VwGH 2009/12/0154

VwGH2009/12/015430.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde des H G in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, dieser vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, beide Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom 27. Juli 2009, Zl. 0109B-HÖP/09, betreffend amtswegige Versetzung in den Ruhestand nach § 14 BDG 1979, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
BBGStBegleitG 2006;
BDG 1979 §14 Abs1 idF 1995/820;
BDG 1979 §14 Abs3 idF 2006/I/090;
BDG 1979 §14 Abs3;
BDG 1979 §14;
AVG §52;
BBGStBegleitG 2006;
BDG 1979 §14 Abs1 idF 1995/820;
BDG 1979 §14 Abs3 idF 2006/I/090;
BDG 1979 §14 Abs3;
BDG 1979 §14;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahre 1949 geborene Beschwerdeführer stand bis zu seiner mit dem angefochtenen Bescheid mit Ablauf des 31. August 2009 von Amts wegen verfügten Versetzung in den Ruhestand als Oberoffizial in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft gemäß § 17 Abs. 1a PTSG zur Dienstleistung zugewiesen.

Er war zuletzt als "Facharbeiter/Berufskraftfahrer (Code 0734)" bei der ÖBB Postbus GmbH verwendet worden. Eine den vorgelegten Verwaltungsakten einliegende "Stellenbeschreibung" betreffend den Arbeitsplatz des Beschwerdeführers lautet auszugsweise (Schreibung im Original; auch bei den folgenden Zitaten):

"Stellenbeschreibung

...

Überwiegende Aufgaben

o) Durchführung von Kursfahrten lt. Dienstplan

o) Durchführung von Mietwagen- und Ausflugfahrten über besondere Anordnung

o) Wartungs- und Pflegearbeiten lt. Dienstplan/ Einzelanordnung

o) Lenkerabrechnung und FSD-Bedienung: Einlesung des FSD-Moduls 1mal pro Woche bzw. sobald Einnahmen von 450 Euro vorliegen; Einzahlung des Betrags nach spätestens 3 Tagen; Sorgfältige Eingabe der Kursnummer am FSD

o) sofortige Meldung an den Vorgesetzten über Unregelmäßigkeiten, Unfälle und dgl. während der Kurs- und sonst. Fahrten

o) Einhaltung des Kraftfahrgesetzes, der Straßenverkehrsordnung und der Dienstvorschriften

o) Erteilung von Auskünften an Kunden sowie freundliche und zuvorkommende Behandlung d. Fahrgäste

o) Ausgabe von Fahrscheinen

o) Fahrtberichte u. Schaublätter sind ordnungsgemäß und zeitgerecht in der Dienststelle abzugeben

o) Sauberhaltung der Fzg. und unverzügliche Meldung von nicht selbst behebbaren Mängel

o) Weitere erforderliche Aufgaben im Fahrdienst, die der Qualität der Leistung dienen (z. B. Einhaltung definierter Anschlüsse, Einhaltung zusätzlich erforderlicher Qualitätskriterien, usw.)

o) Meldung von Mängel an den Haltestellen (z. B. Schäden an der Ausstattung)

o) Durchführung von Fahrgastzählungen und Unterstützung bei Befragungen (z. B. Austeilen und Einsammeln von Fragebögen) auf Anordnung

o) Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen

o) Hilfstätigkeit während der bezahlten Wendezeiten bzw. Stehzeiten

Zusätzliche Aufgabenstellung im Rahmen der speziellen Organisationseinheit

o) Erledigung aller vom zuständigen Vorgesetzten übertragenen Aufgaben.

 

Spezielle Befugnisse

 

Vertretung von

 

Vertretung durch

 

 

Anforderungsprofil

Ausbildung:

Führerschein D

 

abgeschlossener Lehrberuf Berufskraftfahrer

Fachkenntnisse:

 

Persönliche Fähigkeiten:

Zuverlässigkeit, Kundenorientierung, Konzentrationsfähigkeit, volle körperliche und geistige Eignung"

Ein weiters in diesen Verwaltungsakten einliegendes "Anforderungsprofil" betreffend den Arbeitsplatz des Beschwerdeführers lautet auszugsweise:

"ANFORDERUNGSPROFIL

...

Körperliche Beanspruchung:

¨ leicht

x mittel

¨ schwer

Arbeitshaltung:

 

ständig

überwiegend

fallweise

nicht

Sitzen

x

¨

¨

¨

Stehen

¨

¨

x

¨

Gehen

¨

¨

x

¨

Intellektuelle Ansprüche/geistiges Leistungsvermögen:

( einfach ( mittelschwer ( verantwortungsvoll ( sehr

verantwortungsvoll

Auffassungsgabe: ( sehr gute ( durchschnittliche (

mäßige erforderlich

Konzentrationsfähigkeit: ( sehr gute (

durchschnittliche ( mäßige erforderlich

Hebe- und Trageleistung:

 

ständig

überwiegend

fallweise

nicht

Leicht*)

¨

¨

x

¨

Mittelschwer**)

¨

¨

x

¨

Schwer***)

¨

¨

x

¨

Arbeitsauslastung/Arbeitsrhythmus/Zeitdruck: ( ohne

Zeitdruck

( unter durchschnittlichem Zeitdruck

( unter überdurchschnittlichem Zeitdruck

( unter dauernd besonderem Zeitdruck

Die Tätigkeit wird ausgeübt: ( Hauptsächlich ( zum

Teil ( nur im Freien

( Hauptsächlich ( zum Teil ( nur in geschlossenen Räumen

Nähere Angaben (z.B. Büro, Baustelle) Omnibusse

Erschwernisse: ( starke Lärmeinwirkung ( starke

staubhältige Luft

( starke Wärmeentwicklung ( nicht ständig temperierter

Arbeitsraum

( Zuglufteinwirkung ( Einwirkung chemischer Gase und Dämpfe

( starke Schmutzeinwirkung ( Kälte- ( Hitze- (

Nässeexposition

( sonstige Erschwernisse:

Diensteinteilung: ( Tag- und Nachtdienst (

Wechseldienst ( nur Tagdienst

Dienstabschnitte: ( bis höchstens ( zum Teil (

über 9 Stunden (einschl. Pausen, Mittagspause - soweit über 1 Std.

abgerechnet),

ergänzende Angaben:

Bedienung von Maschinen: ( häufig ( gelegentlich

Welche? Fahrscheindrucker

Lenken von Fahrzeugen: ( häufig ( gelegentlich

( nicht

Welche? ( PKW ( LKW ( Omnibus ( Moped ( Fahrrad

Computerarbeit: ( überwiegend ( etwa % (

gelegentlich ( keine

Erforderliche Arm- und Handbeweglichkeit:

( in normalem Ausmaß

( in besonderem Ausmaß (bei welcher Tätigkeit?) Lenktätigkeit

Anforderungen an die Feinmotorik der Finger:

( in normalem Ausmaß

( in besonderem Ausmaß (bei welcher Tätigkeit?)

Fahrscheindrucker

Bücken, Strecken: ( häufig (

gelegentlich ( nicht erforderlich

Treppensteigen: ( häufig ( gelegentlich (

nicht erforderlich

Besteigen von Leitern / Masten: ( häufig

( gelegentlich ( nicht erforderlich

Erforderliche Sehleistung: ( normale

( sehr gute (bei welcher Tätigkeit?) Omnibuslenktätigkeit

Erforderliche Gehörleistung: ( normale

( sehr gute (bei welcher Tätigkeit?) Omnibuslenktätigkeit

Erforderliche Sprechkontakte: (

häufig ( wenig

Soziale Anforderungen: Kundenverkehr: ( viel (

gelegentlich ( kein

( Tätigkeit in Arbeitsgruppen ( weitgehend isolierte

Tätigkeit

Zwangshaltungen:

 

Überwiegend

fallweise

Überkopf

¨

x

Vorgebeugt

¨

x

Gebückt

¨

x

Kniend

¨

x

Hockend

¨

x

Andere

¨

x

Psychische Belastbarkeit:

( gering

( durchschnittlich

( überdurchschnittlich

( außergewöhnlich

*)

Anheben von Gegenständen mit einem Maximalgewicht von 10 kg und/oder Tragen von

Gegenständen mit einem Maximalgewicht von 5 kg.

**)

Anheben von Gegenständen mit einem Maximalgewicht von 25 kg und/oder Tragen von

Gegenständen mit einem Maximalgewicht von 15 kg.

***)

Anheben von Gegenständen über 25 kg und/oder Tragen von Gegenständen über 15 kg."

   

Mit Erledigung vom 6. März 2009 ersuchte die belangte Behörde die Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Tirol, um Erstellung eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers u.a. unter Anschluss der Arbeitsplatzbeschreibung und des Anforderungsprofils sowie eines Antrages des Dienstgebers auf amtswegige Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand nach § 14 BDG 1979.

Das ärztliche Gesamtgutachten von Dr. W, Facharzt für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, vom 15. Mai 2009 lautet auszugsweise:

"Ärztliches Gesamtgutachten

Zum Antrag auf

Dienstunfähigkeit

...

1. Anamnese:

...

Z.n. Dupuytren'scher Kontraktur-OP 3. und 4. Finger li. an der Plastik in IBK 2005 und bestehende Dupuytren'sche Kontraktur

4. und 5. Finger re.

2. Derzeitige Beschwerden:

Rezidivierende Beschwerden von Seiten der re. Schulter insbesondere bei Überkopfarbeiten. Eine radikuläre Ausstrahlung in die OE besteht nicht.

...

Weitere Beschwerden von Seiten des Bewegungsapparats werden keine angegeben. Eine rezente radiologische Abklärung bezüglich der re. Schulter, HWS und Knie wurde bei Dr. B durchgeführt (Bef. werden von uns eingefordert)

Die subacromiale Infiltrationen brachten für einige Wochen Besserung. Weitere Beschwerden werden trotz genauem Nachfragen keine mehr angegeben.

...

Funktionalität WS und große Gelenke

...

+Handgelenk und Finger:

uneingeschränkte Beweglichkeit, keine wesentliche Seitendifferenz, kein Stauchungs- und Traktionsschmerz, kein endlagiger Bewegungsschmerz, keine Palpationsempfindlichkeit der Muskelursprünge und -ansätze, keine wesentlichen rheumatischen bzw. arthrotischen Deformitäten

Zusatz: li. palmar zeigt sich ein Z.n. Dupuytren'scher Kontraktur-OP 3. und 4. Finger mit geringgradiger rez. Schmerzfreier leichter Flexionsstellung von ca. 10 Grad im Grundgelenk und im PIP-Gelenk, passiv vollständige Streckung jedoch möglich bei deutlicher Verhärtung im Narbenanteil

- re.-seitig: zeigt sich eine Dupuytren'sche Kontraktur insbesonders des 4. und 5. Fingerstrahls mit 20 Grad iger Flexionskontraktur insbesondere im Grundgelenk, PIP-Gelenk und geringgradiger im DIP-Gelenk mit deutlicher Verhärtung der Fascie palmarseitig - diese jedoch nicht schmerzhaft, eine passive Streckung Dig IV und V ist jedoch nicht möglich.

...

9. Zusammengefasste Diagnosen in deutscher Sprache:

a) Hauptursache der Minderung der Erwerbsfähigkeit:

ICD-10: M72.0ICD-10: M75.4

Zustand nach Dupuytren'scher Kontrakturoperation 4. und 5. Fingerstrahl links mit geringgradiger, nicht fixierter schmerzfreier Restkontraktion und Dupuytren'sche Kontraktur mit fixierter Flexionsstellung von 20 Grad 4. und 5. Fingerstrahl rechts ohne wesentliche Schmerzhaftigkeit.

Ausgeprägte Abnützung der unteren Halswirbelsäule C5-C7 ohne Bewegungseinschränkung und ohne senso-motorisches Defizit der oberen Extremität. M42.9

b) weitere Leiden:

...

Depressio und Schlaflosigkeit - hier mit Medikamente der AS soweit zufrieden, eine psychotherapeutische Behandlung wurde nicht durchgeführt

Mittelgradige Schwerhörigkeit beidseits unter regelmäßiger HNO-Kontrolle, derzeit keine Hörgerätversorgung

arterielle Hypertonie - medikamentös substituiert. I10 mäßiggradige Abnützung linkes Kniegelenk ohne schmerzhafte

Funktionseinschränkung.

10. Ärztliche Gesamtbeurteilung der Leistungsfähigkeit mit zusätzlicher Stellungnahme im Falle einer vorliegenden Leidenspotenzierung:

Bei dem AS besteht ein Zustand nach Dupuytren-Kontraktur Operation 4. und 5. Fingerstrahl links mit geringgradiger, nicht fixierter, schmerzfreier Restkontraktion und eine Dupuytren-Kontraktur mit fixierter Flexionstellung von 20 Grad am 4. und 5. Fingerstrahl rechts ohne wesentliche Schmerzhaftigkeit. Eine wesentliche schmerzhafte Funktionseinschränkung besteht bei beiden Händen nicht.

Ein rezent durchgeführtes Röntgen zeigte einen unauffälligen Schultergelenksbefund ohne Weichteilverkalkungen.

Von Seiten der Halswirbelsäule besteht eine uneingeschränkte, schmerzfreie Beweglichkeit bei radiologisch ausgeprägter Osteochondrose von C5-C7. Eine senso-motorisches Defizit der oberen Extremität besteht nicht.

Schmerzmittel werden nur geringgradig NSAR bei Bedarf benötigt, Physiotherapie wird keine durchgeführt.

Bezüglich der Depressio und der Schlaflosigkeit ist der AS mit Medikamenten soweit zufrieden eingestellt. Eine psychotherapeutische Behandlung besteht allerdings nicht.

Bezüglich der mittelgradigen Schwerhörigkeit beidseits ist der AS unter regelmäßiger HNO-Kontrolle, derzeit ist keine Hörgerätversorgung notwendig, normale Zimmerlautstärke wird verstanden.

Die arterielle Hypertonie ist zufriedenstellend medikamentös eingestellt.

Von Seiten des Bewegungs- und Stützapparates ist der AS weiterhin arbeitsfähig mit wechselnder Arbeitshaltung und leichter sowie fallweiser mittelschwerer körperlicher Belastbarkeit. Die restlichen Einschränkungen sind dem Leistungskalkül zu entnehmen.

...

14. Prognose:

Ist eine Besserung des Gesundheitszustandes möglich?

Nein

15. Anpassung und Gewöhnung:

Ist eine Anpassung und Gewöhnung an den bleibenden Leidenszustand in einem solchen

Ausmaß eingetreten, dass sich das Restleistungskalkül verbessert hat?

Nein

Ist eine solche Anpassung und Gewöhnung in weiterer Folge noch möglich?

Nein

16. Bei Nachuntersuchung: trifft nicht zu

17. Gesamtleistungskalkül:

Folgende Anforderungen sind zumutbar(ohne Berücksichtigung

von Alter und Beruf/Tätigkeit): vollschichtig

Arbeitshaltung

ständig

überwiegend

fallweise

 

körperliche Belastbarkeit

ständig

überwiegend

fallweise

Sitzen

¨

x

¨

 

leicht

x

¨

¨

Stehen

¨

x

¨

 

mittel

¨

¨

x

Gehen

¨

x

¨

 

schwer

¨

¨

¨

 

ständig

überwiegend

fallweise

  

ständig

überwiegend

fallweise

in geschlossenen Räumen

x

¨

¨

 

Lenken eines KFZ (berufsbedingt)

¨

¨

¨

im Freien

¨

x

¨

 

höhenexponiert

¨

¨

¨

unter starker Lärmeinwirkung

¨

¨

x

 

allgemein exponiert (z.B. offenlaufende Maschine)

¨

¨

¨

Hebe- u. Trage-leistungen

über-wiegend

fallweise

 

Zwangs-haltungen

über-wiegend

fall-weise

 

Exposition von

über-wiegend

fallweise

    

überkopf

¨

x

    

leicht*

x

¨

 

vorgebeugt

¨

x

 

Kälte

¨

x

mittelschwer**

¨

x

 

gebückt

¨

x

 

Nässe

¨

x

schwer***

¨

¨

 

kniend

¨

x

 

Hitze

x

¨

    

hockend

¨

x

 

Staub

x

¨

    

andere

¨

¨

    

 

rechts

links

 

x

bildschirmunterstützter Arbeitsplatz

 

überwiegend

fallweise

überwiegend

fallweise

 

¨

reine Bildschirmarbeit

Feinarbeiten

x

¨

x

¨

   

Grobarbeiten

x

¨

x

¨

 

¨

Nachtarbeit

Fingerfertigkeit

x

¨

x

¨

 

x

Schichtarbeit

Gebrauchhand

x

¨

¨

¨

 

x

Kundenkontakt

 

Arbeitstempo

  

psychische Belastbarkeit

  

geistiges Leistungsvermögen

¨

geringer Zeitdruck

 

¨

gering

 

¨

sehr einfach

¨

durchschnittlicher Zeitdruck

 

¨

durchschnittlich

 

¨

einfach

x

fallweise besonderer Zeitdruck

 

¨

überdurchschnittlich

 

¨

mäßig schwierig

¨

besond.Zeitdr.(bedingt steuerbar)

 

¨

außergewöhnlich

 

¨

schwierig

¨

dauernder besonderer Zeitdruck

    

¨

sehr schwierig

a) weitere Beurteilung:

 

Anmarschweg von mindestens 500 m ohne Pause möglich

Ja

übliche Arbeitspausen ausreichend

Ja

b) allfällige zusätzliche Einschränkungen:"

 

Die darauf aufbauende "Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes" der Pensionsversicherungsanstalt/Landesstelle Tirol vom 19. Mai 2009 lautet - unter Wiederholung des im ärztlichen Gesamtgutachten veranschlagten "Gesamtrestleistungskalküls":

"Diagnosen:

1.)

Hauptursache/n der Minderung der Dienstfähigkeit:

ICD- 10:

M72.0

  

ICD-10:

M42.9

   

F32.9

 

Zustand nach Operation einer dupuytren'scher Kontraktur 4./5. Fingerstrahl links mit geringgradiger Restkontraktur und fixierter Flexionsstellung 4./5. Fingerstrahl rechts

 

Depressio und Schlaflosigkeit

 

Mittelgradige Schwerhörigkeit

 

Hochdruck

2.)

Weitere Leiden:

  

Eine leistungskalkülrelevante Besserung der unter Punkt 1 angeführten Hauptursache/n der Minderung der Dienstfähigkeit ist nicht möglich.

 

Eine Nachuntersuchung wird nicht empfohlen.

 

Anmerkungen:

Das Leistungskalkül der ÖBB wird nicht erreicht, fallweise schweres Heben und Tragen ist nicht zulässig."

Mit Erledigung vom 26. Mai 2009 setzte die belangte Behörde den Beschwerdeführer davon in Kenntnis, zur Beurteilung der Dienstfähigkeit die Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Tirol, beauftragt zu haben, den Beschwerdeführer zu untersuchen und ein Gutachten zu erstellen. In der in Kopie angeschlossenen Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der Pensionsversicherungsanstalt vom 19. Mai 2009 werde festgehalten, dass eine leistungskalkülrelevante Besserung der (im Folgenden aus der genannten Stellungnahme zitierten) Hauptursachen der Minderung der Dienstfähigkeit nicht möglich sei.

Die Beurteilung der belangten Behörde habe unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung ergeben:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "Recht auf Unterbleiben einer Pensionierung (statt Fortsetzung des Aktivstandes) nach § 14 BDG 1979 ... verletzt".

Die Beschwerde sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, die belangte Behörde stütze ihre Entscheidung auf die Behauptung, dass der Beschwerdeführer zu seiner bisherigen Verwendung nicht mehr im Stande sei und für ihn kein gleichwertiger Arbeitsplatz vorhanden wäre. Schon die erste dieser beiden Behauptungen treffe nicht zu. So mangle es an einer aktuellen Untersuchung und Begutachtung. Aber auch in Bezug auf die Leistungsanforderungen am Arbeitsplatz des Beschwerdeführers seien die Ausführungen in der Bescheidbegründung nur vage. Die belangte Behörde habe diesbezüglich kategorische Behauptungen aufgestellt, bei welchen es sich nur um "floskelhafte" Bemerkungen handeln könne und die nicht dem konkreten Arbeitsplatz des Beschwerdeführers entsprächen. Seinen Einwendungen vom 4. Juni 2009 habe er die Bestätigung seines Hausarztes beigelegt, in der attestiert werde, dass er wieder zur Gänze arbeitsfähig wäre. Die belangte Behörde gehe hierauf mit keinem Wort ein und behaupte, dass nach der Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes fallweise schweres Heben und Tragen nicht zulässig wäre. Der Begründung des angefochtenen Bescheides könne jedoch nicht entnommen werden, bei welchen konkreten Tätigkeiten auf dem Arbeitsplatz des Beschwerdeführers das Leistungserfordernis "schweres Heben und Tragen" relevant sein solle und es fehle ebenso die Angabe der Höhe des prozentuellen Ausmaßes dieser Verrichtung. Diesbezüglich könnte lediglich das Montieren von Schneeketten auf dem Dienstfahrzeug ins Treffen geführt werden, doch selbst diese Tätigkeit könne der Beschwerdeführer einschränkungsfrei bewältigen und sei deren Ausmaß mit weniger als 1 % der zu verrichtenden Tätigkeiten anzusiedeln.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Recht.

§ 14 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 - BDG 1979, lautet, soweit im Beschwerdefall von Relevanz, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 820/1995 und des Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetzes, BGBl. I Nr. 90/2006:

"§ 14. (1) Der Beamte ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.

...

(3) Der Beamte ist dienstunfähig, wenn er infolge seiner gesundheitlichen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage der Dienstunfähigkeit des Beamten - auch nach der Novellierung des § 14 Abs. 3 BDG 1979 durch das Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz - zunächst in Ansehung seines aktuellen bzw. des zuletzt innegehabten Arbeitsplatzes zu prüfen. Darunter ist jener Arbeitsplatz zu verstehen, welcher ihm zuletzt dienstrechtlich wirksam zugewiesen war. Maßgebend für eine Ruhestandsversetzung ist daher die Klärung der Frage der Dienstfähigkeit unter konkreter Bezugnahme auf die dienstlichen Aufgaben an diesem Arbeitsplatz (Primärprüfung). Ergibt diese, dass der Beamte nicht mehr in der Lage ist, die konkreten dienstlichen Aufgaben seines Arbeitsplatzes in diesem Sinn zu erfüllen, ist zu prüfen, ob die Möglichkeit einer Zuweisung eines tauglichen Verweisungsarbeitsplatzes nach § 14 Abs. 3 BDG 1979 in Betracht kommt (Sekundärprüfung). Dabei spielt unter anderem auch die körperliche und geistige (nunmehr: der gesundheitlichen) Verfassung des Beamten und die Gleichwertigkeit des Verweisungsarbeitsplatzes eine Rolle. Bei der Prüfung der Gleichwertigkeit ist von jener Verwendungsgruppe auszugehen, in die der Beamte ernannt worden ist. Dabei sind alle Tätigkeiten der betreffenden Verwendungsgruppe und deren Anforderungen in physischer und psychischer (nunmehr: gesundheitlicher) Hinsicht im Wirkungsbereich der jeweiligen obersten Dienstbehörde anzuführen und anzugeben, ob der Beamte auf Grund der festgestellten Restarbeitsfähigkeit im Stande ist, diese Tätigkeiten auszuüben, wobei es vorerst nicht darauf ankommt, ob diese Arbeitsplätze frei sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. März 2010, Zl. 2009/12/0088, mwN).

Die Frage, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt oder nicht, ist eine Rechtsfrage, die nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse Feststellungen über einen Gesundheitszustand des Beamten trifft und die Auswirkungen bestimmt, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergeben. Dabei ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung des Kriteriums "dauernd" zu ermöglichen, auch eine Prognose zu erstellen. Die Dienstbehörde hat anhand der dem Gutachten zu Grunde gelegten Tatsachen die Schlüssigkeit des Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2004/12/0095, mwN).

Diese Ausführungen zur Funktion des medizinischen Sachverständigen im Ruhestandsversetzungsverfahren gelten ohne jede Einschränkung auch für Befund und Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt wie sie in § 14 Abs. 4 zweiter Satz BDG 1979 vorgesehen ist (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 12. November 2008, Zl. 2007/12/0115, mwN).

Die Frage der Dienstunfähigkeit (d.h. der Unfähigkeit zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben am konkreten Arbeitsplatz bzw. auf einem Verweisungsarbeitsplatz) ist dem Grunde nach auch dann zu bejahen, wenn durch die dienstliche Tätigkeit regelmäßig beachtliche Schmerzzustände hervorgerufen werden und daraus noch dazu eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu erwarten ist. Diese Umstände müssen in einem ordnungsgemäßen Verfahren objektiviert werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. November 2008, Zl. 2007/12/0115, mwN).

Die Beschwerde verweist - zutreffend - darauf, dass die Begründung des angefochtenen Bescheides der im Sinne der eingangs wiedergegebenen Rechtsprechung gebotenen konkreten Bezugnahme auf die dienstlichen Aufgaben des vom Beschwerdeführer zuletzt inne gehabten Arbeitsplatzes als "Facharbeiter/Berufskraftfahrer" mangelt, wenn - wie offensichtlich schon in der eingangs genannten Erledigung vom 26. Mai 2009 - lediglich auf die Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes rekurriert wird, wonach "(d)as Leistungskalkül der ÖBB ... nicht erreicht" werde und "fallweise schweres Heben und Tragen ... nicht zulässig" sei. Damit traf der angefochtene Bescheid keine konkreten Feststellungen über die dem Beschwerdeführer auf dem von ihm zuletzt innegehabten Arbeitsplatz abgeforderten dienstlichen Aufgaben, insbesondere, im Rahmen welcher Tätigkeit ihm dort auch fallweise schweres Heben und Tragen abverlangt worden wäre.

Dass das in Rede stehende "Leistungskalkül der ÖBB" konkret bedeutete, dass vom Beschwerdeführer auf seinem Arbeitsplatz als "Facharbeiter/ Berufskraftfahrer" fallweise schweres Heben und Tragen verlangt werde, was ihm auf Grund seines eingeschränkten Gesundheitszustandes nicht möglich wäre, war aus der auszugsweisen Wiedergabe der Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes im Vorhalt vom 26. Mai 2009 nicht zu erschließen, weshalb dem nunmehrigen Beschwerdevorbringen einer unzureichenden Begründung der konkreten Tätigkeiten auf dem Arbeitsplatz und der von ihm behaupteten Fähigkeit eine Tätigkeit, mit der eine solche Anforderung (auch nach seinem Vorbringen) verbunden ist (Montieren von Schneeketten am Dienstfahrzeug), bewältigen zu können, das Neuerungsverbot nicht entgegensteht. Trifft diese Behauptung im Zusammenhang mit seinem bereits im Verwaltungsverfahren erstatteten durch die Vorlage einer ärztlichen Bestätigung vom 4. Juni 2009 untermauerten Vorbringen zu, er habe seine Arbeitsfähigkeit wiedererlangt, ist nicht von vornherein ein aus seiner Sicht für ihn günstigeres Ergebnis auszuschließen. Auf das prozentuelle Ausmaß von mit der Verwendung als Buschauffeur jedenfalls verbundenen Teiltätigkeiten mit einem solchen Anforderungsprofil, die allerdings ihrer Art nach im Bescheid und nicht in der Gegenschrift (zur mangelnden Sanierung der "Nachholung" einer mangelnden Begründung in der Gegenschrift vgl. etwa die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 607 referierte Judikatur) zu umschreiben gewesen wären, kommt es nicht an.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 30. Juni 2010

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