VfGH G230/2021

VfGHG230/202130.6.2022

Verfassungswidrigkeit zweier Bestimmungen des ABGB auf Grund Diskriminierung der "anderen Elternschaft" bei weiblichen gleichgeschlechtlichen Paaren; keine Möglichkeit zur Begründung der "anderen Elternschaft" durch die Partnerin der Mutter bei einer "Heiminsemination", sondern nur nach Vornahme einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung an der Mutter; Diskriminierung nach dem Geschlecht und der sexuellen Orientierung durch Gewährung des Schutzes der sozialen Familie bei gleichgeschlechtlicher Ehe oder eingetragener Partnerschaft nur bei medizinisch unterstützter Fortpflanzung; erbrechtliche Schlechterstellung von Kindern der "Heiminsemination" verletzt das Kindeswohl

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
BVG über die Rechte von Kindern
EMRK Art8
EMRK Art14
StGG Art2
ABGB §144, §145
PersonenstandsG 2013 §1, §2, §9, §11
FortpflanzungsmedizinG §3, §8, §11, §20
VfGG §7 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2022:G230.2021

 

Spruch:

I. §144 sowie der zweite Satz und die Wortfolge "mit den nötigen Nachweisen " in §145 Abs1 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB), JGS Nr 946/1811, idF BGBl I Nr 35/2015 werden als verfassungswidrig aufgehoben.

II. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2023 in Kraft.

III. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

IV. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1. Die Beschwerdeführerin des zu E4420/2020 beim Verfassungsgerichtshof protokollierten, auf Art144 Abs1 B‑VG gestützten Beschwerdeverfahrens lebt in einer eingetragenen Partnerschaft. Die Partnerin brachte am 18. Dezember 2019 ein – nicht im Wege medizinisch unterstützter Fortpflanzung gezeugtes – Kind zur Welt. Mit Bescheid vom 10. Februar 2020 wies der Magistrat der Stadt Wien den Antrag auf Eintragung der Beschwerdeführerin als Elternteil in das Zentrale Personenstandsregister gemäß §11 Abs1 PStG 2013 iVm §144 Abs2 und 3 sowie §145 Abs1 ABGB ab. Diese Entscheidung bestätigte das Verwaltungsgericht Wien mit Erkenntnis vom 22. Oktober 2020.

2. Bei der Behandlung der gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien erhobenen Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B‑VG sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §144 sowie des zweiten Satzes und der Wortfolge "mit den nötigen Nachweisen " in §145 Abs1 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten deutschen Erbländer der Oesterreichischen Monarchie, JGS 946/1811, idF BGBl I 35/2015 entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 24. Juni 2021 beschlossen, diese Gesetzesbestimmungen von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

3. Zur Zulässigkeit und zum Umfang des Gesetzesprüfungsverfahrens führte der Verfassungsgerichtshof aus:

"[…] Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig sein dürfte. Insbesondere dürfte das Verwaltungsgericht Wien bei Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses die (mit) in Prüfung gezogenen Bestimmungen des ersten Halbsatzes sowie der Z1 in §144 Abs2 ABGB ebenso angewendet haben wie auch der Verfassungsgerichtshof diese Bestimmungen bei seiner Entscheidung über die Beschwerde anzuwenden haben dürfte. Diese Bestimmungen dürften mit den (des weiteren) in Prüfung gezogenen Bestimmungen des §144 ABGB ebenso jedenfalls in einem Regelungszusammenhang stehen wie die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des §145 Abs1 ABGB. Ob, sollten sich die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes im Gesetzesprüfungsverfahren als zutreffend herausstellen, mit einer Aufhebung nur von Teilen der in Prüfung gezogenen Bestimmungen das Auslangen gefunden werden kann, ist im Zuge der Sachentscheidung im Gesetzesprüfungsverfahren zu klären (siehe VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016)."

4. Seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahren bestimmt haben, legte der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"[…] Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen scheinen nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes zunächst deswegen gegen Art14 iVm Art8 EMRK und gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art7 Abs1 B‑VG zu verstoßen, weil sie die Elternschaft als 'anderer Elternteil' nur unter der Voraussetzung ermöglichen, dass an der Mutter innerhalb von nicht mehr als 300 und nicht weniger als 180 Tagen vor der Geburt eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt wurde, womit eine solche Elternschaft als 'anderer Elternteil' – anders als für den Vater in einer verschiedengeschlechtlichen Beziehung nach §144 Abs1 ABGB – ausgeschlossen sein dürfte, wenn das Kind auf natürlichem Wege, etwa durch 'Heiminsemination' gezeugt wurde. Dies scheint dem Verfassungsgerichtshof vorläufig gegen das Verbot der Diskriminierung nach der sexuellen Orientierung zu verstoßen, weil er vorerst keine besonders schwerwiegenden Gründe erkennen kann, die eine solche gesetzliche Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten […].

 

Ein Verstoß gegen Art8 iVm Art14 EMRK sowie gegen Art7 Abs1 B‑VG scheint einstweilen auch deswegen vorzuliegen, weil die in Prüfung gezogenen Bestimmungen dem in eine (eingetragene) Partnerschaft zweier Partnerinnen durch natürliche Fortpflanzung geborenen Kind die Zuordnung zur Partnerin der Mutter als 'anderer Elternteil' auch dann verwehren dürften, wenn der biologische Vater, insbesondere auch deswegen, weil er die Verantwortung der Elternschaft nicht übernehmen will, unbekannt ist. Dem Kind dürfte somit auch in dieser Situation auf Grund der in Prüfung gezogenen Bestimmungen zwingend nur eine entsprechende Rechtsbeziehung zu einem Elternteil, der Mutter, zukommen können. Aus diesem Grund scheinen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen auch gegen Art1 Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern (im Folgenden: BVG Kinderrechte), BGBl I 4/2011, zu verstoßen […].

 

Schließlich scheinen die angefochtenen Bestimmungen auch deswegen gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art7 Abs1 B‑VG zu verstoßen, weil sie die Möglichkeit der Elternschaft als 'anderer Elternteil' für die Partnerin der Mutter jedenfalls dem Wortlaut nach nur vorsehen dürften, wenn Partnerin und Mutter in eingetragener Partnerschaft stehen, nicht aber, wenn sie in aufrechter Ehe verheiratet sind […].

 

[…] Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig von folgendem Verständnis der maßgeblichen Rechtslage aus:

 

Nach §144 Abs2 ABGB ist die Frau Elternteil, die mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes in eingetragener Partnerschaft verbunden ist oder als eingetragene Partnerin der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist (§144 Abs2 Z1 ABGB) oder die die Elternschaft anerkannt hat (§144 Abs2 Z2 ABGB) oder deren Elternschaft gerichtlich festgestellt ist (§144 Abs2 Z3 ABGB). Voraussetzung ist in jedem Fall, dass – §144 Abs2 erster Halbsatz ABGB – 'an der Mutter innerhalb von nicht mehr als 300 und nicht weniger als 180 Tagen vor der Geburt eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt worden' ist.

 

Diese durch das Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetz 2015 (FMedRÄG 2015), BGBl I 35/2015, eingeführte 'andere Elternschaft' bei weiblichen gleichgeschlechtlichen Paaren ist grundsätzlich der Regelung der Abstammungsgründe vom Vater nach §144 Abs1 ABGB nachgebildet. §144 Abs3 ABGB erklärt daher die auf den Vater und die Vaterschaft Bezug nehmenden Bestimmungen auch grundsätzlich als auf die Frau als 'anderer Elternteil' sinngemäß für anwendbar. Der im vorliegenden Zusammenhang entscheidende Unterschied besteht darin, dass gemäß §144 Abs2 ABGB die Partnerin nur 'anderer Elternteil' werden kann, wenn an der Mutter innerhalb der festgelegten Zeitspanne vor der Geburt eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt worden ist, was auch in den Anordnungen des §145 Abs1 ABGB Niederschlag gefunden hat.

 

Der Mann, der mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet ist (oder als Ehemann der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist), gilt rechtlich als Vater bzw kann ein Mann die Vaterschaft anerkennen, auch wenn das Kind von einem Dritten, und zwar auch nicht im Wege medizinisch unterstützter Fortpflanzung, gezeugt wurde. Die Rechtsordnung schützt in diesen Fällen die soziale Familie vor einem 'sich hineindrängenden' biologischen Vater insoweit, als ein, die nach §144 Abs1 ABGB feststehende Vaterschaft 'durchbrechendes Anerkenntnis' des biologischen Vaters nur mit Zustimmung des Kindes (im Fall seiner Minderjährigkeit vertreten durch den Kinder- und Jugendhilfewohlfahrtsträger und unter Zustimmung der Mutter durch Bezeichnung des Anerkennenden als Vater) möglich ist (§147 Abs2 ABGB) und dem biologischen Vater in diesem Fall ein Antragsrecht auf gerichtliche Feststellung der Abstammung nicht zukommt, sondern nur dem Kind (§150 ABGB).

 

Im Fall der Drittsamenspende nach den Regelungen des FMedG ist Anknüpfungspunkt der abstammungsrechtlichen Regelungen die der Rechtsform des Notariatsaktes bedürftige Zustimmung des Mannes zur Zeugung des Kindes mit dem Samen eines Spenders (vgl §148 Abs3 ABGB), sofern hier nicht ohnedies §144 Abs1 Z1 bzw Z2 ABGB greift (womit dem Mann auch die Feststellung der Nichtabstammung gemäß §152 ABGB verwehrt ist; im Fall der Vaterschaft kraft Anerkenntnisses steht dann die Möglichkeit der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Anerkenntnisses gemäß §154 Abs1 Z2 ABGB nicht zu).

 

Umgekehrt kann gemäß §148 Abs4 ABGB der Drittsamenspender (im Sinne des §148 Abs3 ABGB) nicht als Vater des mit seinem Samen gezeugten Kindes festgestellt werden, wenn er seinen Samen einer für medizinisch unterstützte Fortpflanzungen zugelassenen Krankenanstalt mit dem Willen überlassen hat, nicht selbst als Vater eines mit diesem Samen gezeugten Kindes festgestellt zu werden.

 

[…] Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen scheinen somit nach vorläufiger Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine unterschiedliche Behandlung der Partnerin der Mutter (zumindest in eingetragener Partnerschaft[…]) in Bezug auf ihre rechtliche Stellung als 'anderer Elternteil' gegenüber dem Mann in einer vergleichbaren verschiedengeschlechtlichen Partnerschaft (bzw Ehe) zu bewirken, weil die Festlegung der Partnerin der Mutter als 'anderer Elternteil' damit im Fall der natürlichen Zeugung des Kindes jedenfalls, also auch durch Anerkenntnis oder gerichtliche Feststellung, ausgeschlossen sein dürfte. Die Stellung eines rechtlichen Elternteiles gegenüber dem Kind dürfte die Partnerin in derartigen Konstellationen somit nur im Wege der sogenannten 'Stiefkindadoption' (siehe §197 Abs4 ABGB), die weder die Pflicht noch das Recht dieser Frau darstellt (Bernat, Die zivilrechtlichen Folgen der medizinisch unterstützten Fortpflanzung, FS Eccher, 2017, 43 [55]), erlangen können.

 

Diese Ungleichbehandlung dürfte an der sexuellen Orientierung der Partnerin der Mutter anknüpfen und somit eine grundsätzlich nach Art14 iVm Art8 EMRK bzw Art7 Abs1 B‑VG verpönte Diskriminierung darstellen (siehe im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz zu am Geschlecht anknüpfenden gesetzlichen Differenzierungen VfSlg 19.866/2014, 19.899/2014 sowie im Hinblick auf Art14 iVm Art8 EMRK zu einer nach der sexuellen Orientierung differenzierenden Regelung VfSlg 19.758/2013), wenn nicht besonders schwerwiegende Gründe eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigen.

 

[…] Eine solche Rechtfertigung scheint dem Verfassungsgerichtshof vorläufig fraglich zu sein (in der Literatur wird die in Rede stehende Ungleichbehandlung überwiegend als gleichheitswidrig erachtet, siehe etwa Stormann, §144 ABGB, in: Schwimann/Kodek [Hrsg.], ABGB: Praxiskommentar I5, Juli 2018; Gottscha-mel/Kratz-Lieber, Verfassungsrechtliche Fragen im Abstammungsrecht nach dem FMedRÄG 2015, ÖJZ 2015, 917; Bernat, Die abstammungsrechtliche Zuordnung eines Kindes, das während aufrechter Ehe zweier Frauen geboren wird, EF‑Z 2019, 200 [203 f. mwN]; Wendehorst sieht 'massive verfassungsrechtliche Bedenken', wobei in diesem 'verfassungsrechtlichen Grenzfall' für sie allerdings 'die besseren Argumente dafür zu sprechen scheinen, dass die Regelung gerade noch verfassungsrechtlich haltbar ist', siehe Wendehorst, Medizinisch unterstützte Fortpflanzung und Abstammungsrecht, in: Arnold/Bernat/Kopetzki [Hrsg.], Das Recht der Fortpflanzungsmedizin 2015 – Analyse und Kritik, 2016, 103 [121 ff.]; für unter Gleichheitsgesichtspunkten gerechtfertigt halten die Regelung Ferrari, Medizinisch unterstützte Fortpflanzung und Elternschaft zweier Frauen, in: Barth/Erlebach [Hrsg.], Handbuch des neuen Fortpflanzungsmedizinrechts, 2015, 95; T. Maier, Ehefrau und eingetragene Partnerin der Mutter als Elternteil auch ohne medizinisch unterstützte Fortpflanzung?, EF‑Z 2019, 210; Pierer, Abstammung, in: Deixler-Hübner [Hrsg.], Handbuch Familienrecht2, 2020, 231 [288 f.]). Insbesondere scheinen vorläufig folgende Argumente gegen eine solche Rechtfertigung zu sprechen:

 

Die Gesetzesmaterialien, denen zufolge es sich um eine vom Gesetzgeber inten-dierte Unterscheidung handelt, verweisen zur Begründung der Ungleichbehand-lung von Vaterschaft und 'anderer Elternschaft' darauf, dass eine Gleichbehand-lung bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften notwendigerweise zum Auseinanderfallen von rechtlicher und biologischer Elternschaft führen müsse, womit die Anknüpfung an der (Zustimmung des 'anderen Elternteils' zur) medizinisch unterstützten Fortpflanzung insbesondere auch sicherstelle, dass dem Kind Regelungen insbesondere in §20 Abs2 FMedG zur Verfügung stünden, die sein Recht auf Kenntnis seiner genetischen Abstammung sichern würden (siehe Erläut zur RV des FMedRÄG 2015, 445 BlgNR 25. GP , 12 f.). Dem scheint freilich entgegengehalten werden zu können, dass dies voraussetze, dass die Mutter Auskunft über die einschlägige, nach dem FMedG zugelassene Krankenanstalt gebe (vgl Husslein/Bernat, Das durch Samenspende gezeugte Kind und die ärztliche Verschwiegenheitspflicht, RdM 2014, 328 [330]), womit das Recht nach §20 Abs2 FMedG in den Fällen, wo dies nicht erfolge, schwierig zur Anwendung zu bringen sein dürfte.

 

Weiters scheint einstweilen einer entsprechenden Rechtfertigung entgegenzu-stehen, dass die in einschlägigen Fällen zumeist intendierte soziale Familie von einer gesamthaften rechtlichen Anerkennung durch eine solche der Partnerin als 'anderer Elternteil' auch ausgeschlossen sein dürfte, wenn der biologische Vater eines auf natürlichem Wege gezeugten Kindes in der Sache ähnlich einem Dritt-samenspender bei der medizinisch unterstützten Fortpflanzung (der gerade keine eigene Familie gründen möchte, siehe Erlebach, Rechte des Kindes nach Samen- und Eizellspende, in: Barth/Erlebach [Hrsg.], Handbuch des neuen Fortpflanzungsmedizinrechts, 2015, 243 [259]) zu erkennen gibt, kein Interesse an einer Elternschaft zu haben. Vor dem Hintergrund des diesbezüglichen Selbstbestimmungsrechtes der Mutter nach Art8 EMRK scheint dem Verfassungsgerichtshof vorläufig keine Rechtfertigung dafür zu bestehen, die Mutter, will sie diesen Schutz der sozialen Familie in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft (bzw Ehe) verwirklichen, zwingend auf eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung festlegen zu müssen.

 

Im Gesetzesprüfungsverfahren wird in diesem Zusammenhang freilich zu erör-tern sein, inwieweit eine dem §148 Abs4 ABGB vergleichbare Regelung für Konstellationen, in denen das Kind während aufrechter eingetragener Partnerschaft (bzw Ehe) gleichgeschlechtlicher Partnerinnen auf natürlichem Wege gezeugt wird, und damit ein entsprechender Schutz der sozialen Familie aus Gründen der Rechte des biologischen Vaters oder aus sonstigen Erwägungen nicht vorgesehen werden könnte, und insoweit die (Zustimmung zur) medizinisch unterstützte(n) Fortpflanzung nach den Regelungen des FMedG für gleichgeschlechtliche (Ehe‑)Partner gerechtfertigterweise den alleinigen Zurechnungspunkt der Abstammung darstellen könnte.

 

[…] Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen scheinen dem Verfassungsgerichts-hof weiters aus dem Blickwinkel des Kindes vorläufig gegen seine Rechte aus Art8 EMRK bzw Art7 Abs1 B‑VG zu verstoßen. Dies insbesondere deswegen, weil dem Kind eine rechtliche Beziehung der Elternschaft und somit etwa unterhalts- oder erbrechtliche Ansprüche zur Partnerin der Mutter als 'anderer Elternteil' auch in den Fällen verwehrt sein dürften, in denen der biologische Vater auch bei natürlicher Zeugung, in der Sache vergleichbar dem Drittsamenspender bei der medizinisch unterstützten Fortpflanzung, davon ausgeht, dass ihm keine rechtliche Verantwortung für das durch seinen Samen gezeugte Kind zukommen werde. In diesen Fällen dürften die in Prüfung gezogenen Bestimmungen das Kind – entgegen den grundsätzlichen Intentionen des Abstammungsrechtes (siehe Pierer, aaO, 234) – auf die einschlägige Rechtsbeziehung zur Mutter beschränken, auch weil diese – auch zum Schutz der sozialen Familienbeziehung – das Recht hat, den Namen des Vaters nicht bekannt zu geben (siehe §149 Abs1 ABGB). Ungeachtet einer bestehenden sozialen Familienrealität dürfte das Kind damit rechtlich auf einen Elternteil beschränkt sein. Für diese Ungleichbehandlung im Sinne des Art7 Abs1 B‑VG bzw des Art14 EMRK iVm Art8 EMRK und Beschränkung der Rechte des Kindes aus Art8 EMRK scheint dem Verfassungsgerichtshof vorläufig insbesondere angesichts des Umstandes keine ausreichende Rechtfertigung vorzuliegen, dass der Vater in einer verschiedengeschlechtlichen Beziehung seine rechtliche Vaterschaft, um einer entsprechenden sozialen Familienrealität Rechnung zu tragen, auch anerkennen kann, wenn ihm (und der Mutter) bewusst ist, dass ein anderer der biologische Vater des Kindes ist. Damit scheinen dem Verfassungsgerichtshof vorläufig die in Prüfung gezogenen Bestimmungen aber auch dem Schutzanspruch des Kindes nach Art1 BVG Kinderrechte nicht angemessen Rechnung zu tragen.

 

[…] §144 Abs2 Z1 ABGB knüpft die Stellung der Partnerin der Mutter als 'anderer Elternteil' neben den soeben erörterten Voraussetzungen, jedenfalls nach dem Wortlaut der Bestimmung, auch daran, dass die Frau mit der Mutter im relevanten Zeitpunkt bzw Zeitraum in eingetragener Partnerschaft verbunden ist. Dass Vergleichbares für die Frau, die mit der Mutter verheiratet ist, nicht vorgesehen sein dürfte, scheint einer sachlichen Rechtfertigung zu entbehren. Hier wird im Gesetzesprüfungsverfahren freilich zu prüfen sein, ob eine solche mögliche Ungleichbehandlung im Gefolge des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 20.225/2017 nicht durch eine entsprechend verfassungskonforme Auslegung vermieden werden müsste (wobei aber zu erörtern sein dürfte, ob als Anknüpfungspunkt für eine verfassungskonforme Interpretation §144 Abs1 Z1 oder §144 Abs2 Z1 ABGB zu wählen sei, vgl T. Maier, aaO, 212)."

5. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie zunächst von der Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens ausgeht. In der Sache bringt die Bundesregierung Folgendes vor (ohne Hervorhebungen im Original):

"Zu den Bedenken betreffend das Fehlen einer §144 Abs2 Z1 ABGB entsprechenden Regelung für eine mit der Mutter verheiratete[n] Frau:

 

[…] Soweit der Verfassungsgerichtshof die Gleichheitswidrigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen in Bezug auf den Unterschied zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft vermutet, ist dem Folgendes entgegenzuhalten:

 

[…] Der Gesetzgeber hat das Institut der Ehe und jenes der eingetragenen Partnerschaft im Wesentlichen zwar inhaltsgleich geregelt. Die unterschiedliche Bezeichnung trägt jedoch der unterschiedlichen Institutionalisierung der beiden Arten der Verbindung zweier Menschen Rechnung. Nach Ansicht der Bundesregierung steht es der Gesetzgebung innerhalb ihres rechtspolitischen Gestaltungsspielraums frei, Unterschiede zwischen dem Institut der Ehe und der eingetragenen Partnerschaft vorzusehen:

 

Während in Abstammungssachen bei einer Ehe nach dem Wortlaut des §144 Abs1 Z1 ABGB zur Anwendung kommt, ist bei einer eingetragenen Partnerschaft §144 Abs2 Z1 ABGB anzuwenden. Die unterschiedliche Ausgestaltung dieser beiden Institute stellt für sich genommen jedoch keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar.

 

[…] Dem Verfassungsgerichtshof ist zuzustimmen, dass zwei Varianten partnerschaftlicher Gemeinschaften nicht ausdrücklich in §144 ABGB geregelt sind, obwohl diese seit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 20.225/2017 möglich sind, nämlich eine eingetragene Partnerschaft zwischen Mann und Frau und eine Ehe zwischen zwei Frauen. Vor diesem Hintergrund der nunmehr geltenden Rechtlage ist die in Prüfung gezogene Bestimmung des §144 ABGB nach Auffassung der Bundesregierung verfassungskonform so auszulegen, dass auch eine verschiedengeschlechtliche eingetragene Partnerschaft sowie eine Ehe zwischen zwei Frauen davon erfasst sind.

 

Im Einzelnen gilt dabei nach Auffassung der Bundesregierung Folgendes:

 

[…] Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist aufgrund von §2 FMedG nur dann zulässig, wenn eine Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr nicht erfolgen kann. Soweit eine eingetragene Partnerschaft aus Mann und Frau besteht und beide zeugungsfähig sind, gibt es somit für die betroffenen Personen keine Möglichkeit einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung. Daher kann für diesen Fall im Sinn einer verfassungskonformen Interpretation nicht §144 Abs2 Z1 ABGB als Anknüpfungspunkt herangezogen werden, weil dies in vielen Fällen dazu führen würde, dass der eingetragene Partner der Frau keine Möglichkeit hätte, Elternteil des Kindes seiner Partnerin zu werden. Es stünde nur die Stiefkindadoption offen.

 

[…] Der gegenständliche Ausgangsfall einer eingetragenen Partnerschaft zweier Frauen ist dagegen anders zu beurteilen, weil §2 Abs2 Z3 FMedG eine solche Verbindung zweier Frauen geradezu den Paradefall für die Möglichkeit einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung darstellt.

 

Wird nun für die Konstellation einer eingetragenen Partnerschaft zwischen Mann und Frau §144 Abs1 Z1 ABGB herangezogen, womit es keiner medizinisch unterstützten Fortpflanzung für eine Anerkennung als anderer Elternteil bedürfte, wird klar, dass die Unterscheidung zwischen Ehe in §144 Abs1 Z1 ABGB und eingetragene[r] Partnerschaft in §144 Abs2 Z1 ABGB letztlich nicht primär eine Unterscheidung in den beiden Instituten Ehe und eingetragene Partnerschaft schaffen wollte. Vielmehr ist das zum Zeitpunkt der Erlassung dieser Bestimmung bestehende Verständnis, dass eine Ehe nur zwischen Mann und Frau bestehen könne und gleichgeschlechtliche Paare auf eine eingetragene Partnerschaft verwiesen wären, dafür maßgeblich. In der Literatur wird dementsprechend eine analoge Anwendung des §144 Abs1 Z1 ABGB für Kinder von Eltern, die in einer verschiedengeschlechtlichen eingetragenen Partnerschaft leben, vertreten, insbesondere weil dies aus Sicht des Kindes geboten sei (vgl Hopf/Höllwerth in KBB6 §144 ABGB Rz. 2; differenziert Kutscher/Wildpert, Personenstandsrecht2 §144 ABGB Anm. 12; aA Nademleinsky in Schwimann/Neumayr, ABGB Taschenkommentar5 §144 ABGB Rz. 6).

 

[…] Im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber bei der Differenzierung zwischen §144 Abs1 Z1 und §144 Abs2 Z1 ABGB primär die Unterscheidung in gleichgeschlechtliche und verschiedengeschlechtliche Paare im Auge hatte, ist für eine Frau, die mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, als Anknüpfungspunkt für die verfassungskonforme Interpretation §144 Abs2 Z1 ABGB heranzuziehen, somit jene Bestimmung, die bereits jetzt für eine eingetragene Partnerschaft zweier Frauen gilt (vgl Hopf/Höllwerth in KBB6 §144 ABGB Rz. 4).

 

[…] Im Ergebnis bedeutet dies, dass Verbindungen von Mann und Frau in Form einer Ehe oder eingetragenen Partnerschaft in verfassungskonformer Interpretation dazu führen, dass der Ehemann oder Partner der Mutter gemäß §144 Abs1 Z1 ABGB als Vater anzusehen ist, während es bei Verbindungen zweier Frauen in Form einer Ehe oder eingetragenen Partnerschaft auf die Durchführung einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung im Sinn des §144 Abs2 Z1 ABGB ankommt (so im Ergebnis auch T. Maier, Ehefrau und eingetragene Partnerin der Mutter als Elternteil auch ohne medizinisch unterstützte Fortpflanzung? EF‑Z 2019/111, 212). Dieses Verständnis der Bestimmungen wird auch dadurch gestärkt, dass in §144 Abs1 ABGB ausdrücklich auf den 'Vater' Bezug genommen wird (vgl Bernat, Die abstammungsrechtliche Zuordnung eines Kindes, das während aufrechter Ehe zweier Frauen geboren wird, EF‑Z 2019/109, 203; vgl zur ähnlichen deutschen Rechtslage Reuß, Das Abstammungsrecht auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand, FamRZ 2021, 824), während in §144 Abs2 ABGB von einer Frau, die 'anderer Elternteil' wird, die Rede ist.

 

[…] Zu den Bedenken betreffend die Voraussetzung der Durchführung einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung in §144 Abs2 ABGB:

 

[…] Zur vorläufigen Annahme der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bzw der sexuellen Orientierung

 

[…] Nach Ansicht der Bundesregierung liegt entgegen der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bzw der sexuellen Orientierung aus folgenden Gründen nicht vor:

 

[…] Die Bestimmung des §144 Abs1 Z1 ABGB knüpft daran an, dass der Ehemann der Mutter zugleich auch der biologische Vater des Kindes ist (vgl Schmid, Die eingetragene Partnerin als weiterer Elternteil bei medizinisch unterstützter und nicht medizinisch unterstützter Fortpflanzung – §144 ABGB de lege lata et ferenda, JMG 2017, 226 [226]; bereits im römischen Recht war der Grundsatz 'Pater vero is est, quem nuptiae demonstrant', also 'Vater ist, wer durch die Heirat als solcher erwiesen ist', verankert). Diese Regelung spiegelt in der Regel die tatsächlichen Verhältnisse wider, weshalb der Gesetzgeber daran auch gewisse Rechtsfolgen knüpfen kann. Der absolut zeugungsunfähige Mann stellt nur eine Ausnahme dar (vgl Ferrari in Barth/Erlebach, Handbuch des neuen Fortpflanzungsmedizinrechts, 98).

 

[…] Eine Vermutung, dass das Kind von der Ehegattin oder Partnerin der Mutter abstammt, kann hingegen nicht aufgestellt werden, weshalb §144 Abs2 Z1 ABGB auch nicht daran anknüpft. Jede Frau ist zeugungsunfähig (vgl Ferrari, aaO, 99). Demgegenüber mag die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind aus einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung abstammt, bei der eingetragenen Partnerin der Frau oder einer anerkennenden Frau zwar ähnlich hoch sein wie die Wahrscheinlichkeit der biologischen Abstammung beim Ehegatten der Mutter oder einem anerkennenden Mann (vgl Wendehorst, Medizinisch unterstützte Fortpflanzung und Abstammungsrecht, in Arnold/Bernat/Kopetzki, Das Recht der Fortpflanzungsmedizin 2015 – Analyse und Kritik, 121). Sollte allerdings nicht an das Erfordernis der medizinisch unterstützten Fortpflanzung für die Elternschaft nach §144 Abs2 ABGB angeknüpft werden, kann man diesen Vergleich der Wahrscheinlichkeiten, wie ihn Wendehorst vorsieht, nicht heranziehen, weil diesem sodann die Vergleichsgrundlage entzogen wäre. Auch der Umstand, dass bei der medizinisch unterstützten Fortpflanzung ebenso feststeht, dass die Partnerin der Mutter nicht biologischer Elternteil sein kann (vgl Gottschamel/Kratz-Lieber, Verfassungsrechtliche Fragen im Abstammungsrecht nach dem FMedRÄG 2015, ÖJZ 2015/124, 920), vermag daran nichts zu ändern, weil mit dieser Argumentation allgemein die Möglichkeit der Elternschaft aufgrund medizinisch unterstützter Fortpflanzung in Frage gestellt wird.

 

[…] In diesem Zusammenhang verweist die Bundesregierung auf den Unzulässigkeitsbeschluss des EGMR in der Rechtssache Boeckel und Gessner-Boeckel gegen Deutschland, dem die Verweigerung der Eintragung der Elternschaft im Rahmen einer eingetragenen Partnerschaft zweier Frauen in die Geburtsurkunde des Kindes der einen Partnerin zugrunde lag. Der EGMR wurde in diesem vergleichbaren Fall von zwei in Deutschland lebenden eingetragenen Lebenspartnerinnen angerufen. Diese erachteten sich dadurch beschwert, dass die deutschen Behörden der Partnerin der Mutter die Eintragung in die Geburtsurkunde verwehrten. Auch der EGMR konzediert, dass keine Tatsachengrundlage für die gesetzliche Vermutung bestehe, dass das Kind von der Partnerin der Mutter abstammt. Er gelangte zu dem Schluss, dass nicht gesagt werden könne, dass die Beschwerdeführerinnen sich im Hinblick auf die zum Zeitpunkt der Geburt vorgenommenen Eintragungen in die Geburtsurkunde in einer in erheblichem Maße vergleichbaren Situation befanden wie [verschiedengeschlechtliche] Ehepartner. Daher sei nicht ersichtlich, dass Art14 iVm. Art8 EMRK verletzt worden wäre (EGMR 7.5.2013, Boeckel/Gessner-Boeckel gg. Deutschland, Appl 8017/11, Z31).

 

[…] Auch der deutsche Bundesgerichtshof sprach in einem Beschluss aus, dass die mit §144 Abs1 ABGB vergleichbare Regelung des §1592 Nr 1 dBGB an Kriterien anknüpfe, die im Regelfall denjenigen Mann als rechtlichen Vater erfassen, von dem das Kind biologisch abstammt. Der Umstand, dass dies in der Lebenswirklichkeit im Einzelfall unzutreffend sein kann, beseitige nicht die Richtigkeit der regelhaften Annahme. Eine entsprechende Vermutung könne allerdings nicht für die mit der Kindesmutter verheiratete Frau begründet werden (BGH Beschluss vom 10.10.2018, XII ZB 231/18 = NJW 2019, 153; krit. Kaulbach/Pickenhahn/Von Scheliha, Kann die Ehefrau der Mutter Vater werden? FamRZ 2019, 768).

 

[…] In diesem Auseinanderklaffen von gesetzlicher Vorwegnahme und Wirklichkeit, wie dies in den Gesetzesmaterialien betont wird (RV 445 BlgNR XXV. GP 12), besteht nach Ansicht der Bundesregierung ein wesentlicher Unterschied, der eine unterschiedliche Regelung sachlich rechtfertigt und in diesem Sinn keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung darstellt. Die grundsätzliche Eignung des Mannes zur natürlichen Zeugung rechtfertigt es daher, die Vaterschaft an weniger strenge Voraussetzungen zu knüpfen als die Elternschaft der Frau, die das Kind nicht geboren hat (vgl Ferrari, aaO, 99; aA Schmid, JMG 2017, 226 [227]). Durch die Regelung wird für ein gleichgeschlechtliches Paar zugleich die Möglichkeit geschaffen, sich den Kinderwunsch abseits der Adoption oder der Pflegeelternschaft durch eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit Hilfe einer Samenspende Dritter zu erfüllen.

 

[…] Die in §144 Abs2 ABGB normierte Voraussetzung der Durchführung einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung liegt überdies im Interesse des Kindeswohles und ist daher auch aus diesem Grund sachlich gerechtfertigt […].

 

[…] Zu den Bedenken aus der Sicht des Kindes:

 

[…]

 

Nach Ansicht der Bundesregierung verfolgt die Gesetzgebung mit den in Prüfung gezogenen Regelungen das legitime Ziel der Wahrung des Kindeswohls und die in Prüfung gezogenen Bestimmungen stehen auch nicht in Widerspruch zu Art8 EMRK oder Art7 B‑VG bzw Art14 iVm Art8 EMRK:

 

[…] Recht des Kindes auf Eltern:

 

[…] Gleichgeschlechtliche Eltern sind im Hinblick auf die Zeugung eines Kindes auf eine Drittsamenspende angewiesen. Damit kommen – neben der Mutter – als möglicher weiterer Elternteil der Drittsamenspender als Vater und die Partnerin oder Ehegattin der Mutter als anderer Elternteil in Betracht. Wenn nun in Ermangelung einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung das Gesetz nicht die Partnerin oder Ehegattin der Mutter als anderen Elternteil vorsieht, kommt weiterhin der Drittsamenspender als Vater in Betracht.

 

Letztlich ist es daher nur das Recht der Mutter, den Vater nicht zu benennen, welches dem Kind in einem Fall wie dem Ausgangssachverhalt zwei Elternteile verwehren würde. Denn trotz eingetragener Partnerschaft mit einer anderen Frau besteht für die Mutter die Möglichkeit, den leiblichen Vater als solchen zu benennen. Der Vater wiederum kann sich nicht darauf berufen, nicht als Vater festgestellt zu werden, weil dies §148 Abs4 ABGB nur für den Fall einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung vorsieht. Die Bezeichnung des Vaters und damit die Feststellung der Vaterschaft ist nur dann nicht realistisch bzw faktisch unmöglich, wenn die Möglichkeit anonymer Samenspenden über das Internet oder im Ausland unter Umgehung der Vorschriften des FMedG wahrgenommen wird. Eine derartige Vorgehensweise ist aber aus Sicht des Gesetzgebers nicht gewünscht.

 

[…] Sollte hingegen die Partnerin der Mutter durch Geburt des Kindes während aufrechter Partnerschaft – ohne Durchführung einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung gemäß dem FMedG – bereits aufgrund des Gesetzes anderer Elternteil werden, wären wohl auch die Bestimmungen über die Feststellung der Nichtabstammung entsprechend anzuwenden (§144 Abs3 iVm. §§151 ff. ABGB). Da das Kind biologisch gesehen nicht von der Partnerin der Mutter abstammen kann, könnte diese – zumindest in den ersten zwei Jahren nach Geburt des Kindes (vgl Schmid, aaO, 228) – einen Antrag auf Feststellung, dass das Kind nicht von ihr abstammt, stellen (§153 Abs1 ABGB). Diesem Antrag müsste, da die Abstammung nicht gegeben ist, auch regelmäßig Erfolg beschieden sein. Dies führt zu einer Ungewissheit für die Mutter, aber auch für das Kind (wird der Antrag gestellt?), die insbesondere aus Sicht des Kindes nicht tragbar ist (vgl T. Maier, aaO, 212). Es bedarf daher bereits bei Geburt des Kindes einer klaren Regelung zur Elternschaft. Die konkrete Ausgestaltung dieser Regelung liegt im Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung, wobei darauf hinzuweisen ist, dass bei der Beurteilung familienrechtlicher Regelungen der Gesetzgebung ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zukommt (vgl VfSlg 14.301/1995).

 

Bei der Anknüpfung an eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung besteht dieses Problem hingegen nicht: Hier ist eine Zustimmung des anderen Elternteils gemäß §8 FMedG Voraussetzung; diese hat bei der Verwendung des Samens oder der Eizellen einer dritten Person zudem in Form eines Notariatsakts zu erfolgen. Eine Beseitigung der Elternschaft ist nur insoweit möglich, als geltend gemacht wird, dass das Kind nicht durch die konsentierte medizinisch unterstützte Fortpflanzung, sondern etwa von einem Dritten auf natürliche Weise gezeugt worden ist (vgl auch RV 445 BlgNR XXV. GP 12).

 

Sollte man dagegen argumentieren wollen, dass die Feststellung der Nichtabstammung nur für den Ehemann (und im Sinn einer verfassungskonformen Interpretation auch für den eingetragenen Partner) der Mutter möglich sein soll, nicht aber für eine Ehefrau oder eingetragene Partnerin der Mutter, hätte letztere – so es ohne Kenntnis oder gegen ihren Willen zur Schwangerschaft gekommen wäre – keine Möglichkeit, die Elternschaft zu 'bekämpfen', also die Feststellung der Nichtabstammung zu erwirken. Eine derartige Konstellation wäre aber unzumutbar (Unterschieben eines von der Partnerin der Mutter ungewollten Kindes) und könnte insofern als gleichheitswidrig angesehen werden. Es wäre zudem dem Kindeswohl ebenso wenig dienlich, wenn ein Elternteil ohne sein Zutun und ohne seinen Willen zu einem solchen wird und keine rechtliche Möglichkeit hat, diesen Zustand zu ändern. Genau dieser Umstand zeigt allerdings, dass es hier bei der unterschiedlichen Behandlung eines verschiedengeschlechtlichen und eines gleichgeschlechtlichen Paares keine Diskriminierung gibt, da in dieser Konstellation aus sachlichen Gründen Ungleiches ungleich behandelt wird.

 

[…] Allgemein zeigt sich somit, dass es bei der Geburt eines Kindes während einer aufrechten Ehe oder eingetragenen Partnerschaft zweier Frauen vorab einer Regelung bedarf, damit die rechtlich-soziale Familie auch entsprechend geschützt wird (in diesem Sinn auch Schmid, aaO, 229, der eine notariatsaktliche Erklärung auch ohne medizinisch unterstützte Fortpflanzung verlangen würde). Um die oben beschriebenen Unklarheiten hintanzuhalten, sieht der Gesetzgeber mit den in Prüfung gezogenen Bestimmungen vor, dass zwei Frauen den Weg einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung zu wählen haben und es daher einer ausdrücklichen formgebundenen und objektivierbaren Zustimmung der Partnerin oder Ehegattin der Mutter (Notariatsakt nach §8 Abs1 FMedG) bedarf.

 

[…] Sollte dieser – vom Gesetzgeber als Regelfall intendierte – Weg der medizinisch unterstützten Fortpflanzung nicht beschritten werden, besteht die Möglichkeit, die Elternschaft der Partnerin der Mutter durch eine sog Stiefkindadoption nach §197 Abs4 ABGB zu erlangen. Somit sieht der Gesetzgeber nach Auffassung der Bundesregierung im Rahmen seines Ermessensspielraums in ausreichendem Ausmaß Möglichkeiten vor, wie die Partnerin oder Ehegattin der Mutter rechtlich Elternteil werden kann.

 

[…] Recht des Kindes auf Kenntnis der Abstammung:

 

[…] Das Recht des Kindes auf Kenntnis der Abstammung findet seine starke Ausprägung in den Bestimmungen über die Auskunftserteilung gemäß §20 Abs2 FMedG (vgl auch VfSlg 19.824), wonach dem mit dem Samen oder den Eizellen einer dritten Person gezeugten Kind auf dessen Verlangen nach Vollendung des 14. Lebensjahres Einsicht in die Aufzeichnungen nach §15 Abs1 FMedG zu gewähren und auf diese Weise insbesondere Name, Geburtstag und Geburtsort, Staatsangehörigkeit und Wohnort des Spenders (§15 Abs1 Z1 FMedG) zu erfahren. Zum Wohl des Kindes ist in medizinisch begründeten Ausnahmefällen der Person, die mit der gesetzlichen Vertretung für die Pflege und Erziehung betraut ist, Einsicht und Auskunft zu erteilen.

 

[…] Bei jedem Kind gleichgeschlechtlicher Eltern stellt sich zwangsläufig die Frage nach der biologischen Abstammung. Dies ergibt sich bereits aus dem äußeren Anschein. Kindern gleichgeschlechtlicher Eltern soll es ermöglicht werden, auch gegen den Willen der Eltern die biologische Abstammung in Erfahrung zu bringen (vgl RV 445 BlgNR XXV. GP 13). Daher bedarf es Aufzeichnungen über die Zeugung, die nur im Fall einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung entsprechend gesichert dokumentiert werden können. Andernfalls stünde es wiederum im Belieben der Eltern, den Vater entsprechend §149 Abs1 ABGB nicht zu benennen.

 

[…] Dieser Argumentation wird teilweise entgegengehalten, dass auch im Anwendungsbereich des FMedG das Recht des Kindes an der Kenntnis der genetischen Abstammung nicht stark ausgeprägt sei, weil ein Anspruch des Kindes gegen die Mutter auf Auskunft, in welcher Krankenanstalt die Zeugung stattgefunden hat, vom Recht der Mutter auf Wahrung ihrer Privatsphäre verdrängt werden könnte (vgl Bernat, aaO, 204). Diese Frage ist nicht geklärt. Das FMedG enthält in §20 Abs2 ein ausdrückliches Auskunftsrecht des Kindes; eine §149 Abs1 ABGB entsprechende Regelung (Recht der Mutter, den Vater nicht zu benennen) findet sich im FMedG hingegen nicht. Im Hinblick auf das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung könnte daraus geschlossen werden, dass das Kind gegenüber der Mutter einen Anspruch auf Bekanntgabe der Krankenanstalt hat, in welcher die medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt wurde und somit Aufzeichnungen über den Samenspender vorliegen.

 

Ungeachtet dessen ist zu berücksichtigen, dass die Benennung der Krankenanstalt durch die Mutter im rechtlichen Sinn nicht Voraussetzung für den Auskunftsanspruch der Krankenanstalt ist. Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit dem Samen oder den Eizellen dritter Personen darf nur in einer nach §5 Abs2 FMedG zugelassenen Krankenanstalt vorgenommen werden (§11 FMedG). Im Anhang des jährlich von der Gesundheit Österreich GmbH veröffentlichten Bericht findet sich eine Auflistung der rund 30 Krankenanstalten mit einer Zulassung gemäß §5 Abs2 FMedG. So kann ein Kind – im Fall der Auskunftsverweigerung durch die Mutter – an sämtliche Krankenanstalten ein entsprechendes Auskunftsbegehren richten und sich auf diese Weise erfolgversprechend auf die Suche nach jener Krankenanstalt machen, in der an der Mutter eine medizinisch unterstütze Fortpflanzung durchgeführt wurde.

 

[…] Die Argumentation, wonach der Fall zweier Frauen jenem mit einem zeugungsunfähigen Mann gleichzuhalten wäre und mit einem 'Sonderabstammungsrecht' für die Vaterschaft zeugungsunfähiger Männer zu regeln wäre, würde wiederum zu vermehrten Folgeproblemen führen. In diesem Sinn kann der Schutz des Rechts auf Kenntnis der genetischen Abstammung die am Geschlecht bzw der sexuellen Orientierung anknüpfende Ungleichbehandlung rechtfertigen, weil bei Kindern zweier Frauen ein entsprechender Schutzbedarf besteht. Ein solcher Bedarf käme aber nur bei einem sehr geringen Prozentsatz der Kinder anderer Paare zum Tragen (vgl Wendehorst, aaO, 121).

 

[…] Zur Anerkennung der Elternschaft:

 

[…] Aufgrund der Regelung des §144 Abs2 Z2 iVm. §145 ABGB kann die Lebensgefährtin der Mutter nur bei Vorliegen einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung die Elternschaft anerkennen. Auch in dieser Konstellation besteht der Unterschied zwischen dem anerkennenden Mann und der anerkennenden Frau darin, dass aus Sicht des Standesbeamten ersterer auch der leibliche Vater des Kindes sein kann, weil eine allfällige Zeugungsunfähigkeit – wie bei letzterer – nach außen hin nicht erkennbar ist. Damit ist es sachlich gerechtfertigt und nicht diskriminierend, wenn an das Anerkenntnis der Elternschaft strengere Voraussetzungen geknüpft sind, als an ein Anerkenntnis der Vaterschaft (vgl Ferrari, aaO, 104 f.). Letztlich findet die Regelung ihre Rechtfertigung in dem Recht des Kindes auf Kenntnis seiner genetischen Abstammung, welches in der vorliegenden Konstellation – wie bereits dargelegt – durch das Auskunftsrecht des §20 Abs2 FMedG sichergestellt wird.

 

[…] Zumindest in jenen Fällen, in denen die zweite Frau nicht eingetragene Partnerin oder Ehegattin der Mutter ist, wäre ohne Anknüpfung an eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung im kritischen Zeitraum – und die damit verbundene Zustimmung des anderen Elternteils – einer beliebigen Anerkennung Tür und Tor geöffnet. So könnte eine unverheiratete oder unverpartnerte schwangere Frau beispielsweise ihre eigene Mutter oder Schwester instruieren, rasch die andere Elternschaft formgerecht anzuerkennen, und so beispielsweise den biologischen Vater langfristig – soweit der Kinder- und Jugendhilfeträger gegen das Anerkenntnis nicht Widerspruch erhebt – von der Obsorge ausschließen (vgl Wendehorst, aaO, 122). Insoweit ist die Kritik, dass Sachverhalte nicht bedacht werden, in denen das Kind schon geboren war, bevor die anerkennungswillige Frau Teil der Lebensrealität wurde, nicht nachvollziehbar (vgl Gottschamel/Kratz-Lieber, Verfassungsrechtliche Fragen bei der Erlangung der weiteren Elternschaft durch ein Anerkenntnis, iFamZ 2017, 9 [12]). Eine derartige Konstellation wird durch die Vorschriften der Stiefkindadoption nach §197 Abs4 ABGB abgedeckt und aufgefangen. Es sollen durch eine Anerkennung der Elternschaft nicht die Vorschriften für die Adoption umgangen werden können.

 

[…] Zusammenfassend ergibt sich, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen im Hinblick auf den weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zur Sicherstellung des Kindeswohles geeignet und erforderlich sind: Die Notwendigkeit, auf das Vorliegen einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung abzustellen, liegt nicht nur im öffentlichen Interesse, sondern vor allem auch im Interesse des Kindeswohls. Die Gesetzgebung hat eine klare Regelung geschaffen und sichert das Informationsrecht des Kindes auf Kenntnis seiner biologischen Abstammung. Aus denselben Gründen ist auch eine allfällige Ungleichbehandlung iSd Art7 B‑VG bzw Art14 iVm Art8 EMRK gerechtfertigt. Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht gegen Art8 EMRK und Art7 B‑VG bzw Art14 iVm Art8 EMRK sowie Art1 BVG Kinderrechte verstoßen.

 

[…] Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind. Sollte der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogenen Bestimmungen dennoch für verfassungswidrig erachten, weist die Bundesregierung im Hinblick auf den Aufhebungsumfang darauf hin, dass mit der Aufhebung des §144 Abs2 und 3 ABGB sowie der in Prüfung gezogenen Wortfolgen in §145 Abs1 ABGB das Auslangen gefunden werden könnte."

6. Die Beschwerdeführerin im Anlassverfahren hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie sich den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes anschließt.

7. Der Verfassungsgerichtshof führte am 4. März 2022 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der insbesondere Fragen des Verhältnisses von medizinisch unterstützter Fortpflanzung und "Heiminsemination", des Abstammungsrechtes, des "Stiefkindadoptionsverfahrens" sowie des Rechtes des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung und des Schutzes der sozialen Familie erörtert wurden.

II. Rechtslage

1. §§143 bis 154 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches für die gesammten deutschen Erbländer der Oesterreichischen Monarchie (ABGB), JGS 946/1811, idF BGBl I 59/2017 lauten wie folgt (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben und gelten idF BGBl I 35/2015):

"§143. Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat.

 

[…]

Abstammung vom Vater und vom anderen Elternteil

 

§144. (1) Vater des Kindes ist der Mann,

1. der mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet ist oder als Ehemann der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist oder

2. der die Vaterschaft anerkannt hat oder

3. dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist.

 

(2) Ist an der Mutter innerhalb von nicht mehr als 300 und nicht weniger als 180 Tagen vor der Geburt eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt worden, so ist die Frau Elternteil,

1. die mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes in eingetragener Partnerschaft verbunden ist oder als eingetragene Partnerin der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist oder

2. die die Elternschaft anerkannt hat oder

3. deren Elternschaft gerichtlich festgestellt ist.

 

(3) Auf diese Frau sind die auf den Vater und die Vaterschaft Bezug nehmenden Bestimmungen in diesem Gesetz und anderen bundesgesetzlichen Vorschriften sinngemäß anzuwenden. Gelten im Verhältnis der Eltern zu ihrem Kind und zwischen den Eltern besondere Rechte und Pflichten, so kommen diese gleichermaßen zur Anwendung.

 

(4) Würden nach Abs1 Z1 mehrere Männer als Vater in Betracht kommen, so ist derjenige von ihnen Vater, der mit der Mutter zuletzt die Ehe geschlossen hat. Würden nach Abs2 Z1 mehrere Frauen in Betracht kommen, so ist diejenige von ihnen Elternteil, die mit der Mutter zuletzt die eingetragene Partnerschaft begründet hat.

 

Anerkenntnis des Vaters und des anderen Elternteils

 

§145. (1) Die Vaterschaft oder Elternschaft wird durch persönliche Erklärung in inländischer öffentlicher oder öffentlich-beglaubigter Urkunde anerkannt. Dem Anerkenntnis der Elternschaft ist ein Nachweis über die an der Mutter durchgeführte medizinisch unterstützte Fortpflanzung (§144 Abs2) beizulegen. Das Anerkenntnis wirkt ab dem Zeitpunkt der Erklärung, sofern die Urkunde oder ihre öffentlich-beglaubigte Abschrift mit den nötigen Nachweisen dem Standesbeamten zukommt.

 

(2) Das Anerkenntnis soll eine genaue Bezeichnung des Anerkennenden, der Mutter und des Kindes, sofern es bereits geboren ist, enthalten.

 

(3) Für Zustimmungen zum Anerkenntnis gelten die Abs1 und 2 entsprechend.

 

§146. (1) Das Kind oder die Mutter, sofern sie entscheidungsfähig sowie am Leben ist, können gegen das Anerkenntnis innerhalb von zwei Jahren ab Kenntnis von dessen Rechtswirksamkeit bei Gericht Widerspruch erheben.

 

(2) Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange die zum Widerspruch berechtigte Person minderjährig oder nicht entscheidungsfähig ist oder innerhalb des letzten Jahres der Frist durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis am Widerspruch gehindert ist.

 

§147. (1) Steht zum Zeitpunkt der Anerkennung bereits die Vaterschaft eines anderen Mannes fest, so wird das Anerkenntnis erst rechtswirksam, sobald mit allgemein verbindlicher Wirkung festgestellt ist, dass der andere Mann nicht der Vater des betreffenden Kindes ist.

 

(2) Ein zu einem Zeitpunkt, zu dem die Abstammung des Kindes von einem anderen Mann feststand, abgegebenes Vaterschaftsanerkenntnis wird jedoch rechtswirksam, wenn das Kind dem Anerkenntnis in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde zustimmt. Ist das Kind minderjährig, so wird das Anerkenntnis überdies nur rechtswirksam, wenn die entscheidungsfähige Mutter selbst den Anerkennenden in der genannten Form als Vater bezeichnet. Das Anerkenntnis wirkt ab dem Zeitpunkt seiner Erklärung, sofern die über diese Erklärung sowie über die Zustimmung zum Anerkenntnis und, falls erforderlich, über die Bezeichnung des Anerkennenden als Vater errichteten Urkunden oder ihre öffentlich-beglaubigten Abschriften dem Standesbeamten zukommen.

 

(3) Der Mann, der als Vater feststand, oder die Mutter, sofern sie entscheidungsfähig sowie am Leben ist und nicht nach Abs2 den Anerkennenden als Vater bezeichnet hat, kann gegen das Anerkenntnis bei Gericht Widerspruch erheben. §146 gilt entsprechend.

 

(4) Für die Zustimmung des minderjährigen Kindes ist der Kinder- und Jugendhilfeträger gesetzlicher Vertreter des Kindes.

 

Gerichtliche Feststellung der Vaterschaft

 

§148. (1) Als Vater hat das Gericht den Mann festzustellen, von dem das Kind abstammt. Der Antrag kann vom Kind gegen den Mann oder von diesem gegen das Kind gestellt werden.

 

(2) Auf Antrag des Kindes kann der Mann als Vater festgestellt werden, welcher der Mutter innerhalb von nicht mehr als 300 und nicht weniger als 180 Tagen vor der Geburt beigewohnt hat oder mit dessen Samen an der Mutter in diesem Zeitraum eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt worden ist, es sei denn, er weist nach, dass das Kind nicht von ihm abstammt. Eine solche Feststellung ist nach Ablauf von zwei Jahren nach dem Tod des Mannes nicht mehr möglich, es sei denn, das Kind weist nach, dass ihm der Beweis nach Abs1 aus Gründen auf Seiten des Mannes nicht gelingt.

 

(3) Ist an der Mutter innerhalb der im Abs2 genannten Frist eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit dem Samen eines Dritten durchgeführt worden, so ist als Vater der Mann festzustellen, der dieser medizinisch unterstützten Fortpflanzung in Form eines Notariatsakts zugestimmt hat, es sei denn, er weist nach, dass das Kind nicht durch diese medizinisch unterstützte Fortpflanzung gezeugt worden ist.

 

(4) Ein Dritter, dessen Samen für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung verwendet wird, kann nicht als Vater des mit seinem Samen gezeugten Kindes festgestellt werden. Dritter ist, wer seinen Samen einer für medizinisch unterstützte Fortpflanzungen zugelassenen Krankenanstalt mit dem Willen überlässt, nicht selbst als Vater eines mit diesem Samen gezeugten Kindes festgestellt zu werden.

 

§149. (1) Der gesetzliche Vertreter hat dafür zu sorgen, dass die Vaterschaft festgestellt wird, es sei denn, dass die Feststellung der Vaterschaft für das Wohl des Kindes nachteilig ist oder die Mutter von ihrem Recht, den Namen des Vaters nicht bekanntzugeben, Gebrauch macht.

 

(2) Der Kinder- und Jugendhilfeträger hat die Mutter darauf aufmerksam zu machen, welche Folgen es hat, wenn die Vaterschaft nicht festgestellt wird.

 

Vaterschaftsfeststellung bei bestehender Abstammung

 

§150. Das Kind kann die Feststellung seiner Abstammung auch beantragen, wenn die Vaterschaft eines anderen Mannes bereits feststeht. In einem solchen Fall hat die Feststellung der Abstammung die vom Gericht auszusprechende Wirkung, dass das Kind nicht vom anderen Mann abstammt.

 

Feststellung der Nichtabstammung vom Ehemann der Mutter

 

§151. (1) Stammt ein Kind, das während der Ehe der Mutter oder vor Ablauf von 300 Tagen nach dem Tod des Ehemanns der Mutter geboren worden ist, nicht von diesem ab, so hat das Gericht dies auf Antrag festzustellen.

 

(2) Der Antrag kann vom Kind gegen den Mann und von diesem gegen das Kind gestellt werden.

 

§152. Hat der Ehemann der Mutter einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung mit dem Samen eines Dritten in Form eines Notariatsakts zugestimmt, so kann nicht die Feststellung begehrt werden, dass das mit dem Samen des Dritten gezeugte Kind nicht vom Ehemann der Mutter abstammt.

 

§153. (1) Ein Antrag auf Feststellung, dass das Kind nicht vom Ehemann der Mutter abstammt, kann binnen zwei Jahren ab Kenntnis der hiefür sprechenden Umstände gestellt werden. Diese Frist beginnt frühestens mit der Geburt des Kindes, im Fall einer Änderung der Abstammung frühestens mit der Wirksamkeit der Änderung. Ein Antrag ist nicht zulässig, solange die Abstammung des Kindes von einem anderen Mann feststeht.

 

(2) Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange die antragsberechtigte Person minderjährig oder nicht entscheidungsfähig ist oder innerhalb des letzten Jahres der Frist durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der Antragstellung gehindert ist.

 

(3) Später als 30 Jahre nach der Geburt des Kindes oder nach einer Änderung der Abstammung kann nur das Kind die Feststellung der Nichtabstammung begehren.

 

Rechtsunwirksamerklärung des Vaterschaftsanerkenntnisses

 

§154. (1) Das Gericht hat das Anerkenntnis für rechtsunwirksam zu erklären

1. von Amts wegen, wenn

a) das Anerkenntnis oder – im Fall des §147 Abs2 – die Zustimmung des Kindes oder die Bezeichnung des Anerkennenden als Vater durch die Mutter nicht den Formvorschriften entspricht oder

b) der Anerkennende oder – im Fall des §147 Abs2 – die Mutter oder das Kind nicht entscheidungsfähig war oder der gesetzliche Vertreter des Kindes nicht zugestimmt hat, es sei denn, dass der Mangel der gesetzlichen Vertretung nachträglich behoben wurde oder dass der Anerkennende nach Erreichen der Entscheidungsfähigkeit sein Anerkenntnis gebilligt hat;

2. aufgrund eines Widerspruchs, es sei denn, es ist erwiesen, dass das Kind vom Anerkennenden abstammt oder – wenn das Kind durch eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit dem Samen eines Dritten gezeugt worden ist – dass der Anerkennende dem in Form eines Notariatsakts zugestimmt hat;

3. auf Antrag des Anerkennenden, wenn er beweist,

a) dass sein Anerkenntnis durch List, ungerechte und gegründete Furcht oder Irrtum darüber veranlasst worden ist, dass das Kind von ihm abstammt oder dass an der Mutter eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit seinem Samen oder mit seiner Zustimmung mit dem Samen eines Dritten vorgenommen wurde oder

b) dass das Kind nicht von ihm abstammt und er erst nachträglich von Umständen Kenntnis erlangt hat, die für die Nichtabstammung des Kindes sprechen.

 

(2) Der Antrag nach Abs1 Z3 kann längstens bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Entdeckung der Täuschung, des Irrtums oder der genannten Umstände oder nach Wegfall der Zwangslage erhoben werden. Die Frist beginnt frühestens mit der Geburt des Kindes."

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Regelung des Personenstandswesens (Personenstandsgesetz 2013 – PStG 2013), BGBl I 16/2013, idF BGBl I 104/2018 lauten auszugsweise wie folgt:

"Personenstand und Personenstandsfall

 

§1. (1) Personenstand im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die sich aus den Merkmalen des Familienrechts ergebende Stellung einer Person innerhalb der Rechtsordnung einschließlich ihres Namens.

 

(2) Personenstandsfälle sind Geburt, Eheschließung, Begründung einer eingetragenen Partnerschaft und Tod.

 

Personenstandsdaten

 

§2. (1) Personenstandsdaten einer Person sind:

1. allgemeine Personenstandsdaten (Daten zum Personenkern);

2. besondere Personenstandsdaten sowie

3. sonstige Personenstandsdaten.

 

(2) […]

 

(3) Besondere Personenstandsdaten zur Geburt sind:

1. allgemeine Personenstandsdaten der Eltern;

2. Datum und Ort der Eheschließung der Eltern.

 

(4) […]

 

Anzeige der Geburt

 

§9. (1) Die Anzeige der Geburt hat spätestens eine Woche nach der Geburt im Datenfernverkehr durch Übermittlung an ein vom Auftragsverarbeiter des ZPR bezeichnetes Service (Arbeitsspeicher) zu erfolgen. Liegen die technischen Voraussetzungen dafür nicht vor, ist die Anzeige an die Personenstandsbehörde am Ort der Geburt zu richten.

 

(2) Die Anzeige der Geburt obliegt der Reihe nach:

1. dem Leiter der Krankenanstalt, in der das Kind geboren worden ist;

2. dem Arzt oder der Hebamme, die bei der Geburt anwesend waren;

3. dem Vater oder der Mutter, wenn sie dazu innerhalb der Anzeigefrist (Abs1) imstande sind;

4. der Behörde oder Sicherheitsdienststelle, die Ermittlungen über die Geburt durchführt;

5. sonstigen Personen, die von der Geburt auf Grund eigener Wahrnehmung Kenntnis haben.

 

(3) Die Anzeige hat alle Angaben zu enthalten, die für Eintragungen (§11) benötigt werden.

 

(4) […]

 

Inhalt der Eintragung – Geburt

 

§11. (1) Über die allgemeinen und besonderen Personenstandsdaten des Kindes hinaus sind einzutragen:

1. der Zeitpunkt der Geburt des Kindes;

2. die Wohnorte der Eltern und gegebenenfalls Angaben nach §37 Abs2 zweiter Satz;

3. Informationen, die darüber hinaus für die Vornamensgebung maßgeblich sind sowie

4. die allgemeinen Personenstandsdaten der gemäß §67 Abs1 Z1 Erklärenden oder die Bezeichnung des Kinder- und Jugendhilfeträgers nach §147 Abs4 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches – ABGB, JGS Nr 946/1811.

 

(2) […]"

3. §20 des Bundesgesetzes, mit dem Regelungen über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung getroffen werden (Fortpflanzungsmedizingesetz – FMedG), BGBl 275/1992, idF BGBl I 35/2015 lautet wie folgt:

"Auskunft

 

§20. (1) Die Aufzeichnungen über dritte Personen, die Samen oder Eizellen zur Verfügung gestellt haben, sowie deren genetische Daten sind vertraulich zu behandeln.

 

(2) Dem mit dem Samen oder den Eizellen einer dritten Person gezeugten Kind ist auf dessen Verlangen nach Vollendung des 14. Lebensjahres Einsicht in die Aufzeichnungen nach §15 Abs1 zu gewähren und daraus Auskunft zu erteilen. Zum Wohl des Kindes ist in medizinisch begründeten Ausnahmefällen der Person, die mit der gesetzlichen Vertretung für die Pflege und Erziehung betraut ist, Einsicht und Auskunft zu erteilen.

 

(3) Den Gerichten und Verwaltungsbehörden steht das Einsichts- und Auskunftsrecht zu, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben in Vollziehung dieses Bundesgesetzes unentbehrlich ist."

III. Erwägungen

Zur Zulässigkeit

Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Gesetzesprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.

In der Sache

1. Vater des Kindes ist gemäß §144 Abs1 ABGB der Mann, der mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet ist oder als Ehemann der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist (Z1), der die Vaterschaft anerkannt hat (Z2) oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist (Z3). Nach §144 Abs2 ABGB ist die Frau Elternteil, die mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes in eingetragener Partnerschaft verbunden ist oder als eingetragene Partnerin der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist (Z1), die die Elternschaft anerkannt hat (Z2) oder deren Elternschaft gerichtlich festgestellt ist (Z3). Voraussetzung für die Abstammung vom "anderen Elternteil" ist in jedem Fall, dass – §144 Abs2 erster Halbsatz ABGB – "an der Mutter innerhalb von nicht mehr als 300 und nicht weniger als 180 Tagen vor der Geburt eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt worden" ist.

Die Regelung über die Abstammung vom "anderen Elternteil" wurde in die abstammungsrechtlichen Bestimmungen des ABGB durch das Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetz 2015 (FMedRÄG 2015), BGBl I 35/2015, insbesondere auch als Reaktion auf VfSlg 19.824/2013 aufgenommen. Zweck der Regelung war, nach dem damaligen Stand der Rechtsentwicklung für miteinander in eingetragener Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft lebende Frauen festzulegen, "auf welche Weise Frauen die Elternschaft als zweiter Elternteil neben der Mutter [...] erlangen können". Als "wesentlicher Unterschied" dient das Erfordernis der Durchführung einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung (siehe Erläut zur RV des FMedRÄG 2015, 445 BlgNR 25. GP , 1 bzw 12). Grundsätzlich orientiert sich die "andere Elternschaft" bei weiblichen gleichgeschlechtlichen Paaren dabei an der Regelung der Abstammungsgründe vom Vater nach §144 Abs1 ABGB. §144 Abs3 leg. cit. erklärt daher "die auf den Vater und die Vaterschaft Bezug nehmenden Bestimmungen" auf diese Frau als "anderer Elternteil" für sinngemäß anwendbar und bezieht sich somit auf alle auf den Vater Bezug nehmenden Bestimmungen (zB §151 ABGB, §7 StbG). Gelten im Verhältnis der Eltern zu ihrem Kind und zwischen den Eltern besondere Rechte und Pflichten, so kommen diese gleichermaßen zur Anwendung. Dies betrifft etwa die unterhaltsrechtlichen Vorschriften der §§231 ff. ABGB und die erbrechtlichen Bestimmungen der §§731 und 736 ABGB (siehe Erläut zur RV des FMedRÄG 2015, 445 BlgNR 25. GP , 13). Als Pendant zur Regelung der Vaterschaft, wonach, wenn mehrere Männer gemäß §144 Abs1 Z1 ABGB in Betracht kommen, derjenige Vater ist, der mit der Mutter zuletzt die Ehe geschlossen hat, ist, wenn wiederum mehrere Frauen im Sinne des §144 Abs2 Z1 ABGB in Betracht kommen, nach §144 Abs4 zweiter Satz ABGB diejenige "anderer Elternteil", die mit der Mutter zuletzt die eingetragene Partnerschaft begründet hat.

Der maßgebliche Unterschied zwischen der Abstammung vom Vater und vom "anderen Elternteil" besteht darin, dass gemäß §144 Abs2 ABGB die Partnerin nur "anderer Elternteil" werden kann, wenn an der Mutter innerhalb der gesetzlich festgelegten Zeitspanne vor der Geburt eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt worden ist (siehe Hopf/Höllwerth, §144 ABGB, in: Koziol/Bydlinski/Bollenberger [Hrsg.], ABGB: Kurzkommentar6, 2020, Rz 3 ff.; Fischer-Czermak, §144 ABGB, in: Kletečka/Schauer [Hrsg.], ABGB‑ON1.05, rdb.at, Stand 1.10.2018, Rz 4/1 ff.). In diesem Fall gilt nach Maßgabe des §144 Abs2 Z1 ABGB die mit der Mutter in eingetragener Partnerschaft verbundene Frau als "anderer Elternteil". Für die Eintragung des "anderen Elternteils" im Zentralen Personenstandsregister stellt es daher eine Voraussetzung dar, dass "dem Standesbeamten eine Bestätigung über die Durchführung der medizinisch unterstützten Fortpflanzung vorgelegt wird. Dabei handelt es sich um ein ärztliches Zeugnis, das der behandelnde Arzt auf Grundlage der in §18 FMedG vorgesehenen Aufzeichnungen für die Eltern ausstellt" (Kutscher/Wildpert, Personenstandsrecht2, 29. Lfg. 2019, §144 ABGB, Rz 9). §145 Abs1 ABGB sieht vor, dass bei einem Anerkenntnis gemäß §144 Abs2 Z2 ABGB ein solcher Nachweis dem Anerkenntnis des "anderen Elternteils" beizulegen ist. Das Anerkenntnis wird ab dem Zeitpunkt der Erklärung wirksam, wenn dem Standesbeamten die Urkunde oder ihre öffentlich-beglaubigte Abschrift inklusive des Nachweises über die durchgeführte medizinische Fortpflanzung zukommt.

Der Mann, der mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet ist (oder als Ehemann der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist), gilt ex lege als Vater (ua Stormann, §144 ABGB, in: Schwimann/Kodek [Hrsg.], ABGB: Praxiskommentar I5, 2018, Rz 4; Fischer-Czermak, aaO, Rz 2; Hopf/Höllwerth, aaO, Rz 2; Stefula, §138 ABGB, in: Fenyves/Kerschner/Vonkilch [Hrsg.], §§137267 ABGB3, 2008, Rz 8 ff. mwN, wonach §144 Abs1 Z1 ABGB auch greife, wenn das Kind auf Grund biologischer Umstände "unmöglich vom Ehemann gezeugt worden" sein könne; so auch Ehrenzweig/Ehrenzweig/Schwind, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts III3, 1984, 137). Ein Mann kann die Vaterschaft anerkennen, auch wenn das Kind von einem Dritten, und zwar auch nicht im Wege medizinisch unterstützter Fortpflanzung, gezeugt wurde (zum Anerkenntnis, das "ungeachtet der Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit der Abstammung" zulässig und somit entgegenzunehmen sei, Bernat, §145 ABGB, in: Schwimann/Kodek [Hrsg.], ABGB: Praxiskommentar I5, 2018, Rz 5; Ballon, Das Vaterschaftsanerkenntnis aus verfahrensrechtlicher Sicht, JBl 1974, 246 [248]; Kern, Anerkennung der Vaterschaft durch den Ehemann der Mutter nach Unehelichkeitserklärung, ÖStA 2007, 92; Schwimann, Probleme des fehlerhaften Vaterschaftsanerkenntnisses, JBl 1977, 225 [232]; Schwimann, Vom Status zum Kindeswohl – Wesentliche Neuerungen im österreichischen Kindschaftsrecht, StAZ 1990, 158 [164]; bei offensichtlicher Unrichtigkeit des Anerkenntnisses wird auch vertreten, dass die Mitwirkung zu verweigern sei, siehe Pierer, Abstammung, in: Deixler-Hübner [Hrsg.], Handbuch Familienrecht2, 2020, 231 [266] mwN).

Das Abstammungsrecht geht in §144 Abs1 ABGB im Hinblick auf den Vater somit von der sozialen Abstammung aus. "Wird ein Kind in der Ehe geboren, so gilt der Ehemann als Vater; anerkennt ein Mann seine Vaterschaft zu einem unehelichen Kind, so wird er hiedurch Vater. In beiden Fällen gibt es keine 'amtswegige' Kontrolle der Richtigkeit, sondern bleibt es vielmehr der Privatinitiative der betroffenen Personen überlassen, eine Änderung unrichtiger Abstammungsverhältnisse herbeizuführen" (Erläut zur RV des Familien- und Erbrechts-Änderungsgesetzes 2005, 471 BlgNR 12. GP , 7). Die Rechtsordnung schützt dabei die soziale Familie vor einem "sich hineindrängenden" biologischen Vater insoweit, als ein – die nach §144 Abs1 ABGB feststehende Vaterschaft "durchbrechendes" – Anerkenntnis des biologischen Vaters nur mit Zustimmung des Kindes (im Fall seiner Minderjährigkeit vertreten durch den Kinder- und Jugendhilfeträger und unter Zustimmung der Mutter durch Bezeichnung des Anerkennenden als Vater) möglich ist (§147 Abs2 ABGB) und dem biologischen Vater in diesem Fall ein Antragsrecht auf gerichtliche Feststellung der Abstammung nicht zukommt, sondern nur dem Kind (§150 ABGB; dazu auch Erläut zur RV des Familien- und Erbrechts-Änderungsgesetzes 2005, 471 BlgNR 12. GP , 25).

Im Fall der Drittsamenspende nach den Regelungen des FMedG (siehe insbesondere §§3, 8 und 11 ff. FMedG) ist Anknüpfungspunkt der abstammungsrechtlichen Regelungen die der Rechtsform des Notariatsaktes bedürftige Zustimmung des Mannes zur Zeugung des Kindes mit dem Samen eines Spenders (§148 Abs3 ABGB, siehe Hopf/Höllwerth, §148 ABGB, in: Koziol/Bydlinski/Bollenberger [Hrsg.], ABGB: Kurzkommentar6, 2020, Rz 6; damit ist dem Mann auch die Feststellung der Nichtabstammung gemäß §152 ABGB verwehrt; im Fall der Vaterschaft kraft Anerkenntnisses steht dann die Möglichkeit der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Anerkenntnisses gemäß §154 Abs1 Z2 ABGB nicht zu). Die Vaterschaft wird in diesem Fall durch einen Willensakt und nicht auf Grund der Blutsverwandtschaft begründet. Die Rechtsordnung qualifiziert den zustimmenden Mann somit nicht auf Grund der biologischen Verhältnisse als Vater, sondern angesichts seines Willens, die Vaterschaft zu übernehmen (Bernat, §148 ABGB, in: Schwimann/Kodek [Hrsg.], ABGB: Praxiskommentar I5, 2018, Rz 6).

Umgekehrt kann gemäß §148 Abs4 ABGB der Drittsamenspender (im Sinne des §148 Abs3 ABGB) nicht als Vater des mit seinem Samen gezeugten Kindes festgestellt werden, wenn er seinen Samen einer für medizinisch unterstützte Fortpflanzungen zugelassenen Krankenanstalt iSd §5 Abs2 iVm §11 FMedG mit dem Willen überlassen hat, nicht selbst als Vater eines mit diesem Samen gezeugten Kindes festgestellt zu werden. Damit soll insbesondere die Bereitschaft von Männern, sich für eine Samenspende zur Verfügung zu stellen, aufrechterhalten werden (Erläut zur RV des FMedG, 216 BlgNR 18. GP , 26).

2.1. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (siehe etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er Regelungen verbietet, die sachlich nicht begründbare Ungleichheiten vorsehen (vgl zB VfSlg 14.039/1995). Dabei vermögen nur besonders schwerwiegende Gründe eine gesetzliche Ungleichbehandlung zu rechtfertigen, die an diskriminierungsverdächtigen Merkmalen anknüpft, wie sie in Art7 Abs1 Satz 2 B‑VG oder auch in Art14 EMRK enthalten sind (vgl VfSlg 19.942/2014 bzw VfSlg 20.225/2017, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu am Geschlecht und an der sexuellen Orientierung anknüpfenden gesetzlichen Differenzierungen). Ebenso müssen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (ua EGMR 24.7.2003, Fall Karner, Appl 40.016/98 [Z37]; 22.7.2010, Fall P.B. und J.S., Appl 18.984/02 [Z38]) und des Verfassungsgerichtshofes besonders schwerwiegende Gründe vorliegen, um eine am Geschlecht oder an der sexuellen Orientierung anknüpfende Differenzierung nicht als Diskriminierung und damit Verletzung des Art14 EMRK iVm einem einschlägigen Konventionsrecht, insbesondere Art8 EMRK, zu erweisen (siehe VfSlg 19.758/2013, 19.824/2013, 20.277/2018).

2.2. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, der der Verfassungsgerichtshof gefolgt ist, fallen gleichgeschlechtliche Beziehungen, wenn die Personen in einer de facto-Partnerschaft in einem gemeinsamen Haushalt leben, unter den Schutz des "Familienlebens" nach Art8 Abs1 EMRK (siehe EGMR 24.6.2010, Fall Schalk und Kopf, Appl 30.141/04, EuGRZ 2010, 445 [Z94]; Fall P.B. und J.S., Z30; 19.2.2013, Fall X ua, Appl 19.010/07 [Z95]; VfSlg 19.623/2012, 19.758/2013). Kinder aus Beziehungen, die als "Familienleben" unter dem Schutz von Art8 Abs1 EMRK stehen, sind auf Grund der Geburt und ab dieser Teil dieses Familienlebens (siehe EGMR 13.7.2000, Fall Elsholz, Appl 25.735/94 [Z43]; 27.10.1994, Fall Kroon ua, Appl 18.535/91 [Z30]).

Der Wunsch, ein Kind zu haben und sich zu diesem Zweck natürlicher oder medizinisch unterstützter Fortpflanzung zu bedienen, unterliegt wie der familiäre Status dem Schutzbereich des Art8 EMRK (siehe EGMR 3.11.2011, Fall S.H. ua, Appl 57.813/00, RdM 2012, 70 [Z82]; VfSlg 15.632/1999, 19.824/2013; dazu mwN Wiederin, Art8 EMRK, in: Korinek/Holoubek et al [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 5. Lfg.  2002, Rz 39 bzw 42).

3.1. Die Bundesregierung hält zunächst den gleichheitsrechtlichen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, dass die Möglichkeit der Elternschaft als "anderer Elternteil" für die Partnerin der Mutter nur dann gegeben sei, wenn Partnerin und Mutter in eingetragener Partnerschaft stehen, nicht aber, wenn sie in aufrechter Ehe verheiratet sind, eine ihrer Auffassung zufolge gebotene verfassungskonforme Interpretation insbesondere im Hinblick auf VfSlg 20.225/2017 entgegen. Zwar seien zwei Varianten partnerschaftlicher Gemeinschaften nicht ausdrücklich in §144 ABGB angesprochen, obwohl diese seit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 20.225/2017 möglich sind, nämlich eine eingetragene Partnerschaft zwischen Mann und Frau und eine Ehe zwischen zwei Frauen. Vor diesem Hintergrund der nunmehr geltenden Rechtslage ist die in Prüfung gezogene Bestimmung des §144 ABGB nach Auffassung der Bundesregierung verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass auch eine verschiedengeschlechtliche eingetragene Partnerschaft sowie eine Ehe zwischen zwei Frauen davon erfasst sind. Der Anknüpfungspunkt für eine verfassungskonforme Interpretation sei aber jeweils unterschiedlich:

Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung sei auf Grund von §2 FMedG nur dann zulässig, wenn eine Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr nicht erfolgen kann. Soweit eine eingetragene Partnerschaft aus Mann und Frau besteht und beide Partner zeugungsfähig sind, gäbe es somit für die betroffenen Personen keine Möglichkeit einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung. Daher könne für diesen Fall eine verfassungskonforme Interpretation nicht an §144 Abs2 Z1 ABGB anknüpfen, weil dies in vielen Fällen dazu führen würde, dass der eingetragene Partner der Frau keine Möglichkeit hätte, Elternteil des Kindes seiner Partnerin zu werden. Es stünde nur die Stiefkindadoption offen. Daher müsse für die Konstellation einer eingetragenen Partnerschaft zwischen Mann und Frau §144 Abs1 Z1 ABGB für eine verfassungskonforme Interpretation herangezogen werden, womit es keiner medizinisch unterstützten Fortpflanzung für eine Anerkennung als "anderer Elternteil" bedürfe.

Dies zeige, dass die unterschiedlichen Regelungen in §144 Abs1 Z1 und §144 Abs2 Z1 ABGB nicht primär eine Unterscheidung in den beiden Instituten Ehe und eingetragene Partnerschaft schaffen wollten, sondern dass der Gesetzgeber bei der Differenzierung zwischen §144 Abs1 Z1 und §144 Abs2 Z1 ABGB primär die Unterscheidung in gleichgeschlechtliche und verschiedengeschlechtliche Paare im Auge gehabt habe. Daher sei für Kinder von Eltern, die in einer verschiedengeschlechtlichen eingetragenen Partnerschaft leben, §144 Abs1 Z1 ABGB in verfassungskonformer Interpretation einschlägig, für eine Frau, die mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, demgegenüber §144 Abs2 Z1 ABGB als Anknüpfungspunkt für die verfassungskonforme Interpretation heranzuziehen.

3.2. Die Bundesregierung erkennt zu Recht, dass §144 Abs1 Z1 und §144 Abs2 Z1 ABGB eine Ungleichbehandlung zwischen – sei es in Ehe oder eingetragener Partnerschaft verbundenen – verschiedengeschlechtlichen Paaren von Mann und Frau und gleichgeschlechtlichen Paaren zweier Frauen schaffen. Der Ehemann oder eingetragene Partner der Mutter ist grundsätzlich gemäß §144 Abs1 Z1 ABGB auf Grund der bestehenden Ehe oder eingetragenen Partnerschaft als Vater anzusehen. Ergänzende Regelungen bestehen für den Fall einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung nach den Bestimmungen des FMedG. Im hier einschlägigen Zusammenhang verlangt §8 FMedG für die Durchführung einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung mittels einer Drittsamenspende (§3 Abs2 FMedG) die in qualifizierter Form eines Notariatsaktes zu erteilende Zustimmung des Ehegatten oder eingetragenen Partners (vgl auch §148 Abs3 ABGB). Fälle der nichtmedizinisch unterstützten Fortpflanzung, die wie die "Heiminsemination" nicht in den Anwendungsbereich des FMedG fallen (vgl Erläut zur RV des FMedG, 216 BlgNR 18. GP , 10 f.), begründen daher ohne weiteres die Vaterschaft des Ehemannes bzw eingetragenen Partners gemäß §144 Abs1 Z1 ABGB. Demgegenüber gilt gemäß §144 Abs2 Z1 ABGB bei Verbindungen zweier Frauen in Form der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft die Partnerin der Mutter nur unter der Voraussetzung einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung als "anderer Elternteil". Eine Fortpflanzung im Wege der "Heiminsemination" vermag – anders als im Fall des §144 Abs1 Z1 ABGB für den Ehemann bzw eingetragenen Partner – die Elternschaft der Partnerin der Mutter als "anderer Elternteil" nicht zu begründen.

Diese an die Unterscheidung zwischen gleichgeschlechtlichen und verschiedengeschlechtlichen Paaren, die in Ehe oder eingetragener Partnerschaft verbunden sind, unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfenden Bestimmungen hält die Bundesregierung deswegen sowohl im Hinblick auf Art7 Abs1 B‑VG als auch im Hinblick auf Art8 iVm Art14 EMRK für gerechtfertigt, weil mit der im Regelfall anzunehmenden "grundsätzliche[n] Eignung des Mannes zur natürlichen Zeugung" ein entsprechender Unterschied im Tatsächlichen bestehe, der es rechtfertige, an die Vaterschaft weniger strenge Voraussetzungen zu knüpfen als an die Elternschaft der Frau, die das Kind nicht geboren hat.

Damit verkennt die Bundesregierung die Schutzwirkung der Diskriminierungsverbote nach dem Geschlecht und der sexuellen Orientierung und damit die einschlägigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes. Diese stellen nicht in Abrede, dass es zwischen Männern und Frauen und in der Folge damit zwischen verschiedengeschlechtlichen und gleichgeschlechtlichen Beziehungen im Hinblick auf die natürliche Zeugungsfähigkeit des Mannes einen tatsächlichen Unterschied gibt. Diese Diskriminierungsverbote verwehren es dem Gesetzgeber aber, an diese geschlechtsspezifische Unterscheidung nach der sexuellen Orientierung unterschiedliche Rechtsfolgen zu knüpfen. Die Rechtsordnung soll Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht und unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung gleich behandeln, das ist ein wesentlicher Inhalt der einschlägigen Diskriminierungsverbote des Art7 Abs1 Satz 2 B‑VG ebenso wie des Art14 EMRK (weitere Inhalte dieser Diskriminierungsverbote können im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen, vgl zu solchen etwa VfSlg 19.866/2014, 19.899/2014; EGMR 10.5.2007, Fall Runkee and White, Appl 42.949/98 ua).

3.3. Es müssen daher im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Verfassungsgerichtshofes besonders schwerwiegende Gründe vorliegen, um die nach dem Geschlecht und der sexuellen Orientierung differenzierende Regelung des §144 ABGB nicht als Diskriminierung und damit Verletzung von Art7 Abs1 B‑VG respektive Art14 iVm Art8 EMRK zu erweisen.

Die Bundesregierung sieht eine solche Begründung in der Notwendigkeit von gesetzlichen Regelungen, die im Fall der Geburt eines Kindes während einer aufrechten Ehe oder eingetragenen Partnerschaft zweier Frauen die soziale Familie und die Interessen des Kindes, auch an der Kenntnis seiner eigenen Abstammung, entsprechend schützen. Solche Regelungen würden (derzeit) nur bestehen, wenn sich die Mutter einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung nach den einschlägigen Regelungen des FMedG unterzieht. Dass es derzeit solche Regelungen nur für den Fall gibt, dass sich die Mutter (und ihre Partnerin) für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung entscheiden, rechtfertigt aber nicht per se den Ausschluss der Partnerin der Mutter von der gemeinsamen Elternschaft bei einer Geburt des Kindes auf Grund anderer Fortpflanzungsmethoden. Auch die Bundesregierung hat nur vorgebracht, dass es derartige Regelungen derzeit nicht gibt, nicht, dass derartige Regelungen nicht erlassen werden könnten.

Der Verfassungsgerichtshof ist schon in VfSlg 19.824/2013 davon ausgegangen, dass es sich bei der artifiziellen Insemination um eine bereits vor dem Inkrafttreten des FMedG verbreitete Fortpflanzungsmethode handelt, von der auch keine besonderen Gefahren für die Gesundheit der Frau ausgehen (siehe VfSlg 19.824/2013 unter Verweis auf die Erläut zur RV des FMedG, 216 BlgNR 18. GP , 15). Auch im vorliegenden Gesetzesprüfungsverfahren hat die Bundesregierung keine derartigen Aspekte vorgebracht.

Vor dem Hintergrund des Art8 EMRK, der die Selbstbestimmung der Mutter über (Art und Weise) ihre(r) Fortpflanzung schützt, sind somit keine Gründe ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, dass der Gesetzgeber die Mutter, will sie gemeinsam mit ihrer Partnerin den Schutz der sozialen Familie in einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder (eingetragenen) Partnerschaft verwirklichen, zu einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung nach dem FMedG zwingt und ihr andere Möglichkeiten der Fortpflanzung verwehrt. Auch aus dem Blickwinkel des Wohles des Kindes, das nach Art1 Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern, BGBl I 4/2011, besonderen Schutz erfahren muss, ist nicht ersichtlich, warum es sachlich bzw nach Art8 Abs2 EMRK gerechtfertigt sein soll, dem Kind in Fällen einer "Heiminsemination" gegenüber der (Ehe- bzw eingetragenen) Partnerin der Mutter ua alle – Kindern aus einer Ehe oder (eingetragenen) Partnerschaft unabhängig von der tatsächlichen (Art und Weise der) Fortpflanzung zwischen Vater und Mutter gegenüber dem abstammungsrechtlichen Vater zustehenden – erbrechtlichen (Versorgungs‑)Ansprüche zu verwehren.

3.4. Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des §144 und in §145 ABGB verstoßen daher sowohl gegen Art7 Abs1 B‑VG als auch gegen Art14 EMRK iVm Art8 EMRK sowie gegen Art8 EMRK selbst.

4. Die Bundesregierung hat mit ihrer Argumentation aber aufgezeigt, dass zur Herstellung einer verfassungskonformen Rechtslage in mehrfachem Zusammenhang gesetzliche Regelungen erforderlich sind. Daher ist als Ergebnis der bei der Abgrenzung des Umfanges der aufzuhebenden Gesetzesbestimmungen regelmäßig erforderlichen Abwägung (vgl nur VfSlg 19.166/2010, 19.698/2012; VfGH 14.12.2021, G232/2021) im vorliegenden Fall einer Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen des §144 sowie des zweiten Satzes und der Wortfolge "mit den nötigen Nachweisen " in §145 Abs1 ABGB zur Gänze der Vorzug zu geben.

IV. Ergebnis

1. §144 sowie der zweite Satz und die Wortfolge "mit den nötigen Nachweisen " in §145 Abs1 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB), JGS 946/1811, idF BGBl I 35/2015 sind daher wegen Verstoßes gegen Art7 Abs1 B‑VG, gegen Art14 (iVm Art8) EMRK und gegen Art8 EMRK als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesbestimmungen gründet sich auf Art140 Abs5 dritter und vierter Satz B‑VG.

3. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B‑VG.

4. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B‑VG und §64 Abs2 VfGG iVm §3 Z3 BGBlG.

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