Normen
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
MietrechtsG §16 Abs2
RichtwertG §1
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
MietrechtsG §16 Abs2
RichtwertG §1
Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Antrag, Sachverhalt und Vorbringen
1. Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützten Antrag begehren die Antragsteller "die Aufhebung des §16 MRG, und zwar zur Gänze, in eventu die Aufhebung der Bestimmung des §16 Abs2 MRG, und zwar sowohl idF gem BGBl II 295/2008 als auch idF BGBl II 218/2011 als auch idF BGBl II 62/2014". Dieser Antrag wird aus Anlass eines Rekurses gegen den Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Meidling vom 17. Oktober 2016, zZ 14 Msch 5/15a‑23, gestellt.
2. Die Antragsteller sind Eigentümer einer im Antrag näher bezeichneten Wohnung in 1120 Wien. Diese Wohnung wurde den Antragstellern des Ausgangsverfahrens beginnend mit 1. November 2010 auf zehn Jahre befristet vermietet, und es wurde ein monatlicher Nettomietzins iHv € 381,66 (bzw. ab Mai 2012 iHv € 401,09 bzw. ab Mai 2014 iHv € 419,14) vereinbart.
3. Am 30. April 2015 beantragten die Antragsteller des Ausgangsverfahrens bei der Schlichtungsstelle der Stadt Wien die Feststellung des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses, die Feststellung, inwieweit dieser dem Grunde nach überschritten worden und damit im Sinne des §16 Abs8 MRG unwirksam sei, sowie die Feststellung, inwieweit durch die konkreten Anhebungen gemäß §16 Abs9 MRG der erhöhte Hauptmietzins überschritten worden und daher unwirksam sei.
4. Mit Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Meidling vom 17. Oktober 2016, zZ 14 Msch 5/15a‑23, wurde für die Zeiträume vom 1. Oktober 2010 bis 30. April 2012 ein zulässiger (Netto-)Hauptmietzins iHv € 349,66, vom 1. Mai 2012 bis 30. April 2014 iHv € 366,62 und vom 1. Mai 2014 bis 28. Februar 2015 iHv € 397,27 festgestellt. Ferner wurde die Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung in der Höhe der jeweiligen Differenz zwischen festgestelltem zulässigem (Netto-) Hauptmietzins und vereinbartem Hauptmietzins ausgesprochen.
5. Die Antragsteller des verfassungsgerichtlichen Verfahrens behaupten die Verfassungswidrigkeit von §16 MRG (in eventu nur dessen Abs2) – in den ihrer Ansicht nach vom Bezirksgericht Meidling angewendeten Fassungen – wegen Verstoßes gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums, auf Freiheit der Erwerbsbetätigung, auf Freiheit der Berufsausübung und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz.
5.1. Zur Zulässigkeit bringen die Antragsteller vor, dass das Bezirksgericht Meidling den zulässigen Hauptmietzins unter Anwendung der Bestimmung des §16 MRG festgestellt habe. Die Teilunwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung sei ausschließlich mit der Anwendung dieser Bestimmung, insbesondere deren Abs2, begründet worden. Im Hinblick auf die Systematik der Bestimmung müsse diese zwangsläufig in ihrer Gesamtheit angefochten bzw. aufgehoben werden.
5.2. Ihre Bedenken gegen die angefochtene Bestimmung begründen die Antragsteller sodann im Wesentlichen folgendermaßen: §16 MRG würde zu einer unzumutbaren Einschränkung der vertraglichen Gestaltungsfreiheit von Eigentümern einer Liegenschaft, die in den Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes fallen würden, führen. Die Bestimmung sei im Hinblick darauf, dass dieser Eingriff in das Eigentum ausschließlich Eigentümer von Altbauprojekten betreffe, unsachlich. Die Eigentümer als Vermieter treffenden Instandhaltungsverpflichtungen würden mit Blick auf den zulässigen Hauptmietzins im Ergebnis einer wirtschaftlichen Enteignung gleichkommen. Ferner werde durch die Anwendung der angefochtenen Bestimmung die Möglichkeit verhindert, durch die Vermietung von sanierten Altbauobjekten eine Erwerbstätigkeit auszuüben.
II. Zulässigkeit
1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.
Voraussetzung eines Parteiantrages auf Normenkontrolle ist sohin – entsprechend der Formulierung des Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG – die Einbringung eines Rechtsmittels in einer "in erster Instanz entschiedenen Rechtssache", also eines Rechtsmittels gegen eine die Rechtssache erledigende Entscheidung erster Instanz. Außerdem muss der Parteiantrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG "aus Anlass" der Erhebung eines Rechtsmittels gestellt werden.
1.1. Mit dem Rekurs, aus dessen Anlass der Antrag nach Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG erhoben wurde, wenden sich die Antragsteller gegen den Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Meidling vom 17. Oktober 2016, mit welchem festgestellt wurde, dass mit dem durch die Antragsteller für näher bezeichnete Zeiträume jeweils vorgeschriebenen Hauptmietzins das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten worden sei, der Antrag auf Rückzahlung der Überschreitungsbeträge jedoch abgewiesen wurde, weil nicht festgestellt werden konnte, dass sämtliche Mietzinse in geforderter Höhe bezahlt worden waren.
1.2. Dem Erfordernis der Einbringung aus Anlass eines Rechtsmittels haben die Antragsteller jedenfalls dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass sie den vorliegenden Parteiantrag und den Rekurs gegen den näher bezeichneten Sachbeschluss am selben Tag erhoben und eingebracht haben (vgl. VfSlg 20.001/2015; VfGH 8.10.2015, G264/2015; 26.11.2015, G197/2015).
Der Verfassungsgerichtshof geht nach Einsichtnahme in den Gerichtsakt davon aus, dass das Rechtsmittel der Antragsteller rechtzeitig und zulässig ist.
2. Gemäß §62 Abs1 VfGG muss der Antrag begehren, "dass entweder das Gesetz seinem ganzen Inhalt nach oder dass bestimmte Stellen des Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen."
2.1. Dieses Erfordernis ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit – in überprüfbarer Art– präzise ausgebreitet werden, mithin dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Verfassungsbestimmung die bekämpfte Gesetzesstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (vgl. im Allgemeinen zB VfSlg 11.150/1986, 11.888/1988, 13.851/1994, 14.802/1997, 17.651/2005; spezifisch zum Parteiantrag auf Normenkontrolle VfGH 2.7.2015, G16/2015; 2.7.2015, G145/2015).
2.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestim-mungen auch erfasst werden.
2.3. Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2002). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011 und 19.933/2014).
2.4. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung erweist sich der Antrag als zu eng gefasst:
2.4.1. Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit ergibt sich nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ein Prozesshindernis auch dann, wenn die isolierte Aufhebung einer Bestimmung die Anwendbarkeit der anderen, im Rechtsbestand verbleibenden Bestimmungen unmöglich macht, wenn also etwa der Wegfall bestimmter angefochtener Sätze den verbleibenden Rest der Gesetzesbestimmung unverständlich wie auch unanwendbar werden ließe (vgl. zB VfSlg 15.935/2000, 16.869/2003, 19.496/2011; VfGH 8.10.2014, G123/2014).
2.4.2. Gemäß §1 RichtWG ist der Richtwert jener Betrag, der für die mietrechtliche Normwohnung (§2 RichtWG) festgesetzt ist. Er bildet die Grundlage für die Berechnung des angemessenen Hauptmietzinses nach §16 Abs2 MRG.
2.4.3. Mit ihrem Hauptantrag begehren die Antragsteller die Aufhebung von §16 MRG zur Gänze in näher bezeichneten Fassungen. Dieser Antrag erweist sich schon im Hinblick darauf, dass die Bestimmung des §16 Abs2 MRG jedenfalls in untrennbarem Zusammenhang mit §1 RichtWG steht, als unzulässig. Die untrennbare Einheit beider Bestimmungen ergibt sich nicht alleine aus der expliziten Anknüpfung des §1 Abs1 RichtWG an §16 Abs2 MRG. Vielmehr bildet der nach Maßgabe des Richtwertgesetzes bestimmte Richtwert die Grundlage für die Berechnung des angemessenen Hauptmietzinses nach §16 Abs2 MRG (§1 Abs1 RichtWG). Insofern regelt §16 Abs2 MRG in Zusammenschau mit §1 Abs1 RichtWG den sachlichen Anwendungsbereich des Richtwertgesetzes. Im Gefolge einer antragsgemäßen Aufhebung (u.a.) des §16 Abs2 MRG liefe das Richtwertgesetz weitgehend leer (vgl. VfGH 23.2.2017, G332/2016). Der Antrag ist daher zu eng gefasst.
2.4.4. Aus diesen Gründen ist auch der auf die bloße Aufhebung von §16 Abs2 MRG gerichtete Eventualantrag unzulässig.
3. Es erweisen sich daher sowohl der Haupt- als auch der Eventualantrag als unzulässig.
III. Ergebnis
1. Der Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen.
2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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