VwGH 93/15/0079

VwGH93/15/007918.5.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des R in K, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. März 1993, Zl. GA 5-1778/92, betreffend Jahresausgleich für 1990, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §35 Abs1;
EStG 1988 §35 Abs5;
EStG 1988 §35 Abs1;
EStG 1988 §35 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist körperbehindert. Im Hinblick auf diese Behinderung beantragte er im Rahmen seines Jahresausgleichs für 1990 die Berücksichtigung tatsächlicher Aufwendungen in Höhe von S 33.445,-- als außergewöhnliche Belastung. Unter Bezugnahme auf ein im Vorakt des Finanzamtes befindliches amtsärztliches Zeugnis des Gesundheitsamtes vom 11. November 1988, mit dem ihm eine Körperbehinderung wegen Zuckerkrankheit im Ausmaß von 25 % bescheinigt worden war, beantragte der Beschwerdeführer aus demselben Titel den Abzug eines weiteren Betrages von S 11.400,-. Nach Einsichtnahme und Rückstellung der vom Beschwerdeführer anläßlich einer persönlichen Vorsprache beim Finanzamt vorgewiesenen Belege berücksichtigte das Finanzamt im Jahresausgleichsbescheid für 1990 bloß einen Betrag von S 12.396,--, bestehend aus dem Pauschalbetrag für eine Diabetesdiät gemäß der Verordnung des Bundesministers für Finanzen BGBl. Nr. 675/1988 in Höhe von S 11.400,-- sowie dem pauschalen Behindertenfreibetrag gemäß § 35 Abs 3 EStG 1988 in der Höhe von S 996,--.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wies das Finanzamt in dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren strittigen Punkt mit Berufungsvorentscheidung ab. Der Beschwerdeführer beantragte daraufhin die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Das Finanzamt forderte den Beschwerdeführer in der Folge auf, wegen der zu treffenden Berufungserledigung sämtliche Belege betreffend seine Krankheitsaufwendungen vorzulegen und einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen seiner "Krankheit" bzw. Behinderung und diesen Aufwendungen nachzuweisen. Darüber hinaus ersuchte das Finanzamt den Beschwerdeführer um Erbringung des Nachweises, daß die gemäß Bescheid des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. April 1991 im Ausmaß von 70 % gegebene Körperbehinderung bereits im Jahr 1990 bestanden habe.

Der Beschwerdeführer teilte dem Finanzamt hierauf mit, er habe sämtliche Belege dem Finanzamt übergeben und diese wären somit nicht in seinem Besitz. Weiters zählte der Beschwerdeführer eine Reihe von Krankheiten, an denen er leide, und von ihm verwendeter Arzneimittel auf, ohne jedoch eine Verbindung zwischen den "Krankheiten" und den Heilmitteln herzustellen. Der Beschwerdeführer verwies nur pauschal darauf, daß alle geltend gemachten Aufwendungen im ursächlichen Zusammenhang mit seiner Behinderung stünden. Angeschlossen wurde eine Ablichtung des vorhin erwähnten Bescheides des Landesinvalidenamtes, allerdings ohne das einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildende Beiblatt mit den wesentlichen Ergebnissen des ärztlichen Begutachtungsverfahrens.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung in dem noch strittigen Punkt der wegen der Körperbehinderung des Beschwerdeführers für diesen entstandenen außergewöhnlichen Belastung über das vom Finanzamt anerkannte Ausmaß hinaus ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen u.a. durch eine eigene körperliche Behinderung, so steht ihm gemäß § 35 Abs 1 EStG 1988 ein Freibetrag (Abs 3 leg cit) zu.

Gemäß Abs 5 dieser Gesetzesstelle können anstelle des Freibetrages auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat den Abzug der vom Beschwerdeführer geltend gemachten tatsächlichen Aufwendungen über das schon vom Finanzamt gewährte Ausmaß hinaus auf dem Boden der eben wiedergegebenen Rechtsvorschriften im wesentlichen mit der Begründung nicht anerkannt, dieser habe weder das Gesamtausmaß seiner Behinderung von der zuständigen Stelle (Gesundheitsamt) feststellen lassen noch den Zusammenhang zwischen beantragtem Aufwand und Krankheit (richtig: Behinderung) dargelegt.

Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde vor, für die Feststellung des Gesamtausmaßes der Behinderung sei in seinem Fall das Landesinvalidenamt zuständig gewesen, somit habe er den gesetzlichen Nachweis seiner Behinderung erbracht. Auch sei ihm zu Unrecht eine Verletzung seiner Mitwirkungspflicht an der Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes vorgeworfen worden. Habe er doch seiner Jahresausgleichserklärung die Originalrechungsbelege der BVA sowie Belege für Heilbehelfe, Rezeptgebühren und Verbandszeug beigelegt. Aus diesen gingen der Gesamtbetrag der Aufwendungen zur Behandlung seiner "Krankheiten und Leiden" und auch der Zusammenhang zwischen "Krankheit" und "Krankheitskosten" eindeutig hervor.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tritt der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung in den Hintergrund, wenn es um abgabenrechtliche Begünstigungen geht; es liegt an der Partei, die Umstände darzulegen, die für die Begünstigung sprechen (vgl. bspw. die hg. Erkenntnisse vom 1. Oktober 1991, Zl. 91/14/0077, und vom 11. Mai 1993, Zl. 90/14/0019; Ritz, BAO-Kommentar, Rz 12 zu § 115).

Im vorliegenden Fall ist dem Beschwerdeführer in der Tat eine Verletzung seiner Mitwirkungspflicht in bezug auf nur ihm bekannte Umstände anzulasten. Er hat sich im Abgabenverfahren auf eine Bestätigung des Gesundheitsamtes vom 11. November 1988 und auf einen Bescheid des Landesinvalidenamtes vom 16. April 1991 gestützt. Durch erstere wird nur eine in der Zuckerkrankheit gelegene Körperbehinderung im Ausmaß von 25 % bescheinigt, durch letzteren zwar eine Körperbehinderung von 70 %. Wegen Fehlens des einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildenden Beiblattes mit den wesentlichen Ergebnissen des ärztlichen Begutachtungsverfahrens läßt sich aber aus diesem Bescheid nicht ersehen, welcher Art die Behinderung des Beschwerdeführers ist und welche der zahlreichen vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Krankheiten durch diesen Bescheid erfaßt sind. Ohne Kenntnis hierüber konnte die belangte Behörde auch nicht zwischen Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Behinderung stehen, und Aufwendungen, die darüber hinaus der Behandlung sonstiger, allenfalls nicht der Behinderung zuzurechnender Krankheiten dienen, unterscheiden. Ganz abgesehen davon, daß das Landesinvalidenamt damals noch nicht "zuständige Stelle" iS des § 35 Abs. 2 EStG 1988 bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art war - die Zuständigkeit des Landesinvalidenamtes neben der des Gesundheitsamtes bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art wurde durch Art. I Steuerreformgesetz 1993, BGBl. Nr. 818/1993, erst mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 1994 begründet -, weswegen der in Rede stehende Bescheid selbst bei vollständiger Vorlage im Abgabenverfahren keinen tauglichen Nachweis über das Ausmaß der Körperbehinderung des Beschwerdeführers dargestellt hätte, war dieser Bescheid somit aus den angeführten Gründen kein Mittel zum Nachweis bzw. zur Bescheinigung, daß die dem Beschwerdeführer erwachsenen Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach auf seine Körperbehinderung zurückzuführen waren.

Die Bescheinigung des Gesundheitsamtes macht Beweis nur für die Zuckerkrankheit des Beschwerdeführers und über das Ausmaß seiner daraus resultierenden Behinderung. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Zuckerkrankheit und den zahlreichen vom Beschwerdeführer angewendeten Heilmitteln läßt sich nicht ohne weiteres erkennen. Der Beschwerdeführer wäre deshalb bei Geltendmachung höherer Beträge als der Pauschbeträge als außergewöhnliche Belastung zu einer diesen ursächlichen Zusammenhang erkennen lassenden Darstellung verpflichtet gewesen. Ohne dieselbe war es somit nicht rechtswidrig, daß die belangte Behörde auch wegen der Zuckerkrankheit des Beschwerdeführers keine höhere außergewöhnliche Belastung anerkannt hat als zuvor das Finanzamt.

Da dem angefochtenen Bescheid auf Grund des Gesagten die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs 2.

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