VfGH G177/2015

VfGHG177/20159.12.2015

Zurückweisung eines Parteiantrags auf Aufhebung von Bestimmungen der StPO betreffend den Ersatz der Verteidigungskosten an rechtskräftig Freigesprochene; Anfechtungsumfang in Bezug auf die Regelung der betragsmäßigen Begrenzung des Pauschalbetrages zu eng gewählt

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
StPO §381 Abs1, §393a Abs1
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
StPO §381 Abs1, §393a Abs1

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antrag und Vorgeschichte

1. Mit auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestütztem Antrag begehrt die Einschreiterin aus Anlass einer gegen den (im Folgenden näher dargestellten) Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25. März 2015, Z 9 Hv 55/11a-1176, erhobenen Beschwerde die Aufhebung der Wortfolge "der Verteidigung" in §393a Abs1 erster Satz und des §393a Abs1 vierter Satz der Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl 631/1975, idF BGBl I 71/2014, in eventu nur des vierten Satzes des §393a Abs1 leg.cit. wegen Verstoßes gegen Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK, Art7 B‑VG und Art6 Abs3 litc EMRK.

2. Die Antragstellerin wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 20. Oktober 2014 zu Z 9 Hv 55/11a von der gegen sie wegen des Vorwurfs des Verbrechens der Untreue nach §153 Abs1 und 2 zweiter Fall StGB in Form der Beitragstäterschaft nach §12 dritter Fall, §14 Abs1 zweiter Satz zweiter Fall StGB erhobenen Anklage rechtskräftig freigesprochen; unter einem wurde der Bund gemäß §390 Abs1 StPO zur Tragung der Prozesskosten verpflichtet.

In der Folge begehrte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 11. März 2015 – gestützt auf §393a StPO – den Ersatz ihrer Verteidigungskosten (samt Verdienstentgang und Barauslagen, darunter Fahrtkosten für ihre Anreise zur Hauptverhandlung) in Höhe von € 447.311,28. Begründet wurde dieser Anspruch mit dem außerordentlichen Umfang der Hauptverhandlung sowie den besonderen Umständen des Falles.

Das Landesgericht für Strafsachen Graz sprach der Antragstellerin mit (eingangs erwähntem) Beschluss vom 25. März 2015 gemäß §393a Abs1 Z2 StPO einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung im Ausmaß von € 5.000,– sowie den Ersatz von Barauslagen in der Höhe von € 110,– zu und wies das Mehrbegehren ab. Der im Antrag enthaltenen Anregung, im Hinblick auf die gesetzliche Beschränkung des Kostenbeitrages beim Verfassungsgerichtshof einen entsprechenden Gesetzesprüfungsantrag zu stellen, folgte das Landesgericht mit näherer Begründung nicht.

Gegen diesen Beschluss erhob die Antragstellerin (laut Mitteilung des Landesgerichtes für Strafsachen Graz) am 9. April 2015 rechtzeitig das zulässige Rechtsmittel der Beschwerde; am selben Tag brachte sie den vorliegenden Parteiantrag beim Verfassungsgerichtshof ein.

II. Rechtslage

1. §393a StPO räumt einem rechtskräftig Freigesprochenen oder sonst nach Durchführung einer Hauptverhandlung außer Verfolgung Gesetzten einen Anspruch auf Barauslagenersatz und auf einen Pauschalbeitrag zu den Verteidigungskosten ein; die Bestimmung hat in der im Anlassfall maßgeblichen Fassung BGBl I 71/2014 folgenden Wortlaut (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Gesetzesstellen sind hervorgehoben):

"§393a. (1) Wird ein nicht lediglich auf Grund einer Privatanklage oder der Anklage eines Privatbeteiligten (§72) Angeklagter freigesprochen oder das Strafverfahren nach Durchführung einer Hauptverhandlung gemäß §227 oder nach einer gemäß den §§353, 362 oder 363a erfolgten Wiederaufnahme oder Erneuerung des Strafverfahrens eingestellt, so hat ihm der Bund auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfaßt die nötig gewesenen und vom Angeklagten wirklich bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des §61 Abs2 auch einen Pauschalbeitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Angeklagte bedient. Der Pauschalbeitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang und die Schwierigkeit der Verteidigung und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen. Er darf folgende Beträge nicht übersteigen:

1. im Verfahren vor dem Landesgericht als Geschworenengericht 10 000 Euro,

2. im Verfahren vor dem Landesgericht als Schöffengericht 5 000 Euro,

3. im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts 3 000 Euro,

4. im Verfahren vor dem Bezirksgericht 1 000 Euro.

(2) Wird ein Angeklagter in einem Strafverfahren, in dem die Vertretung durch einen Verteidiger in der Hauptverhandlung zwingend vorgeschrieben war (§61 Abs1 Z4 und 5), lediglich einer in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte fallenden strafbaren Handlung für schuldig erkannt, so gebührt ihm ein angemessener Teil des im Fall eines Freispruches oder einer Einstellung nach Abs1 Z1, 2 oder 3 zustehenden Betrages.

(3) Der Ersatzanspruch ist ausgeschlossen, soweit der Angeklagte den das Verfahren begründenden Verdacht vorsätzlich herbeigeführt hat oder das Verfahren lediglich deshalb beendet worden ist, weil der Angeklagte die Tat im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit begangen hat oder weil die Ermächtigung zur Strafverfolgung in der Hauptverhandlung zurückgenommen worden ist. Der Ersatzanspruch steht auch dann nicht zu, wenn die Strafbarkeit der Tat aus Gründen entfällt, die erst nach Einbringung der Anklageschrift oder des Antrages auf Bestrafung eingetreten sind.

(4) Der Antrag ist bei sonstigem Ausschluß innerhalb von drei Jahren nach der Entscheidung oder Verfügung zu stellen.

(5) Einer rechtzeitig eingebrachten Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem über den Antrag entschieden worden ist, kommt aufschiebende Wirkung zu.

(6) Weitergehende Rechte des Angeklagten nach diesem Bundesgesetz und dem Strafrechtlichen Entschädigungsgesetz bleiben unberührt."

2. Die im mit "Kosten des Strafverfahrens" überschriebenen 18. Hauptstück (§§380 bis 385) des 5. Teiles ("Besondere Verfahren") der StPO enthaltene Vorschrift des §393a StPO steht in folgendem Regelungszusammenhang:

2.1. Gemäß §381 Abs1 StPO hat die zum Kostenersatz verpflichtete Partei grundsätzlich einen (je nach Verfahrensart sowie -aufwand und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit innerhalb konkreter Unter- und Obergrenzen zu bemessenden) Pauschalkostenbeitrag (Abs1 iVm Abs5) sowie bestimmte Gebühren und Kosten (darunter jene der Verteidiger – Z8) zu entrichten.

Die allgemeine Kostentragungspflicht für Vertreter (und damit auch für Verteidiger) im Strafverfahren ergibt sich ferner aus §393 Abs1 StPO. Danach hat jede Prozesspartei die Kosten ihres Vertreters bzw. Verteidigers (auch des von Amts wegen beigegebenen) zur Gänze selbst zu tragen.

2.2. Von dieser Grundregel gibt es zusammengefasst folgende Ausnahmen:

2.2.1. Gemäß §393 Abs4 StPO hat derjenige (Beschuldigter, Privatankläger, Subsidiarankläger oder wissentlich falscher Anzeiger), der zum Ersatz der Prozesskosten verurteilt wird, auch alle Kosten der Verteidigung und Vertretung der anderen Verfahrensparteien (mit Ausnahme der Staatsanwaltschaft) zu ersetzen.

2.2.2. Die Kosten für einen Verfahrenshilfeverteidiger – wenn ein solcher unter den Voraussetzungen des §61 Abs2 StPO beigegeben wurde – trägt hingegen unabhängig vom Ausgang des Strafverfahrens grundsätzlich der Bund. Allein im Falle eines Schuldspruchs hat ein Angeklagter, dem ein Verfahrenshilfeverteidiger beigegeben wurde, gemäß §393 Abs1a StPO unter den dort genannten Voraussetzungen einen Pauschalbeitrag ("Selbstbehalt") zu dessen Kosten zu tragen. Grund für diese durch die Strafprozeßnovelle 1999, BGBl I 55/1999, eingefügte Regelung war die Überlegung, dass es zwar auch für einen an sich wirtschaftlich leistungsfähigen Angeklagten unzumutbar sein kann, die gesamten Kosten seiner Verteidigung zu bestreiten, sodass ihm grundsätzlich Verfahrenshilfe zu bewilligen ist, er aber dennoch in der Lage sein kann, einen Teil dieser Kosten zu tragen. Dies betrifft insbesondere Verfahren mit überdurchschnittlich hohen Verteidigerkosten, etwa solche mit mehrtägigen Hauptverhandlungen (vgl. AB 1615 BlgNR 20. GP , 2 f.). Voraussetzung für die Einhebung eines derartigen Kostenbeitrags ist allerdings, dass dem Angeklagten der Ersatz der Verfahrenskosten überhaupt zur Last fällt, er also zum Kostenersatz verurteilt wurde (was einen Schuldspruch des Angeklagten voraussetzt – vgl. §389 Abs1 StPO).

2.2.3. Daneben sieht die im vorliegenden Verfahren maßgebliche Bestimmung des §393a StPO vor, dass einem Angeklagten, dessen Strafverfahren nach Durchführung einer Hauptverhandlung durch Freispruch (oder Außerverfolgungsetzung) geendet hat, ein Beitrag zu den Kosten seiner Verteidigung zugesprochen werden kann.

§393a Abs1 StPO regelt im Einzelnen die Verpflichtung des Bundes, dem freigesprochenen (bzw. außer Verfolgung gesetzten) Angeklagten auf dessen Antrag hin einen Beitrag zu den Kosten seiner Verteidigung – je nach Verfahrensart gestaffelt bis zu einer bestimmten Höhe – zu erstatten, sofern das Verfahren nicht lediglich auf einer Privat- oder Subsidiaranklage (§72 StPO) basiert.

Der Beitrag nach §393a Abs1 StPO steht somit einer Person zu, die von einer Anklage rechtskräftig freigesprochen oder deren Strafverfahren nach Durchführung einer Hauptverhandlung gemäß §227 Abs1 StPO bzw. nach einer gemäß den §§353, 362 oder 363a StPO erfolgten Wiederaufnahme oder Erneuerung des Strafverfahrens eingestellt wurde, wobei der Anspruch voraussetzt, dass die Anklage eine vollständige Erledigung erfahren hat (vgl. Lendl,WK-StPO, 2014, §393a Rz 1).

2.3. Der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung, den der Bund nach §393a Abs1 StPO zu ersetzen hat, umfasst die nötig gewesenen und vom Angeklagten tatsächlich bestrittenen Barauslagen sowie einen Pauschalbeitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Angeklagte bedient hat (sofern nicht Verfahrenshilfe nach §61 Abs2 StPO gewährt worden ist):

2.3.1. Unter "bare Auslagen" fallen nach Rechtsprechung und Literatur (vgl. Lendl, WK-StPO, 2014, §393a Rz 4 ff.) vor allem Kosten für Aktenkopien, gleichgültig, wer diese zunächst bezahlt hat. Auch die Kosten der Beiziehung eines Dolmetschers für die Besprechung zwischen Angeklagtem und Verteidiger (soweit diese über die ohnedies unentgeltlich zustehenden Dolmetscherleistungen nach §56 Abs1 iVm Abs2 StPO hinausgehen) sowie Kosten für die Übersetzung fremdsprachiger Schriftstücke (über §56 Abs1 iVm Abs3 StPO hinaus) zählen zu den ersatzfähigen Auslagen (aM OLG Wien 28.6.1995, 20 Bs 174/95). Diese sind vom Angeklagten zu bescheinigen, das Gericht hat deren Notwendigkeit am Maßstab einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zu prüfen.

Alle baren Auslagen (Spesen) des Verteidigers, die nach den Allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) gesondert oder durch Inanspruchnahme des einfachen oder doppelten Einheitssatzes (§23 RATG) in die Kostennote aufzunehmen sind, bilden indes einen Teil des Honoraranspruches des Verteidigers und können nur im Rahmen des Pauschalbeitrages zu den Kosten der Verteidigung (§393a Abs1 zweiter Satz StPO) abgegolten werden (OGH 19.2.1985, 11 Os 191/84). Dazu gehören insbesondere die Fahrtkosten des Verteidigers, Postgebühren im Inland oder der Kanzleiaufwand.

Für jenen Aufwand, der mit dem persönlichen Erscheinen des Angeklagten vor Gericht verbunden ist, ist kein Ersatz vorgesehen.

2.3.2. Der Pauschalbeitrag zu den Kosten des Verteidigers ist gemäß §393a Abs1 StPO unter Bedachtnahme auf den Umfang und die Schwierigkeit der Verteidigung und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen; zudem darf der Pauschalbeitrag die in §393a Abs1 Z1 bis 4 StPO normierten Höchstsummen nicht übersteigen. Der Pauschalbeitrag ist somit im Rahmen dieser Beträge und nach dem Verhältnis des konkreten Verteidigungsaufwandes zum realistischerweise in Betracht kommenden Maximalaufwand in der jeweiligen Verfahrensart zu bestimmen; die tatsächliche Höhe der vom Verteidiger seinem Mandanten im Innenverhältnis verrechneten Kosten bleibt für die Bemessung daher grundsätzlich ohne Relevanz, vielmehr ist auf die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Vertretungshandlungen abzustellen. So werden nach der Rechtsprechung bei einfachen Verteidigungsfällen ca. 10 % des jeweiligen Höchstbetrages zugesprochen (s. Lendl, WK-StPO, 2014, §393a Rz 10).

In der Judikatur wird bei Bemessung des Beitrags auf den Aktenumfang, die Schwierigkeit bzw. Komplexität der Sach- und Rechtslage (beispielsweise die Notwendigkeit, sich mit Gutachten auseinanderzusetzen), den Umfang des Ermittlungsverfahrens (Haftverhandlungen, Beschwerden), die Anzahl und Dauer der Hauptverhandlung(en) sowie ein allfälliges Rechtsmittelverfahren abgestellt (vgl. Lendl, WK-StPO, 2014, §393a Rz 11).

Weitergehende Rechte des Angeklagten nach der Strafprozeßordnung 1975 und dem Strafrechtlichen Entschädigungsgesetz 2005 bleiben vom Anspruch auf den Pauschalbeitrag unberührt (§393a Abs6 StPO).

2.3.3. Die Bestimmung des §393a StPO wurde mit dem Strafverfahrensänderungsgesetz 1983, BGBl 168, eingeführt. In den Erläuterungen wird auf die "Unbilligkeit des grundsätzlichen Ausschlusses eines Ersatzanspruches" im Fall eines Freispruchs hingewiesen. Die Entscheidung für den Ersatz in Form eines pauschalierten Kostenbeitrages mit Höchstgrenze wird im Wesentlichen damit begründet, dass für die Tätigkeit der Verteidiger in Strafsachen kein verbindlicher Tarif bestehe, sondern die diesbezüglichen Honoraransprüche der freien Vereinbarung unterliegen würden, sodass finanzielle Belastungen des Bundes in unzumutbarer Höhe entstehen könnten (RV 1084 BlgNR 15. GP , 27). Zu den Höchstbeträgen wird festgehalten, diese seien nicht dahin zu verstehen, dass der Beitrag im Fall nachweislich höherer Kosten stets oder auch nur im Regelfall mit dem Maximalbetrag zu bemessen wäre, sondern dass nach den in Abs1 der Regelung angeführten Bemessungsgrundsätzen vorzugehen sei (RV 1084 BlgNR 15. GP , 28).

2.3.4. Mit dem Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2014, BGBl I 71, erfolgte eine Erhöhung der in §393a Abs1 StPO vorgesehenen Höchstbeträge: So wurde der Betrag nach Z1 für Verfahren vor dem Landesgericht als Geschworenengericht von € 5.000,– auf € 10.000,– , der Betrag nach Z2 für Verfahren vor dem Landesgericht als Schöffengericht von € 2.500,– auf € 5.000,–, der Betrag nach Z3 für Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichtes von € 1.250,– auf € 3.000,– und der Betrag nach Z4 für Verfahren vor dem Bezirksgericht von € 450,– auf € 1.000,– angehoben. Durch diese Anhebung sollten insbesondere in Bezug auf Verfahren von außergewöhnlichem Umfang einzelfallgerechtere Entscheidungen ermöglicht werden (RV 181 BlgNR 25. GP , 16).

In den Erläuterungen wird hiezu wörtlich ausgeführt:

"Die letzte Anpassung der in §393a StPO vorgesehenen Höchstbeträge für den Ersatz von Verteidigungskosten erfolgte durch das Budgetbegleitgesetz 2005, BGBl I Nr 136/2004, wobei unter Zugrundelegung einer Indexsteigerung von etwa 20,4 % seit dem Jahr 1993 die Sätze im Verfahren vor den Geschworenengerichten von 4.361 Euro auf 5.000 Euro, im Verfahren vor dem Schöffengericht von 2.181 Euro auf 2.500 Euro, im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts von 1.091 Euro auf 1.250 Euro und im Verfahren vor den Bezirksgerichten von 364 Euro auf 450 Euro angehoben wurden.

Im Hinblick auf die Erhöhung des vom Verurteilten zu entrichtenden Pauschalkostenbeitrags in §381 Abs3 StPO durch das Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl I Nr 52/2009, soll nunmehr eine deutliche Anpassung des bei Freispruch zu leistenden Pauschalbeitrags zu den Kosten der Verteidigung im selben Ausmaß erfolgen. Da es sich um einen Pauschalbeitrag handelt, deckt dieser trotz der nun vorgeschlagenen massiven Erhöhung auch weiterhin nicht die gesamten Verteidigerkosten, sondern lediglich einen Teilbetrag davon, welcher unter Bedachtnahme auf den Umfang und die Schwierigkeit der Verteidigung und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen ist. Eine Verpflichtung, dem Freigesprochenen sämtliche (oder auch nur bestimmte) Aufwendungen für seine Verteidigung zu ersetzen, ist weder den geltenden Verfassungsbestimmungen noch der Judikatur des EGMR zu entnehmen.

[…]

Mit der vorgeschlagenen Erhöhung der oberen Grenzwerte sollen bei Verfahren von außergewöhnlichem Umfang deutlich einzelfallgerechtere Entscheidungen gefällt werden könnten, die eben in besonderen Verfahren auch mit entsprechend hohen Kostenbeiträgen einhergehen würden. Die Rechtsprechung müsste im Rahmen ihres Ermessens einfach den größeren Spielraum entsprechend nützen, sodass der Ersatzbetrag bei der Mehrzahl der Fälle durchaus im unteren Drittel des Grenzwertes verbleiben könnte und nur bei besonderen Verfahren entsprechende Reserven für einen annähernd adäquaten Zuspruch vorhanden wären."

2.4. In §61 Abs1 StPO sind jene Verfahren aufgezählt, in denen der Beschuldigte bzw. Angeklagte durch einen Verteidiger vertreten sein muss ("notwendige Verteidigung"). Nach §61 Abs1 Z4 StPO ist die Hauptverhandlung vor dem Landesgericht als Geschworenen- oder Schöffengericht von der notwendigen Verteidigung erfasst. Die Regelung dient der Wahrung der Beschuldigtenrechte (insbesondere dem Recht auf umfassende Verteidigung) und einer geordneten Strafrechtspflege (vgl. RV 25 BlgNR 22. GP , 86).

Nach §61 Abs2 StPO hat ein Beschuldigter (Angeklagter) Anspruch auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers, soweit er außerstande ist, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhalts die gesamten Kosten der Verteidigung zu tragen, wenn dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung erforderlich ist.

Liegt ein Fall notwendiger Verteidigung vor und wird vom Beschuldigten weder ein Verteidiger bevollmächtigt noch Verfahrenshilfe beantragt, hat ihm das Gericht gemäß §61 Abs3 StPO von Amts wegen einen Verteidiger beizugeben (Amtsverteidiger), dessen Kosten er zu tragen hat (soweit nicht die Voraussetzungen des §61 Abs2 erster Satz StPO vorliegen).

2.5. §381 Abs1 Z1 bis 9 StPO zählt all jene (allgemeinen und besonderen) Kosten des Strafverfahrens taxativ auf, deren Zahlung einer zum Kostenersatz verpflichteten Partei auferlegt werden kann.

Diese Kosten werden, soweit sich aus besonderen gesetzlichen Vorschriften nichts anderes ergibt, mit Ausnahme der unter Abs1 Z3 und 7 bis 9 bezeichneten Kosten vom Bund vorgeschossen, vorbehaltlich des Rückersatzes nach den Bestimmungen der §§389 bis 391 StPO (§381 Abs2 StPO).

Nicht darunter fallen demnach die dem Angeklagten, dem Privatankläger oder Privatbeteiligten selbst erwachsenen Kosten (zB Fahrtkosten zum Gericht) oder Aufwendungen für die Einholung eines Privatgutachtens (vgl. Fischer, Kostenersatz im Strafprozessrecht, 2006, Rz 5).

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Zur Antragslegitimation bringt die Antragstellerin vor, dass der anlassgebende Beschluss sowohl aus organisatorischer als auch aus funktionaler Sicht in erster Instanz ergangen sei, weil vor der Entscheidung des Landesgerichtes für Strafsachen Graz weder eine gerichtliche noch eine sonstige Entscheidung zur Frage erfolgt sei, ob bzw. in welcher Höhe der Antragstellerin ein Beitrag zu ihren Verteidigungskosten zuzuerkennen sei. Auch liege eine entschiedene Rechtssache vor, die nicht mit einem ordentlichen Rechtsmittel gegen das Urteil (in der Hauptsache) bekämpft werden kann, zumal der Anspruch auf Kostenbeitrag gemäß §393a Abs1 StPO grundsätzlich einen rechtskräftigen Freispruch voraussetze.

§393a Abs1 Z2 StPO sei vom Erstgericht gemäß §62 Abs2 VfGG unmittelbar angewendet worden, weil er Grundlage für den maßgeblichen Zuspruch darstellt.

Im Fall der Aufhebung insbesondere der gesetzlichen Höchstbeträge in §393a Abs1 Z1 bis 4 StPO durch den Verfassungsgerichtshof wäre die mit Beschwerde bekämpfte Entscheidung des Landesgerichtes für Strafsachen Graz an der bereinigten Rechtslage mit der Konsequenz zu prüfen, dass der Zuspruch eines weitaus höheren Kostenbeitrages zu erfolgen hätte.

1.1. Hinsichtlich des Sitzes der Verfassungswidrigkeit geht die Antragstellerin davon aus, dass aus der in §393a Abs1 erster Satz StPO enthaltenen Wortfolge "zu den Kosten der Verteidigung" zu folgern sei, dass dem Angeklagten lediglich die mit der Vertretung durch einen Verteidiger verbundenen Kosten zu refundieren seien, während der mit seinem persönlichen Erscheinen vor Gericht verbundene Kostenaufwand nicht zu ersetzen sei (Lendl, WK-StPO, 2014, §393a Rz 7). (Erhebliche) Fahrtkosten der Partei (insbesondere im – hier aktuellen – Fall eines vom Gerichtsort weit entfernten Wohnortes) würden demnach nicht refundiert. Um diese – nach Auffassung der Antragstellerin – verfassungswidrige Einschränkung des Anspruchs auf Ersatz der Barauslagen zu beheben, müsste die Wortfolge "der Verteidigung" in §393a Abs1 erster Satz StPO der Aufhebung verfallen.

Was den Pauschalbeitrag zu den Kosten des Verteidigers anbelangt, sei die Verfassungswidrigkeit offensichtlich in den gesetzlichen Höchstbeträgen des §393a Abs1 Z1 bis 4 StPO zu lokalisieren. Für den vorliegenden Fall sei zwar (nur) die Z2 maßgeblich, die Z1, 3 und 4 leg.cit. würden damit aber untrennbar zusammenhängen. Der Antrag richte sich daher auf die gänzliche Aufhebung von §393a Abs1 vierter Satz StPO. Dies hätte eine bereinigte Rechtslage zur Folge, nach der weiterhin "lediglich" ein Pauschalbeitrag zu den Kosten des Verteidigers zuzusprechen wäre, ohne zwingend die gesamten Kosten des Verteidigers zu umfassen. Gemäß §393a Abs1 dritter Satz StPO, wonach der Pauschalbeitrag "unter Bedachtnahme auf den Umfang und die Schwierigkeit der Verteidigung und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen" ist, hätten sich die ordentlichen Gerichte aber an den AHK zu orientieren und in der Regel daher auch die gesamten Kosten zu ersetzen (Birklbauer, Zum Ersatz der Verteidigungskosten bei einem Freispruch, RZ 2001, 106).

1.2. Die Antragstellerin erachtet die angefochtene Regelung wegen Verstoßes gegen die Eigentumsfreiheit nach Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK, den Gleichheitssatz gemäß Art7 B‑VG sowie gegen Art6 (Abs3 litc) EMRK im Kern aus folgenden Gründen für verfassungswidrig:

Der Antragstellerin entstehe durch das Strafverfahren trotz Freispruchs – sollte der erstinstanzliche Beschluss nicht durch das Rechtsmittelgericht korrigiert werden – ein finanzieller Nachteil, den das Einschreiten staatlicher Organe verursacht habe. Nicht-mittellose Beschuldigte wie die Antragstellerin, die keinen Anspruch auf Verfahrenshilfe nach Art6 Abs3 litc EMRK bzw. §61 StPO hätten, würden durch das autonome Handeln der staatlichen Organe in einem Verfahren wie dem vorliegenden (ohne selbst Anlass für die staatliche Verfolgung gesetzt zu haben) in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht, obwohl das Verfahren mit Freispruch geendet habe. Im Einzelnen führt die Antragstellerin aus:

1.2.1. Zum Verstoß gegen die Eigentumsfreiheit gemäß Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK (Zitate ohne die Hervorhebungen im Original, Fußnoten in eckigen Klammern ausgewiesen):

"Die Herbeiführung eines Vermögensschadens durch Verfahrens- und Verteidigungskosten und damit verbundene materielle Schäden stellt jedenfalls eine Beeinträchtigung vermögenswerter Privatrechte und daher einen Eingriff in das Eigentum des Betroffenen und somit in sein von Art5 StGG und Art1 1. ZPMRK geschütztes Recht dar. Ein solcher Eingriff muss nach stRsp des VfGH (der immer mit dem sogenannten 'Wesenskern' des Grundrechts operiert) im Gesetz vorgesehen sein, dem Grundsatz der 'Achtung des Eigentums' Rechnung tragen, im öffentlichen Interesse gelegen und verhältnismäßig sein [zB VfSlg 13064 unter Anführung zahlreicher Vorerkenntnisse].

Nach der Rsp zum 'verfassungswidrigen Sonderopfer' [vgl zum Begriff Bußjäger in Heißl (Hrsg), Handbuch Menschenrechte (2009) Rz 21/62; zB VfSlg 6884, 7243; siehe hiezu auch Walter/Mayer, Grundriß des Bundesverfassungsrechts7 (1992) Rz 1375] sind entschädigungslose Enteignungen und Eigentumsbeschränkungen dann verfassungswidrig – und zwar bemerkenswerterweise gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßend –, wenn dadurch mehreren Personen gleiche Vorteile, nicht aber auch gleiche Vermögenseinbußen entstehen [VfSlg 6.884/1972, 7.234/1973, 10.841/1986, 13.006/1992, 16.636/2002]. Diese Rsp hat der VfGH inzwischen auch mehrfach auf jene Fälle übertragen, in denen die 'Allgemeinheit' Vorteile zu Lasten eines Einzelnen zieht und hat ganz allgemein ausgesprochen, dass eine unsachliche Benachteiligung einzelner oder bestimmter Personengruppen jedenfalls verfassungswidrig ist [VfSlg 7759; VfGH 20.3.1986, G224/85, JBl 1987, 168].

Weiters hat der VfGH schon mehrfach ausgesprochen, dass bei Wegfall des öffentlichen Interesses an einer Enteignung eine Rückübereignung zu erfolgen habe [zB VfSlg 8980, 8981, 11017, 11828; Walter/Mayer, Rz 1380 f.], weil 'dem Rechtsinstitut der Enteignung ... die Rückgängigmachung bei Nichtverwirklichung des als Enteignungsgrund normierten öffentlichen Zweckes immanent ist' [VfSlg 8981, 11828]."

Aus diesen Erwägungen seien die Grundsätze ableitbar, dass zum einen Eigentumseingriffe nicht einseitig – und unsachlich – zu Lasten des Betroffenen und zu Gunsten anderer oder der Allgemeinheit ausschlagen dürfen, zum anderen der Wegfall des – berechtigten – öffentlichen Interesses am erfolgten Eigentumseingriff dazu führen müsse, dass dieser Eingriff rückgängig gemacht wird (vgl. Swoboda, Die ganz legale Ausbeutung des Unschuldigen im Strafverfahren, ÖJZ 1994, 687).

Beide Grundsätze seien auf die vorliegende Konstellation anwendbar: Einerseits müsse auch die Belastung eines unschuldigen Einzelnen mit hohen Kosten im allgemeinen Interesse einer reibungslosen Strafverfolgung unter dem Aspekt des verfassungsrechtlich bedenklichen "Sonderopfers" gesehen werden; andererseits sei bei einem Freispruch (oder bei einer Verfahrenseinstellung) vom Wegfall des öffentlichen Interesses an den Eingriffen in die Eigentumsrechte des Verfolgten auszugehen, weshalb der Gedanke der Rückgängigmachung, hier eben des Schadensausgleichs, zum Zuge zu kommen habe.

Diese Erwägungen träfen umso mehr auf Verfahren mit sogenanntem Verteidigerzwang gemäß §61 Abs1 Z4 StPO (wie im Anlassfall) zu.

Die Vermeidung der angemessenen Entschädigung des freigesprochenen Angeklagten sei keine angemessene Rechtfertigung dafür, beim betroffenen Individuum durch staatliche Eingriffe verursachte, möglicherweise sogar existenzgefährdende Schäden zu belassen. Es fehle daher am den Grundrechtseingriff rechtfertigenden öffentlichen Interesse.

Auch sei die Regelung nicht verhältnismäßig. Die Beschränkung des Ersatzes der Kosten des Strafverfahrens auf einen unrealistisch niedrigen Betrag stelle eine unnötig harte Maßnahme dar. Im vorliegenden Fall würde der gesetzliche Entschädigungsanspruch betreffend den Pauschalkostenbeitrag lediglich 2% der Kosten nach den AHK (bei Berücksichtigung sämtlicher Auslagen und des Verdienstentganges gar nur ca. 1 %) abdecken. Es gäbe gelindere Mittel, um den Staatshaushalt zu schonen; so könnte jedermann das Recht zuerkannt werden, einen vom Staat beigestellten Verteidiger in Anspruch zu nehmen, dessen Kosten bei Freispruch oder Einstellung dem Staat zur Last fallen. Falls sich ein Angeklagter trotz solcher Möglichkeiten für einen – teureren – Wahlverteidiger entscheide, wäre es jedenfalls sachgerechter als nach der geltenden Rechtslage, ihm die dadurch entstehenden Kosten nicht zur Gänze zu ersetzen.

Damit ergebe sich, dass die angefochtene Regelung des §393a StPO in den Wesenskern des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums eingreife und dieser Eingriff infolge fehlenden öffentlichen Interesses an den verfolgten Zielen und mangelnder Verhältnismäßigkeit verfassungswidrig sei.

"Ebenso ergibt sich aus der Rsp des EGMR zu Art1 1. ZPEMRK für den Spezialfall der Enteignung ohne (angemessene) Entschädigung, welche dem gegenständlichen Sachverhalt entspricht, dass eine solche Enteignung nur unter außergewöhnlichen Umständen als gerechtfertigt erscheint [Bußjäger in Heißl (Hrsg), Handbuch der Menschenrechte (2009) Rz 21/62; Pernthaler, Österreichisches Staatsrecht 717]. Solche außergewöhnlichen Umstände liegen im Hinblick auf die vorliegende Konstellation jedoch nicht vor, weshalb §393a Abs1 StPO auch gegen den konventionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz [Karpenstein/Mayer, EMRK (2012) 1. ZPEMRK Art1 Rz 37 ff] verstößt."

1.2.2. Zum Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art7 B‑VG)

Grundsätzlich könne eine an den realen Verhältnissen gänzlich vorbeigehende Kostenersatzregelung – im vorliegenden Fall Abdeckung von nur 2 % der nach den AHK berechneten Verteidigungskosten, kein Ersatz für Fahrtkosten und Verdienstentgang – nicht als sachlich angesehen werden (s. Bertel, Die Barauslagen des Freigesprochenen, ÖJZ 1987, 391 [392]: "Um das Unrecht, das der Freigesprochene dadurch erleidet, dass er zwar freigesprochen wird, aber trotzdem zahlen muß, wenigstens optisch erträglich zu machen, gibt ihm §393a StPO Anspruch auf Ersatz wenigstens der notwendigen Barauslagen.").

Es könne aus Sachlichkeitsüberlegungen auch nicht gerechtfertigt sein, zwar den aus der Strafhaft entlassenen Täter bei der Wiedereingliederung finanziell zu unterstützen (§146 Abs3 StVG), den Freigesprochenen indes seinen wirtschaftlichen Schäden ohne Hilfestellung zu überlassen.

Für die Gleichheitswidrigkeit der bestehenden Regelung spreche zudem, dass ein mittelloser Beschuldigter bzw. Angeklagter Anspruch auf Verfahrenshilfe habe und im Fall eines Freispruchs gemäß §393 Abs1a StPO keinen Beitrag zu den Verteidigungskosten leisten müsse.

1.2.3. Zum Verstoß gegen Art6 (Abs3 litc) EMRK und Art14 EMRK

Art6 Abs3 litc EMRK gewähre dem Angeklagten das Recht, den Verteidiger seiner Wahl zu erhalten und bei Mittellosigkeit durch einen kostenlosen Rechtsbeistand verteidigt zu werden, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist (Karpenstein/Mayer, EMRK, 2012, Art6 EMRK, Rz 182). Ob und in welchem Umfang einem nicht-mittellosen Beschuldigten bei einem Freispruch die Kosten des Strafverfahrens auferlegt werden dürfen, gehe aus der EMRK zwar nicht explizit hervor, eine übermäßige, willkürlich erscheinende Belastung mit den Verfahrenskosten stelle aber aus einer Gesamtbetrachtung heraus eine Verletzung des Art6, insbesondere des Art6 Abs3 litc EMRK dar (Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar2, 1996, Art6 EMRK, Rz 165). Zumindest die nach den AHK für die Vertretung in der Hauptverhandlung und die Ausführung eines Rechtsmittels vorgesehenen Kosten seien zu ersetzen (vgl. Birklbauer, aaO, 106 mit Hinweis auf verfassungsrechtliche Mindeststandards und Garantien).

2. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie in Ansehung des §393a Abs1 Z1, 3 und 4 StPO die Zurückweisung des Antrages mangels Präjudizialität, im Übrigen seine Abweisung, in eventu die Ablehnung seiner Behandlung begehrt. Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den Antrag, für das Außerkrafttreten eine Frist von zwölf Monaten zu bestimmen, weil bei einer Neuregelung des Verteidigungskostenbeitrages umfassende budgetäre Erwägungen angestellt werden müssten.

Zur Zulässigkeit des Antrags führt die Bundesregierung in ihrer Äußerung aus:

"Das Begehren auf Aufhebung des §393a Abs1 vierter Satz StPO ist zu weit gefasst. Das dem Parteiantrag zugrundeliegende Strafverfahren war ein Verfahren vor dem Landesgericht als Schöffengericht. Im Anlassverfahren war daher nur §393a Abs1 Z2 StPO anzuwenden. Nach Auffassung der Bundesregierung stehen §393a Abs1 Z1 bis Z4 StPO in keinem untrennbaren Zusammenhang. Im Hinblick darauf, dass die Regelungen für unterschiedliche Verfahrensarten gelten, sind die normativen Anordnungen unabhängig voneinander anwendbar. Im Falle einer Aufhebung nur der Z2 in §393a Abs1 StPO zum Schöffenverfahren würde auch kein 'legislativer Torso' übrig bleiben, der inhaltsleer, unverständlich oder unanwendbar wäre (vgl. VfSlg 16.212/2001; 16.365/2001; VfGH 2.3.2015, G140/2014 u.a.; Rohregger, in Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht [6 Lfg 2003], Art140 B‑VG, Rz. 216).

Der Antrag wäre daher insoweit als unzulässig zurückzuweisen."

2.1. Den im Antrag erhobenen Bedenken tritt die Bundesregierung wie folgt entgegen:

2.1.1. Zu den Bedenken im Hinblick auf die Eigentumsfreiheit:

"1.3. §393a Abs1 StPO legt fest, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß der Bund einem Angeklagten im Falle eines Freispruchs (oder bei Einstellung des Strafverfahrens) einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten hat. Die Bestimmung der genauen Höhe des Kostenersatzanspruches obliegt sodann dem Gericht nach Maßgabe des jeweiligen Einzelfalls.

§393a Abs1 StPO führt daher zu keiner Einschränkung eines an sich umfassenderen Anspruches des Angeklagten (wie dies etwa in VfSlg 19.[53]2/2011 der Fall war). Vielmehr hat nach §393 StPO jede Prozesspartei die Kosten ihrer Vertretung grundsätzlich selbst zu tragen und ergibt sich erst aus §393a Abs1 StPO ein Anspruch auf teilweisen Ersatz dieser Kosten. Durch die angefochtene Bestimmung wird daher in kein vermögenswertes Privatrecht eingegriffen (vgl. auch VfSlg 13.455/1993 betreffend den Ausschluss einer Kostenersatzverpflichtung zwischen den Parteien in bestimmten arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren).

Ein Eingriff in das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums liegt daher von vornherein nicht vor. Das Vorbringen der Antragstellerin über die Anwendbarkeit der Rechtsprechung zum 'verfassungswidrigen Sonderopfer' und zur Notwendigkeit einer Rückübereignung bei Wegfall des öffentlichen Interesses an einer Enteignung geht daher bereits aus diesem Grund ins Leere. Selbst wenn der Verfassungsgerichtshof aber davon ausgehen sollte, dass die angefochtene Bestimmung in ein vermögenswertes Privatrecht der Antragstellerin eingreift, wäre dieser Eingriff – wie sich aus den folgenden Ausführungen zur Sachlichkeit der angefochtenen Bestimmung ergibt – gerechtfertigt."

2.1.2. Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz nach Art7 B‑VG:

"2.3. Es besteht keine verfassungsrechtliche Verpflichtung, einem Angeklagten, der nicht die Voraussetzungen für die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers erfüllt, im Falle eines Freispruchs oder bei Einstellung des Strafverfahrens einen Anspruch auf Erstattung der aufgewendeten Verteidigungskosten einzuräumen (vgl. auch Frowein/Peukert, Art6 Rz 272, wonach sich ein Anspruch auf Erstattung der notwendigen Auslagen des Angeklagten weder aus Art6 Abs2 noch aus 'sonstigen Vorschriften der EMRK' ergibt). Ein solcher Anspruch lässt sich insbesondere nicht aus Art6 Abs3 litc EMRK betreffend ein Recht auf Verfahrenshilfe, wenn einem Beschuldigten die Mittel zur Zahlung fehlen, ableiten und ergibt sich auch nicht aus Art5 Abs5 EMRK bzw. Art7 PersFrG, die Entschädigungsansprüche nur im Fall unrechtmäßiger Haft bzw. unrechtmäßiger Festnahme oder Anhaltung vorsehen.

2.4. Es liegt daher grundsätzlich innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums der Strafrechtsgesetzgebung, einen Anspruch auf Ersatz der einem Angeklagten in einem Strafverfahren aufgelaufenen Kosten vorzusehen (vgl. Lendl, WK-StPO §393a StPO Rz 13; Birklbauer, Zum Ersatz der Verteidigerkosten bei einem Freispruch, RZ2001, 106 [107]; E.M. Fischer, Kostenersatz im Strafprozess [2006], Rz 216). Die Strafrechtsgesetzgebung ist daher auch grundsätzlich frei, die Voraussetzungen und die Höhe eines solchen Anspruches festzulegen, einen solchen Anspruch also etwa auf die Fälle eines Freispruchs oder die Einstellung des Verfahrens zu beschränken, den Entschädigungsanspruch zu pauschalieren und betragsmäßige Höchstgrenzen festzulegen. Die angefochtene Bestimmung ist nach Auffassung der Bundesregierung auch nicht unsachlich:

2.4.1. Im Hinblick auf das Bedenken, dass jene Kosten, die einem Angeklagten im Zusammenhang mit seinem persönlichen Erscheinen vor Gericht entstanden sind, nicht dem Kostenersatz nach §393a Abs1 StPO unterliegen, ist festzuhalten, dass derartige Kosten in jedem Fall – d.h. sowohl bei Schuld- als auch bei Freisprüchen und dabei auch dann, wenn das Strafverfahren auf Begehren eines Privatanklägers oder Privatbeteiligten stattgefunden hat (§390 Abs1 StPO) – vom Angeklagten selbst zu tragen sind (vgl. Lendl, WK-StPO §393a Rz 7: 'denn §393a sieht nur einen Beitrag zu den 'Kosten der Verteidigung', dh den mit der Vertretung durch einen Verteidiger verbundenen Kosten, vor. Der mit dem persönlichen Erscheinen des Angeklagten verbundene Aufwand ist von diesem (strafprozessualen) Kostenbegriff nicht umfasst [EvBl 1987/73; jüngst OLG Linz 9 Bs 59/13k]'). Diese Kosten muss der Angeklagte insbesondere auch dann selbst tragen, wenn ihm ein Verfahrenshilfeverteidiger beigegeben worden ist.

2.4.2. In Bezug auf die Pauschalierung der Verteidigerkosten sowie die dafür vorgesehenen Maximalbeträge wird darauf hingewiesen, dass Beschuldigte, die im Sinne von §61 Abs2 StPO wirtschaftlich bedürftig sind, bei Vorliegen eines Rechtspflegeinteresses (das in den Fällen notwendiger Verteidigung gemäß §61 Abs1 StPO stets gegeben ist) Anspruch auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers haben, dessen Kosten zur Gänze bzw. jedenfalls zum Teil vom Bund getragen werden. Wirtschaftlich bedürftige Personen sind daher von §393a Abs1 StPO entweder gar nicht oder nur insoweit betroffen, als sich der – im Falle eines Schuldspruchs – von ihnen zu tragende Teil der Kosten des Verfahrenshilfeverteidigers ('Selbstbehalt') nach §393a Abs1 StPO bemisst (§61 Abs2 StPO). Die Kostenersatzregelung nach §393a Abs1 StPO bezieht sich somit nur auf jene Personen, bei denen – mangels wirtschaftlicher Bedürftigkeit im Sinne von §61 Abs2 StPO – davon auszugehen ist, dass sie die Kosten eines Verteidigers grundsätzlich tragen können.

2.4.3. Der Pauschalbetrag für die Verteidigerkosten ist gemäß §393a Abs1 StPO 'unter Bedachtnahme auf den Umfang und die Schwierigkeit der Verteidigung und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen'. In der Rechtsprechung wird dabei – wie in den Ausführungen zur Rechtslage bereits dargelegt wurde – etwa auf den Aktenumfang, die Komplexität der Sach- und Rechtslage im konkreten Fall, den Umfang des Ermittlungsverfahrens, die Dauer der Hauptverhandlungen sowie ein (allfälliges) Rechtsmittelverfahren abgestellt. Die Regelung stellt daher sicher, dass der zuerkannte Pauschalbetrag in der Regel in einem angemessenen Verhältnis zu den notwendig und zweckmäßiger Weise aufgelaufenen Kosten der Verteidigung steht. Dass es in Einzelfällen zu größeren Unterschieden zwischen dem zuerkannten Pauschalbetrag und den tatsächlich entstandenen Kosten kommen kann, folgt nicht zuletzt auch aus dem Umstand, dass die Verteidigerkosten frei vereinbart werden können (vgl. ErlRV 1084 BlgNR XV. GP , 27).

2.4.4. Hinsichtlich der Obergrenzen nach §393a Abs1 Z1 bis 4 StPO ist zunächst darauf hinzuweisen, dass diese – gerade mit dem Ziel, bei Verfahren von außergewöhnlichem Umfang einzelfallgerechtere Entscheidungen treffen zu können (ErlRV 181 BglNR XXV. GP, 16) – durch das Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2014 – deutlich angehoben worden sind. Die Beträge sollen also die, in den jeweiligen Verfahrensarten entsprechend den oben genannten Kriterien, im Regelfall anfallenden Verteidigerkosten umfassen. Der Umstand, dass die tatsächlich angefallenen Verteidigerkosten in außergewöhnlichen Einzelfällen – wie etwa auch in dem diesem Antrag zugrunde liegenden Verfahren, das wie auch die Antragstellerin festhält, einen 'außergewöhnlichen Umfang sowohl in inhaltlicher als auch zeitlicher Dimension' hatte (s. Seite 10 des Antrages) – diese regelmäßigen Kosten übersteigen können, führt daher nicht zur Unsachlichkeit der Obergrenzen."

Dem von der Antragstellerin angestellten Vergleich zwischen §393a Abs1 StPO und §146 Abs3 StVG hält die Bundesregierung entgegen, dass letzte Bestimmung keine unmittelbare finanzielle Unterstützung eines entlassenen Straftäters vorsehe. Diese erlaube vielmehr, Strafgefangenen im Rahmen der Grundsätze des Strafvollzuges die Benützung von Einrichtungen und die Teilnahme an Veranstaltungen zu gestatten, die andere Rechtsträger als der Bund für vergleichbare Zwecke betreiben oder durchführen. Würden die Kosten dafür nicht von anderer Seite getragen, könne sie der Bund bis zu dem Ausmaß übernehmen, das für vergleichbare Einrichtungen oder Veranstaltungen des Bundes aufgewendet werden müsste. Die Regelung über eine allfällige Kostentragung des Bundes für Resozialisierungsmaßnahmen eines noch in Strafhaft befindlichen Straftäters lasse sich mit der angefochtenen Regelung, die sich auf die (finanzielle) Situation eines Freigesprochenen bezieht, von vornherein nicht vergleichen.

Auch das Vorbringen einer unsachlichen Ungleichbehandlung zwischen "nichtmittellosen Beschuldigten" und "mittellosen Beschuldigten" vermag nach Ansicht der Bundesregierung keinen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz zu begründen, weil sich die Situation von Beschuldigten, die im Sinne von §61 Abs2 StPO wirtschaftlich bedürftig sind, und solchen, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, ebenfalls von vornherein unterscheide. Das Kriterium der wirtschaftlichen Bedürftigkeit rechtfertige die divergierende Behandlung in Bezug auf den Ersatz von Verteidigerkosten.

2.1.3. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art6 Abs3 litc EMRK und Art14 EMRK:

"3.1. Die Antragstellerin bringt vor, dass 'eine übermäßige, willkürlich erscheinende Belastung mit den Kosten des Verfahrens … aus einer Gesamtbetrachtung heraus eine Grundrechtsverletzung' darstellen würde und verweist auf Literaturstimmen, wonach unter Hinweis u.a. auf Art6 EMRK zumindest die nach den Allgemeinen Honorarkriterien für die Vertretung in der Hauptverhandlung und die Ausführung eines Rechtsmittels vorgesehenen Kosten zu ersetzen wären. […].

3.2. Die Bundesregierung hält zunächst fest, dass dieses Vorbringen die erhobenen Bedenken betreffend Art6 Abs3 litc EMRK und Art14 EMRK nicht hinreichend substantiiert, zumal die Antragstellerin selbst festhält, dass '(o)b und wenn ja in welchem Umfang einem nicht-mittellosen Beschuldigten bei einem Freispruch die Kosten des Strafverfahrens auferlegt werden dürfen, … aus der MRK … nicht direkt hervor (gehe)'.

Der Vollständigkeit halber weist die Bundesregierung […] auf Folgendes hin:

3.2.1. Nach Art6 Abs3 litc EMRK hat jede angeklagte Person das Recht, sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist.

3.2.2. Art6 Abs3 litc EMRK normiert somit ein Recht auf Verfahrenshilfe, wenn einem Beschuldigten die Mittel zur Bezahlung fehlen und wenn der Beistand im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist (vgl. EGMR 25.4.1983, Pakelli gegen Deutschland, Appl. 8398/78, Z31, 34; Grabenwarter/Pabel, EMRK5, §24 Rz 115). Aus Art6 Abs3 litc EMRK folgt […] kein Anspruch eines Beschuldigten, der nicht die Voraussetzungen für die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers erfüllt, auf Erstattung der aufgewendeten Verteidigungskosten im Falle eines Freispruchs oder einer Einstellung des Verfahrens. Dazu lässt sich auch die Entscheidung des EGMR vom 1. April 2004 über die Beschwerde Reinmüller gegen Österreich, Appl. 69169/01, ins Treffen führen. Der Behauptung des Beschwerdeführers, dass Art6 Abs2 EMRK u.a. deswegen verletzt sei, weil ihm nach einer Einstellung des Strafverfahrens von tatsächlich ATS 340.000,‑ ‑ an Verteidigungskosten nur ATS 30.000,‑ ‑ zugesprochen worden waren, hielt der EGMR (unter Verweis auf EGMR 25.8.1987, Englert gegen Deutschland, Serie A Nr 123, Z36; 26.1.1999, Hibbert gegen Niederlande, Appl. 30087/97) entgegen, dass weder Art6 Abs2 EMRK noch sonst eine Bestimmung der Konvention einer Person, die einer Straftat angeklagt war, ein Recht auf Kostenersatz oder auf Entschädigung für rechtmäßige Untersuchungshaft gibt, wenn das Verfahren eingestellt wurde.

3.3. Auch Art6 Abs3 litc EMRK steht daher einer Regelung, wonach ein nichtmittelloser Beschuldiger nach einem Freispruch oder nach Einstellung des Strafverfahrens seine Verteidigerkosten nicht in voller, sondern nur in teilweiser Höhe ersetzt bekommt, nicht entgegen. Inwiefern im vorliegenden Fall eine Diskriminierung gemäß Art14 EMRK vorliegen sollte, ist […] nicht erkennbar."

3. Die Antragstellerin trat in ihrer dazu eingebrachten Replik der Äußerung der Bunderegierung im Wesentlichen mit den bereits im Antrag vorgetragenen Argumenten entgegen und stellte darüber hinaus einen Rechtsvergleich mit anderen europäischen Staaten an, in denen bei Freispruch Verteidigerkosten sowie (zum Teil) auch ein Verdienstentgang des Angeklagten ohne betragsmäßiges Limit ersetzt würden.

IV. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwogen:

Der Antrag ist unzulässig.

1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.

Nach §62a Abs1 erster Satz VfGG kann eine Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache rechtzeitig ein zulässiges Rechtsmittel erhebt und wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, gleichzeitig einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben.

Voraussetzung eines Parteiantrages auf Normenkontrolle ist sohin – entsprechend der Formulierung des Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG – die Einbringung eines Rechtsmittels in einer "in erster Instanz entschiedenen Rechtssache", also eines (gemäß §62a Abs1 erster Satz VfGG rechtzeitigen und auch sonst zulässigen) Rechtsmittels gegen eine die Rechtssache erledigende Entscheidung erster Instanz. Außerdem muss der Parteiantrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG" aus Anlass" der Erhebung eines Rechtsmittels gestellt werden, was §62a Abs1 erster Satz VfGG dahin präzisiert, dass der Parteiantrag "gleichzeitig" mit dem Rechtsmittel zu stellen ist.

2. Der Antrag wurde gleichzeitig mit der gegen den Beschuss des Landesgerichtes für Strafsachen Graz erhobenen Beschwerde eingebracht. Auch liegt dem Verfassungsgerichtshof keine Mitteilung des zuständigen Gerichtes vor, dass die Beschwerde unzulässig sei.

Dass es sich um eine in erster Instanz entschiedene Rechtssache handelt, ist nicht zweifelhaft (und wird auch von der Bundesregierung nicht bestritten); die Festsetzung der Höhe des Beitrages zu den Kosten der Verteidigung nach einem rechtskräftigen Freispruch kann nur mittels Rechtsmittels gegen die diesbezügliche Entscheidung (und schon mangels Entscheidung über den Kostenbeitrag im Urteil nicht mit Rechtsmittel in der Hauptsache) bekämpft werden.

3. Ein Gesetzesprüfungsantrag ist u.a. nur dann zulässig, wenn die behauptete Verfassungswidrigkeit mit einer gänzlichen oder teilweisen Aufhebung der angefochtenen Norm beseitigt würde (vgl. etwa VfSlg 16.191/2001, 19.178/2010 und VfGH 2.7.2015, G303/2015). Dies ist hier in Ansehung der Worte "der Verteidigung" nicht der Fall:

3.1. Die Bedenken der Antragstellerin richten sich unter anderem dagegen, dass nach der Rechtsprechung der Strafgerichte der (von §393a Abs1 zweiter Satz StPO auch betroffene) Anspruch auf Ersatz der Barauslagen nicht den Ersatz des mit dem persönlichen Erscheinen vor Gericht verbundenen Aufwandes des Angeklagten umfasse (OGH 17.9.1986, 9 Os 99/86, OLG Linz 12.4.2013, 9 Bs 59/13k). §393a StPO sehe nämlich nur einen Beitrag zu den "Kosten der Verteidigung" (vgl. §393a Abs1 erster Satz StPO), dh. der mit der Vertretung durch einen Verteidiger verbundenen Kosten, vor (vgl. Lendl, WK-StPO, 2014, §393a Rz 7).

3.2. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, dass die behauptete Verfassungswidrigkeit der Nichtersatzfähigkeit von Fahrtkosten des Angeklagten zum Gerichtsort durch die allfällige Aufhebung der Worte "der Verteidigung" in §393a Abs1 erster Satz StPO beseitigt würde: Die im Antrag zitierte Judikatur stützt sich in ihrer Begründung, warum Reisekosten (als Barauslagen) von §393a Abs1 StPO nicht erfasst seien, nicht darauf, dass diese keine "Kosten der Verteidigung" darstellten, sondern darauf, dass Fahrtkosten von vornherein vom strafprozessualen Kostenbegriff nicht erfasst seien (vgl. §381 Abs1 StPO) und durch die Einführung der Beitragspflicht des Bundes mit dem Strafverfahrensänderungsgesetz 1983, BGBl 168, die den Gesamtumfang des Begriffes der Verfahrenskosten umschreibende taxative Aufzählung des §381 Abs1 StPO nicht erweitert worden sei.

Da das Ziel des Aufhebungsantrages, nämlich den mit dem persönlichen Erscheinen des Angeklagten vor Gericht verbundene Aufwand (Fahrtkosten) ersetzt zu erhalten, durch die Aufhebung der Worte "der Verteidigung" im ersten Satz des §393a Abs1 StPO idF BGBl I 71/2014 also nicht erreicht würde, ist der Antrag bezüglich dieser Worte als unzulässig zurückzuweisen.

4. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Aus dieser Grundposition folgt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011). Dagegen macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen, soweit die Präjudizialität für den gesamten Antrag gegeben ist, nicht zur Gänze unzulässig, sondern führt, ist der Antrag in der Sache begründet, im Falle der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. VfSlg 16.989/2003 mwN, 19.684/2012 und 19.746/2013).

Vor dem Hintergrund der von der Antragstellerin dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken erweist sich der Anfechtungsumfang in Bezug auf den vierten Satz in §393a Abs1 StPO als zu eng gewählt:

4.1. Wenn die Antragstellerin das Bedenken äußert, dass infolge der im vierten Satz des §393a Abs1 StPO statuierten Beschränkung des Pauschalbeitrages für einen freigesprochenen oder sonst nach Durchführung einer Hauptverhandlung außer Verfolgung gesetzten Angeklagten sogar existenzgefährdende Schäden entstehen könnten, wendet sie sich der Sache nach nicht bloß gegen die im vierten Satz des §393a Abs1 StPO statuierte betragsmäßige Begrenzung des Pauschalbeitrages.

Bei einer bloßen Aufhebung des angefochtenen vierten Satzes des §393a Abs1 StPO würde dem Rest des §393a Abs1 StPO ein Inhalt zukommen, der dem Gesetzgeber nicht zusinnbar ist. Der Gesetzgeber wollte in §393a Abs1 StPO dem freigesprochenen oder sonst nach Durchführung einer Hauptverhandlung außer Verfolgung gesetzten Angeklagten lediglich einen bestimmten Beitrag zu den Kosten der Verteidigung, nicht jedoch eine Entschädigung gewähren, welche die Kosten der Verteidigung – bei einer typisierten Betrachtung – in jedem Fall zur Gänze abdeckt.

4.2. Da die Antragstellerin – vor dem Hintergrund ihrer verfassungsrechtlichen Bedenken – den gesamten §393a Abs1 StPO anfechten hätte müssen, ist der Antrag auf Aufhebung (bloß) des vierten Satzes in §393a Abs1 StPO unzulässig.

V. Ergebnis

Der Antrag ist zurückzuweisen.

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