Dauernder Standort eines in Deutschland zugelassenen, im Inland verwendeten PKWs (Mittelpunkt der Lebensbeziehungen)
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw,Adresse, vertreten durch steuerl.Vertreter, gegen den Bescheid des Finanzamtes xxxxxx betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für den Kalendermonat Juli 2006 sowie Verhängung eines Verspätungszuschlages entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Nach der Aktenlage wurde der Berufungswerber vom Finanzamt mit Schreiben vom 18. Dezember 2007 als Auskunftsperson wegen des "Verdachtes der widerrechtlichen Verwendung des KFZ mit dem ausländischen Kz xxx (D)" vorgeladen.
Mit Schreiben vom 4. Jänner 2008 teilte der Bw mit, er könne den Termin, da er sich wegen geschäftlicher Angelegenheiten nicht in Österreich befinde, nicht wahrnehmen. Er gehe davon aus, dass die Klärung von Sachverhalten auch anderweitig, z.B. schriftlich erfolgen könne. Er ersuche um schriftliche Mitteilung, was sich konkret unter dem "Verdacht einer widerrechtlichen Verwendung eines Kraftfahrzeuges" verberge, da er sich darunter absolut nichts vorstellen könne. Ferner bitte er um Mitteilung der Rechtsgrundlagen zur Anforderung von privaten Unterlagen über Kauf und Versicherung eines Kraftfahrzeuges, das in Deutschland zugelassen sei.
Mit Schreiben vom 15. Jänner 2008 erging eine weitere Vorladung (als Auskunftsperson) an den Bw. Der Bw sollte am 24. Jänner 2008, 10.00 Uhr, beim Finanzamt vorsprechen und den Leasing- bzw. Kaufvertrag, KFZ-Papiere, Versicherungsunterlagen des KFZ und einen Lichtbildausweis mitbringen. Als Grund der Vorladung wurde angegeben, dass auf Grund seines KFZ mit deutschem Kennzeichen Erhebungen wegen der NoVA durchgeführt werden würden.
Mit E-Mail vom 23. Jänner 2008 hat der Bw dem Finanzamt mitgeteilt, dass er den Termin nicht wahrnehmen könne. Der E-Mail wurde der KFZ-Schein als Pdf-Datei angehängt. In der E-Mail wurde vorgebracht, der Bw habe zwar einen Wohnsitz in Österreich, an dem er sich häufig aufhalte, aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit nie länger als vier Wochen hintereinander und auf`s Jahr bezogen max. 3 bis 5 Monate insgesamt. Ein weiterer Wohnsitz befinde sich in A, dem eindeutigen Mittelpunkt seiner Lebensinteressen. Das Fahrzeug befinde sich also nie länger als einen Monat in Österreich und werde auch immer wieder zu Fahrten nach D, z.B. Mittenwald, Garmisch, München und natürlich A benutzt. Das Fahrzeug habe also keinen dauernden Standort in Österreich und werde auch nicht länger als ein Jahr in Österreich genutzt. Darüber hinaus sei wohl als dauernder Standort für das Fahrzeug A anzusehen, da der Wohnsitz dort nach dem DBA Deutschland-Österreich für alle steuerlichen Pflichten ausschlaggebend sei. Für weitere Rückfragen stehe er gerne zur Verfügung. Infos seien auch unter seiner Homepage (Angabe der beruflichen Internet-Adresse) zu finden.
Das Finanzamt hat dem Bw mit Bescheid vom 21. Februar 2008 sodann die Normverbrauchsabgabe für das Fahrzeug in Höhe von 3.916,29 Euro zur Nachzahlung vorgeschrieben und einen Verspätungszuschlag von 10 % in Höhe von 391,63 € verhängt.
In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, § 82 Abs. 8 KFG idF BGBl. Nr. 123/2002 in Geltung ab 14. August 2002 laute: "Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dauerndem Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gem. § 37 ist nur während eines Monats ab Einbringung in das Bundesgebiet zulässig." Habe das Fahrzeug sohin seinen dauernden Standort in Österreich, was nach § 82 Abs. 8 KFG bei Verwendung durch eine Person mit dem Hauptwohnsitz im Inland grundsätzlich (Standortvermutung) anzunehmen sei, so sei die Verwendung ohne inländische Zulassung nur drei Tage (§ 82 Abs. 8 aF) bzw. nunmehr einen Monat (leg. cit. neue Fassung) nach Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist fehle dem Fahrzeug die für die Verwendung auf inländischen Straßen mit öffentlichem Verkehr erforderliche Zulassung iSd. § 37 KFG 1967. Werde es trotzdem weiter verwendet, handle es sich um ein nicht ordnungsgemäß zugelassenes Kraftfahrzeug, dessen Verwendung auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland den Steuertatbestand der widerrechtlichen Verwendung erfülle (vgl. VwGH 21.5.1996, 95/11/0378). Der Bw und seine Ehefrau seien mit Hauptwohnsitz an o.a. Adresse seit 30.3.2005 gemeldet. Die Bemessungsgrundlage zur Berechnung der NoVA sei aufgrund nicht vorgelegter Rechnung bzw. Leasingvertrag mit einem 20%igen Sicherheitszuschlag für etwaige Sonderausstattungen geschätzt worden.
Die mit Schreiben vom 3. März 2008 fristgerecht eingebrachte Berufung richtete sich sowohl gegen die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe als auch gegen die Verhängung des Verspätungszuschlages. In der Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, der Bw sei deutscher Staatsbürger und in A unter der angegebenen Adresse seit 1983 wohnhaft. Mit Kaufvertrag vom 16. Juni 2004 hätten seine Frau und er in B, xxxx, eine Eigentumswohnung erworben. Einen Wohnsitz iSd. § 26 Abs. 1 BAO hätten sie mit Übernahme der Wohnung im Dezember 2004 in Österreich begründet und diesen Wohnsitz bei der Gemeinde B angemeldet.
Ihr Wohnsitz in A , von dem aus er seine berufliche Tätigkeit als Steuerberater ausübe, sei nie aufgegeben worden. Seine Aufenthalte in Österreich zu Freizeitzwecken würden sich nachweislich auf insgesamt ca. drei bis fünf Monate im Jahr, immer wieder unterbrochen von Aufenthalten in Deutschland, beschränken. Insoweit dürfe eindeutig feststehen, dass der Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen, insbesondere unter Berücksichtigung der familiären, beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen in A liege. Steuerlich würden seine Frau und er gemeinsam beim Finanzamt A -Süd unter der Steuernummer xxxxx veranlagt.
Am 16. Juli 2008 wurde der Bw vom Finanzamt als "Verdächtiger" einvernommen. Laut der vom Bw unterfertigten Niederschrift hat der Bw seine Ausführungen in der Berufung vom 3.3.2008 aufrecht erhalten, wonach sich sein Aufenthalt in Österreich auf Freizeitzwecke beschränke. Er räumte ein, dass er während seines Aufenthaltes bestimmte berufliche Angelegenheiten wahrnehme, z.B. Telefongespräche oder E-Mailverkehr mit seinen Klienten abführe. Anlässlich des Kaufes der Liegenschaft in B habe er auch die Erklärung gem. § 11 Abs. 2 Tiroler Grundverkehrsgesetz abgegeben. Der Begriff Freizeitwohnsitz bedeute für ihn, dass eine Wohnung vorübergehend für maximal 6 Wochen zur Freizeit benützt werde. Im Übrigen verweise er nochmals auf die Nutzung dieses Wohnsitzes wie in der Berufung ausgeführt. Er vertrat die Auffassung, dass die Normverbrauchsabgabepflicht aus dem Umstand, dass seine Frau und er den Wohnsitz in B lediglich für 3 bis 5 Monate mit Unterbrechungen nützen würden, nicht abgeleitet werden könne.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 21. Juli 2008 hat das Finanzamt die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, der Bw und seine Ehefrau seien seit 30.3.2005 mit Hauptwohnsitz an der o.a. Adresse (Anmerkung der Referentin: gemeint xxxx, B ) gemeldet. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vom 16.7.2008 habe der Bw hinsichtlich der Nutzung des Wohnsitzes in B auf die Berufung vom 3.3.2008 verwiesen. Der Bw und seine Ehefrau würden demnach den Wohnsitz für drei bis 5 Monate mit Unterbrechungen nutzen. Diese Aussage widerspreche der von ihm und seiner Ehefrau am 16.6.2004 unterfertigten Erklärung nach § 11 Abs. 2 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes von 1996, wonach sie sich verpflichtet hätten, keine Wohnsitz zu Freizeitzwecken an der oben bezeichneten Adresse zu schaffen.
Der Normverbrauchsabgabe würden gemäß § 1 Z 3 NoVAG Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen unterliegen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz im Inland in das Bundesgebiet und in diesem (über drei unmittelbar auf ihre Einbringung in das Bundesgebiet folgende Tage hinaus) verwendet würden, da diese bis zum Gegenbeweis als Fahrzeuge mit dauerndem Standort im Inland anzusehen seien. Bewohne der Halter eines PkWs mit deutschem Kennzeichen zum einen seine in Österreich befindliche Wohnung mit seiner Gattin über drei Monate und kehre laufend zurück, so stelle dieser österreichische Wohnsitz trotz eines weiteren Wohnsitzes in Deutschland den "ordentlichen Wohnsitz" des Halters dar. Mangels Gegenbeweises befinde sich der dauernde Standort des Fahrzeuges mit deutschem Kennzeichen in Österreich.
Mit Schreiben vom 20. August 2008 hat der steuerliche Vertreter des Bw fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt.
Das Finanzamt unterstelle wider besseres Wissen, dass der Fahrzeughalter einen Hauptwohnsitz in Österreich habe. Diese Annahme sei nachweislich unrichtig und werde auch durch die Mitteilung an die Statistik Austria vom Datum bzw. an die Gemeinde B vom Datumsangabe widerlegt. Das heiße, zum Zeitpunkt der Fahrzeugzulassung am 10.7.2006 habe ebenfalls kein Hauptwohnsitz in Österreich bestanden. Ebenso werde auf die Ausführungen zum Wohnsitz gemäß der Berufung vom 3. März 2008 verwiesen. Es handle sich um einen Wohnsitz iSd. § 26 BAO und iSd. § 1 Abs. 6 des Meldegesetzes. Der Meldepflicht sei mit der Wohnsitzanmeldung bei der Gemeinde B nachgekommen worden. Die Kriterien eines Hauptwohnsitzes gemäß § 1 Abs. 7 des Meldegesetzes seien nicht erfüllt, da eben der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen nicht in Österreich liege.
Insoweit sei der Tatbestand des § 1 Z 3 NoVAG nicht erfüllt, dass das Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen von einer Person mit Hauptwohnsitz in Österreich eingeführt und verwendet werde. Die Zulassung sei in A wie für deutsche Staatsbürger mit Hauptwohnsitz in Deutschland üblich erfolgt.
Ergänzend werde hinzugefügt, dass das Fahrzeug auch für dienstliche Zwecke im Rahmen der Tätigkeit als Steuerberater in Deutschland genutzt werde. Unter den gegebenen Voraussetzungen sei daher eine gesetzliche Verpflichtung zur Zulassung in Österreich nicht ersichtlich.
Die Auslegung des Finanzamtes, dass der Wohnsitz in Österreich und eine jährliche Nutzung von drei bis fünf Monaten im Jahr mit Unterbrechungen genüge, um die Normverbrauchsabgabe festzusetzen, entbehre einer abgabenrechtlichen Grundlage und sei in der Berufungsvorentscheidung auch nicht begründet worden.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gem. § 1 Z 3 NoVAG unterliegt der Normverbrauchsabgabe - abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmen - die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland. Als erstmalige Zulassung gilt u.a. die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der Normverbrauchsabgabe erbracht. Durch die Einführung dieses Auffangtatbestandes (BGBl. I Nr. 122/1999) sollten all jene Fälle, in denen nur zum Zweck der Vermeidung der Normverbrauchsabgabe dauerhaft im Inland verwendete Fahrzeuge im Ausland zugelassen werden, der Normverbrauchsabgabe unterworfen werden (vgl. VwGH 28.5.2008, 2006/15/0064).
Nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeuge mit dauerndem Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gem. § 37 ist nur während eines unmittelbar auf seine Einbringung in das Bundesgebiet folgenden Monats zulässig.
Aus der Formulierung in § 82 Abs. 8 erster Satz KFG 1967, wonach Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen sind, ist laut VwGH abzuleiten, dass diese Standortvermutung nicht nur auf von Privatpersonen verwendete Fahrzeuge, sondern auch von Unternehmen verwendete Fahrzeuge anzuwenden ist. § 82 Abs. 8 erster Satz KFG 1967 ist laut VwGH als lex specialis zu § 40 Abs. 1 leg. cit. zu sehen, welcher hinsichtlich des dauernden Standortes eines Fahrzeuges den Grundsatz normiert, "als dauernder Standort eines Fahrzeuges gilt der Hauptwohnsitz des Antragstellers, bei Fahrzeugen von Unternehmungen der Ort, von dem aus der Antragsteller über das Fahrzeug hauptsächlich verfügt" (vgl. VwGH 28.10.2009, 2008/15/0276).
Hat ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen keinen dauernden Standort im Bundesgebiet, so darf es auf Straßen mit öffentlichen Verkehr nur verwendet werden, wenn es vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht worden ist (§ 79 KFG). Es ist dabei jedoch zu beachten, dass erst bei durchgehender Verwendung des Fahrzeuges von mehr als einem Jahr im Inland die Zulassungspflicht im Inland ausgelöst wird, wobei durch jede Auslandsfahrt diese Frist unterbrochen wird und neu zu laufen beginnt.
Der Bw hat bereits in der E-Mail vom 23. Jänner 2008 bestritten, am inländischen Wohnsitz und nicht in A seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen gehabt zu haben, hat dies auch in der Berufung, anlässlich der Vernehmung am 16. Juli 2008 und im Vorlageantrag an den UFS aufrecht erhalten und die aus seiner Sicht dafür sprechenden Gründe angeführt. Das Vorbringen des Bw ist nach Ansicht der Referentin widerspruchsfrei und schon deshalb nicht hinsichtlich seiner Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen, zumal der Bw bereits bei seiner Erstaussage (E-Mail vom 23. Jänner 2008) betont hat, den Wohnsitz im Inland auf`s Jahr bezogen max. drei bis fünf Monate im Jahr zu bewohnen und auf seine berufliche Tätigkeit als Steuerberater in A hingewiesen hat.
Ein vom Finanzamt in der Begründung zur BVE behaupteter Widerspruch zwischen dem vom Bw behaupteten tatsächlichen Umfang der Nutzung des inländischen Wohnsitzes und seiner Erklärung gem. § 11 Abs. 2 Tiroler Grundverkehrsgesetz kann aus Sicht der Referentin weder als Beweis für die Unrichtigkeit der Angaben herangezogen werden noch reichen Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage aus, um von ihrer Unrichtigkeit auszugehen. Waren aus Sicht des Finanzamts die Angaben des Bw zur tatsächlichen Nutzung des inländischen Wohnsitzes zweifelhaft, ist es seine Aufgabe, diese Zweifel im Wege entsprechender Ermittlungen zu beseitigen oder zu erhärten.
Das Finanzamt stützt die Abweisung in der Begründung zur Berufungsvorentscheidung lediglich auf die Annahme, dass dann, wenn der Halter eines PkWs mit deutschem Kennzeichen zum einen seine in Österreich befindliche Wohnung mit seiner Gattin über drei Monate (Anmerkung der Referentin: gemeint wohl im Jahr) bewohne und laufend zurückkehre, dieser österreichische Wohnsitz trotz eines weiteren Wohnsitzes in Deutschland den "ordentlichen Wohnsitz" des Halters darstelle. Mangels Gegenbeweises befinde sich der dauernde Standort des Fahrzeuges mit deutschem Kennzeichen in Österreich.
Abgesehen davon, dass die Annahme des Finanzamtes, der Hauptwohnsitz (iSd. § 82 Abs. 8 KFG 1967) des Bw im Inland könne aus dem Bewohnen der Wohnung in B mit seiner Gattin "über drei Monate" abgeleitet werden kann, weder im Gesetz noch in Rechtsprechung und Literatur Deckung findet, ist das Finanzamt eine Begründung dafür schuldig geblieben, weshalb es den Gegenbeweis (für die aus dem inländischen Hauptwohnsitz bzw. Sitz abgeleitete Standortvermutung im Inland) als nicht erbracht erachtet und welche Beweise der Bw aus Sicht des Finanzamtes schuldig geblieben ist.
Fest steht im gegenständlichen Fall, dass das Fahrzeug auf den Bw unter der Adresse in A, an der er - wie die Abfrage seiner Internet-Homepage ergeben hat - auch sein Einzelunternehmen (Steuerberater) betreibt, seit 10. Juli 2006 zugelassen ist. Der Bw bestreitet nicht, dass das Fahrzeug im Inland verwendet wurde. Laut Abfrage des Finanzamtes vom 10. Oktober 2007 im Zentralen Melderegister haben der Bw und seine Gattin seit 30.3.2005 einen Hauptwohnsitz in B gemeldet. Der Bw und seine Gattin haben nach den vom Finanzamt nicht in Zweifel gezogenen Angaben des Bw ihren seit 1983 in A bestehenden (weiteren) Wohnsitz beibehalten.
Entgegen der Annahme des Finanzamtes ist bei zwei Wohnsitzen der Hauptwohnsitz (das FA bezeichnet diesen als "ordentliche Wohnsitz") nicht (allein) nach der Aufenthaltsdauer am inländischen Wohnsitz zu bestimmen, hinsichtlich derer sich das Finanzamt im Übrigen nicht festgelegt hat.
Bei mehreren Wohnsitzen ist der "Hauptwohnsitz" danach zu bestimmen, wo eine Person den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen hat (vgl. dazu VwGH 28.5.2008, 2006/15/0064). Als Hauptwohnsitz im Sinne des § 82 Abs. 8 leg. cit. ist jener Ort anzusehen, an dem sich die betreffende Person in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, ihn bis auf Weiteres als Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen zu wählen (vgl. VwGH 21.5.1995, 95/11/0256). Zur Bestimmung des Hauptwohnsitzes kommt es auch nicht darauf an, ob eine Person unter einer bestimmten Anschrift gemeldet ist. Die Meldung besagt nämlich lediglich, dass die Person gegenüber der Meldebehörde eine bestimmte Wohnung als ihren Wohnsitz oder Hauptwohnung angegeben hat, dies muss aber keineswegs bedeuten, dass sie dort auch tatsächlich ihren Hauptwohnsitz begründet bzw. inne hat (VwGH 27.4.1982, 82/11/0054), zumal erfahrungsgemäß die Angaben gegenüber der Meldebehörde nicht näher überprüft werden. Der amtlichen Wohnsitzmeldung kommt daher nur Indizwirkung zu, sie vermag aber die Beurteilung der tatsächlichen Lebensumstände nicht zu ersetzen (vgl. auch Berufungsentscheidung des UFS, Außenstelle Innsbruck, vom 27. Februar 2009, RV/0195-I/06).
Ebensowenig kann aus dem Umstand, dass der Bw und seine Gattin beim Erwerb des unbebauten Grundstückes, auf dem die Eigentumswohnung errichtet wurde, eine Erklärung nach § 11 Abs. 2 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes abgegeben haben, wonach sie durch den beabsichtigten Rechtserwerb (unbebautes Grundstück) keinen Freizeitwohnsitz schaffen würden, auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bw (und seiner Gattin) geschlossen werden. Eine unzulässige Verwendung als Freizeitwohnsitz wäre lediglich eine mit Geldstrafe bedrohte Verwaltungsübertretung. Ob mit der behaupteten Verwendung des Wohnsitzes gegen das Tiroler Grundverkehrsgesetz verstoßen wurde, ist für die Beurteilung der Normverbrauchsabgabepflicht aber ohnedies ohne Bedeutung.
Nach Ansicht der Referentin sprechen folgende Umstände dafür, dass der Bw (und seine Gattin) 2006 den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen nicht in Österreich gehabt haben, als auch dafür, dass das Fahrzeug weitaus überwiegend in Deutschland verwendet wurde:
Der Bw ist nach den vom Finanzamt unwidersprochen gebliebenen Angaben, die auch durch eine Internetabfrage bestätigt wurden (Homepage des Bw), seit Mai 2001 als Steuerberater an der in A bekannt gegeben Adresse tätig, sodass davon auszugehen ist, dass er sich schon aus beruflichen Gründen regelmäßig und insbesondere an Arbeitstagen in A aufhält. Aus dem Akteninhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür und wurde vom Finanzamt auch nicht behauptet, dass die Gattin des Bw die Eigentumswohnung in einem zeitlich gesehen größeren Umfang bewohnt hätte als der Bw und der Bw aus diesem Grund über engere persönliche Beziehungen im Inland verfügt hätte. Überdies hat der Bw anlässlich seiner Einvernahme vom 16. Juli 2008 angegeben, dass er für ein 25-jähriges "Kind" sorgepflichtig (Student) sei. Auch wenn der Sohn bereits erwachsen ist, ist aus dieser vom Finanzamt nicht in Frage gestellten Tatsache abzuleiten, dass der Bw und seine Gattin zumindest einen engen familiären Anknüpfungspunkt in Deutschland haben, während solche im Inland vom Finanzamt nicht unterstellt wurden. Angesichts des Umstandes, dass der Bw und seine Gattin bereits seit 1983 einen (nach wie vor aufrechten) Wohnsitz in A haben und erst seit März 2005 (und damit bei Zulassung des Fahrzeuges etwas mehr als ein Jahr) in B ansässig sind (war), ist der Schluss zulässig, dass für den Bw 2006 noch insgesamt engere persönliche Beziehungen (Bekannte, Freunde, BerufskollegInnen) zu Deutschland bestanden haben und in Folge der Beibehaltung des Wohnsitzes diese Beziehungen auch weiterhin gepflegt werden konnten. Das Finanzamt geht in der Begründung zur Berufungsvorentscheidung von einer laufenden Rückkehr an den inländischen Wohnsitz aus, was impliziert, dass der Bw auch laufend nach A gefahren ist.
Ausgehend von den von der Referentin angeführten tatsächlichen Lebensumständen des Bw gelangt die Referentin in freier Beweiswürdigung zu der Ansicht, dass der Bw im Jahr 2006 zu Deutschland (an seinem deutschen Wohnsitz) über wesentlich engere familiäre, berufliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Beziehungen verfügt hat als im Inland. Unter den gegebenen Umständen kann aus Sicht der Referentin sohin nicht davon ausgegangen, dass der Bw im Jahr 2006 seinen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen (Hauptwohnsitz) in Österreich gehabt hätte.
Folglich kann aber der dauernde Standort des KFZ des Bw nicht iSd. des 82 Abs. 8 KFG am inländischen Wohnsitz vermutet werden und muss der Bw daher auch keinen (die Standortvermutung widerlegenden) Gegenbeweis erbringen.
Allein die Tatsache, dass das strittige Fahrzeug den dauernden Standort im Ausland hat, schließt zwar die Zulassungspflicht im Inland gem. § 79 KFG nicht aus, wenn das Fahrzeug vor der darin normierten Jahresfrist ins Inland eingebracht wurde. Von einer durchgehenden Verwendung des Fahrzeuges von mehr als einem Jahr im Inland kann aber bereits auf Grund der Zulassung am 10.7.2006 im Jahr 2006 nicht ausgegangen werden.
Der Bescheid wäre aber auch aus einem anderen Grund aufzuheben gewesen. Das Finanzamt hat die Normverbrauchsabgabe für den Monat Juli 2006 festgesetzt und damit unterstellt, dass das Fahrzeug, das am 10.7.2006 auf den Bw in Deutschland zugelassen wurde, in diesem Monat in das Bundesgebiet eingebracht wurde, auf Grund des (vom FA unterstellten) Hauptwohnsitzes seinen dauernden Standort im Inland hatte, und hier länger als einen Monat ohne Zulassung verwendet wurde. Es sah daher die Steuerschuld gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 NoVAG mit Ablauf des Monats Juni im Kalendermonat Juli 2006 als entstanden an. Dies ist aber bereits deshalb nicht möglich, weil der Bw auf Grund der erst am 10.7.2006 erfolgten Zulassung das Fahrzeug nicht im Inland länger als einen Monat ohne Zulassung verwendet haben kann.
Da der Tatbestand des § 1 Z 3 NoVAG nicht erfüllt ist, hat er keine Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung versäumt. Daher war der Bescheid insgesamt ersatzlos aufzuheben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am 28. Jänner 2010
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 1 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991 |
Schlagworte: | NoVA, Standortvermutung, Fahrzeug, Hauptwohnsitz |
Verweise: | VwGH 21.05.1996, 95/11/0378 |