UFS RV/1314-W/05

UFSRV/1314-W/0511.8.2006

Einklang von Spruch und Begründung

 

Entscheidungstext

 

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des LP, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom 19. Mai 2005, betreffend Zurückweisung des Antrages vom 5. Juli 2004 auf Neufestsetzung der Umsatzsteuer für die Jahre 1996 bis 2001, entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw) reicht bei der Amtspartei am 5. Juli 2004 folgenden Antrag ein: "Ich stelle hiemit den Antrag auf Neufestsetzung der Umsatzsteuer 1996, 1997, 1998, 1999, 2000 und 2001, da aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 8.5.2003, Rs C-269/00 , "Seeling", mit der volle Vorsteuerabzug bezüglich meiner Liegenschaft in der K-Straße, als Unternehmer zusteht".

Aufgrund eines mit Schriftsatz vom 5. Jänner 2005 gestellten Devolutionsantrages (s RD/0001-W/05) wies die Amtspartei den Neufestsetzungsantrag mit angefochtenem Bescheid vom 19. Mai 2005 zurück. Begründend führte sie aus: "Die Entscheidung des EuGH vom 8.5.2003, Rs-269/00 (Seelingurteil), ist im gegenständlichen Fall nicht anwendbar, weil die Vorsteuern aus den Kosten der Hausrenovierung gegen Ende der 80er Jahre wie folgt aufgeteilt wurden: Abzugsfähige Vorsteuern betreffen die Vermietung im 1. Stock der Liegenschaft und zum Nebengebäude. An diese Aufteilung ist der Abgabepflichtige gebunden (VwGH vom 30.10.2001, 2000/14/0204, und vom 28.5.2002, 98/14/0168, 6. RL 77/388/EWG : Art. 17 Abs. 1). Da der Pflichtige in seiner Umsatzsteuererklärung 1995 für einen Gebäudeteil, der nur teilweise untern. Zwecken dient, von den Errichtungskosten im Jahr der Errichtung des Gebäudes Vorsteuern geltend macht, die den untern. Teil betreffen, ist er an diese Aufteilung gebunden und kann keinen vollen Vorsteuerabzug geltend machen."

In der fristgerechten Berufung führt der Bw aus, dass er immer die Vorsteuern der Errichtungskosten der ganzen Liegenschaft geltend gemacht habe. Ebenso habe er immer die Reparaturkosten und Betriebskosten für die ganze Liegenschaft geltend gemacht. Eine andere Behauptung sie aktenwidrig. Die Entscheidung des EuGH "Seelingurteil" sie jedenfalls vorrangig gültig.

Zu den Anträgen auf Neufestsetzung befragt (s zB auch Bescheid vom 24. Mai 2005, RD/0008-W/05), gab der Bw am 22. April 2005 niederschriftlich an, er stelle dann Anträge auf Neufestsetzung, wenn die Drei-Monatsfrist für die beantragte Wiederaufnahme bereits abgelaufen sei. Er sehe seine Anträge auf Neufestsetzung gestützt auf §§ 293, 295 und 299 BAO. Die Normen würden sich hier überschneiden.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Rechtsgrundlagen: § 289 Abs. 1 BAO lautet. Ist die Berufung weder zurückzuweisen (§ 273) noch als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1, § 275) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 274) zu erklären, so kann die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Berufung durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Berufungsvorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Im weiteren Verfahren sind die Behörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im Aufhebungsbescheid dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

Gemäß § 289 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz außer in den Fällen des Abs. 1 immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Zu den weiteren Rechtsgrundlagen wird auf den Bescheid vom 24. Mai 2005, RD/0008-W/05, betreffend Devolution eines Antrages auf Neufestsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 1995, verwiesen.

2. rechtliche Würdigung: Die Zurückweisung des zu Grunde liegenden Antrages ergibt sich infolge Unzulässigkeit.Nach der niederschriftlichen Aussage des Bw stellt er immer dann einen (unzulässigen) Antrag auf Neufestsetzung, wenn er die für antragsgebundene Wiederaufnahme nach § 303 Abs. 1 BAO notwendige Einhaltung der Drei-Monatsfrist als abgelaufen ansieht. Der Antrag auf Neufestsetzung im Lichte der niederschriftlichen Erläuterung soll ein auf alle genannten Normen gleichermaßen gestützter Antrag sein. Wie der Bw dargelegt hat, sieht er hier eine Überschneidung von Normen, und nicht einander durch Bedingung ausschließende Anträge, weshalb Eventualanträge nicht angenommen werden können. Der Bw sieht vielmehr seinen Antrag auf Neufestsetzung auf alle genannten Normen gleichermaßen gestützt. Ein solches Begehren ist in der Bundesabgabenordnung nicht vorgesehen und liegt damit außerhalb der abgabenrechtlichen Prozessordnung, weshalb der Antrag zu Recht als unzulässig angesehen und zurückgewiesen wurde. Die im angefochtenen Bescheid zum "Seelingurteil" angeführten Überlegungen stellen jedoch nur eine zusätzliche Information gleich einem obiter dictum für den Bw, nicht jedoch Zurückweisungsgründe dar. Zu weiteren Entscheidungsgründen sowie zu zusätzlichen Ausführung zum "Seelingurteil" wird nochmals auf den ha. Bescheid RD/0008-W/05 verwiesen.

Wien, am 11. August 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 289 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 288 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Berufungsentscheidung, Begründung, Bescheid

Verweise:

UFS 24.05.2005, RD/0008-W/05

Stichworte