Sind Zahnbehandlungskosten aus einer Behinderung resultierende Mehraufwendungen, die im tatsächlich nachgewiesenen Ausmaß zusätzlich zu den Pauschbeträgen nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu gewähren sind?
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw., W., Hgassexy, vom 1. Oktober 2007 gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 8/16/17, vertreten durch ADir. Mold, vom 7. September 2007 betreffend die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für den Zeitraum 2002 bis 2004 entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) erzielte in den Streitjahren 2002, 2003 und 2004 Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit.
Dem Akteninhalt ist zu entnehmen, dass der Bw. seit dem Februar 1986 an Diabetes mellitus Typ 1 leide und aus diesem Grund insulinpflichtig sei. Er beantragte im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2002 bis 2004 Aufwendungen in Höhe von 2.185,62 € (2002), 877,88 € (2003) und 730,16 € (2004) als außergewöhnliche Belastungen mit Berücksichtigung des Selbstbehaltes in Abzug zu bringen.
Überdies machte er neben dem Pauschbetrag für Behinderung nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 Kosten zahnärztlicher Behandlungen einschließlich der Mundhygiene sowie Aufwendungen für Medikamente und Fahrten etc. in Höhe von 741,46 € (2002), 1.714,91 € (2003) und 2.500,50 € (2004) als außergewöhnliche Belastungen aus eigener Behinderung ohne Abzug eines Selbstbehaltes geltend. Die Kosten der Mundhygiene hätten 360,00 € (2002), 140,00 € (2003) und 170,00 € (2004) betragen.
Das Finanzamt beurteilte in den Einkommensteuerbescheiden der Streitjahre vom 7. September 2007 die vom Bw. beantragten Zahnarztkosten in Höhe von 513,40 (2002), von 1.534,58 (2003) und von 2.231,26 (2004) zwar als außergewöhnliche Belastungen, jedoch unter Berücksichtigung des Selbstbehaltes und brachte die übrigen Kosten aus eigener Behinderung ohne Anrechnung auf den Selbstbehalt nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen im Ausmaß von 228,06 € (2002), 180,33 € (2003) und 269,24 € (2004) einkommensteuermindernd in Abzug.
In der dagegen erhobenen Berufung führte der Bw. aus, Typ 1 Diabetiker zu sein. Beim Diabetes handle es sich um eine chronische Stoffwechselerkrankung, die durch einen erhöhten Blutzuckerspiegel gekennzeichnet sei. Klinische Studien würden zeigen, dass auch Parodontitis zu den schwerwiegenden Folgekrankheiten gehörten. Dabei würden sich Diabetes und Parodontitis gegenseitig beeinflussen. Parodontitis verschlimmere Diabetes und Diabetespatienten mit Parodontitis hätten größere Probleme, den normalen Blutzuckerspiegel zu erhalten.
Die Parodontitis sei eine bakteriell bedingte Entzündung, die sich in einer weitgehend irreversiblen Zerstörung des Zahnhalteapparates zeige. Daher sei die konsequente Behandlung und Kontrolle der Parodontitis, die Sanierung einer Zahnfleischentzündung und letztlich der Zähne ein wesentlicher Beitrag zur Kontrolle diabetischer Komplikationen. Mit Ausnahme von Zahnerkrankungen wäre der Bw. mit Spätkomplikationen auf Grund des Diabetes noch nicht konfrontiert worden. Er sehe alle Aufwendungen im Rahmen der Zahnbehandlungen (Mundhygiene, Zahnarzt) in einem direkten Zusammenhang mit seiner Zuckerkrankheit. Somit würden diese Ausgaben außergewöhnliche Belastungen bei einer Behinderung ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes sein.
Der Bw. verwies in diesem Zusammenhang auf Internetfachberichte über Diabetes und Parodontitis und deren Wechselwirkungen. Weiters führte der Bw. die ihm auferlegte Befristung des Führerscheins ins Treffen und eine Tarifauskunft der Z. Versicherung hinsichtlich einer Krankenversicherung, nach der Diabetes mellitus ein Ausschlussgrund bei stationären und ambulanten Tarifen inklusive Zahnarztkosten sei.
Die Abgabenbehörde erster Instanz ersuchte im weiteren Verfahren den Bw. schriftlich um erneute Vorlage der bereits retournierten Honorarrechnungen über die streitgegenständlichen Zahnarztleistungen. Damit könne die Art der konkreten Leistungen aus Sicht der in den Fachbeiträgen geschilderten Inhalte über Parodontose festgestellt werden.
Der Bw. legte im Folgenden Honorarnoten vor:
Jahr 2002
Rechnung Dr. FR v. 24.1.2002 über 1 Lokal Anästhesie | 10,90 € |
R. v. 10.6.2002 über eine Lokal Anästhesie | 10,90 € |
R. v. 19.6.2002 über eine Lokal Anästhesie und einen Seitenzahn - Komp. 1 fl 24b | 50,14 € |
R. v. 16.7.2002 über 1 Lokal Anästhesie | 10,90 € |
R. v. 21.10.2002 über einen Titanstift | 32,70 € |
R. v. 13.11.2002 über 1 Lokal Anästhesie | 10,90 € |
R. v. 27.11.2002 über einen Seitenzahn - Komp. 2-fl. 45od | 50,14 € |
Summe Refundierungen HH.A. | -77,10 € |
Summe | 99,48 € |
Jahr 2003
R. v. 29.4.2003 über einen Stiftaufbau und einem Provisorium | 218,01 € |
R. v. 22.5.2003 über ein Provisorium | 43,60 € |
R. v. 3.7.2003 über eine Verblend Metall Keramikkrone | 650,00 € |
R. v. 8.7.2003 über einen gegossenen Stiftaufbau zu vorhandener Verblend Metall Keramikkrone | 215,00 € |
R. v. 2.9.2003 über einen Aufbau mit Höckerdeckung | 160,00 € |
Summe Refundierungen HH.A. | -172,97 € |
Summe | 1.113,64 € |
Jahr 2004
R. Dr. FR v. 2.2.2004 über einen Titanstift | 32,70 € |
R. Dr. CY über Mehrflächenfüllung und Parodontaltherapie | 140,00 € 70,00 € |
R. Dr. CY Mehrflächenfüllung | 60,00 € |
R. CY Stiftaufbau eine Krone | 220,00 € 620,00 € |
R. Dr. CY eine Anästhesie, Aufbau mit Höckerabdeckung, Komposit Einflächenfüllung | 563,00 € |
R. Dr. CY kleine Füllung | 58,50 € |
R. Dr. CY über einen Stiftaufbau und einer Krone | 785,00 € |
Summe Refundierungen HH.A. | -417,94 € |
Summe | 2.061,26 € |
In der am 7. Juli 2008 ergangenen abweisenden Berufungsvorentscheidung hat die Abgabenbehörde erster Instanz die geltend gemachten Zahnarztkosten in Höhe von 99,48 € für 2002, 1.113,64 € für 2003 und 2.061,26 € für 2004 als außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt beurteilt. Die vom Bw. beantragten Kosten der Mundhygiene im Ausmaß von 360,00 € für 2002, 140,00 € für 2003 und 170,00 € für 2004 blieben einkommensteuerrechtlich unberücksichtigt.
In den Begründungsausführungen dieser Entscheidung verwies das Finanzamt auf die Bestimmung des § 34 EStG 1988, nach der Aufwendungen für eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung folgende Voraussetzungen erfüllen müssten:
Sie müssen außergewöhnlich (Abs. 2) sein, zwangsläufig (Abs. 3) erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Gemäß § 4 der Verordnung BGBl. 303/1996 iVm § 35 Abs. 7 EStG 1988 seien bei Vorliegen von Aufwendungen aus einer körperlichen oder geistigen Behinderung, insoweit nicht pflegebedingte Geldleistungen erhalten werden, nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung (zusätzlich zu den Freibeträgen gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 bzw. Krakendiätverpflegungssätzen gemäß § 2 der Verordnung BGBl. 303/1996) im tatsächlich nachgewiesenen Ausmaß, somit ohne Selbstbehalt, als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
In diesem Zusammenhang behandelte das Finanzamt die Kosten der Mundhygiene als geradezu typisch als allgemein erwachsende Aufwendungen der Zahnerkrankungsvorsorge, somit weder als außergewöhnlich noch als eigentliche Krankheitskosten. Sie seien vielmehr als Aufwendungen zahntechnischer und zahnmedizinischer Prophylaxe anzusehen, die einkommensteuerrechtlich nicht in Ansatz zu bringen wären.
Weder die Hinweise auf die Internetbeiträge, noch der Schriftverkehr über "Aktionsvorteile" bei der privaten Krankenversicherung, noch die eingewandte Diabetes bedingte Befristung des Führerscheines würden schlüssig darlegen, dass die dargelegten Zahnarztkosten ausschließlich durch die Diabeteserkrankung bedingt gewesen wären. Dadurch stünde auch nicht fest, dass diese Kosten unmittelbare Aufwendungen der Heilbehandlung aus eigener Behinderung sein sollten.
Die Abgabenbehörde erster Instanz wies überdies auf das Fehlen einer in diesem Sinne erbrachten ärztlichen Bestätigung hin, sodass die in Streit stehenden Aufwendungen, wie oben dargelegt, im Ergebnis als außergewöhnliche Belastung unter Beachtung des Selbstbehaltes zu beurteilen gewesen wären.
Mit seinem Antrag auf Vorlage der Berufung übermittelte der Bw. eine Bestätigung des ihn behandelnden Zahnarztes Dr. CY mit dem Hinweis, dass auf Grund des Typ 1 Diabetes eine dauernde und sorgfältige Therapie der Zähne des Bw. und seines Zahnhalteapparates dringend erforderlich sei und damit nach Ansicht des Bw. auch ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Erkrankung des Bw. und seinen Zahnbehandlungen erklärt werden könne. Weiters sei aus einer Stellungnahme des Versicherungsmaklers Herrn M. U. zu einer Krankenversicherungsanfrage abzuleiten, dass für Diabetiker - wie im Berufungsfall - Krankenversicherungen Österreichweit nicht angeboten würden, da die Versicherungen einen direkten Zusammenhang zwischen der vorliegenden Erkrankung und den damit eventuell verbundenen, teuren Arztkosten sehen würden. Dieser Zusammenhang würde jedoch im konkreten Fall bezüglich der Zahnarztkosten vom Finanzamt nicht in dieser Weise wahrgenommen werden.
Dr. CY bestätigte am 21. Juli 2008 Folgendes:
"Herr M. V.H. ist seit 27.5.2002 in meiner Praxis Patient. Auf Grund seiner chronischen Erkrankung (Diabetes mellitus Typ 1) ist eine dauernde und sorgfältige Therapie seiner Zähne und seines Zahnhalteapparates dringend erforderlich. Vor allem regelmäßige Paradontaltherapie ist, um den Verlust seiner Zähne zu verhindern, absolut notwendig."
Einem Antwortschreiben des M. U. vom 2. August 2008 zu einer Anfrage des Bw. betreffend eine Versicherung ist zu entnehmen, dass der Zugang für insulinpflichtige Diabetiker derzeit leider nicht möglich sei. Als Gründe dafür werde zum einen die bei Krankenversicherungen fehlende Kündigungsmöglichkeiten nach einem eingetretenen Schadensfall, zum anderen die hohe Wahrscheinlichkeit von Folgeerkrankungen genannt. Der Versicherer sehe hier keine Möglichkeit seine Leistungen wirkungsvoll einzuschränken, bzw. fürchte, dass jede Ablehnung von Leistungen in diesem Bereich mit einem Rechtsstreit ende.
Über die Berufung wurde erwogen:
Im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass der Bw. seit dem Jahre 1986 an Diabetes mellitus (Typ 1) erkrankt ist und ihm im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung sowohl ein Freibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 in Höhe von 99,00 € als auch Pauschbeträge nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung in Höhe von 840,00 € zuerkannt wurden.
Dem Bw. entstanden in den Jahren 2002 bis 2004 unter anderem Zahnarztkosten einschließlich der Kosten für Mundhygiene im nachfolgenden Ausmaß:
2002 | 2003 | 2004 | |
Reine Zahnarztkosten | 99,48 € | 1.113,64 € | 2.061,26 € |
Mundhygiene | 360,00 € | 140,00 € | 170,00 € |
Summe | 459,48 € | 1.253,64 € | 2.231,26 € |
Die Bezahlung dieser Krankheitskosten ist durch die Vorlage von Rechnungen und Zahlungsbelegen sowie durch Feststellungen des Finanzamtes als erwiesen anzunehmen.
In rechtlicher Hinsicht bestimmt § 34 Abs. 1 EStG 1988, dass bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen sind. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2),
sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs.3) und
sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs.4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Aufwendungen, die durch eine Krankheit des Steuerpflichtigen verursacht werden, sind außergewöhnlich. Sie erwachsen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig. Unter Krankheit ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu verstehen, die eine Heilbehandlung bzw. Heilbetreuung erfordert. Nicht abzugsfähig sind daher Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit (vgl. Doralt, EStG Kommentar § 34 Tz 78).
Für die Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung ist erforderlich, dass nachweislich eine Krankheit vorliegt, die zu beurteilende Behandlung in direktem Zusammenhang mit dieser Krankheit steht und eine taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit darstellt. Die Aufwendungen erwachsen demnach aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig.
Liegt eine Krankheit vor, dann sind grundsätzlich jene Kosten nach Kürzung durch den Selbstbehalt abzugsfähig, die der Heilung, Besserung oder dem Erträglichmachen einer Krankheit dienen (vgl. Doralt, EStG Kommentar § 34 Tz 78).
Für bestimmte aus einer Behinderung resultierende Mehraufwendungen können auf Grund der in § 34 Abs. 6 und § 35 Abs. 7 EStG 1988 enthaltenen Verordnungsermächtigung und der dazu ergangenen Verordnung BGBl. 1996/303 idF BGBl II 1998/91 idF BGBl II 2001/416 nur die in der Verordnung angeführten Aufwendungen zusätzlich zu den Pauschbeträgen nach § 35 Abs 3 EStG 1988 im tatsächlich nachgewiesenen Ausmaß beansprucht werden, sofern sie im Zusammenhang mit der Behinderung stehen (vgl § 4 Verordnung - Kosten nicht regelmäßig anfallender Aufwendungen betreffend Hilfsmittel und Heilbehandlung).
So hat auch der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen zum Ausdruck gebracht, dass Krankheitskosten, die auf eine Erkrankung zurückgehen, die in keinem Zusammenhang mit der Behinderung steht (z.B. Kosten der Augenoperation eines wegen Beinamputation Behinderten), neben den Pauschbeträgen des § 35 EStG bzw. den tatsächlich aus der Behinderung erwachsenden Kosten nur nach den allgemeinen Regeln des § 34 EStG geltend gemacht werden, also durch Kürzung um den Selbstbehalt des § 34 Abs. 4 EStG (vgl. VwGH 28.9.1983, Zl. 82/13/0111, v. 28.5.1986, Zl. 85/13/0119 u.v. 18.5.1995, Zl. 93/15/0079).
Grundsätzliche Voraussetzung für die Berücksichtigung von Aufwendungen aus dem Titel der Behinderung ist, dass die Aufwendungen außergewöhnlich und zwangsläufig sind.
Vor diesem Hintergrund gilt es im Berufungsfall zu beurteilen, ob die vom Bw. als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Zahnarztkosten einschließlich der Kosten für Mundhygiene als Krankheitskosten im Zusammenhang mit der Diabeteserkrankung des Bw. gestanden sind.
Der Bw. brachte diesbezüglich vor, dass er alle Aufwendungen im Rahmen der Zahnbehandlungen (Mundhygiene, Zahnarzt) in einem direkten Zusammenhang mit seiner Zuckerkrankheit sehe und stützte sich dabei auf die oben genannte Bestätigung des Dr. CY.
Auf Basis dieser Bestätigung sei Diabetes mellitus Typ 1 eine chronische Erkrankung und in ihrem Zusammenhang eine dauernde und sorgfältige Therapie der Zähne und des Zahnhalteapparates erforderlich. Eine regelmäßige Parodontaltherapie verhindere dabei, als absolut notwendige Maßnahme, den Verlust der Zähne.
Daraus ergibt sich für den Unabhängigen Finanzsenat zweifelsfrei, dass es sich bei einer Parodontaltherapie um eine Prophylaxe zur Vermeidung einer Parodontose handelt, wobei an der Erhaltung eines entzündungsfreien Zustandes des Zahnhalteapparates gearbeitet wird. Demnach stellt die im Berufungsfall angegebene notwendige Parodontaltherapie eine Maßnahme zur Vermeidung von möglichen Folgeerscheinungen einer Zuckerkrankheit, wie zB. der Parodontose und des Verlustes der Zähne dar. Die damit zusammenhängenden Kosten der Mundhygiene wurden daher zur Vorbeugung von Krankheiten sowie Erhaltung der Gesundheit aufgewendet, um letztlich Zahnbehandlungs- und Zahnersatzkosten zu vermeiden.
Im Ergebnis stellen somit die zu beurteilenden Kosten der Mundhygiene in Höhe von 360,00 € (2002), 140,00 € (2003) und 170,00 € (2004) Aufwendungen zahnmedizinischer Prophylaxe dar und waren nicht als Krankheitskosten zu beurteilen, weshalb ihre Außergewöhnlichkeit und Abzugsfähigkeit zu verneinen war.
In gleicher Wiese war dem Vorbringen des Bw., aus der oben wiedergegebenen Bestätigung des Dr. CY , seien sämtliche im Zusammenhang mit dem Einsetzen von Keramikkronen erfolgten Zahnbehandlungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Diabetes Erkrankung zu sehen, nicht zu folgen.
Zum einen gab es im Berufungsfall für den auch nach der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geforderten ursächlichen Zusammenhang der Krankheitskosten mit der Behinderung keinen konkreten Nachweis, zumal die vorgelegte zahnärztliche Bestätigung lediglich eine regelmäßigen Prophylaxe zur Vermeidung einer Parodontose für notwendig erklärte. Daraus geht jedoch ein unmittelbarer Zusammenhang der angefertigten Keramikkronen samt der Beanspruchung der dazu notwendigen Zahnbehandlungen mit der Diabetes Erkrankung des Bw. nicht hervor.
Zum anderen entspricht es auch nicht den täglichen Erfahrungen des Lebens ohne einen solchen Nachweis, Kosten für Zahnimplantate grundsätzlich als krankheitsbedingte Folgeerscheinungen von Diabetes anzunehmen, treffen doch solche Zahnersatzkosten auch eine Vielzahl von Personen, die nicht an einer Zuckerkrankheit leiden.
Daraus resultiert im Ergebnis, dass die zu beurteilenden Zahnersatzkosten grundsätzlich Krankheitskosten darstellen, die jedoch nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Behinderung stehen und deshalb im Rahmen des § 34 Abs. 1 EStG 1988 nur nach Abzug des Selbstbehaltes berücksichtigt werden können.
Dass nach einer Versicherungsauskunft der Zugang zu einer Krankenversicherung für insulinpflichtige Diabetiker derzeit nicht möglich sei und als Grund unter anderem die hohe Wahrscheinlichkeit von Folgeerkrankungen genannt wurde, vermag den im Berufungsfall geforderten unmittelbaren Zusammenhang der in Rede stehenden Zahnbehandlungskosten mit der Erkrankung des Bw. nicht zu beweisen.
Beilagen: 3 Berechnungsblätter
Wien, am 25. September 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Diabetes mellitus, Mundhygiene, Zahnersatzkosten |