Normen
EStG 1972 §5;
EStG 1972 §5;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.340,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausschließlich darüber, ob die Beschwerdeführerin, die ihren Gewinn gemäß § 5 EStG 1972 ermittelt, berechtigt bzw. verpflichtet ist, unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Rückstellungen für Jubiläumszuwendungen zu bilden, die den Arbeitnehmern der Beschwerdeführerin auf Grund einer verbindlichen Betriebsordnung anläßlich einer bestimmten Dauer des Dienstverhältnisses zustehen. Während die Beschwerdeführerin die Bildung derartiger Rückstellungen handelsrechtlich und steuerrechtlich für zulässig erachtet, vertritt die belangte Behörde die Auffassung, daß für Zuwendungen anläßlich eines Arbeitnehmerjubiläums grundsätzlich keine Rückstellungen gebildet werden dürfen.
In der Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Mit der Frage der Bildung von Rückstellungen für Zuwendungen anläßlich von Arbeitnehmerjubiläen, zu deren
Bezahlung der Arbeitgeber verpflichtet ist, hat sich der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. Jänner 1994, 90/14/0073, auseinandergesetzt und ist zu dem Ergebnis gelangt, daß den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechend eine Verpflichtung zur Bildung derartiger Rückstellungen besteht - eine Verpflichtung, die auch steuerlich zu beachten ist.
Da der für die Rückstellungsbildung maßgebende Sachverhalt, nämlich das Vorliegen einer den Arbeitgeber bindenden Zusage, unbestritten ist, genügt es im wesentlichen, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des eben zitierten Erkenntnisses zu verweisen.
Lediglich der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, daß entgegen der Auffassung der belangten Behörde für die Bildung einer Rückstellung nicht erforderlich ist, daß das die Verpflichtung auslösende Ereignis zum Bilanzstichtag bereits eingetreten ist. Vielmehr wird in Lehre und Rechtsprechung einzig und allein darauf abgestellt, ob ein in der Vergangenheit wirtschaftlich verursachter Aufwand am Bilanzstichtag mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, das heißt ernsthaft, droht. Diese Merkmale kennzeichnen die klassischen Fälle von Rückstellungsbildungen, wie z.B. Rückstellungen für Gewährleistungsverpflichtungen, Prozeßrisken, Pensionsverpflichtungen und andere. In allen diesen Fällen muß das Ereignis, das die Verpflichtung tatsächlich auslöst, am Bilanzstichtag noch nicht eingetreten sein.
Gewährleistungsansprüche müssen noch nicht geltend gemacht worden sein, sondern nur in einem bestimmten Ausmaß (nach Erfahrungswerten) ernsthaft drohen. Der Prozeß muß noch nicht verloren sein, die pensionsberechtigten Personen müssen das Pensionseintrittsalter noch nicht erreicht haben etc.
Diese an der kaufmännischen Sorgfaltspflicht orientierte Vorsicht beim Ausweis des Betriebsvermögens, nämlich die Pflicht zum Ausweis (noch) nicht verwirklichter Vermögensminderungen, steht auch nicht im Widerspruch zum Gebot einer periodengerechten Erfolgsermittlung. Da eine Jubiläumszuwendung zweifellos als (zusätzliches) Entgelt für die in Vorperioden erbrachten Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers anzusehen ist, wäre es aus der Sicht der periodengerechten Erfolgsermittlung unrichtig, nur den Erfolg einer Periode, nämlich jener, in die das Jubiläum fällt, mit dem Jubiläumsgeldaufwand zu belasten. Eine von Jahr zu Jahr nach dem Ansammlungsverfahren neu gebildete Jubiläumsgeldrückstellung beugt einer solchen betriebswirtschaftlich problematischen Aufwandszusammenballung vor und erweist sich daher als zielführendes Instrument der Aufwandsverteilung.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet; der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
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