VfGH G52/2016

VfGHG52/201612.10.2017

Abweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes betreffend die Informationspflichten des Unternehmers und das Rücktrittsrecht des Verbrauchers vom Vertrag; Umsetzung von vollharmonisiertem Unionsrecht der Verbraucherrechte-Richtlinie durch die zulässigerweise angefochtenen Bestimmungen des FAGG; im Hinblick auf den Harmonisierungsgrad kein Spielraum des innerstaatlichen Gesetzgebers bei der Umsetzung; kein Vorabentscheidungsersuchen des VfGH mangels Bedenken hinsichtlich der Gültigkeit der unionsrechtlichen Bestimmungen; Nichtzustandekommen von Verträgen im Fernabsatz oder von Verträgen außerhalb von Geschäftsräumen bis zur Erteilung der geforderten Informationen gerechtfertigt; kein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch den Ausschluss der Haftung des Verbrauchers bei mangelnder Belehrung über sein Widerrufsrecht im Hinblick auf das angestrebte Ziel eines umfassenden Verbraucherschutzes; keine Prüfung der geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte; teilweise Zurückweisung des Antrags mangels Darlegung von Bedenken im Einzelnen bzw mangels unmittelbarer Betroffenheit der antragstellenden Gesellschaft

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
Fern- und Auswärtsgeschäfte-G §4, §10, §15, §16, §18
Verbraucherrechte-Richtlinie 2011/83/EU Art4, Art6, Art14, Art16
AEUV Art267
B-VG Art18
VfGG §62 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2017:G52.2016

 

Spruch:

I. Der Antrag auf Aufhebung von §4 Abs1, §10, §15 Abs4 letzter Satz, der Wortfolge "nachdem er ein Verlangen gemäß §10 erklärt und der Unternehmer hierauf mit der Vertragserfüllung begonnen hat" in §16 Abs1, §16 Abs2 und §18 Abs2 des Bundesgesetzes über Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz –FAGG), BGBl I Nr 33/2014, wird abgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Die antragstellende Gesellschaft, welche das Gewerbe der Bestattung ausübt und Bestattungsdienstleistungen erbringt, begehrt mit ihrem auf Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG gestützten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge "1. a) §15 Abs4 letzter Satz FAGG idF BGBl I 33/2014; b) die Wortfolge 'nachdem er ein Verlangen gemäß §10 erklärt und der Unternehmer hierauf mit der Vertragserfüllung begonnen hat' in §16 Abs1 FAGG idF BGBl I 33/2014; c) §16 Abs2 FAGG idF BGBl I 33/2014; d) §3 Z1 litb FAGG sowie die Wortfolge 'oder seine Vertragserklärung' in §4 Abs1 FAGG jeweils idF BGBl I 33/2014; e) §§1, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 18 und 19 sowie Anhang I FAGG jeweils idF BGBl I 33/2014; zur Gänze, in eventu zum Teil als verfassungswidrig aufheben; 2. in eventu §§1, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19 sowie Anhang I und II FAGG idF BGBl I 33/2014 zur Gänze, in eventu zum Teil als verfassungswidrig aufheben; 3. in eventu das FAGG idF BGBl I 33/2014 zur Gänze als verfassungswidrig aufheben; in eventu, falls die Verlautbarungsberichtigung des BGBl I 83/2015 auf das FAGG durchschlägt 4. a) §15 Abs4 letzter Satz FAGG idF BGBl I 83/2015; b) die Wortfolge 'nachdem er ein Verlangen gemäß §10 erklärt und der Unternehmer hierauf mit der Vertragserfüllung begonnen hat' in §16 Abs1 FAGG idF BGBl I 83/2015; c) §16 Abs2 FAGG idF BGBl I 83/2015; d) §3 Z1 litb FAGG sowie die Wortfolge 'oder seine Vertragserklärung' in §4 Abs1 FAGG jeweils idF BGBl I 83/2015; e) §§1, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 18 und 19 FAGG sowie Anhang I jeweils idF BGBl I 83/2015; zur Gänze, in eventu zum Teil als verfassungswidrig aufheben; 5. in eventu §§1, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19 sowie Anhang I und II FAGG idF BGBl I 83/2015 zur Gänze, in eventu zum Teil als verfassungswidrig aufheben; 6. in eventu das FAGG idF BGBl I 83/2015 zur Gänze als verfassungswidrig aufheben; sowie in allen obigen Fällen 7. der Republik Österreich gemäß §65a VfGG den Ersatz der Kosten auferlegen, wobei jedenfalls der Zuspruch aller regelmäßig anfallenden Kosten begehrt wird."

Darüber hinaus regt die antragstellende Gesellschaft an, "gemäß Art267 A[EU]V […] dem EuGH die Richtlinie 2011/83/EU zur Prüfung ihrer Vereinbarkeit mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens vorzulegen. Dabei möge insbesondere die Frage der Vereinbarkeit der VRRL mit den Art16, 17 und 20 GRC an den EuGH herangetragen werden."

II. Rechtslage

1. Die Bestimmungen der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. 2011 L 304, S 64, lauten:

"KAPITEL I

GEGENSTAND, BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND GELTUNGSBEREICH

 

[…]

 

Artikel 3

Geltungsbereich

 

(1) Diese Richtlinie gilt unter den Bedingungen und in dem Umfang, wie sie in ihren Bestimmungen festgelegt sind, für jegliche Verträge, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen werden. Sie gilt auch für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme, einschließlich durch öffentliche Anbieter, sofern diese Güter auf vertraglicher Basis geliefert werden.

 

[…]

 

(4) Die Mitgliedstaaten können beschließen, diese Richtlinie auf außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die vom Verbraucher zu zahlende Gegenleistung 50 EUR nicht überschreitet, nicht anzuwenden und keine entsprechenden nationalen Bestimmungen aufrechtzuerhalten oder einzuführen. Die Mitgliedstaaten können in den nationalen Rechtsvorschriften einen niedrigeren Schwellenwert festsetzen.

[…]

 

Artikel 4

Grad der Harmonisierung

 

Sofern diese Richtlinie nichts anderes bestimmt, erhalten die Mitgliedstaaten weder von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichende innerstaatliche Rechtsvorschriften aufrecht noch führen sie solche ein; dies gilt auch für strengere oder weniger strenge Rechtsvorschriften zur Gewährleistung eines anderen Verbraucherschutzniveaus.

 

[…]

 

KAPITEL III

INFORMATION DER VERBRAUCHER UND WIDERRUFSRECHT

BEI FERNABSATZ- UND AUSSERHALB VON

GESCHÄFTSRÄUMEN GESCHLOSSENEN VERTRÄGEN

 

Artikel 6

Informationspflichten bei Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen

 

(1) Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag im Fernabsatz oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, informiert der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über Folgendes:

 

[…]

 

h) im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts gemäß Artikel 11 Absatz 1 sowie das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B;

 

i) gegebenenfalls den Hinweis, dass der Verbraucher im Widerrufsfall die Kosten für die Rücksendung der Waren zu tragen hat und bei Fernabsatzverträgen die Kosten für die Rücksendung der Waren, wenn die Waren aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können;

 

j) den Hinweis, dass, falls der Verbraucher das Widerrufsrecht nach Erklärung eines Verlangens gemäß Artikel 7 Absatz 3 oder Artikel 8 Absatz 8 ausübt, der Verbraucher verpflichtet ist, dem Unternehmer einen angemessenen Betrag gemäß Artikel 14 Absatz 3 zu leisten;

 

[…]

 

(4) Die Informationen nach Absatz 1 Buchstaben h, i und j können mittels der Muster-Widerrufsbelehrung gemäß Anhang I Teil A gegeben werden. Die Informationspflicht des Unternehmers gemäß Absatz 1 Buchstaben h, i und j ist erfüllt, wenn der Unternehmer dieses Informationsformular zutreffend ausgefüllt dem Verbraucher übermittelt hat.

 

(5) Die Informationen nach Absatz 1 sind fester Bestandteil des Fernabsatzvertrags oder des außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrags und dürfen nicht geändert werden, es sei denn, die Vertragsparteien vereinbaren ausdrücklich etwas anderes.

 

(6) Ist der Unternehmer seiner Pflicht zur Information über die zusätzlichen und sonstigen Kosten gemäß Absatz 1 Buchstabe e oder über die Kosten für die Rücksendung der Waren gemäß Absatz 1 Buchstabe i nicht nachgekommen, so hat der Verbraucher die zusätzlichen und sonstigen Kosten nicht zu tragen.

 

(7)[…]

 

Artikel 7

Formale Anforderungen für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge

 

(1) Bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, stellt der Unternehmer die in Artikel 6 Absatz 1 vorgeschriebenen Informationen dem Verbraucher auf Papier oder, sofern der Verbraucher dem zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger bereit. Diese Informationen müssen lesbar und in klarer und verständlicher Sprache abgefasst sein.

 

(2) Der Unternehmer stellt dem Verbraucher eine Kopie des unterzeichneten Vertragsdokuments oder die Bestätigung des geschlossenen Vertrags auf Papier oder, sofern der Verbraucher dem zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger zur Verfügung, wobei diese Kopie gegebenenfalls auch die Bestätigung der vorher ausdrücklich erklärten Zustimmung und der Kenntnisnahme des Verbrauchers gemäß Artikel 16 Buchstabe m umfasst.

 

(3) Möchte ein Verbraucher, dass die Dienstleistung oder die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme während der Widerrufsfrist gemäß Artikel 9 Absatz 2 beginnt, so fordert der Unternehmer den Verbraucher dazu auf, ein entsprechendes ausdrückliches Verlangen auf einem dauerhaften Datenträger zu erklären.

 

(4) Wenn der Verbraucher bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, ausdrücklich die Dienste des Unternehmers zur Ausführung von Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten angefordert hat, der Unternehmer und der Verbraucher ihre vertraglichen Verpflichtungen sofort erfüllen und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 200 EUR nicht übersteigt, gilt:

 

a) Der Unternehmer stellt dem Verbraucher die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben b und c genannten Informationen sowie Informationen über die Höhe des Preises oder die Art der Preisberechnung zusammen mit einem Kostenvoranschlag über die Gesamtkosten auf Papier oder, wenn der Verbraucher dem zustimmt, einem anderen dauerhaften Datenträger zur Verfügung. Der Unternehmer stellt die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, h und k genannten Informationen zur Verfügung, kann jedoch davon absehen, diese auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen, wenn der Verbraucher sich damit ausdrücklich einverstanden erklärt.

 

b) Die gemäß Absatz 2 dieses Artikels bereitgestellte Bestätigung des Vertrags muss die in Artikel 6 Absatz 1 genannten Informationen beinhalten.

 

Die Mitgliedstaaten können beschließen, diesen Absatz nicht anzuwenden.

 

(5)[…]

 

Artikel 8

Formale Anforderungen bei Fernabsatzverträgen

 

(1) Bei Fernabsatzverträgen erteilt der Unternehmer die in Artikel 6 Absatz 1 vorgeschriebenen Informationen dem Verbraucher in klarer und verständlicher Sprache in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise bzw. stellt diese Informationen entsprechend zur Verfügung. Soweit diese Informationen auf einem dauerhaften Datenträger bereitgestellt werden, müssen sie lesbar sein.

 

(2) Wenn ein auf elektronischem Wege geschlossener Fernabsatzvertrag den Verbraucher zur Zahlung verpflichtet, weist der Unternehmer den Verbraucher klar und in hervorgehobener Weise, und unmittelbar bevor dieser seine Bestellung tätigt, auf die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, e, o und p genannten Informationen hin.

 

Der Unternehmer sorgt dafür, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist. Wenn der Bestellvorgang die Aktivierung einer Schaltfläche oder eine ähnliche Funktion umfasst, ist diese Schaltfläche oder entsprechende Funktion gut lesbar ausschließlich mit den Worten "zahlungspflichtig bestellen" oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung zu kennzeichnen, die den Verbraucher darauf hinweist, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer verbunden ist. Wenn der Unternehmer diesen Unterabsatz nicht einhält, ist der Verbraucher durch den Vertrag oder die Bestellung nicht gebunden.

 

(3) Auf Webseiten für den elektronischen Geschäftsverkehr wird spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs klar und deutlich angegeben, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsmittel akzeptiert werden.

 

(4) Wird der Vertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen, auf dem für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht, so hat der Unternehmer über das jeweilige Fernkommunikationsmittel vor dem Abschluss des Vertrags zumindest diejenigen vorvertraglichen Informationen zu erteilen, die die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, b, e, h und o genannten wesentlichen Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, die Identität des Unternehmers, den Gesamtpreis, das Widerrufsrecht, die Vertragslaufzeit und die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge betreffen. Die anderen in Artikel 6 Absatz 1 genannten Informationen hat der Unternehmer dem Verbraucher in geeigneter Weise im Einklang mit Absatz 1 dieses Artikels zu erteilen.

 

(5) Ruft der Unternehmer den Verbraucher im Hinblick auf den Abschluss eines Fernabsatzvertrags an, so hat er unbeschadet des Absatzes 4 zu Beginn des Gesprächs mit dem Verbraucher seine Identität und gegebenenfalls die Identität der Person, in deren Auftrag er anruft, sowie den geschäftlichen Zweck des Anrufs offenzulegen.

 

(6) Für Fernabsatzverträge, die telefonisch geschlossen werden, können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Unternehmer dem Verbraucher das Angebot bestätigen muss und der Verbraucher erst dann gebunden ist, wenn er das Angebot unterzeichnet oder sein schriftliches Einverständnis übermittelt hat. Die Mitgliedstaaten können ferner vorsehen, dass solche Bestätigungen auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen müssen.

 

(7) Der Unternehmer stellt dem Verbraucher die Bestätigung des geschlossenen Vertrags innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Abschluss des Fernabsatzvertrags auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung, und zwar spätestens bei der Lieferung der Waren oder bevor die Ausführung der Dienstleistung beginnt. Diese Bestätigung enthält:

 

a) alle in Artikel 6 Absatz 1 genannten Informationen, es sei denn, der Unternehmer hat dem Verbraucher diese Informationen bereits vor dem Abschluss des Fernabsatzvertrags auf einem dauerhaften Datenträger zukommen lassen, und

 

b) gegebenenfalls die Bestätigung der vorherigen ausdrücklichen Zustimmung und der Kenntnisnahme des Verbrauchers gemäß Artikel 16 Buchstabe m.

 

(8) Möchte ein Verbraucher, dass die Dienstleistung oder die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme während der Widerrufsfrist gemäß Artikel 9 Absatz 2 beginnt, so fordert der Unternehmer den Verbraucher dazu auf, ein entsprechendes ausdrückliches Verlangen zu erklären.

 

(9) Dieser Artikel berührt nicht die Bestimmungen über den Abschluss von elektronischen Verträgen und Bestellungen gemäß den Artikel 9 und 11 der Richtlinie 2000/31/EG .

 

(10) Die Mitgliedstaaten legen hinsichtlich der Erfüllung der in dieser Richtlinie festgelegten Informationspflichten keine weiteren formellen vorvertraglichen Informationsanforderungen fest.

 

 

Artikel 9

Widerrufsrecht

 

(1) Sofern nicht eine der Ausnahmen gemäß Artikel 16 Anwendung findet, steht dem Verbraucher eine Frist von 14 Tagen zu, in der er einen Fernabsatz- oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag ohne Angabe von Gründen und ohne andere Kosten als in Artikel 13 Absatz 2 und Artikel 14 vorgesehen widerrufen kann.

 

(2) Unbeschadet des Artikels 10 endet die in Absatz 1 dieses Artikels vorgesehene Widerrufsfrist

 

a) bei Dienstleistungsverträgen 14 Tage ab dem Tag des Vertragsabschlusses,

 

b) bei Kaufverträgen 14 Tage ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der Waren gelangt, oder

 

i) wenn der Verbraucher mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt hat, die getrennt geliefert werden, ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der letzten Ware gelangt,

 

ii) bei Lieferung einer Ware in mehreren Teilsendungen oder Stücken ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der letzten Teilsendung oder des letzten Stücks gelangt,

 

iii) bei Verträgen zur regelmäßigen Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum hinweg ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der ersten Ware gelangt,

 

c) bei Verträgen über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, von Fernwärme oder von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, 14 Tage ab dem Tag des Vertragsabschlusses.

 

(3) Die Mitgliedstaaten verbieten den Vertragsparteien eine Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen während der Widerrufsfrist nicht. Die Mitgliedstaaten können jedoch bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen innerstaatliche Rechtsvorschriften aufrechterhalten, die dem Unternehmer verbieten, innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Vertragsabschluss Zahlung vom Verbraucher zu fordern und entgegenzunehmen.

 

 

Artikel 10

Nichtaufklärung über das Widerrufsrecht

 

(1) Hat der Unternehmer den Verbraucher nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h über sein Widerrufsrecht belehrt, so läuft die Widerrufsfrist 12 Monate nach Ablauf der ursprünglichen Widerrufsfrist gemäß Artikel 9 Absatz 2 ab.

 

(2) Hat der Unternehmer dem Verbraucher die in Absatz 1 genannten Informationen binnen 12 Monaten ab dem in Artikel 9 Absatz 2 genannten Tag erteilt, so endet die Widerrufsfrist 14 Tage nach dem Tag, an dem der Verbraucher diese Informationen erhalten hat.

 

Artikel 11

Ausübung des Widerrufsrechts

 

(1) Der Verbraucher informiert den Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist über seinen Entschluss, den Vertrag zu widerrufen. Der Verbraucher kann zu diesem Zweck entweder

 

a) das Muster-Widerrufsformular des Anhangs I Teil B verwenden oder

 

b) eine entsprechende Erklärung in beliebiger anderer Form abgeben, aus der sein Entschluss zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgeht.

 

Die Mitgliedstaaten legen für das Muster-Widerrufsformular keine weiteren Formvorschriften außer den in Anhang I Teil B genannten fest.

 

(2) Die in Artikel 9 Absatz 2 und in Artikel 10 genannte Widerrufsfrist ist gewahrt, wenn der Verbraucher die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absendet.

 

(3) Der Unternehmer kann dem Verbraucher zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Möglichkeiten auch die Wahl einräumen, entweder das Muster-Widerrufsformular des Anhangs I Teil B oder eine entsprechende eindeutige Erklärung in beliebiger anderer Form auf der Webseite des Unternehmers elektronisch auszufüllen und abzuschicken. In diesen Fällen hat der Unternehmer dem Verbraucher unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger eine Bestätigung über den Eingang eines solchen Widerrufs zu übermitteln.

 

(4) Die Beweislast für die Ausübung des Widerrufsrechts nach diesem Artikel obliegt dem Verbraucher.

 

[…]

 

Artikel 13

Pflichten des Unternehmers im Widerrufsfall

 

(1) Der Unternehmer hat alle Zahlungen, die er vom Verbraucher erhalten hat, gegebenenfalls einschließlich der Lieferkosten, unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen 14 Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem er gemäß Artikel 11 über den Entschluss des Verbrauchers informiert wird, den Vertrag zu widerrufen.

 

Der Unternehmer nimmt die Rückzahlung gemäß Unterabsatz 1 unter Verwendung desselben Zahlungsmittels vor, das vom Verbraucher bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt wurde, es sei denn, mit dem Verbraucher wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart, und vorausgesetzt, für den Verbraucher fallen infolge einer solchen Rückzahlung keine Kosten an.

 

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 ist der Unternehmer nicht verpflichtet, zusätzliche Kosten zu erstatten, wenn sich der Verbraucher ausdrücklich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene, günstigste Standardlieferung entschieden hat.

 

(3) Bei Kaufverträgen kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren wieder zurückerhalten hat oder bis der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren zurückgeschickt hat, je nachdem, welches der frühere Zeitpunkt ist, es sei denn, der Unternehmer hat angeboten, die Waren selbst abzuholen.

 

Artikel 14

Pflichten des Verbrauchers im Widerrufsfall

 

(1) Der Verbraucher hat die Waren unverzüglich und in jedem Fall spätestens nach 14 Tagen ab dem Tag, an dem er dem Unternehmer gemäß Artikel 11 seinen Entschluss mitgeteilt hat, den Vertrag zu widerrufen, an den Unternehmer oder eine von diesem zur Entgegennahme der Waren ermächtigte Person zurückzusenden oder zu übergeben, es sei denn, der Unternehmer hat angeboten, die Waren selbst abzuholen. Die Frist ist gewahrt, wenn der Verbraucher die Waren vor Ablauf der Frist von 14 Tagen absendet.

 

Der Verbraucher hat nur die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren zu tragen, es sei denn, der Unternehmer hat sich bereit erklärt, diese Kosten zu tragen oder der Unternehmer hat es unterlassen, den Verbraucher darüber zu unterrichten, dass er diese Kosten zu tragen hat.

 

Im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert worden sind, holt der Unternehmer die Waren auf eigene Kosten ab, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie normalerweise nicht per Post zurückgesandt werden können.

 

(2) Der Verbraucher haftet für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist. Der Verbraucher haftet in keinem Fall für den Wertverlust der Waren, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.

 

(3) Übt ein Verbraucher das Widerrufsrecht aus, nachdem er ein Verlangen gemäß Artikel 7 Absatz 3 oder Artikel 8 Absatz 8 erklärt hat, so zahlt er dem Unternehmer einen Betrag, der verhältnismäßig dem entspricht, was bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher den Unternehmer von der Ausübung des Widerrufsrechts unterrichtet, im Vergleich zum Gesamtumfang der vertraglich vereinbarten Leistungen geleistet worden ist. Der anteilige Betrag, den der Verbraucher an den Unternehmer zu zahlen hat, wird auf der Grundlage des vertraglich vereinbarten Gesamtpreises berechnet. Ist der Gesamtpreis überhöht, so wird der anteilige Betrag auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung berechnet.

 

(4) Der Verbraucher hat nicht aufzukommen für:

 

a) Dienstleistungen, die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme, die während der Widerrufsfrist ganz oder teilweise erbracht wurden, wenn

 

i) der Unternehmer es unterlassen hat, die Informationen gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben h oder j bereitzustellen oder

 

ii) der Verbraucher nicht ausdrücklich gemäß Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 8 Absatz 8 verlangt hat, dass die Erbringung der Leistung während der Widerrufsfrist beginnen soll, oder

 

b) die vollständige oder teilweise Bereitstellung von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, wenn

 

i) der Verbraucher sich nicht zuvor ausdrücklich damit einverstanden erklärt hat, dass die Erfüllung des Vertrags vor Ablauf der Frist von 14 Tagen gemäß Artikel 9 beginnt, oder

 

ii) der Verbraucher nicht zur Kenntnis genommen hat, dass er mit seiner Zustimmung sein Widerrufsrecht verliert, oder

 

iii) der Unternehmer es unterlassen hat, eine Bestätigung gemäß Artikel 7 Absatz 2 oder Artikel 8 Absatz 7 zur Verfügung zu stellen.

 

(5) Sofern in Artikel 13 Absatz 2 und diesem Artikel nichts anderes vorgesehen ist, kann der Verbraucher aufgrund der Ausübung seines Widerrufsrechts nicht in Anspruch genommen werden.

 

[…]

 

Artikel 16

Ausnahmen vom Widerrufsrecht

 

Die Mitgliedstaaten sehen bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen kein Widerrufsrecht nach den Artikeln 9 bis 15 vor, wenn

 

a) bei Dienstleistungsverträgen die Dienstleistung vollständig erbracht worden ist, wenn der Unternehmer die Erbringung mit der vorherigen ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers und dessen Kenntnisnahme, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert, begonnen hatte;

 

[…]

 

c) Waren geliefert werden, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind;

 

[…]

 

f) Waren geliefert werden, die nach der Lieferung aufgrund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden;

 

[…]

 

h) es sich um Verträge handelt, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich zu einem Besuch aufgefordert hat, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen; erbringt der Unternehmer bei einem solchen Besuch weitere Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder liefert er Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden, so steht dem Verbraucher in Bezug auf diese zusätzlichen Dienstleistungen oder Waren ein Widerrufsrecht zu;

 

[…]

 

Artikel 23

Rechtsdurchsetzung

 

(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, mit denen die Einhaltung dieser Richtlinie sichergestellt wird.

 

(2) Die in Absatz 1 genannten Mittel schließen Rechtsvorschriften ein, nach denen eine oder mehrere der folgenden nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften bestimmten Einrichtungen gemäß dem jeweiligen innerstaatlichen Recht die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen kann bzw. können, um die Anwendung der innerstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie sicherzustellen:

 

a) öffentliche Einrichtungen oder ihre Vertreter;

b) Verbraucherverbände, die ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben;

c) Berufsverbände, die ein berechtigtes Interesse daran haben, tätig zu werden.

 

Artikel 24

Sanktionen

 

(1) Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, angemessen und abschreckend sein.

 

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Vorschriften bis zum 13. Dezember 2013 mit und unterrichten sie unverzüglich über etwaige spätere Änderungen dieser Vorschriften."

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz – FAGG), BGBl I 33/2014, lauten:

"1. Abschnitt

Allgemeines

Geltungsbereich

 

§1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (Fern- und Auswärtsgeschäfte) zwischen Unternehmern und Verbrauchern (§1 KSchG).

 

(2) Dieses Bundesgesetz gilt – soweit in §8 Abs4 nicht anderes bestimmt ist – nicht für Verträge,

1. die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden (§3 Z1) und bei denen das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt den Betrag von 50 Euro nicht überschreitet,

2. über soziale Dienstleistungen einschließlich der Bereitstellung und Vermietung von Sozialwohnungen, der Kinderbetreuung oder der Unterstützung von dauerhaft oder vorübergehend hilfsbedürftigen Familien oder Personen einschließlich Langzeitpflege,

3. über Gesundheitsdienstleistungen gemäß Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 2011/24/EU über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung, ABl. Nr L 88 vom 4.4.2011 S. 45, unabhängig davon, ob sie von einer Einrichtung des Gesundheitswesens erbracht werden, dies mit Ausnahme des Vertriebs von Arzneimitteln und Medizinprodukten im Fernabsatz,

4. über Glücksspiele, die einen geldwerten Einsatz verlangen, einschließlich Lotterien, Glücksspiele in Spielkasinos und Wetten,

5. über Finanzdienstleistungen,

6. über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten an unbeweglichen Sachen,

7. über den Bau von neuen Gebäuden, erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden oder die Vermietung von Wohnraum,

8. die in den Geltungsbereich der Richtlinie 90/314/EWG über Pauschalreisen, ABl. Nr L 158 vom 23.6.1990 S. 59, fallen,

9. die in den Geltungsbereich der Richtlinie 2008/122/EG über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschverträgen, ABl. Nr L 33 vom 3.2.2009 S. 10, fallen,

10. die vor einem öffentlichen Amtsträger geschlossen werden, der gesetzlich zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit verpflichtet ist und durch umfassende rechtliche Aufklärung sicherzustellen hat, dass der Verbraucher den Vertrag nur aufgrund gründlicher rechtlicher Prüfung und in Kenntnis seiner rechtlichen Tragweite abschließt,

11. über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die vom Unternehmer im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz des Verbrauchers geliefert werden,

12. die unter Verwendung von Warenautomaten oder automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden,

13. die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln mit Hilfe öffentlicher Fernsprecher zu deren Nutzung geschlossen werden oder die zur Nutzung einer einzelnen von einem Verbraucher hergestellten Telefon-, Internet- oder Faxverbindung geschlossen werden.

 

(3) Für Verträge über die Beförderung von Personen ist nur §8 anzuwenden.

 

(4) Soweit eine Bestimmung dieses Bundesgesetzes zu einer anderen Gesetzesbestimmung, die der Umsetzung eines sektorspezifischen Unionsrechtsakts dient, oder zu einem innerstaatlich unmittelbar anwendbaren Unionsrechtsakt in einem unlösbaren inhaltlichen Widerspruch steht, ist sie auf die von der kollidierenden Vorschrift erfassten Verträge nicht anzuwenden.

 

Zwingendes Recht

 

§2. Soweit Vereinbarungen zum Nachteil des Verbrauchers von den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes abweichen, sind sie unwirksam.

 

Begriffsbestimmungen

 

§3. In diesem Bundesgesetz bezeichnet der Ausdruck

1. 'außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag' jeden Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher,

a) der bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers an einem Ort geschlossen wird, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,

b) für den der Verbraucher unter den in lita genannten Umständen ein Angebot gemacht hat,

c) der in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen wird, unmittelbar nachdem der Verbraucher an einem anderen Ort als den Geschäftsräumen des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers oder dessen Beauftragten und des Verbrauchers persönlich und individuell angesprochen wurde, oder

d) der auf einem Ausflug geschlossen wird, der von einem Unternehmer oder von dessen Beauftragten in der Absicht oder mit dem Ergebnis organisiert wurde, dass der Unternehmer für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen beim Verbraucher wirbt oder werben lässt und entsprechende Verträge mit dem Verbraucher abschließt;

2. 'Fernabsatzvertrag' jeden Vertrag, der zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems geschlossen wird, wobei bis einschließlich des Zustandekommens des Vertrags ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet werden;

3. 'Geschäftsräume' unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, oder bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt;

4. 'öffentliche Versteigerung' eine Verkaufsmethode, bei der der Unternehmer Verbrauchern, die bei der Versteigerung persönlich anwesend sind oder denen diese Möglichkeit gewährt wird, Waren oder Dienstleistungen anbietet, und zwar in einem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkurrierenden Geboten basierenden transparenten Verfahren, bei dem der Bieter, der den Zuschlag erhalten hat, zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflichtet ist;

5. 'dauerhafter Datenträger' jedes Medium, das es dem Verbraucher oder dem Unternehmer gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann, und das die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht;

6. 'digitale Inhalte' Daten, die in digitaler Form hergestellt oder bereitgestellt werden;

7. 'akzessorischer Vertrag' einen Vertrag, mit dem der Verbraucher Waren oder Dienstleistungen erwirbt, die im Zusammenhang mit einem Fern- oder Auswärtsgeschäft stehen und bei dem diese Waren oder Dienstleistungen von dem Unternehmer oder einem Dritten auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen diesem Dritten und dem Unternehmer geliefert oder erbracht werden.

 

2. Abschnitt

Informationspflichten

Inhalt der Informationspflicht; Rechtsfolgen

 

§4. (1) Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag oder seine Vertragserklärung gebunden ist, muss ihn der Unternehmer in klarer und verständlicher Weise über Folgendes informieren:

1. die wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung in dem für das Kommunikationsmittel und die Ware oder Dienstleistung angemessenen Umfang,

2. den Namen oder die Firma des Unternehmers sowie die Anschrift seiner Niederlassung,

3. gegebenenfalls

a) die Telefonnummer, die Faxnummer und die E-Mail-Adresse, unter denen der Verbraucher den Unternehmer schnell erreichen und ohne besonderen Aufwand mit ihm in Verbindung treten kann,

b) die von der Niederlassung des Unternehmers abweichende Geschäftsanschrift, an die sich der Verbraucher mit jeder Beschwerde wenden kann, und

c) den Namen oder die Firma und die Anschrift der Niederlassung jener Person, in deren Auftrag der Unternehmer handelt, sowie die allenfalls abweichende Geschäftsanschrift dieser Person, an die sich der Verbraucher mit jeder Beschwerde wenden kann,

4. den Gesamtpreis der Ware oder Dienstleistung einschließlich aller Steuern und Abgaben, wenn aber der Preis aufgrund der Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung und gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer-, Versand- oder sonstigen Kosten oder, wenn diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, das allfällige Anfallen solcher zusätzlichen Kosten,

5. bei einem unbefristeten Vertrag oder einem Abonnementvertrag die für jeden Abrechnungszeitraum anfallenden Gesamtkosten, wenn für einen solchen Vertrag Festbeträge in Rechnung gestellt werden, die monatlichen Gesamtkosten, wenn aber die Gesamtkosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Art der Preisberechnung,

6. die Kosten für den Einsatz der für den Vertragsabschluss genutzten Fernkommunikationsmittel, sofern diese nicht nach dem Grundtarif berechnet werden,

7. die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Zeitraum, innerhalb dessen nach der Zusage des Unternehmers die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird, sowie ein allenfalls vorgesehenes Verfahren beim Umgang des Unternehmers mit Beschwerden,

8. bei Bestehen eines Rücktrittsrechts die Bedingungen, die Fristen und die Vorgangsweise für die Ausübung dieses Rechts, dies unter Zurverfügungstellung des Muster-Widerrufsformulars gemäß Anhang I Teil B,

9. gegebenenfalls die den Verbraucher im Fall seines Rücktritts vom Vertrag gemäß §15 treffende Pflicht zur Tragung der Kosten für die Rücksendung der Ware sowie bei Fernabsatzverträgen über Waren, die wegen ihrer Beschaffenheit üblicherweise nicht auf dem Postweg versendet werden, die Höhe der Rücksendungskosten,

10. gegebenenfalls die den Verbraucher im Fall seines Rücktritts vom Vertrag gemäß §16 treffende Pflicht zur Zahlung eines anteiligen Betrags für die bereits erbrachten Leistungen,

11. gegebenenfalls über das Nichtbestehen eines Rücktrittsrechts nach §18 oder über die Umstände, unter denen der Verbraucher sein Rücktrittsrecht verliert,

12. zusätzlich zu dem Hinweis auf das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts für die Ware gegebenenfalls das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienstleistungen und von gewerblichen Garantien,

13. gegebenenfalls bestehende einschlägige Verhaltenskodizes gemäß §1 Abs4 Z4 UWG und darüber, wie der Verbraucher eine Ausfertigung davon erhalten kann,

14. gegebenenfalls die Laufzeit des Vertrags oder die Bedingungen für die Kündigung unbefristeter Verträge oder sich automatisch verlängernder Verträge,

15. gegebenenfalls die Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht,

16. gegebenenfalls das Recht des Unternehmers, vom Verbraucher die Stellung einer Kaution oder anderer finanzieller Sicherheiten zu verlangen, sowie deren Bedingungen,

17. gegebenenfalls die Funktionsweise digitaler Inhalte einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen für solche Inhalte,

18. gegebenenfalls – soweit wesentlich – die Interoperabilität digitaler Inhalte mit Hard- und Software, soweit diese dem Unternehmer bekannt ist oder vernünftigerweise bekannt sein muss, und

19. gegebenenfalls die Möglichkeit des Zugangs zu einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren, dem der Unternehmer unterworfen ist, und die Voraussetzungen für diesen Zugang.

 

(2) Im Fall einer öffentlichen Versteigerung können anstelle der in Abs1 Z2 und 3 genannten Informationen die entsprechenden Angaben des Versteigerers übermittelt werden.

 

(3) Die Informationen nach Abs1 Z8, 9 und 10 können mittels der Muster-Widerrufsbelehrung gemäß Anhang I Teil A erteilt werden. Mit dieser formularmäßigen Informationserteilung gelten die genannten Informationspflichten des Unternehmers als erfüllt, sofern der Unternehmer dem Verbraucher das Formular zutreffend ausgefüllt übermittelt hat.

 

(4) Die dem Verbraucher nach Abs1 erteilten Informationen sind Vertragsbestandteil. Änderungen sind nur dann wirksam, wenn sie von den Vertragsparteien ausdrücklich vereinbart wurden.

 

(5) Hat der Unternehmer seine Pflicht zur Information über zusätzliche und sonstige Kosten nach Abs1 Z4 oder über die Kosten für die Rücksendung der Ware nach Abs1 Z9 nicht erfüllt, so hat der Verbraucher die zusätzlichen und sonstigen Kosten nicht zu tragen.

 

(6) Die Informationspflichten nach Abs1 gelten unbeschadet anderer Informationspflichten nach gesetzlichen Vorschriften, die auf der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABl. Nr L 376 vom 27.12.2006 S. 36, oder auf der Richtlinie 2000/31/EG über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt, ABl. Nr L 178 vom 17.7.2000 S. 1, beruhen.

 

Informationserteilung bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen

 

§5. (1) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen sind die in §4 Abs1 genannten Informationen dem Verbraucher auf Papier oder, sofern der Verbraucher dem zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen. Die Informationen müssen lesbar, klar und verständlich sein.

 

(2) Der Unternehmer hat dem Verbraucher eine Ausfertigung des unterzeichneten Vertragsdokuments oder die Bestätigung des geschlossenen Vertrags auf Papier oder, sofern der Verbraucher dem zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen. Gegebenenfalls muss die Ausfertigung oder Bestätigung des Vertrags auch eine Bestätigung der Zustimmung und Kenntnisnahme des Verbrauchers nach §18 Abs1 Z11 enthalten.

 

Vereinfachte Informationserteilung bei Handwerkerverträgen

 

§6. (1) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen über Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten, bei denen der Verbraucher das Kommen und die Dienste des Unternehmers zur Ausführung dieser Arbeiten ausdrücklich angefordert hat, das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt den Betrag von 200 Euro nicht übersteigt und beide Vertragsteile ihre vertraglichen Verpflichtungen sofort erfüllen, gelten für die Informationserteilung abweichend von §5 Abs1 die Bestimmungen des nachfolgenden Absatzes.

(2) Der Unternehmer hat dem Verbraucher die in §4 Abs1 Z2 und 3 lita und c genannten Informationen sowie Informationen über die Höhe des Preises oder die Art der Preisberechnung zusammen mit einem Kostenvoranschlag über die Gesamtkosten auf Papier oder, wenn der Verbraucher dem zustimmt, einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen. Überdies hat der Unternehmer dem Verbraucher die in §4 Abs1 Z1, 8 und 11 genannten Informationen zu erteilen, kann jedoch davon absehen, diese auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen, wenn sich der Verbraucher damit ausdrücklich einverstanden erklärt. Die nach §5 Abs2 zur Verfügung zu stellende Ausfertigung oder Bestätigung muss auch die in §4 Abs1 genannten Informationen enthalten.

 

Informationserteilung bei Fernabsatzverträgen

 

§7. (1) Bei Fernabsatzverträgen sind die in §4 Abs1 genannten Informationen dem Verbraucher klar und verständlich in einer dem verwendeten Fernkommunikationsmittel angepassten Art und Weise bereitzustellen. Werden diese Informationen auf einem dauerhaften Datenträger bereitgestellt, so müssen sie lesbar sein.

 

(2) Wird der Vertrag unter Verwendung eines Fernkommunikationsmittels geschlossen, bei dem für die Darstellung der Information nur begrenzter Raum oder begrenzte Zeit zur Verfügung steht, so hat der Unternehmer dem Verbraucher vor dem Vertragsabschluss über dieses Fernkommunikationsmittel zumindest die in §4 Abs1 Z1, 2, 4, 5, 8 und 14 genannten Informationen über die wesentlichen Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, den Namen des Unternehmers, den Gesamtpreis, das Rücktrittsrecht, die Vertragslaufzeit und die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge zu erteilen. Die anderen in §4 Abs1 genannten Informationen sind dem Verbraucher auf geeignete Weise unter Beachtung von Abs1 zu erteilen.

 

(3) Der Unternehmer hat dem Verbraucher innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Vertragsabschluss, spätestens jedoch mit der Lieferung der Waren oder vor dem Beginn der Dienstleistungserbringung, eine Bestätigung des geschlossenen Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen, die die in §4 Abs1 genannten Informationen enthält, sofern er diese Informationen dem Verbraucher nicht schon vor Vertragsabschluss auf einem dauerhaften Datenträger bereitgestellt hat. Gegebenenfalls muss die Vertragsbestätigung auch eine Bestätigung der Zustimmung und Kenntnisnahme des Verbrauchers nach §18 Abs1 Z11 enthalten.

 

Besondere Erfordernisse bei elektronisch geschlossenen Verträgen

 

§8. (1) Wenn ein elektronisch, jedoch nicht ausschließlich im Weg der elektronischen Post oder eines damit vergleichbaren individuellen elektronischen Kommunikationsmittels geschlossener Fernabsatzvertrag den Verbraucher zu einer Zahlung verpflichtet, hat der Unternehmer den Verbraucher, unmittelbar bevor dieser seine Vertragserklärung abgibt, klar und in hervorgehobener Weise auf die in §4 Abs1 Z1, 4, 5, 14 und 15 genannten Informationen hinzuweisen.

 

(2) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist. Wenn der Bestellvorgang die Aktivierung einer Schaltfläche oder die Betätigung einer ähnlichen Funktion erfordert, muss diese Schaltfläche oder Funktion gut lesbar ausschließlich mit den Worten 'zahlungspflichtig bestellen' oder einer gleichartigen, eindeutigen Formulierung gekennzeichnet sein, die den Verbraucher darauf hinweist, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer verbunden ist. Kommt der Unternehmer den Pflichten nach diesem Absatz nicht nach, so ist der Verbraucher an den Vertrag oder seine Vertragserklärung nicht gebunden.

 

(3) Auf Websites für den elektronischen Geschäftsverkehr ist spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs klar und deutlich anzugeben, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsmittel akzeptiert werden.

 

(4) Die Abs1 bis 3 gelten auch für die in §1 Abs2 Z8 genannten Verträge. Die Regelungen in Abs2 zweiter und dritter Satz gelten auch für die in §1 Abs2 Z2 und 3 genannten Verträge, sofern diese auf die in Abs1 angeführte Weise geschlossen werden.

 

Besondere Erfordernisse bei telefonisch geschlossenen Verträgen

 

§9. (1) Bei Ferngesprächen mit Verbrauchern, die auf den Abschluss eines Fernabsatzvertrags abzielen, hat der Unternehmer dem Verbraucher zu Beginn des Gesprächs seinen Namen oder seine Firma, gegebenenfalls den Namen der Person, in deren Auftrag er handelt, sowie den geschäftlichen Zweck des Gesprächs offenzulegen.

 

(2) Bei einem Fernabsatzvertrag über eine Dienstleistung, der während eines vom Unternehmer eingeleiteten Anrufs ausgehandelt wurde, ist der Verbraucher erst gebunden, wenn der Unternehmer dem Verbraucher eine Bestätigung seines Vertragsanbots auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellt und der Verbraucher dem Unternehmer hierauf eine schriftliche Erklärung über die Annahme dieses Anbots auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt.

 

Beginn der Vertragserfüllung vor Ablauf der Rücktrittsfrist

 

§10. Hat ein Fernabsatzvertrag oder ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag eine Dienstleistung, die nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge angebotene Lieferung von Wasser, Gas oder Strom oder die Lieferung von Fernwärme zum Gegenstand und wünscht der Verbraucher, dass der Unternehmer noch vor Ablauf der Rücktrittsfrist nach §11 mit der Vertragserfüllung beginnt, so muss der Unternehmer den Verbraucher dazu auffordern, ihm ein ausdrücklich auf diese vorzeitige Vertragserfüllung gerichtetes Verlangen – im Fall eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger – zu erklären.

 

3. Abschnitt

Rücktritt vom Vertrag Rücktrittsrecht und Rücktrittsfrist

 

§11. (1) Der Verbraucher kann von einem Fernabsatzvertrag oder einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zurücktreten.

 

(2) Die Frist zum Rücktritt beginnt

1. bei Dienstleistungsverträgen mit dem Tag des Vertragsabschlusses,

2. bei Kaufverträgen und sonstigen auf den entgeltlichen Erwerb einer Ware gerichteten Verträgen

a) mit dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter, nicht als Beförderer tätiger Dritter den Besitz an der Ware erlangt,

b) wenn der Verbraucher mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt hat, die getrennt geliefert werden, mit dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter, nicht als Beförderer tätiger Dritter den Besitz an der zuletzt gelieferten Ware erlangt,

c) bei Lieferung einer Ware in mehreren Teilsendungen mit dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter, nicht als Beförderer tätiger Dritter den Besitz an der letzten Teilsendung erlangt,

d) bei Verträgen über die regelmäßige Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum hinweg mit dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter, nicht als Beförderer tätiger Dritter den Besitz an der zuerst gelieferten Ware erlangt,

3. bei einem Vertrag, der die nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge angebotene Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, die Lieferung von Fernwärme oder die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger gespeicherten digitalen Inhalten zum Gegenstand hat, mit dem Tag des Vertragsabschlusses.

 

Unterbliebene Aufklärung über das Rücktrittsrecht

 

§12. (1) Ist der Unternehmer seiner Informationspflicht nach §4 Abs1 Z8 nicht nachgekommen, so verlängert sich die in §11 vorgesehene Rücktrittsfrist um zwölf Monate.

(2) Holt der Unternehmer die Informationserteilung innerhalb von zwölf Monaten ab dem gemäß §11 Abs2 für den Fristbeginn maßgeblichen Tag nach, so endet die Rücktrittsfrist 14 Tage nach dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher diese Information erhält.

 

Ausübung des Rücktrittsrechts

 

§13. (1) Die Erklärung des Rücktritts ist an keine bestimmte Form gebunden. Der Verbraucher kann dafür das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B verwenden. Die Rücktrittsfrist ist gewahrt, wenn die Rücktrittserklärung innerhalb der Frist abgesendet wird.

 

(2) Der Unternehmer kann dem Verbraucher auch die Möglichkeit einräumen, das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B oder eine anders formulierte Rücktrittserklärung auf der Website des Unternehmers elektronisch auszufüllen und abzuschicken. Gibt der Verbraucher eine Rücktrittserklärung auf diese Weise ab, so hat ihm der Unternehmer unverzüglich eine Bestätigung über den Eingang der Rücktrittserklärung auf einem dauerhaften Datenträger zu übermitteln.

 

Pflichten des Unternehmers bei Rücktritt des Verbrauchers vom Vertrag

 

§14. (1) Tritt der Verbraucher nach §11 Abs1 vom Vertrag zurück, so hat der Unternehmer alle vom Verbraucher geleisteten Zahlungen, gegebenenfalls einschließlich der Lieferkosten, unverzüglich, spätestens jedoch binnen 14 Tagen ab Zugang der Rücktrittserklärung zu erstatten. Er hat für die Rückzahlung dasselbe Zahlungsmittel zu verwenden, dessen sich der Verbraucher für die Abwicklung seiner Zahlung bedient hat; die Verwendung eines anderen Zahlungsmittels ist aber dann zulässig, wenn dies mit dem Verbraucher ausdrücklich vereinbart wurde und dem Verbraucher dadurch keine Kosten anfallen.

 

(2) Hat sich der Verbraucher ausdrücklich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden, so hat er keinen Anspruch auf Erstattung der ihm dadurch entstandenen Mehrkosten.

 

(3) Bei Kaufverträgen und sonstigen auf den entgeltlichen Erwerb einer Ware gerichteten Verträgen kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er entweder die Ware wieder zurückerhalten oder ihm der Verbraucher einen Nachweis über die Rücksendung der Ware erbracht hat; dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Ware selbst abzuholen.

 

Pflichten des Verbrauchers bei Rücktritt vom Kaufvertrag

 

§15. (1) Tritt der Verbraucher nach §11 Abs1 von einem Kaufvertrag oder einem sonstigen auf den entgeltlichen Erwerb einer Ware gerichteten Vertrag zurück, so hat er die empfangene Ware unverzüglich, spätestens jedoch binnen 14 Tagen ab Abgabe der Rücktrittserklärung, an den Unternehmer zurückzustellen; dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Ware selbst abzuholen. Die Rückstellungsfrist ist gewahrt, wenn die Ware innerhalb der Frist abgesendet wird.

 

(2) Die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Ware sind vom Verbraucher zu tragen; dies gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen, oder wenn er es unterlassen hat, den Verbraucher über dessen Kostentragungspflicht zu unterrichten.

 

(3) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Ware zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert wurde, hat der Unternehmer die Ware auf eigene Kosten abzuholen, wenn solche Waren wegen ihrer Beschaffenheit üblicherweise nicht auf dem Postweg versendet werden.

 

(4) Der Verbraucher hat dem Unternehmer nur dann eine Entschädigung für eine Minderung des Verkehrswerts der Ware zu zahlen, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Ware nicht notwendigen Umgang mit derselben zurückzuführen ist. Der Verbraucher haftet in keinem Fall für einen Wertverlust der Ware, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß §4 Abs1 Z8 über sein Rücktrittsrecht belehrt wurde.

(5) Außer den in dieser Bestimmung angeführten Zahlungen und allfälligen Mehrkosten nach §14 Abs2 dürfen dem Verbraucher wegen seines Rücktritts keine sonstigen Lasten auferlegt werden.

 

Pflichten des Verbrauchers bei Rücktritt von einem Vertrag über Dienstleistungen, Energie- und Wasserlieferungen oder digitale Inhalte

 

§16. (1) Tritt der Verbraucher nach §11 Abs1 von einem Vertrag über Dienstleistungen oder über die in §10 genannten Energie- und Wasserlieferungen zurück, nachdem er ein Verlangen gemäß §10 erklärt und der Unternehmer hierauf mit der Vertragserfüllung begonnen hat, so hat er dem Unternehmer einen Betrag zu zahlen, der im Vergleich zum vertraglich vereinbarten Gesamtpreis verhältnismäßig den vom Unternehmer bis zum Rücktritt erbrachten Leistungen entspricht. Ist der Gesamtpreis überhöht, so wird der anteilig zu zahlende Betrag auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistungen berechnet.

 

(2) Die anteilige Zahlungspflicht nach Abs1 besteht nicht, wenn der Unternehmer seiner Informationspflicht nach §4 Abs1 Z8 und 10 nicht nachgekommen ist.

 

(3) Tritt der Verbraucher nach §11 Abs1 von einem Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger gespeicherten digitalen Inhalten zurück, so trifft ihn für bereits erbrachte Leistungen des Unternehmers keine Zahlungspflicht.

 

(4) Außer der in Abs1 angeführten Zahlung dürfen dem Verbraucher wegen seines Rücktritts keine sonstigen Lasten auferlegt werden.

 

Auswirkungen des Rücktritts auf akzessorische Verträge

 

§17. Tritt der Verbraucher nach §11 Abs1 vom Vertrag zurück, so gilt der Rücktritt auch für einen akzessorischen Vertrag. Außer den in §§15 und 16 angeführten Zahlungen dürfen dem Verbraucher daraus keine sonstigen Lasten auferlegt werden.

 

Ausnahmen vom Rücktrittsrecht

 

§18. (1) Der Verbraucher hat kein Rücktrittsrecht bei Fernabsatz- oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen über

1. Dienstleistungen, wenn der Unternehmer – auf Grundlage eines ausdrücklichen Verlangens des Verbrauchers nach §10 sowie einer Bestätigung des Verbrauchers über dessen Kenntnis vom Verlust des Rücktrittsrechts bei vollständiger Vertragserfüllung – noch vor Ablauf der Rücktrittsfrist nach §11 mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen hatte und die Dienstleistung sodann vollständig erbracht wurde,

2. Waren oder Dienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Rücktrittsfrist auftreten können,

3. Waren, die nach Kundenspezifikationen angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind,

4. Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde,

5. Waren, die versiegelt geliefert werden und aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind, sofern deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,

6. Waren, die nach ihrer Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden,

7. alkoholische Getränke, deren Preis bei Vertragsabschluss vereinbart wurde, die aber nicht früher als 30 Tage nach Vertragsabschluss geliefert werden können und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat,

8. Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware, die in einer versiegelten Packung geliefert werden, sofern deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,

9. Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierte mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen über die Lieferung solcher Publikationen,

10. Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung zu anderen als zu Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Vermietung von Kraftfahrzeugen sowie Lieferung von Speisen und Getränken und Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen erbracht werden, sofern jeweils für die Vertragserfüllung durch den Unternehmer ein bestimmter Zeitpunkt oder Zeitraum vertraglich vorgesehen ist,

11. die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger gespeicherten digitalen Inhalten, wenn der Unternehmer – mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers, verbunden mit dessen Kenntnisnahme vom Verlust des Rücktrittsrechts bei vorzeitigem Beginn mit der Vertragserfüllung, und nach Zurverfügungstellung einer Ausfertigung oder Bestätigung nach §5 Abs2 oder §7 Abs3 – noch vor Ablauf der Rücktrittsfrist nach §11 mit der Lieferung begonnen hat.

 

(2) Der Verbraucher hat weiters kein Rücktrittsrecht bei Verträgen über dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich zu einem Besuch zur Ausführung dieser Arbeiten aufgefordert hat. Erbringt der Unternehmer bei einem solchen Besuch weitere Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder liefert er Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden, so steht dem Verbraucher hinsichtlich dieser zusätzlichen Dienstleistungen oder Waren das Rücktrittsrecht zu.

 

(3) Dem Verbraucher steht schließlich kein Rücktrittsrecht bei Verträgen zu, die auf einer öffentlichen Versteigerung geschlossen werden.

 

4. Abschnitt

Strafbestimmungen

 

§19. Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, begeht ein Unternehmer eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 1 450 Euro zu bestrafen, wenn er

1. in die gemäß §4 Abs1 gebotenen vorvertraglichen Informationen falsche Angaben aufnimmt oder die Informationspflichten gemäß §4 Abs1 nicht oder nicht vollständig erfüllt,

2. gegen eine der in §5 Abs1, §6 Abs2 und §7 Abs1 und 2 getroffenen Anordnungen über die Art der Informationsverteilung verstößt,

3. dem Verbraucher entgegen §5 Abs2 oder §7 Abs3 keine Vertragsausfertigung oder -bestätigung zur Verfügung stellt;

4. seine besonderen vorvertraglichen Informationspflichten bei elektronisch geschlossenen Verträgen gemäß §8 Abs1 und 3 nicht oder nicht vollständig erfüllt;

5. ein Ferngespräch beginnt, ohne zu Beginn des Gesprächs den Namen (die Firma) des Unternehmers, gegebenenfalls den Namen der Person, in deren Auftrag er handelt, sowie den geschäftlichen Zweck des Gesprächs gemäß §9 Abs1 offenzulegen;

6. es unterlässt, dem Verbraucher gemäß §13 Abs2 eine Bestätigung über den Eingang der Rücktrittserklärung auf einem dauerhaften Datenträger zu übermitteln;

7. gegen seine Erstattungspflicht nach §14 Abs1 verstößt.

 

[…]

 

ANHANG I

Informationen zur Ausübung des Widerrufsrechts

A. Muster-Widerrufsbelehrung

 

Widerrufsrecht

 

Sie haben das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu widerrufen.

Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag [1].

Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns ( [2] ) mittels einer eindeutigen Erklärung (z. B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist. [3]

 

Zur Wahrung der Widerrufsfrist reicht es aus, dass Sie die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absenden.

 

Folgen des Widerrufs

 

Wenn Sie diesen Vertrag widerrufen, haben wir Ihnen alle Zahlungen, die wir von Ihnen erhalten haben, einschließlich der Lieferkosten (mit Ausnahme der zusätzlichen Kosten, die sich daraus ergeben, dass Sie eine andere Art der Lieferung als die von uns angebotene, günstigste Standardlieferung gewählt haben), unverzüglich und spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem die Mitteilung über Ihren Widerruf dieses Vertrags bei uns eingegangen ist. Für diese Rückzahlung verwenden wir dasselbe Zahlungsmittel, das Sie bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt haben, es sei denn, mit Ihnen wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart; in keinem Fall werden Ihnen wegen dieser Rückzahlung Entgelte berechnet. [4] [5] [6]

 

Gestaltungshinweise:

 

[1.] Fügen Sie einen der folgenden in Anführungszeichen gesetzten Textbausteine ein:

a) im Falle eines Dienstleistungsvertrags oder eines Vertrags über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, von Fernwärme oder von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden: 'des Vertragsabschlusses.';

b) im Falle eines Kaufvertrags: ', an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die Waren in Besitz genommen haben bzw. hat.';

c) im Falle eines Vertrags über mehrere Waren, die der Verbraucher im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt hat und die getrennt geliefert werden: ', an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die letzte Ware in Besitz genommen haben bzw. hat.';

d) im Falle eines Vertrags über die Lieferung einer Ware in mehreren Teilsendungen oder Stücken: ', an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die letzte Teilsendung oder das letzte Stück in Besitz genommen haben bzw. hat.';

e) im Falle eines Vertrags zur regelmäßigen Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum hinweg: ', an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die erste Ware in Besitz genommen haben bzw. hat.'

 

[2.] Fügen Sie Ihren Namen, Ihre Anschrift und, soweit verfügbar, Ihre Telefonnummer, Faxnummer und E-Mail-Adresse ein.

 

[3.] Wenn Sie dem Verbraucher die Wahl einräumen, die Information über seinen Widerruf des Vertrags auf Ihrer Webseite elektronisch auszufüllen und zu übermitteln, fügen Sie Folgendes ein: 'Sie können das Muster-Widerrufsformular oder eine andere eindeutige Erklärung auch auf unserer Webseite [Internet-Adresse einfügen] elektronisch ausfüllen und übermitteln. Machen Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch, so werden wir Ihnen unverzüglich (z. B. per E-Mail) eine Bestätigung über den Eingang eines solchen Widerrufs übermitteln.'

 

[4.] Im Falle von Kaufverträgen, in denen Sie nicht angeboten haben, im Fall des Widerrufs die Waren selbst abzuholen, fügen Sie Folgendes ein: 'Wir können die Rückzahlung verweigern, bis wir die Waren wieder zurückerhalten haben oder bis Sie den Nachweis erbracht haben, dass Sie die Waren zurückgesandt haben, je nachdem, welches der frühere Zeitpunkt ist.'

 

[5.] Wenn der Verbraucher Waren im Zusammenhang mit dem Vertrag erhalten hat:

a) Fügen Sie ein: – 'Wir holen die Waren ab.' oder – 'Sie haben die Waren unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag, an dem Sie uns über den Widerruf dieses Vertrags unterrichten, an … uns oder an [hier sind gegebenenfalls der Name und die Anschrift der von Ihnen zur Entgegennahme der Waren ermächtigten Person einzufügen] zurückzusenden oder zu übergeben. Die Frist ist gewahrt, wenn Sie die Waren vor Ablauf der Frist von vierzehn Tagen absenden.'

b) Fügen Sie ein: – 'Wir tragen die Kosten der Rücksendung der Waren.'; – 'Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren.'; – Wenn Sie bei einem Fernabsatzvertrag nicht anbieten, die Kosten der Rücksendung der Waren zu tragen, und die Waren aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht normal mit der Post zurückgesandt werden können: 'Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren in Höhe von … EUR [Betrag einfügen].', oder wenn die Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können: 'Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. Die Kosten werden auf höchstens etwa … EUR [Betrag einfügen] geschätzt.' oder – wenn die Waren bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht normal mit der Post zurückgesandt werden können und zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert worden sind: 'Wir holen die Waren auf unsere Kosten ab.' und

c) Fügen Sie ein: 'Sie müssen für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur aufkommen, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit ihnen zurückzuführen ist.'

 

[6.] Im Falle eines Vertrags zur Erbringung von Dienstleistungen oder der Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme fügen Sie Folgendes ein: 'Haben Sie verlangt, dass die Dienstleistungen oder Lieferung von Wasser/Gas/Strom/Fernwärme [Unzutreffendes streichen] während der Widerrufsfrist beginnen soll, so haben Sie uns einen angemessenen Betrag zu zahlen, der dem Anteil der bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie uns von der Ausübung des Widerrufsrechts hinsichtlich dieses Vertrags unterrichten, bereits erbrachten Dienstleistungen im Vergleich zum Gesamtumfang der im Vertrag vorgesehenen Dienstleistungen entspricht.'

 

[…]."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. In ihrem Antrag bringt die antragstellende Gesellschaft vor, dass sie das Gewerbe der Bestattung nach §94 Z6 GewO ausübe und Bestattungsdienstleistungen verschiedener Art erbringe. Dabei schließe sie Verträge mit den Angehörigen der Verstorbenen nicht nur in ihren Geschäftsräumlichkeiten, sondern regelmäßig auch außerhalb; auch würden Verträge über die Erbringung von Bestattungsdienstleistungen telefonisch und per E-Mail abgeschlossen. Damit unterliege die antragstellende Gesellschaft dem Regime des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes. Ob ein Dienstleistungs- oder Kaufvertrag vorliege, richte sich im Einzelfall nach dem individuell ausgehandelten Vertrag.

2. Das angefochtene Gesetz bewirke selbst einen unmittelbaren Eingriff in die Rechte der antragstellenden Gesellschaft, ohne dass es eines dazwischentretenden Rechtsaktes bedürfe. Dies betreffe sowohl die Informationspflichten als auch die Rechtsfolgen der Verletzung derselben. Ferner sei der Eingriff durch das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz auf Grund der Pflicht zur Informationserteilung und der an die Verletzung dieser Pflicht knüpfenden Rechtsfolgen bestimmt. Auch sei der Eingriff aktuell, weil die antragstellende Gesellschaft seit Inkrafttreten der Bestimmungen am 13. Juni 2014 diese regelmäßig in Verbrauchergeschäften zu befolgen habe und der Eingriff nachteilig sei.

3. Hinsichtlich des Nichtvorliegens eines zumutbaren anderen Weges, die Frage der Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, bringt die antragstellende Gesellschaft vor, dass ein Verstoß gegen die Informationspflichten nach §4 Abs1 FAGG mit einer Verwaltungsstrafe bedroht sei. Die Provokation eines Verwaltungsstrafverfahrens stelle keinen zumutbaren anderen Weg dar, um die Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Auch in Bezug auf jene Bestimmungen, deren Verletzung nicht explizit mit Verwaltungsstrafdrohungen belegt seien, stehe der antragstellenden Gesellschaft kein zumutbarer anderer Weg offen, da sie gegen ihre Pflichten und Obliegenheiten verstoßen und sohin den Entfall von Entgeltansprüchen in Kauf nehmen müsste, um ein Zivilverfahren zu provozieren. Damit müsste die antragstellende Gesellschaft allenfalls ein rechtlich verpöntes Verhalten in Gestalt der Verletzung von konsumentenschutzrechtlichen Pflichten auf sich nehmen. Mit Rücksicht auf das Gewicht der Rechtsfolge im Verhältnis zur gewollten Wirkung sei die Provokation eines Zivilverfahrens nicht zumutbar. Zudem könnte die antragstellende Gesellschaft im Falle eines Verstoßes gegen konsumentenschutzrechtliche Normen Verbandsklagen gemäß §§28a f. KSchG sowie – infolge von Verstößen gegen das UWG – wettbewerbsrechtlichen Klagen durch Mitbewerber (§14 UWG) ausgesetzt sein, was ebenfalls als unzumutbar einzustufen sei.

4. Ihre Bedenken legt die antragstellende Gesellschaft im Einzelnen wie folgt dar:

"A. Einleitung

 

1. Vorbemerkung

 

Das Bundesgesetz über Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, BGBl I 33/2014 idF BGBl I 83/2015, (im Folgenden kurz 'FAGG') enthält zwingende Schutzbestimmungen zugunsten von Verbrauchern, wenn diese mit Unternehmern Verträge außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatzwege abschließen. Die wesentliche Struktur des Schutzmechanismus besteht darin, dass umfangreiche Informationspflichten des Unternehmers und weitgehende Rücktrittsrechte für den Verbraucher normiert werden. In – wie zu zeigen sein wird: verfassungswidrig zu weitgehender – Weise; verschärft wird dies dadurch, dass bei (auch bloß geringfügigen) Verstößen des Unternehmers gegen seine Verpflichtungen dem Verbraucher ein Rücktrittsrecht unter Entfall seiner Zahlungsverpflichtung auch dann zusteht, wenn der Unternehmer seine Leistung schon mangelfrei erbracht hat.

 

Das FAGG ist in seinen wesentlichen Teilen am 13.06.2014 in Kraft getreten und erging in Umsetzung der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 25[.] Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher (ABl Nr L 304 vom 22.11.2011, 64). Diese Richtlinie ließ dem nationalen Gesetzgeber kaum Spielraum bei der Umsetzung, insbesondere sind die vor dem Hintergrund der österreichischen Verfassungsrechtslage für verfassungswidrig befundenen Strukturmerkmale schon in der Richtlinie enthalten. Aus eben diesen Gründen steht die Richtlinie selbst bereits nicht in Einklang mit höherrangigem Unionsrecht, insbesondere der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Im Rahmen des vorliegenden Individualantrages wird daher die Vorlage dieser unionsrechtlichen Frage an den EuGH angeregt (siehe unten Punkt D).

 

Was die innerstaatliche Rechtslage betrifft, so verstößt das FAGG – wie unten im Detail dargetan wird – gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte der Eigentumsfreiheit (Art5 StGG), der Erwerbsfreiheit (Art6 StGG), das Bestimmtheitsgebot (Art18 B‑VG) sowie den Gleichheitssatz und das daraus resultierenden Sachlichkeitsgebot (Art7 B‑VG).

 

2. Aktuelle Rechtslage

 

2.1 Zum Verhältnis des FAGG und der EU-Richtlinie

 

Das FAGG beruht auf der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 25[.] Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher (ABl Nr L 304 vom 22.11.2011, 64; im Folgenden kurz 'Verbraucherrechtrichtlinie' bzw 'VRRL' genannt) und wurde diese weitgehend vollharmonisierte Richtlinie mit diesem Gesetz in den Bestand der Österreichischen Rechtsordnung transformiert. Ein Ermessensspielraum bei der Umsetzung stand dem Österreichischen Gesetzgeber daher bis auf wenige Ausnahmen (vgl zB Art5 Abs4, Art7 Abs4 litb, Art9 Abs3 oder Art15 Abs2 VRRL) – nicht offen. Die hier interessierenden Bestimmungen der Verbraucherrechtrichtlinie ließen – abgesehen von der Sanktionsbestimmung des Art24 VRRL – jedenfalls keinen Ermessensspielraum offen und waren daher de facto eins zu eins im FAGG umzusetzen.

 

[…]

 

C. Zur Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen

 

1. Maßgeblicher Sachverhalt für die Darlegung der Verfassungswidrigkeit

 

Seitens der Antragstellerin als Bestattungsunternehmen iSd reglementierten Gewerbes nach §94 Z6 GewO werden regelmäßig insbesondere nachfolgende Leistungen am Markt angeboten:

 

- Waschen und Ankleiden des Verstorbenen

- Überführung des Leichnams vom Sterbeort zum Friedhof

- Aufbahrung des Verstorbenen am Friedhof

- Beistellung von Requisiten

- Verkauf des Sarges / Urne

- Erstellung von Parten

- Erstellung von Gedenkbildern

- Übernahme einzelner / aller Behördenwege

- Organisation der Bestattung und der Trauerfeier

 

Diese – nur beispielhaft – aufgezählten angebotenen Leistungen können seitens des Kunden sowohl in ihrer Gesamtheit als auch nur in Teilen in Anspruch genommen werden. Je nachdem welche Leistungen – auf Basis der individuellen Vereinbarung mit dem Verbraucher – die Antragstellerin zu erbringen hat, liegt ein Kaufvertrag, ein Dienstleistungsvertrag oder ein sogenannter 'gemischter Vertrag' (mit Kaufvertrags- und Dienstleistungselementen) vor.

 

1.1 Abschluss von Verträgen außerhalb von Geschäftsräumen

 

Die Beauftragung der Antragstellerin betreffend die oben exemplarisch angeführten Leistungen erfolgt von Fall zu Fall recht unterschiedlich. So ist sowohl der Abschluss des Vertrages zwischen Antragstellerin und den einzelnen Kunden in den Geschäftsräumlichkeiten der Antragstellerin als auch die Beauftragung außerhalb derselben – zB in der Wohnung der Angehörigen etc – möglich, und kommt vor allem auch der zweitgenannte Fall regelmäßig vor. Dies ist, zB auch aber nicht nur, dadurch bedingt, dass es sich bei dem Hinterbliebenen oft um den Ehepartner des Verstorbenen (und somit um ältere Personen) handelt, die – abgesehen von der nachvollziehbaren Schwächung durch den Trauerfall – aufgrund ihres meist schon fortgeschrittenen Alters körperlich bereits eingeschränkt sind und somit die notwendige Mobilität zur Aufsuchung der Geschäftsräume der Antragstellerin meist nicht mehr vorhanden ist. Hausbesuche und damit einhergehend der Vertragsabschluss außerhalb der Geschäftsräumlichkeiten der Antragstellerin stellen daher keinesfalls eine Ausnahme oder gar eine in der Praxis nicht vorkommende Sonderkonstellation dar.

 

1.2 Abschluss von Verträgen im Fernabsatz

 

Neben dem Abschluss von Verträgen außerhalb der Geschäftsräumlichkeiten werden die angebotenen Bestattungsleistungen auch per E-Mail oder per Telefon beauftragt.

 

Im Fall des Ablebens einer Person wird die Antragstellerin telefonisch hierrüber in Kenntnis gesetzt (zB von den Angehörigen, einem Krankenhaus oder einem Pflegeheim) und gebeten, den Verstorbenen abzuholen und zum Friedhof zu überführen. Diese telefonische Auftragserteilung – betreffend die Abholung des Verstorbenen – stellt den absoluten Regelfall dar.

 

Darüber hinaus werden – sofern die Angehörigen im Ausland verweilen – die genauen Bestattungsmodalitäten per E-Mail abgeklärt und die Antragstellerin auch auf diesem Wege beauftragt.

 

1.3 Zur Anwendung des FAGG

 

Aufgrund der vorstehend skizzierten Begebenheiten kommen die Regelungen des FAGG für die Antragstellerin voll zum Tragen. So hat sie beim Abschluss eines Vertrages (außerhalb der Geschäftsräume, im Wege des Fernabsatzes telefonisch oder per E-Mail) den umfassenden Informationspflichten des FAGG nachzukommen.

 

Wird die Antragstellerin nunmehr nach einem Todesfall – auf welche Art und Weise auch immer – kontaktiert, so hat diese von Gesetzes wegen folgende Handlungen vorzunehmen (die Erteilung sämtlicher für den konkreten Geschäftsfall relevanter Informationen entsprechend der Liste des §4 Abs1 FAGG insbesondere Folgende):

 

– Belehrung der Hinterbliebenen über ihr Rücktrittsrecht samt Übergabe des Widerrufsformulars (§4 Abs1 Z8 FAGG)

– Belehrung über Ausübung und Abwicklung des Rücktrittsrechtes (§4 Abs1 Z8 FAGG)

– Belehrung über die Umstände unter denen der Verbraucher das Rücktrittsrecht verliert (§4 Abs1 Z11 iVm §18 Abs1 Z1 FAGG)

– Belehrung über das Nichtbestehen des Rücktrittsrechts (§4 Abs1 Z11 iVm zB §18 Abs1 Z3 FAGG)

– im Falle des sofortigen Beginns der Leistungserbringung (zB Abholung des Leichnams) ist der Verbraucher aufzufordern, dies ausdrücklich zu verlangen (§10 FAGG)

– bei Durchführung der Bestattung ist der Verbraucher ebenfalls aufzufordern, dies ausdrücklich zu verlangen (§10 FAGG), auch wenn §15 des Oberösterreichischen Leichenbestattungsgesetzes die Bestattung längstens binnen 6 Tagen zwingend vorsieht.

– Einholung einer Bestätigung über den Verlust des Rücktrittsrechts bei Beginn der Leistungserbringung innerhalb der Rücktrittsfrist nach vollständiger Erbringung der Dienstleistung (§18 Abs1 Z1 FAGG).

 

Dass eine solche Litanei an Belehrungen aus Sicht jener Personen, die gerade einen Todesfall zu beklagen haben, nicht gerade angebracht erscheint, dürfte wohl jedermann einleuchtend sein. Bei einem Bestattungsunternehmen mutet darüber hinaus die Belehrung über eine mögliche Rückabwicklung des Vertrages auch ein wenig skurril an. Darüber hinaus ergeben sich in der Praxis auch noch folgende Problemfelder:

 

1.4 Zur Form der Informationserteilung

 

Die vorstehend aufgezählten Informationen müssen je nach Art des Vertragsabschlusses entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zur Verfügung gestellt werden.

 

a) außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge

 

Die Informationen sind kraft Gesetzes 'auf Papier' oder – was aber praktisch im Falle des Besuchs in der Wohnung wenig relevant sein wird – und auch nur, sofern der Verbraucher dem zustimmt – auf einem anderen 'dauerhaften Datenträger' bereitzustellen (§5 Abs1 FAGG). Dies hat zu erfolgen, bevor der Verbraucher durch den Vertrag oder seine Vertragserklärung gebunden ist (§4 Abs1 erster Satz FAGG). Das 'ausdrückliche Verlangen' ist 'auf einem dauerhaften Datenträger' zu erklären (§10 FAGG). Praktisch wird dies aber ebenfalls 'auf Papier' zu erfolgen haben. Für die Bestätigung der Kenntnisnahme bzw die Kenntnisnahme vom Verlust des Rücktrittsrechts sieht das Gesetz zwar kein Formalerfordernis vor, doch ist aus Beweisgründen praktisch auch hier eine Einholung 'auf Papier' geboten.

 

Da die Beweislast für die Erfüllung der Informationspflichten dem Unternehmer obliegt (dies folgt bereits aus Art6 Abs9 VRRL) und der Unternehmer dem Verbraucher nach Vertragsschluss auch eine Ausfertigung des unterzeichneten Vertrages oder die Bestätigung des geschlossenen Vertrages grundsätzlich wiederum auf Papier bereitzustellen hat, wird der Unternehmer ein umfangreiches Vertragsmuster, das sämtliche Informationen, Erklärungen, Bestätigungen bzw Verlangen enthält, aber vor Ort richtig auf den konkreten Geschäftsfall angepasst werden muss, und – zwar in zweifacher Ausfertigung dem Kunden – vorlegen.

 

b) Fernabsatzverträge

 

Bei Abschluss eines Vertrages im Wege des Fernabsatzes haben die Informationen dem Verbraucher klar und verständlich, in einer dem verwendeten Fernkommunikationsmittel angepassten Art und Weise, bereitgestellt zu werden (§7 Abs1 FAGG). Auch in diesem Fall hat die Informationserteilung zu erfolgen, bevor der Verbraucher durch den Vertrag oder seine Vertragserklärung gebunden ist.

 

Eine nähere Determinierung, was unter dem Terminus 'angepasste Art' zu verstehen ist, kann dem Gesetz jedoch nicht entnommen werden.

 

c) Telefonisch abgeschlossene Verträge

 

Verträge die telefonisch abgeschlossen werden, stellen zwar nur einen Unterfall des Fernabsatzvertrages dar, doch gelten für diese noch zusätzliche Regelungen (vgl jedenfalls §9 Abs1 FAGG). Hinzu kommt, dass der Rechtsanwender bei Erfüllung der Informationspflichten vor erhebliche Probleme gestellt wird, die bei näherer Betrachtung nicht auf rechtskonforme Art und Weise zu überwinden sind.

 

So hat ein Unternehmer – sohin auch die Antragstellerin – ihren Informationspflichten auch dann nachzukommen, wenn der Anruf von einem Verbraucher eingeleitet worden ist. Im Rahmen eines solchen Telefongespräches hat der Unternehmer, entsprechend der Vorgabe des §7 Abs2 FAGG, nur, jedoch nur vorübergehend, eingeschränkte Informationspflichten zu erfüllen. Dabei verweist §7 Abs2 FAGG auf §4 Abs1 Z1 (wesentlichen Eigenschaften der Ware), Z2 (Name und Anschrift des Unternehmens), Z4 (Gesamtpreis der Ware oder Dienstleistung), Z5 (anfallende Gesamtkosten bei einem unbefristeten Vertrag; für die Antragstellerin jedoch nicht von Relevanz), Z8 (Rücktrittsrecht unter Zurverfügungstellung des Widerrufsformulars) und 14 (gegebenenfalls Laufzeit des Vertrages) FAGG. Zwar werden die meisten der vorgenannten Informationspflichten – zumindest in der Theorie – zu erfüllen sein, doch muss jedenfalls das Kriterium 'Zurverfügungstellung des Widerrufsformulars' zum Scheitern sämtlicher Vertragsabschlüsse via Telefon führen. Es ist schlicht nicht möglich, bei einem Telefonat ein Widerrufsformular (auf Papier oder einem sonstigen dauerhaften Datenträger) zur Verfügung zu stellen. Der telefonische Abschluss eines Vertrages mit einem Konsumenten wird durch diese gesetzliche Vorgabe verunmöglicht. Mit dieser Frage wird sich – auch den in der Literatur vertretenen Ansichten folgend – der EuGH zu beschäftigen haben (Hammerl in Kosesnik-Wehrle4, §7 FAGG Rz 10).

 

Darüber hinaus stellen sich aus Sicht eines Unternehmens – so auch der Antragstellerin – erhebliche Beweisschwierigkeiten, dass dieses (im Bestreitungsfalle durch den Konsumenten) seinen Informationspflichten nachgekommen ist (die Beweislast trifft den Unternehmer, vgl Art6 Abs9 VRRL). Als einzig zuverlässige Möglichkeit, um Beweisproblemen zu entgehen, wäre jedes Telefonat seitens eines Unternehmens aufzuzeichnen. Dass dies unweigerlich zu einem Konflikt mit dem Datenschutz führen muss, ist offenkundig und ist somit aus Sicht eines Unternehmens keine taugliche Option.

 

1.5 Erfassung auch minimaler Fehler

 

Abgesehen von diesen bereits aus Pietätsgründen kaum durchführbaren Belehrungspflichten, muss hervorgehoben werden, dass gelegentliche kleine Fehler im wirtschaftlichen Leben unvermeidlich sind. Es kann, gerade angesichts der selbst für Juristen überaus komplexen, schwer durchdringbaren und bürokratischen Vorgaben durchaus – auch den Mitarbeitern der Antragstellerin – passieren, dass einmal zB auf die Übergabe des Widerrufsformulars (welches gemäß §4 Abs1 Z8 FAGG zwingend an den Verbraucher zu übergeben ist) vergessen wird. Es ist zwar richtig, dass dies nicht passieren sollte, und auch nicht zu beanstanden, dass für ein solches Fehlverhalten eine Konsequenz vorgesehen wird, doch muss eine solche Konsequenz verhältnismäßig sein und in adäquater Relation zum vorwerfbaren Verhalten stehen. In diese Richtung zielt auch der Sanktionskatalog des §19 FAGG ab. Jedoch sieht das FAGG – in den §§15 Abs4 letzter Satz, 16 Abs1 und 2 FAGG – noch die Konsequenz des Anspruchsverlustes vor und zwar nicht nur für den Fall der nicht gesetzeskonformen Information über das Rücktrittsrecht, sondern bei Dienstleistungen auch bei unterlassener Einholung eines ausdrücklichen Verlangens auf 'vorzeitige' Leistungserbringung oder fehlender Information über die anteilige Kostentragung. Dabei kann es sich – wie auch bei der Antragstellerin – um hohe, im vierstelligen Bereich liegende Beträge handeln. Bestattungsleistungen, welche die Grenze von EUR 4.000,00 übersteigen, sind jedenfalls im Rahmen des Üblichen. Eine derartige Sanktion stellt sich als äußerst schwerwiegend dar, wenn man sich insbesondere die Komplexität der Vorgaben vor Augen hält und auch bedenkt, dass diese – unterschiedslos – in ihrer vollen Tragweite auch bei bloß gelegentlichen, geringfügigen Versehen zum Tragen kommt.

 

1.6 Problem: 'gemischter Vertrag'

 

Abgesehen von dieser in der Praxis bereits nicht lückenlos durchführbaren Belehrungspflicht ergeben sich massive rechtliche Schwierigkeiten, die – bedenkt man die Konsequenzen – in dieser absoluten Form nicht zu Lasten der Antragstellerin gehen dürfen. So ergibt sich zwar bei der Auswahl einer einzigen seitens der Antragstellerin angebotenen Leistung im Regelfall eindeutig der Vertragstypus (zB Abholung und Überführung des Leichnams = Dienstleistungsvertrag; Kauf eines Sarges = Kaufvertrag), doch wenn mehrere Leistungen in Anspruch genommen werden, so liegt meist ein sogenannter gemischter Vertrag vor. Dessen rechtliche Behandlung ist jedoch nicht immer eindeutig. Nach dem österreichischen privatrechtlichen Verständnis werden in der Regel auf jede Leistungspflicht die Regelungen für jenen Vertragstyp, dem die Pflicht entstammt, angewendet. Zum Teil muss jedoch das gesamte Vertragsverhältnis nach dem Überwiegensprinzip zugeordnet werden (Kolmasch in Schwimann, ABGB Taschenkommentar2, §859 Rz 8).

 

Zwar enthält die VRRL – im Gegensatz zum FAGG – eine kurze Definition der Rechtsbegriffe Kaufvertrag und Dienstleistungsertrag und wird auf diese in aller Regel zurückzugreifen sein, doch reicht dies nicht aus, um das Problem betreffend 'gemischte Verträge' zu beseitigen. So haben nach hA die dort aufgestellten Definitionen dann keine Bedeutung, wenn den Waren im Verhältnis zur Dienstleistung nur eine völlig untergeordnete Rolle zukommt. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen sei daher auf den Hauptzweck des Vertrages abzustellen, wobei den Wertverhältnissen eine gewisse Indizfunktion beizumessen sei, diese jedoch nicht immer entscheidend sein können (Leupold in Kosesnik-Wehrle KSchG4 §3 FAGG Rz 9). Die Einstufung in die Kategorien 'Kauf-' oder 'Dienstleistungsvertrag' ist somit niemals mit rechtlicher Sicherheit möglich.

 

So stellt sich somit aus Sicht der Antragstellerin zB die Frage, ob vielleicht ein Vertrag, bei dem nur der Sarg und die Überführung umfasst sind, einen Kaufvertrag darstellt oder ein Vertrag, der abgesehen vom Sarg und der Überführung auch viele andere Dienstleistungen wie etwa das Waschen und Ankleiden, die Übernahme sämtlicher Behördenwege, die Organisation der Bestattung und der Trauerfeier sowie die Beistellung des hierfür nötigen Personal umfasst, vielleicht als Dienstleistungsvertrag zu qualifizieren ist. Unklar ist zB weiters auch, ob – auch wenn im ersten Fall von einem Kaufvertrag auszugehen wäre – dennoch ein ausdrückliches Verlangen auf Papier auf Erbringung der Dienstleistung innerhalb der Widerrufsfrist hinsichtlich des Dienstleistungselements 'Überführung' erfolgen müsste.

 

Aus Sicht der Antragstellerin stellt sich somit, da der Umfang der Leistungen je nach Kundenwunsch unterschiedlich ist, in jedem einzelnen Geschäftsfall die Frage, um welchen Vertrag es sich handelt. Nur wenn sie diese juristisch schwierige Frage richtig beurteilt, kann sie überhaupt eine richtige rechtliche Belehrung über das Rücktrittsrecht und insbesondere die Rücktrittsfrist vornehmen. Dafür bietet auch die im Anhang des FAGG enthaltene Musterwiderrufsbelehrung keine Hilfestellung, denn auch nach dieser muss die richtige Option ausgewählt werden.

 

Es ist somit zweifelhaft welche Belehrung über das Rücktrittsrecht – insbesondere auch mit Blick auf die Modalitäten der Rückabwicklung – erteilt werden muss, insbesondere da die Rückabwicklung betreffend Kaufverträge und Dienstleistungsverträge unterschiedlich geregelt sind (vgl §§15 und 16 FAGG). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass betreffend Kaufverträge fraglich ist, ob hinsichtlich der Ersatzpflicht des Verbrauchers bei einem allfälligen Wertverlust der Ware ebenfalls aufzuklären ist. (Leupold in Kosesnik-Wehrle KSchG4 §4 FAGG Rz 22). Weder der Gesetzestext des FAGG noch die VRRL gibt zur Beantwortung dieser Frage eine eindeutige Antwort. Im Unterschied dazu, hat bei Vorliegen eines Dienstleistungsvertrages sehr wohl über die anteilige Entgeltpflicht aufgeklärt zu werden (§4 Abs1 Z10 FAGG). Die eindeutige Unterscheidbarkeit zwischen einem Kaufvertrag und einem Dienstleistungsvertrag ist somit zwingend notwendig, damit ein Unternehmer seinen Informationspflichten nachkommen kann. Dieser Anforderung kommt das FAGG in seiner derzeitigen Ausformung jedoch nicht nach.

 

Das Gesetz ist in all diesen Punkten also nicht hinreichend klar. Dies mag aus dem Blickwinkel des Legalitätsprinzips zulässig sein, wenn eine falsche Einordnung bloß geringe wirtschaftliche Auswirkungen hat. Nach der Konzeption des FAGG führt ein Fehler aber dazu, dass die Antragstellerin im Falle des Rücktrittes des Verbrauchers ihren Anspruch auf Entgelt/Wertersatz verliert und somit für ihre – brauchbare – Leistung keinerlei Gegenleistung erhält (§§15 Abs4 letzter Satz, 16 Abs2 FAGG). Darüber hinaus muss die Antragstellerin auch noch mit einer Verwaltungsstrafe von bis zu EUR 1.450,00 rechnen (§19 FAGG). Solche gravierende Konsequenzen können nur angeordnet werden, wenn das Gesetz hinsichtlich jenes Verhaltens, das solche Konsequenzen vermeidet, ausreichend klar ist. Dies ist nicht der Fall.

 

1.7 Problem: 'Initiative des Verbrauchers'

 

Ein weiteres Problem resultiert aus der in §4 Abs1 FAGG enthaltenen Wortfolge 'Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag oder seine Vertragserklärung gebunden ist…'Nach österreichischer Rechtslage kann ein Verbraucher auch bereits durch sein eigenes, an den Unternehmer gerichtetes Angebot – sohin seiner Vertragserklärung – gebunden sein, sofern dieses derart hinreichend bestimmt ist (essentialia negotii), dass der Unternehmer dieses bereits mit einer einfachen Erklärung annehmen kann. Diese Situation wurde vom Gesetzgeber auch ausdrücklich in den Anwendungsbereich des FAGG aufgenommen (vgl §3 Z1 litb FAGG). Gerade im Bestattungsbereich stellt diese gesetzliche Vorgabe den Rechtsanwender vor erhebliche Probleme, stellt doch die 'Initiative des Verbrauchers' zum Abschluss eines Vertrages im Bestattungsgewerbe den Regelfall dar. Die – unaufgeforderte – Kontaktaufnahme eines Bestattungsunternehmens mit einem potentiellen Kunden wäre auch gar nicht zulässig (vgl §101 Abs5 GewO).

 

Kommt der Verbraucher dem Unternehmer (und dessen Belehrungspflicht) nun mit einem solchen Angebot zuvor, so hat dieser aufgrund der klaren gesetzlichen Vorgabe gar keine Möglichkeit mehr, eine im Sinne des §4 Abs1 FAGG gesetzlich zwingend vorgesehene Belehrung (bevor der Verbraucher durch seine Vertragserklärung gebunden ist) vorzunehmen, da der Verbraucher durch sein Angebot (=Vertragserklärung) bereits gebunden ist. Als Konsequenz dieser Situation hat der Unternehmer einerseits wieder mit einer Verwaltungsstrafe im Sinne des §19 FAGG zu rechnen und andererseits droht auch in dieser Konstellation ein Verlust des Entgelt-/Wertersatzanspruches, sofern der Verbraucher später vom Vertrag zurücktritt.

 

Um dieser Konsequenz zu entgehen, müsste somit ein Unternehmer, bevor er mit einem Verbraucher außerhalb seiner Geschäftsräumlichkeiten ein Gespräch beginnt (oder auch telefonisch), auf Verdacht sämtlichen potentiellen Informationspflichten nachkommen. Dass dies nicht möglich ist, bedarf wohl keiner weiteren Erläuterung. Wird zB ein Mitarbeiter der hier einschreitenden Antragstellerin aufgrund eines Todesfalles in die Wohnung eines Angehörigen des Verstorbenen gerufen, so kann dieser nicht wissen, ob und welche Leistungen letztlich zu erbringen sind. Dennoch müsste er – um einer Verwaltungsstrafe zu entgehen und einem Entgeltverlust vorzubeugen – Belehrungen erteilen, die in ihrer Ausgestaltung unterschiedlicher nicht sein könnten. Nachdem jedoch die Antragstellerin – wie bereits festgehalten – nicht wissen kann, welche Leistungen seitens des potentiellen Auftraggebers in Anspruch genommen werden, ist ihr die Erfüllung ihrer Informationspflicht zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht möglich. Es ist schlicht undenkbar in solch einer Situation zB die wesentlichen Eigenschaften einer Ware oder der Dienstleistung zu nennen und darauf aufbauend korrekt über das Rücktrittsrecht zu belehren. Kommt der Verbraucher letztlich der Antragstellerin in dieser Konstellation mit einem Angebot zuvor, so findet sich diese in einem nicht auflösbaren Konflikt wieder. Einerseits steht dem Wunsch der Antragstellerin auf Abschluss des Vertrages eine Verwaltungsstrafe gegenüber und andererseits droht darüber hinaus auch noch der Entfall des Entgeltes.

 

Die gleiche Problematik stellt sich auch dann, wenn der Verbraucher dem Unternehmer per E-Mail ein Vertragsanbot übermittelt. In dieser Konstellation besteht noch viel weniger die Möglichkeit den umfassenden Informationspflichten nachzukommen, kann doch der Unternehmer nicht wissen, wer ihm vielleicht ein Vertragsanbot unterbreiten wird.

 

1.8 Problem: 'Unmöglichkeit der Informationserteilung bei Telefonverträgen'

 

Wie auch bereits vorstehend ausgeführt, ist es aufgrund der gesetzlichen Vorgaben nicht möglich, mit einem Konsumenten einen Vertrag telefonisch abzuschließen. Ein Unternehmer kann niemals seinen Informationspflichten vollständig nachkommen, da eine 'Zurverfügungstellung des Widerrufsformulars' während des Telefonates schlicht nicht möglich ist. Wird dennoch ein Vertrag abgeschlossen, so droht eine Verwaltungsstrafe als auch – da nicht korrekt über das Rücktrittsrecht aufgeklärt worden ist – der Verlust des Entgelts (bzw des Wertersatzes).

 

Auf die Problematik betreffend die Beweisbarkeit der Erfüllung der Informationspflichten sei an dieser Stelle nur verwiesen.

 

1.9 Problem: 'Ableben im Pflegeheim'

 

Als ein weiterer zentraler Problempunkt ist das Ableben einer Person in einem Pflegeheim zu nennen. Oftmals wird dabei, bereits bei Aufnahme der Person, zwischen den Angehörigen und der Heimleitung vereinbart, welches Bestattungsunternehmen im Falle des Ablebens beauftragt werden soll. In diesen Prozess ist das Bestattungsunternehmen nicht eingebunden, sondern erfährt erst – nach Eintritt des Todesfalles – durch den Anruf des Pflegeheimes von der Beauftragung. Ein direkter Kontakt zu den eigentlichen Auftraggebern (den Angehörigen des Verstorbenen) besteht zu diesem Zeitpunkt nicht. Meist ist auch eine unverzügliche Kontaktaufnahme mit den Angehörigen nicht möglich, da das Pflegeheim die Kontaktdaten unter Verweis auf den Datenschutz nicht weitergibt. Darüber hinaus erlaubt auch die GewO eine direkte Kontaktaufnahme durch den Bestatter nicht (§101 Abs5 GewO).

 

In solch einer Konstellation ist es der Antragstellerin gar nicht möglich, vor der Beauftragung und Durchführung der Leistung den umfassenden Informationspflichten nachzukommen. Mit der Leistung – sprich der Abholung des Leichnams – bis zur Informationserteilung zuzuwarten, was mitunter Tage dauern kann, ist demgegenüber keine Option.

 

Besonders augenscheinlich – wenn auch ein wenig dramatischer – stellt sich die Situation dar, wenn eine Person auf offener Straße verstirbt. Diesfalls wird die Antragstellerin seitens der Polizei kontaktiert und um Abholung gebeten. Die Kosten hierfür sind von den Angehörigen zu tragen. Eine Informationserteilung, wie im FAGG vorgesehen, kommt in dieser Konstellation schon gar nicht in Betracht.

 

1.10 Problem: 'Bestattungsvorsorge'

 

Als letzter Problemkreis kann die Thematik 'Bestattungsvorsorge' genannt werden. Hier wird mit dem Verstorbenen zu dessen Lebzeiten vereinbart, welche Leistungen seitens des Bestattungsunternehmens zur erbringen sind. In den entsprechenden Verträgen findet sich auch regelmäßig der Passus, dass für den Fall, dass die ursprünglich vereinbarten Leistungen nicht mehr verfügbar sind, diese durch gleichwertige ersetzt werden. Eine Aufklärung über die Änderung des Leistungsgegenstandes ist jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich, ist doch in dieser Situation der Vertragspartner bereits verstorben.

 

Hinzu kommt, dass – aus Gründen der Rechtssicherheit – bei Vertragsabschluss betreffend die Bestattungsvorsorge der Verbraucher ebenfalls ein ausdrückliches Verlangen auf vorzeitige Leistungserbringung zu erklären hätte, da der Todesfall ja auch bereits innerhalb der Rücktrittsfrist eintreten könnte und die Antragstellerin daher bereits mit ihrer Leistungserbringung beginnen müsste. Es erscheint jedoch mehr als nur pietätlos, einen Verbraucher, der einen Vertrag über eine Bestattungsvorsorge abschließen möchte, aufzufordern ein ausdrückliches Verlangen im Sinne des §10 FAGG zu erklären und ist dies in der Praxis schlicht nicht durchführbar.

 

2. FAGG als Grundlage der beschriebenen Situation

 

Die vorstehend beschriebene Zwangslage der hier einschreitenden Antragstellerin resultiert unmittelbar aus dem FAGG bzw aus den mit dem vorliegenden Antrag angefochtenen Bestimmungen. Es handelt sich dabei um die bereits unter A.3 genannten gesetzlichen Regelungen, welche zusammengefasst folgende Bereiche determinieren:

 

– Geltungsbereich

– Umfang und zeitliche Lagerung der Belehrungspflicht

– Form der Informationserteilung

– Ausübung und Konsequenzen des Rücktrittsrechtes

– Ausnahmen vom Rücktrittsrecht

– Strafbestimmungen

 

Nachstehend werden nunmehr die einzelnen Verstöße gegen verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte dargelegt. Aus Gründen der Übersicht wurden jedoch zu den einzelnen Verfassungsrechten jeweils nur die zentralsten Argumente festgehalten und auf eine nochmalige Wiederholung an anderer Stelle verzichtet. Die einzelnen Argumente – zB zur Verletzung des Eigentumsrechtes einerseits und der Verletzung der Erwerbsfreiheit andererseits – besitzen jedoch jeweils vice versa ihre Gültigkeit.

 

3. Verletzung des Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK) – insbesondere durch §§3, 4, 7, 15 und 16 FAGG

 

Das Recht auf Unversehrtheit des Eigentumes im Sinne des Art5 StGG schützt das Eigentum der Rechtsunterworfenen und lässt nur einen verhältnismäßigen Eingriff auf Basis einer gesetzlichen Ermächtigung die im öffentlichen Interesse gelegen ist zu (Korinek in Korinek/Holoubek Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art5 StGG Rz 27). Von diesem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff sind alle vermögenswerte Privatrechte umfasst (Korinek in Korinek/Holoubek Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art5 StGG Rz 18). Unter den Schutz des Art5 StGG fällt nach ständiger Rechtsprechung des VfGH auch das Recht Verträge abzuschließen und ist auf diese Weise dem Grundsatz der Privatautonomie grundrechtliche Qualität verliehen worden (Korinek in Korinek/Holoubek Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art5 StGG Rz 19). Durch die mit dem vorliegenden Antrag angefochtenen Bestimmungen des FAGG werden jedoch diese aus Art5 StGG ableitbaren Grundsätze verletzt:

 

Zum einen wird insbesondere durch die Sanktionsnormen der §§15 Abs4, 16 Abs1 und 2 FAGG massiv in das Eigentumsrecht der Antragstellerin eingegriffen, zum anderen schränkten die weiteren angefochtenen Bestimmungen das Recht der Privatautonomie ein. Darüber hinaus verletzen die angefochtenen Bestimmungen auch das Recht auf Eigentum im Sinne des Art1 1. ZPEMRK. Die nachstehenden Ausführungen zur Verletzung des Art5 StGG gelten somit in gleicher Weise auch in Bezug auf Art1 1. ZPEMRK.

 

3.1 Zum Entfall des Entgeltanspruches/Wertersatzes

 

Wie bereits unter Punkt A.2 ausgeführt sanktionieren die §§15 Abs4, 16 Abs2 FAGG eine mangelhafte Information über das Rücktrittsrecht und die mangelnde Information über die anteilige Kostentragungspflicht mit dem vollständigen Entfall des (anteiligen) Entgeltanspruches/Wertersatzes. Wenn auch legistisch anders gelöst, als in Art14 Abs4 VRRL, wird in §16 Abs1 FAGG aber auch das Nichtvorliegen eines ausdrücklichen, bei Außergeschäftsraumverträgen grundsätzlich auf Papier zu erklärenden 'Verlangens' auf Leistungserbringung innerhalb der Rücktrittsfrist (§10 FAGG) mit dem Entfall des Entgeltanspruches sanktioniert, indem ein solches als Tatbestandsvoraussetzung für den Entgeltanspruch normiert ist. Diese strikte Rechtsfolge gilt im Rücktrittsfall selbst dann, wenn der Unternehmer seine Leistung bereits vollständig (und ordnungsgemäß) erbracht hat. Konsequenz dieser Regelung ist – wie dies bei der Antragstellerin der Fall ist – die vollständige Leistungserbringung gegenüber dem Verbraucher in einem Wert von über EUR 4.000,00, welche im Falle eines Rücktrittes nicht ersetzt werden. Gerade im Bereich der Bestattungsleistungen ist jedoch eine Rückabwicklung der erbrachten Leistungen nicht vorstellbar, dies einerseits aus rein praktischen Erwägungen aber auch aus rechtlichen Gründen (vgl §190 StGB; Störung der Totenruhe). Hat der Verbraucher die Leistung bereits bezahlt, so muss der Unternehmer den erhaltenen Betrag aufgrund der Anordnung des §14 Abs1 Satz 1 FAGG vollständig rückerstatten, ohne seine (ordnungsgemäß) erbrachten Leistungen abgegolten zu bekommen.

 

Gleiches gilt im Bereich des Warenkaufes: Hat der Unternehmer die Ware bereits an den Verbraucher übergeben und tritt dieser anschließend vom Vertrag zurück, so muss der Verbraucher – im Falle der Beschädigung oder Zerstörung der Ware, wovon gerade im Bestattungsbereich auszugehen ist – für die daraus resultierende Wertminderung nicht eintreten, sofern er nicht ausreichend über sein Rücktrittsrecht aufgeklärt worden ist (vgl §14 Abs1 iVm §15 Abs4 FAGG). Allenfalls behält er im Einzelfall einen Anspruch auf Entgelt für jene Waren – falls solche im Auftrag umfasst sind – für die, angesichts der Ausnahme für nach Kundenspezifikation gefertigte Waren (vgl §18 Abs1 Z3 FAGG), kein Rücktrittsrecht besteht, wie zB Parten.

 

Diese gesetzliche Vorgabe führt letzten Endes zu einer massiven Bereicherung des Verbrauchers auf Kosten des entreicherten Unternehmens.

 

Diese – fast schon strafrechtlich anmutende – Sanktion kann nur dann zulässig sein, wenn diese auf Basis einer verhältnismäßigen gesetzlichen Ermächtigung, welche im öffentlichen Interesse liegt, gedeckt ist. Die aus den angefochtenen Bestimmungen ableitbare Sanktion ist jedoch weder im öffentlichen Interesse und noch viel weniger kann sie als verhältnismäßig bezeichnet werden. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass weder in den Materialien des österreichischen Gesetzgebers (vgl RV 89 BlgNR 25. GP , 21) noch auf europarechtlicher Ebene (vgl ABl Nr L 304 vom 22.11.2011, S 64) auch nur mit einem einzigen Wort auf die Notwendigkeit dieser Sanktion eingegangen wird. Betreffend §15 Abs4 letzter Satz FAGG finden sich in den österreichischen Materialien überhaupt keine Ausführungen und auch mit Blick auf §16 Abs2 FAGG beschränkt sich der österreichische Gesetzgeber – angesichts der Vorgaben der VRRL – lediglich auf die Feststellung, dass 'in Abs2 für den Entgeltanspruch des Unternehmers für die vorzeitige Leistungserbringung eine weitere Voraussetzung statuiert wird, die sich aus Artikel 14 Abs4 Buchstabe a subliti) der Richtlinie ergibt: Der Unternehmer muss den Verbraucher gemäß §4 Abs1 Z8 und 10 über sein Rücktrittsrecht und die anteilige Zahlungspflicht belehrt haben. Ist die Belehrung unterblieben, so kann der Unternehmer vom Verbraucher kein Entgelt für die erbrachte Leistung verlangen.'

 

Weshalb somit ein Unternehmer, selbst wenn ihm ein lediglich geringfügiger Belehrungsfehler aufgrund eines Versehen minderen Grades unterlaufen ist, seinen – mitunter in die tausende Euro gehenden – Entgelt-/Wertersatzanspruch zur Gänze verlieren soll, lässt sich sachlich nicht begründen. Mit der Abgeltung des dem Kunden allenfalls erwachsenen Nachteils wegen unvollständiger Information hat dies nicht mehr das Geringste zu tun. Nachdem somit auch nicht der Gesetzgeber in der Lage ist, diesen massiven Eingriff in das Eigentumsrecht eines Unternehmens zu begründen, kann nicht davon gesprochen werden, dass hier ein verhältnismäßiger im öffentlichen Interesse gelegener Eingriff vorliegt. Die vorliegende Sanktionierung kann diesen Kriterien auch gar nicht entsprechen. Weder ist ersichtlich, weshalb der Verlust des – mintunter vollständigen – Entgelt-/Wertersatzanspruches dem öffentlichen Interesse dienen soll, noch findet sich ein Anhaltspunkt dafür, dass die durch diese Sanktion bewirkte wirtschaftliche Gefährdung der Unternehmen auch nur in irgendeiner Art und Weise verhältnismäßig wäre. Auch ist diese Regelung zur Einhaltung der Bestimmungen über die Informationspflichten der Unternehmer nicht erforderlich, sieht doch bereits §19 FAGG einen umfassenden Strafenkatalog vor. Die dort vorgesehenen Sanktionen sind bereits mehr als ausreichend, um Unternehmer zur Einhaltung der relevanten Bestimmungen anzuhalten. Einer weiteren 'Motivationshilfe' in Form einer derart massiven wirtschaftlichen Bestrafung bedarf es darüber hinausgehend sicher nicht.

 

Jene Regelungen die somit für den Fall des Vorliegens eines Belehrungsfehlers den Entfall des Entgeltes vorsehen, stellen somit einen Verstoß gegen das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums im Sinne des §5 StGG sowie gegen Art1 1. ZPEMRK dar.

 

3.2 Zum Zeitpunkt und Umfang der Belehrungspflicht

 

§4 Abs1 FAGG legt fest, zu welchem Zeitpunkt der Unternehmer seinen Informationspflichten nachzukommen hat. Dabei erweist sich aus Sicht der Antragstellerin die Wortfolge 'oder seiner Vertragserklärung' als rechtlich problematisch und in der Praxis als nicht durchführbar. Wie unter Punkt C.1 ausgeführt ist es einem Unternehmen – so auch der Antragstellerin – nicht möglich, jegliche Eventualität vorab zu berücksichtigen und einem Verbraucher eine darauf ausgerichtete Belehrung im Sinne des §4 FAGG zu erteilen. Tritt somit ein Verbraucher außerhalb der Geschäftsräumlichkeit des Unternehmens an selbiges heran, um ein Angebot – welches das Unternehmen lediglich durch eine bloße Annahmeerklärung annehmen kann, wodurch der Vertrag zustande kommt – zu legen, so darf der gesetzeskonform handelnde Rechtsunterworfene diesen Vertrag, mangels Erfüllung seiner Informationspflichten, nicht abschließen. Einerseits wäre er der Gefahr ausgesetzt, dass er seinen Entgeltanspruch/Wertersatzanspruch verliert und andererseits wäre er – aufgrund der Anordnung des §19 FAGG – jedenfalls mit einer Geldstrafe von bis zu EUR 1.450,00 zu belegen, da er keine rechtskonforme Belehrung erteilt hat. Gleiches gilt auch dann, wenn der Verbraucher per E-Mail an den Unternehmern herantritt und ein entsprechendes Vertragsanbot legt.

 

Durch diese Regelung wird die Privatautonomie eines Unternehmens – somit auch der Antragstellerin – erheblich eingeschränkt, werden doch sämtliche Verträge, die auf Basis eines Anbots des Verbrauchers zustande kommen können, praktisch und wirtschaftlich unmöglich gemacht. Dies ist jedoch die unmittelbare Konsequenz der Bestimmungen der §§3 Z1 litb (welcher den Fall des Anbots durch den Verbraucher bei Außergeschäftsraumverträgen in den Anwendungsbereich des FAGG aufnimmt), §3 Z2 FAGG (welcher die Definition des Fernabsatzvertrages enthält) und 4 Abs1 FAGG. Eine Rechtfertigung – insbesondere ein öffentliches Interesse – oder auch die durchzuführende Verhältnismäßigkeitsprüfung kann nicht zugunsten dieser gesetzlichen Vorgabe ausschlagen. Eine derart massive Einschränkung der Privatautonomie ist keinesfalls zulässig (vgl auch die Ausführungen zur Verletzung des Rechtes auf Freiheit der Erwerbsausübung; insbesondere Punkt C.4.4.1).

 

Das gleiche Problem stellt sich auch bei einem Abschluss gemischter Verträge. Da der Unternehmer in dieser Situation nicht mit rechtlicher Sicherheit sagen kann, welche Rechtsbelehrung vorzunehmen ist, muss er von dem Abschluss dieses Vertrages Abstand nehmen, andernfalls die – bereits bekannten – Konsequenzen (Verwaltungsstrafe, Entgelt- / Wertersatzverlust) drohen. Auch dies stellt eine nicht zu rechtfertigende Einschränkung der Privatautonomie dar.

 

Letztlich wird durch diese Regelungen (insbesondere §7 Abs2 FAGG) auch der Abschluss von telefonischen Verträgen mit Verbrauchern verunmöglicht, da eine vollständige Erfüllung der Informationspflichten, wie ausgeführt (betreffend die Zurverfügungstellung des Widerrufsformulars), nicht möglich ist. Damit wird auch in diesem Bereich eine Einschränkung der Privatautonomie vorgenommen, für die eine Rechtfertigung nicht ersichtlich ist. Gleiches gilt auch für die Fälle des Ablebens einer Person in einem Pflegeheim, da auch in dieser Konstellation eine Erfüllung der Informationspflichten nicht möglich ist.

 

4. Verletzung des Rechtes auf Freiheit der Erwerbsausübung (Art6 StGG) insbesondere durch §§3, 4 und 7 FAGG

 

Aus Art6 StGG resultiert das jedem Staatsbürger zukommende Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung. Gegenstand der Erwerbsfreiheit ist jede Tätigkeit, die auf wirtschaftlichen Erfolg gerichtet ist, also jede Art von Vermögen zu erwerben, nicht nur eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne der Gewerbeordnung. Dabei ist es gleichgültig, ob die Erwerbstätigkeit selbstständig oder unselbstständig ausgeübt wird. In den Schutzbereich des Art6 StGG fallen sowohl der Antritt als auch die Ausübung der Erwerbstätigkeit. Eine Einschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit ist jedoch nur dann zulässig, wenn sie durch ein öffentliches Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist. Entsprechen die gesetzlichen Bestimmungen diesen Vorgaben nicht, so sind sie wegen der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte vom Verfassungsgerichtshof aufzuheben.

 

4.1 Zum Zeitpunkt der Belehrungspflicht

 

In vorliegender Angelegenheit liegt aufgrund der angefochtenen Bestimmungen eine Einschränkung der Erwerbsfreiheit vor. So wird – aufgrund der Bestimmung des §4 Abs1 FAGG und der sich daraus ergebenden Problematik (vgl Ausführungen zu Punkt C.1) – die Erwerbsfreiheit jener Unternehmer eingeschränkt, die dem Anwendungsbereich des FAGG unterliegen. Diese können im Falle des Angebotes eines Verbrauchers – mangels faktischer Möglichkeit – keine dem Gesetz entsprechende Information vornehmen und würden sich – sofern sie dennoch einen Vertrag durch Abgabe einer einfachen Annahmeerklärung abschließen – jedenfalls der Sanktion des §19 FAGG aussetzen. Es ist Unternehmen (sohin auch der Antragstellerin) im Anwendungsbereich des FAGG faktisch nicht möglich, auf rechtskonforme Art und Weise einen Vertrag, welcher auf einem Angebot eines Verbrauchers basiert, abzuschließen. Dies gilt gleichermaßen für Außergeschäftsraumverträge als auch für den Fernabsatz.

 

Mit den angefochtenen Bestimmungen wurde durch den Gesetzgeber eine die Erwerbstätigkeit einschränkende Ausübungsschranke eingeführt, welche jedoch einer Prüfung anhand der seitens des Verfassungsgerichtshofes entwickelten Kriterien zur Zulässigkeit einer solchen Maßnahme nicht standhalten kann, insbesondere erweist sich die Maßnahme, da sie eine angemessene wirtschaftliche Tätigkeit faktisch unmöglich macht, als unverhältnismäßig und unsachlich.

 

In den Materialien zu §4 Abs1 FAGG findet sich zur Notwendigkeit dieser Vorgabe nichts. Lediglich in Bezug auf §3 Z1 FAGG – welcher die Anbahnung des Vertragsabschlusses durch den Verbraucher außerhalb der Geschäftsräumlichkeiten des Unternehmers in den Anwendungsbereich des FAGG aufnimmt und eine Ausnahme wie in §3 Abs3 Z1 KSchG nicht vorsieht – findet sich ein Hinweis des Gesetzgebers auf die im Rahmen der Richtlinienwerdung dafür ins Treffen geführten Gründe: So sei der Verbraucher bei einem außerhalb der Geschäftsräumlichkeiten des Unternehmens abgeschlossenen Vertrages jedenfalls einem Überraschungsmoment ausgesetzt, und zwar unabhängig davon, ob der Verbraucher selbst mit der Intention eines Vertragsabschlusses an den Unternehmer herangetreten ist oder umgekehrt(vgl RV 89 BlgNR 25. GP , 21). Österreich wandte sich zwar bei den Verhandlungen zur VRRL gegen diesen Ansatz, blieb damit aber letztlich in der Minderheit.

 

Ist diese Begründung zur Aufnahme von Verträgen, die auf Basis einer Anbahnung des Verbrauchers abgeschlossen worden sind, in den Anwendungsbereich des FAGG schon für sich genommen nicht überzeugend – welcher Rechtsunterworfene ist von dem Umstand eines Vertragsabschlusses überrascht, wenn er diesen selbst offensiv verfolgt hat? – so kann diese Begründung noch viel weniger ausreichen, um jeglichen Abschluss eines Vertrages auf Basis eines Anbots des Verbrauchers zu pönalisieren. Das Ziel dieses Gesetzes, die Verbraucherrechte zu stärken, wird dadurch nicht erreicht. Vielmehr provoziert der Gesetzgeber, dass sich Unternehmen entweder sehenden Auges in die (Verwaltungs-)Strafbarkeit begeben müssen, um wirtschaftlich überleben zu können, oder aber muss sich der Verbraucher – dessen Rechte ja gestärkt werden sollen – zu jeglichem Vertragsabschluss in die Geschäftsräumlichkeiten des Unternehmens begeben, da diese nicht mehr bereit sein werden, außerhalb der selbigen einen Vertrag ab[zu]schließen.

 

Aber auch in Bezug auf Fernabsatzverträge ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen, weshalb Verträge die – wie im Falle der Antragstellerin mittels individueller Kommunikation – auf Basis der Anbahnung durch einen Verbraucher geschlossen werden, in den Anwendungsbereich des FAGG aufgenommen werden müssen.

 

Sofern jedoch die Vorgaben des FAGG nicht eingehalten werden, droht dem Unternehmer – wie bereits mehrfach festgehalten – der Entfall seines Entgelt- /Wertersatzausgleichsanspruches.

 

Gleiches gilt auch für jene Fälle, in denen eine Person im Pflegeheim verstirbt und die Antragstellerin von diesem, im Auftrag der Angehörigen, um Abholung des Verstorbenen gebeten wird. In dieser Situation ist eine Informationserteilung vor Leistungserbringung ebenfalls nicht möglich.

 

Durch die vorliegenden gesetzlichen Bestimmungen wird dem Ziel – der Stärkung der Verbraucherrechte – nicht entsprochen, jedenfalls nicht in geeigneter, adäquater und sachlich zu rechtfertigenden Art und Weise. Es wird – wie vorstehend ausgeführt – sogar das Gegenteil erreicht, was letztlich zu einer tiefen Verunsicherung und Irritation der Verbraucher führen wird. Konsequenz dieser gesetzlichen Regelungen wird das bloße Unterschreiben von Formularen sein, ohne diese überhaupt gelesen oder verstanden zu haben.

 

4.2 Zum Umfang der Belehrungspflicht

 

Aber nicht nur der Zeitpunkt der Belehrungspflicht, sondern auch die gesetzliche Ausgestaltung betreffend den Umfang der Belehrungspflicht erweist sich bei näherer Betrachtung als verfassungswidrig.

 

So ist es für einen Unternehmer, der mit einem Verbraucher 'gemischte Verträge' (mit sowohl Dienstleistungs- als auch Kaufvertragselementen) abschließt, rechtlich nicht eindeutig, wie und in welchem Umfang er seinen Informationspflichten nachzukommen hat. Auf diese Problematik wurde bereits unter Punkt C.1 hingewiesen. Dies gilt gleichermaßen für telefonisch abgeschlossene Verträge, kann doch die Informationspflicht nicht vollständig erfüllt werden.

 

Konsequenz dieser gesetzlichen Vorgaben ist somit entweder eine Verwaltungsstrafe (sowie ein allfälliger Verlust des Entgeltanspruches) oder eine Abstandnahme von solchen Geschäften. Eine derartige Zwangslage kann einem Unternehmer nicht zugemutet werden und es verstoßen daher die angefochtenen Bestimmungen auch aus diesen Gründen gegen das Recht der Erwerbsfreiheit.

 

5. Verletzung des Bestimmtheitsgebotes (Art18 B‑VG) insbesondere durch §4 FAGG

 

Die angefochtenen Bestimmungen verstoßen darüber hinaus auch gegen das in Art18 B‑VG verankerte Bestimmtheitsgebot. Wie bereits vorstehend ausgeführt, ist es dem Unternehmer, wenn dieser 'gemischte Verträge' mit einem Verbraucher abschließt, nicht möglich, in rechtlich eindeutiger Art und Weise festzustellen, auf welche Art und in welchem Umfang der Informationsverpflichtung nachzukommen ist (ua Belehrung über das Rücktrittsrecht und die Rücktrittsfrist im Sinne eines Dienstleistungsvertrages nach §11 Abs2 Z1 FAGG oder im Sinne eines Kaufvertrages nach §11 Abs2 Z2 FAGG). Die angefochtenen gesetzlichen Vorgaben verlangen seitens eines Unternehmers ein Verhalten, das für diesen nicht eindeutig zu bestimmen ist. Er kann somit auch nicht die Konsequenzen seines Handelns – Entfall des Entgeltanspruches sowie Verhängung einer Verwaltungsstrafe gemäß §19 FAGG – vorhersehen. Aus diesen Gründen verstoßen die angefochtenen Bestimmungen gegen das verfassungsgesetzlich verankerte Bestimmtheitsgebot.

 

6. Verletzung des Sachlichkeitsgebotes (Art7 B‑VG) insbesondere durch §§3, 4, 7, 15 und 16 FAGG

 

Letztlich halten die angefochtenen Bestimmungen des FAGG auch einer Prüfung anhand der Maßstäbe des aus Art7 B‑VG resultierenden Sachlichkeitsgebotes nicht stand. Wie bereits zur Verfassungswidrigkeit zur Unversehrtheit des Eigentums ausgeführt, besteht für die in den §§15 Abs4 letzter Satz, 16 Abs1 und 2 FAGG statuierte Sanktion des vollständigen Entgeltverlustes/Wertersatzverlustes im Falle eines Fehlers im Rahmen der Belehrung über das Rücktrittsrecht bzw die anteilige Kostentragungspflicht oder des Nichtvorliegens eines ausdrücklichen 'Verlangens' keine sachliche Rechtfertigung (Beilage ./2). Zu den Gründen für die Erlassung der vorstehenden Bestimmung schweigt sowohl der europäische als auch der nationale Gesetzgeber. Das Ziel dieser gesetzlichen Regelung, nämlich die Unternehmer zur Einhaltung der Informationspflichten (insbesondere betreffend das Rücktrittsrecht) zu verhalten, kann und wird auch durch weniger einschneidende Maßnahmen erreicht, wie etwa gegenständlich durch Verwaltungsstrafen.

 

Darüber hinaus stellt sich die angedrohte Sanktion – mit Blick auf andere Rechtsgebiete – als vollkommen unverhältnismäßig dar. So sieht das – wohlgemerkt – Strafrecht in seinem Tagessatzsystem (vgl §19 StGB) als niedrigsten Ansatz einen Betrag von EUR 4,00 vor. Selbst wenn ein Straftäter im Sinne des Strafrechtes zur im StGB vorgesehenen Höchststrafe von 360 Tagessätzen verurteilt wird, so ergibt sich lediglich ein Betrag von EUR 1.440,00. Setzt man dies nunmehr in Relation zur – aufgrund des Entfalls des Entgeltanspruches – nach oben hin offenen Sanktion im FAGG, so sticht das vorliegende Missverhältnis markant ins Auge.

 

Auch das mit dem FAGG de facto eingeführte Verbot, Verträge mit einem Konsumenten auf dessen Anbahnung bzw mit diesem telefonisch abzuschließen, kann keiner Sachlichkeitsprüfung standhalten.

 

Des Weiteren ist auch in dem Umstand, dass gemäß §18 Abs2 FAGG für dringend vorzunehmende Reparaturarbeiten ein Ausnahmetatbestand betreffend das Rücktrittsrecht vorliegt, jedoch für dringend vorzunehmende Dienstleistungen, wie zB Bestattungsleistungen, eine solche Ausnahmeregelung nicht existiert. Hier wurden seitens des Gesetzgebers zwei vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich geregelt, jedoch fehlt hierfür eine sachliche Rechtfertigung und liegt somit auch in diesem Zusammenhang eine Verletzung des Sachlichkeitsgebotes vor.

 

Die angefochtenen Bestimmungen erweisen sich somit auch als verfassungswidrig aufgrund des Verstoßes gegen das Sachlichkeitsgebot.

 

7. Zusammenfassung

 

Die angefochtenen Bestimmungen verstoßen aufgrund der vorstehenden Ausführungen – teilweise eklatant – gegen verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, so insbesondere gegen das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums, das Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung, das Bestimmtheitsgebot und das Sachlichkeitsgebot.

 

Einerseits ist es den Adressaten des FAGG – Unternehmen, die Verträge außerhalb ihrer Geschäftsräume oder im Wege des Fernabsatzes abschließen – faktisch nicht möglich, den umfassenden Informationspflichten des §4 FAGG in jedem Fall vollständig nachzukommen. Dies gilt ganz besonders dann, wenn das Geschäft vom Verbraucher angebahnt und das Angebot von diesem abgegeben wird. Gleiches gilt auch für telefonisch oder per Mail abgeschlossene Verträge.

 

Andererseits steht die Sanktion des FAGG – der Verlust des Entgeltanspruches im Rücktrittsfall bei einem Fehler bei der Belehrung betreffend das Rücktrittsrecht des Verbrauchers bzw die anteilige Kostentragungspflicht und das Nichtvorliegen eines ausdrücklichen Verlangens – in keinem Verhältnis zu dem damit bezweckten Ziel, der Einhaltung der Bestimmungen über die Informationspflichten des Unternehmens.

 

Aus all den genannten Gründen werden die – nachstehend noch näher bezeichneten – Gesetzesteile des FAGG aufzuheben sein.

 

D. Zum Verstoß gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Vorlagepflicht)

 

Vorweg sei an dieser Stelle festgehalten, dass die Charta der Grundrechte der Europäischen Union nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes als Prüfungsmaßstab im Verfahren der Normenkontrolle – insbesondere in Verfahren nach Art139 und 140 B‑VG – heranzuziehen ist (vgl VfSlg 19.702/2012). Die nachstehenden Ausführungen zur Verletzung der Grundrechtecharta haben daher auch bei der durch den Verfassungsgerichtshof durchzuführenden innerstaatlichen Prüfung der angefochtenen Bestimmungen des FAGG Relevanz. Aus Gründen der Systematik und der besseren Übersichtlichkeit soll nachstehend jedoch nur auf die Verletzung der Grundrechtecharta durch die Richtlinie 2011/83/EU – welche im FAGG umgesetzt worden ist – aus europarechtlichem Blickwinkel eingegangen werden, aus welchem sich die Verpflichtung zur Vorlage an den EuGH ergibt. Auf einer Wiederholung der Argumentation hinsichtlich der nationalen Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen des FAGG wurde daher verzichtet, doch haben die nachstehend dargelegten Gründe auch bei Prüfung der innerstaatlichen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen Berücksichtigung zu finden.

 

Die gesetzlichen Vorgaben des FAGG basieren, wie bereits ausgeführt, auf den Vorgaben der VRRL und stand dem nationalen Gesetzgeber bei der Umsetzung der selbigen nur ein sehr eingeschränkter Spielraum zu. Da jedoch nach Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes aufgrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechtes, auch vor dem Verfassungsrecht der Mitgliedstaaten (VfSlg 16.050/2000), die Aufhebung einer nationalen Bestimmung, die Gemeinschaftsrecht umsetzt, unzulässig wäre, wenn das Gemeinschaftsrecht dem innerstaatlichen Gesetzgeber keinen Spielraum für die inhaltliche Gestaltung einräumt, sodass der Gesetzgeber keine Möglichkeit hätte, eine Ersatzregelung zu schaffen, die sowohl dem Gemeinschaftsrecht als auch dem innerstaatlichen Recht entspricht, muss die hinter dem FAGG stehende VRRL auf ihre Konformität mit dem Primärrecht der Europäischen Union geprüft werden.

 

Ist die Vereinbarkeit der Richtlinie mit dem Primärrecht der Europäischen Union zweifelhaft, so hat der Verfassungsgerichtshof im Sinne des Art267 AEUV seine Bedenken an den EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens heranzutragen (VfSlg 19.702/2012 und 19.892/2014). Wie nunmehr nachstehend dargelegt werden wird, besteht eine solche Unvereinbarkeit der VRRL mit dem Primärrecht der Europäischen Union, namentlich der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, welche gemäß Art6 EUV denselben Rang hat wie die Gründungsverträge der EU.

 

1. Umsetzung

 

Das FAGG basiert auf einer weitgehend im Wege der Vollharmonisierung gestalteten Richtlinie (2011/83/EU ) der Europäischen Union. Ein Ermessenspielraum bei der Umsetzung derselben bestand – zumindest in Bezug auf die in Rede stehenden Bestimmungen – im Wesentlichen nicht. Eine Ausnahme hiervon stellt jedoch §19 FAGG dar (vgl die lediglich allgemeine Vorgabe des Art24 VRRL).

 

So findet sich die Begriffsbestimmung (§3 FAGG) in Art2 VRRL wieder. Die Informationspflichten der Unternehmer (§4 FAGG) wurde in Art6 VRRL statuiert und die Pflichten des Unternehmers und des Verbrauchers im Falle des Rücktrittes vom Vertrag (§§14, 15, 16 FAGG) – insbesondere die Konsequenz des Entfalles der Entgeltpflicht bei mangelhafter Rechtsbelehrung – sind in den Artikeln 13 ‑ 14 VRRL vorgegeben. Nachdem die Vorgaben der Richtlinie im Wesentlichen deckungsgleich mit dem österreichischen Umsetzungsgesetz sind, wird an dieser Stelle auf eine Wiederholung der Darlegung der Rechtslage verzichtet und darf auf die Ausführungen unter Punkt A.2 verwiesen werden.

 

2. Verletzung der Unternehmerischen Freiheit (Art16 GRC) insbesondere durch Art2, 6 und 8 VRRL (sohin insbesondere §§3, 4 und 7 FAGG)

 

Art16 GRC umfasst die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit in Gestalt der selbstständigen Ausübung einer Wirtschafts- oder Geschäftstätigkeit sowie die Vertragsfreiheit (Bezemek in Holoubek/Lienbacher, GRC‑Kommentar, Art16 Rz 6). Eine Einschränkung der daraus resultierenden Garantien darf nur auf Grundlage des Art52 GRC erfolgen. Ein Eingriff in das Grundrecht der Unternehmerischen Freiheit darf somit unter folgenden Voraussetzungen erfolgen: Der Eingriff (1) muss gesetzlich vorgesehen sein, (2) es muss ein zulässiges Ziel verfolgt werden, (3) er muss verhältnismäßig sein und (4) es muss der Wesensgehalt der Freiheiten und Rechte geachtet werden (Rumler-Korinek/Vranes in Holoubek/Lienbacher, GRC Kommentar, Art52 Rz 10 ff).

 

Legt man den aus Art52 GRC resultierenden Maßstab an die VRRL an, so ergibt sich der Schluss, dass diese nicht mit Art16 GRC vereinbar ist. In diesem Zusammenhang kann auf die Ausführungen zu Punkt C.4 verwiesen werden (Verletzung des Rechtes auf Freiheit der Erwerbsausübung), welche auch hier ihre Gültigkeit haben. So mangelt es an jeder Verhältnismäßigkeit der in der Richtlinie angeordneten Vorgaben betreffend die Informationspflichten des Unternehmens. Weshalb die Einbeziehung von Verträgen, die seitens des Verbrauchers angebahnt wurden bzw auf Grundlage deren Angebotes zustande gekommen sind, in den Geltungsbereich der VRRL notwendig ist, erschließt sich nicht. Der Überraschungseffekt kann hierfür nicht ins Treffen geführt werden (vgl bereits Punkt C.4.4.1). Darüber hinaus kann auch eine rechtzeitige Belehrung nicht erfolgen, wenn der Verbraucher dem Unternehmer mit einem 'entsprechenden Vertragsangebot' zuvorkommt (vgl Art6 Abs1 VRRL). Auf die Problematik betreffend den Umfang der Belehrungspflicht bei 'gemischten Verträgen' bzw der Unmöglichkeit der Zurverfügungstellung des Widerrufsformulars bei telefonisch abgeschlossenen Verträgen darf an dieser Stelle nur ergänzend hingewiesen werden.

 

Konsequenz dieser Regelungen ist, dass es den Unternehmern im Wesentlichen verwehrt bleibt, Verträge mit Verbrauchern, die von diesen angebahnt worden sind, abzuschließen, ohne sich weitreichenden negativen Konsequenzen auszusetzen (allfälliger Verlust des Entgelts (Art14 VRRL) sowie weitergehende Sanktionen (Art24 VRRL).

 

3. Verletzung des Eigentumsrechtes (Art17 GRC) insbesondere durch Art2, 6, 8 und 14 VRRL (sohin insbesondere §§3, 4, 7, 15 und 16 FAGG)

 

Art17 GRC schützt insbesondere das Recht Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben (Blauensteiner/Hanslik in Holoubek/Lienbacher, GRC-Kommentar, Art17 Rz 11). In dieses Recht darf nur dann eingegriffen werden wenn (1) es einen Gesetzesvorbehalt gibt, (2) der Eingriff durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt ist, (3) eine rechtzeitige angemessene Entschädigung gewährt wird (4) und der Eingriff in seiner Gesamtheit verhältnismäßig ist (Blauensteiner/Hanslik in Holoubek/Lienbacher, GRC‑Kommentar, Art17 Rz 26 ff).

 

Diese Voraussetzungen liegen mit Blick auf die Vorgaben der Richtlinie nicht vor. Es ist insbesondere nicht nachvollziehbar, weshalb ein Unternehmen im Rücktrittsfall seinen Entgeltanspruch allenfalls zur Gänze zu verlieren hat, wenn im Rahmen der Belehrung über das Rücktrittsrecht ein Fehler passiert, nicht über die anteilige Kostentragungspflicht informiert wurde oder ein ausdrückliches 'Verlangen' – bei Außergeschäftsraumverträgen auf Papier – nicht vorliegt. Dies führt zu einer massiven Bereicherung des Verbrauchers auf Kosten des Unternehmens. Selbiger hat entweder den gesamten erhaltenen Betrag zurückzuzahlen, obwohl der Verbraucher in den Genuss der Dienstleistung gekommen ist, bzw ohne dass er – sofern die gelieferte Ware beschädigt oder zerstört wurde – eine angemessene Gegenleistung erhält oder er verliert – sofern der Verbraucher noch kein Entgelt geleistet hat – seinen auf selbiges gerichteten Anspruch. Von einer Verhältnismäßigkeit kann in diesem Zusammenhang nicht gesprochen werden. Vielmehr liegt eine von Gesetzes wegen angeordnete entschädigungslose Enteignung des Unternehmens zugunsten des Verbrauchers vor und begründet dies einen Verstoß gegen Art17 GRC.

 

4. Verletzung der Gleichheit vor dem Gesetz (Art20 GRC) insbesondere durch Art2, 6, 8 und 14 VRRL (sohin insbesondere §§3, 4, 7, 15 und 16 FAGG)

 

Aus Art20 GRC lässt sich ein allgemeines Sachlichkeitsgebot ableiten (Schramm in Holoubek/Lienbacher, GRC-Kommentar, Art20 Rz 10). Der Wortlaut des Art20 entspricht äquivalent in seiner Bedeutung dem Wortlaut des Art7 Satz 1 des österreichischen B‑VG (Schramm in Holoubek/Lienbacher, GRC-Kommentar, Art20 Rz 26). Zur Unsachlichkeit der vorliegenden Regelung, die aus der VRRL resultiert, darf auf die Ausführungen unter Punkt C.6 verwiesen werden.

 

[…]."

5. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in welcher die Zulässigkeit des Antrages bestritten und den geltend gemachten Bedenken entgegengetreten wird. Die Bundesregierung führt das Folgende aus:

"I.

Zur Rechtslage

 

1. Das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG), BGBl I Nr 33/2014, dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, ABl. Nr L 304 vom 22. November 2011, S. 64 (Verbraucherrechte-RL oder VRRL). Die Verbraucherrechte-RL gilt für Verträge, die ab dem 13. Juni 2014 geschlossen werden. Sie hat den Regelungsbestand der früheren Richtlinie 85/577/EWG betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und der früheren Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz zusammengefasst, deren Schutzbestimmungen in vielerlei Hinsicht ausgebaut und sie in ein weitgehend vollharmonisiertes Schutzregime transponiert (RV 89 BlgNR 25. GP 1).

 

2. Bei Kapitel III der Verbraucherrechte-RL, welches Fern- und Auswärtsgeschäfte zum Inhalt hat, handelt es sich um vollharmonisiertes Unionsrecht. Das Vollharmonisierungsprinzip, das keine inhaltlichen Abweichungen im nationalen Recht von den Vorgaben von Richtlinien erlaubt, lässt den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung kaum inhaltlichen Spielraum. Alle mit dem Individualantrag angefochtenen Bestimmungen des FAGG stellen inhaltsgetreue Umsetzungen der korrespondierenden Vorgaben der Verbraucherrechte-RL dar; deren Regelungsinhalte wurden somit ohne substanzielle Abweichungen übernommen (RV 89 BlgNR 25. GP 3). Textliche Abweichungen von der Richtlinie dienten ausschließlich dazu, die unionsrechtlichen Vorgaben möglichst harmonisch und systemkonform in die österreichische Rechtslage einzufügen und an diese anzupassen. Die Übereinstimmung der Vorschriften des FAGG mit den Richtlinienvorgaben wird auch von der Antragstellerin mehrfach explizit anerkannt (siehe etwa Seiten 5, 6 und 41 des Antrags).

 

3. Die folgende Darstellung der Rechtslage umfasst im Wesentlichen jene Bestimmungen des FAGG, gegen die die Antragstellerin eigenständige Bedenken vorgebracht hat:

 

3.1. Die Definition eines 'außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags' in §3 Z1 litb FAGG (vgl. Seiten 25 f, 34, 49 des Antrags), die Definition des Fernabsatzvertrags in §3 Z2 FAGG sowie die Wortfolge '... oder seine Vertragserklärung' in §4 Abs1 FAGG (vgl. Seiten 48 und 50 des Antrags) ergeben sich unmittelbar aus den zwingenden Vorgaben in Art2 Abs7 und 8 und Art6 Abs1 der Verbraucherrechte-RL.

 

Art2 der Verbraucherrechte-RL enthält die — wortgleich in das österreichische Recht übernommenen — Definitionen von 'außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag' und 'Fernabsatzvertrag'. Gemäß Art6 Abs1 der Verbraucherrechte-RL muss die Information erteilt werden, 'bevor der Verbraucher durch einen Vertrag im Fernabsatz oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist'.

 

Artikel 2 Verbraucherrechte-RL

§3 FAGG

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnen die Ausdrücke

8. 'außerhalb von Geschäftsräumen 'abgeschlossener Vertrag' jeden Vertrag zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher,

a) der bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers an einem Ort geschlossen wird, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist;

b) für den der Verbraucher unter den unter Buchstabe a genannten Umständen ein Angebot gemacht hat;

...

 

7. 'Fernabsatzvertrag' jeden Vertrag, der zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems geschlossen wird, wobei bis einschließlich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ausschließlich ein oder mehrere Fernkommunikationsmittel verwendet wird/werden;

…..

 

In diesem Bundesgesetz bezeichnet der Ausdruck

1. 'außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag' jeden Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher,

 

a) der bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers an einem Ort geschlossen wird, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,

 

b) für den der Verbraucher unter den in lita genannten Umständen ein Angebot gemacht hat,

 

2. 'Fernabsatzvertrag' jeden Vertrag, der zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems geschlossen wird, wobei bis einschließlich des Zustandekommens des Vertrags ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet werden;

 

 

Artikel 6 Verbraucherrechte-RL

§4 FAGG

(1) Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag im Fernabsatz oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, informiert der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über Folgendes:

(1) Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag oder seine Vertragserklärung gebunden ist, muss ihn der Unternehmer in klarer und verständlicher Weise über Folgendes informieren:

  

 

3.2. Der durch §4 Abs1 FAGG umgesetzte Art6 Abs1 der Verbraucherrechte-RL und die Definition des 'außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags' (Art2 Abs8 litb) stellen sowohl auf den Vertrag als auch auf ein 'entsprechendes Vertragsangebot' des Verbrauchers ab. Damit wird explizit — als einer von zwei denkbaren Abläufen — jene Fallkonstellation berücksichtigt, bei der der Verbraucher das Vertragsanbot erstattet und der Unternehmer dieses Anbot in der Folge annimmt. Eine solche Konstellation kommt grundsätzlich auch bei Fernabsatzverträgen in Frage. Die österreichische Umsetzung entspricht daher vollständig der unionsrechtlichen Vorgabe.

 

3.3. Die vom Anfechtungsantrag begehrte Aufhebung der Wortfolge 'oder seine Vertragserklärung' in §4 Abs1 FAGG würde im Übrigen dem Unternehmer in keiner Weise eine bessere Rechtsposition verschaffen. Auch wenn der Wortlaut der Bestimmung nur auf eine Bindung des Verbrauchers an den geschlossenen Vertrag abstellte, müsste bei einer konkreten Beurteilung des maßgeblichen Zeitpunkts nach österreichischem Vertragsrecht immer auf die Vertragserklärung des Verbrauchers abgestellt werden. Denn entweder wird das Offert zum Vertragsabschluss vom Unternehmer erstattet, sodass der Verbraucher mit seiner Vertragserklärung — nämlich der Annahme dieses Angebots — bereits den Vertrag perfektionieren und dadurch seine Bindung an den Vertrag bewirken würde. Wenn es aber der Verbraucher ist, der die erste Vertragserklärung — also das Vertragsanbot — erstattet, wäre nach allgemeinem Vertragsrecht bereits eine Bindung des Verbrauchers an diese Erklärung insofern gegeben, als es ja im Belieben des Unternehmers steht, innerhalb der Annahmefrist des §862 ABGB das Vertragsanbot des Verbrauchers anzunehmen und dadurch die Bindung des Verbrauchers an den Vertrag zu perfektionieren.

 

In beiden Fällen müsste also die von der Richtlinie geforderte Information bereits vor der Vertragserklärung des Verbrauchers gegeben werden. Und nur dadurch kann ja auch der Sinn von Informationspflichten erfüllt werden, nämlich den Verbraucher in die Lage zu versetzen, eine auf umfassende Information gegründete Entscheidung über den Vertragsabschluss zu treffen. Eine Information des Unternehmers, die den Verbraucher erst nach dessen Bindung an seine Vertragserklärung erreicht, käme dafür zu spät.

 

Auch sonstige Informationspflichten in der österreichischen Rechtsordnung, wie bspw. jene nach §9 ECG, §108h Abs3 EStG 1988, §§5, 7 Fern-Finanzdienstleistungsgesetz oder §§9a, 18b Versicherungsaufsichtsgesetz (um nur einige zu nennen), müssen dem Verbraucher bzw. Vertragspartner daher vor dessen Vertragserklärung zugehen. Aber auch die bis zum Inkrafttreten des FAGG geltenden Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes über den Fernabsatz, die in Umsetzung der Richtlinie 97/7/EG ergingen, sahen eine Informationsverpflichtung vor Abgabe der Vertragserklärung durch den Verbraucher vor. So lautete §5c Abs1 KSchG (idF vor 13.6.2014): 'Der Verbraucher muss rechtzeitig vor Abgabe seiner Vertragserklärung über folgende Informationen verfügen: […]'.

 

3.4. Soweit im Individualantrag die Problematik des Zeitpunkts der Informationserteilung im Zusammenhang mit Fernabsatzverträgen releviert wird (zB Seiten 32 ff und 48 ff des Antrags), wird dabei zur Gänze ausgeblendet, dass ein wirksamer Vertragsabschluss und ebenso eine bindende Vertragserklärung erst nach Festlegung der Leistungspflicht des Werkunternehmers möglich sind. Ein Vertrag kommt erst dann zustande, wenn sich die Parteien über die Hauptgesichtspunkte des Vertrags (die sogenannten 'essentialia negotii') einig sind und darüber Vertragserklärungen mit Abschlusswillen abgeben. Dies kann in den im lndividualantrag angesprochenen Konstellationen erst dann geschehen, wenn der Bestatter in die Wohnung kommt und der gewünschte Leistungsumfang dort bestimmt wird. Bei dem diesem Besuch des Bestatters vorangehenden Telefonat ist hingegen der Leistungsumfang des Bestatters noch zu unbestimmt, als dass ein Vertragsabschluss schon zu diesem Zeitpunkt angenommen werden könnte. Daher findet in diesen Konstellationen nicht etwa eine telefonische Auftragserteilung statt (dies allenfalls mit Ausnahme der Überführung des Leichnams). Freilich wird ein Verbraucher, der einen Unternehmer mutwillig zu sich ruft, obwohl er letztlich gar keinen Vertragsabschluss im Sinn hat, unter Umständen nach den Regeln über die culpa in contrahendo schadenersatzweise zur Abgeltung der dem Unternehmer entstandenen frustrierten Aufwendungen verpflichtet sein. Wenn hingegen der Verbraucher den Unternehmer telefonisch um einem Besuch bittet und in der Folge der Unternehmer und der Verbraucher — etwa wegen unterschiedlicher Vorstellungen über den Preis — nicht handelseins werden, muss der Verbraucher dem Unternehmer auch aus dem Titel des Schadenersatzes keine Zahlungen leisten. In beiden Fällen ist aber jedenfalls allein durch den Telefonanruf des Verbrauchers noch kein Vertrag zustande gekommen und auch keine bindende Vertragserklärung des Verbrauchers abgegeben worden.

 

3.5. Richtig ist, dass nach den neuen Regelungen der Verbraucherrechte-RL und des FAGG die Bestimmungen über außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge auch dann Anwendung finden, wenn die Initiative für den Vertragsabschluss vom Verbraucher ausgeht. Damit unterscheidet sich die neue Rechtslage nach dem FAGG wesentlich von jener, die bisher nach dem KSchG gegolten hat (und partiell auch weiter gilt): Nach dieser Rechtslage liegt ein 'Haustürgeschäft' dann nicht vor und steht dem Verbraucher demgemäß ein Rücktrittsrecht dann nicht zu, wenn der Verbraucher die geschäftliche Verbindung mit dem Unternehmer selbst angebahnt hat (§3 Abs3 Z1 KSchG).

 

Aber auch das FAGG ist — entgegen der Auffassung der Antragstellerin — nicht automatisch deshalb anwendbar, weil der Unternehmer den Verbraucher etwa (auf dessen Ersuchen hin) zu Hause aufsucht. Ein Ablauf, bei dem zunächst der Handwerker aufgrund entsprechender Initiative des Verbrauchers in die Wohnung des Verbrauchers kommt, um dort (unverbindlich) Maß zu nehmen oder eine Schätzung vorzunehmen, und der Vertragsabschluss dann erst beispielsweise über Fernkommunikationsmittel oder in den Geschäftsräumen des Unternehmers geschieht, ist nach Erwgr. 21 der Verbraucherrechte-RL nicht von der Definition des Außer-Geschäftsraum-Vertrags erfasst. Dies gilt bei — richtlinienkonformer — Auslegung auch für die innerstaatliche Umsetzungsbestimmung des §3 Z1 FAGG.

 

4. Auch §7 Abs2 FAGG wurde inhaltsgetreu aus der Verbraucherrechte-RL ins österreichische Recht umgesetzt (vgl. Art8 Abs4 VRRL). Unterschiede zum Richtlinientext ergeben sich nur durch die unterschiedlichen Verweise und die Bezeichnung des unionsrechtlichen 'Widerrufsrechts' als 'Rücktrittsrecht' nach österreichischer Terminologie.

 

Artikel 8 Verbraucherrechte-RL

 

§7 FAGG

 

(4) Wird der Vertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen, auf dem für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht, so hat der Unternehmer über das jeweilige Fernkommunikationsmittel vor dem Abschluss des Vertrags zumindest diejenigen vorvertraglichen Informationen zu erteilen, die die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, b, e, h und o genannten wesentlichen Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, die Identität des Unternehmers, den Gesamtpreis, das Widerrufsrecht, die Vertragslaufzeit und die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge betreffen. Die anderen in Artikel 6 Absatz 1 genannten Informationen hat der Unternehmer dem Verbraucher in geeigneter Weise im Einklang mit Absatz 1 dieses Artikels zu erteilen.

 

(2) Wird der Vertrag unter Verwendung eines Fernkommunikationsmittels geschlossen, bei dem für die Darstellung der Information nur begrenzter Raum oder begrenzte Zeit zur Verfügung steht, so hat der Unternehmer dem Verbraucher vor dem Vertragsabschluss über dieses Fernkommunikationsmittel zumindest die in §4 Abs1 Z1, 2, 4, 5, 8 und 14 genannten Informationen über die wesentlichen Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, den Namen des Unternehmers, den Gesamtpreis, das Rücktrittsrecht, die Vertragslaufzeit und die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge zu erteilen. Die anderen in §4 Abs1 genannten Informationen sind dem Verbraucher auf geeignete Weise unter Beachtung von Abs1 zu erteilen.

 

  

 

Wenn die Antragstellerin meint, dass §7 Abs2 FAGG auf den Vertragsabschluss während eines Telefongesprächs Anwendung findet (siehe Seiten 21 f und 33 des Antrags), ist zu bedenken, dass die vereinfachte Informationserteilung nur bei Medien mit begrenztem Raum bzw. begrenzter Zeit zur Anwendung kommt. Darunter sind nach Erwgr. 36 der VRRL etwa Handydisplays, die nur eine beschränkte Anzahl von Zeichen zulassen (etwa bei Informationserteilung per SMS) oder Werbespots, für die nur ein beschränkter Zeitraum zur Verfügung steht, zu verstehen, nicht aber Telefongespräche. Dies geht eindeutig aus dem zweiten Satz des Erwgr. 36 hervor, der festhält, dass der Unternehmer den Verbraucher zur Erteilung der restlichen Informationen an eine andere Informationsquelle zu verweisen hat, zB 'durch Angabe einer gebührenfreien Telefonnummer'. Ein Vertragsschluss im Rahmen eines Telefongesprächs unterliegt daher der vollständigen Informationspflicht und nicht bloß der eingeschränkten nach §7 Abs2 FAGG. §7 Abs2 FAGG hat daher für die von der Antragstellerin angesprochenen Konstellationen keine Bedeutung.

 

5. §15 Abs4 letzter Satz FAGG übernimmt Art14 VRRL — mit Ausnahme des Verweises auf die Gesetzesstelle, die die Informationspflicht über das Rücktrittsrecht vorsieht — wortgleich.

 

Art14 Verbraucherrechte-RL

§15 FAGG

(2) Der Verbraucher haftet für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist. Der Verbraucher haftet in keinem Fall für den Wertverlust der Waren, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.

 

(4) Der Verbraucher hat dem Unternehmer nur dann eine Entschädigung für eine Minderung des Verkehrswerts der Ware zu zahlen, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Ware nicht notwendigen Umgang mit derselben zurückzuführen ist. Der Verbraucher haftet in keinem Fall für einen Wertverlust der Ware, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß §4 Abs1 Z8 über sein Rücktrittsrecht belehrt wurde.

  

 

6. §16 Abs1 und Abs2 FAGG dient der Umsetzung der in Art14 Abs3 und 4 Verbraucherrechte-RL vorgesehenen Pflichten des Verbrauchers bei einem 'Widerruf' (nach österreichischer Terminologie: einem 'Rücktritt') von Dienstleistungsverträgen und bestimmten Bezugsverträgen nach (zumindest teilweiser) Leistungserbringung. Im Einzelnen befassen sich die §16 Abs1 und 2 FAGG mit Verträgen über Dienstleistungen und Verträgen über den Bezug von Wasser und Energie. Inhaltliche Abweichungen zur Verbraucherrechte-RL bestehen auch insofern nicht.

 

Art14 Verbraucherrechte-RL

§16 FAGG

(3) Übt ein Verbraucher das Widerrufsrecht aus, nachdem er ein Verlangen gemäß Artikel 7 Absatz 3 oder Artikel 8 Absatz 8 erklärt hat, so zahlt er dem Unternehmer einen Betrag, der verhältnismäßig dem entspricht, was bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher den Unternehmer von der Ausübung des Widerrufsrechts unterrichtet, im Vergleich zum Gesamtumfang der vertraglich vereinbarten Leistungen geleistet worden ist. Der anteilige Betrag, den der Verbraucher an den Unternehmer zu zahlen hat, wird auf der Grundlage des vertraglich vereinbarten Gesamtpreises berechnet. Ist der Gesamtpreis überhöht, so wird der anteilige Betrag auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung berechnet.

(4) Der Verbraucher hat nicht aufzukommen für:

 

a) Dienstleistungen, die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme, die während der Widerrufsfrist ganz oder teilweise erbracht wurden, wenn

 

i) der Unternehmer es unterlassen hat, die Informationen gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben h oder j bereitzustellen oder

 

ii) der Verbraucher nicht ausdrücklich gemäß Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 8 Absatz 8 verlangt hat, dass die Erbringung der Leistung während der Widerrufsfrist beginnen soll, oder

 

b) die vollständige oder teilweise Bereitstellung von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, wenn

 

 

ii) der Verbraucher nicht zur Kenntnis genommen hat, dass er mit seiner Zustimmung sein Widerrufsrecht verliert, oder

 

iii) der Unternehmer es unterlassen hat, eine Bestätigung gemäß Artikel 7 Absatz 2 oder Artikel 8 Absatz 7 zur Verfügung zu stellen.

 

(1) Tritt der Verbraucher nach §11 Abs1 von einem Vertrag über Dienstleistungen oder über die in §10 genannten Energie- und Wasserlieferungen zurück, nachdem er ein Verlangen gemäß §10 erklärt und der Unternehmer hierauf mit der Vertragserfüllung begonnen hat, so hat er dem Unternehmer einen Betrag zu zahlen, der im Vergleich zum vertraglich vereinbarten Gesamtpreis verhältnismäßig den vom Unternehmer bis zum Rücktritt erbrachten Leistungen entspricht. Ist der Gesamtpreis überhöht, so wird der anteilig zu zahlende Betrag auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistungen berechnet.

 

(2) Die anteilige Zahlungspflicht nach Abs1 besteht nicht, wenn der Unternehmer seiner Informationspflicht nach §4 Abs1 Z8 und 10 nicht nachgekommen ist.

 

  

 

7. §19 Z7 FAGG normiert eine mit einer Geldstrafe bis zu 1.450 Euro sanktionierte Verwaltungsübertretung, wenn ein Unternehmer gegen seine Erstattungspflicht nach §14 Abs1 FAGG verstößt. Dies setzt Art24 Abs1 Verbraucherrechte-RL um, wonach die Mitgliedstaaten für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften Sanktionen festlegen. Diese Sanktionen müssen wirksam, angemessen und abschreckend sein. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin (s. Seite 6 des Antrages) ist der diesbezügliche Ermessensspielraum der Gesetzgebung daher durchaus eingeschränkt. Was die Höhe der angedrohten Verwaltungsstrafe betrifft, so beträgt diese 'bis zu 1450 Euro'; sie ist ebenfalls in dieser Höhe in §32 KSchG seit 1.1.2002 (zuvor 20000 S) ua. bei Verletzungen von Belehrungs- oder Informationspflichten nach dem KSchG vorgesehen. Schon an dieser Stelle merkt die Bundesregierung an, dass bei einer drohenden Verwaltungsstrafe von höchstens 1.450 Euro nicht von einer unverhältnismäßigen Sanktion gesprochen werden kann.

 

8. Zu der von der Antragstellerin angesprochenen Problematik gemischter Verträge wird schließlich angemerkt, dass auch diese auf die Verbraucherrechte-Richtlinie zurückzuführen ist.

 

Freilich können die Informationspflichten und deren Rechtsfolgen bei gemischten Verträgen, wie etwa bei Kauf und Einbau einer Küche oder bei den im Antrag beschriebenen Leistungen eines Bestattungsunternehmens, komplex sein. Nach Art2 Z5 VRRL handelt es sich auch bei Verträgen, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben, in der Regel um Kaufverträge. Ist Hauptzweck des Vertrags allerdings die Dienstleistung, so gilt der Vertrag sowohl nach österreichischem Recht als auch nach Unionsrecht als Dienstleistungsvertrag (vgl. Leitfaden der EK zur VRRL, Juni 2014, Seite 8, mit Verweis auf das Urteil des EuGH vom 26. Mai 2005 in der Rs. C-20/03 , Burmanjer).

 

In Erwgr. 50 VRRL wird ausgeführt, dass im Fall des Rücktritts des Verbrauchers von Verträgen, 'die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben', für die Warenkomponente die Vorschriften über 'die Rücksendung von Waren' und für die Dienstleistungskomponente jene über 'die Abgeltung von Dienstleistungen' Anwendung finden sollen. Der Entgeltanspruch des Unternehmers setzt freilich eine entsprechende Belehrung für das Waren- und für das Dienstleistungselement voraus. Beginnt der Unternehmer während aufrechter Rücktrittsfrist mit der Erbringung der Dienstleistung im Rahmen von gemischten Verträgen, so muss er den Verbraucher über das Rücktrittsrecht samt anteiliger Zahlungspflicht belehren, um seinen Entgeltanspruch zu wahren. Außerdem muss er das ausdrückliche Verlangen des Konsumenten zur vorzeitigen Vertragserfüllung einholen. Gleichzeitig hat der Unternehmer dem Verbraucher die für den Warenkauf erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen. Kommt der Unternehmer also seinen Informationspflichten über den Rücktritt sowohl hinsichtlich des Warenkaufs als auch hinsichtlich der Dienstleistung nach, so stehen ihm die jeweiligen Ansprüche auf Wertersatz und anteilige Zahlung etc. zu.

 

9. Entgegen dem Ansinnen der Antragstellerin kann aufgrund der Vollharmonisierung durch die Verbraucherrechte-RL (vgl. Art4) auf nationaler Ebene weder eine Ausnahme vom Anwendungsbereich für bestimmte Verträge, wie etwa jene, die von Bestattungsunternehmen abgeschlossen werden, noch von den Regelungen über den Rücktritt vorgesehen werden.

 

II.

Zu den Prozessvoraussetzungen:

 

1.1. Gemäß §62 Abs1 VfGG sind die anzufechtenden Bestimmungen genau zu bezeichnen. Eine ungenaue Bezeichnung der Gesetzesvorschriften, deren Aufhebung beantragt wird, ist kein verbesserungsfähiger Mangel (VfSlg 14.634/1996; vgl. auch VfSlg 17.570/2005). Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes darf nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Gesetzesvorschrift nach Auffassung der Antragsteller tatsächlich aufgehoben werden soll (vgl. VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua mwN). Der Verfassungsgerichtshof ist auch nicht befugt, Gesetzesbestimmungen auf Grund bloßer Vermutungen darüber, welche Normen der Antragsteller ins Auge gefasst haben könnte, in Prüfung zu ziehen (VfSlg 15.775/2000, 16.340/2001).

 

1.2. Die Antragstellerin begehrt unter Punkt F. ('Anträge') in ihrem Hauptantrag die Aufhebung näher angeführter Bestimmungen — darunter die ganzen §§1, 3 bis 12, 15, 16, 18 und 19 sowie des Anhanges I FAGG — 'zur Gänze, in eventu zum Teil' (Seite 54 des Antrages). Auch die Eventualanträge nach den Punkten F.2., F.4. und F.5. sind derartig formuliert. Die Antragstellerin legt an dieser Stelle jedoch nicht näher dar, welche konkreten Teile der angeführten Gesetzesbestimmungen 'in eventu' aufgehoben werden sollen. Selbst wenn nach der neueren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ein zu weites Antragsvorbringen dieses nicht von vornherein unzulässig macht, kann es nicht im Belieben eines Antragstellers stehen, die Abgrenzung des Antragsgegenstandes in jeder Hinsicht letztlich dem Verfassungsgerichtshof zu überbürden.

 

Eine Konkretisierung, welche Gliederungseinheiten der §§1, 3 bis 12, 15, 16, 18 und 19 sowie des Anhanges I und II FAGG angefochten werden sollen, ergibt sich aber auch nicht aus den Ausführungen des Antrages unter Punkt E. ('Zum Sitz der Verfassungswidrigkeit'; Antrag S 44 ff). Darin listet die Antragstellerin zu verschiedenen 'Themenkomplexen' — womit offensichtlich verschiedene verfassungsrechtliche Bedenken gemeint sind — jeweils einzelne Gliederungseinheiten der §§1, 3 bis 12, 15, 16, 18 und 19 sowie des Anhanges I und II FAGG — der Anhang II ist im Übrigen im Hauptantrag (Punkt F.1.) gar nicht enthalten — auf, die zur Beseitigung der jeweils geltend gemachten Verfassungswidrigkeit aufgehoben werden müssten. Nicht alle dieser Gliederungseinheiten finden sich als solche aber im Hauptantrag (Punkt F.1.) bzw. in den Eventualanträgen (Punkt F.2. bis F.6.). In diesem werden zwar die genannten Paragraphen auch zur Gänze angefochten (Punkt F.1.e). Es bleibt aber insgesamt unklar, welchen Umfang der Hauptantrag haben soll.

 

Schon deshalb erweisen sich der Hauptantrag (Punkt F.1.) sowie die Eventualanträge nach den Punkten F.2., F.4. und F.5. als unzulässig.

 

1.3. Der Hauptantrag (Punkt F.1.) ist überdies auch in sich widersprüchlich. So wird etwa in Punkt F.1d) die Aufhebung lediglich von §3 Z1 litb sowie einer näher bezeichneten Wortfolge in §4 Abs1 FAGG, in Punkt F.1e) jedoch sodann die Aufhebung des §3 und des §4 begehrt. Gleiches gilt für den Antrag zu Punkt F.4. Die betreffenden Anträge erweisen sich daher auch aus diesem Grund als unzulässig.

 

2. Daneben wird angemerkt, dass die Antragstellerin — ausgehend von ihrem Antragsvorbringen — im Hinblick darauf, dass sie keine Informationserteilung über ein räumlich oder zeitlich begrenztes Medium behauptet, von vornherein nicht von §7 Abs2 FAGG betroffen sein kann. Dass die Bestimmung mit den übrigen angefochtenen Bestimmung in einem untrennbaren Zusammenhang stünde, wird ebenfalls nicht behauptet. Die Anträge sind daher insoweit jedenfalls zu weit gefasst.

 

3.1. Die Eventualanträge auf Aufhebung des gesamten FAGG (Punkte F.3. und F.6.) begründet die Antragstellerin damit, dass nach Wegfall der Regelungen über das Rücktrittsrecht (Seite 48 des Antrages) oder der Regelung über die Informationserteilung (Seite 52 des Antrages) bzw. bei vollständiger Ausnahme der Auswärtsgeschäfte (Seite 49 des Antrages) oder der Fernabsatzverträge (Seite 51 des Antrages) ein 'sinnentstellter Gesetzestorso' zurückbliebe. Sie geht also davon aus, dass es bereits der Wegfall eines Zweckes, der mit dem FAGG verfolgt wurde, rechtfertigen würde, von einem untrennbaren Zusammenhang sämtlicher Bestimmungen des FAGG auszugehen und somit das gesamte FAGG aufzuheben.

 

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes erhält ein Gesetz durch Aufhebung einzelner Teile jedoch nur dann einen völlig veränderten, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbaren Inhalt (der eine Aufhebung des gesamten Gesetzes rechtfertigten könnte), wenn die Norm in einem besonders gravierenden Ausmaß verändert werden würde (wie zB wenn der Zweck der Norm ins Gegenteil verkehrt würde, vgl. VfGH 12.3.2015, G205/2014). In einem bestimmten Ausmaß ist eine Änderung des Gesetzesinhalts aber nach der Judikatur die notwendige Folge jeder Aufhebung (vgl. VfSlg 19.411/2011 mwN).

 

Der Wegfall der genannten Regelungen bzw. die Ausnahme der genannten Geschäfte führt nach Auffassung der Bundesregierung zu keinem sinnentstellten Gesetzestorso im Sinne dieser Rechtsprechung, der eine Aufhebung des gesamten FAGG notwendig machen würde. Im Hinblick darauf, dass mit dem Hauptantrag nur die Regelungen über Unternehmerpflichten bei Rücktritt eines Verbrauchers von einem Kaufvertrag oder einem Dienstleistungsvertrag bekämpft werden, das FAGG daneben aber etwa auch Informationspflichten des Unternehmers, das Rücktrittsrecht des Verbrauchers als solches, dessen Ausübung sowie die Ausnahmen vom Rücktrittsrecht regelt, vermag die Bundesregierung auch nicht zu erkennen, dass oder inwiefern das Gesetz bei der Aufhebung im Umfang des Hauptantrags gänzlich unverständlich oder unanwendbar (vgl. VfGH 7.10.2015, G224/2015 mwN) werden würde.

 

Soweit die Antragstellerin im Übrigen deswegen von einem untrennbaren Zusammenhang ausgeht, weil nach Aufhebung der beantragten Gesetzesbestimmungen Verweise ins Leere gehen würden (s. Seite 49 des Antrages), weist die Bundesregierung darauf hin, dass allein dieser Umstand nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes keinen untrennbaren Zusammenhang zwischen den betreffenden Bestimmungen begründet (vgl. VfGH 7.10.2014, G27/2014 mwN).

 

Gegen alle Bestimmungen des FAGG bringt die Antragstellerin aber auch keine Bedenken im Einzelnen vor.

 

Die Anträge auf Aufhebung des gesamten FAGG erweisen sich daher als unzulässig.

 

3.2. Insofern weist die Bundesregierung im Übrigen darauf hin, dass es nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes ist, einen pauschal gegen ein gesamtes Gesetz gerichteten Antrag auf die zur Beseitigung der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit notwendigerweise anzufechtenden bzw. aufzuhebenden Bestimmungen zu reduzieren (VfGH 2.3.2015, G140/2015 u.a.).

 

4. Soweit die Anträge schließlich davon abhängig gemacht werden, dass 'die Verlautbarungsberichtigung des BGBI I 83/2015 auf das FAGG durchschlägt' (s. die Anträge nach den Punkten F.4., F.5., F.6.), weist die Bundesregierung auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Unzulässigkeit bedingter Anträge (weil diesen ein bestimmtes Begehren fehlt) hin (vgl. VfSlg 16.614 — 16.615,16.616/2002; 18.821/2009 mwN).

 

5. Zusammenfassend ist die Bundesregierung der Auffassung, dass sowohl der Hauptantrag als auch die Eventualanträge als unzulässig zurückzuweisen sind.

 

6.1. Im Übrigen weist die Bundesregierung auf Folgendes hin: Die Antragstellerin behauptet, dass den bekämpften Bestimmungen u.a. Art16, 17 und 20 Grundrechte-Charta (GRC), somit unmittelbar anwendbares Unionsrecht entgegensteht. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes 'kann ein Individualantrag nach Art140 B—VG nur dann als zulässig angesehen werden, wenn feststeht, daß der Anwendbarkeit der bekämpften Norm nicht unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht entgegensteht' (VfSlg 15.771/2000, 18.298/2007). Ein solcher Widerspruch mit unmittelbar anwendbarem Unionsrecht liegt allerdings nicht vor:

 

6.2. Wie oben unter Punkt I. dargelegt, handelt es sich bei den angefochtenen Bestimmungen des FAGG um die getreue Umsetzung der Verbraucherrechte-RL. Die Bundesregierung geht folglich davon aus, dass die Verbraucherrechte-RL — selbst wenn sie unmittelbar anwendbar wäre — schon aus diesem Grund der Anwendung der bekämpften Bestimmungen nicht entgegensteht.

 

6.3. Da es sich bei den angefochtenen Bestimmungen wie ausgeführt um getreue Umsetzungen der Verbraucherrechte-RL handelt, könnten ihnen daher die Art16, 17 und 20 GRC nur dann entgegen stehen, wenn die Verbraucherrechte-RL selbst mit diesen Artikeln der Grundrechte-Charta unvereinbar wäre. Der Verfassungsgerichtshof legt dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Frage zur Vorabentscheidung vor, wenn er Zweifel an der Auslegung einer unionsrechtlichen Vorschrift, dh. auch der Grundrechte-Charta, oder Zweifel an der Gültigkeit einer Vorschrift des Sekundärrechts hat. Der Verfassungsgerichtshof ist sohin nicht nur in Fragen der Auslegung der Grundrechte-Charta vorlageverpflichtetes Gericht im Sinne des Art267 Abs3 AEUV (VfSlg 19.632/2012), sondern auch in Fällen, in denen in einem bei ihm anhängigen Verfahren die Vereinbarkeit von Sekundärrecht mit der Grundrechte-Charta und damit dessen Gültigkeit in Frage steht (VfSlg 19.702/2012).

 

In diesem Sinne hat auch der EuGH im Urteil vom 11. September 2014 in der Rs. C-112/13 , A gg. B, Rz. 43, Folgendes ausgesprochen:

 

'Bevor im Zwischenverfahren die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes, dessen Inhalt auf die Umsetzung zwingender Bestimmungen einer Unionsrichtlinie beschränkt ist, im Hinblick auf die gleichen Gründe, aus denen die Gültigkeit der Richtlinie in Frage steht, kontrolliert werden kann, sind die nationalen Gerichte, deren Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, grundsätzlich nach Art267 Abs3 AEUV verpflichtet, den Gerichtshof zur Gültigkeit dieser Richtlinie zu befragen und anschließend die Konsequenzen zu ziehen, die sich aus dem vom Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren erlassenen Urteil ergeben, sofern nicht das Gericht, das die im Zwischenverfahren erfolgende Kontrolle veranlasst hat, selbst dem Gerichtshof diese Frage gemäß Art267 Abs2 AEUV vorgelegt hat. Handelt es sich um ein nationales Umsetzungsgesetz mit einem derartigen Inhalt, ist nämlich die Frage, ob die Richtlinie gültig ist, angesichts der Verpflichtung zu deren Umsetzung als Vorfrage anzusehen (Urteil Melki und Abdeli, EU:C:2010:363, Rn. 56).'

 

Würde aber der Gerichtshof der Europäischen Union die Verbraucherrechte-RL wegen eines Verstoßes gegen die genannten Artikel der Grundrechte-Charta für ungültig erklären, käme eine unmittelbare Anwendung dieser Richtlinie, die den Verfassungsgerichtshof zur Wahrnehmung des Anwendungsvorranges veranlassen müsste und die sich auf die Zulässigkeit des Individualantrages auswirken würde, nicht in Betracht (VfSlg 19.892/2014, Rz. 102).

 

6.4. Die Bundesregierung geht daher zusammenfassend davon aus, dass der lndividualantrag nicht wegen des Anwendungsvorranges des Unionsrechts, jedoch aus den zuvor dargelegten Gründen unzulässig ist.

 

Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof den Antrag dennoch für zulässig erachten sollte, nimmt die Bundesregierung im Folgenden zu den inhaltlichen Bedenken Stellung.

 

III.

Zu den vorgebrachten Bedenken:

 

1. Die Bundesregierung verweist auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl. VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der vom Antragsteller vorgetragenen Bedenken.

 

2. Soweit aus einer Zusammenschau der Ausführungen der Antragstellerin erkennbar, bringt diese vor, dass die Rechtsfolge des Anspruchsverlustes für den Fall der nicht gesetzeskonformen Information über das Rücktrittsrecht, sowie bei Dienstleistungen auch bei unterlassener Einholung eines ausdrücklichen Verlangens auf 'vorzeitige' Leistungserbringung oder fehlender Information über die anteilige Kostentragung, in keinem Verhältnis zu dem vorwerfbaren Verhalten eines bloß gelegentlichen, geringfügigen Versehens stünde. Dadurch werde auch in unsachlicher Weise in das Eigentumsrecht eingegriffen. Das Ziel, die Unternehmer zur Einhaltung der Informationspflichten (insbesondere betreffend das Rücktrittsrecht) zu verhalten, könnte durch weniger einschneidende Maßnahmen wie etwa durch Verwaltungsstrafen erreicht werden, sodass die Sanktion des Entgeltanspruchsverlusts unsachlich iSd. Art7 B‑VG sei.

 

Die Antragstellerin moniert in diesem Zusammenhang auch die in §19 FAGG angedrohte Verwaltungsstrafe als unsachlich (Antrag, S. 25, 38).

 

Wenn ein Verbraucher außerhalb der Geschäftsräumlichkeit des Unternehmens an selbiges herantrete, um ein Angebot – welches das Unternehmen durch eine bloße Annahmeerklärung annehmen kann, wodurch der Vertrag zustande kommt – zu legen, so dürfe der gesetzeskonform handelnde Unternehmer diesen Vertrag mangels Erfüllung seiner Informationspflichten nicht abschließen. Durch diese Regelung werde die Privatautonomie eines Unternehmens – somit auch der Antragstellerin – erheblich eingeschränkt, würden doch sämtliche Verträge, die auf Basis eines Anbots des Verbrauchers zustande kommen können, praktisch und wirtschaftlich unmöglich gemacht. Das gleiche Problem stelle sich bei einem Abschluss gemischter Verträge. Auch würde der Abschluss von telefonischen Verträgen mit Verbrauchern verunmöglicht.

 

Die eindeutige Unterscheidbarkeit zwischen einem Kaufvertrag und einem Dienstleistungsvertrag, damit ein Unternehmer seinen Informationspflichten nachkommen kann, sei nicht gegeben, wodurch das Bestimmheitsgebot verletzt sei.

 

Es sei auch unsachlich, dass gemäß §18 Abs2 FAGG für dringend vorzunehmende Reparaturarbeiten ein Ausnahmetatbestand betreffend das Rücktrittsrecht vorliege, jedoch für dringend vorzunehmende Dienstleistungen, wie zB Bestattungsleistungen, eine solche Ausnahmeregelung nicht existiere.

 

3. Das Unionsrecht bildet im Allgemeinen keinen Prüfungsmaßstab für die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 19.632/2012). Die von der GRC garantierten Rechte bilden jedoch im Anwendungsbereich der GRC einen Prüfungsmaßstab in Verfahren der Normenkontrolle, insbesondere in Verfahren nach Art139 und 140 B‑VG. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die betreffenden Garantien der GRC in ihrer Formulierung und Bestimmtheit verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten der österreichischen Bundesverfassung gleichen. Gesetzliche Regelungen, die in Umsetzung einer Richtlinie ergangen sind, bilden jedenfalls einen Fall der Durchführung des Unionsrechts, und zwar auch dann, wenn der damit umgesetzte Rechtsakt der Union (mit Wirkung ex tunc) für ungültig erklärt wurde (VfSlg 19.892/2014, Rz. 144).

 

Wenn der Gesetzgeber in Wahrnehmung seines Umsetzungsspielraums bei der Durchführung von Unionsrecht Regelungen schafft, die neben einem Grundrecht der GRC auch ein (anderes) verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht berühren, entscheidet der Verfassungsgerichtshof auf der Grundlage dieses Rechts, wenn es den gleichen Anwendungsbereich wie das Recht der GRC hat (VfSlg 19.632/2012), und wenn die Grenzen für zulässige Eingriffe des Gesetzgebers in die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte enger oder wenigstens nicht weiter gezogen sind als in den korrespondierenden Rechten der GRC (VfSlg 19.892/2014, Rz. 145).

 

4. Es kann hier allerdings dahingestellt bleiben, ob die Garantien der Art16 GRC (Unternehmerische Freiheit), Art17 GRC (Eigentumsrecht) und Art20 GRC (Gleichheit vor dem Gesetz) in ihrer Formulierung und Bestimmtheit den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten der Art5 StGG, Art6 StGG, Art7 B‑VG und Art1 1. ZProtEMRK gleichen und ob der Verfassungsgerichtshof auf der Grundlage der Grundrechte der GRC oder der anderen geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte zu entscheiden hätte:

 

Wie oben (Pkt. I.) dargelegt, hatte die nationale Gesetzgebung bei der Umsetzung der Verbraucherrechte-RL durch das FAGG auf Grund des Vollharmonisierungsprinzips, von terminologischen Anpassungen sowie der Festsetzung eines effektiven Betrages für die Verwaltungsstrafe abgesehen, keinen Umsetzungsspielraum. In einem solchen Fall wäre nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 18.642/2008, S. 820) die Aufhebung einer Bestimmung unzulässig, 'wenn das [Unions]recht dem innerstaatlichen Gesetzgeber keinen Spielraum für die innerstaatliche Gestaltung einräumt, sodass der Gesetzgeber keine Möglichkeit hätte, eine Ersatzregelung zu schaffen, die sowohl dem [Unions]recht als auch dem innerstaatlichen Verfassungsrecht entspricht'. Nach der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes ist es daher in Konstellationen, in denen das Unionsrecht inhaltlich zur Erlassung einer bestimmten Regelung zwingt, zwar zulässig, die entsprechende Regelung in einem Normenkontrollverfahren in Prüfung zu ziehen (das zitierte Erkenntnis bejahte die Zulässigkeit des Normenkontrollverfahrens), allerdings scheidet eine Rechts- bzw. Verfassungswidrigkeit der in Prüfung gezogenen Normen insoweit aus, als die Gesetzgebung ungeachtet ihrer doppelten Bindung 'keine andere Möglichkeit hätte, eine Ersatzregelung zu schaffen'. Dies trifft auf die angefochtenen Bestimmungen zu.

 

5. Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass die angefochtenen Bestimmungen, die eine getreue Umsetzung der Verbraucherrechte-RL darstellen, nicht verfassungswidrig sind. Sollte der Verfassungsgerichtshof Zweifel an der Grundrechtskonformität der angefochtenen Bestimmungen und damit auch der durch diese umgesetzten Bestimmungen der Verbraucherrechte-RL hegen, wäre nach Ansicht der Bundesregierung dem EuGH ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen."

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist also, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.

Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).

Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg 8594/1979, 15.527/1999, 16.425/2002 und 16.426/2002).

1.2. Ein Antrag nach Art140 Abs1 B‑VG hat gemäß §62 Abs1 Satz 1 VfGG stets das Begehren zu enthalten, das – nach Auffassung der antragstellenden Partei verfassungswidrige – Gesetz seinem "ganzen Inhalt nach" oder in "bestimmte[n] Stellen" aufzuheben. Um die strengen Formerfordernisse des ersten Satzes des §62 Abs1 VfGG zu erfüllen, müssen – wie der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat – die bekämpften Stellen des Gesetzes genau und eindeutig bezeichnet werden. Es darf nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschriften (welcher Teil einer Gesetzesvorschrift) nach Auffassung des Antragstellers tatsächlich der Aufhebung verfallen soll (vgl. dazu VfSlg 15.775/2000, 16.340/2001, 18.175/2007). Es ist dem Verfassungsgerichtshof auch verwehrt, Gesetzesbestimmungen auf Grund bloßer Vermutungen darüber, in welcher Fassung ihre Aufhebung begehrt wird, zu prüfen und im Falle des Zutreffens der geltend gemachten Bedenken aufzuheben (zB VfSlg 11.802/1988, 15.962/2000 mwN).

Gemäß §62 Abs1 VfGG hat der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, die gegen das Gesetz sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit sind präzise zu umschreiben, die Bedenken sind schlüssig und überprüfbar darzulegen (VfSlg 11.888/1988, 12.223/1989). Dem Antrag muss mit hinreichender Deutlichkeit entnehmbar sein, zu welcher Rechtsvorschrift die zur Aufhebung beantragte Norm in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese These sprechen (VfSlg 14.802/1997, 17.752/2006). Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, pauschal vorgetragene Bedenken einzelnen Bestimmungen zuzuordnen und – gleichsam stellvertretend – das Vorbringen für den Antragsteller zu präzisieren (VfSlg 17.099/2003, 17.102/2003; vgl. auch VfGH 10.12.2013, G46/2013; 12.12.2013, G53/2013; 13.6.2014, G10/2014). Dies bedeutet aber, dass die antragstellende Partei sämtliche Bedenken in einem Antrag selbst darzulegen hat. Zur Darlegung der Bedenken reicht es somit nicht aus, auf Äußerungen desselben Antragstellers in anderen Verfahren hinzuweisen, ohne eine präzise Zuordnung der Bedenken vorzunehmen. Hinweise auf andere schriftliche Ausführungen, wie etwa Schriftsätze, Gutachten, Aufsätze können die Darlegung dieser Bedenken im Antrag nicht ersetzen (vgl. VfSlg 17.516/2005).

1.3. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit der Antragsteller solche Normen anficht, durch die seine (rechtlich geschützten) Interessen aktuell beeinträchtigt sind und die mit diesen in untrennbarem Zusammenhang stehen; dabei darf aber nach §62 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua.; vgl. auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103-104/2016 ua.).

Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua.).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, durch die die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht aktuell beeinträchtigt sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden (und nach Auffassung des Antragstellers den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers bildenden, die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden Bestimmungen offensichtlich trennbar, führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (vgl. VfGH 2.12.2016, G105/2015). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua.).

Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, welche nicht in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar und aktuell eingreifen, aber mit den unmittelbar und aktuell eingreifenden Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl. zB VfSlg 19.939/2014; VfGH 11.10.2016, G418/2015), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.

1.4. Der Antrag wird nur teilweise den in §62 Abs1 VfGG normierten Erfordernissen gerecht, die gegen die angefochtenen Bestimmungen sprechenden verfassungsrechtlichen Bedenken im Einzelnen darzulegen: Im Antrag werden über weite Strecken Erwägungen zum Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz im Allgemeinen dargestellt, ohne Gründe für die behauptete Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Gesetzesbestimmungen präzise, schlüssig und überprüfbar darzulegen. Aus diesem Grund werden – entgegen §62 Abs1 VfGG – die Bestimmungen des Gesetzes, die angefochten werden sollen, nicht genau und eindeutig bezeichnet.

Die antragstellende Gesellschaft macht in ihrem Individualantrag den angefochtenen Bestimmungen eindeutig zuordenbare verfassungsrechtliche Bedenken nur gegen §4 Abs1, insbesondere gegen die Wortfolge "oder seine Vertragserklärung" in §4 Abs1, §7 Abs2, §15 Abs4 letzter Satz, die Wortfolge "nachdem er ein Verlangen gemäß §10 erklärt und der Unternehmer hierauf mit der Vertragserfüllung begonnen hat" in §16 Abs1, §16 Abs2 sowie §18 Abs2 FAGG geltend.

Der (Haupt-)Antrag ist daher unter dem Gesichtspunkt der Erfordernisse des §62 Abs1 VfGG nur hinsichtlich dieser Bestimmungen zulässig. Im Übrigen ist der (Haupt-)Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

Dies gilt ebenso für die Eventualanträge, zumal die antragstellende Gesellschaft in ihren Eventualanträgen jeweils weiter gehende Bestimmungen anficht und gegen diese Bestimmungen ebenso wenig eindeutig zuordenbare verfassungsrechtliche Bedenken im Sinne des §62 Abs1 VfGG geltend macht.

1.5. Die antragstellende Gesellschaft ist durch §4 Abs1, §15 Abs4 letzter Satz, die Wortfolge "nachdem er ein Verlangen gemäß §10 erklärt und der Unternehmer hierauf mit der Vertragserfüllung begonnen hat" in §16 Abs1, §16 Abs2 und §18 Abs2 FAGG, nicht jedoch durch §7 Abs2 FAGG unmittelbar und aktuell im Sinne des Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG betroffen.

1.5.1. Die antragstellende Gesellschaft ist durch §4 Abs1, §15 Abs4 letzter Satz, die Wortfolge "nachdem er ein Verlangen gemäß §10 erklärt und der Unternehmer hierauf mit der Vertragserfüllung begonnen hat" in §16 Abs1, §16 Abs2 und §18 Abs2 FAGG unmittelbar und aktuell in ihren Rechten betroffen:

§15 Abs4 letzter Satz und §16 Abs2 FAGG greifen unmittelbar in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft ein, weil diese die Rechtsfolge des zivilrechtlichen Anspruchsverlustes im Falle der Verletzung von Informationspflichten durch den Unternehmer vorsehen.

Die angefochtene Wortfolge in §16 Abs1 FAGG greift insoweit in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft ein, als die anteilige Zahlungspflicht des Verbrauchers daran geknüpft wird, dass der Verbraucher ein ausdrückliches Verlangen gemäß §10 FAGG erklärt und der Unternehmer hierauf mit der Vertragserfüllung begonnen hat. Bei Nichterfüllung der Voraussetzungen verliert der Unternehmer den (anteiligen) Entgeltanspruch zur Gänze.

Schließlich greift auch §4 Abs1 FAGG und hier insbesondere die angefochtene Wortfolge "oder seine Vertragserklärung" in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft ein, weil dem Unternehmer dadurch die verwaltungsstrafrechtlich bewehrte (§19 FAGG) Pflicht auferlegt wird, den Verbraucher vor Abgabe einer Vertragserklärung in einer dem Gesetz entsprechenden Weise zu informieren.

Das Rücktrittsrecht des Verbrauchers ist eingeschränkt, wenn unter anderem die Voraussetzungen des §18 Abs2 FAGG erfüllt sind. Diese Bestimmung greift somit ebenfalls unmittelbar in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft ein, weil bei einem Sachverhalt, der nicht unter diese Bestimmung fällt, das Rücktrittsrecht des Verbrauchers – abgesehen von den Fällen des §18 Abs1 FAGG – fortbesteht und zivilrechtliche Ansprüche des Unternehmers verloren gehen.

1.5.2. Eine unmittelbare Betroffenheit der antragstellenden Gesellschaft besteht hingegen nicht in Bezug auf den angefochtenen §7 Abs2 FAGG:

Ausweislich der Überschrift der Bestimmung des §7 FAGG ("Informationserteilung bei Fernabsatzverträgen") bezieht sich §7 Abs2 FAGG zunächst lediglich auf Fernabsatzverträge. Die Legaldefinition des §3 Z2 FAGG definiert den Fernabsatzvertrag als einen Vertrag, der zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems geschlossen wird, wobei bis einschließlich des Zustandekommens des Vertrages ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet werden.

Voraussetzung für das Vorliegen eines Fernabsatzvertrages ist sohin das Bestehen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems, das organisatorisch auf einen regelmäßigen Absatz per Distanzgeschäft ausgerichtet ist (Dehn, in: Schwimann/Kodek, ABGB-Praxiskommentar Va4, 2015, §3 FAGG, Rz 12). Dabei genügt das bloße Bestehen von Internetauftritten mit Informationen zum Unternehmer, dessen Waren bzw. Dienstleistungen und Kontaktinformationen sowie Werbeeinschaltungen oder Ähnliches im Allgemeinen noch nicht, um von einem Fernabsatzsystem im Sinne des §3 Z2 FAGG ausgehen zu können (Kolba/Leupold, Das neue Verbraucherrecht, 2014, §3 FAGG, Rz 105; vgl. auch Erwägungsgrund 20 zur Verbraucherrechte-RL).

Darüber hinaus erfasst der Anwendungsbereich des angefochtenen §7 Abs2 FAGG nicht jegliche Art von Fernabsatzverträgen, sondern nur solche, "die unter Verwendung eines Fernkommunikationsmittels geschlossen [werden], bei dem für die Darstellung der Information nur begrenzter Raum oder begrenzte Zeit zur Verfügung steht".

Die antragstellende Gesellschaft legt dar, dass sie häufig von Verbrauchern telefonisch oder per E-Mail kontaktiert werde und Verträge regelmäßig im Wege dieser Kommunikationsmittel abschließe. Die antragstellende Gesellschaft versäumt es aber darzulegen, dass sie Verträge unter Verwendung eines Fernkommunikationsmittels schließe, bei dem für die Darstellung der Information nur begrenzter Raum oder begrenzte Zeit zur Verfügung steht (zB bei Vertragsabschluss über mobile Endgeräte). Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die antragstellende Gesellschaft durch §7 Abs2 FAGG gar nicht unmittelbar betroffen ist: Weder der telefonische Kontakt noch der Kontakt per E-Mail werden durch §7 Abs2 FAGG erfasst, zumal es sich weder bei einem Telefon noch bei einer E-Mail um ein Fernkommunikationsmittel handelt, "bei dem für die Darstellung der Information nur begrenzter Raum oder begrenzte Zeit zur Verfügung steht" (§7 Abs2 FAGG; vgl. auch Erwägungsgrund 36 zur Verbraucherrechte-RL).

§7 Abs2 FAGG greift somit nicht unmittelbar in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft ein, sodass die Anfechtung dieser Bestimmung unzulässig ist.

1.6. Die dargelegten Eingriffe in der Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft werden unmittelbar durch die angeführten Bestimmungen des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes bewirkt und setzen das Dazwischentreten eines gesonderten Rechtsaktes nicht voraus. Die dargelegten Eingriffe sind auch insbesondere auf Grund der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung des Verlustes von zivilrechtlichen Ansprüchen (§15 Abs4 und 5, §16 Abs1 und 2 sowie §4 FAGG) sowie der Verwaltungsstrafsanktion (§19 Z1 und 7 FAGG) hinreichend bestimmt.

Die antragstellende Gesellschaft ist durch die angefochtenen Bestimmungen im Übrigen aktuell betroffen: Infolge des Inkrafttretens des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes mit 13. Juni 2014 unterliegen die von der antragstellenden Gesellschaft als Unternehmerin mit Verbrauchern geschlossenen Verträge über den entgeltlichen Erwerb von Waren bzw. die Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen ihrer Gewerbeausübung regelmäßig dem Anwendungsbereich des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes.

1.7. Ein zumutbarer anderer Weg, die geltend gemachten Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, steht der antragstellenden Gesellschaft nicht offen (vgl. VfGH 9.10.2015, G164/2014).

1.8. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 9. Oktober 2015, G164/2014, mit dem bereits ein Antrag auf Aufhebung einzelner Bestimmungen des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes zurückgewiesen wurde, Ausführungen zur Abgrenzung des Anfechtungsumfanges gemacht. So hat der Verfassungsgerichtshof im genannten Beschluss mit näherer Begründung ausgeführt, dass eine Anfechtung des §15 Abs4 und §16 Abs1 und 2 FAGG nur gemeinsam mit der mit diesen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Bestimmung des §10 FAGG zulässig ist.

1.9. Da die antragstellende Gesellschaft auch §10 FAGG angefochten hat, erweist sich der Antrag insoweit als zulässig, als die Aufhebung von §4 Abs1, §15 Abs4 letzter Satz, die Wortfolge "nachdem er ein Verlangen gemäß §10 erklärt und der Unternehmer hierauf mit der Vertragserfüllung begonnen hat" in §16 Abs1, §16 Abs2 und §18 Abs2 sowie des – mit diesen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden – §10 FAGG begehrt wird.

2. In der Sache

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.1. Die antragstellende Gesellschaft ist der Ansicht, es komme durch die §§4, 15 und 16 FAGG zu einer Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK. Eine mangelhafte Information über das Rücktrittsrecht und eine mangelnde Information über die anteilige Kostentragungspflicht werde von §15 Abs4 und §16 Abs2 FAGG mit einem vollständigen Entfall des (anteiligen) Entgeltanspruches/Wertersatzes sanktioniert. Eine derartige Rechtsfolge liege weder im öffentlichen Interesse, noch könne sie als verhältnismäßig bezeichnet werden, weil ein Unternehmer – selbst bei einem lediglich geringfügigen Belehrungsfehler – seinen Entgelt- bzw. Wertersatzanspruch gänzlich verliere. Es sei der antragstellenden Gesellschaft auch nicht möglich, im Rahmen der Belehrung im Sinne des §4 FAGG jegliche Eventualität vorab zu berücksichtigen und den Verbraucher entsprechend zu belehren, wenn ein Verbraucher außerhalb der Geschäftsräumlichkeiten an die antragstellende Gesellschaft herantrete, um ein Angebot zu legen. Ein gesetzeskonform handelnder Rechtsunterworfener könne in einem solchen Fall – mangels Erfüllung seiner Informationspflichten – einen solchen Vertrag nicht abschließen. Folglich werde die Privatautonomie der antragstellenden Gesellschaft erheblich eingeschränkt, weil sämtliche Verträge, die auf Basis eines Anbots eines Verbrauchers zustande kommen könnten, praktisch und wirtschaftlich unmöglich gemacht würden. Eine derart massive Einschränkung der Privatautonomie liege weder im öffentlichen Interesse, noch könne sie einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten.

Überdies geht die antragstellende Gesellschaft davon aus, dass unter anderem §4 (Abs1) FAGG gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung verstoße: Es sei der antragstellenden Gesellschaft im Falle der Stellung eines Anbots durch den Verbraucher unmöglich, einen Vertrag abzuschließen, ohne sich der Sanktion des §19 FAGG auszusetzen. Die vom Gesetzgeber durch die angefochtenen Bestimmungen eingeführte "Erwerbsschranke" könne den vom Verfassungsgerichtshof entwickelten Kriterien zur Prüfung einer solchen Maßnahme nicht standhalten. Eine gesetzliche Bestimmung, die eine angemessene wirtschaftliche Tätigkeit unmöglich mache, sei unverhältnismäßig und unsachlich. Die Begründung, wonach der Verbraucher bei einem Vertragsabschluss außerhalb der Geschäftsräumlichkeiten des Unternehmers einem "Überraschungsmoment" ausgesetzt sei, könne nicht ausreichen, um einen Vertragsabschluss auf Basis eines Anbots eines Verbrauchers zu pönalisieren. Auch werde dadurch das Ziel des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes, nämlich die Stärkung der Verbraucherrechte, nicht erreicht. Die gesetzliche Ausgestaltung der Belehrungspflicht sei verfassungswidrig, weil für einen Unternehmer, der mit einem Verbraucher einen gemischten Vertrag – somit einen Vertrag, der sowohl Elemente eines Dienstleistungs- als auch eines Kaufvertrages enthalte – abschließe, nicht eindeutig sei, in welchem Umfang er der Informationspflicht nachzukommen habe.

Schließlich bringt die antragstellende Gesellschaft vor, dass §§4, 15 und 16 FAGG gegen das Sachlichkeitsgebot des Art7 B‑VG verstießen, weil für die "Sanktion" des vollständigen Verlustes des Entgelts bzw. des Wertersatzes als Folge eines Fehlers bei der Belehrung über das Rücktrittsrecht keine sachliche Rechtfertigung ersichtlich sei. Auch bestehe ein Missverhältnis zu anderen Sanktionssystemen in anderen Rechtsgebieten, zumal der Entfall des Entgeltanspruches betraglich nicht eingeschränkt sei.

Schließlich meint die antragstellende Gesellschaft, §4 FAGG verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B‑VG, weil ein Unternehmer, der "gemischte Verträge" mit einem Verbraucher abschließe, nicht feststellen könne, auf welche Art und Weise der Informationsverpflichtung nachzukommen sei. Die angefochtenen Bestimmungen verlangten seitens eines Unternehmers folglich ein Verhalten, das für diesen nicht eindeutig zu bestimmen sei, weshalb dieser die Konsequenzen seines Handelns nicht vorhersehen könne.

2.2. Das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz setzt die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, ABl. 2011 L 304, S 64 ("Verbraucherrechte-RL") um. Kapitel III der Verbraucherrechte-RL, welches Fern- und Auswärtsgeschäfte betrifft, schafft vollharmonisiertes Unionsrecht und lässt keinen inhaltlichen Spielraum für die Mitgliedstaaten (vgl. Art4 der Verbraucherrechte-RL). In diesem Sinn setzen die mit dem (Individual-)Antrag zulässigerweise angefochtenen Bestimmungen des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes die Regelungen der Verbraucherrechte-RL inhaltlich deckungsgleich (zum Teil sogar wörtlich) um.

Im Hinblick auf den in Art4 der Verbraucherrechte-RL festgelegten Harmonierungsgrad geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass das Unionsrecht dem innerstaatlichen Gesetzgeber hier keinen Spielraum für die inhaltliche Gestaltung einräumt, sodass der Gesetzgeber – im Fall eines Widerspruchs der angefochtenen Bestimmungen zum österreichischen Verfassungsrecht – keine Möglichkeit hätte, eine Ersatzregelung zu schaffen, die sowohl dem Unionsrecht als auch dem innerstaatlichen Verfassungsrecht entspricht (vgl. VfSlg 18.642/2008, 20.070/2016).

2.3. Insofern käme eine Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes wegen Widerspruchs gegen die von der antragstellenden Gesellschaft geltend gemachten Verfassungsbestimmungen (Art5 StGG bzw. Art1 1. ZPEMRK, Art6 StGG, Art7 B‑VG bzw. Art2. StGG) nur dann in Betracht, wenn der in einem Verfahren gemäß Art267 AEUV angerufene Gerichtshof der Europäischen Union die dem Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz zugrunde liegenden Bestimmungen der Verbraucherrechte-RL für ungültig erklärte.

2.4. Entgegen der Anregung der antragstellenden Gesellschaft sieht sich der Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst, ein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art267 AEUV an den Gerichtshof der Europäischen Union hinsichtlich der Gültigkeit jener Bestimmungen der Verbraucherrechte-RL zu stellen, welche durch die mit dem (Individual-)Antrag zulässigerweise angefochtenen Bestimmungen des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes umgesetzt werden:

2.4.1. Der zulässigerweise angefochtene §4 Abs1 FAGG, insbesondere die Wortfolge "oder seine Vertragserklärung" in §4 Abs1 FAGG, setzt Art6 Abs1 der Verbraucherrechte-RL um ("Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag im Fernabsatz oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, informiert der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über Folgendes: […]").

Entgegen dem Vorbringen der antragstellenden Gesellschaft verunmöglicht Art6 Abs1 der Verbraucherrechte-RL nicht den Abschluss von Verträgen im Fernabsatz oder von Verträgen außerhalb von Geschäftsräumen. Die Bestimmung des Art6 Abs1 der Verbraucherrechte-RL sichert, dass der Verbraucher in jedem Fall die von der Richtlinie geforderten Informationen erhält, bevor er durch den Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist: Erstattet der Unternehmer das Angebot zum Vertragsabschluss, muss er dem Verbraucher in diesem Angebot alle von der Verbraucherrechte-RL geforderten Informationen erteilen; der Verbraucher kann dann das Angebot annehmen, wodurch der Vertragsabschluss bewirkt wird und der Verbraucher an den Vertrag gebunden ist. Kommt hingegen das Angebot zum Vertragsabschluss von Seiten des Verbrauchers, wodurch dieser – sofern das Angebot die Hauptleistungspflichten ("essentialia negotii") enthält – an das Angebot bis zum Ablauf der in §862 Satz 1 ABGB bestimmten Fristen gebunden ist, kann der Unternehmer die Rechtsfolge eines wirksam zustande gekommenen Vertrages nicht herbeiführen. Der Unternehmer muss vielmehr zunächst dem Verbraucher sämtliche Informationen gemäß der Verbraucherrechte-RL erteilen; (erst) dann kann der Verbraucher an ein Vertragsangebot gebunden sein und der Vertrag durch Annahme des Angebots durch den Unternehmer rechtswirksam zustande kommen. Angesichts der klaren Zielsetzung der Verbraucherrechte-RL, dass der Verbraucher über alle seine Rechte umfassend informiert sein und damit eine informierte Entscheidung über den Abschluss eines Fernabsatzvertrages oder eines Vertrages außerhalb von Geschäftsräumlichkeiten treffen können soll, ist es gerechtfertigt, dass der Vertrag solange nicht rechtswirksam zustande kommt bzw. der Verbraucher nicht an sein Angebot gebunden ist, bis der Unternehmer dem Verbraucher die von der Verbraucherrechte-RL geforderten Informationen erteilt hat. Damit ist der Abschluss eines entsprechenden Vertrages – entgegen dem Vorbringen der antragstellenden Gesellschaft – nicht unmöglich.

Der Verfassungsgerichtshof hat auch keine Zweifel an der Gültigkeit der in Art6 Abs1 lita bis t der Verbraucherrechte-RL vorgesehenen Informationen, welche der Unternehmer dem Verbraucher vor Vertragsabschluss geben muss.

Entgegen der Auffassung der antragstellenden Gesellschaft besteht für den Verfassungsgerichtshof auch kein Zweifel, dass die Bestimmung des Art6 Abs1 (und die übrigen Bestimmungen) der Verbraucherrechte-RL bei sogenannten gemischten Verträgen, also bei Verträgen, die sowohl Elemente eines Dienstleistungsvertrages als auch eines Kaufvertrages enthalten, anzuwenden sind. Die Fragen, die sich in diesem Zusammenhang bei Anwendung der Verbraucherrechte-RL stellen, sind im Auslegungsweg zu klären, führen aber nicht dazu, dass – der hier relevante – Art6 Abs1 der Verbraucherrechte-RL gegen primäres Unionsrecht verstieße.

Der Verfassungsgerichtshof kann somit nicht erkennen, dass Art6 Abs1 der Verbraucherrechte-RL gegen primäres Unionsrecht verstoßen könnte.

2.4.2. Gemäß Art14 Abs2 der Verbraucherrechte-RL, der durch §15 Abs4 FAGG im nationalen Recht umgesetzt wird, haftet der Verbraucher "für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist. Der Verbraucher haftet in keinem Fall für den Wertverlust von Waren, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h über sein Widerrufsrecht belehrt wurde."

Art14 Abs2 der Verbraucherrechte-RL behandelt zwei unterschiedliche Fallkonstellationen: Im ersten – nicht von den im Antrag der einschreitenden Gesellschaft zulässigerweise angefochtenen Bestimmungen erfassten – Fall geht es darum, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht nicht verlieren soll, wenn er die Waren in einem größeren Maß genutzt hat, als zur Prüfung der genannten Eigenschaften notwendig gewesen wäre. Der Verbraucher soll allerdings gemäß Art14 Abs2 erster Satz der Verbraucherrechte-RL für den Wertverlust haften. Der Verbraucher soll nach der Zielsetzung der Verbraucherrechte-RL mit den Waren nur so umgehen und sie (nur) so in Augenschein nehmen, wie er das in einem Geschäft tun dürfte (vgl. Erwägungsgrund 47 zur Verbraucherrechte-RL). Vorausgesetzt wird in diesem (ersten) Fall, dass der Verbraucher über sein Widerrufsrecht informiert wird.

Im zweiten – von der zulässigerweise angefochtenen Bestimmung des §15 Abs4 letzter Satz FAGG erfassten – Fall geht es darum, ob und welchen Wertersatz der Verbraucher zu leisten hat, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß Art6 Abs1 lith der Verbraucherrechte-RL über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Der Verfassungsgerichtshof hat keine Zweifel an der Gültigkeit des Art14 Abs2 letzter Satz der Verbraucherrechte-RL:

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass nicht die Grenzen dessen überschritten werden dürfen, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei zu beachten ist, dass dann, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen (vgl. zB EuGH 22.1.2013, Rs. C-283/11 , Sky Österreich).

Was die gerichtliche Nachprüfbarkeit der Einhaltung dieser Voraussetzungen betrifft, billigt der Gerichtshof der Europäischen Union dem Unionsrechtsgesetzgeber im Rahmen der Ausübung der ihm übertragenen Zuständigkeiten ein weites Ermessen in Bereichen zu, in denen seine Tätigkeit sowohl politische als auch wirtschaftliche oder soziale Entscheidungen verlangt und in denen er komplexe Prüfungen und Beurteilungen vornehmen muss.

Der Verfassungsgerichtshof kann nun nicht erkennen, dass die Regelung des Art14 Abs2 letzter Satz der Verbraucherrechte-RL diesen von der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union aufgestellten Kriterien im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung eines Unionsrechtsakts widerspricht: Die Bestimmungen der Verbraucherrechte-RL verfolgen das Ziel eines umfassenden Verbraucherschutzes bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen. Eine zentrale Stellung zur Verfolgung dieses Ziels nimmt dabei die Belehrung ein, welche der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher gemäß Art6 Abs1 lith der Verbraucherrechte-RL ("im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts gemäß Artikel 11 Absatz 1 sowie das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B") vor Vertragsabschluss vornehmen muss.

Der Verfassungsgerichtshof hat keine Zweifel, dass die in Art14 Abs2 letzter Satz der Verbraucherrechte-RL normierte Rechtsfolge für den Unternehmer bei mangelnder Belehrung über das Widerrufsrecht geeignet ist, das Ziel des umfassenden Verbraucherschutzes bei Fernabsatzverträgen und bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen zu erreichen. Der Verfassungsgerichtshof kann auch nicht erkennen, dass die Regelung des Art14 Abs2 letzter Satz der Verbraucherrechte-RL über das hinausgeht, was zur Verfolgung des mit der Regelung verfolgten Ziels des umfassenden Verbraucherschutzes erforderlich ist. Das von der Verbraucherrechte-RL verfolgte Ziel eines umfassenden Verbraucherschutzes ist derart gewichtig, dass es die in Art14 Abs2 letzter Satz der Verbraucherrechte-RL statuierte Rechtsfolge bei fehlender Belehrung durch den Unternehmer über das Widerrufsrecht des Verbrauchers rechtfertigt.

2.4.3. Die zu Art14 Abs2 der Verbraucherrechte-RL dargelegten Erwägungen können sinngemäß auf Art14 Abs3 und Art14 Abs4 der Verbraucherrechte-RL übertragen werden.

Der Verfassungsgerichtshof hat sohin keine Zweifel an deren Gültigkeit.

2.4.4. §18 Abs2 FAGG beruht auf Art16 lith der Verbraucherrechte-RL, wonach bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen kein Widerrufsrecht nach den Art9 bis 15 der Verbraucherrechte-RL besteht, wenn "es sich um Verträge handelt, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich zu einem Besuch aufgefordert hat, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen; erbringt der Unternehmer bei einem solchen Besuch weitere Dienstleistungen die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder liefert er Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden, so steht dem Verbraucher in Bezug auf diese zusätzlichen Dienstleistungen oder Waren ein Widerrufsrecht zu".

Der Verfassungsgerichtshof kann nicht erkennen, dass der Unionsgesetzgeber unsachlich vorgegangen wäre, indem er in Art16 lith der Verbraucherrechte-RL nur für dringend vorzunehmende Reparaturarbeiten einen Ausnahmetatbestand betreffend das Rücktrittsrecht (und nicht etwa für alle in Frage kommenden dringenden Dienstleistungen) festgelegt hat.

2.5. Da die mit dem (Individual )Antrag zulässigerweise angefochtenen Bestimmungen des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes den Vorschriften der Verbraucherrechte-RL entsprechen, welche den Mitgliedstaaten keinen Spielraum bei der Umsetzung einräumen, und der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken hinsichtlich der Gültigkeit der unionsrechtlichen Bestimmungen hat, kommt für den Verfassungsgerichtshof eine verfassungsrechtliche Prüfung und gegebenenfalls Aufhebung dieser innerstaatlichen Vorschriften wegen Widerspruchs zu den geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten (Art5 StGG bzw. Art1 1. ZPEMRK, Art6 StGG sowie Art7 B‑VG bzw. Art2 StGG) nicht in Frage (vgl. VfSlg 18.642/2008, 20.070/2016).

2.6. §4 FAGG verstößt auch nicht gegen Art18 B‑VG: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine gesetzliche Regelung dann hinreichend bestimmt, wenn sie unter Heranziehung sämtlicher Interpretationsmethoden einer Auslegung zugänglich ist (VfGH 13.12.2016, E729/2016 mwN). §4 FAGG ist einer Auslegung zugänglich und entspricht daher den Anforderungen des Art18 B‑VG.

Soweit die antragstellende Gesellschaft meint, §4 FAGG lasse nicht erkennen, welche Rechtsfolgen auf "gemischte Verträge" anwendbar seien, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Rechtsfolgen einer unterlassenen Information durch den Unternehmer nicht in §4 FAGG geregelt sind. Diese finden sich vielmehr in den §§11 ff. FAGG, welche allerdings nicht zulässigerweise angefochten wurden.

V. Ergebnis

1. Der Antrag auf Aufhebung von §4 Abs1, §10, §15 Abs4 letzter Satz, der Wortfolge "nachdem er ein Verlangen gemäß §10 erklärt und der Unternehmer hierauf mit der Vertragserfüllung begonnen hat" in §16 Abs1, §16 Abs2 und §18 Abs2 FAGG wegen Verfassungswidrigkeit wird abgewiesen.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

2. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich nicht veranlasst, aus Anlass des zulässigen Antragsbegehrens ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art267 AEUV zu stellen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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