allein deshalb zwingend gegeben, weil er auf Grund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen seine Exekutivdienstfähigkeit verloren hat. Erforderlich ist vielmehr (zusätzlich), dass ihm auf Grund seiner "Restarbeitsfähigkeit" die Wahrnehmung eines Ersatzarbeitsplatzes, dessen Aufgaben auch in einer (bloß) "administrativen" Tätigkeit (im obigen Sinn) bestehen können, nach den Kriterien des § 14 Abs. 2 BDG 1979 billigerweise nicht mehr zumutbar oder ein derartiger Arbeitsplatz nicht vorhanden ist (vgl. VwGH 30.01.2002, 98/12/0389). Das Nichtvorhandensein derartiger Verweisungsarbeitsplätze müsste gleichfalls "auf Dauer" vorliegen (VwGH 20.12.2005, 2005/12/0058).
Aus dem vorliegenden Verfahrensakt sind keine Ermittlungsschritte ersichtlich, wonach die Dienstbehörde eine solche Prüfung (nachvollziehbar) vorgenommen hätte. Auch die Feststellungen des Gutachtens der BVA vom 19.03.2014 beschränken sich auf die Frage die Exekutivdiensttauglichkeit des BF. Eine Auseinandersetzung mit einer allfälligen Restarbeitsfähigkeit auf einem Verweisungsarbeitsplatz im Innendienst ohne Waffengebrauch erfolgte offensichtlich nicht. Hingewiesen wird darauf, dass der BF ab 20.08.2012 vorübergehend zur Innendienstverwendung ohne Waffe auf seiner Stammdienststelle eingeteilt wurde.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher hinsichtlich der Feststellung über den Mangel an einem tauglichen Verweisungsarbeitsplatz als nicht tragfähig.
Es war daher im Sinne des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG mit Aufhebung und Zurückverweisung vorzugehen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
In der rechtlichen Beurteilung (Pkt. II.2.) wurde unter Bezugnahme auf die Judikatur des VwGH ausgeführt, dass im erstbehördlichen Verfahren notwendige Ermittlungen zur Frage der Verfügbarkeit eines Verweisungsarbeitsplatzes im Sinne des § 14 Abs. 2 BDG 1979 unterlassen wurden. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil § 28 Abs. 3 2. Satz inhaltlich § 66 Abs. 2 AVG (mit Ausnahme des Wegfalls des Erfordernisses der Durchführung einer mündlichen Verhandlung) entspricht, sodass die Judikatur des VwGH betreffend die Zurückverweisung wegen mangelhafter Sachverhaltsermittlungen heranzuziehen ist. Im Übrigen trifft § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eine klare Regelung (im Sinne der Entscheidung des OGH vom 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
