VfGH E1845/2015

VfGHE1845/20159.3.2016

Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes infolge Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung

Normen

BFA-VG §52 Abs2
BFA-VG §52 Abs2

 

Spruch:

I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesministerin für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte am 10. November 2014 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Hinsichtlich seines Reisewegs brachte er in diesem Zusammenhang vor, im Juli 2012 von Libyen nach Italien gereist zu sein und dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt zu haben. Nach einem Monat sei er in die Schweiz gereist, habe dort neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und sei nach dessen negativer Erledigung nach Italien rücküberstellt worden. Sein Antrag auf internationalen Schutz sei auch in Italien abgewiesen worden, worauf er mehrere Monate in Rom auf der Straße gelebt habe. Am 9. November 2014 sei er selbständig mit dem Zug von Rom nach Wien gefahren.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 20. Jänner 2015 wegen der Zuständigkeit Italiens zur Prüfung seines Asylantrags gemäß §5 Abs1 AsylG 2005, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 87/2012, zurück und erließ ihm gegenüber eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß §61 FPG, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 87/2012. Der Beschwerdeführer hielt sich zu diesem Zeitpunkt an einem den Behörden unbekannten Ort auf.

3. Am 13. August 2015 rief der Beschwerdeführer wegen Streitigkeiten mit der Vermieterin seiner Wohnung die Polizei. Einen Tag später wurde er auf Grund einer Anordnung zur Vorführung vor das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl festgenommen. Dieses verhängte mit Bescheid vom 14. August 2015 über den Beschwerdeführer gemäß Art28 Abs1 und 2 Dublin III-VO iVm §76 Abs2 Z2 FPG und §57 Abs1 AVG die Schubhaft "zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung zur Sicherung der Abschiebung".

Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die "ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe […] als Rechtsberater amtswegig zur Seite".

4. Die gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 14. August 2015 erhobene Beschwerde, in dem der Beschwerdeführer unter anderem einen "Antrag auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers" stellte, wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 28. August 2015 "gemäß Art28 Dublin III-VO iVm §76 Abs2 Z2 FPG iVm §22a Abs1 BFA‑VG" ab (Spruchpunkt I), stellte fest, dass "gemäß §22a Abs3 BFA‑VG iVm Art28 Dublin III-VO und §76 Abs2 Z2 FPG" zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen (Spruchpunkt II), wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz ab (Spruchpunkt III), verpflichtete ihn zum Aufwandersatz gegenüber dem Bund in der Höhe von € 426,20 (Spruchpunkt IV) sowie zum Ersatz der Barauslagen für den Dolmetscher in der mündlichen Verhandlung (Spruchpunkt V) und wies den Antrag auf Befreiung von der Eingabengebühr (Spruchpunkt VI) sowie den Antrag auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers als unzulässig zurück (Spruchpunkt VII). Diese Entscheidung begründete das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen folgendermaßen:

4.1. Die Frist für eine Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien sei infolge seines Untertauchens gemäß Art29 Abs2 Dublin III-VO auf 18 Monate verlängert worden und daher noch nicht abgelaufen.

4.2. Im Falle des Beschwerdeführers habe Fluchtgefahr gemäß §76 Abs3 Z1 FPG, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 70/2015 (im Folgenden: FPG), bestanden, weil er am Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht mitgewirkt habe. Er sei der Ladung im Asylverfahren nicht nachgekommen, sei nach vier Tagen aus der Grundversorgung unabgemeldet "verschwunden", habe seinen Wohnsitz verschleiert und stattdessen eine unzutreffende Obdachlosenmeldung gemacht. Dieses Verhalten sei geeignet, die Abschiebung zu behindern. Weiters liege eine Fluchtgefahr im Sinne des §76 Abs3 Z8 FPG vor, weil der Beschwerdeführer seinen Meldeverpflichtungen nicht nachgekommen sei, sowie nach §76 Abs3 Z9 FPG, weil er über keine Bindungen in Österreich verfüge, auf Grund derer anzunehmen sei, dass er sich bis zur Überstellung dem Zugriff der Behörden nicht entziehen werde.

Soweit sich der Beschwerdeführer gegen §76 Abs3 FPG wende, weil Art2 litn Dublin III-VO die Umsetzung durch eine abschließende Aufzählung erfordere und es sich bei §76 Abs3 FPG um eine demonstrative Aufzählung handle, seien diese Bedenken nicht präjudiziell, weil sich die Behörde ohnedies nur auf "namentlich aufgezählte" Tatbestände gestützt habe.

Auf Grund der erheblichen Fluchtgefahr des Beschwerdeführers seien die Verhängung der Schubhaft und deren Dauer verhältnismäßig.

4.3. Auch die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen lägen vor. Der Beschwerdeführer sei nach wie vor haftfähig, weiterhin sei erhebliche Fluchtgefahr gegeben, gelindere Mittel reichten zur Verfahrenssicherung nicht hin und ein Abschiebungstermin sei mit 27. August 2015 bereits fixiert.

4.4. Eine Rechtsgrundlage für eine Befreiung von der Eingabengebühr bestehe nicht; die Eingabengebühr in Höhe von € 30,– sei auch nicht prohibitiv hoch.

4.5. Auch die Beigabe eines Verfahrenshelfers komme mangels gesetzlicher Grundlage nicht in Betracht. §40 VwGVG, BGBl I 33/2013 (im Folgenden: VwGVG), sei durch die Aufhebung mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 2015, G7/2015, und die darin erfolgte Fristsetzung bis zum 31. Dezember 2016 immunisiert. Selbst bei Anwendbarkeit des §40 VwGVG wäre dem Antrag nicht zu entsprechen, weil die Bestellung eines Verteidigers nicht erforderlich sei, wenn der Antrag bereits von einem Bevollmächtigten gestellt werde (möge dieser auch kein berufsmäßiger Parteienvertreter sein). "Auch aus den vom Beschwerdeführer zitierten unionsrechtlichen Normen [sei] kein Anspruch auf Bestellung eines Verfahrenshelfers nach §40 VwGVG zusätzlich zum Rechtsberater ableitbar"; um ein den Grundrechten entsprechendes Verfahren zu gewährleisten, würden die Interessen des Beschwerdeführers durch den von Amts wegen bestellten Rechtsberater ausreichend wahrgenommen.

5. In der gegen diese Entscheidung gemäß Art144 B‑VG erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander, auf Freiheit und Sicherheit gemäß Art5 EMRK und dem Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie auf ein faires Verfahren gemäß Art47 GRC mit folgender Begründung geltend:

5.1. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer Anträge auf internationalen Schutz in drei europäischen Staaten gestellt habe, spreche nicht automatisch für ein Vorliegen eines Sicherungsbedarfs im Rahmen einer Schubhaft. Gemäß Art28 Abs1 Dublin III-VO sollten Asylwerber gerade nicht schon allein auf Grund der Anwendbarkeit der Dublin III-VO in Schubhaft genommen werden. Daher spreche auch §76 Abs3 Z6 lita FPG nicht für das Vorliegen von Fluchtgefahr im vorliegenden Fall. Überdies sei im gesamten Verfahren nicht festgestellt worden, dass für die Überstellung des Beschwerdeführers von der Schweiz nach Italien Zwangsmittel erforderlich gewesen wären.

5.2. Auch der Tatbestand des §76 Abs3 Z1 FPG sei im vorliegenden Fall nicht gegeben, zumal der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht habe, dass er freiwillig nach Italien zurückkehren wolle und zudem sein gesamtes Barvermögen "als Sicherstellung" angeboten habe. Nicht einmal eine fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein vermöge nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Schubhaftverhängung zu rechtfertigen. Überdies sei dem Beschwerdeführer eine Mitwirkung am Asylverfahren schon deshalb nicht möglich gewesen, weil ihm der Zutritt in die Erstaufnahmestelle Ost in Traiskirchen verwehrt gewesen sei.

5.3. Eine Fluchtgefahr liege im Falle des Beschwerdeführers auch nicht nach §76 Abs3 Z9 FPG vor, weil es sich "nicht um Tatsachen [handle], die als Kriterien für das Vorliegen einer Fluchtgefahr sprechen, sondern eher um Tatsachen, bei deren Vorliegen eine Fluchtgefahr jedenfalls nicht anzunehmen ist", wie die in der genannten Bestimmung umschriebenen Voraussetzungen wohl bei einem Großteil aller Fremden zuträfen und bestimmt nicht alle in Schubhaft genommen werden sollten. Soweit das Bundesverwaltungsgericht bei Anwendung dieses Tatbestands Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes heranziehe, sei diese zu einer veralteten und im vorliegenden Fall nicht einschlägigen Rechtslage ergangen. Es stelle sich die Frage, "ob die in §76 Abs3 Z9 FPG beschriebenen Umstände überhaupt Art2 litn iVm Art28 der Dublin III-Verordnung entsprechen"; in diesem Zusammenhang regt der Beschwerdeführer die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens an.

5.4. Das Bundesverwaltungsgericht habe eine nach Art28 Abs2 Dublin III-VO vorgesehene Verhältnismäßigkeitsprüfung unterlassen. Dabei hätte es berücksichtigen müssen, dass ihm in Österreich Leute noch Geld schulden würden und er sich deshalb von sich aus im "guten Glauben" an die Polizei gewandt habe.

5.5. Darüber hinaus seien im vorliegenden Fall jedenfalls die Voraussetzungen für die Anwendung gelinderer Mittel nach dem Fremdenpolizeigesetz gegeben gewesen.

5.6. Betreffend die Zurückweisung des Antrags auf unentgeltliche Beigebung eines Rechtsberaters bringt der Beschwerdeführer vor, dass in den Erwägungsgründen der Dublin III-VO auf Art47 GRC verwiesen werde. Art47 Abs3 GRC normiere ausdrücklich, dass Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügten, eine Prozesskostenhilfe bewilligt werde, soweit diese Hilfe erforderlich sei, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes sei in Durchführung von Unionsrecht ergangen, weshalb sich "ein unmittelbarer Anwendungsbereich der GRC" ergebe. In Anbetracht des Anwendungsvorrangs von Unionsrecht auch gegenüber innerstaatlichen Verfassungsbestimmungen sei die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 2015, G7/2015, getroffene Immunisierung des §40 VwGVG irrelevant. Das Bundesverwaltungsgericht habe daher zu Unrecht eine Sachentscheidung über den Antrag auf unentgeltliche Beigebung eines Rechtsberaters verweigert.

6. Das Bundesverwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der es den Beschwerdebehauptungen Folgendes entgegenhält:

"Zu 1.1.: Bezüglich des Vorhalts, dass nicht ermittelt worden sei, ob für die Überstellung des Beschwerdeführers von der Schweiz nach Italien ein Zwangsmittel notwendig gewesen sei, ist auf das Vorbringen des Beschwerdeführers zu verweisen, wonach er abgeschoben wurde. Entgegen dem Beschwerdevorbringen wurde die Tatsache, dass der Beschwerdeführer im Zuge der Auseinandersetzungen am 13.08.2015, die zur Verhängung eines Waffenverbots und eines Betretungsverbots gegen ihn führten, selbst die Polizei rief, sehr wohl in der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorlag, berücksichtigt (zB S 27 des angefochtenen Erkenntnisses), aber es stand für das Gericht außer Zweifel, dass das Interesse des Beschwerdeführers an der Eintreibung von Geldmitteln in beträchtlicher Höhe das Risiko festgenommen zu werden, aus der Sicht des Beschwerdeführers überwog und daraus nicht geschlossen werden konnte, der Beschwerdeführer gehe davon aus, sich rechtmäßig in Wien aufzuhalten; es handelt sich hiebei nicht um einen Zynismus des Gerichts (1.4.), sondern um den persönlichen Eindruck, den der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vermittelte.

Zu 1.2.: In der Beweiswürdigung des angefochtenen Erkenntnisses wurde nicht nur dargelegt, warum das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe nur in Rechtsunkenntnis und auf Grund falscher Informationen gehandelt, unglaubwürdig ist (S 25), sondern (am Ende des zitierten Absatzes) mit näherer Begründung auch festgestellt, dass die Bestimmungen betreffend die Gebietsbeschränkung und die Meldepflichten durch den Beschwerdeführer vorsätzlich missachtet wurden (S 26). Die Begründung, warum das Gericht das Vorbringen, er werde freiwillig nach Italien zurückkehren, für unglaubwürdig erachtete sowie die Begründung, warum das Gericht davon ausging, der Beschwerdeführer habe unzutreffende Angaben zu seinen Asylverfahren in Italien gemacht, findet sich auf S 28 f. Warum das Gericht zur Ansicht gelangte, dass der Beschwerdeführer sehr wohl über alle Informationsblätter betreffend Meldepflichten und Gebietsbeschränkung erhielt, findet sich auf S 25 f. des angefochtenen Erkenntnisses. Dass dem Beschwerdeführer im gesamten Zulassungsverfahren ein Rechtsberater zur Verfügung stand, steht v.a. auch in Zusammenhang mit dem Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer sei durch ein Organisationsverschulden des Staates an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert worden: Der Beschwerdeführer wurde ausdrücklich aufgefordert, sich mit seinem Rechtsberater in Verbindung zu setzten, um die Wiederaufnahme in die Grundversorgung zu beantragen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen wurde dem Beschwerdeführer die Verfahrensanordnung gemäß §29 Abs3 AsylG 2005 (weshalb die 20-Tagesfrist gemäß §28 Abs2 AsylG 2005 nicht galt) vom 12.11.2014 am selben Tag durch persönliche Übernahme zugestellt.

Zu 1.3.: Zur Begründung, warum das Gericht davon ausging, dass der Beschwerdeführer nicht nur zutreffende Angaben zu seinen Asylverfahren machte, s. S 28 f. der angefochtenen Entscheidung. Zur Begründung, warum §76 Abs3 Z9 FPG – jedenfalls bei Vorliegen von Fluchtgefahr auch nach Z1 leg. cit. bei Fremden nach abgeschlossenen Asyslverfahren, die keine Grundversorgung beziehen – auch in die Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt, miteinbezogen werden kann, s. S 38 des angefochtenen Erkenntnisses. Dass Mittellosigkeit und fehlende soziale Integration in Bezug auf (noch nicht lange aufhältige) Asylwerber, die Anspruch auf Grundversorgung haben, allein noch keine tragfähigen Gründe für die Annahme von Fluchtgefahr sind, ist hingegen unbestritten (so auch RV 582 BIgNR 25. GP 23 unter Hinweis auf VwGH vom 28. Mai 2008, 2007/21/0233). Auch bei Fällen mit Dublin-Bezug wird, so auch die RV 582 BIgNR 25. GP 23, berücksichtigt, dass die Schubhaftverhängung keine Standardmaßnahme gegen Asylwerber sein darf (VwGH vom 28. Februar 2008, 2007/21/0391). Z6 fußt insbesondere auf der zur bisherigen Rechtslage ergangene Judikatur des VwGH, wonach für die Schubhaftverhängung 'besondere Gesichtspunkte vorliegen [müssen], die erkennen ließen, es handle sich um eine von den typischen 'Dublin-Fällen' abweichende Konstellation, in der mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auf Grund konkreter Anhaltspunkte auf eine drohende Verfahrensvereitelung durch den Fremden geschlossen werden könne' (VwGH 2014/21/0075 sowie 2013/21/0170 mwN). Dies ist beim Beschwerdeführer, der in drei Staaten Asylverfahren führte und sich dem Verfahren in Österreich entzog, der Fall.

Zu 1.4.: Das Bundesverwaltungsgericht hat das Interesse des Beschwerdeführers, dass nicht in seine persönliche Freiheit eingegriffen wird, und das Interesse des Staates an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung abgewogen. Dass die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheitsleistung nach Ansicht des Gerichts nicht hinreichte, ergibt sich in erster Linie aus dem Verhalten des Beschwerdeführers (S 40), u.a. weil der Beschwerdeführer auch die Grundversorgung ausschlug und stattdessen seinen Lebensunterhalt seinen Angaben zufolge durch Schwarzarbeit bestritt. Zudem stehen die sicherstellbaren Geldmittel (§77 FPG iVm §13 FPG-DV iVm §293 ASVG) zur Höhe der Geldmittel, die der Beschwerdeführer zu betreiben beabsichtigt, in einem Verhältnis, das die Geeignetheit dieses gelinderen Mittels zur Verhaltenssteuerung ausschließt. Zu dem in der Beschwerde relevierten Interesse des Beschwerdeführers, 10.000€ von seinen Vermietern einzutreiben, weshalb die Schubhaft aufzuheben sei, ist überdies auf die in diesem Zusammenhang erlassene Wegweisung des Beschwerdeführers und das diesbezügliche Betretungsverbot hinzuweisen. Die Beschreitung des Rechtsweges war dem Beschwerdeführer auch aus der Schubhaft möglich.

Zu 1.5.: Wenn die Beschwerde versucht, die Verletzung der periodischen Meldeverpflichtung dadurch zu entkräften, dass er nichts von dem sein Asylverfahren beendenden Bescheid gewusst habe, ist ihr zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer vor der Bescheidzustellung ebenfalls der periodischen Meldepflicht (§15 Abs2 AsylG 2005) unterlag und dieser ebenso nicht nachkam. Die Begründung, warum mit gelinderen Mitteln das Auslangen nicht gefunden werden konnte, findet sich auf S 40 des angefochtenen Erkenntnisses. Zur Berücksichtigung der Schwarzarbeit bei der Verhängung der Schubhaft s. VwGH 27.04.2000, 2000/02/0088).

3. Der Beschwerdeführer beantragte die Beigebung eines Verfahrenshelfers gemäß §40 VwGVG iVm dem unionsrechtlichen Äquivalenzgrundsatz und Art47 GRC. Die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers gemäß §40 VwGVG zur Vertretung von Interessen im Beschwerdeverfahren betreffend einen Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft kam mangels gesetzlicher Grundlage nicht in Betracht (s. VfGH 17.09.2015, E1343-1345/2015).

Selbst bei Anwendbarkeit des §40 VwGVG auf das vorliegende Schubhaftverfahren wäre dem Antrag nicht zu entsprechen gewesen: Gemäß §40 Abs1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist. Aus §40 Abs5 VwGVG, wonach die Bestellung eines Verteidigers mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten erlischt, ergibt sich jedoch, dass die Bestellung eines Verteidigers jedenfalls dann nicht erforderlich sein kann, wenn dieser Antrag bereits von einem Bevollmächtigten des Beschuldigten gestellt wird. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Bevollmächtigte kein berufsmäßiger Parteienvertreter ist (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, VwGVG §40 K 7).

Der Verwaltungsgerichtshof sprach im Erkenntnis vom 03.09.2015, Ro 2015/21/0032, aus, dass in Anbetracht des dem Unionsrecht zukommenden Vorrangs die verfassungsrechtliche Immunisierung des §40 VwGVG vor dem Hintergrund des Art47 Abs3 GRC irrelevant sei. Im Übrigen sei aber ohnehin davon auszugehen, dass ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe bzw. Verfahrenshilfe gegebenenfalls, wenn keine geeignete innerstaatliche Anspruchsgrundlage existiere, direkt auf Basis von Art47 Abs3 GRC zu gewähren sei. In diesem Erkenntnis verneinte der Verwaltungsgerichtshof die Frage, ob §52 Abs1 BFA‑VG idF vor dem FRÄG 2015 einen ausreichenden Komplementärmechanismus darstellte, der die unentgeltliche Beigebung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenshilfe entbehrlich machte, weil eine Vertretung des Fremden in einem Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dieser Rechtslage nur gesichert war, wenn eine Rückkehrentscheidung Beschwerdegegenstand war, nicht aber im Falle der Schubhaft. Dies decke sich mit Art9 Abs6 und 7 RL 2013/33/EU , wonach es der Beigabe eines Rechtsanwaltes nicht bedürfe, es aber vorzusehen sei, dass der Antragsteller unentgelichte Rechtsberatung und -vertretung in Anspruch nehmen könne, und zwar dergestalt, dass zumindest die Vorbereitung der erforderlichen Verfahrensdokumente und die Teilnahme an der Verhandlung im Namen des Antragstellers vor den Justizbehörden zu erfolgen habe. Diese Garantien entsprächen nach aktueller Sichtweise typischerweise dem, was einem Schubhäftling zur Sicherstellung eines effektiven Rechtsschutzes im Sinne der hier fraglichen Chartabestimmung anzugedeihen lassen sei. Dem entspreche §52 Abs2 BFA‑VG idF vor dem FRÄG 2015 nicht, weil eine Vertretung des Fremden in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Schubhaftsachen nicht zum Aufgabenkreis eines Rechtsberaters zähle.

Mit dem FRÄG 2015 wurde (in Umsetzung des Art9 RL 2013/33/EU [RV 582 BIgNR 10]) in §52 Abs2 BFA‑VG folgender Satz eingefügt: 'In Verfahren über internationalen Schutz sowie über die Anordnung von Schubhaft haben Rechtsberater auf Ersuchen des Fremden an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen.' Hiezu führen die Materialien aus: 'Die Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht wird um die Möglichkeit der Vertretung in einem Beschwerdeverfahren gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung bzw. gegen eine Entziehung oder Beschränkung der Grundversorgung und um die Verhandlungsteilnahme in einem Beschwerdeverfahren wegen eines Antrages auf internationalen Schutz und über die Anordnung von Schubhaft erweitert. [...] Art9 Neufassung der Aufnahmerichtlinie umfasst außerdem, dass der Rechtsberater auf Ersuchen auch bei der mündlichen Verhandlung betreffend die Schubhaft teilzunehmen hat. Ein Einschreiten des Rechtsberaters setzt jeweils das Einverständnis des Fremden voraus.' Wenn auch §52 Abs2 BFA‑VG nur von 'Teilnahme' an der mündlichen Verhandlung spricht, kann diese Bestimmung vor dem Hintergrund der Materialien in richtlinienkonformer Interpretation (VfSlg 14.889/1997) nur so verstanden werden, dass damit die von Art9 Abs6 RL 2013/33/EU geforderte 'Teilnahme' an der mündlichen Verhandlung 'im Namen des Antragstellers' angeordnet ist. Die von der Richtlinie ebenfalls geforderte Vorbereitung der erforderlichen Verfahrensdokumente ist von der Unterstützung des Beschwerdeführers bei der Beschwerdeeinbringung und im Beschwerdeverfahren im Sinne des ersten Satzes umfasst. Auf Grund der Umsetzung des Art9 Abs6 RL 2013/33/EU liegt nunmehr ein wirksamer Komplementärmechanismus iSd Erkenntnisses VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0032, vor.

Es bestehen auch keine Bedenken gegen §52 Abs2 BFA‑VG im Hinblick auf Art1 BVGRassDiskr wegen der Verwendung der Begriffe 'Vertretung' durch den Rechtsberater in den Fällen des zweiten Satzes einerseits und die 'Teilnahme' an der mündlichen Verhandlung in den Fällen des vierten Satzes andererseits: Art9 Abs6 RL 2013/33/EU verlangt im Hinblick auf Schubhaftverfahren die Sicherstellung dafür, dass 'der Antragsteller unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung in Anspruch nehmen kann. Die Rechtsberatung und -vertretung umfasst zumindest die Vorbereitung der erforderlichen Verfahrensdokumente und die Teilnahme an der Verhandlung im Namen des Antragstellers vor den Justizbehörden.' Ebenso verlangt Art20 Abs1 RL 2013/32/EU betreffend Verfahren über Anträge auf internationalen Schutz die Sicherstellung dafür, dass 'unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung gewährt wird. Diese umfasst zumindest die Vorbereitung der erforderlichen Verfahrensdokumente und die Teilnahme an der Verhandlung vor einem erstinstanzlichen Gericht im Namen des Antragstellers.' Art26 Abs2 RL 2013/33/EU verlangt im Hinblick auf Verfahren betreffend die Grundversorgung hingegen, dass 'unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung in Anspruch genommen werden kann, soweit dies zur Gewährleistung eines wirksamen Rechtsschutzes erforderlich ist. Dies umfasst zumindest die Vorbereitung der erforderlichen Verfahrensdokumente und die Vertretung vor den Justizbehörden im Namen des Antragstellers.' Der im Zeitpunkt der Erlassung des §52 BFA‑VG idF BGBl I 87/2012 in Geltung gestanden habende Art13 Abs4 RL 2008/115/EG verlangte 'rechtliche Beratung, rechtliche Vertretung und — wenn nötig — Sprachbeistand' im Hinblick auf Rückkehrentscheidungen und verwies auf Art15 Abs3-6 RL 2005/85/EG ; die RL 2005/85/EG wurde durch Art53 RL 2013/32/EU aufgehoben, laut Anhang III RL 2013/32/EU entspricht Art15 Abs1 RL 2005/85/EG Art20 Abs1 RL 2013/32/EU . Die Verwendung der Begriffe 'Teilnahme' einerseits und 'Vertretung' andererseits resultiert folglich aus der unterschiedlichen Textierung der durch §52 Abs2 BFA‑VG umgesetzten Richtlinien.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Unionsrechtssetzer den Begriffen 'Teilnahme' einerseits und 'Vertretung' andererseits einen anderen Bedeutungsgehalt zugemessen hätte: So verlangt der in der deutschen Sprachfassung die Teilnahme des Rechtsberaters an der Verhandlung im Namen des Antragstellers erfordernde Art9 Abs6 RL 2013/33/EU 'que les États membres veillent à ce que les demandeurs aient accès à l'assistance juridique et à la représentation gratuites. Ceci comprend, au moins, la préparation des actes de procédure requis et la participation à l'audience devant les autorités judicaires au nom du demandeur' ebenso wie Art26 Abs2 derselben Richtlinie, der betreffend die Grundversorgung in der deutschen Sprachfassung die 'Vertretung' durch den Rechtsberater verlangt ('Les États membres veillent à ce que l'assistance juridique et la représentation gratuites soient accordées à la demande, dans la mesure où cette aide est nécessaire pour garantir un accès effectif à la justice. Cette aide comprend au moins la préparation des actes de procédure requis et la participation à l'audience devant les autorités judicaires au nom du demandeur'). Gleiches gilt für den in der deutschen Fassung wiederum die Teilnahme an der Verhandlung im Namen des Antragstellers erfordernden Art20 Abs1 RL 2013/32/EU , der ebenso verlangt, dass 'Les États membres veillent à ce que l'assistance juridique et la représentation gratuites soient accordées sur demande dans le cadre des procédures de rcours visées au capritre V. Ceci comprend au moins la préparation des actes de procédure requis et la participation à l'audience devant une juridiction de première instance au nom du demendeur.' Im Gegensatz zur deutschen Sprachfassung unterscheidet die französische somit nicht zwischen 'Teilnahme' und 'Verhandlung', sondern bezeichnet beides als 'participation à l'audience'. Gleiches gilt für die englische Sprachfassung, die ebenfalls gleichlautend verlangt, dass 'Member States shall ensure that applicants have access to free legal assistance and representation. This shall include, at least, the preparation of the required procedural documents and participation in the hearing before the judicial authorities on behalf of the applicant' (Art9 Abs6 RL 2013/33/EU ), 'Member States shall ensure that free legal assistance and representation is made available in request in so far as such aid is necessary to ensure effective access to justice. This shall include, at least, the preparation of the required procedural documents and participation in the hearing before the judicial authorities on behalf of the applicant' (Art26 Abs2 RL 2013/33/EU ) und 'Member States shall ensure that free legal assistance and representation is granted in request in the appeals procedures provided by Chaper V. lt shall include, at least, the preparation of the required procedural documents and participation in the hearing before the judicial authorities on behalf of the applicant' (Art20 Abs1 RL 2013/33/EU ). Auf Grund der Materialien, die nur ausführen, dass durch §52 Abs2 BFA‑VG die betreffenden Richtlinienbestimmungen umgesetzt werden sollen, kann ebenfalls nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber mit diesen Begriffen jeweils einen anderen Gewährleistungsumfang vorsehen wollte. Eine derartige Interpretation würde vielmehr dem Gesetz einen im Hinblick auf Art1 BVGRassDiskr verfassungswidrigen Inhalt unterstellen.

Im Sinne des Urteils des EGMR, 09.10.1979, Fall Airey, lag somit im Falle des Beschwerdeführers, dem ein Rechtsberater beigegeben war, der für ihn die Beschwerde einbrachte, der an der mündlichen Verhandlung im Namen des Beschwerdeführers teilnahm, und dem er zudem Vertretungsvollmacht erteilte, kein Fall vor, indem mangels der unentgeltlicher Beigebung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenshilfe die Einlegung eines wirksamen Rechtsbehelfs nicht gewährleistet war. Daher lagen auch die Voraussetzungen für die unentgeltliche Beigebung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenshilfe nach Unionsrecht nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht beantragt daher, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

II. Rechtslage

1. §76 FPG, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 70/2015, lautet:

"8. Abschnitt

Schubhaft und gelinderes Mittel

Schubhaft

§76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art28 Abs1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs2 Z1 oder im Sinne des Art2 litn Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§2 Abs1 Z23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund §34 Abs3 Z1 bis 3 BFA‑VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§56 oder 71 FPG, §13 Abs2 BFA‑VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß §57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß §57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. §11 Abs8 und §12 Abs1 BFA‑VG gelten sinngemäß."

2. §52 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA‑Verfahrensgesetz), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 70/2015 (im Folgenden: BFA‑VG), lautet:

"Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht

§52. (1) Das Bundesamt hat den Fremden oder Asylwerber bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung, Erlassung einer Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG‑B 2005, der Anordnung zur Außerlandesbringung, der Anordnung der Schubhaft sowie bei zurück- oder abweisenden Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz mittels Verfahrensanordnung darüber zu informieren, dass ihm kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt wird. Zugleich hat das Bundesamt den bestellten Rechtsberater oder die betraute juristische Person davon in Kenntnis zu setzen.

(2) Rechtsberater unterstützen und beraten Fremde oder Asylwerber beim Einbringen einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren gemäß Abs1 vor dem Bundesverwaltungsgericht, sowie bei der Beischaffung eines Dolmetschers. Rechtsberater haben Fremde in einem Beschwerdeverfahren gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG‑B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung auf deren Ersuchen auch zu vertreten. Rechtsberater haben den Beratenen jedenfalls die Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde darzulegen. In Verfahren über internationalen Schutz sowie über die Anordnung von Schubhaft haben Rechtsberater auf Ersuchen des Fremden an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen.

(3) Der Bundeskanzler verordnet die Höhe der Entschädigung der Rechtsberater für den Zeit- und Arbeitsaufwand. Ist eine juristische Person mit der Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht betraut, verordnet der Bundeskanzler die Höhe der Entschädigung für den Zeit- und Arbeitsaufwand für die Rechtsberatung einschließlich der Dolmetschkosten in Form von Pauschalbeträgen pro beratenem Fremden oder Asylwerber. Die Entschädigung hat sich am zuvor eingeholten Angebot der betrauten juristischen Person zu orientieren."

3. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, ABl. 2013 L 180, 31 (Dublin III-VO), lauten:

"Artikel 2

Definitionen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

a) – m) […]

n) 'Fluchtgefahr' das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.

[…]

ABSCHNITT V

Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung

Artikel 28

Haft

(1) Die Mitgliedstaaten nehmen eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie dem durch diese Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt.

(2) Zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren, dürfen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dieser Verordnung, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen und nur im Falle dass Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.

(3) Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird.

Wird eine Person nach diesem Artikel in Haft genommen, so darf die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Verfahren gemäß dieser Verordnung durchführt, ersucht in derartigen Fällen um eine dringende Antwort. Diese Antwort erfolgt spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs. Wird innerhalb der Frist von zwei Wochen keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.

Befindet sich eine Person nach diesem Artikel in Haft, so erfolgt die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat, sobald diese praktisch durchführbar ist und spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der stillschweigenden oder ausdrücklichen Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person durch einen anderen Mitgliedstaat oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung gemäß Artikel 27 Absatz 3 keine aufschiebende Wirkung mehr hat.

Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen im Sinne des Unterabsatz 3 statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten. Die Artikel 21, 23, 24 und 29 gelten weiterhin entsprechend.

(4) Hinsichtlich der Haftbedingungen und der Garantien für in Haft befindliche Personen gelten zwecks Absicherung der Verfahren für die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat, die Artikel 9, 10 und 11 der Richtlinie 2013/33/EU .

ABSCHNITT VI

Überstellung

Artikel 29

Modalitäten und Fristen

(1) Die Überstellung des Antragstellers oder einer anderen Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme — oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat.

Wenn Überstellungen in den zuständigen Mitgliedstaat in Form einer kontrollierten Ausreise oder in Begleitung erfolgen, stellt der Mitgliedstaat sicher, dass sie in humaner Weise und unter uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte und der Menschenwürde durchgeführt werden.

Erforderlichenfalls stellt der ersuchende Mitgliedstaat dem Antragsteller ein Laissez-passer aus. Die Kommission gestaltet im Wege von Durchführungsrechtsakten das Muster des Laissez-passer. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Der zuständige Mitgliedstaat teilt dem ersuchenden Mitgliedstaat gegebenenfalls mit, dass die betreffende Person eingetroffen ist oder dass sie nicht innerhalb der vorgegebenen Frist erschienen ist.

(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.

(3) Wurde eine Person irrtümlich überstellt oder wird einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung oder der Überprüfung einer Überstellungentscheidung nach Vollzug der Überstellung stattgegeben, nimmt der Mitgliedstaat, der die Überstellung durchgeführt hat, die Person unverzüglich wieder auf.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten, insbesondere für den Fall, dass Überstellungen verschoben werden oder nicht fristgerecht erfolgen, für Überstellungen nach stillschweigender Annahme, für Überstellungen Minderjähriger oder abhängiger Personen und für kontrollierte Überstellungen fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

[…]"

4. Die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, ABl. 2008 L 348, 98, enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

"Artikel 2

Anwendungsbereich

(1) Diese Richtlinie findet Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige.

(2) Die Mitgliedstaaten können beschließen, diese Richtlinie nicht auf Drittstaatsangehörige anzuwenden:

a) die einem Einreiseverbot nach Artikel 13 des Schengener Grenzkodex unterliegen oder die von den zuständigen Behörden in Verbindung mit dem illegalen Überschreiten der Außengrenze eines Mitgliedstaats auf dem Land-, See- oder Luftwege aufgegriffen bzw. abgefangen werden und die nicht anschließend die Genehmigung oder das Recht erhalten haben, sich in diesem Mitgliedstaat aufzuhalten;

b) die nach einzelstaatlichem Recht aufgrund einer strafrechtlichen Sanktion oder infolge einer strafrechtlichen Sanktion rückkehrpflichtig sind oder gegen die ein Auslieferungsverfahren anhängig ist.

(3) Diese Richtlinie findet keine Anwendung auf Personen, die das Gemeinschaftsrecht auf freien Personenverkehr nach Artikel 2 Absatz 5 des Schengener Grenzkodex genießen.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnen die Ausdrücke

1. 'Drittstaatsangehörige': alle Personen, die nicht Unionsbürger im Sinne von Artikel 17 Absatz 1 EG-Vertrag sind und die nicht das Gemeinschaftsrecht auf freien Personenverkehr nach Artikel 2 Absatz 5 des Schengener Grenzkodex genießen;

2. 'illegaler Aufenthalt': die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats;

3. 'Rückkehr': die Rückreise von Drittstaatsangehörigen – in freiwilliger Erfüllung einer Rückkehrverpflichtung oder erzwungener Rückführung – in

– deren Herkunftsland oder

– ein Transitland gemäß gemeinschaftlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder

– ein anderes Drittland, in das der betreffende Drittstaatsangehörige freiwillig zurückkehren will und in dem er aufgenommen wird;

4. 'Rückkehrentscheidung': die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird;

5. 'Abschiebung': die Vollstreckung der Rückkehrverpflichtung, d.h. die tatsächliche Verbringung aus dem Mitgliedsstaat;

6. 'Einreiseverbot': die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der dortige Aufenthalt für einen bestimmten Zeitraum untersagt wird und die mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht;

7. 'Fluchtgefahr': das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven, gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich Drittstaatsangehörige einem Rückkehrverfahren durch Flucht entziehen könnten;

8. 'freiwillige Ausreise': die Erfüllung der Rückkehrverpflichtung innerhalb der dafür in der Rückkehrentscheidung festgesetzten Frist;

9. 'schutzbedürftige Personen': Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen, Schwangere, Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben.

[…]

Kapitel IV

Inhaftnahme für die Zwecke der Abschiebung

Artikel 15

Inhaftnahme

(1) Sofern in dem konkreten Fall keine anderen ausreichenden, jedoch weniger intensiven Zwangsmaßnahmen wirksam angewandt werden können, dürfen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen, und zwar insbesondere dann, wenn

a) Fluchtgefahr besteht oder

b) die betreffenden Drittstaatsangehörigen die Vorbereitung der Rückkehr oder das Abschiebungsverfahren umgehen oder behindern.

Die Haftdauer hat so kurz wie möglich zu sein und sich nur auf die Dauer der laufenden Abschiebungsvorkehrungen erstrecken, solange diese mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt werden.

(2) Die Inhaftnahme wird von einer Verwaltungs- oder Justizbehörde angeordnet.

Die Inhaftnahme wird schriftlich unter Angabe der sachlichen und rechtlichen Gründe angeordnet.

Wurde die Inhaftnahme von einer Verwaltungsbehörde angeordnet, so gilt Folgendes:

a) entweder lässt der betreffende Mitgliedstaat die Rechtmäßigkeit der Inhaftnahme so schnell wie möglich nach Haftbeginn innerhalb kurzer Frist gerichtlich überprüfen,

b) oder der Mitgliedstaat räumt den betreffenden Drittstaatsangehörigen das Recht ein zu beantragen, dass die Rechtmäßigkeit der Inhaftnahme innerhalb kurzer Frist gerichtlich überprüft wird, wobei so schnell wie möglich nach Beginn des betreffenden Verfahrens eine Entscheidung zu ergehen hat. In einem solchen Fall unterrichtet der Mitgliedstaat die betreffenden Drittstaatsangehörigen unverzüglich über die Möglichkeit, einen solchen Antrag zu stellen.

Ist die Inhaftnahme nicht rechtmäßig, so werden die betreffenden Drittstaatsangehörigen unverzüglich freigelassen.

(3) Die Inhaftnahme wird in jedem Fall – entweder auf Antrag der betreffenden Drittstaatsangehörigen oder von Amts wegen – in gebührenden Zeitabständen überprüft. Bei längerer Haftdauer müssen die Überprüfungen der Aufsicht einer Justizbehörde unterliegen.

(4) Stellt sich heraus, dass aus rechtlichen oder anderweitigen Erwägungen keine hinreichende Aussicht auf Abschiebung mehr besteht oder dass die Bedingungen gemäß Absatz 1 nicht mehr gegeben sind, so ist die Haft nicht länger gerechtfertigt und die betreffende Person unverzüglich freizulassen.

(5) Die Haft wird so lange aufrechterhalten, wie die in Absatz 1 dargelegten Umstände gegeben sind und wie dies erforderlich ist, um den erfolgreichen Vollzug der Abschiebung zu gewährleisten. Jeder Mitgliedstaat legt eine Höchsthaftdauer fest, die sechs Monate nicht überschreiten darf.

(6) Die Mitgliedstaaten dürfen den in Absatz 5 genannten Zeitraum nicht verlängern; lediglich in den Fällen, in denen die Abschiebungsmaßnahme trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der nachstehend genannten Faktoren wahrscheinlich länger dauern wird, dürfen sie diesen Zeitraum im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht um höchstens zwölf Monate verlängern:

a) mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen oder

b) Verzögerungen bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten.

Artikel 16

Haftbedingungen

(1) Die Inhaftierung erfolgt grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen. Sind in einem Mitgliedstaat solche speziellen Hafteinrichtungen nicht vorhanden und muss die Unterbringung in gewöhnlichen Haftanstalten erfolgen, so werden in Haft genommene Drittstaatsangehörige gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen untergebracht.

(2) In Haft genommenen Drittstaatsangehörigen wird auf Wunsch gestattet, zu gegebener Zeit mit Rechtsvertretern, Familienangehörigen und den zuständigen Konsularbehörden Kontakt aufzunehmen.

(3) Besondere Aufmerksamkeit gilt der Situation schutzbedürftiger Personen. Medizinische Notfallversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten wird gewährt.

(4) Einschlägig tätigen zuständigen nationalen und internationalen Organisationen sowie nicht-staatlichen Organisationen wird ermöglicht, in Absatz 1 genannte Hafteinrichtungen zu besuchen, soweit diese Einrichtungen für die Inhaftnahme von Drittstaatsangehörigen gemäß diesem Kapitel genutzt werden. Solche Besuche können von einer Genehmigung abhängig gemacht werden.

(5) In Haft genommene Drittstaatsangehörige müssen systematisch Informationen erhalten, in denen die in der Einrichtung geltenden Regeln erläutert und ihre Rechte und Pflichten dargelegt werden. Diese Information schließt eine Unterrichtung über ihren nach einzelstaatlichem Recht geltenden Anspruch auf Kontaktaufnahme mit den in Absatz 4 genannten Organisationen und Stellen ein."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

1. Die Beschwerde ist begründet.

Das Bundesverwaltungsgericht hätte im Rahmen des Abspruchs über den Antrag auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers die mit Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 9. März 2016, G447/2015 ua., aufgehobene Wortfolge "gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß §2 Abs4 bis 5 oder §3 GVG‑B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung" in §52 Abs2 BFA‑VG, BGBl I 87/2012 idF BGBl I 70/2015, anzuwenden gehabt (vgl. VwGH 3.9.2015, Ro 2015/21/0032).

Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass die Anwendung dieser Bestimmung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

2. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg 10.404/1985).

3. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– enthalten. Die als "ERV-Kosten" geltend gemachten Kosten sind schon deshalb nicht zuzusprechen, weil diese bereits mit dem Pauschalsatz abgegolten sind (vgl. VfGH 9.12.2014, B751/2013).

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