VfGH G447/2015 ua

VfGHG447/2015 ua9.3.2016

Aufhebung einer Regelung des BFA-VG betreffend die Rechtsberatung von Fremden oder Asylwerbern vor dem Bundesverwaltungsgericht wegen Verstoßes gegen das Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander; keine sachliche Begründung für die normierte Einschränkung der die Rechtsberater treffenden Vertretungspflicht auf Beschwerdeverfahren gegen Rückkehrentscheidungen, Anordnungen zur Außerlandesbringung und Entscheidungen betreffend Einschränkung oder Entzug von Grundversorgungsleistungen; Zulässigkeit der aus Anlass von Entscheidungen über Anträge auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers gestellten Gesetzesprüfungsanträge des Bundesverwaltungsgerichts

Normen

B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
BFA-VG §52 Abs2
VwGVG §28, §40
EU-Grundrechte-Charta Art47 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2016:G447.2015

 

Spruch:

I. In §52 Abs2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr 87/2012, in der Fassung BGBl I Nr 70/2015, wird die Wortfolge "gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung" als verfassungswidrig aufgehoben.

II. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2016 in Kraft.

III. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

IV. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Das Bundesverwaltungsgericht stellt die auf Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG gestützten und beim Verfassungsgerichtshof zu G447-449/2015 sowie G576-585/2015 protokollierten Anträge, "die Wortfolge 'gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung' in §52 Abs2 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), Art2 BG BGBl I 87/2012 idF BG BGBl I 70/2015, als verfassungswidrig" aufzuheben. In eventu beantragt das Bundesverwaltungsgericht, "der Verfassungsgerichtshof wolle feststellen, dass die Wortfolge 'gegen eine Rückkehrentscheidung' in §52 Abs2 BFA-VG, Art2 BG BGBl I 87/2012, verfassungswidrig war".

Mit den beim Verfassungsgerichtshof zu G587/2015, G609/2015, G611/2015, G613/2015, G619/2015, G654/2015, G655/2015 und G31/2016 protokollierten Anträgen begehrt das Bundesverwaltungsgericht die "Aufhebung der Wortfolge 'gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung' in §52 Abs2 zweiter Satz BFA-Verfahrensgesetz — BFA-VG, BGBl I Nr 87/2012, in der Fassung BGBl I Nr 70/2015, wegen Verfassungswidrigkeit", in eventu die "Aufhebung des §52 Abs2 zweiter Satz BFA-Verfahrensgesetz — BFA-VG, BGBl I Nr 87/2012, in der Fassung BGBl I Nr 70/2015, wegen Verfassungswidrigkeit".

II. Rechtslage

1.1. §§48 bis 52a des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden – BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I 87/2012 idF BGBl I 70/2015 (im Folgenden: BFA-VG), lauten (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):

"Rechtsberatung

Anforderungsprofil für Rechtsberater und juristische Personen

 

§48. (1) Rechtsberater haben nachzuweisen:

1. den erfolgreichen Abschluss eines rechtswissenschaftlichen Studiums,

2. den erfolgreichen Abschluss eines Studiums mit vierjähriger Mindestdauer, einschließlich einer dreijährigen durchgehenden Tätigkeit im Bereich des Fremdenrechtes oder

3. eine mindestens fünfjährige durchgehende Tätigkeit im Bereich des Fremdenrechtes.

 

(2) Rechtsberater sind unabhängig und haben ihre Aufgaben weisungsfrei wahrzunehmen. Sie haben ihre Beratungstätigkeit objektiv und nach bestem Wissen durchzuführen und sind in Wahrnehmung ihrer Aufgaben zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet.

 

(3) Ein Rechtsberater hat während der Dauer seines Vertragsverhältnisses Gewähr für seine Verlässlichkeit zu bieten und sich jeglichen Verhaltens zu enthalten, das geeignet ist

1. die gewissenhafte Wahrnehmung seiner Aufgaben hintanzuhalten,

2. den Eindruck einer seinen Aufgaben widersprechenden Wahrnehmung seiner Pflichten zu erwecken oder

3. die Amtsverschwiegenheit zu gefährden.

 

(4) Die Auswahl der Rechtsberater gemäß §§49 bis 51 obliegt dem Bundesminister für Inneres, die Auswahl der Rechtsberater gemäß §52 obliegt dem Bundeskanzler.

 

(5) Die Dauer des jeweiligen Rechtsberatungsverhältnisses richtet sich nach dem mit dem Bundesminister für Inneres oder dem Bundeskanzler abzuschließenden Vertrag. Eine Wiederbestellung als Rechtsberater begründet kein unbefristetes Vertragsverhältnis. Begeht ein Rechtsberater wiederholt und beharrlich Verletzungen seiner Pflichten, kann sein Vertrag mit sofortiger Wirkung gekündigt werden.

 

(6) Der Bundesminister für Inneres und der Bundeskanzler können auch jeweils juristische Personen mit der Besorgung der Rechtsberatung gemäß §§49 bis 52 betrauen.

 

(7) Die Betrauung ist nur zulässig, wenn die juristische Person insbesondere

1. über eine ausreichende Anzahl an Rechtsberatern zur flächendeckenden Rechtsberatung im Bundesgebiet verfügt,

2. auf eine ausreichende Anzahl an Dolmetschern zur Unterstützung der Rechtsberatung zugreifen kann,

3. regelmäßige Fortbildungsmaßnahmen für die von ihr beschäftigten Rechtsberater gewährleistet,

4. über die notwendigen Geld- und Sachmittel verfügt, die eine flächendeckende Rechtsberatung und Dolmetschleistung im Bundesgebiet sicherstellen und

5. über die organisatorischen Möglichkeiten verfügt, die notwendig sind, ein Rechtsberatungssystem zu administrieren.

Bei der Betrauung ist darauf zu achten, dass auszuwählende juristische Personen für eine ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben Gewähr bieten, insbesondere auf Grund ihrer entsprechenden Tätigkeitsfelder sowie ihrer finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

 

(8) Die juristische Person hat nur solche Rechtsberater zu beschäftigen, die die Voraussetzungen gemäß Abs1, 2 und 3 erfüllen und ist ihre Anstellung unverzüglich an die, die juristische Person betrauende Stelle zu melden.

 

(9) Der Bundesminister für Inneres und der Bundeskanzler können die Betrauung einzelner juristischer Personen mit sofortiger Wirkung aufheben und die damit erteilten Befugnisse widerrufen, wenn die juristische Person eine Voraussetzung gemäß Abs7 nicht mehr erfüllt oder ein von ihr mit der Durchführung der Rechtsberatung oder beratenden Unterstützung Beauftragter wiederholte und beharrliche Pflichtverletzungen begeht. In diesen Fällen stehen der juristischen Person keinerlei Ansprüche gegen den Bund zu, die über die Entschädigung für abgeschlossene Beratungen hinausgehen.

 

Rechtsberatung im Zulassungsverfahren vor dem Bundesamt

 

§49. (1) Im Zulassungsverfahren ist einem Asylwerber kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite zu stellen.

 

(2) Rechtsberater haben Asylwerber vor jeder einer Mitteilung nach §29 Abs3 Z3 bis 6 AsylG 2005 folgenden Einvernahme im Zulassungsverfahren über ihr Asylverfahren und ihre Aussichten auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zu beraten; ihnen sind zu diesem Zweck bei Bedarf vom Bundesamt Dolmetscher beizugeben und das bisherige Ermittlungsergebnis im gesamten Umfang zur Verfügung zu stellen. Rechtsberater sind verpflichtet, an allen Einvernahmen zur Wahrung des Parteiengehörs im Zulassungsverfahren teilzunehmen.

 

(3) Bei unbegleiteten minderjährigen Asylwerbern hat der Rechtsberater als gesetzlicher Vertreter im Zulassungsverfahren bei jeder Befragung und bei jeder Einvernahme teilzunehmen.

 

(4) Das Bundesamt legt für jede Erstaufnahmestelle die Zuständigkeit der Rechtsberater je nach Einbringung des Antrages fest. Die Übertragung der Aufgaben an einen anderen Rechtsberater kann im Einzelfall und nur mit Zustimmung dieses Beraters erfolgen. Ist eine juristische Person mit der Besorgung der Rechtsberatung im Zulassungsverfahren betraut, haben das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des §10 Abs3, 5 und 6 und das Bundesamt, auch wenn dem Rechtsberater zuzustellen ist, lediglich der juristischen Person zuzustellen.

 

(5) Der Bundesminister für Inneres verordnet die Höhe der Entschädigung der Rechtsberater für den Zeit- und Arbeitsaufwand. Ist eine juristische Person mit der Rechtsberatung im Zulassungsverfahren betraut, verordnet der Bundesminister für Inneres die Höhe der Entschädigung für den Zeit- und Arbeitsaufwand für die Rechtsberatung einschließlich der Dolmetschkosten in Form von Pauschalbeträgen pro beratenem Asylwerber. Die Entschädigung hat sich am zuvor eingeholten Angebot der betrauten juristischen Person zu orientieren.

 

Beratende Unterstützung für Asylwerber im zugelassenen Verfahren vor dem Bundesamt

 

§50. (1) Im zugelassenen Verfahren vor dem Bundesamt kann eine beratende Unterstützung eingerichtet werden. Die dort tätigen Rechtsberater unterstützen und beraten kostenlos Asylwerber im zugelassenen Verfahren nach Maßgabe der faktischen Möglichkeiten, sowie bei der Beischaffung eines Dolmetschers und gegebenenfalls bei der Leistung von Rückkehrberatung. Auf eine beratende Unterstützung besteht kein Rechtsanspruch.

 

(2) Die Auswahl und Bestellung der Rechtsberater für die jeweilige Regionaldirektion obliegt dem Bundesminister für Inneres; in der Bestellung ist auch die Anzahl der zu leistenden Beratungsstunden zu bestimmen.

 

(3) Die Rechtsberatung hat nach Maßgabe der faktischen Möglichkeiten und nur in den Amtsstunden des Bundesamtes zu erfolgen.

 

(4) Der Bundesminister für Inneres verordnet die Höhe der Entschädigung der Rechtsberater für den Zeit- und Arbeitsaufwand. Ist eine juristische Person mit der beratenden Unterstützung im zugelassenen Verfahren vor dem Bundesamt betraut, verordnet der Bundesminister für Inneres die Höhe der Entschädigung für den Zeit- und Arbeitsaufwand für die beratende Unterstützung einschließlich der Dolmetschkosten in Form von Pauschalbeträgen pro beratenem Asylwerber. Die Entschädigung hat sich am zuvor eingeholten Angebot der betrauten juristischen Person zu orientieren.

 

(5) Die Rechtsberater haben monatlich dem Direktor des Bundesamtes über die Art und Dauer der durchgeführten Beratungen zu berichten.

 

Sonstige Rechtsberatung

 

§51. (1) Wird ein Fremder auf Grund eines Festnahmeauftrages gemäß §§34 Abs3 Z1 iVm 40 Abs1 Z1 festgenommen, ist diesem kostenlos ein Rechtsberater amtswegig vor der Behörde zur Seite zu stellen.

 

(2) Rechtsberater haben den festgenommenen Fremden zu beraten sowie bei der Beischaffung eines Dolmetschers zu unterstützen. Rechtsberater sind berechtigt und auf Verlangen des Fremden verpflichtet, an allen Verfahrenshandlungen, die der Wahrung des Parteiengehörs dienen, teilzunehmen und haben an der Führung des Verfahrens so mitzuwirken, dass es zu keiner unnötigen Verzögerung kommt. §7 AVG gilt.

 

(3) Wird der Fremde in Straf- oder Untersuchungshaft angehalten, so hat die Rechtsberatung am Aufenthaltsort des Fremden stattzufinden.

 

(4) Der Bundesminister für Inneres verordnet die Höhe der Entschädigung der Rechtsberater für den Zeit- und Arbeitsaufwand. Ist eine juristische Person mit der Rechtsberatung betraut, verordnet der Bundesminister für Inneres die Höhe der Entschädigung für den Zeit- und Arbeitsaufwand für die Rechtsberatung einschließlich der Dolmetschkosten in Form von Pauschalbeträgen pro beratenem Fremden. Die Entschädigung hat sich am zuvor eingeholten Angebot der betrauten juristischen Person zu orientieren.

 

Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht

 

§52. (1) Das Bundesamt hat den Fremden oder Asylwerber bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung, Erlassung einer Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005, der Anordnung zur Außerlandesbringung, der Anordnung der Schubhaft sowie bei zurück- oder abweisenden Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz mittels Verfahrensanordnung darüber zu informieren, dass ihm kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt wird. Zugleich hat das Bundesamt den bestellten Rechtsberater oder die betraute juristische Person davon in Kenntnis zu setzen.

 

(2) Rechtsberater unterstützen und beraten Fremde oder Asylwerber beim Einbringen einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren gemäß Abs1 vor dem Bundesverwaltungsgericht, sowie bei der Beischaffung eines Dolmetschers. Rechtsberater haben Fremde in einem Beschwerdeverfahren gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung auf deren Ersuchen auch zu vertreten. Rechtsberater haben den Beratenen jedenfalls die Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde darzulegen. In Verfahren über internationalen Schutz sowie über die Anordnung von Schubhaft haben Rechtsberater auf Ersuchen des Fremden an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen.

 

(3) Der Bundeskanzler verordnet die Höhe der Entschädigung der Rechtsberater für den Zeit- und Arbeitsaufwand. Ist eine juristische Person mit der Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht betraut, verordnet der Bundeskanzler die Höhe der Entschädigung für den Zeit- und Arbeitsaufwand für die Rechtsberatung einschließlich der Dolmetschkosten in Form von Pauschalbeträgen pro beratenem Fremden oder Asylwerber. Die Entschädigung hat sich am zuvor eingeholten Angebot der betrauten juristischen Person zu orientieren.

 

Rückkehrberatung und Rückkehrhilfe

 

§52a. (1) Einem Fremden kann in jedem Stadium seines Verfahrens Rückkehrberatung gewährt werden. Die Rückkehrberatung umfasst die Abklärung der Perspektiven während und nach Abschluss des Verfahrens. Die Rückkehrhilfe umfasst jedenfalls die notwendigen Kosten der Rückreise (§12 Abs2 GVG-B 2005).

 

(2) Wird gegen einen Fremden eine Rückkehrentscheidung erlassen oder einem Asylwerber eine Mitteilung nach §29 Abs3 Z4 bis 6 AsylG 2005 ausgefolgt, ist dieser verpflichtet, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen, sofern dies nicht bereits einmal in diesem Verfahren erfolgt ist. In einem Verfahren nach §27a AsylG 2005 kann eine Rückkehrberatung bereits in einem früheren Verfahrensstadium mit Verfahrensanordnung angeordnet werden.

 

(3) Die zuständige Rückkehrberatungsstelle hat auf Nachfrage dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht darüber Auskunft zu geben, ob und mit welchem Ergebnis ein Rückkehrberatungsgespräch stattgefunden hat.

 

(4) Entschließt sich der Fremde dazu, die ihm angebotene Rückkehrhilfe anzunehmen und auszureisen, kann ihm vor der Ausreise finanzielle Unterstützung gewährt werden (§12 GVG-B 2005). Der Rechtsberater (§49 BFA-VG) ist im Zulassungsverfahren dem abschließenden Gespräch über die Gewährung von Rückkehrhilfe beizuziehen."

 

1.2. §52 BFA-VG lautete in seiner Stammfassung, BGBl I 87/2012:

"Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht

 

§52. (1) Das Bundesamt hat den Fremden oder Asylwerber bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung, der Anordnung der Schubhaft sowie bei zurück- oder abweisenden Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz, die keine Folgeanträge sind, mittels Verfahrensanordnung darüber zu informieren, dass ihm kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt wird. Zugleich hat das Bundesamt den bestellten Rechtsberater oder die betraute juristische Person davon in Kenntnis zu setzen.

 

(2) Rechtsberater unterstützen und beraten Fremde oder Asylwerber beim Einbringen einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren gemäß Abs1 vor dem Bundesverwaltungsgericht, sowie bei der Beischaffung eines Dolmetschers. Rechtsberater haben Fremde in einem Beschwerdeverfahren gegen eine Rückkehrentscheidung auf deren Ersuchen auch zu vertreten. Rechtsberater haben den Beratenen jedenfalls die Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde darzulegen.

 

(3) Der Bundeskanzler verordnet die Höhe der Entschädigung der Rechtsberater für den Zeit- und Arbeitsaufwand. Ist eine juristische Person mit der Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht betraut, verordnet der Bundeskanzler die Höhe der Entschädigung für den Zeit- und Arbeitsaufwand für die Rechtsberatung einschließlich der Dolmetschkosten in Form von Pauschalbeträgen pro beratenem Fremden oder Asylwerber. Die Entschädigung hat sich am zuvor eingeholten Angebot der betrauten juristischen Person zu orientieren."

 

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 70/2015, lauten:

"Rückkehrentscheidung

 

§52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

 

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und kein Fall der §§8 Abs3a oder 9 Abs2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

 

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß §60 AsylG 2005 oder §11 Abs1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß §31 Abs1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß §8 Abs1 Z1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß §8 Abs1 Z1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§11 Abs1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß §14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß §24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

 

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt – EU' verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß §53 Abs3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

 

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs1 zu erlassen.

 

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs1 ist abzusehen, wenn ein Fall des §45 Abs1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

 

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des §16 Abs4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist §28 Abs2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß §46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß §46 kann auch über andere als in Abs9 festgestellte Staaten erfolgen.

 

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß §9 Abs3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß §9 Abs1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.

 

[…]

 

Anordnung zur Außerlandesbringung

 

§61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß §68 Abs1 AVG oder

2. er in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dieser Mitgliedstaat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

 

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß §28 AsylG 2005 zugelassen wird.

 

(5) Eine Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung ist binnen einer Woche einzubringen."

 

3. Im vorliegenden Zusammenhang sind die folgenden Bestimmungen des Bundesgesetzes, mit dem die Grundversorgung von Asylwerbern im Zulassungsverfahren und bestimmten anderen Fremden geregelt wird (Grundversorgungsgesetz – Bund 2005; im Folgenden: GVG-B 2005) maßgeblich:

"Gewährung der Versorgung

 

§2. (1) Der Bund leistet Asylwerbern im Zulassungsverfahren Versorgung in einer Betreuungseinrichtung des Bundes (§1 Z5), wobei im Rahmen der Aufnahme in die Grundversorgung etwaige besondere Bedürfnisse von schutzbedürftigen Personen – so weit als möglich – berücksichtigt werden. Darüber hinaus sorgt der Bund im gleichen Ausmaß für Fremde, deren Asylantrag im Zulassungsverfahren

1. zurückgewiesen oder

2. abgewiesen wurde, wenn der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, solange ihr diese nicht wieder zuerkannt wird,

bis diese das Bundesgebiet verlassen, solange sie in einer Betreuungseinrichtung des Bundes untergebracht sind. Bei Führung von Konsultationen gemäß der Dublin – Verordnung oder bei zurückweisenden Entscheidungen gemäß §5 AsylG 2005 können im Einvernehmen mit der jeweils zuständigen Stelle des betroffenen Bundeslandes, Fremde in Betreuungseinrichtungen des betroffenen Bundeslandes untergebracht werden und von diesen versorgt werden. §6 Abs1 gilt sinngemäß.

 

(1a) – (3) […]

 

(4) Die Versorgung von Asylwerbern und sonstigen Fremden gemäß Abs1, die

1. die Aufrechterhaltung der Ordnung durch grobe Verstöße gegen die Hausordnung der Betreuungseinrichtungen (§5) fortgesetzt oder nachhaltig gefährden oder

2. gemäß §38a Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl Nr 566/1991 aus der Betreuungseinrichtung weggewiesen werden oder

3. innerhalb der Betreuungseinrichtung einen gefährlichen Angriff (§16 Abs2 und 3 SPG) gegen Leben, Gesundheit oder Freiheit begangen haben und aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie werden einen weiteren solchen begehen,

kann von der Behörde eingeschränkt, unter Auflagen gewährt oder entzogen werden. Diese Entscheidung darf jedoch nicht den Zugang zur medizinischen Notversorgung beschränken.

 

(5) Die Grundversorgung von Asylwerbern und sonstigen Fremden gemäß Abs1, die wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung verurteilt worden sind, die einen Ausschlussgrund gemäß §6 AsylG 2005 darstellen kann, kann eingeschränkt, unter Auflagen gewährt oder entzogen werden. Abs4 letzter Satz gilt.

 

(6) Der Entscheidung, die Versorgung nach Abs4 oder 5 einzuschränken oder zu entziehen, hat eine Anhörung des Betroffenen, soweit dies ohne Aufschub möglich ist, voranzugehen. Die Anhörung des Betroffenen ist insbesondere nicht möglich, wenn er zwar zur Anhörung geladen wurde, jedoch zu dieser nicht erscheint oder wenn sein Aufenthalt unbekannt ist.

 

(7) […]

 

Ausschluss von der Versorgung und Kostenersatz

 

§3. (1) Von der Versorgung gemäß §2 können ausgeschlossen werden:

1. Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein;

2. Asylwerber und sonstige Fremde gemäß §2 Abs1, die trotz Aufforderung nicht an der Feststellung ihrer Identität oder ihrer Hilfsbedürftigkeit mitwirken;

3. Asylwerber, die einen weiteren Asylantrag innerhalb von sechs Monaten nach rechtskräftigem Abschluss ihres früheren Asylverfahrens eingebracht haben;

4. Asylwerber, die nicht an der Feststellung des für die Asylverfahrensführung notwendigen Sachverhalts mitwirken;

5. Fremde ohne Aufenthaltsrecht nach rechtskräftigem Abschluss ihres Asylverfahrens, sofern nicht die Voraussetzungen des Art2 Abs1 Z2 Grundversorgungsvereinbarung vorliegen und

6. Asylwerber und sonstige Fremde gemäß §2 Abs1, die ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten können.

§2 Abs4 letzter Satz gilt. §2 Abs6 gilt sinngemäß.

 

(2) Asylwerber oder sonstige Fremde gemäß §2 Abs1, denen Grundversorgung gemäß §2 geleistet wurde, aber die zum Zeitpunkt der Versorgung ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mittel hätten bestreiten können, ist von der Behörde der Ersatz der notwendigen Betreuungskosten vorzuschreiben.

 

(3) Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte, deren Verfahren bereits vor Überstellung in eine Betreuungsstelle eines Bundeslandes rechtskräftig positiv beendet wurde und die gemäß §6 Abs3 in einer Betreuungsstelle des Bundes versorgt werden, können vier Monate nach Abschluss ihres Asylverfahrens von der Versorgung ausgeschlossen werden."

 

4. Die maßgeblichen Bestimmungen der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes, ABl. 2013 L 180, 60, (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie) lauten:

"[…]

 

Artikel 20

Unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung in Rechtsbehelfsverfahren

 

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in Rechtsbehelfsverfahren nach Kapitel V auf Antrag unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung gewährt wird. Diese umfasst zumindest die Vorbereitung der erforderlichen Verfahrensdokumente und die Teilnahme an der Verhandlung vor einem erstinstanzlichen Gericht im Namen des Antragstellers.

(2) Die Mitgliedstaaten können auch in den erstinstanzlichen Verfahren nach Kapitel III unentgeltliche Rechtsberatung und/ oder -vertretung gewähren. In diesem Fall findet Artikel 19 keine Anwendung.

 

(3) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung nicht gewährt wird, wenn der Rechtsbehelf des Antragstellers nach Einschätzung des Gerichts oder einer anderen zuständigen Behörde keine konkrete Aussicht auf Erfolg hat.

Wird die Entscheidung, dass keine unentgeltliche Rechtsberatung und ‑vertretung gewährt wird, nicht von einem Gericht getroffen, so gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass der Antragsteller das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung vor einem Gericht hat.

In Anwendung dieses Absatzes stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Rechtsberatung und -vertretung nicht willkürlich eingeschränkt und der Antragsteller nicht an der effektiven Wahrnehmung seiner Rechte gehindert wird.

 

(4) Die unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung erfolgt nach Maßgabe des Artikels 21.

 

Artikel 21

Voraussetzungen für die unentgeltliche Erteilung von Rechts- und verfahrenstechnischen Auskünften sowie für die unentgeltliche Rechtsberatung und-vertretung

 

(1) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass Nichtregierungsorganisationen, Fachkräfte von Behörden oder spezialisierte staatliche Stellen die unentgeltlichen Rechts- und verfahrenstechnischen Auskünfte gemäß Artikel 19 erteilen.

Die unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung nach Artikel 20 erfolgt durch nach nationalem Recht zugelassene oder zulässige Personen.

 

(2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die rechts- und verfahrenstechnischen Auskünfte gemäß Artikel 19 und die Rechtsberatung und -vertretung gemäß Artikel 20 unentgeltlich nur erfolgt:

a) für Personen, die nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügen und/oder

b) durch Rechtsanwälte oder sonstige Rechtsberater, die nach nationalem Recht eigens zur Unterstützung und Vertretung von Antragstellern bestimmt wurden.

Die Mitgliedstaaten können bestimmen, dass unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung nach Artikel 20 nur gewährt wird für Rechtsbehelfsverfahren gemäß Kapitel V vor einem erstinstanzlichem Gericht und nicht für weitere im nationalen Recht vorgesehene Rechtsbehelfe oder Überprüfungen, einschließlich erneuter Anhörungen oder Rechtsbehelfsüberprüfungen.

Die Mitgliedstaaten können ferner vorsehen, dass die unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung gemäß Artikel 20 nicht für Antragsteller gewährt wird, die sich in Anwendung des Artikels 41 Absatz 2 Buchstabe c nicht mehr in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten.

 

(3) Die Mitgliedstaaten können die Einzelheiten für die Stellung und Bearbeitung von Anträgen auf unentgeltliche rechts- und verfahrenstechnische Auskünfte gemäß Artikel 19 und auf unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung gemäß Artikel 20 festlegen.

 

(4) Ferner können die Mitgliedstaaten

a) für die unentgeltliche Erteilung von rechts- und verfahrenstechnischen Auskünften gemäß Artikel 19 und die unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung gemäß Artikel 20 eine finanzielle und/oder zeitliche Begrenzung vorsehen, soweit dadurch der Zugang zu unentgeltlichen Rechts- und verfahrenstechnischen Auskünften und zu unentgeltlicher Rechtsberatung und -vertretung nicht willkürlich eingeschränkt wird;

b) vorsehen, dass Antragstellern hinsichtlich der Gebühren und anderen Kosten keine günstigere Behandlung zuteil wird, als sie ihren Staatsangehörigen in Fragen der Rechtsberatung im Allgemeinen gewährt wird.

 

(5) Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass der Antragsteller ihnen die entstandenen Kosten ganz oder teilweise zurückerstattet, wenn sich seine finanzielle Lage beträchtlich verbessert hat oder wenn die Entscheidung zur Übernahme solcher Kosten aufgrund falscher Angaben des Antragstellers getroffen wurde.

 

Artikel 22

Anspruch auf Rechtsberatung und -vertretung in allen Phasen des Verfahrens

 

(1) Antragsteller erhalten in allen Phasen des Verfahrens, auch nach einer ablehnenden Entscheidung, effektiv Gelegenheit, auf eigene Kosten einen Rechtsanwalt oder sonstigen nach nationalem Recht zugelassenen oder zulässigen Rechtsberater in Fragen ihres Antrags auf internationalen Schutz zu konsultieren.

 

(2) Die Mitgliedstaaten können Nichtregierungsorganisationen erlauben, Antragstellern in den Verfahren nach den Kapiteln III und V Rechtsberatung und/oder -vertretung im Einklang mit nationalem Recht zu gewähren.

 

Artikel 23

Umfang der Rechtsberatung und -vertretung

 

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Rechtsanwalt oder ein sonstiger nach nationalem Recht zugelassener oder zulässiger Rechtsberater, der einen Antragsteller gemäß den nationalen Rechtsvorschriften unterstützt oder vertritt, Zugang zu den Informationen in der Akte des Antragstellers erhält, auf deren Grundlage über den Antrag entschieden wurde oder entschieden wird.

Die Mitgliedstaaten können hiervon abweichen, wenn die Offenlegung von Informationen oder Quellen die nationale Sicherheit, die Sicherheit der Organisationen oder Personen, von denen diese Informationen stammen, oder die Sicherheit der Personen, die die Informationen betreffen, gefährden oder wenn die Ermittlungsinteressen im Rahmen der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder die internationalen Beziehungen der Mitgliedstaaten beeinträchtigt würden. In diesen Fällen

a) gewähren die Mitgliedstaaten den staatlichen Stellen gemäß Kapitel V Zugang zu den betreffenden Informationen oder Quellen und

b) legen die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht Verfahren fest, mit denen gewährleistet wird, dass die Verteidigungsrechte des Antragstellers geachtet werden.

Hinsichtlich der Regelung in Buchstabe b können die Mitgliedstaaten insbesondere einem Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsberater, der einer Sicherheitsprüfung unterzogen wurde, Zugang zu diesen Informationen oder Quellen gewähren, soweit diese Informationen für die Prüfung des Antrags oder für die Entscheidung zur Aberkennung des internationalen Schutzes relevant sind.

 

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Rechtsanwalt oder sonstige Rechtsberater, der einen Antragsteller unterstützt oder vertritt, gemäß Artikel 10 Absatz 4 und Artikel 18 Absatz 2 Buchstaben b und c der Richtlinie 2013/33/EU zum Zweck der Beratung des Antragstellers Zugang zu abgeschlossenen Bereichen, wie Gewahrsamseinrichtungen oder Transitzonen, erhält.

 

(3) Die Mitgliedstaaten gestatten einem Antragsteller, sich bei der persönlichen Anhörung von einem Rechtsanwalt oder sonstigen nach nationalem Recht zugelassenen oder zulässigen Rechtsberater begleiten zu lassen.

Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass der Rechtsanwalt oder sonstige Rechtsberater erst am Schluss der persönlichen Anhörung eingreifen darf.

 

(4) Unbeschadet des vorliegenden Artikels oder des Artikels 25 Absatz 1 Buchstabe b können die Mitgliedstaaten Vorschriften für die Anwesenheit eines Rechtsanwalts oder sonstigen Rechtsberaters bei allen Anhörungen im Rahmen des Verfahrens festlegen.

Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass der Antragsteller auch dann bei der persönlichen Anhörung anwesend ist, wenn er sich nach Maßgabe der nationalen Rechtsvorschriften von einem Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsberater vertreten lässt; ferner können sie verlangen, dass der Antragsteller die Fragen persönlich beantwortet.

Unbeschadet des Artikels 25 Absatz 1 Buchstabe b kann die zuständige Behörde eine persönliche Anhörung des Antragstellers auch dann durchführen, wenn der Rechtsanwalt oder Rechtsberater nicht daran teilnimmt.

 

[…]"

 

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Sämtlichen Anträgen des Bundesverwaltungsgerichtes liegen Beschwerden von Asylwerbern gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zugrunde, mit denen deren Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß §3 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 Asylgesetz 2005 in der jeweils maßgeblichen Fassung abgewiesen und ihnen der Status von subsidiär Schutzberechtigten – samt Erteilung jeweils einer befristeten Aufenthaltsberechtigung – gemäß §8 Abs1 und 4 leg.cit. zuerkannt wurden.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte den Asylwerbern jeweils mit, dass ihnen für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine näher genannte juristische Person als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt werde. In ihren Beschwerden stellten die Beschwerdeführer jeweils unter näherer Begründung einen "Antrag auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers".

2. Aus diesem Anlass stellt das Bundesverwaltungsgericht die angeführten Gesetzesprüfungsanträge.

2.1. In den zu G447-449/2015 protokollierten Anträgen legt das Bundesverwaltungsgericht seine Bedenken gegen die angefochtene Bestimmung wie folgt dar:

"[…]

 

3. Zulässigkeit

 

3.1. Präjudizialität

 

3.1.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat über den Antrag des Beschwerdeführers auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers zu entscheiden. §40 VwGVG, der im Rahmen des VwGVG die Verfahrenshilfe regelt, beschränkt sie auf Verwaltungsstrafverfahren. Wegen dieser Beschränkung wurde er vom Verfassungsgerichtshof mit Erk. 25.6.2015, G7/2015, als verfassungswidrig aufgehoben; die Aufhebung tritt jedoch erst mit Ablauf des 31.12.2016 in Kraft. Eine Ersatzregelung ist bisher nicht erlassen worden. Auf §40 VwGVG kann die Beigabe eines Verfahrenshelfers daher — zumindest dem ersten Anschein nach — nicht gestützt werden. In seinem Erk. 3.9.2015, Ro 2015/21/0032, bezieht sich der Verwaltungsgerichtshof auf das aufhebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, das, wie er ausführt, bedeute, 'dass der Anwendung des Verfahrenshilfe exklusiv für das Verwaltungsstrafverfahren vorsehenden §40 VwGVG aus rein verfassungsrechtlichem Blickwinkel (insbesondere) im vorliegenden Revisionsfall nichts (mehr) entgegensteht'. Mit Recht verweise der Revisionswerber 'aber' auf Art47 GRC, gemäß dessen Abs3 Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügten, Prozesskostenhilfe bewilligt werde, soweit diese Hilfe erforderlich sei, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten. In Anbetracht des dem Unionsrecht zukommenden Vorrangs sei die verfassungsrechtliche Immunisierung des §40 VwGVG vor dem Hintergrund des Art47 Abs3 GRC irrelevant. Im Übrigen sei aber ohnehin davon auszugehen, dass ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe bzw. Verfahrenshilfe gegebenenfalls, wenn keine geeignete innerstaatliche Anspruchsgrundlage existiere, direkt auf Basis von Art47 Abs3 GRC zu gewähren sei (Pt. 3.2).

 

Vor dem Hintergrund dieses Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes ist das Bundesverwaltungsgericht somit durch die innerstaatliche Rechtslage nicht gehindert, vielmehr verpflichtet, über den Antrag des Beschwerdeführers auf Beigabe eines Verfahrenshelfers inhaltlich zu entscheiden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof bezieht sich in diesem Erkenntnis (wie auch der Verfassungsgerichtshof im Erk. 25.6.2015, G7/2015) auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall Airey vom 9.10.1979. Nach diesem Urteil folgt, so der Verwaltungsgerichtshof referierend, aus der Verpflichtung, Zugang zum Gericht zu gewährleisten, nicht zwangsläufig die generelle Verpflichtung der Vertragsstaaten, in Verfahren (dort: über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen) Verfahrenshilfe zu gewähren; es stehe jedem Staat frei, in welcher Weise er seine Verpflichtung erfülle, dem Einzelnen wirksamen Zugang zu den (dort: Zivil-) Gerichten zu verschaffen; die Gewährung von Prozesskostenhilfe sei nur eine von denkbaren Möglichkeiten; eine Vereinfachung des Verfahrens sei eine weitere Möglichkeit, denn nicht in allen Fällen sei es dem Einzelnen unzumutbar, seinen Fall persönlich — ohne Hilfe eines Anwalts — dem Gericht vorzutragen (Pt. 3.2). Der Verwaltungsgerichtshof wandte sich auch der Frage zu, ob es der unentgeltlichen Beigabe eines Rechtsanwaltes im Rahmen der Verfahrenshilfe bedurfte oder ob es im Sinne des Urteils Airey im innerstaatlichen Recht 'ausreichende Komplementärmechanismen' gebe, die das entbehrlich machten. In diesem Zusammenhang sprach er §52 BFA-VG an (Pt. 3.3).

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit ua. zu prüfen, ob der Beschwerdeführer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung eines Rechtsanwaltes bedarf oder ob es — nach Lage des Falles — einen ausreichenden Komplementärmechanismus gibt, ob also etwa die gesetzlich vorgesehene Rechtsberatung insoweit ausreicht (dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Erk. VfSlg 18.809/2009; danach war bei der damals geltenden einfachgesetzlichen Rechtslage — Flüchtlingsberater hatten Fremde auf Verlangen im Verfahren nach dem AsylG 2005 zu vertreten [§66 Abs2 Z3 AsylG 2005 in der Stammfassung] — die Vertretung durch einen Rechtsanwalt verfassungsrechtlich nicht geboten). Bei der Prüfung der Frage, ob dem Beschwerdeführer Verfahrenshilfe zu gewähren ist, hat das Bundesverwaltungsgericht daher auch zu prüfen, ob diese Rechtsberatung ausreicht, und mithin §52 Abs2 BFA-VG anzuwenden, der die Aufgaben des Rechtsberaters umschreibt.

 

3.1.2. Mit der oben erwähnten Verfahrensanordnung stellte das Bundesamt dem Beschwerdeführer zwar gemäß §52 BFA-VG (in der damals geltenden Stammfassung) einen Rechtsberater zur Seite, dieser Rechtsberater hat aber den Beschwerdeführer nicht zu vertreten. Nach der Stammfassung ebenso wie nach der Novellenfassung des §52 Abs2 BFA-VG beschränkt sich die Verpflichtung des Rechtsberaters, den Fremden auf sein Ersuchen (auch) zu vertreten, nämlich auf näher genannte Beschwerdeverfahren, unter die ein Verfahren jedenfalls nicht fällt, in dem es — wie im vorliegenden — nur um die Frage des Asyls (und nicht um eine Rückkehrentscheidung oder die Anordnung zur Außerlandesbringung) geht.

 

3.1.3. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die Aufgaben des Rechtsberaters, der dem Beschwerdeführer zur Seite gestellt worden ist, derzeit durch §52 Abs2 BFA-VG in der Novellenfassung geregelt sind, ungeachtet dessen, dass dieser Rechtsberater bereits vor deren Inkrafttreten (und somit in Anwendung der Stammfassung dieser Bestimmung) dem Beschwerdeführer zur Seite gestellt worden ist. Vielmehr dürfte sich der Aufgabenbereich von Rechtsberatern, die bereits konkreten Beschwerdeführern zur Seite gestellt worden sind, mit dem Inkrafttreten des FrÄG 2015 geändert haben. Nach allgemeinen Grundsätzen ist nämlich die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung bzw. Anwendung maßgeblich. Davon ausgehend, ficht das Bundesverwaltungsgericht (mit dem Primärantrag) die oben hervorgehobene Wortfolge in §52 Abs2 BFA-VG in der Novellenfassung an. Mit Beseitigung der Wortfolge wäre der Rechtsberater — auf Verlangen des Beschwerdeführers — ua. auch zur Vertretung des Beschwerdeführers im vorliegenden Beschwerdeverfahren verpflichtet.

 

Es lässt sich jedoch auch die Ansicht vertreten, dass für die Aufgaben des Rechtsberaters weiterhin jene Fassung heranzuziehen ist, die gegolten hat, als der Rechtsberater dem Beschwerdeführer zur Seite gestellt worden ist. Dies ließe sich damit begründen, dass die Novellenfassung durch das FrÄG 2015 eingeführt worden ist, das der Umsetzung der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes [Neufassung], ABI. 2013 Nr L 180/60 [Verfahrensrichtlinie-Neufassung] dient (Erläut. RV: 582 BIgNR 25. GP, 1, 10). Art52 der Verfahrensrichtlinie-Neufassung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die der Umsetzung dieser Richtlinie dienen, 'auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz [...] nach dem 20. Juli 2015 oder früher' anwenden. 'Für vor diesem Datum förmlich gestellte Anträge [...] gelten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Maßgabe der Richtlinie 2005/85/EG ', dh. der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, ABI. 2005 Nr L 326/13 (Verfahrensrichtlinie). Dementsprechend dürfte Österreich nicht verpflichtet sein, die Anwendung der Vorschriften, die durch das FrÄG 2015 eingeführt worden sind, auf Verfahren, die vor dem 20.7.2015 eingeleitet worden sind — wie das vorliegende Verfahren — vorzusehen. Das Bundesverwaltungsgericht ist zwar der Ansicht, dass dies dennoch geschehen ist, dass also, wie zuvor ausgeführt, im vorliegenden Verfahren §52 Abs2 BFA-VG in der Novellenfassung anzuwenden ist. Da sich aber vor dem Hintergrund des Art52 der Verfahrensrichtlinie-Neufassung auch die Auffassung vertreten lässt, dass die Stammfassung anzuwenden ist, beantragt das Bundesverwaltungsgericht mit dem Eventualantrag, festzustellen, dass die oben hervorgehobene Wortfolge in §52 Abs2 BFA-VG (in der Stammfassung) verfassungswidrig war.

 

3.2. Anfechtungsumfang

 

In von Amts wegen eingeleiteten Normenprüfungsverfahren hat der Verfassungsgerichtshof den Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt.

 

Die Grenzen der Aufhebung müssen auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 19.020/2010 mwN). Daran hat sich das antragstellende Gericht bei der Festlegung des Anfechtungsumfangs zu orientieren.

 

Das Bundesverwaltungsgericht ist der Ansicht, dass der von ihm gewählte Anfechtungsumfang diesen Kriterien entspricht. Tritt man seinen Bedenken bei, so würde die bereinigte Rechtslage dazu führen, dass Rechtsberater Fremde in jedem Beschwerdeverfahren (im Rahmen des BFA-VG) auf ihr Ersuchen auch zu vertreten haben. Damit würde der Aufgabenbereich der Rechtsberater zwar durchaus erweitert, allerdings nicht in einem Ausmaß, dass von einem völlig veränderten Inhalt gesprochen werden könnte.

 

Zwar scheint §52 Abs2 BFA-VG (in beiden Fassungen) zwischen Fremden und Asylwerbern zu differenzieren und die Verpflichtung zur Vertretung nur bei Fremden eintreten zu lassen, da er im ersten Satz von 'Fremden' und von 'Asylwerbern' spricht, im zweiten — in dem sich die angegriffene Wortfolge (in beiden Fassungen) findet — aber nur von 'Fremden'.

 

Zumindest bei verfassungskonformer Interpretation der bereinigten Rechtslage wären aber unter die 'Fremden' im zweiten Satz des §52 Abs2 BFA-VG auch Asylwerber zu subsumieren. Dies wird im Übrigen durch §3 Abs2 Z1 BFA-VG nahegelegt, wonach dem Bundesamt die Zuerkennung und die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten an Fremde in Österreich gemäß dem AsylG 2005 obliegt.

 

4. Bedenken des Bundesverwaltungsgerichts

 

Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtIAbs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsvorschrift enthält ein — auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes — Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist (zB VfGH 23.2.2015, G171/2014 ua.).

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bedenken, dass §52 Abs2 BFA-VG gegen den dadurch normierten Gleichheitsgrundsatz verstößt:

 

§52 Abs2 BFA-VG differenziert (in der Stammfassung) zwischen Beschwerdeverfahren gegen eine Rückkehrentscheidung bzw. (in der Novellenfassung) Beschwerdeverfahren gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung einerseits und anderen Beschwerdeverfahren andererseits. Nur bei den erstgenannten Verfahren besteht eine Verpflichtung der Rechtsberater, den Fremden im Beschwerdeverfahren auf sein Ersuchen zu vertreten. Bei den anderen Verfahren ist er dazu nicht verpflichtet. Er hat zwar auf Ersuchen des Fremden an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen (ob darin eine Vertretung liegt oder ob er zu einer Vertretung in der Verhandlung verpflichtet ist, kann dahingestellt bleiben), doch erstreckt sich diese Verpflichtung nicht auf das Verfahren, das der Verhandlung vorangeht und ihr nachfolgt, ganz abgesehen davon, dass in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, die dem BFA-VG unterliegen, keine generelle Verhandlungspflicht besteht (vgl. nur §21 Abs7 BFA-VG).

 

Diese Differenzierung in §52 Abs2 BFA-VG dürfte gegen den Gleichheitsgrundsatz des ArtI Abs1 des BVG zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung verstoßen.

 

Eine Rückkehrentscheidung oder eine Anordnung der Außerlandesbringung bedeutet die Verpflichtung des Betroffenen, das Bundesgebiet zu verlassen. In einem Verfahren wie dem vorliegenden Beschwerdeverfahren wird dagegen nicht eine Entscheidung getroffen werden, die eine solche Konsequenz haben wird, vielmehr steht — auf Grund des rechtskräftigen Spruchpunktes II des Bescheides des Bundesamtes — bereits fest, dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet nicht verlassen muss, ist ihm doch subsidiärer Schutz zuerkannt worden. Bei Entscheidungen nach §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 geht es um die Einschränkung oder den Entzug der Grundversorgung von Asylwerbern und um den Ausschluss von der Versorgung. Diese Entscheidungen — jedenfalls jene, die eine Rückkehrentscheidung oder eine Anordnung der Außerlandesbringung betreffen — sind ohne Zweifel gravierender als jene, in denen es nur noch darum geht, welche Art von Aufenthaltsrecht einem Fremden zuerkannt wird. Dennoch finden sich unter jenen Verfahren, in denen nach §52 Abs2 BFA-VG keine Vertretung zu leisten ist, auch solche, die von durchaus gravierender Bedeutung sind. Dies zeigt schon der Fall, der in dem oben erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes entschieden worden ist; dort ging es um eine Schubhaft und somit um einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf persönliche Freiheit. Da die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes losgelöst von Aspekten des Anlassfalles zu beurteilen ist (zB VfSlg 14.803/1997, 16.061/2000, 16.534/2002, 17.242/2004), ist damit nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Verfassungswidrigkeit der Differenzierung bereits erwiesen. Ob diese Verfassungswidrigkeit gerade in Fällen durchschlägt, in denen ein Antrag auf internationalen Schutz im Asylpunkt abgewiesen worden, dem Asylwerber aber subsidiärer Schutz zuerkannt oder eine Rückkehrentscheidung als unzulässig erkannt worden ist, könnte daher dahingestellt bleiben. Die Folgen der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind in Fällen wie dem vorliegenden derart, dass immerhin Zweifel an der Verfassungswidrigkeit des Ausschlusses solcher Verfahren von der Vertretungsverpflichtung angebracht sind. Gemäß §2 Abs1 Z15 AsylG 2005 vermittelt der — vom Beschwerdeführer angestrebte — Status des Asylberechtigten dem Betroffenen 'das dauernde Einreise- und Aufenthaltsrecht', jener des subsidiär Schutzberechtigten — der dem Beschwerdeführer bereits vom Bundesamt zuerkannt worden ist — dagegen nur 'das vorübergehende, verlängerbare Einreise- und Aufenthaltsrecht' (§2 Abs1 Z16 AsylG 2005). Der Status des Asylberechtigten kommt einem Fremden dementsprechend so lange zu, als er ihm nicht aberkannt worden ist (§7 AsylG 2005); die befristete Aufenthaltsberechtigung, die einem subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist dagegen grundsätzlich nur befristet zu erteilen (§8 Abs4 AsylG 2005). Gemäß §35 Abs2 AsylG 2005 ist dem Familienangehörigen eines subsidiär Schutzberechtigten, der sich im Ausland befindet, über Antrag erst nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des subsidiär Schutzberechtigten die Einreise zu gewähren. Eine solche Einschränkung gilt für die Familienangehörigen Asylberechtigter nicht. Sollten diese Unterschiede in den Konsequenzen als so gering eingeschätzt werden, dass Verfahrenshilfe oder ein ausreichender Komplementärmechanismus nicht erforderlich seien, dann wäre allenfalls eine Regelung verfassungskonform, die den Ausschluss der Vertretungsverpflichtung auf solche Fälle beschränkte, nicht aber §52 Abs2 BFA-VG in der Stamm- und in der Novellenfassung, der, wie gezeigt, die Vertretungsverpflichtung auch in anderen Fällen ausschließt.

 

Schließlich ist §52 Abs2 BFA-VG vor dem Hintergrund des Art15 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, ABI. 2005 Nr L 326/13 (Verfahrensrichtlinie), zu sehen, der unter der Überschrift 'Anspruch auf Rechtsberatung und -vertretung' stand und wie folgt lautete:

 

(1) Die Mitgliedstaaten gestatten den Asylbewerbern, auf eigene Kosten in wirksamer Weise einen Rechtsanwalt oder sonstigen nach nationalem Recht zugelassenen oder zulässigen Rechtsberater in Fragen ihres Asylantrags zu konsultieren.

(2) Im Falle einer ablehnenden Entscheidung einer Asylbehörde stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass auf Antrag kostenlose Rechtsberatung und/oder -vertretung vorbehaltlich der Bestimmungen des Absatzes 3 gewährt wird.

(3) Die Mitgliedstaaten können in ihren nationalen Rechtsvorschriften vorsehen, dass kostenlose Rechtsberatung und/oder -vertretung nur gewährt wird

a) für die Verfahren vor einem Gericht oder Tribunal nach Kapitel V und nicht für nachfolgende im nationalen Recht vorgesehene Rechtsbehelfe, einschließlich erneuter Rechtsbehelfsverfahren und/oder

b) für Personen, die nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügen, und/oder

c) für Rechtsberater oder sonstige Berater, die nach nationalem Recht zur Unterstützung und/oder Vertretung von Asylbewerbern bestimmt wurden, und/oder

d) bei hinreichenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs.

e) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nach Buchstabe d gewährte Rechtsberatung und/oder -vertretung nicht willkürlich eingeschränkt wird.

(4) Vorschriften über die Modalitäten für die Stellung und Bearbeitung von Ersuchen auf Rechtsberatung und/oder —vertretung können von den Mitgliedstaaten festgelegt werden.

(5) Ferner können die Mitgliedstaaten

a) für die Gewährung von kostenloser Rechtsberatung und/oder -vertretung eine finanzielle und/oder zeitliche Begrenzung vorsehen, soweit dadurch der Zugang zur Rechtsberatung und/oder -vertretung nicht willkürlich eingeschränkt wird;

b) vorsehen, dass Antragstellern hinsichtlich der Gebühren und anderen Kosten keine günstigere Behandlung zuteil wird, als sie den eigenen Staatsangehörigen in Fragen der Rechtsberatung im Allgemeinen gewährt wird.

(6) Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass der Antragsteller ihnen die entstandenen Ausgaben ganz oder teilweise zurückerstattet, wenn sich seine finanzielle Lage beträchtlich verbessert hat oder wenn die Entscheidung zur Gewährung solcher Leistungen aufgrund falscher Angaben des Antragstellers getroffen wurde.

 

Art15 der Verfahrensrichtlinie differenzierte nicht zwischen ablehnenden Entscheidungen einer Asylbehörde, die mit einer Verpflichtung verbunden waren, das Land zu verlassen, und anderen derartigen Verfahren.

 

Diese Richtlinie wurde mit Wirkung vom 21.07.2015 aufgehoben (Art53 der Verfahrensrichtlinie-Neufassung). Nunmehr gelten die Art21 bis 23 der Verfahrensrichtlinie-Neufassung, die wie folgt lauten:

 

[…]

 

Auch die Art20 bis 22 der Verfahrensrichtlinie-Neufassung differenzieren nicht zwischen ablehnenden Entscheidungen einer Asylbehörde, die mit einer Verpflichtung verbunden sind, das Land zu verlassen, und anderen derartigen Verfahren.

 

Die Verfahrensrichtlinie-Neufassung war bis 20.7.2015 umzusetzen (Art51 Abs1 Verfahrensrichtlinie-Neufassung); die umsetzenden Vorschriften sind seither anzuwenden (Art52 Verfahrensrichtlinie-Neufassung).

 

Da §52 Abs2 BVA-VG der Umsetzung dieser Vorschriften dient, erscheint die Differenzierung auch vor diesem Hintergrund als unsachlich.

 

4.2. Aus den genannten Gründen verstößt die angegriffene Wortfolge in §52 Abs2 BFA-VG gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz und ist daher verfassungswidrig."

 

2.2. Zusätzlich zu diesen Bedenken betreffend den Gleichheitssatz macht das Bundesverwaltungsgericht in den zu G576-585/2015 protokollierten Anträgen nachstehende Bedenken in Hinblick auf Art47 GRC geltend:

"[…]

 

4.2.1. Art47 GRC steht unter der Überschrift 'Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht' und lautet:

 

'Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.

 

Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

 

Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten.'

 

4.2.2. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 19.632/2012; weiters zB VfSlg 19.790/2013, 19.845/2014; VfGH 13.3.2013, U1175/12 ua.; 11.6.2014, U823/2013; 19.9.2014, U634/2013 ua.) können auch die von der GRC garantierten Rechte vor dem Verfassungsgerichtshof als verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte gemäß Art144 (bzw. — nach der damals geltenden Rechtslage — Art144a) B‑VG geltend gemacht werden, und zwar jedenfalls dann, wenn sie in ihrer Formulierung und Bestimmtheit verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten der österreichischen Bundesverfassung gleichen. Die Anwendbarkeit der GRC auf Akte der Organe der Mitgliedstaaten setzt voraus, dass diese in 'Durchführung des Rechts der Europäischen Union' handeln (Art51 Abs1 GRC), dass also die Beschwerdesache, in der ein Recht der GRC geltend gemacht wird, in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt. Das Asylverfahren allgemein fällt in den Anwendungsbereich der GRC.

Im Anwendungsbereich von Art6 MRK hat Art47 Abs2 GRC die gleiche Tragweite und Bedeutung wie jener. Jenseits dessen gelten die Garantien des Art6 MRK für den Anwendungsbereich des Art47 Abs2 GRC entsprechend.

 

4.2.3. Aus Art47 GRC hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem mehrfach erwähnten Erk. 3.9.2015, Ro 2015/21/0032, abgeleitet, dass einem Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht — dort in einem Schubhaftfall — Verfahrenshilfe zu gewähren gewesen wäre, und zwar offenbar durch (unentgeltliche) Beigabe eines Rechtsanwaltes zur Vertretung (Pt. 3.2 und 3.3). Er untersuchte, wie oben bereits ausgeführt, ob ein 'ausreichender Komplementärmechanismus' bestehe, und sprach in diesem Zusammenhang §52 BFA-VG an (Pt. 3.3). Dies sei nicht der Fall, weil diese Bestimmung keine Vertretung des Fremden in Fällen wie dem vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen garantiere (sondern nur seine Beratung und Unterstützung). Genau das trifft auch auf Fälle wie den vorliegenden zu, in dem es gleichfalls nicht um eine Rückkehrentscheidung geht, sondern nur um die Frage, ob dem Beschwerdeführer Asyl gewährt wird (oder ob es beim subsidiären Schutz bleibt, den bereits das Bundesamt zuerkannt hat).

 

4.2.4. Da §52 Abs2 BFA-VG keine Vertretung von Fremden in Verfahren vorsieht, in denen es nicht um eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung geht, verstößt er gegen Art47 GRC und ist daher verfassungswidrig.

 

4.2.5. Das Bundesverwaltungsgericht erlaubt sich, darauf hinzuweisen, dass eine auf dem Interpretationswege erreichte Lösung, wonach in Fällen, in denen §52 Abs2 BFA-VG keine Vertretung durch den Rechtsberater vorsieht, de lege lata Verfahrenshilfe zu gewähren sei, jedenfalls in Schubhaftfällen problematisch erscheint: Gewährt das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss die Verfahrenshilfe und bestellt anschließend eine Rechtsanwaltskammer einen Rechtsanwalt als Verfahrenshelfer, so wird es in der Regel nicht möglich sein, die Schubhaftbeschwerde innerhalb der Frist des Art6 Abs1 zweiter Satz des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit BGBl 684/1988 zu erledigen.

 

[...]"

 

2.3. Schließlich legt das Bundesverwaltungsgericht in den zu G587/2015, G609/2015, G611/2015, G613/2015, G619/2015, G654/2015, G655/2015 und G31/2016 protokollierten Anträgen seine Bedenken folgendermaßen dar:

"2.1. Präjudizialität:

 

2.1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichts in der Hauptsache vorgreifen würde (vgl. VfGH 8.10.2015, V78/2015). Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf ein Antrag im Sinne des Art140 B‑VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die — angefochtene — Gesetzesbestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichts im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003).

 

2.1.2. Das Bundesverwaltungsgericht hat über den Antrag des Beschwerdeführers auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers zu entscheiden. §40 VwGVG, der im Rahmen des VwGVG die Verfahrenshilfe regelt, beschränkt sie auf Verwaltungsstrafverfahren. Wegen dieser Beschränkung wurde §40 VwGVG vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 25.6.2015, G7/2015, als verfassungswidrig aufgehoben; die Aufhebung tritt jedoch erst mit Ablauf des 31.12.2016 in Kraft. Eine Ersatzregelung wurde bis dato nicht erlassen. Auf §40 VwGVG kann die Beigabe eines Verfahrenshelfers daher — zumindest dem ersten Anschein nach — nicht gestützt werden. In seinem Erkenntnis vom 3.9.2015, Ro 2015/21/0032, bezieht sich der Verwaltungsgerichtshof auf das aufhebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, das, wie er ausführt, bedeute, 'dass der Anwendung des Verfahrenshilfe exklusiv für das Verwaltungsstrafverfahren vorsehenden §40 VwGVG aus rein verfassungsrechtlichem Blickwinkel (insbesondere) im vorliegenden Revisionsfall nichts (mehr) entgegensteht'. Mit Recht verweise der Revisionswerber 'aber' auf Art47 GRC, gemäß dessen Abs3 Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügten, Prozesskostenhilfe bewilligt werde, soweit diese Hilfe erforderlich sei, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten. In Anbetracht des dem Unionsrecht zukommenden Vorrangs sei die verfassungsrechtliche Immunisierung des §40 VwGVG vor dem Hintergrund des Art47 Abs3 GRC irrelevant. Im Übrigen sei aber ohnehin davon auszugehen, dass ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe bzw. Verfahrenshilfe gegebenenfalls, wenn keine geeignete innerstaatliche Anspruchsgrundlage existiere, direkt auf Basis von Art47 Abs3 GRC zu gewähren sei.

 

Vor dem Hintergrund dieses Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes ist das Bundesverwaltungsgericht somit durch die innerstaatliche Rechtslage nicht gehindert, vielmehr verpflichtet, über den Antrag des Beschwerdeführers auf Beigabe eines Verfahrenshelfers abzusprechen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof bezieht sich in diesem Erkenntnis (wie auch der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25.6.2015, G7/2015) auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall Airey vom 9.10.1979. Nach diesem Urteil folgt, so der Verwaltungsgerichtshof referierend, aus der Verpflichtung, Zugang zum Gericht zu gewährleisten, nicht zwangsläufig die generelle Verpflichtung der Vertragsstaaten, in Verfahren (dort: über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen) Verfahrenshilfe zu gewähren. Es stehe jedem Staat frei, in welcher Weise er seine Verpflichtung erfülle, dem Einzelnen wirksamen Zugang zu den (dort: Zivil-) Gerichten zu verschaffen. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe sei nur eine von denkbaren Möglichkeiten. Eine Vereinfachung des Verfahrens sei eine weitere Möglichkeit, denn nicht in allen Fällen sei es dem Einzelnen unzumutbar, seinen Fall persönlich — ohne Hilfe eines Anwalts — dem Gericht vorzutragen. Der Verwaltungsgerichtshof wandte sich auch der Frage zu, ob es der unentgeltlichen Beigabe eines Rechtsanwaltes im Rahmen der Verfahrenshilfe bedurfte oder ob es im Sinne des Urteils Airey im innerstaatlichen Recht 'ausreichende Komplementärmechanismen' gebe, die das entbehrlich machten. In diesem Zusammenhang zog er §52 BFA-VG (in der Fassung bis 19.07.2015) heran.

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit ua. zu prüfen, ob der Beschwerdeführer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung eines Rechtsanwaltes bedarf oder ob es — nach Lage des Falles — einen ausreichenden Komplementärmechanismus gibt, ob also etwa die gesetzlich vorgesehene Rechtsberatung insoweit ausreicht (dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Erkenntnisses VfSlg 18.809/2009; danach war bei der damals geltenden einfachgesetzlichen Rechtslage — Flüchtlingsberater hatten Fremde auf Verlangen im Verfahren nach dem AsylG 2005 zu vertreten [§66 Abs2 Z3 AsylG 2005 in der Stammfassung] — die Vertretung durch einen Rechtsanwalt verfassungsrechtlich nicht geboten). Bei der Prüfung der Frage, ob dem Beschwerdeführer Verfahrenshilfe zu gewähren ist, hat das Bundesverwaltungsgericht daher auch zu prüfen, ob diese Rechtsberatung ausreicht, und mithin §52 Abs2 BFA-VG anzuwenden, der die Aufgaben des Rechtsberaters umschreibt.

 

2.1.3. Mit der oben erwähnten Verfahrensanordnung stellte das BFA dem Beschwerdeführer zwar gemäß §52 BFA-VG einen Rechtsberater zur Seite, dieser Rechtsberater hat aber den Beschwerdeführer nicht zu vertreten. Nach §52 Abs2 BFA-VG beschränkt sich die Verpflichtung des Rechtsberaters, den Fremden auf sein Ersuchen (auch) zu vertreten, nämlich auf näher genannte Beschwerdeverfahren, unter die ein Verfahren jedenfalls nicht fällt, in dem es — wie im vorliegenden — nur um die Frage des Asyls (und nicht um eine Rückkehrentscheidung oder die Anordnung zur Außerlandesbringung) geht.

 

2.1.4. Das vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängige Verfahren fällt gerade nicht unter jene Typen von Verfahren, die in der angefochtenen Wortfolge genannt sind, da mit dem angefochtenen Bescheid weder eine Rückkehrentscheidung oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung ausgesprochen noch eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 getroffen worden ist. Der Präjudizialität der angefochtenen Wortfolge steht dies jedenfalls nicht entgegen. Das Bundesverwaltungsgericht verweist dazu beispielsweise auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 19.703/2012 (Präjudizialität des Wortes 'unehelichen [Kindes]', obwohl es im Anlassverfahren um eheliche Kinder ging und gerade die Beschränkung auf uneheliche Kinder die Verfassungswidrigkeit bewirkte).

 

Ebenso nahm der Verfassungsgerichtshof die Präjudizialität von §40 VwGVG (vgl. den Prüfungsbeschluss vom 9.12.2014, E599/2014, sowie das Erkenntnis vom 25.6.2015, G7/2015) in einem agrarrechtlichen (also nicht verwaltungsstrafrechtlichen) Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Kärnten an.

 

2.2. Anfechtungsumfang:

 

2.2.1. §52 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz — BFA-VG), BGBl I Nr 87/2012 in der Fassung BGBl I Nr 70/2015, lautet (die als verfassungswidrig angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):

 

[…]

 

2.2.2. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu den Verfahrensvoraussetzungen ist der Umfang der zu prüfenden und im Falle ihrer Rechtswidrigkeit aufzuhebenden Rechtsvorschrift derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall bildet, dass aber andererseits der verbleibende Teil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 13.965/1994, 16.542/2002, 16.911/2003). Der Verfassungsgerichtshof hat in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und welchem dieser Ziele der Vorrang gebührt (vgl. dazu zB VfSlg 7376/1974, 7786/1976, 13.701/1994). Es ist dem Verfassungsgerichtshof verwehrt, der Rechtsvorschrift durch Aufhebung bloßer Teile einen völlig veränderten, dem Normsetzer überhaupt nicht mehr zusinnbaren Inhalt zu geben, weil dies im Ergebnis geradezu ein Akt positiver Normsetzung wäre (vgl. VfSlg 12.465/1990, S 128; 13.915/1994, 15.090/1998).

 

Letztlich ist der Umfang einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Gesetzesbestimmung derart abzugrenzen, dass die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003). Ein untrennbarer Zusammenhang ist anzunehmen, wenn sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit der vom Verfassungsgerichtshof anzuwendenden Bestimmungen nicht ohne Mitberücksichtigung weiterer Bestimmungen beantworten lässt, insbesondere deshalb, weil sich ihr (gegebenenfalls verfassungsrechtlich bedenklicher) Inhalt erst mit Blick auf diese weiteren Bestimmungen erschließt. Ein solcher Zusammenhang kann sich aber auch daraus ergeben, dass diese weiteren Bestimmungen durch die Aufhebung der verfassungsrechtlich bedenklichen Normen einen völlig veränderten Inhalt erhielten (vgl. VfSlg 8155/1977, 8461/1978 uva.).

 

2.2.3. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist für die Bereinigung der — wie unter Punkt III. dargelegt wird — verfassungswidrigen Rechtslage die Aufhebung der Wortfolge 'gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung' in §52 Abs2 zweiter Satz BFA-VG notwendig. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundesverwaltungsgerichts richten sich somit gegen die Gesamtheit der Wortfolge 'gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung' in §52 Abs2 zweiter Satz BFA-VG. In eventu wird §52 Abs2 zweiter Satz BFA-VG zur Gänze angefochten. Tritt man seinen Bedenken bei, so würde die bereinigte Rechtslage dazu führen, dass Rechtsberater Fremde in jedem Beschwerdeverfahren (im Rahmen des BFA-VG) auf ihr Ersuchen auch zu vertreten haben. Damit würde der Aufgabenbereich der Rechtsberater zwar durchaus erweitert, allerdings nicht in einem Ausmaß, dass von einem völlig veränderten Inhalt gesprochen werden könnte.

 

Zwar scheint §52 Abs2 BFA-VG zwischen Fremden und Asylwerbern zu differenzieren und die Verpflichtung zur Vertretung nur bei Fremden eintreten zu lassen, da er im ersten Satz von 'Fremden' und von 'Asylwerbern' spricht, im zweiten — in dem sich die angegriffene Wortfolge (in beiden Fassungen) findet — aber nur von 'Fremden'. Zumindest bei verfassungskonformer Interpretation der bereinigten Rechtslage wären aber unter die 'Fremden' im zweiten Satz des §52 Abs2 BFA-VG auch Asylwerber zu subsumieren. Dies wird im Übrigen durch §3 Abs2 Z1 BFA-VG nahegelegt, wonach dem Bundesamt die Zuerkennung und die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten an Fremde in Österreich gemäß dem AsylG 2005 obliegt.

 

Sollte der Verfassungsgerichtshof angesichts der unter Punkt II. 2.2.2. zitierten Rechtsprechung zum Ergebnis gelangen, dass durch die Aufhebung 'mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall bildet', so wird auf die jüngste Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verwiesen, wonach eine zu weite Fassung eines Antrags diesen nicht in jedem Fall unzulässig macht. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies — ist der Antrag in der Sache begründet — im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. VfGH 8.10.2014, G83/2014 ua.; 9.12.2014, G136/2014 ua.; 10.3.2015, G203/2014 ua.). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies — wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind — im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrags und nicht mehr zur Zurückweisung des gesamten Antrags (VfGH 9.12.2014, G136/2014 ua.; 10.3.2015, G203/2014 ua.).

 

III. Verfassungsrechtliche Bedenken:

 

3.1. Verstoß gegen das Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung

 

3.1.1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält Art.1 Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsvorschrift enthält ein — auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes — Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hierfür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist (zB VfGH 23.2.2015, G171/2014 ua.).

 

3.1.2. Das Bundesverwaltungsgericht hegt das Bedenken, dass §52 Abs2 BFA-VG gegen den dadurch normierten Gleichheitsgrundsatz verstößt:

 

§52 Abs2 BFA-VG differenziert zwischen zwei Typen von Verfahren: einerseits Beschwerdeverfahren gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung und andererseits anderen Beschwerdeverfahren. Nur bei den erstgenannten Verfahren besteht eine Verpflichtung der Rechtsberater, den Fremden im Beschwerdeverfahren auf sein Ersuchen zu vertreten. Bei den anderen Verfahren ist er dazu nicht verpflichtet. Er hat zwar auf Ersuchen des Fremden an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen, doch erstreckt sich diese Verpflichtung nicht auf das Verfahren, das der Verhandlung vorangeht und ihr nachfolgt, ganz abgesehen davon, dass in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, die dem BFA-VG unterliegen, keine generelle Verhandlungspflicht besteht (vgl. §21 Abs7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, und somit lediglich eine Rechtsfrage zu entscheiden ist [EGMR 20.6.2013, Appl. Nr 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz 34 ff]; zur Rechtslage im Verfahren vor dem Asylgerichtshof VfSlg 19.632/2012, 19.759/2012, 19.773/2013, 19.789/2013; VfGH 13.3.2013, U1175/12 ua.; 12.6.2013, U1413/2012 ua.; 13.9.2013, U1097/2012; 21.2.2014, U152/2013; 24.2.2014, U2112/2012; 26.2.2014, U770/2013; 6.6.2014, U12/2013 ua.; 6.6.2014, U2102/2013; 11.6.2014, U823/2013; 19.9.2014, U634/2013 ua.).

 

Diese Differenzierung in §52 Abs2 BFA-VG dürfte gegen den Gleichheitsgrundsatz des ArtI Abs1 des BVG zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung verstoßen.

 

3.1.3. Eine Rückkehrentscheidung oder eine Anordnung der Außerlandesbringung bedeutet die Verpflichtung des Betroffenen, das Bundesgebiet zu verlassen. In einem Verfahren wie dem vorliegenden Beschwerdeverfahren wird dagegen nicht eine Entscheidung getroffen werden, die eine solche Konsequenz haben wird, vielmehr steht — auf Grund des rechtskräftigen Spruchpunktes II des Bescheides des BFA — bereits fest, dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet nicht verlassen muss, ist ihm doch subsidiärer Schutz zuerkannt worden. Bei Entscheidungen nach §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 geht es um die Einschränkung oder den Entzug der Grundversorgung von Asylwerbern und um den Ausschluss von der Versorgung. Diese Entscheidungen — jedenfalls jene, die eine Rückkehrentscheidung oder eine Anordnung der Außerlandesbringung betreffen — sind ohne Zweifel gravierender als jene, in denen es nur noch darum geht, welche Art von Aufenthaltsrecht einem Fremden zuerkannt wird. Dennoch finden sich unter jenen Verfahren, in denen nach §52 Abs2 BFA-VG keine Vertretung zu leisten ist, auch solche, die von durchaus gravierender Bedeutung sind (vgl. vor allem §35 Abs2 AsylG 2005, wonach dem Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, die Einreise erst nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, zu gewähren ist). Dies zeigt schon der Fall, der in dem oben erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes entschieden worden ist. Dort ging es um eine Schubhaft und somit um einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf persönliche Freiheit. Da die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes losgelöst von Aspekten des Anlassfalles zu beurteilen ist (zB VfSlg 14.803/1997, 16.061/2000, 16.534/2002, 17.242/2004), ist damit nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Verfassungswidrigkeit der Differenzierung offenkundig.

 

3.2. Verstoß gegen Art47 GRC

 

3.2.1. Schließlich ist §52 Abs2 BFA-VG vor dem Hintergrund der Art21 bis 23 Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABI. Nr L 180 vom 29.6.2013 S. 60 (Verfahrensrichtlinie-Neufassung), zu sehen. Diese lauten wie folgt:

 

[…]

 

3.2.2. Auch die Art21 bis 23 der Verfahrensrichtlinie-Neufassung differenzieren nicht zwischen ablehnenden Entscheidungen einer Asylbehörde, die mit einer Verpflichtung verbunden sind, das Land zu verlassen, und anderen derartigen Verfahren.

 

Die Verfahrensrichtlinie-Neufassung war bis 20.7.2015 umzusetzen (Art51 Abs1 Verfahrensrichtlinie-Neufassung).

 

Da §52 Abs2 BVA-VG der Umsetzung dieser Vorschriften dient, erscheint die Differenzierung auch vor diesem Hintergrund als unsachlich.

 

3.2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg 19.632/2012 ausgesprochen, dass der unionsrechtliche Äquivalenzgrundsatz auf Grund der innerstaatlichen Verfassungsrechtslage zur Folge hat, dass auch die von der GRC garantierten Rechte vor dem Verfassungsgerichtshof als verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte gemäß Art144 bzw. (damals) Art144a B‑VG geltend gemacht werden können und sie im Anwendungsbereich der GRC einen Prüfungsmaßstab in Verfahren der generellen Normenkontrolle, insbesondere nach Art139 und Art140 B‑VG bilden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die betreffende Garantie der GRC in ihrer Formulierung und Bestimmtheit verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten der österreichischen Bundesverfassung gleicht. Die von Art47 GRC garantierten Rechte dürften dieser Anforderung genügen (vgl. Granner/N.Raschauer, in Holoubek/Lienbacher [Hrsg], GRC-Kommentar [2014] Art47 Rz 56 ff [653 ff]).

 

Art51 Abs1 GRC ordnet an, dass die GRC für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union gilt.

 

Gemäß den Erläuterungen zu Art51 GRC, die gemäß Art6 Abs1 Unterabs. 3 EUV und Art52 Abs7 GRC für deren Auslegung zu berücksichtigen sind, '[gilt d]ie Verpflichtung zur Einhaltung der im Rahmen der Union definierten Grundrechte für die Mitgliedstaaten [...] nur dann, wenn sie im Anwendungsbereich des Unionsrechts handeln' (vgl. in diesem Sinne EuGH 26.2.2013, C-617/10 , Åkerberg Fransson [Rz 20]). So führte der EuGH in seinem Urteil vom 26.2.2013, C-617/10 , Åkerberg Fransson, Rn 21, insbesondere aus, dass 'die durch die Charta garantierten Grundrechte zu beachten sind, wenn eine nationale Rechtsvorschrift in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt'. Es seien demnach 'keine Fallgestaltungen denkbar, die vom Unionsrecht erfasst würden, ohne dass diese Grundrechte anwendbar wären. Die Anwendbarkeit des Unionsrechts umfasst die Anwendbarkeit der durch die Charta garantierten Grundrechte'.

 

In den Anwendungsbereich fällt neben der Vollziehung unmittelbar wirksamen Unionsrechts durch Gerichte oder Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten (EuGH 14.7.1994, C-351/92 , Graff, Rn 17) auch die Vollziehung von mitgliedstaatlichen Umsetzungsvorschriften (EuGH 15.5.1986, Rs. 222/84, Johnston, Rn 18 f).

 

Der Sachverhalt des vorliegenden Beschwerdeverfahrens unterliegt unzweifelhaft dem Unionsrecht und fällt allgemein in den Anwendungsbereich der GRC. §52 Abs2 BFA-VG dient offenbar der Umsetzung der Verfahrensrichtlinie-Neufassung, weswegen auch die Ausgestaltung der Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht auf der Grundlage unionsrechtlicher Vorgaben und somit 'in Durchführung des Unionsrechts' ergangen ist.

 

3.2.4. Gemäß Art47 Abs1 GRC hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Gemäß Abs2 leg.cit. hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen. Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten (Abs3 leg.cit.).

 

Aus Art47 GRC hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 3.9.2015, Ro 2015/21/0032, abgeleitet, dass einem Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht — dort in einem Schubhaftfall — Verfahrenshilfe zu gewähren gewesen wäre, und zwar offenbar durch (unentgeltliche) Beigabe eines Rechtsanwaltes zur Vertretung. Er untersuchte, wie oben bereits ausgeführt, ob ein 'ausreichender Komplementärmechanismus' bestehe, und zog in diesem Zusammenhang §52 BFA-VG (in der Fassung bis 19.07.2015) heran. Dies sei nicht der Fall, weil diese Bestimmung keine Vertretung des Fremden in Fällen wie dem vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen garantiere (sondern nur seine Beratung und Unterstützung). Genau das trifft auch auf Fälle wie den vorliegenden zu, in dem es gleichfalls nicht um eine Rückkehrentscheidung geht, sondern nur um die Frage, ob dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird.

 

Da §52 Abs2 zweiter Satz BFA-VG keine Vertretung von Fremden in Verfahren vorsieht, in denen es nicht um eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung geht, verstößt er aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts gegen Art47 GRC und ist somit verfassungswidrig.

 

3.2.5. Grundsätzlich führt ein Widerspruch einer generellen österreichischen Rechtsvorschrift zu unionsrechtlichen Vorgaben (bloß) zu ihrer — von allen Staatsorgangen incidenter wahrzunehmenden — Unanwendbarkeit (vgl. EuGH 15.7.1964, Rs 6/64 , Costa/ENEL; 9.3.1978, Rs 106/77, Simmenthal II), nicht aber zu deren Aufhebung (VfSlg 15.189/1998). Dem Verfassungsgerichtshof steht grundsätzlich keine Kompetenz zu, generelle österreichische Rechtsnormen am Maßstab des Unionsrechts zu prüfen, es sei denn, ein von der GRC garantiertes Recht, welches in seiner Formulierung und Bestimmtheit verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten der österreichischen Bundesverfassung gleicht, wird verletzt. Die angefochtene Wortfolge in §52 Abs2 BFA-VG kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts aber nicht unangewendet gelassen werden, um so den Verstoß gegen Art47 GRC, speziell gegen dessen Abs3 (iVm ArtArt. 21 bis 23 der Verfahrensrichtlinie-Neufassung), zu beseitigen. Der Verfassungsgerichtshof zieht die GRC in ihrem Anwendungsbereich (Art51 Abs1 GRC) als Maßstab für nationales Recht heran und hebt entgegenstehende generelle Normen gemäß Art140 B‑VG auf. Eine Aufhebung gemäß Art140 B‑VG erscheint aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts daher das einzige Mittel, um die unionsrechtswidrigen Bestimmungen aus dem innerstaatlichen Rechtsbestand auszuscheiden. Damit würde der Verfassungsgerichtshof für diesen Bereich der vom Gerichtshof der Europäischen Union (vgl. EuGH 2.7.1996, C-290/94 , Kommission/Griechenland; EuGH 24.3.1988, Rs. 104/86, Kommission/Italien; EuGH 18.1.2001, C-162/99 , Kommission/Italien; EuGH 7.1.2004, C-201/02 , Wells; EuGH 21.6.2007, C-231/06 ua., Jonkman) und vom Verfassungsgerichtshof (vgl. VfSlg 19.632/2012) postulierten Bereinigungspflicht nachkommen.

 

Auch ist es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH 11.9.2014, C-112/13 , A., Rn 35 bis 39 und die dort angeführte Rechtsprechung) für das Funktionieren des durch Art267 AEUV geschaffenen Systems der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof der Europäischen Union und den nationalen Gerichten und wegen des Grundsatzes des Vorrangs des Unionsrechts notwendig, dass es dem nationalen Gericht freisteht, in jedem Moment des Verfahrens, den es für geeignet hält, und selbst nach Abschluss eines Zwischenverfahrens zur Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit dem Gerichtshof der Europäischen Union jede Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, die es für erforderlich hält (vgl. in diesem Sinne EuGH 22.6.2010, C-188/10 , C-189/10 , Melki und Abdeli, Rn 51 und 52).

 

3.2.6. Letztlich verweist das Bundesverwaltungsgericht darauf, dass es den nationalen Behörden und Gerichten weiterhin freisteht, wenn das Unionsrecht den Mitgliedstaaten bei der Durchführung eines Unionsrechtsakts einen Ermessensspielraum einräumt, die Einhaltung der durch die nationale Verfassung gewährleisteten Grundrechte sicherzustellen, sofern durch die Anwendung nationaler Schutzstandards für die Grundrechte weder das Schutzniveau der GRC, wie sie vom EuGH ausgelegt wird, noch der Vorrang, die Einheit und die Wirksamkeit des Unionsrechts beeinträchtigt werden (vgl. in diesem Sinne EuGH 26.2.2013, C-399/11 , Melloni, Rn 60). Im vorliegenden Fall scheint jedoch kein Ermessensspielraum dahin gegeben zu sein, dass §52 Abs2 BFA-VG keine Vertretung von Fremden in Verfahren vorsieht, in denen es nicht um eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung geht."

 

3. Die Bundesregierung sah von der Erstattung einer Äußerung ab.

IV. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat in den in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Verfahren erwogen:

1. Zur Zulässigkeit der Anträge

1.1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.1.2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte in den Anlassfällen den Asylwerbern für ihr Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht mittels Verfahrensanordnung jeweils einen Rechtsberater zur Seite. Dessen ungeachtet stellten die Asylwerber im Rahmen ihrer Beschwerden Anträge "auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers".

Bei der Entscheidung über einen solchen Antrag hat das Bundesverwaltungsgericht zu prüfen, auf welche Rechtsgrundlage die unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers gestützt werden könnte. Dabei hält es in seinen Gesetzesprüfungsanträgen zutreffend fest, dass die Bewilligung von Verfahrenshilfe nach dem Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl I 122/2013 (im Folgenden: VwGVG), nur im Rahmen des §40 VwGVG in Betracht kommt. Diese Bestimmung hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 25. Juni 2015, G7/2015, mit Ablauf des 31. Dezember 2016 als verfassungswidrig aufgehoben. Für das Bundesverwaltungsgericht ist diese – die Verfahrenshilfe in seinem Verfahren auf Verwaltungsstrafsachen einschränkende – Bestimmung daher weiterhin anzuwenden (und verfassungsrechtlich immunisiert); da die den Anträgen zugrunde liegenden Anlassfälle keine Verwaltungsstrafsachen sind, kommt die unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers auf Grund des §40 VwGVG nicht in Betracht.

Das Bundesverwaltungsgericht prüft allerdings, ob ein Anspruch "auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers" in Anbetracht des dem Unionsrecht zukommenden Anwendungsvorrangs direkt aus Art47 Abs3 GRC ableitbar ist. Dem Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 3. September 2015, Ro 2015/21/0032, folgend berücksichtigt das Bundesverwaltungsgericht das zu Art6 Abs1 EMRK ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 9. Oktober 1979, Fall Airey, Appl. 6289/73.

Entsprechend der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes im angeführten Erkenntnis hat das Bundesverwaltungsgericht betreffend die bei ihm gestellten Anträge auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers zu prüfen, ob es im Lichte der zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte "ausreichende Komplementärmechanismen", also gesetzliche Vorkehrungen gibt, die einen wirksamen Zugang zu Gericht im Sinne des Art47 Abs3 GRC auch ohne die Beistellung eines unentgeltlichen Verfahrenshilfeverteidigers gewährleisten. Bei dieser Prüfung zieht das Bundesverwaltungsgericht die Bestimmung des §52 BFA-VG heran, in der die Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht normiert ist. Auch wenn in den den Gesetzesprüfungsanträgen zugrunde liegenden Anlassfällen keine Rückkehrentscheidungen, Entscheidungen gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 oder Anordnungen zur Außerlandesbringung getroffen wurden, ist die angefochtene Wortfolge für die dem Bundesverwaltungsgericht obliegende Prüfung, ob es ausreichende Komplementärmechanismen in Hinblick auf Art47 Abs3 GRC gibt, maßgeblich, weil sie die Verpflichtung zur Vertretung von Asylwerbern auf Beschwerdeverfahren gegen eine Rückkehrentscheidung, den Entzug der Grundversorgung und eine Anordnung zur Außerlandesbringung einschränkt.

1.1.3. Bis zum Ablauf des 19. Juli 2015 galt §52 BFA-VG in seiner Stammfassung, BGBl I 87/2012 (vgl. die unter Pkt. II.2. dargestellte Rechtslage). Den zu G447-449/2015 sowie G576-585/2015 protokollierten Anträgen liegen Anlassfälle zugrunde, in denen den Asylwerbern Rechtsberater für das verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren vor dem 20. Juli 2015 zur Seite gestellt wurden. Im Rahmen der Ausführungen zur Zulässigkeit dieser Gesetzesprüfungsanträge stellt das Bundesverwaltungsgericht in den Raum, dass auf Grund dieses Umstandes die Wortfolge "gegen eine Rückkehrentscheidung" in §52 Abs2 BFA-VG, BGBl I 87/2012, präjudiziell sein könnte.

Dieser Ansicht ist nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes schon deshalb nicht beizutreten, weil das Bundesverwaltungsgericht gemäß §28 VwGVG bei den – noch ausstehenden – Entscheidungen über die Anträge auf unentgeltliche Beigabe von Verfahrenshelfern die jeweils aktuelle Sach- und Rechtslage anzuwenden hat (vgl. zB VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063). Die Prüfung, ob die gesetzlichen Grundlagen betreffend die Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht einen ausreichenden Komplementärmechanismus in Hinblick auf Art47 Abs3 GRC darstellen, hat daher anhand der im Entscheidungszeitpunkt geltenden Rechtslage zu erfolgen. Folgerichtig ficht das Bundesverwaltungsgericht die derzeit in Geltung stehende Wortfolge "gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung" in §52 Abs2 BFA-VG idF BGBl I 70/2015 an.

Die angefochtene Wortfolge in §52 Abs2 BFA-VG idF BGBl I 70/2015 erweist sich daher als präjudiziell.

1.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

1.2.1. Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2002). Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Gesetzesbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letztes liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

1.2.2. Im vorliegenden Fall hat das Bundesverwaltungsgericht den Anfechtungsumfang nicht zu eng gewählt: Die in den Gesetzesprüfungsanträgen geltend gemachten Bedenken beziehen sich auf die behauptete Verfassungswidrigkeit der mit der angefochtenen Wortfolge in §52 Abs2 BFA-VG erfolgenden Einschränkung der die Rechtsberater treffenden Verpflichtung zur Vertretung von Fremden vor dem Bundesverwaltungsgericht auf Verfahren betreffend eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung sowie die Einschränkung oder den Entzug von Grundversorgungsleistungen.

Da auch keine Bestimmungen ersichtlich sind, die mit der durch die angefochtene Wortfolge normierten Einschränkung in untrennbarem Zusammenhang stünden, hat das Bundesverwaltungsgericht den Anfechtungsumfang vor dem Hintergrund seiner Bedenken zutreffend eingegrenzt.

1.3. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich sämtliche Gesetzesprüfungsanträge als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Die Anträge sind begründet:

2.2.1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

2.2.2. Das Bundesverwaltungsgericht hegt in seinen Anträgen das Bedenken, dass §52 Abs2 BFA-VG auf Grund der angefochtenen Wortfolge gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt:

Die genannte Bestimmung differenziere zwischen Beschwerdeverfahren gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung einerseits und allen anderen Beschwerdeverfahren andererseits. Nur bei den erstgenannten Verfahren bestehe eine Verpflichtung der Rechtsberater, Fremde im Beschwerdeverfahren auf ihr Ersuchen hin zu vertreten. Bei den anderen Verfahren sei ein Rechtsberater dazu nicht verpflichtet; daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Rechtsberater auch in diesen Verfahren auf Ersuchen des Fremden an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen habe, weil sich diese Verpflichtung nicht auf das einer Verhandlung vorangehende oder ihr nachfolgende Verfahren erstrecke und überdies für das Bundesverwaltungsgericht keine generelle Verhandlungspflicht bestehe. Rückkehrentscheidungen, Anordnungen zur Außerlandesbringung oder Entscheidungen über die Einschränkung oder den Entzug der Grundversorgung von Asylwerbern seien ohne Zweifel gravierender als jene, in denen es – wie in den Anlassfällen – nur mehr darum gehe, welche Art von Aufenthaltsrecht einem Fremden zuerkannt werde. Dennoch fänden sich unter jenen Verfahren, in denen nach §52 Abs2 BFA-VG keine Vertretung zu leisten sei, auch solche von durchaus gravierender Bedeutung. Dies gelte vor allem für Fälle betreffend Schubhaft, die stets mit einem Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf persönliche Freiheit verbunden seien.

2.2.3. Der Verfassungsgerichtshof teilt die Bedenken des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Gleichheitswidrigkeit der angefochtenen Wortfolge in §52 Abs2 BFA-VG:

2.2.3.1. Das Rechtsinstitut der Rechtsberatung im Asylverfahren war bereits in der Stammfassung des Asylgesetzes 2005, BGBl I 100/2005, enthalten, wobei der Gesetzgeber in den §§64 ff. leg.cit. Rechtsberatung für das asylrechtliche Zulassungsverfahren normierte und in §66 leg.cit. die Einrichtung eines Flüchtlingsberaters vorsah. Mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009, BGBl I 122/2009, wurde mit Wirksamkeit ab 1. April 2010 der Begriff "Flüchtlingsberater" in §66 AsylG 2005 in "Rechtsberater" geändert; der "Rechtsberater" in §64 AsylG 2005 hieß ab diesem Zeitpunkt "Rechtsberater im Zulassungsverfahren". Die für alle Verfahren zuständigen Flüchtlings- bzw. Rechtsberater hatten den rechtsschutzsuchenden Fremden auf sein Verlangen unter anderem über das Asylrecht betreffende Fragen zu informieren, bei der Einbringung von Anträgen zu unterstützen, bei der Übersetzung von Schriftstücken und Bereitstellung von Dolmetschern behilflich zu sein sowie den Fremden auch in Verfahren vor dem Asylgerichtshof zu vertreten, soweit nicht die Zuziehung eines Rechtsanwaltes gesetzlich vorgeschrieben war.

Angesichts dieser Rechtslage stellte der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 18.809/2009 mit Blick auf das rechtsstaatliche Prinzip klar, dass es im Verfahren vor dem Asylgerichtshof keiner Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedürfe: Der Gesetzgeber habe nämlich den besonderen Bedürfnissen von Asylwerbern vor allem hinsichtlich des sprachlichen und rechtlichen Verständnisses der im Verfahren vor dem Asylgerichtshof zu berücksichtigenden (rechtlichen) Fragestellungen durch die Einrichtung der Rechtsberatung in der beschriebenen Form Rechnung getragen. Es sei daher "auch einem Asylwerber möglich, in einem Verfahren vor dem Asylgerichtshof seine Interessen und Rechte entsprechend geltend zu machen, ohne dass eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich" wäre.

In diesem Zusammenhang hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis VfSlg 18.847/2009 eine Entscheidung des Asylgerichtshofes wegen Willkür auf, weil dieser zu Unrecht einen Antrag auf "kostenlose Rechtsvertretung" im zugrunde liegenden Asylverfahren allein als Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe durch Beigabe eines Rechtsanwaltes gedeutet hatte. Wie der Verfassungsgerichtshof aussprach, war der Asylgerichtshof verpflichtet, sich mit dem darüber hinausgehenden, auch auf unionsrechtliche Vorgaben (unter Hinweis auf die Verfahrensrichtlinie in der damaligen Fassung) gestützten Begehren der Beschwerdeführerin auseinanderzusetzen, rechtliche Beratung und Vertretung (auch) durch Beistellung eines Flüchtlingsberaters gemäß §66 AsylG 2005 zu erhalten.

Mit Erkenntnis VfSlg 19.188/2010 hob der Verfassungsgerichtshof schließlich eine Entscheidung des Asylgerichtshofes wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter auf, mit welcher der Asylgerichtshof einen Antrag auf Beigebung eines Flüchtlingsberaters zurückgewiesen hatte, weil hiefür keine gesetzliche Grundlage existiert habe. Der Verfassungsgerichtshof stellte fest, dass aus §66 AsylG 2005 ein Antragsrecht an den Asylgerichtshof hervorginge. Art15 der Verfahrensrichtlinie in ihrer damaligen Fassung habe zur Folge, dass zumindest im Verfahren vor dem Asylgerichtshof eine kostenlose Rechtsberatung bzw. -vertretung bestehen müsse. Den Materialien zufolge habe der Gesetzgeber §66 AsylG 2005 gerade "zur Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben" geschaffen. Infolge richtlinienkonformer Interpretation sei der Asylgerichtshof verpflichtet, einem Asylwerber auf dessen Antrag einen Flüchtlingsberater zur Vertretung im Verfahren vor dem Asylgerichtshof beizugeben bzw. über einen solchen Antrag jedenfalls meritorisch abzusprechen. Die Entscheidung über einen derartigen Antrag habe im Wege eines verfahrensrechtlichen Bescheides zu erfolgen (vgl. auch VfSlg 19.641/2012).

Mit den am 1. Oktober 2011 in Kraft getretenen §§64 bis 68 AsylG 2005, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 38/2011, schuf der Gesetzgeber ein neues, nach den einzelnen Asylverfahrensstadien abgestuftes Regelungsregime für die Rechtsberatung. Gemäß §66 Abs1 leg.cit. war einem Asylwerber in einem Beschwerdeverfahren vor dem Asylgerichtshof gegen zurück- oder abweisende Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz, die keine Folgeanträge waren, kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite zu stellen. Das Bundesasylamt hatte den Asylwerber mittels Verfahrensanordnung zu informieren und den bestellten Rechtsberater oder die betraute juristische Person davon in Kenntnis zu setzen. Rechtsberater hatten Asylwerber beim Einbringen einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren vor dem Asylgerichtshof sowie bei der Beischaffung eines Dolmetschers zu unterstützen und zu beraten, wobei den Beratenen jedenfalls die Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde darzulegen und gegebenenfalls Rückkehrberatung zu veranlassen war. Rechtsberater waren gemäß §66a Abs2 leg.cit. unabhängig und hatten ihre Aufgaben weisungsfrei wahrzunehmen; sie hatten ihre Beratungstätigkeit objektiv und nach bestem Wissen durchzuführen und waren in Wahrnehmung ihrer Aufgaben zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet.

Das Rechtsberatungsregime wurde schließlich in dieser Ausgestaltung – erweitert um die Fälle der Verhängung von Schubhaft sowie Rückkehrentscheidungen ohne damit in Zusammenhang stehende Asylverfahren – im Wesentlichen in das am 1. Jänner 2014 in Kraft getretene BFA-Verfahrensgesetz für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht übernommen (vgl. RV 1803 BlgNR 24. GP , 33).

2.2.3.2. Gemäß §52 Abs2 BFA-VG haben Rechtsberater nunmehr Fremde oder Asylwerber beim Einbringen einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in allen Fällen des Abs1 leg.cit. – also bei einer Rückkehrentscheidung, der Erlassung einer Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005, der Anordnung zur Außerlandesbringung, der Anordnung der Schubhaft sowie bei zurück- oder abweisenden Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz – zu unterstützen und zu beraten sowie die Erfolgsaussicht der Beschwerde darzulegen. Nur in Beschwerdeverfahren gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung sowie die Einschränkung oder den Entzug von Grundversorgungsleistungen haben Rechtsberater Fremde auf deren Ersuchen "auch" zu vertreten. In Verfahren über internationalen Schutz sowie über die Anordnung von Schubhaft haben Rechtsberater auf Ersuchen des Fremden an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen.

2.2.3.3. Wie das Bundesverwaltungsgericht in seinen Anträgen zutreffend festhält, nimmt der Gesetzgeber damit im Rahmen des Aufgabenbereichs der Rechtsberater in den genannten Verfahrensarten eine Differenzierung hinsichtlich der Vertretung eines Fremden und seiner bloßen Beratung und Unterstützung vor:

In Ermangelung einer eigenen Definition des in §52 Abs2 BFA-VG verwendeten Vertretungsbegriffs ist von dem allgemeinen Begriffsverständnis der prozessualen Vertretung auszugehen. Diese besteht darin, dass ein Vertreter für die Partei bzw. in ihrem Namen mit der Wirkung handelt, als würde die Partei selbst den Verfahrensakt setzen oder entgegennehmen; der Vertreter gibt anstelle des Vertretenen und für diesen Erklärungen ab und bildet selbst einen diesbezüglichen Willen (vgl. zB VwGH 11.5.1987, 87/10/0049). Die Grenzen der gewillkürten Vertretung richten sich im Einzelfall nach der erteilten Vollmacht, im Falle der gesetzlich vorgesehenen Vertretung nach den Bestimmungen des Gesetzes. §52 Abs2 BFA-VG oder andere in diesem Zusammenhang maßgebliche Bestimmungen sehen keine Einschränkung des Umfangs der – an das entsprechende Ersuchen des Fremden gebundenen – Vertretung in Beschwerdeverfahren gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung sowie die Einschränkung oder den Entzug von Grundversorgungsleistungen vor. Die Vertretungsbefugnis eines Rechtsberaters ist in diesen Fällen also nicht beschränkt, weshalb er zur Setzung sämtlicher Akte im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht berechtigt und auch verpflichtet ist.

Dieses umfassende Tätigwerden für einen Vertretenen ist von einer bloßen Beratung und Unterstützung, die nach Maßgabe des §48 Abs2 BFA-VG "objektiv" zu erfolgen hat, zu unterscheiden. Der Gesetzgeber selbst geht diesbezüglich offenkundig von einem maßgeblichen Unterschied des Aufgabenprofils eines Rechtsberaters aus, weil er ansonsten in §52 Abs2 BFA-VG keine Differenzierung zwischen der Beratung und Unterstützung einerseits und "auch" der Vertretung andererseits vorgenommen hätte.

2.2.3.4. Der Verfassungsgerichtshof teilt die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, dass – insbesondere auch vor dem Hintergrund des Art47 Abs3 GRC – kein sachlicher Grund erkennbar ist, warum nur in den durch die angefochtene Wortfolge erfassten Fällen ein Rechtsberater zur Vertretung des Fremden auf dessen Ersuchen verpflichtet sein bzw. ein entsprechender Rechtsanspruch des Fremden bestehen soll:

2.2.3.4.1. Bei Beschwerdeverfahren gegen Rückkehrentscheidungen, Anordnungen zur Außerlandesbringung sowie Entscheidungen betreffend die Einschränkung oder den Entzug von Grundversorgungsleistungen handelt es sich zwar um Rechtsschutzverfahren gegen zweifelsohne gravierende asylrechtliche bzw. fremdenpolizeiliche Maßnahmen. So gehen Rückkehrentscheidungen gemäß §52 FPG sowie Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß §61 FPG mit der Verpflichtung des Fremden einher, das Bundesgebiet zu verlassen (vgl. §52 Abs8 und §61 Abs2 FPG); auch die Einschränkung oder der Entzug von Grundversorgungsleistungen entfaltet für die regelmäßig mittellosen und vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossenen Asylwerber beträchtliche Auswirkungen.

Ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht vermag allerdings auch der Verfassungsgerichtshof keine sachlichen Rechtfertigungsgründe dafür zu erkennen, dass Fälle der Verhängung von Schubhaft – in denen es immerhin um einen Freiheitsentzug geht – anders behandelt werden als jene Verfahren, in denen der Rechtsberater auf Ersuchen des Fremden auch zu einer Vertretung verpflichtet ist.

2.2.3.4.2. Auch aus den Materialien zu §52 BFA-VG geht nicht hervor, warum die von der angefochtenen Wortfolge erfassten Verfahrensarten differenziert behandelt werden:

Aus der Entwicklung der die Rechtsberatung im Beschwerdeverfahren regelnden Bestimmungen ist ersichtlich, dass gemäß §66 Abs2 AsylG 2005, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 38/2011, Rechtsberater Asylwerber in ihrem Beschwerdeverfahren vor dem Asylgerichtshof allgemein "unterstützen und beraten" mussten. Die Regelung, dass Rechtsberater Fremde in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen Rückkehrentscheidungen "auf deren Ersuchen auch zu vertreten" hatten, wurde mit §52 Abs2 BFA-VG in der Stammfassung, BGBl I 87/2012, geschaffen. Sie wurde mit BGBl I 70/2015 auf Verfahren betreffend Anordnungen zur Außerlandesbringung und Entscheidungen über die Einschränkung oder den Entzug von Grundversorgungsleistungen erstreckt.

Die Materialien (RV 1803 BlgNR 24. GP , 33) zum BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I 87/2012, lassen lediglich erkennen, dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Vertretungspflicht in Verfahren betreffend Rückkehrentscheidungen "der Rückführungsrichtlinie" (gemeint: Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, ABl. 2008 L 348, 98) entsprechen wollte. Warum er mit der Novelle BGBl I 70/2015 die Vertretungspflicht auf Beschwerdeverfahren betreffend Anordnungen zur Außerlandesbringung und Entscheidungen über die Einschränkung oder den Entzug von Grundversorgungsleistungen ausgedehnt hat, ist den Materialien hingegen nicht zu entnehmen; darin wird nämlich mit Verweis auf die Verfahrens- und Aufnahmerichtlinie sowie die Dublin III-Verordnung bloß die Aufnahme dieser Verfahrensarten in §52 BFA-VG erklärt (vgl. RV 582 BlgNR 25. GP , 10).

Selbst wenn der Gesetzgeber mit §52 Abs2 zweiter Satz BFA-VG die Umsetzung der genannten sekundären Unionsrechtsakte bezweckte, entbindet ihn dies nicht vom Verbot, eine unsachliche Differenzierung zu anderen Verfahrensarten vorzunehmen (zur "doppelten Bindung" des Gesetzgebers bei der Umsetzung von Unionsrecht vgl. zB VfSlg 14.863/1997). Soweit mit der Novelle BGBl I 70/2015 Rechtsberater in Verfahren über internationalen Schutz und die Anordnung von Schubhaft zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht verpflichtet wurden, ist festzuhalten, dass die bloße Verpflichtung zur Teilnahme an einer Verhandlung nicht die Befugnis und – auf entsprechendes Ersuchen – die Verpflichtung zur Vertretung einschließt (zum Begriff der Vertretung vgl. Pkt. 2.2.3.3.).

2.2.3.4.3. Eine sachliche Begründung für die durch die angefochtene Wortfolge normierte Einschränkung der die Rechtsberater treffenden Vertretungspflicht ist schließlich auch mit Blick auf vorangehende Rechtslagen zur asylrechtlichen Rechtsberatung nicht zu finden: So waren Rechtsberater (davor "Flüchtlingsberater") gemäß §66 Abs2 Z3 AsylG 2005, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 122/2009, "in Verfahren nach diesem Bundesgesetz oder – soweit es sich um Asylwerber handelt – nach dem FPG", sohin in allen asylrechtlichen Verfahrenskonstellationen, zur Vertretung von Asylwerbern auf deren Verlangen verpflichtet. Eine Einschränkung bloß auf Verfahren betreffend die Erlassung einer asylrechtlichen Ausweisung gab es damals nicht; aus welchem sachlichen Grund es zur Einschränkung auf die angeführten Verfahrensarten kam, ist – wie ausgeführt – für den Verfassungsgerichtshof nicht ersichtlich.

2.2.4. Die Bedenken des Bundesverwaltungsgerichts gegen die Sachlichkeit der angefochtenen Wortfolge in §52 Abs2 zweiter Satz BFA-VG treffen daher zu. Die Wortfolge ist dementsprechend wegen Verstoßes gegen das Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander als verfassungswidrig aufzuheben.

2.3. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob die angefochtene Wortfolge in §52 Abs2 zweiter Satz BFA-VG auch gegen Art47 Abs3 GRC verstößt.

V. Ergebnis

1. Die Wortfolge "gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG-B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung" in §52 Abs2 BFA-VG, BGBl I 87/2012 idF BGBl I 70/2015, ist wegen Verstoßes gegen das Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art140 Abs5 dritter und vierter Satz B‑VG.

3. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B‑VG.

4. Die Verpflichtung des Bundeskanzlerszur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B‑VG und §64 Abs2 VfGG iVm §3 Z3 BGBlG.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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