UFS RV/0491-L/05

UFSRV/0491-L/055.10.2005

Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten bei noch nicht abgewickeltem Hauptgeschäft.

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2005/14/0118 eingebracht. Mit Erk. v. 17.4.2008 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Ludwig Kreil und die weiteren Mitglieder Hofrat Mag. Marco Laudacher, Dr. Ernst Grafenhofer und Mag. Waltraud Schirz über die Berufung der AAG, vertreten durch EG, vom 8. März 2005 gegen die Bescheide des Finanzamtes L, vertreten durch Mag.P., vom 2. Februar 2005 betreffend Körperschaftsteuer 2000 bis 2002 nach der am 28. September 2005 in 4010 Linz, Zollamtstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

1. Bei der Bw. wurde eine Betriebsprüfung durchgeführt. Der Prüfer stellte folgendes fest:

Vom geprüften Unternehmen werde seit 2000 (erstmalig) neben einer Rückstellung für Provisionen aus den Lieferungen des Monates Dezember auch eine Rückstellung für den Auftragsstand dotiert, der zum jeweiligen Bilanzstichtag gegeben sei (also wenn noch keine Lieferungen vorlägen).

Rückstellungen für Provisionsverpflichtungen seien erst dann zulässig, wenn der Gewinn aus dem vermittelten Geschäft (Hauptgeschäft) realisiert werde oder wenn aus dem Hauptgeschäft vor Gewinnrealisierung ein Gesamtverlust (unter Einschluss der Provisionsverpflichtung) drohe. Beides scheine aber im vorliegenden Fall nicht gegeben zu sein.

Vom Prüfer werde daher eine außerbilanzmäßige Zurechnung für jenen Teil vorgenommen, der auf die Rückstellung aus dem Auftragsstand entfalle.

Zurechnung lt. BP:

Für 2000 gesamt 631.587,50 €

Für 2001 gesamt 504.143,47 €

Für 2002 gesamt 138.251,30 €

2. Gegen die aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2000 bis 2002 wurde mit Schreiben vom 8. März 2005 Berufung eingelegt:

Mit den genannten Bescheiden sei die Körperschaftsteuer auf der Basis des Betriebsprüfungsberichtes festgesetzt worden. Dabei seien unter anderem Aufwendungen aus der Bildung von Rückstellungen für Provisionen (Punkt 6 des BP-Berichtes) abweichend zu den eingereichten Steuererklärungen dem Gewinn hinzugerechnet worden.

a. Begehrt werde die Anerkennung der in den genannten Jahren gebildeten Rückstellungen für Provisionen in oben angeführter Höhe sowie die Gutschrift der daraus resultierenden Minderung an Körperschaftsteuer wie folgt:

 

Festsetzung bisher

Gutschrift lt. Berufung

Festsetzung lt. Berufung

KÖSt 2000

883.339,46 €

214.739,75 €

668.599,71 €

KÖSt 2001

2.304.602,44 €

171.408,78 €

2.133.193,66 €

KÖSt 2002

1.466.160,18 €

47.005,44 €

1.419.154,74 €

 

4.654.102,08 €

433.153,97 €

4.220.948,11 €

b. Das Unternehmen sei in dem kompetitiven Markt der Automobilindustrie als Lieferant von Aluminiumfelgen tätig und auf die Beschäftigung von selbständigen Handelsvertretern angewiesen, deren Aufgabe es sei, durch entsprechende Kontaktpflege, Interventionen und Lobbying Aufträge für das Unternehmen bei den jeweiligen Autoherstellern zu aquirieren. Die Förderung des Absatzes, die Herstellung einer regen Geschäftsbeziehung und insbesondere die Vermittlung von Aufträgen zählten zu den Aufgaben der von der Firma beauftragten Handelsvertreter. Für die seitens der Handelsvertreter erbrachten Vermittlungsleistungen schulde die Gesellschaft ein Vermittlungsentgelt (Provision), welches von der Höhe der vermittelten Aufträge abhängig sei. Der Anspruch auf diese Provision entstehe mit dem Abschluss der Kundenverträge (Auftragserteilung), während sich die Fälligkeit der Provisionen nach dem Zahlungseingang seitens der Kunden richte. Ein Auftrag gelte als angenommen, wenn er von der Gesellschaft dem Kunden gegenüber schriftlich bestätigt worden sei.

c. Aus der Niederschrift über die Schlussbesprechung gehe lediglich ein allgemein gehaltener Hinweis hervor, dass Rückstellungen für Provisionsverpflichtungen erst dann zulässig seien, wenn der Gewinn aus dem vermittelten Geschäft (Hauptgeschäft) realisiert werde. Dieser Hinweis sei ohne Angabe einer gesetzlichen Grundlage und auch ohne Angabe eines Hinweises auf Richtlinien, Judikatur oder Literatur erfolgt, sodass es der Firma verwehrt sei, im Detail darauf einzugehen. Die von den Steuererklärungen in diesem Punkt abweichend ergangenen Körperschaftsteuerbescheide seien ohne jegliche Begründung (auch ohne Hinweis auf den BP-Bericht) ergangen.

d. § 201 Abs. 1 Z 5 HGB schreibe ausdrücklich vor, dass "Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres unabhängig vom Zeitpunkt der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluss zu berücksichtigen" seien. Der Grundsatz der Periodenabgrenzung bewirke, dass Aufwendungen jener Rechnungsperiode zugerechnet würden, in denen sie entstanden seien. Der Realisationszeitpunkt werde je nach dem zugrundeliegenden Rechtsgeschäft durch die GoB festgelegt. Maßgeblich sei nicht die Rechnungserteilung, sondern die Erbringung der Lieferung oder Leistung (Grohmann, SWK 27/2000, Seite 1028 ff, S 664 ff; Gassner/Lahodny-Karner in Straube, HGB II/RLG, § 201, Rz 43). Eine abweichende zwingende steuerliche Norm bestehe weder im EStG, noch im KStG, sodass diesbezüglich das Handelsrecht Maßgeblichkeit gemäß § 5 Abs. 1 EStG zwingend entfalte. Auch § 9 EStG könne eine abweichende einschränkende steuerliche Norm nicht entnommen werden, weil im gegenständlichen Fall nachweislich eine Rückstellung für eine sonstige ungewisse Verbindlichkeit gegeben sei (§ 9 Abs. 1 Z 3 EStG).

e. Schwebende Geschäfte seien solche, die noch von keiner Seite erfüllt sind (VwGH 19.9.1995, 92/14/0008). Es gelte der Grundsatz, dass die gegenseitigen Forderungen (Vermittlungsleistung gegenüber der Gesellschaft) und Verbindlichkeiten (Provisionsverpflichtung) sich wechselseitig ausgleichen würden und daher buch- und bilanzmäßig überhaupt nicht berücksichtigt werden müssten, solange sie von keiner Seite erfüllt seien. Sei der Vertrag vom Leistungsverpflichteten noch nicht erfüllt (schwebendes Geschäft), würde beim Verkäufer der Ausweis der Leistungsverpflichtung einerseits und der Forderung andererseits eine vorzeitige Gewinnrealisierung bewirken; daher unterbleibe der Ausweis in der Bilanz (Doralt, EStG-Kommentar, § 6, Tz 44). Tatsächlich entscheidend für den Gewinnausweis sei aber, ob der Leistungsverpflichtete geleistet oder geliefert habe. Schwebende Geschäfte seien demnach nicht bilanzierungsfähig, es sei denn, dass Verluste daraus drohten. Diesen drohenden Verlusten sei durch Rückstellungen Rechnung zu tragen, wie auch die BP in der Niederschrift zutreffend anmerke (Doralt, a.a.O., § 6, Tz 50).

Im gegenständlichen Fall sei es eindeutig und zweifelsfrei, dass ein schwebendes Geschäft hinsichtlich des Vermittlungsvertrages nicht mehr vorliege, weil der Handelsvertreter seine Leistungsverpflichtung zur Gänze an das Unternehmen erbracht habe, wofür man ihm ein Provisionsentgelt schulde, welches in der Bilanz durch Bildung einer Rückstellung zu passivieren sei.

Gemäß Vereinbarung erhalte der Handelsvertreter vom Unternehmen "für alle Aufträge, die von den Kunden erteilt werden" eine Provision, bemessen vom Rechnungsbetrag (Punkt fünf des Handelsvertretervertrages mit der Firma V. L. vom 6. Februar/14. Februar 1985). Zu den Bilanzstichtagen im Prüfungszeitraum sei daher unzweifelhaft eine bereits eingetretene Verpflichtung der Gesellschaft vorgelegen, an den Handelsvertreter eine dem Grunde nach bereits feststehende, der Höhe nach noch geringfügig variable Provision für die von ihm noch vor dem Bilanzstichtag erbrachte Vermittlungsleistung zu bezahlen. Es liege somit zweifelsfrei eine Rückstellung für eine ungewisse Verbindlichkeit vor, die gemäß den einschlägigen handelsrechtlichen Vorschriften zu passivieren sei. Mangels einschränkender steuerlicher Norm sei diese Rückstellung gemäß § 5 EStG 1988 auch steuerlich anzuerkennen.

f. Aus dem Grundsatz der Einheitsbewertung ergebe sich die Verpflichtung, jedes einzelne schwebende Geschäft für sich daraufhin zu prüfen, ob Bilanzierungspflicht bestehe. Es sei somit keine Saldierung mit gewinnbringenden gleichartigen schwebenden Geschäften bzw. mit schwebenden Hauptgeschäften vorzunehmen (Doralt, a.a.O., § 9, Tz 36 ff.).

Die Kriterien, die für eine periodengerechte Erfassung von Aufwendungen und Erträgen ausschlaggebend seien, könnten der Ziffer 5 des § 201 HGB nicht entnommen werden. Diese seien aus dem Realisationsprinzip, dem Imparitätsprinzip und den Grundsätzen der Periodenabgrenzung der Sache und der Zeit nach abgeleitet. Demnach seien Aufwendungen im Geschäftsjahr ihrer wirtschaftlichen Verursachung zu erfassen. Dies sei zB. der Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen und die Erfüllung von Tatbeständen, die zu einer Verbindlichkeit bzw. zu einer Rückstellung führten (Adler/Düring/Schmaltz, § 252 HGB, Rz 98; Kütting/Weber, Handbuch, § 252, Rz 95; Gassner/Lahodny-Karner/Urtz in Straube, HGB-Kommentar, § 201, Rz 49 ff.).

Es widerspreche daher eindeutigen Vorschriften des Handelsrechtes vom Ansatz und Ausweis einer Rückstellung abzusehen, mit der Begründung, dass der Verpflichtung ein gleich hoher Aktivposten gegenüberstehe. Noch viel weniger sei es zulässig, von der Passivierung mit dem Argument abzusehen, dass der Provisionsverpflichtung ein Gewinn aus dem vermittelten Geschäft gegenüberstehe. Dies wäre ein Verstoß gegen die Vorschrift des vollständigen Ausweises sämtlicher Verpflichtungen der Gesellschaft (§ 198 Abs. 1 HGB) und der Vorschrift des Saldierungsverbotes (gemäß § 196 Abs. 2 HGB). Posten der Aktivseite dürften nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden. Der Grundsatz der Einzelbewertung hinsichtlich der Vermögensgegenstände und Schulden sei auch explizit in § 201 Abs. 2 Z 3 HGB normiert und mangels abweichender steuerlicher Norm auch für die Anerkennung der gegenständlichen steuerlichen Rückstellung zwingend anzuwenden.

Die Unrichtigkeit eines derartigen Argumentes bezüglich der Verrechnung mit dem Gewinn des schwebenden Hauptgeschäftes, zeige sich auch am Beispiel übriger Lieferungen und Leistungen für bis zum Bilanzstichtag erlangte Aufträge bzw. unfertige Leistungen. Es könne nicht fraglich sein, dass Lieferverbindlichkeiten für erhaltene Waren, die zweifellos im engen Zusammenhang mit dem schwebenden Verkaufsvertrag (Hauptgeschäft) stünden, nicht passivierungspflichtig seien, selbst wenn diesfalls aktivierungspflichtige Herstellungskosten vorlägen.

g. Die BP bzw. das Finanzamt übersehe offenbar, dass es sich hinsichtlich der Vermittlungsprovisionen eindeutig um Vertriebskosten handle, die einer Aktivierung als Herstellungskosten nicht zugänglich seien (§ 6 Z 2 a EStG, § 206 Abs. 1 HGB). Es sei zutreffend, dass die Aufwendungen aus der Auftragsvermittlung bei Vorliegen von Herstellungskosten im Umlaufvermögen zu aktivieren wären, was zu einer gewinnneutralen Behandlung der Provisionsaufwendungen führe. Dies habe offenbar die Betriebsprüfung im Auge gehabt, wenn sie den Provisionsaufwand erst in jener Periode anerkenne, in der auch der Gewinn aus dem vermittelten Geschäft (Hauptgeschäft) realisiert werde.

Es brauche aber nicht näher begründet werden, dass es sich hinsichtlich der Vermittlungsprovision um Kosten des Vertriebes handle, die einem Aktivierungsverbot unterlägen (§ 206 HGB, § 6 Z 2 lit. a EStG 1988).

Bis zum Abgabenänderungsgesetz 1996 habe es im Steuerrecht keine eigene Regelung der Herstellungskosten gegeben. Aufgrund der Rechtslage nach dem RLG sei nach dem Maßgeblichkeitsprinzip (§ 5 EStG 1988) davon ausgegangen worden, dass sich der Umfang der Herstellungskosten in Handels- und Steuerrecht decke (Doralt, EStG, § 6, Rz 117 ff.; Quantschnigg/Schuch, ESt-HB, § 6, Rz 71 und andere). Im Rahmen des Abgabenänderungsgesetzes 1996 sei durch den Finanzausschuss in § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 eingefügt worden, dass zu den Herstellungskosten auch angemessene Teile der Material-und Fertigungsgemeinkosten gehörten. Damit enthalte das EStG 1988 nunmehr einen eindeutigen Verweis auf die handelsrechtlichen Regelungen der Herstellungskosten (vgl. dazu M. Lang, FJ 1999, 164 ff.). Die steuerliche Definition der Herstellungskosten nehme auf die handelsrechtlichen Regelungen des § 203 Abs. 2 HGB Bezug (Gassner in Straube, HGB, § 203, Rz 28).

§ 203 Abs. 3 HGB enthalte auch ein Aktivierungsverbot für Vertriebskosten. Das Aktivierungsverbot umfasse nicht nur die Gemeinkosten, sondern auch die (Sonder)-Einzelkosten des Vertriebes (Fattinger in Bertl/Mandl, RLG, B, II/3.2a, 30). Dafür spreche der allgemeine Wortlaut "Vertriebskosten" (Adler/Düring/Schmaltz, § 255 HGB, Rz 211).

Zu den nicht aktivierbaren Vertriebskosten rechneten alle Personal- und Sachkosten der Vertriebs-, Werbe- und Marketingabteilung, des Vertreternetzes, Kosten der Werbung, Absatzförderung, Marktforschung, Ausstellungs- und Messekosten, Verkäufer- und Kundenschulung sowie Reisekosten des Vertriebsbereiches, Kosten für Warenproben und Muster. Auch die auf den Vertriebsbereich entfallenden Verwaltungsgemeinkosten einschließlich der Abschreibungen auf Vertriebsanlagen könnten nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden (Adler/Düring/Schmaltz, § 255 HGB, Rz 216). Kosten der Auftragserlangung (zB. Erstellung von Angeboten oder Modellen) könnten auch im Falle späterer Auftragserteilung nur in sehr eingeschränktem Umfang den Herstellungskosten zugeordnet werden, wie zB. die Kosten der dem Auftrag zuordenbaren Planungen, Modelle und Reisekosten. Dagegen seien Provisionen und Zahlungen ähnlicher Art, insbesondere die sogenannten nützlichen Abgaben, grundsätzlich nicht aktivierbar (Adler/Düring/Schmaltz, § 255 HGB, Rz 213).

Es sei unzweifelhaft, dass die Messekosten oder die anteiligen Personalkosten der Verwaltung und des Vertriebes für die erlangten Aufträge nicht aktivierungsfähig seien.

Die Bildung der Rückstellung für Provisionsverpflichtungen gegenüber den Handelsvertretern zum Bilanzstichtag könne daher auch nicht mit dem Argument einer mangelnden steuerlichen Auswirkung infolge gleich hoher Aktivierung von Herstellungskosten für den vermittelten Auftrag abgelehnt werden.

h. Aktivierung als aktive Rechnungsabgrenzung:

Als ARA dürften gemäß § 198 Abs. 5 HGB lediglich jene Beträge angesetzt werden, die vor dem Abschlussstichtag zu Ausgaben führten, welche erst nach dem Abschlussstichtag Aufwendungen seien. Die im VwGH-Erkenntnis vom 19.4.1963, 2255/61, geforderte Aktivierung eines antizipativen Aktivpostens als Gegenpost zur Provisionsrückstellung erscheine handelsrechtlich zweifelsfrei unzulässig und komme daher auch in der Steuerbilanz nicht in Betracht. Wesentlichstes Abgrenzungskriterium sei es, dass Ausgaben (Zahlungen) bis zum Bilanzstichtag getätigt würden, die Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag seien (Novotny/M. Tichy, in Straube, HGB, § 198, Rz 80 ff.). Weder die geleistete Zahlung vor dem Bilanzstichtag, noch die Zuordnung des Aufwandes zu einem bestimmten Zeitraum nach dem Bilanzstichtag seien im vorliegenden Fall gegeben, sodass auch ein Ansatz als ARA hinsichtlich des Provisionsaufwandes nicht zulässig sei. Er könne mangels abweichender steuerlicher Norm auch steuerlich nicht eingefordert werden. Das handelsrechtliche Ansatzverbot sei gemäß § 5 EStG 1988 auch steuerlich maßgeblich.

i. Bei Einhaltung und Beachtung der handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Vorschriften werde auch nachgewiesen, dass eine unterschiedliche Behandlung von Provisionsverpflichtungen gegenüber eigenen Dienstnehmern und fremden Vertretern (Handelsvertreter) nicht eintreten könne. Zweifellos stellten die Gehaltsaufwendungen für die vom Dienstnehmer bis zum Bilanzstichtag erbrachten Vermittlungsleistungen eine Verpflichtung gegenüber dem Dienstnehmer dar, weshalb der zugrundeliegende Personalaufwand zuzüglich Personalnebenkosten ordnungsgemäß zu passivieren sei. Eine von dieser allgemein anerkannten Verwaltungspraxis abweichende Behandlung hinsichtlich der Provisionsverpflichtung gegenüber selbständigen Handelsvertretern sei völlig unbegründbar und in keiner Weise nachvollziehbar.

j. § 9 Handelsvertretergesetz - Entstehung des Provisionsanspruches:

Vertreter der Betriebsprüfung hätten in mündlicher Form darauf hingewiesen, dass § 9 Handelsvertretergesetz gesetzlich festlege, dass der Provisionsanspruch erst bei Ausführung des Auftrages durch das Unternehmen an den Kunden entstünde.

In den von der Gesellschaft abgeschlossenen Handelsvertreterverträgen sei festgelegt worden, dass der Handelsvertreter vom Unternehmen "für alle Aufträge, die von den Kunden während des Bestehens des Vertragsverhältnisses erteilt würden", eine Provision erhalte (Punkt 5 des Handelsvertretervertrages mit der Firma V.L., der in diesem Punkt bis heute in Geltung stehe). Auch im Handelsvertretervertrag mit der Firma MSH vom 3. Mai/15. Mai 2000 sei festgelegt worden, dass die MSH für ihre Tätigkeit eine Provision erhalte (§ 5 des Handelsvertretervertrages). Zu den Pflichten der Handelsvertretung gehöre es in erster Linie Verkaufsgeschäfte zu vermitteln (§ 2 Abs. 1 des Handelsvertretervertrages). Die Vermittlungstätigkeit sei wohl spätestens mit der Auftragserteilung seitens des Kunden und mit der Bestätigung der Auftragsannahme durch das Unternehmen erfüllt, sodass die Provisionsverpflichtung spätestens im Zeitpunkt der rechtsgültigen Auftragsbestätigung entstehe und daher insoweit eine Rückstellung für Provisionsverpflichtungen (für bis zum Bilanzstichtag an das Unternehmen vermittelte Verkaufsaufträge) zu bilden sei.

Für den Fall, dass in den Verträgen das Entstehen des Provisionsanspruches nicht gesondert geregelt wäre, werde festgehalten, dass aus § 9 HVG auch nicht die von der BP vertretene zeitliche Verschiebung des Provisionsanspruches zu entnehmen sei. Vielmehr bestätige der Wortlaut dieser Bestimmung, dass "der Anspruch auf Provision mit der Rechtswirksamkeit des vermittelten Geschäftes zwischen dem Unternehmen und dem Dritten" entstehe (Wortlaut § 9 HVG). Der Nebensatz beinhalte lediglich eine aufschiebende Bedingung, die den Provisionsanspruch für den Handelsvertreter endgültig entstehen lasse, wenn der Unternehmer das Geschäft tatsächlich ausführe.

Aus rein formeller zivilrechtlicher Sicht entstehe mit der Rechtswirksamkeit des vom Handelsvertreter vermittelten oder abgeschlossenen Geschäftes zunächst eine Provisionsanwartschaft. Diese Anwartschaft sei bereits abtretbar, verpfändbar oder pfändbar und verdichte sich mit der Ausführung des Geschäftes zu einem Vollanspruch (Nocker, Handelsvertretervertrag, 64, Rz 231).

Der bei Rechtswirksamkeit des vermittelten Geschäftes entstandene Anspruch auf Provision entfalle dann, wenn und soweit feststehe, dass der zwischen Unternehmer und Kunden abgeschlossene Vertrag nicht ausgeführt werde und die Nichtausführung nicht auf Umständen beruhe, die vom Unternehmer zu vertreten seien (Nocker, a.a.O., 69, Rz 254).

Ganz allgemein sei darauf hinzuweisen, dass es inzwischen allgemeine Lehre, Judikatur und Verwaltungspraxis sei, dass auch aufschiebend bedingte Lasten zu passivieren seien und steuerlich anerkannt werden müssten (vgl. VfGH 11.12.2002, B 1609/01, EB zu BudBG 2003, Kodex Steuerrecht 35. Auflage, S 1017, betreffend Rückstellung für aufschiebend bedingte Abfertigungsverpflichtungen - anzuerkennen gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988).

Die Vorschrift des § 9 HVG sei Schutzvorschrift und könne die handelsrechtliche Passivierungsverpflichtung nicht beeinflussen. Im gegenständlichen Fall ergebe sich aber auch die rechtliche Verpflichtung zur Bezahlung von Provisionen für erbrachte Vermittlungsleistungen aufgrund der vom Unternehmen abgeschlossenen Handelsvertreterverträge im Zeitpunkt der Auftragserteilung seitens des Kunden bzw. im Zeitpunkt der Auftragsbestätigung seitens des Unternehmens. Soweit dieser Zeitpunkt vor dem Bilanzstichtag liege, sei aufgrund dieser rechtlichen Verpflichtung in der Bilanz gesetzlich entsprechende Vorsorge zu treffen.

Selbst im Falle der Unterstellung einer mangelnden rechtlichen Provisionsverpflichtung im Zeitpunkt der Auftragsbestätigung bestehe eine Rückstellungsverpflichtung, da nach herrschender Ansicht auch rechtlich noch nicht durchsetzbare Verpflichtungen als faktische Verbindlichkeiten zu berücksichtigen seien, wenn sich ihnen der Kaufmann aufgrund der Branchengepflogenheiten (oder weil sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ernsthaft drohen) nicht entziehen könne (vgl. Adler/Düring/Schmaltz, § 249, Rz 52 ff.; Novotny/M. Tichy in Straube, HGB, § 198, Rz 132). § 198 Z 4 lit. c HGB bestätige diese Auffassung durch die ausdrückliche Erwähnung der "inbesondere" auch zu bildenden Rückstellung für Kulanzen (Novotny/M. Tichy in Straube, HGB, § 198, Rz 1323).

Faktum sei, dass das Unternehmen hinsichtlich der bis zum Bilanzstichtag erteilten und bestätigten Aufträge ohne Schadenersatzverpflichtung (die Schadensrisiken bewegten sich in der zeitkritischen Autozulieferindustrie in existenzgefährdender Höhe) unausweichlich verpflichtet sei, diese termingerecht auszuführen. Damit sei zum Bilanzstichtag die Provisionsverpflichtung bereits unausweichlich, unabdingbar und - abgesehen von der gegebenen rechtlichen Verpflichtung aufgrund der bestehenden Handelsvertreterverträge - auch faktisch entstanden, sodass die Rückstellungen auch deswegen bereits zu bilden seien.

k. EStR 2000 und VwGH vom 19.4.1963, 2255/61:

Auch der Hinweis in den EStR 2000, Rz 3501, wonach Rückstellungen für Provisionsverpflichtungen erst dann zulässig seien, wenn der Gewinn aus dem vermittelten Geschäft realisiert werde, sei nicht geeignet die obigen Ausführungen zu widerlegen. Maßgebend sei hier das VwGH-Erkenntnis vom 19.4.1963, 2255/61. In diesem Erkenntnis sei ein offenbar nicht protokollierter Baumeister Beschwerdeführer gewesen. Die dort strittige Provision sei bereits 1951 für ein konkretes Bauvorhaben vereinbart worden und habe eine Rückstellung für Bauablöse betroffen. Der VwGH sei zur Auffassung gelangt, dass eine enge wirtschaftliche Wechselbeziehung zwischen dem Bauauftrag und der Bauablöse bzw. der Provisionszusage bestehe, sodass der Rückstellung ein mindestens gleich hoher antizipativer Aktivposten gegenüberzustellen war.

Es bedürfe keiner weitergehenden Erläuterung, dass dieses Erkenntnis auf den vorliegenden Sachverhalt in keiner Weise übertragbar sei. Abgesehen vom völlig unterschiedlichen Sachverhalt sei es ganz offenkundig, dass aufgrund der hier gegebenen § 5-Ermittlung sowie der Änderungen des Handelsrechtes (zB. RLG) eine völlig andere Ausgangsbasis bestehe. Es liege auch eine völlig andere Gesetzeslage vor (EStG 1988 statt EStG 1963).

l. Festgesetzt habe man auch Anspruchszinsen, deren Neufestsetzung ebenfalls begehrt werde:

Zinsen 2000 gesamt 35.671,32 €

Zinsen 2001 gesamt 23.723,17 €

Zinsen 2002 gesamt 22.359,49 €.

m. Weiters beantrage man eine mündliche Verhandlung und die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat.

3. Seitens des Sachbearbeiters des Finanzamtes wurde die Groß-BP mit Schreiben vom 15. April 2005 ersucht, zur Berufung Stellung zu nehmen. Verwiesen wurde dazu auch auf den Aufsatz von Bertl/Fraberger in der RWZ, 2003/34, "Bilanzierung von Provisionen beim Auftraggeber").

Mit Schreiben vom 17. Mai 2005 nahm die Groß-BP wie folgt Stellung: Die Prüfungsfeststellungen beruhten auf den Ausführungen in den EStR 2000, Rz 3501 und der dort zitierten VwGH-Rechtsprechung. Zur Vertragstätigkeit gehöre unter anderem auch die Überwachung und Abwicklung der abgeschlossenen Geschäfte. Diese sei mit dem Abschluss eines Rahmenvertrages für ein Jahr im vorhinein noch nicht erfüllt. Die Berufung sei daher vollinhaltlich abzuweisen.

4. Die Berufung über die Anspruchszinsen wurde mit BVE vom 15. April 2005 als unbegründet abgewiesen.

5. Am 16. Juni 2005 wurde die Berufung vom 8. März 2005 gegen die Körperschaftsteuerbescheide für 2000 bis 2002 vom 2. Februar 2005 dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt:

a. Im Beiblatt zur Vorlage führte die Amtspartei folgendes aus:

Das Finanzamt als Amtspartei beantragt die gegenständliche Berufung als unbegründet abzuweisen und begründet diesen Antrag wie folgt:

(1) Für die Berufungswerberin sind selbständige Handelsvertreter tätig. Im Einzelnen wurden folgende Verträge abgeschlossen:

A. Handelsvertretervertrag vom 6.2./14.2.1985 mit dem Einzelunternehmen V. L. (ansässig in der Bundesrepublik Deutschland; Seite 420 bis 423 des Arbeitsbogens).

In dieser Vereinbarung ist unter anderem folgendes vorgesehen:

Die Berufungswerberin betraut die Firma L. mit ihrer Exklusivvertretung für Aluminiumräder gegenüber der Autofirma und ihren Werken in Europa (Punkt 1.). Die von der Fa. L. auszuübende Tätigkeit wird wie folgt umschrieben (Punkte 1.1 bis 1.4):

Förderung des Absatzes der Vertragsgegenstände durch Herstellung einer regen Geschäftsverbindung mit dem Kunden; Überwachung und Abwicklung der abgeschlossenen Geschäfte; Mitwirkung bei der Beilegung von Meinungsverschiedenheiten mit dem Kunden z.B. Gewährleistungsforderungen, die im Rahmen der Geschäftsabwicklung entstehen sollten; Mitteilung der erforderlichen Nachrichten.

In Punkt 2. dieses Vertrages ist festgelegt, dass die Berufungswerberin frei ist, von der Fa. L. vermittelte Aufträge anzunehmen oder abzulehnen. Punkt 6. normiert, dass die Berufungswerberin der Fa. L. spätestens bis zum Ende des der Auslieferung folgenden Monates eine Provisionsabrechnung erteilt.

Dieser Handelsvertretervertrag ist nach Gründung der L. OHG mit dieser fortgeführt worden, wobei im Nachtrag vom 6. Dezember 1999 lediglich die Höhe des Provisionssatzes geändert wurde (Seite 441 des Arbeitsbogens).

Aus der Wiedergabe der den Handelsvertreter treffenden Verpflichtungen folgt, dass das Vorbringen in der Berufung (S. 9 unten und S. 10 oben), wonach mit dem Abschluss der Vermittlungstätigkeit der Handelsvertreter alle seine Leistungen an die Berufungswerberin erbracht hat, unzutreffend ist.

Zur Vertragstätigkeit gehört eben auch die Überwachung und Abwicklung der abgeschlossenen Geschäfte durch den Handelsvertreter.

B. Handelsvertretervertrag vom 3.5./15.5.2000 mit der Fa. MSH (Seite 437 bis 429 des Arbeitsbogens)

Ähnlich ist die Sachlage für diesen Vertrag zu beurteilen (vgl. § 2 Abs 1 dieses Vertrages wonach die MSH auch im Bereich der technischen Beratung eine erfolgsorientierte und zeitgemäße Unterstützung leistet). Hinsichtlich des Provisionsanspruches ist in § 5 Abs. 2 dieses Vertrages darüber hinaus bestimmt, dass die Handelsvertretung keinen Anspruch auf Provision hat, wenn und soweit feststeht, dass der Kunde keine Zahlung leistet. Weiters wird festgelegt, dass die Provision jeweils 14 Tage nach Ablauf des Monates fällig ist, innerhalb dessen die Zahlung des Kunden eingegangen ist.

(2) Ab dem Jahr 2000 wurde bei der Dotierung des Rückstellung für Provisionsansprüche der Handelsvertreter damit begonnen; auch eine Rückstellung für den Auftragsstand der zum jeweiligen Bilanzstichtag gegeben ist, einzustellen, dh es wurden bei der Bildung der Rückstellung auch jene möglichen Provisionsansprüche aus vermittelten Geschäften eingestellt, die zum Bilanzstichtag durch die Berufungswerberin noch nicht ausgeführt waren (vgl. Punkt 6 der Niederschrift zur Schlussbesprechung vom 19. Oktober 2004).

A. Diese Vorgangsweise widerspricht sowohl der handelsrechtlichen als auch der steuerrechtlichen Lehre sowie der Rechtsprechung des VwGH. Der VwGH hat bereits im Erkenntnis vom 19.4.1963, 2255/61, ausgesprochen, dass die Passivierung des künftigen Provisionsanspruches von der Durchführung des Hauptgeschäftes abhängig ist und daher eine Rückstellungsbildung in Wirtschaftsjahren vor der Ausführung des vermittelten Geschäftes unzulässig ist. Auch von Doralt wird festgehalten, dass Provisionsverpflichtungen erst rückstellungsfähig sind, wenn der Gewinn aus dem Hauptgeschäft ausgewiesen ist (vgl. Doralt, EStG 1988, Tz 35 zu § 9, unter dem Stichwort "Provisionsverpflichtungen"). Die steuerliche und handelsrechtliche Unzulässigkeit der aufwandswirksamen Dotierung einer Rückstellung für Provisionen von Handelsvertretern vor Ausführung des vermittelten Geschäftes wird auch von Gassner vertreten (vgl. "Rückstellungen in Handels- und Steuerbilanzen", ÖStZ 1978, 258 [266] unter Punkt 4.). Ferner ist auf die Ausführungen von Nowotny/M. Tichy im Kommentar von Straube zum HGB (2. Band, 2. Auflage, Tz 142 zu § 198) zu verweisen, wonach Provisionen erst auszuweisen sind, wenn der Gewinn aus dem Hauptgeschäft auszuweisen ist, dh wenn der Gewinn aus dem Hauptgeschäft realisiert ist. Diese Ansicht stimmt auch mit der deutschen Lehre überein (vgl. zB Berger/M. Ring in Beck´scher Bilanzkommentar, § 249, Rz 100 - Stichwort "Provisionsverpflichtungen", die folgendes ausführen: "Provisionsverpflichtungen gegenüber Handelsvertretern sind wirtschaftlich verursacht und deshalb zu passivieren, wenn der Ertrag aus dem vermittelten Geschäft realisiert wird ... Vor der Ausführung des vermittelten Geschäftes gezahlte Provisionsbeträge sind als geleistete Anzahlungen zu aktivieren.").

B. Die unter Punkt 2 b bis e gemachten Ausführungen in der Berufung verkennen das Wesen und die Voraussetzungen der Verbindlichkeitsrückstellung gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988. Die Verbindlichkeitsrückstellung ist ein Gewinnkorrektivum, das nur dann bzw. insoweit zulässigerweise gebildet werden kann, wenn der Erfolg des betreffenden Wirtschaftsjahres voraussichtlich mit künftigen Ausgaben belastet wird (vgl. Zorn in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Band III A, Tz 46 zu § 9). Steuerlich sind Verbindlichkeitsrückstellungen daher dann bzw. insoweit in jener Periode (Wirtschaftsjahr) anzuerkennen, in der der Erfolg des betreffenden Wirtschaftsjahres voraussichtlich mit künftigen Ausgaben belastet wird (vgl. zB VwGH 15.6.1983, 1419/79; VwGH 16.12.1997, 93/14/0177; VwGH 15.7.1998, 97/13/0190). Für ungewisse Verbindlichkeiten kann daher nur dann mit steuerlicher Wirkung eine Verbindlichkeitsrückstellung gebildet werden, wenn diese zum Bilanzstichtag bereits wirtschaftlich verursacht worden ist (vgl. zB VwGH 21.12.1994, 89/13/0007, 91/13/0245; VwGH 25.1.1994, 90714/0073). Bei der Auslegung des Begriffes der wirtschaftlichen Verursachung ist auf das Realisationsprinzip abzustellen (vgl. Nowotny/M. Tichy in Straube, HGB, II, § 198, Rz 133b). Unter Anwendung des Realisationsprinzips ergibt sich, dass zwischen zwei Arten von Aufwendungen unterschieden werden kann (vgl. hierzu Zorn, aaO, Tz 65 zu § 9):

Zum einen kann ein realisierter Aufwand vorliegen, dh ein Aufwand, der bereits im abgelaufenen Wirtschaftsjahr "geleistet" worden ist und sohin zu einer Belastung des Betriebes im laufenden Jahr geführt hat. Hierunter fällt beispielsweise ein bereits getätigter Forschungsaufwand. Solche Aufwendungen führen zu sofort absetzbaren Betriebsausgaben (außer dieser Aufwand geht in ein Wirtschaftsgut ein und ist daher zu aktivieren). Ein solcher Fall liegt bei den in Rede stehenden Provisionen der Handelsvertreter nicht vor, weswegen auch die unter Punkt 2. e. der Berufung gemachten Ausführungen zur Nichtaktivierbarkeit von Vertriebskosten für die Beurteilung der Frage, ob die Bildung einer Verbindlichkeitsrückstellung zulässig ist oder nicht, von keiner rechtlichen Relevanz sind.

Die zweite Kategorie von Aufwendungen betrifft den "künftigen" Aufwand. Bei einem solchen Aufwand ist zu untersuchen, ob er künftigen oder bereits realisierten Erträgen zuzuordnen ist. Nur dann, wenn der "künftige" Aufwand bereits realisierten Erträgen zuzuordnen ist, ist eine Verbindlichkeitsrückstellung zu bilden und kann den realisierten Erträgen gegenübergestellt werden (Prinzip der Nettorealisation). Im gegenständlichen Fall hängt der künftige Provisionsaufwand aber eindeutig mit den Erlösen aus den von den Handelsvertretern vermittelten Geschäften zusammen. Die Realisation aus diesen Geschäften tritt aber nicht bereits mit der Auftragserteilung, sondern erst mit der Ausführung des Geschäftes (Lieferung an den Kunden) ein (vgl. auch Mayr, Gewinnrealisierung im Steuerrecht und Handelsrecht, 60). Dieser Zeitpunkt liegt aber nach dem Bilanzstichtag zu dem eine Rückstellung dotiert wurde. Die Berufungswerberin hat nämlich - wie bereits dargestellt - bei der Rückstellung für Handelsvertreterprovisionen ab 2000 nicht nur die Provisionsansprüche für vermittelte Geschäfte rückgestellt, die zum Bilanzstichtag durch die Berufungswerberin bereits ausgeführt wurden, sondern auch für den Auftragsstand.

Bei Verbindlichkeitsrückstellungen kommt es auf die unmittelbare oder mittelbare Zugehörigkeit künftiger Ausgaben zu bereits realisierten Erträgen an. Das Nettorealisationsprinzip gebietet es, dass die unmittelbar den realisierten Erträgen zuzuordnenden Aufwendungen zu passivieren sind und zwar in dem Wirtschaftsjahr, in das die Ertragsrealisierung (Gewinnrealisierung) fällt (vgl. Zorn, aaO, Tz 72 zu § 9).

Bereits im Erkenntnis vom 19.4.1963, Zl. 2251/61, hat der VwGH den unmittelbaren Zusammenhang des Provisionsaufwandes mit dem vermittelten Geschäft aufgezeigt und in Beachtung des ertragsteuerlich gebotenen Nettorealisationsprinzips eine Berücksichtigung der mit den Erträgen aus dem vermittelten Geschäft zusammenhängenden Aufwendungen in Wirtschaftsjahren vor Realisierung der Erlöse nicht zugelassen. Entgegen den Ausführungen in der Berufung (unter Punkt 2 f) hat der VwGH nicht ausgesprochen, dass eine Aktivierung der künftigen Provisionsansprüche (Anwartschaften) als aktive Rechnungsabgrenzung geboten wäre, sondern zum Ausdruck gebracht, dass jedenfalls der alleinige Ansatz einer Rückstellung unzulässig ist. Nach Ansicht des Finanzamtes hat sich das Problem, auf welche Weise eine Neutralisierung des noch nicht wirtschaftlich verursachten künftigen Aufwandes bilanziell durchzuführen ist, durch die Einführung eigener Rückstellungsregelungen durch das Steuerreformgesetz 1993, BGBl 1993/818 (§ 9 EStG neu), erübrigt, zumal der VwGH betont, dass dem Ertragsteuerrecht ein (vom Handelsrecht) eigenständiger Rückstellungsbegriff zugrunde liegt, dessen Auslegung sich am Leistungsfähigkeitsprinzip und am Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung orientiert (VwGH 28.3.2000, 94/14/0165; VwGH vom 27.9.2000,96/14/0141; VwGH 26.5.2004, 2000/14/0181).

C. Zu den Ausführungen unter Punkt 2 g der Berufung ist festzuhalten, dass es sich beim Aufwand für angestelltes Personal um einen bereits realisierten Aufwand handelt, weil der Lohn/Gehalt den Mitarbeitern unabhängig von einem Erfolg auszubezahlen ist. Bei der Rückstellung für Handelsvertreterprovisionen geht es hingegen um einen künftigen Aufwand, der aufgrund der direkten Zuordenbarkeit zu den Erlösen aus den vermittelten Geschäften vor der Ausführung (=Realisierung) dieser Geschäfte nicht rückstellungsfähig ist (außer wenn aus dem vermittelten und bereits abgeschlossenen Geschäft ein Verlust droht, dann ist gemäß § 9 Abs. 1 Z 4 EStG eine Drohverlustrückstellung möglich).

D. Zu Punkt 2 h. der Berufung ist folgendes auszuführen:

Gemäß § 9 Abs 1 Z 1 Handelsvertretergesetz, BGBl Nr. 887/1993, entsteht der Anspruch auf Provision mit der Rechtswirksamkeit des vermittelten Geschäfts zwischen dem Unternehmer und dem Dritten, wenn und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat

In dem von der Berufungswerberin abgeschlossenen Handelsvertretervertrag mit der Fa. L. ist keine von dieser gesetzlichen Regelung abweichende Bestimmung über das Entstehen des Provisionsanspruchs getroffen worden. Vielmehr findet sich lediglich eine Regelung betreffend der Fälligkeit der Provision (Punkt 6.).

Im Vertrag mit der Fa. MSH ist in § 5 Abs. 2 die Entstehung des Anspruches auf Provision davon abhängig gemacht worden, ob bzw. inwieweit die Zahlung des Kunden aus dem vermittelten Geschäft bei der Berufungswerberin eingeht.

Daraus folgt, dass mit der Auftragserteilung ein Anspruch der angeführten Handelsvertreter noch nicht entstanden ist. Unrichtig ist daher das Vorbringen auf Seite 11 der Berufung, dass die "rechtliche Verpflichtung" zur Bezahlung der Provisionen für erbrachte Vermittlungsleistungen aufgrund der von der Berufungswerberin mit den Handelsvertretern abgeschlossenen Verträge bereits im Zeitpunkt der Auftragserteilung seitens des Kunden bzw. im Zeitpunkt der Auftragsbestätigung seitens der Berufungswerberin gegeben sei.

E. Der Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 11.12.2002, B 1609/01, zur Möglichkeit der Rückstellungsbildung für Abfertigungen von Vorstandsmitgliedern, geht fehl, weil es sich bei den Aufwendungen für Abfertigungen um solche handelt, die mit künftig zu erzielenden Erträgen nicht direkt zusammenhängen, da diese Aufwendungen den einzelnen Erträgen nicht zugeordnet werden können. Es handelt es sich bei diesen Aufwendungen vielmehr um "Gemeinkosten".

F. Die Ausführungen, dass die künftigen Provisionen als faktische Verbindlichkeiten im Wege einer Rückstellung anzusetzen sind, verkennen, dass bis zum Zeitpunkt der Ausführung des vermittelten Geschäftes durch die Berufungswerberin keine wirtschaftliche Belastung gegeben ist. Überdies wird auch im handelsrechtlichen Schrifttum die Rückstellungsbildung für Kulanzen als problematisch angesehen, weil diese nicht vergangenheitsorientiert, sondern zukunftsorientiert ist (vgl. Zorn, aaO, Tz 52 zu § 9).

G. Das auf Seite 11 der Berufung unten gemachte Vorbringen betreffend die Unausweichlichkeit der Erfüllung von angenommenen Aufträgen verkennt den Zusammenhang zwischen den Provisionen und dem vermittelten Geschäft. Die künftigen Provisionsansprüche sind aufgrund des Gebotes der wirtschaftlichen Verursachung sowie des Nettorealisationsprinzips eben ertragsteuerlich erst dann passivierbar, wenn der mit diesen künftigen Aufwendungen unmittelbar zusammenhängende Ertrag realisiert ist.

H. Abschließend ist festzuhalten, dass entgegen der in der Berufung vertretenen Auffassung die vom VwGH im Erkenntnis vom 19.4.1963, 2255/61, zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht weiterhin Gültigkeit hat, weil diese Ausfluss eines für das Ertragsteuerrecht geltenden tragenden Grundsatzes nämlich des Nettoprinzips ist, das sowohl für das EStG 1988 gilt als auch für das EStG 1958, 1967 bzw. 1972 gegolten hat.

b. Die Bw. übermittelte am 17. August 2005 unter Bezugnahme auf ein Telefonat vom 1. Juli 2005 zwischen dem Sachbearbeiter der Berufungsbehörde und dem Subvertreter des Steuerbüros eine Ergänzung der Berufung:

(1) BFH-Judikatur: Die Rechtsprechung des BFH stelle für den Realisationszeitpunkt (und damit spiegelbildlich für das Entstehen des Aufwandes beim Geschäftsherrn) auf die konkrete vertragliche Vereinbarung ab. Sei im Vertrag vereinbart, dass die Vermittlung des Geschäftes ausreichen solle, sei Realisationszeitpunkt für Aufwendungen und Erträge der Zeitpunkt der Namhaftmachung der Kunden beim Geschäftsherrn (BFH 14.3.1986, BStBl. II 1986, 669 ff.). Habe der Vertreter seine vertraglichen Verpflichtungen durch die Namhaftmachung (gegenständlich durch die erhaltene Auftragserteilung) erfüllt und entstünden dadurch Aufwendungen beim Geschäftsherrn und Erträge beim Vertreter, sehe der BFH in seiner mit Urteil vom 4.8.76, BStBl. II 1976, 675 ff. geänderten Ansicht nun eine aufwandswirksame Realisation vor dem Bilanzstichtag vor, wenn die Leistung des Vertreters mit der Auftragserteilung erfüllt sei. Der BFH habe somit bereits im Jahr 1976 die ältere Judikatur aufgegeben und der überwiegende Teil des Schrifttums sowie die neuere Judikatur des BFH gehe von einer zeitpunktbezogenen Realisation des Aufwandes für die Provisionen aus (Bertl/Fraberger, RWZ 2003, 112 ff.).

(2) Leistungsfähigkeit - Aktivierungspflicht: Der Hinweis auf den Grundsatz der Leistungsfähigkeit im Steuerrecht sei nicht geeignet, die Berufung abzuweisen. Denn es sei Faktum, dass die Leistungen des Vertreters bis zum Bilanzstichtag bereits erbracht worden und dem Abgabepflichtigen in dieser Höhe Verpflichtungen erwachsen seien, wodurch sich die Leistungsfähigkeit eben reduziert habe. Nach dem Bilanzstichtag entstehende Gewinne seien für die Frage der Leistungsfähigkeit in der abgelaufenen Periode irrelevant.

Der Reduzierung der Leistungsfähigkeit stehe auch eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit beim Handelsvertreter gegenüber. Sei nämlich vereinbart, dass der Provisionsanspruch mit dem Geschäftsabschluss entstehe, aber erst mit Abschluss des Geschäftes fällig sei, dann sei für den Ausweis der Forderung der Geschäftsabschluss maßgebend (VwGH 30.4.1965, 126/65, 1965; Doralt, EStG I, § 6, Tz 218/1).

Die Forderung eines Handelsvertreters aus einem Provisionsanspruch sei dann entstanden, wenn er das Geschäft vermittelt und die Vermittlung angezeigt habe und vertraglich nichts anderes vereinbart sei (VwGH 20.9.1963, 1593/1962; VwGH 27.9.1963, 996/1961; VwGH 12.4.1983, 82/14/0193; EStR 2000, Rz 2333).

(3) Koppelung mit den Erträgen - Koppelung als Gewinnkorrektivum:

Die Berufungsbehörde habe mitgeteilt, dass die Judikatur eine Koppelung der Ausgaben mit den Erträgen vorsehen würde. Wie in der Berufung bereits erwähnt worden sei, könne dies gesetzlich nicht gedeckt sein bzw. sei eine diesbezügliche Judikatur nicht bekannt, sodass man um entsprechende nähere Hinweise bitten dürfe. Vielmehr sei im Abgabenrecht der Grundsatz der Einzelbewertung (§ 6 EStG bzw. § 201 Abs. 1 Z 3 HGB) maßgebend, wonach Vermögensgegenstände und Schulden zum Abschlussstichtag einzeln zu bewerten seien (Doralt, EStG, § 6, Tz 5). Es werde festgehalten, dass es sich bezüglich der Rückstellung für Provisionen nicht um eine (steuerlich unzulässige) Aufwandsrückstellung, sondern um eine Verbindlichkeitsrückstellung handle (vgl. Doralt, EStG, § 9, Tz 21).

Sehr gerne stehe der ausgewiesene Vertreter für eine weitere Erörterung zur Verfügung.

c. In einem Aktenvermerk vom 26. August 2005 wurde die Tätigkeit der bei der Bw. agierenden Handelsvertreter festgehalten:

Die Tätigkeit der Handelsvertreter stellt sich wie folgt dar: Die Bw. ist Zulieferer im Bereich Automobilteile. Diesbezüglich pflegt sie (teils selbst, teils über Vertreter) Kontakte zu Automobilfirmen. Diese benötigen - abhängig von der Neuentwicklung und Serienreife von Produkten - neue Autoteile und fragen bei den verschiedenen Herstellerfirmen an. Die Bw. stellt in der Folge Anbote. Die Handelsvertreter - diesfalls Firmen - sorgen in erster Linie (als reine Vermittler) für die Beziehungspflege im Zuge des angefragten Bedarfes der Automobilfirmen. Da die Kunden bei verschiedenen Herstellern anfragen, ist es Aufgabe des Vertreters den Auftrag seinem Geschäftsherrn dadurch zu verschaffen, dass er der Automobilfirma sowohl über den Preis, als auch durch das Anbot des besseren Gesamtpaketes und den persönlichen Einsatz (inklusive Beziehungen) den Abschluss des Kaufvertrages nahe legt.

In der Folge erteilt der Kunde einen Auftrag, der vom Geschäftsherrn bestätigt wird. Der Geschäftsherr schließt mit dem Kunden einen Rahmen(kauf)vertrag ab. Automobilfirmen erteilen keine üblichen Aufträge (zB. Bestellung von 100 Stück Aluminiumteilen), sondern nach Volumsprozenten. Das bedeutet, dass der Kunde zB. 80% der von ihm benötigten Teile bei der Herstellerfirma A und 20% bei der Herstellerfirma B ordert. Das tatsächliche Volumen dieser Lieferung steht auch bei Abschluss des Kaufvertrages noch nicht fest. Zwar wird das Lieferausmaß (der voraussichtliche Bedarf) zunächst geschätzt, ist aber "rollierend" und ändert sich ständig. Die Rahmenverträge werden nicht in regelmäßigen Abständen abgeschlossen, sondern hängen von den Produktzyklen ab und können sich daher auch auf mehrere Jahre (oft drei bis vier Jahre in die Zukunft) erstrecken.

Die Provision erhält der Handelsvertreter erst dann, wenn die Lieferungen aus diesem Rahmenvertrag vom Geschäftsherrn abgewickelt werden. Schließt daher beispielsweise der Geschäftsherr (aus einem Auftrag vom Dezember 2000) einen Rahmenvertrag im März 2001 ab und liefert er sodann im September 2001 um 100.000,00 € und im Februar 2002 um 300.000,00 € an den Kunden, so erhält der Handelsvertreter die erste Provision im September 2001 und die nächste Provision im Februar 2002 berechnet von den Beträgen der jeweiligen Lieferungen.

6. Folgende Unterlagen sind in die rechtliche Würdigung miteinzubeziehen:

a. Handelsvertretervertrag mit der Firma V.L. vom 14. Februar 1985;

Punkt 5: Der Handelsvertreter erhält vom Unternehmen für alle Aufträge, die von den o.g. Kunden während des Bestehens des Vertragsverhältnisses erteilt werden, eine Provision von 4% vom Rechnungsbetrag.

Punkt 6: Der Unternehmer erteilt dem Handelsvertreter spätestens bis zum Ende des der Auslieferung folgenden Monats eine Provisionsabrechnung. Mit der Abrechnung wird die Provision fällig.

b. Handelsvertretervertrag mit der Firma MSH vom 15. Mai 2000:

§ 5: Die MSH erhält für ihre Tätigkeit folgende Provision: Für die im Jahr 2000 ausgeführten Lieferungen den bisher gültigen Provisionssatz in Höhe von 3,5% des Bruttorechnungswertes. Für die vom 1. Januar 2001 an ausgeführten Lieferungen 1,5% des Bruttorechnungswertes.

7. Mündliche Verhandlung vom 28. September 2005:

(1) Vom Referenten wird der Sachverhalt vorgetragen.

(2) Sachverhaltsfragen der Parteienvertreter A.W. und Dr. G.S.:

A.W.: Im Handelsvertretervertrag der Firma steht sehr wohl eine vom Handelsvertretergesetz abweichende Regelung drinnen, was den Anspruch anbelangt und zwar in Punkt fünf. Da steht, der Handelsvertreter erhält vom Unternehmen für alle Aufträge, die von den Kunden während des Bestehens des Vertragsverhältnisses erteilt werden, eine Provision. Der Anspruch der Vertreter ist auch vertraglich auf den Zeitpunkt der Erteilung des Auftrages abgestellt.

Amtsvertreter Mag. P.: Die Vertragsauslegung ist eine Rechtsfrage und nicht eine Sachverhaltsergänzung. Der Handelsvertreter erbringt ja auch nach der Vermittlung noch Leistungen.

Referent: Bisher wurde das aber nicht so gesehen, dass die Handelsvertreterverträge das Handelsvertretergesetz abändern.

A.W.: Die Leistung des Handelsvertreters ist nachweislich - und deshalb beschäftigt man ja einen Vertreter - mit der Auftragserteilung abgeschlossen. Dass es hinterher noch Nachsorgepflichten gibt, mag sein. Nachträgliche Arbeiten sind in jedem Liefervertrag enthalten, der Handelsvertreter beginnt ja dann auch mit dem nächsten Auftrag. Wo der alte Auftrag endet und der neue beginnt, das ist fließend. Es besteht jedenfalls ein Anspruch auf Provision für die von ihm vermittelten Aufträge.

Referent: Bisher wurde das dezidiert in dieser Deutlichkeit nicht so interpretiert.

A.W.: Wir hatten ja auch nicht Gelegenheit dazu. In der Niederschrift waren keine rechtlichen Ausführungen. Die Stellungnahme des Finanzamtes wurde uns nur zur Kenntnis gebracht, ohne Aufforderung zur Stellungnahme.

Referent: Die Ausführungen des Finanzamtes haben sie erhalten, sie hätten dazu Stellung nehmen können.

Vorsitzender: Die Stellungnahme und die Berufungsvorlage ist ja zugestellt worden.

Dr. G.S.: In der Stellungnahme des Finanzamtes ist der Punkt fünf nicht enthalten und es steht drinnen: "War nicht fällig". "Fälligkeit" der Provision und "Entstehen" der Provision sind zu trennen. Entstanden ist der Provisionsanspruch mit Auftragserteilung, wann ich sie auszahle ist ein zweiter Punkt. Diese Trennung ist in der Stellungnahme nicht geschehen. Das Finanzamt spricht von Punkt sechs und nicht von Punkt fünf.

Mag. P: Jeder Vertrag ist zu interpretieren nach dem ABGB (aus dem Zivilrecht).

A.W.: Die Frage ist, wie ist Punkt fünf auszulegen.

Mag. P.: Das ist aus dem Gesamtzusammenhang zu lesen. Was ist das Ziel des Vertrages? Nach Ansicht des Finanzamtes ist keine abweichende Regelung in den Handelsvertreterverträgen drin.

A.W.: Der Punkt muss ausgelegt werden.

Dr. G.S.: Der Punkt fünf ist entgegenzuhalten.

Vorsitzender: Gibt es zum Sachverhalt noch etwas? Wenn nein, dann ersuche ich um die rechtlichen Ausführungen.

(3) Ausführungen der anwesenden Personen zu den rechtlichen Fragen:

Mag. P.: Schon im Beiblatt zur Vorlage wurde von Hofrat Zorn im Kommentar zu Hofstätter/Reichel dargestellt, dass die Lösung des gegenständlichen Falles so zu sein scheint, dass man bei diesen Verbindlichkeitsrückstellungen unterscheiden muss, auf was das zurückgeht. Wenn ich das eindeutig Erträgen zuordnen kann, kann nicht eine Verbindlichkeitsrückstellung dazu führen, dass man Aufwand vorverlagert. Es gibt aber auch Aufwendungen, die nicht mit bestimmten Erträgen zusammenhängen, sondern zum Gesamtaufwand zählen. Das ist aber hier nicht der Fall. Da könnte man darüber diskutieren, ob es da wirklich darauf ankommt, ob ein zivilrechtlicher Anspruch des Vertragspartners des Unternehmens notwendig ist, damit § 9 EStG 1988 greift. Bei Handelsvertretern gehört der Aufwand zu ganz konkreten Geschäften bzw. ganz konkreten Erträgen. Man kann nicht eine Rückstellung dafür heranziehen, dass man die Erträge hier vom Aufwand trennt. Das Nettorealisationsprinzip ist zu beachten. Beantragt wird daher eine Abweisung.

A.W.: Das ist kein Argument und die Nichtanerkennung der Rückstellung entbehrt jeglicher rechtlichen Grundlage. Es gibt nirgends eine Vorschrift, die das determiniert. Aus dem allgemeinen Bilanzrecht ist es klar, dass bei einer Verpflichtung die ich habe, einem schwebenden Vertrag, bei dem eine Seite erfüllt hat, die Verpflichtung der anderen Seite passiviert werden muss. Auch bei normaler Lieferung muss man passivieren. Auch wenn ich Rohstoffe einkaufe und eine Lieferverpflichtung nächstes Jahr habe, muss ich genauso eine Lieferverbindlichkeit einstellen. Das ist hier auch der gleiche Sachverhalt. Das Gewinnkorrektivum das sie meinen, gibt es nur, wenn ich Einnahmen in der abgelaufenen Periode habe und Aufwendungen in der nächsten Periode noch zuordne. Es gibt aber keine Norm, wenn ich Aufwendungen in der alten Periode habe, wo ich sagen kann, ich darf oder brauche diese Verpflichtung nicht passivieren, weil ich einen Gewinn im nächsten Jahr aus diesem Geschäft habe. Diese Norm habe ich nicht. Ein Gewinnkorrektivum gibt es partiell überhaupt nicht.

Rechtlich ist es einfach so: Das Unternehmen hat am Bilanzstichtag einen Erfüllungsrückstand - es hat eine Vermittlungsleistung nachweislich erhalten - und es muss eine Passivpost einstellen. Dann ist die Frage, was ist mit dem Aufwand aus der Passivpost. Nach dem Handelsrecht habe ich Herstellungskosten oder einen Aufwand. Im Steuerrecht gibt es keine davon abweichende Norm, die mir sagen würde, dass diese Passivpost abweichend vom Handelsrecht zu behandeln wäre, ein "Gewinnkorrektivum" ist daher ein Widerspruch. Das Gewinnkorrektivum wird schon in dem Fall ad absurdum geführt, wenn sie zugestehen, dass der Anspruch des Handelsvertreters mit der Auftragserteilung entsteht. Dann haben sie sich selber einen Widerspruch aufgehalst, weil sie in diesem Fall auch den Aufwand in der alten Periode und den Ertrag in der neuen Periode haben.

Mag. P.: Es besteht ein Unterschied zwischen einer Passivierung und einer Verbindlichkeitsrückstellung. Beide Posten sind nicht deckungsgleich.

Dr. G.S.: Woraus leiten sie das ab? Aus welcher Bestimmung des Gesetzes?

Mag. P.: Aus der Rechtsprechung des VwGH, das wird von Zorn im Kommentar in der letzten Ergänzungslieferung sehr genau ausgeführt und dargestellt.

Dr. G.S.: Der VwGH kann auch nur Gesetze interpretieren. Aus welcher Bestimmung des HGB oder welcher Spezialbestimmung im EStG würden sie ableiten, dass quasi begrifflich was anderes gemeint ist, zwischen Verbindlichkeitsrückstellung und Verbindlichkeit? Meine Interpretation lautet wie folgt: Eine Rückstellung ist zu bilden, wenn ich Aufwendungen nicht betragsmäßig (dem Grunde oder der Höhe nach) exakt quantifizieren kann. Eine Verbindlichkeit liegt vor, wenn ich quantifizieren kann. Die Interpretation die sie anbieten, findet zwar im Kommentar Zorn seine Deckung und Hofrat Zorn ist ein ausgewiesener Spezialist, aber ich möchte die gesetzliche Grundlage für diese Behauptung wissen.

Mag. P.: Ich setze auf den erwähnten Kommentar.

Vorsitzender: Zu erwähnen ist der § 9 EStG.

Mag. P.: Und auch die allgemeinen Grundsätze des Steuerrechtes und des Nettorealisationsprinzips.

A.W.: Hofrat Zorn spricht davon immer wenn Aufwendungen in der späteren Periode entstehen und Erträge der abgelaufenen Periode zuzuordnen sind, also eine Aufwandsrückstellung zu bilden ist. Unser Fall ist anders. Unser Fall liegt so, dass Leistungen zum Bilanzstichtag bereits vorliegen. Die Firma hat die Leistung des Handelsvertreters schon erhalten, es liegt kein schwebender Vertrag mehr vor, der sich ausgleicht. Es ist jetzt ungleichgewichtig. Eine Seite hat bereits erfüllt, es besteht Erfüllungsrückstand gegen einen externen Dritten. Wenn wir diese Verpflichtung nicht bilanzieren, versagt uns der Wirtschaftsprüfer den Bestätigungsvermerk, weil wir nicht alle Verpflichtungen offen ausweisen.

Der Vorsitzende: Das ist die handelsrechtliche Sicht der Dinge.

A.W.: Uns würde interessieren, wo die Norm ist, die diese handelsrechtlich zu bildende Rückstellung nicht zulässt?

Dr. G.S.: Bei der Entscheidung des VwGH von 1963 ging es um einen Baumeister, der Provisionen zusagte, wenn er den Auftrag für den Hausbau bekommt. Dieser bildete in der Bilanz zum 31. Dezember 1958 eine Rückstellung. Die Rückstellung wurde eigentlich anerkannt, aber aktivseitig wurde ein antizipativer Posten eingestellt (kein § 5-Ermittler). Die Finanzierung für den Bauauftrag ist erst nach dem Bilanzstichtag gekommen und der Wiederaufbaufond hat erst nach dem Bilanzstichtag die Finanzierung zugesagt. Es geht aus dem Sachverhalt nicht exakt hervor, ob der Bauauftrag vor dem Bilanzstichtag erfolgt ist oder nach dem Bilanzstichtag. Ist der Bauauftrag nach dem Bilanzstichtag erfolgt, könnte man ableiten, dass die Finanzierungszusage erst nachher erfolgt ist. Die Rückstellung ist nicht anzuerkennen, wenn der Auftrag vor dem Stichtag nicht erteilt wurde, das wäre richtig. Deswegen ist das Erkenntnis für unseren Sachverhalt nicht einschlägig. Bei der Bw. wurde aber der Auftrag vor dem Bilanzstichtag erteilt, daher ist auch der Provisionsanspruch vor dem Bilanzstichtag entstanden. Wenn im Fall aus dem Jahr 1963 der Auftrag im Nachhinein erteilt wurde, ist es klar, dass auch der Provisionsanspruch erst nachher entsteht.

A.W.: Die Entscheidung bildet die einzige rechtliche Grundlage bisher, der VwGH ist auch hier grundsätzlich von einer Passivierung ausgegangen, die er nur deshalb nicht anerkennt, weil er einen antizipativen Aktivposten dagegenstellt. Mittlerweile hat sich hinsichtlich der gesetzlichen Grundlagen viel getan, sowohl im Handelsrecht als auch im Steuerrecht. Wenn man sich vorstellt, was früher alles aktive Rechnungsabgrenzung war. Handelsrechtlich ist mittlerweile klargestellt: Aktive Rechnungsabgrenzung kann nur ein vorausbezahlter Aufwand für eine bestimmte Periode sein. Also aktive Rechnungsabgrenzung kann es nicht sein, Herstellungskosten auch nicht. Das Handelsrecht hat sich in der Zwischenzeit so wahnsinnig verändert und weiterentwickelt, dass dieses Judikat für unsere Frage nicht mehr relevant sein kann. Der Baumeister war auch kein § 5-Ermittler.

Es spricht auch die Judikatur dagegen, dass man die Rückstellung nicht anerkennt. Nach dem VwGH entsteht die Forderung des Vertreters auf die Provision mit der Auftragserteilung, dh. der Anspruch entsteht mit der Vermittlungsleistung. Die Vertreter haben die Provision mit der Auftragsvermittlung schon zu versteuern, die haben dort schon eine Forderung einzustellen. Dann muss für uns aber auch schon eine Verpflichtung entstanden sein. Und das hat der VwGH juduziert, dass die Forderung schon mit der Erbringung der Vermittlungsleistung zu versteuern ist, nicht erst mit der Zahlung durch den Kunden.

Hinzuweisen ist auch auf die jüngste Judikatur zB. bei der Vorstandsabfertigung.

Wenn sie jetzt sagen würden, auch handelsrechtlich wäre eine Rückstellung nicht vorzunehmen, dann würden wir eine Verpflichtung nicht einstellen, die handelsrechtlich gegeben ist. Wenn handelsrechtlich eine Verpflichtung des Geschäftsherrn entsteht, so entsteht diese auch steuerrechtlich, da es keine entgegenstehende Norm gibt. Im Gegenteil sagt der VwGH dass § 14 EStG einschränkend ist und alles was in § 14 nicht einschränkend geregelt ist, rückstellungsfähig sein muss. Das Handelsrecht hat sich stark weiterentwickelt seit 1963 und steuerrechtlich besteht eine Bindung über § 5 EStG.

Mag. P.: Aufgrund der Vermittlung ist noch keine Rückstellungsbildung vorzunehmen, es ist ja nicht so, dass ein konkretes Auftragsvolumen vergeben wird, sondern der Kunde sagt nur, soviel will er der Firma geben. Aber betraglich weiß der Handelsvertreter ja überhaupt noch nicht, wie seine Provision ausschaut.

Prok. R.: Als Rückstellung wurde nur das angesetzt, was zum Stichtag 31. Dezember in den Auftragsbüchern tatsächlich eingetroffen ist bzw. als Auftrag steht.

A.W.: Also nicht die 80% für den Auftrag den wir bekommen haben, der jetzt drei Jahre läuft, sondern nur das, was tatsächlich in den Auftragsbüchern steht.

Der Vorsitzende: Darf ich jetzt um den Schlussantrag bitten.

A.W.: Auch für einen Angestellten hätte man einen Aufwand, wenn im Dienstvertrag Provisionen vereinbart worden wären. Hätte ein Angestellter das gemacht, so wäre der Aufwand ohnehin in der Periode gewesen. Sie haben ja auch argumentiert und gesagt, hätten wir nicht einen Handelsvertreter angestellt, sondern eigenen Vertreter, dann hätten wir dem einen Provisionsanspruch zugesagt. Das gibt's ja in vielen Dienstverträgen, dass ich sage, wenn du soviel Geschäft vermitteltst, kriegst du auch Provision dafür. Unsere Argumentation: Wenn der Handelsvertretervertrag Teil eines Dienstvertrages wäre, dann hätte dieser Anspruch des Dienstnehmers zu einer Rückstellung geführt. Die Behörde hat gemeint in ihren Ausführungen, dass dies nicht der Fall sei. Unserer Meinung nach ist der Fall analog zu sehen und wenn ich einen Dienstnehmer genommen hätte und hätte gesagt, du bekommst Provision von den Umsätzen, die du uns vermitteltst oder von den Aufträgen, hätten wir dafür eine Rückstellung gebildet und sie bilden müssen.

Beantragt wird die Stattgabe der Berufung.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Strittig ist im vorliegenden Fall ausschließlich, ob der Unternehmer Provisionsrückstellungen für Geschäfte bilden kann, die vom Handelsvertreter zwar bereits vermittelt wurden, bei denen aber eine Abwicklung des Hauptgeschäftes zwischen Geschäftsherr und Drittem noch nicht stattgefunden hat.

Die Handelsvertreter schließen Rahmenkaufverträge ab. Wieviel der Kunde dann tatsächlich abnimmt, steht im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht fest. Die Provision erhält der Handelsvertreter erst dann, wenn die Lieferungen abgewickelt wurden.

2. Da die Bw. im Verfahren nicht behauptet hat, dass aus den von den Handelsvertretern abgeschlossenen Geschäften Verluste drohen, ist eine Drohverlustrückstellung nicht zu bilden.

Rückstellungen für sonstige ungewisse Verbindlichkeiten gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 - nur solche Rückstellungen kämen im gegenständlichen Fall überhaupt in Frage - sind wie folgt gesetzlich normiert:

(a) § 198 Abs. 8 Z 1 HGB lässt Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu, die am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder dem Zeitpunkt ihres Eintrittes unbestimmt sind.

Ist die Inanspruchnahme aus einer ungewissen Verpflichtung etwa gleich hoch einzustufen wie eine Nichtinanspruchnahme, ist eine Rückstellung zu bilden (Mayr, Rückstellungen in der Handels- und Steuerbilanz, S. 180 ff.).

(b) § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 lässt die Bildung von Rückstellungen für sonstige ungewisse Verbindlichkeiten ebenfalls zu. Nach § 9 Abs. 3 EStG 1988 kann die Bildung dieser Rückstellungen nur vorgenommen werden, wenn konkrete Umstände nachgewiesen sind, nach denen im jeweiligen Einzelfall mit dem Vorliegen oder dem Entstehen einer Verbindlichkeit (eines Verlustes) ernsthaft zu rechnen ist.

(c) Nach Zorn (Hofstätter/Reichel, § 9 Rz 59) reicht es nicht aus, dass mehr Gründe für als gegen das Be- oder Entstehen der Verbindlichkeit sprechen, es bestehe vielmehr das Erfordernis einer höheren Wahrscheinlichkeit (Mayr, aaO, S. 171). Mayr spricht von einer "überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Be- oder Entstehens und der Inanspruchnahme aus der Verpflichtung".

Für den VfGH reicht es aus, dass am Bilanzstichtag mehr Gründe dafür als dagegen sprechen (VfGH 9.12.1997, G 403/97).

(d) Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ist das Institut der Rückstellung aus der Sicht des Leistungsfähigkeitsprinzips zu werten und die Steuerwirksamkeit handelsrechtlicher Rückstellungen auf "verbindlichkeitsnahe" Passivpositionen zu beschränken. Auch der VfGH beanstandet nicht das Ziel der Objektivierung bzw. die "Verbindlichkeitsnähe" des Rückstellungsbegriffes, sondern bestätigt vielmehr, dass das handelsrechtliche Maßgeblichkeitsprinzip vom Steuergesetzgeber im Bereich der Rückstellungen beschränkt werden konnte (Rauscher/Grübler, SWK 2003, S 460, unter Verweis auf die Rz 7.3 zweiter Absatz des VfGH-Erkenntnisses und im Gegensatz zu Novacek, RdW 2003/239, Pkt. 5).

3. Der BFH fordert für den Ausweis der obgenannten Rückstellung regelmäßig (a) das Bestehen oder die Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer rechtlichen oder tatsächlichen Außenverpflichtung, (b) die wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag und (c) die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme (Mayr, aaO., S. 39 ff.; BFH vom 19.8.2002, BStBl. 2003 II , 131 mit Verweis auf BFH vom 8. November 2000, I R 6/96, BFHE 193, 399, 400, BStBl. II 2001, 570). Die drei Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

(a) Außenverpflichtung ist die Leistungspflicht gegenüber einem anderen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Vermögensabfluss führt. Die Verbindlichkeit muss dabei noch nicht rechtlich entstanden sein, es genügt, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit hinkünftig entstehen wird. Grundlage sind privatrechtliche Verpflichtungen (Vertrag, deliktische Grundlage), öffentlich-rechtliche Verpflichtungen oder wirtschaftliche Verpflichtungen.

(b) Die wirtschaftliche Verursachung ist das wichtigste Kriterium, weil hier das eigentliche zeitliche Zurechnungskriterium ermittelt werden muss.

Der BFH nahm zunächst eine wirtschaftliche Verursachung an, wenn "der Tatbestand, dessen Rechtsfolge die Verbindlichkeit ist, im Wesentlichen vor dem Bilanzstichtag verwirklicht wird".

Nach entsprechender Kritik an dieser Formel prüfte er nur mehr "das wirtschaftliche Entstehen der Verbindlichkeit". Die wirtschaftliche Verursachung ging nunmehr der rechtlichen Entstehung voraus. Eine dem Grunde nach ungewisse Verbindlichkeit sollte nach ständiger Rsp des BFH dann wirtschaftlich verursacht sein, wenn die "wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale der Verpflichtung erfüllt sind und das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängt (BFH 13.5.1998, DstRE 1999, 6 mwN und Weber-Grellet in Schmidt, § 5, Anmerkung 386), wobei es auf die Beurteilung des Einzelfalles ankommt (Beck´scher Bilanzkommentar, 5. Auflage, § 249, Rz 34 ff.). So ist zB. der Tatbestand, an den das Gesetz die Pflicht zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen knüpft, die Entstehung dieser Unterlagen. Die Kosten der Aufbewahrung (und eine damit zusammenhängende Rückstellung - s. BFH 19.8.2002, VIII R 30/01, BStBl. 2003 II, S. 131) hängen daher allein vom Umfang der im abgelaufenen Geschäftsjahr entstandenen Unterlagen ab. Dabei muss die Erfüllung der Verpflichtung nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch "Vergangenes abgelten", damit eine Verbindlichkeitsrückstellung gebildet werden kann (s. dazu BStBl. 1987 II, 848: Zur Bildung von Überholungsrückstellungen bei Hubschraubern, die nach einer bestimmten Anzahl von Flugstunden zu überholen sind. Da die Hubschrauber bis zur Erreichung der zulässigen Betriebszeiten den Luftfahrtbestimmungen entsprechen, besteht vorher keine Verpflichtung zur Grund- oder Teilüberholung und es liegt eine wirtschaftliche Verursachung bis dahin nicht vor).

In der Folge entwickelte Moxter eine neue Formel, die der BFH teilweise in seine Rechtsprechung (mit dem Einbau eines "Doppelkriteriums" - s. BStBl 1989 II, 893 bzw. BStBl 1990 II, 550: Soweit ein Verein rückzuzahlende Mitgliederbeiträge bereits vereinnahmt hat, ist die Rückzahlungsverpflichtung wirtschaftlich entstanden, sodass insoweit die Bildung einer Rückstellung gerechtfertigt sein kann) aufnahm: Wirtschaftliche Verursachung könne nur im Sinne umsatzabhängiger Aufwandsperiodisierung verstanden werden. Das Prinzip der periodengerechten Gewinnermittlung sei direktes Folgeprinzip des (keine Einschränkungen duldenden) Realisationsprinzips. Dieses wiederum sei grundlegendes Aktivierungs- und Passivierungsprinzip mit der Eigenschaft, den Gewinn an den Umsatz zu binden. Periodenaufwendungen bei am Realisationsprinzip orientierter periodengerechter Gewinnermittlung ergäben sich in Höhe jener Ausgaben, die man den als Periodenertrag erfassten Umsätzen der Rechnungsperiode zuzurechnen hat. Auch der BGH ging im weiteren davon aus, dass wirtschaftliche Verursachung die konkretisierte Zugehörigkeit künftiger Ausgaben zu bereits realisierten Erträgen voraussetzt (BGH 28.1.1991, II ZR 20/90, BB 1991, 507).

In der BFH-Entscheidung vom 27.6.2001, BStBl. 2003 II, 121 stellte der BFH auf den früheren der beiden Zeitpunkte (rechtliche oder wirtschaftliche Entstehung) ab, was bedeute, dass "entstandene Verbindlichkeiten unabhängig vom Zeitpunkt ihrer wirtschaftlichen Verursachung bilanziell auszuweisen sind". Weiters hob er hervor, dass die bisher verwendete Alimentationsformel in der Rechtsprechung des BFH keine Stütze finde. Denn es gebe keine handelsrechtlichen GoB die es gebieten würden, Ausgaben in das Jahr zu verlagern, in welchem die Einnahmen zufließen. Diese Argumentation wurde in der Folge im Fachschrifttum kritisiert (Mayr, aaO., Seite 44 ff.), wobei insbesondere die verschiedenen Widersprüchlichkeiten im besagten Urteil auffielen, welches in der Argumentation zuerst die besagte Formel verwendete, um sie anschließend wieder zu verwerfen.

(c) Die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme ist einerseits von der Wahrscheinlichkeit des Be- oder Entstehens der ungewissen Verbindlichkeit zu unterscheiden und wird andererseits von verschiedenen Fachautoren zu einer "Gesamtwahrscheinlichkeit" zusammengefasst. Der BFH sieht eine Verpflichtung und eine Inanspruchnahme als hinreichend wahrscheinlich an, wenn mehr Gründe für als gegen das Be- oder Entstehen einer Verbindlichkeit und eine künftige Inanspruchnahme sprechen (BFH: BStBl. 1985 II, 44; BStBl. 1993 II, 153). Bei vertraglichen Verpflichtungen geht der BFH davon aus, dass der Gläubiger seine Rechte kennt und sie in Anspruch nimmt, sodass in diesen Fällen nur das erste Kriterium von Bedeutung ist.

4. Handelsrechtliche Zielsetzungen:

Das HGB verweist durch seine Struktur auf eine Rangordnung und ordnet die (oberen) GoB der Generalnorm ("true und vair view") über. Die Leitgedanken des Gläubigerschutzes und der Vorsicht erfüllen sich in Rechtsprinzipien, die ein Prinzipiengefüge bilden. Das Realisationsprinzip bindet den Gewinn an den Umsatz, das Imparitätsprinzip entfaltet eine rückstellungserweiternde Wirkung (zB. im Bereich der Anpassungsrückstellungen). § 201 Abs. 2 Z 4 lit a HGB spricht vom Gewinn als Umsatzgewinn, nur die "am Abschlussstichtag verwirklichten Gewinne" sind auszuweisen. Der Gewinn erfasst aber zwingend beide Komponenten, Erträge und Aufwendungen. Soweit künftige Aufwendungen Umsätze der Rechnungsperiode alimentieren, liegt nach dem Realisationsprinzip passivierungspflichtiger und wirtschaftlich verursachter Aufwand vor (Mayr, aaO., Seite 52 ff.).

5. Steuerrechtliche Zielsetzungen:

a. Die steuerrechtliche Gewinnermittlung will den "periodengerechten Gewinn" verwirklichen. Die auch vom VwGH betonte "Richtigkeit der Periodenbesteuerung" (so beispielsweise VwGH 28.3.2000, 94/14/0165: Steuerrechtliche Grundsätze wie Leistungsfähigkeits -und Periodengewinngrundsatz gehen der Maßgeblichkeit des Handelsrechtes vor; VwGH 25.11.1999, 99/15/0194: Die Richtigkeit der Periodenbesteuerung hat Vorrang gegenüber der Gesamtgewinnbesteuerung; GeS 2005/9, S. 335: Der Gerichtshof betont die Vorrangigkeit steuerrechtlicher Grundsätze gegenüber der Maßgeblichkeit des Handelsrechtes; VwGH 29.10.2003, 00/13/0090) erfließt aus dem Realisationsprinzip. Dieses ergibt sich aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip (nach anderer Ansicht aus dem Vorsichtsprinzip: Konecny, SWK 2001, S 579 und andere lehnen die Ableitung des Realisationsprinzips aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip ab) und ist in § 6 Z 1 und 2 EStG 1988 und § 4 Abs. 2 EStG 1988 verankert. Die in § 201 Abs. 2 Z 4 HGB festgelegten Realisierungsregeln sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung anzuwenden, die Gewinnverwirklichung tritt erst dann ein, wenn die Leistung erbracht ist. Beim Verkauf von Wirtschaftsgütern ist das dann der Fall, wenn das wirtschaftliche Eigentum übergegangen und der Vertrag somit wirtschaftlich erfüllt ist (Weninger, GesRZ 2004, 189).

Das Realisationsprinzip bindet den Gewinn an den Umsatz und greift auch auf die Passivseite der Bilanz über: Ausgaben werden als Aufwendungen erfasst, soweit sie Umsätze der Rechnungsperiode alimentiert haben. Sowohl das Steuerrecht als auch das Handelsrecht folgen dem Realisationsgrundsatz (Mayr, ÖStZ 2001/420: Bei Realisierung des Geschäftes wahrt die Verbindlichkeitsrückstellung das Nettorealisationsprinzip; RdW 2000/347: Das Realisationsprinzip verzahnt den Markteinkommensbegriff mit der Gewinnermittlung). Dagegen gehört das Imparitätsprinzip nicht zu den allgemeinen (steuerrechtlich beachtlichen) GoB und wird durch den Maßgeblichkeitsgrundsatz nur eingeschränkt ins Steuerrecht übertragen.

b. Steuerrechtlich setzt eine Verbindlichkeitsrückstellung zwingend eine wirtschaftliche Verursachung im Sinne des Realisationsprinzips voraus, eine rein rechtliche Verursachung allein genügt nicht für die Rückstellungsbildung (GeS 2005/9, S. 336 und die in Fußnote 12 angeführte Judikatur und Literatur).

Der VwGH geht in ständiger Rechtsprechung von einem eigenständigen steuerlichen Rückstellungsbegriff aus, dessen Auslegung sich am Leistungsfähigkeitsprinzip und am Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung ausrichtet (GeS 2005/9, S. 335 ff.; VwGH vom 26.5.2004, 2000/14/0181 - diese Rechtsansicht vertrat der Gerichtshof schon vor Inkrafttreten des § 9 EStG idF des BGBl. 818/1993). Verbindlichkeitsrückstellungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH (und nach Zorn) ein "Gewinnkorrektivum, welches in der Höhe steuerrechtlich anzuerkennen ist, in der der Erfolg des betreffenden Wirtschaftsjahres voraussichtlich mit künftigen Ausgaben belastet wird (VwGH 27.11.2001, 2001/14/0081; VwGH 18.12.2001, 98/15/0177), wobei dieser Aufwand ernsthaft drohen muss. Die wirtschaftliche Verursachung muss aber im Abschlussjahr gelegen sein, einer wirtschaftlichen Verursachung in der Vergangenheit steht entgegen, "wenn die Verpflichtung erst mit den dem Unternehmer in der Zukunft erwachsenden Vorteilen (VwGH 27.11.2001, 2001/14/0081 zum Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters) verknüpft ist" (ebenso Mayr, aaO., Seite 63 ff.).

c. Das Realisationsprinzip steht damit keineswegs im Widerspruch zur Nichtanerkennung von Rückstellungen für Ausgleichsansprüche von Handelsvertretern (so Novacek, in RdW 2003/239), sondern bildet vielmehr die Grundlage für die in der VwGH-Entscheidung vom 27.11.2001, 2001/14/0081, geäußerte Rechtsansicht des VwGH. Gerade weil ein Zusammenhang der Ausgleichsansprüche weder mit bereits geleisteten Tätigkeiten, noch mit bereits realisierten Erträgen herzustellen ist, kam eine Rückstellungsbildung nicht in Frage.

d. Der Unabhängige Finanzsenat geht aufgrund der im Fachschrifttum und in der Judikatur geäußerten Rechtsmeinungen davon aus, dass die vom BFH geäußerten Zweifel an der Alimentationsformel im österreichischen Steuerrecht nicht Platz greifen (und verneint damit auch die von Ressler in SWK 2005, W 43, geäußerte Rechtsansicht, der sie nur für Aufwandsrückstellungen angewendet wissen will). Einerseits ist die Formel von der "Gewinnkorrektur" (die eine Verbindung zwischen Aufwendungen und dem "Erfolg" des Wirtschaftsjahres herstellt, zB. in VwGH 18.12.2001, 98/15/0177) und der Anbindung der Rückstellungsbildung an das Leistungsfähigkeitsprinzip (VwGH 27.11.2001, 2001/14/0081 für die Verbindlichkeitsrückstellung und 26.5.2004, 2000/14/0181 zur Aufwandsrückstellung) Teil der ständigen Rechtsprechung des VwGH und andererseits hat auch der Gesetzgeber selbst in der Regierungsvorlage betreffend § 9 EStG 1988 auf das Leistungsfähigkeitsprinzip (und damit auf das Realisationsprinzip) verwiesen und die Rückstellungsbildung damit steuerlich auf verbindlichkeitsnahe Passivpositionen beschränkt.

Nach der Rechtsansicht des UFS (gestützt auf die ständige Rsp des VwGH) sind die handelsrechtlichen Grundsätze der Rückstellungsbildung im Bereich der Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten nicht (zur Gänze) im Wege der Maßgeblichkeit auf den steuerlichen Bereich übertragbar, weil Handelsrecht und Steuerrecht unterschiedliche Zielsetzungen aufweisen.

e. Die hier zum Ausdruck kommende dynamische Bilanzauffassung (Grundsatz der periodengerechten Aufwandszuordnung) wird sich nach Ansicht von Fachautoren durch die Angleichung der EU-Bilanzrichtlinien an die IFRS/IAS längerfristig auch in allen EU-Staaten durchsetzen (s. Baborka, RdW 2004/450, Pkt. 3).

6. Provisionsansprüche nach dem Handelsvertretergesetz:

Im vorliegenden Fall wurde eine Vermittlungsleistung der Handelsvertreter (Verkaufsvermittlung) erbracht, der Geschäftsherr hat aber das Geschäft noch nicht ausgeführt.

Im Gesamtgeschehen der über die Handelsvertreter im vorliegenden Fall abgewickelten Geschäfte unterscheidet man (generell) folgende Abläufe:

(1) Der Handelsvertreter vermittelt das Geschäft.

Wirtschaftlich betrachtet erwirbt der Handelsvertreter damit eine aufschiebend bedingte Forderung, die nicht auszuweisen ist (Mayr, "Gewinnrealisierung", Seite 60), nach der früheren Rsp des VwGH war die Forderung beim Handelsvertreter zu aktivieren, die Risiken zu passivieren (VwGH 4.3.1966, 2174/65), die neuere Rechtsprechung (zB. VwGH 27.4.2005, 2000/14/0134) weist diesbezüglich in die gegenteilige Richtung (s. dazu die noch folgenden Ausführungen).

(2) Der Geschäftsherr führt das Geschäft aus (rechtsverbindliche Willensübereinstimmung zwischen den vermittelten Vertragspartnern):

Mit Übergang der Preisgefahr realisiert der Geschäftsherr den Gewinn, die Forderung ist ihm dem Grunde nach sicher. Nunmehr ist für den Handelsvertreter die Provision konkretisiert. Kaufpreisforderung und Provisionsforderung entsprechen einander dem Grunde nach (Mayr, aaO., Seite 60). Die Provisionsforderung ist gemäß § 9 Abs. 1 HVertrG 1993 (bzw. § 6 Abs. 1 HVertrG 1921) auch rechtlich entstanden, sie gebührt aber nur dann, wenn die abgeschlossenen Verträge inhaltlich den vermittelten Geschäften entsprechen (ecolex 1999/149 zu OGH 4 Ob 169/98a vom 15.12.1998).

(3) Der Kunde bezahlt die vom Geschäftsherrn erbrachte Leistung, die Fälligkeit der Provisionen richtet sich nach dem Zahlungseingang.

Nach dem HVertrG 1993 kann die Provisionsforderung auch erst im Zahlungszeitpunkt entstehen, wenn entweder der Dritte (anstelle des Geschäftsherrn) vorleistungspflichtig ist oder zwischen Geschäftsherr und Handelsvertreter ausdrücklich vereinbart wurde, dass der Provisionsanspruch erst mit der Leistung durch den Dritten entsteht. Eine solche Vereinbarung ist praktisch der Regelfall (Stern, RdW 1997, 8).

7. Die wirtschaftliche Verursachung im abgelaufenen Geschäftsjahr:

Unstrittig erscheinen das Bestehen einer erwartbaren Außenverpflichtung und die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme, da davon auszugehen ist, dass der Handelsvertreter seine Rechte kennt.

Maßgebliches Prüfkriterium für die Zulässigkeit der Verbindlichkeitsrückstellung ist demnach die wirtschaftliche Verursachung.

(a) Entscheidend für die Rückstellungsbildung ist die Frage, ob der Aufwand (nämlich die Provisionszahlung) wirtschaftlich bereits vor dem Bilanzstichtag verwirklicht war. Fehlt es an der wirtschaftlichen Verursachung, kommt eine Provisionsrückstellung nicht in Betracht, da deren rechtlicher Entstehungszeitpunkt mit der Geschäftsausführung durch den Geschäftsherrn zusammenfällt und diesbezüglich erst Zeiträume nach dem Bilanzstichtag betroffen sind.

Wirtschaftlich besteht die Verpflichtung bereits am Bilanzstichtag, wenn der Tatbestand, an den das Gesetz das Entstehen der Verpflichtung knüpft, im wesentlichen bereits verwirklicht ist. Das ist der Fall, wenn die wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind und das Entstehen der Verpflichtung nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängt (BFH 1.8.1984, I R 88/80, BStBl. 1985 II, S. 44).

(b) Wesentlich im Sinn der obbezeichneten Verwirklichung ist, ob die entscheidenden Merkmale der Verpflichtung vergangenheitsbezogen oder zukunftsorientiert sind.

So ist beispielsweise im Falle von verpflichtenden Instandsetzungen im Bereich der Verordnung für brennbare Flüssigkeiten (VbF) auf den in der Verordnung festgelegten Fristablauf abzustellen, woraus sich ergibt, dass die Überprüfung der Lagerbehälter den Betrieb in der Zukunft ermöglichen soll (VwGH 30.10.2003, 99/15/0261: Von der Behörde als Aufwandsrückstellung gewertet, vom VwGH als Verbindlichkeitsrückstellung bezeichnet), sodass eine Rückstellungsbildung nicht erfolgen kann. Dies entspricht einer Anwendung des dynamischen Rückstellungsbegriffes - entgegen dem bereits erwähnten Urteil des BFH vom 27.6.2001, BStBl. 2003 II, 121, mit seiner statisch-rechtlichen Interpretation (s. auch Baborka, aaO, Pkt. 3).

Auch im gegenständlichen Fall - der auch mit den Entscheidungen zum Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters verglichen werden kann - ist die Verpflichtung zukunftsorientiert: Sie dient der künftigen Geschäftsausführung zwischen Geschäftsherr und Drittem. Abzustellen ist auf die Bedingung des Handelsvertretergesetzes, wonach der Provisionsanspruch mit Auftragserteilung durch den Geschäftsherrn entsteht und somit schon von Gesetzes wegen keinen Vergangenheitsbezug aufweist. Unrichtig ist daher die Rechtsansicht der Bw., dass die Vorschrift des § 9 HVertrG die Passivierungsverpflichtung nicht beeinflussen könne. Vielmehr sind umgekehrt - wie auch der vorangehenden Entscheidung des VwGH zu entnehmen ist - die allgemeinen gesetzlichen Vorschriften daraufhin zu überprüfen, ob sie eine taugliche Grundlage für eine Passivierung darstellen (wobei nach dem HGB bestehende Passivierungsverpflichtungen nicht zur Gänze mit den steuerrechtlichen Passivierungen übereinstimmen müssen).

(c) 1.) Wenn der Handelsvertreter im Jahr 01 die Vermittlung durchführt, der Verkauf der Ware aber erst im Jahr 02 erfolgt, so liegt zwischen dem Dritten (Kaufinteressenten) und dem Geschäftsherrn ein schwebendes Geschäft vor.

2.) In der VwGH-Entscheidung vom 19.4.1963, 2255/61 (ÖStZ 1963, 153 ff.) hat der Gerichtshof ausgeführt, dass Provisionsverpflichtungen erst dann rückstellungsfähig sind, wenn der Gewinn aus dem Hauptgeschäft ausgewiesen ist.

3.) Der BFH stellt in diesem Fall für den Realisationszeitpunkt auf die konkrete vertragliche Vereinbarung ab (BFH 14.3.1986, BStBl. II 1986, 669 ff.). Wird im Vertrag vereinbart, dass die Vermittlung für das rechtliche Entstehen des Provisionsanspruches ausreicht, so ist die Namhaftmachung des Dritten entscheidend für den Realisationszeitpunkt (BFH vom 14.3.1986, III R 172/2, BStBl. 1986 II S. 669). Ist nichts Konkretes im Vertrag vereinbart, entsteht der Anspruch auf Provision erst mit der tatsächlichen Durchführung des Geschäftes durch den Geschäftsherrn (BFH 22.2.1973, BStBl. II 1973, 481 ff. und BFH 19.10.1972, BStBl. II 1973, 212). Es ist daher jeder Vertrag im einzelnen zu untersuchen, welche Geschäftsbedingungen vereinbart wurden (dazu auch Bertl/Fraberger, RWZ 2003/34).

Damit ist (sowohl nach der deutschen Rechtslage als auch nach der österreichischen höchstgerichtlichen Judikatur) der Provisionsanspruch des Handelsvertreters grundsätzlich an die Ausführung des Hauptgeschäftes gebunden. Nach den vorangehenden Darstellungen ist nämlich die wirtschaftliche Verursachung der Provision eines Handelsvertreters - entgegen den Ausführungen von Grohmann in SWK 2000, S 663 (die in der Berufung fast wortwörtlich übernommen wurden) - erst im Zeitpunkt der Ausführung des vermittelten Geschäftes durch den Geschäftsherrn gegeben. Rechtliche Entstehung und wirtschaftliche Verursachung fallen in diesem Zeitpunkt zusammen.

Nur für den Fall der Vorverlegung des zeitlichen Provisionsanspruches durch vertragliche Vereinbarung (die aber schon deswegen von den Firmen nur selten durchgeführt wird, weil der Handelsvertreter dann sofort ausbezahlt werden muss) könnte sich überhaupt die Frage stellen, ob sich am Realisationszeitpunkt etwas ändert, wobei in diesem Fall der Provisionsanspruch sofort entstünde (s. auch Beck`scher Bilanzkommentar, 5. Auflage, § 249, "Provisionen"). Wurde aber keine Vereinbarung getroffen, kann die Provision in keinem Fall aufwandswirksam geltend gemacht werden, solange das Geschäft nicht ausgeführt wurde. Die wirtschaftliche Verursachung des Aufwandes (Provision) aus der Nebenverbindlichkeit liegt in dem vermittelten Geschäft (s. dazu auch BFH vom 25.8.1989, III R 95/87, BStBl. 1989 II, S 893: An der wirtschaftlichen Verursachung in der Vergangenheit fehlt es insbesondere, wenn eine ungewisse Verbindlichkeit eng mit den künftigen Gewinnchancen verbunden ist).

(d) Daran würde auch eine Verpflichtung des Handelsvertreters zur Aktivierung der Provision nichts ändern, sofern diese nach der jetzigen Rechtslage überhaupt noch anzunehmen wäre, weil sich diese Aktivierung aus den Grundsätzen über die Gewinnrealisierung ergeben würde (Gassner, ÖStZ 1978, 258) und ohnehin durch eine Passivierung der Risiken eingeschränkt werden müsste. Die Rückstellungsbildung folgt aber anderen Grundsätzen als die Aktivierung von Forderungen.

Der Unabhängige Finanzsenat geht aber ohnehin nicht von einer steuerlichen Aktivierungsverpflichtung des Handelsvertreters aufgrund der Vermittlungsleistung aus. Die Aktivierung wurde in der älteren Rechtsprechung gefordert (s. VwGH 12.1.1962; 155/60, VwGH 27.9.1963, 996/61; VwGH 30.4.1965, 126/65; VwGH 4.3.1966, 2174/65; BFH 19.10.1972, BStBl. 1973 II, 212; BFH 22.2.1973, BStBl. II 481). Die Realisierung von Forderungen wird in der neueren Rechtsprechung anders bewertet: So ist beispielsweise die Vereinbarung eines 2%igen Preisaufschlages an Zulieferfirmen nicht im Zeitpunkt der Vereinbarung, sondern erst im Zeitpunkt der Erbringung der zukünftigen Lieferungen als Forderung auszuweisen. Allein die Zusage, bei künftig eintretenden Lieferungen einen Preisaufschlag zu akzeptieren, ließ noch keine aktivierbare Forderung entstehen, weil der zukünftige Eintritt dieser Fälle ungewiss war (VwGH 27.4.2005, 2000/14/0134). Aufschiebend bedingte Forderungen sind nämlich erst dann auszuweisen, wenn die Bedingung eingetreten ist. Wird die Entstehung der Forderung an eine weitere ungewisse Komponente gekoppelt - nämlich die zukünftige Lieferung von Waren - so ist der maßgebliche Zeitpunkt der Gewinnrealisierung die Warenlieferung (Schneider, GeS 2005/9, S. 350). Vom dargestellten Beispiel lässt sich an die gegenständlich strittigen Rechtsfragen anknüpfen: Die Entstehung der Forderung des Handelsvertreters ist zivilrechtlich an die Ausführung des Geschäftes durch den Geschäftsherrn gebunden (und wurde auch nicht durch Abänderung des Vertrages vorverlegt - s. die nachfolgenden Ausführungen in Punkt 8 Abs. 4). Die Forderung ist daher durch die Geschäftsausführung aufschiebend bedingt und braucht nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates auch nicht vorzeitig (dh. im Jahr vor der Ausführung des Geschäftes) ausgewiesen werden.

Der Verweis der Bw. auf die "Spiegelbildlichkeit" von Forderung und Rückstellung ist daher schon aus diesem Grund nicht relevant.

8. Auch die Argumente der Bw. in der Berufung vom 8. März 2005, in der Ergänzung vom 17. August 2005 und in der mündlichen Senatsverhandlung greifen nicht:

(1) Die Nichtanerkennung der Rückstellung verstößt nicht gegen bestehende Verbote.

Zu unterscheiden sind handelrechtliche Saldierungsverbote und die Frage der wirtschaftlichen Verursachung einer Rückstellung.

Das handelrechtliche Verrechnungsverbot dient (lediglich) dem Zweck die Zusammensetzung der Aktiv- und Passivseite sowie der Aufwendungen und Erträge in ihrem vollen Umfang darzustellen. Damit soll ein möglichst getreues Bild der Vermögens- und Ertragslage vermittelt werden (Straube, HGB, 2. Band Rechnungslegung, § 196, Rz 59).

Zur steuerrechtlichen Anerkennung einer Rückstellung bedarf es dagegen bestimmter Voraussetzungen (zu denen die "wirtschaftliche Verursachung" zählt), die mit der Bilanzdarstellung nichts zu tun haben. Dass bei wirtschaftlicher Verknüpfung von Rückstellungen mit künftigen Geschäften (bzw. Gewinnen) ein Aufwand noch nicht vorliegt, hat der VwGH auch schon bisher judiziert, ohne dass deswegen ein Verstoß gegen handelsrechtliche Prinzipien vorgelegen wäre (so heißt es in der Entscheidung vom 27.11.2001, 2001/14/0081: ..."solcherart ist der Zusammenhang mit künftigen Erträgen des Unternehmers gegeben").

(2) Die Frage der Aktivierbarkeit von Kosten stellt sich im gegenständlichen Zusammenhang ebensowenig wie die einer aktiven Rechnungsabgrenzung, sodass Ausführungen der Berufungsbehörde zu diesem Thema unterbleiben können.

(3) Die Nichtvergleichbarkeit der Aufwendungen von Dienstnehmern und Handelsvertretern wurde bereits in der Stellungnahme der Finanzverwaltung anlässlich der Berufungsvorlage ausführlich gewürdigt. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf die Rechtsprechung des VwGH betreffend die Kosten anteiliger Personalaufwendungen zur Erstellung des Jahresabschlusses (VwGH vom 13.4.2005, 2001/13/0122): Die Rechtsnatur der Rückstellung als Gewinnkorrektivum steht nach Ansicht des VwGH der Zulässigkeit einer Bildung von Rückstellungen entgegen, denen als Aufwand (Schuld) nichts anderes als nur eine Bindung der Leistungskapazitäten ohnehin vorhandenen Personals zugrunde liegt. Der VwGH lässt nach dieser Entscheidung also auch Rückstellungen für Personalkosten nicht in allen Fällen zu.

(4) Die Bw. behauptet in der Berufung und in der mündlichen Verhandlung des weiteren, der Provisionsanspruch sei auch zivilrechtlich bereits mit der Vermittlung bzw. Bestätigung des Auftrages entstanden (..."ergibt sich in unserem Fall die rechtliche Verpflichtung zur Bezahlung von Provisionen für erbrachte Vermittlungsleistungen aufgrund der von unserem Unternehmen mit den Handelvertretern abgeschlossenen Handelsvertreterverträgen bereits im Zeitpunkt der Auftragserteilung seitens unseres Kunden bzw. im Zeitpunkt der Auftragsbestätigung").

Tatsächlich ist derartiges den Handelsvertreterverträgen nicht zu entnehmen.

Im Vertrag mit der Firma L. vom 6.2./14.2.1985 ist in Punkt fünf ausgeführt, dass der Handelsvertreter für alle im Vertragszeitraum erteilten Aufträge der Kunden eine Provision erhält. Geregelt ist lediglich das Bestehen eines Provisionsanspruches für alle Aufträge. Eine das Handelsvertretergesetz abändernde Regelung, wonach dem Handelsvertreter die Provision bereits mit der Vermittlung und nicht mit der Geschäftsabwicklung zustünde, ergibt sich aus diesem Vertragstext nicht. Diesbezüglich müsste eine Abänderung nämlich konkret - oder jedenfalls mit einer die Änderung des Gesetzes deutlich machenden Formulierung - im Handelsvertretervertrag verankert sein. Das ist aber nicht der Fall. Dagegen spricht auch der Vertragstext in Punkt sechs, wonach die Provisionsabrechnung spätestens bis zum Ende des der Auslieferung folgenden Monats erfolgt. Abrechnungen sind prinzipiell eng an das Entstehen des Anspruches gebunden, daher folgt auch im Normalfall die Abrechnung dem Geschäftsabschluss bzw. der Lieferung. Würde tatsächlich der Provisionsanspruch schon mit der Vermittlung entstehen, so würden wohl auch die Handelsvertreter auf einer Vorverlegung der Abrechnung bestehen. Dass dies nicht erfolgte, führt zu dem obbezeichneten Umkehrschluss.

Im Vertrag mit der Firma MSH vom 3.5./15.5.2000 ist in Punkt fünf geregelt, dass für die durch die Bw. ausgeführten Lieferungen eine Provision gebührt. Fällig ist die Provision hier erst vierzehn Tage nach Ablauf des Monats, innerhalb dessen die Zahlung des Kunden eingegangen ist. Aus dieser Regelung ergibt sich ebenfalls keine Vorverlegung von Regelungen des Handelsvertretergesetzes.

9. Die Rechtsansicht des Unabhängigen Finanzsenates wird im Gegenteil durch die bestehenden Handelsvertreterverträge und den in der Branche der Bw. geltenden Handelsbrauch untermauert:

Das tatsächliche Liefervolumen steht bei Vertragsabschluss überhaupt noch nicht fest. Wieviel der Kunde überhaupt ordern wird, entscheidet sich erst in der Zukunft, die Lieferorder kann sich über viele Jahre hinziehen. Das bedeutet, dass die (gesamte) Provision des Handelsvertreters seriöserweise - mangels Kenntniss des Liefervolumens - noch gar nicht berechnet werden kann. Die Abwicklung in der Praxis bestätigt dies: Der Handelsvertreter erhält die Provision nur sukzessive ausbezahlt, dh. soviel in jedem Jahr, wie in diesem Zeitraum an Geschäften tatsächlich abgewickelt wurde.

Auch wenn nur der bereits georderte Teil für das Abschlussjahr rückgestellt wurde, so ist dies dennoch unzulässig: Wieviel davon im nächsten (oder in den nächsten) Jahr (en) tatsächlich geliefert wird, ist völlig ungewiss. Wenn die Bw. zudem in der Berufung gar von der "Unausweichlichkeit der Provisionsverpflichtung" ausgeht, so widerspricht sie überdies ihrer eigenen Abrechnungspraxis, weil sie dann bereits die Provision für den gesamten Vertrag rückstellen müsste.

10. Zusammengefasst ist die Bildung einer Verbindlichkeitsrückstellung wie folgt nicht anzuerkennen:

(a) Im Steuerrecht greift das Realisationsprinzip und regelt vom Handelsrecht abweichende Voraussetzungen für die Rückstellungsbildung. Für Verbindlichkeitsrückstellungen ist eine wirtschaftliche Verursachung der Kosten mit Erfolgen des abgelaufenen Kalenderjahrs gefordert. Ist dagegen der Aufwand mit künftigen Gewinnen verknüpft, so fehlt es an der wirtschaftlichen Verursachung in der abgelaufenen Periode.

Eine Rückstellung bedeutet nämlich weder die Bildung eines Fonds aus dem später Ausgaben bestritten werden sollen, noch eine echte Schuld gegenüber dem Gläubiger. Es handelt sich lediglich um eine Korrektur des bilanzierten Gewinnes, die buchtechnisch als Schuld ausgewiesen werden muß (VwGH 9.7.1957, 62/53, Slg 990). Seither bezeichnete der VwGH die Bildung von (Verbindlichkeits) Rückstellungen als "Gewinnkorrektivum, das steuerlich in der Höhe anzusetzen ist, in welcher der Erfolg des betreffenden Wirtschaftsjahres voraussichtlich mit künftigen Ausgaben belastet wird" (VwGH 27.3.1996, 93/15/0223; VwGH 21.6.1994, 91/14/0165 usw.). Auch Quantschnigg/Schuch bezeichnen Rückstellungen als Verpflichtungen "schwächerer Art" (ESt-HB, § 6, Rz 158), die die Periodenrichtigkeit der Gewinnermittlung gewährleisten sollen.

(b) Verpflichtungen aus schwebenden Geschäften sind nicht durch Verbindlichkeitsrückstellungen zu erfassen, vielmehr kommen hierfür Rückstellungen für drohende Verluste in Betracht. Auch Zorn (Hofstätter/Reichel, § 9, Rz 45) vertritt die Ansicht, dass Verbindlichkeitsrückstellungen nur für solche Verbindlichkeiten gebildet werden können, die außerhalb der Gegenleistungsbeziehung eines schwebenden Geschäftes stehen. Ein Erfüllungsrückstand (der Bw. gegenüber dem Handelsvertreter) liegt zudem - entgegen der Rechtsansicht der Bw. - gar nicht vor, weil Provisionsanspruch und Geschäftsausführung gesetzlich gekoppelt sind und der Handelsvertreter vor der Lieferung keinen Provisionsanspruch hat.

(c) Wenn die Bw. bezweifelt, dass Aufwendungen und Erträge verknüpfbar sind, so ist sie darauf zu verweisen, dass der VwGH diese Verbindung bei der Rückstellungsbildung sowohl hinsichtlich der Aufwandsrückstellungen als auch bei Verbindlichkeitsrückstellungen in zahlreichen Erkenntnissen ausdrücklich hervorgehoben hat.

So wurden in einer VwGH-Entscheidung Rückstellungen für Abräumarbeiten wie folgt nicht anerkannt: "Auch der VwGH vermag keinen Zusammenhang der rückgestellten Aufwendungen mit den von der Bf. im Abschlussjahr oder davor erzielten Erträgen auszumachen" (VwGH 26.5.2004, 2000/14/0181).

Auch in den Entscheidungen zum Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters heißt es, dass der Anspruch "mit zu erwartenden künftigen Vorteilen aus den Geschäftsverbindungen mit vom Handelsvertreter geworbenen Kunden" zusammenhängt. Dabei mag es nach dem VwGH sogar zutreffen, dass der Bf. ernstlich mit dem Entstehen der Verpflichtung rechnen musste, entscheidend für die Rückstellungsbildung ist aber, ob auch eine wirtschaftliche Veranlassung vor dem Bilanzstichtag gegeben ist (VwGH 19.12.2002, 2002/15/0146).

(d) Die Verknüpfung mit künftigen Erfolgen ergibt sich im Falle von Vermittlungsleistungen eines Handelsvertreters aus § 9 Handelsvertretergesetz, nach dem die Provision dem Vertreter erst zusteht, wenn der Geschäftsherr das Geschäft ausgeführt hat. Wurde diese Bestimmung im Handelsvertretervertrag nicht modifiziert, so ist - wie auch im Falle des Ausgleichsanspruches des Handelsvertreters - ein Zusammenhang mit künftigen Erträgen gegeben. Eine Rückstellung kann nicht vorzeitig gebildet werden.

Die Berufung war aus den genannten Gründen abzuweisen.

Beilage: 1 Anonymisierungsblatt

Linz, am 5. Oktober 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Rückstellung, Provision, Handelsvertreter, Hauptgeschäft, Handelsvertretergesetz, Realisationsprinzip, Leistungsprinzip

Stichworte